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Entscheidung 5 Wx 114/11


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 5. Zivilsenat Entscheidungsdatum 18.01.2012
Aktenzeichen 5 Wx 114/11 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts Fürstenwalde – Grundbuchamt – vom 01.11.2012 – K… Blatt 297 – 7 wird zurückgewiesen.

Der Gegenstand für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.000,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Beteiligte zu 1 ist im Grundbuch von K… Blatt 297, Flur 1, Flurstück 361 als Eigentümerin eingetragen. Mit Grundstückskaufvertrag vom 14.5.2009 (UR Nr. 48/2009 der Verfahrensbevollmächtigten der Beschwerdeführerin) wurde das vorbezeichnete Grundstück an die Beteiligte zu 2., die Beschwerdeführerin verkauft. Unter Bezugnahme auf diesen Vertrag beantragte die Verfahrensbevollmächtigte der Beschwerdeführerin am 20.07.2009 die Eigentumsumschreibung auf diese.

Mit Zwischenverfügung vom 17.08.2009 wies das Grundbuchamt darauf hin, dass der Eintragung entgegenstehe, dass über das Vermögen der Beteiligten zu 1. das Insolvenzverfahren eröffnet und ein entsprechender Vermerk im Grundbuch eingetragen worden sei. Im Hinblick auf die fehlende Verfügungsbefugnis der Beteiligten zu 1. sei eine formgerechte Genehmigung des Insolvenzverwalters erforderlich. Der Insolvenzvermerk im Grundbuch datiert vom 23.07.2009.

Mit Schreiben vom 24.09.2009 bat die Antragstellerin um Fristverlängerung vor dem Hintergrund, dass angesichts einer Beschwerde im Insolvenzverfahren mit einer Auswechselung des Insolvenzverwalters zu rechnen sei. Nach einer weiteren Fristverlängerung bat der zwischenzeitlich zum Insolvenzverwalter bestellte Rechtsanwalt F… um weiteren Zeitaufschub, da er zunächst die Rechtslage überprüfen wolle.

Mit Schreiben vom 17.02.2011 überreichte die Verfahrensbevollmächtigte der Beschwerdeführerin die Kopie eines Schreiben des Insolvenzverwalters Rechtsanwalt F…, gerichtet an den Vertreter der Beteiligten zu 1, mit dem die Freigabe des streitgegenständlichen Grundstücks aus der Insolvenzmasse erklärt wurde. In dem formlosen, von dem Insolvenzverwalter unterzeichneten Schreiben heißt es unter anderem:

„Sehr geehrter Herr G…,

in vorbezeichneter Angelegenheit gehört folgende Liegenschaft zur Insolvenzmasse: Grundstück K…, eingetragen im beim Amtsgericht Fürstenwalde geführten Grundbuch von K… Blatt 297.

Ich gebe hiermit dieses Grundstück aus der Insolvenzmasse an Sie als Geschäftsführerin der Komplementärin der Schuldnerin frei, so dass der unmittelbare Besitz von ihnen ausgeübt werden kann.“

Das Grundbuchamt erließ daraufhin eine Zwischenverfügung mit Datum vom 17.03.2011, in der darauf hingewiesen wurde, dass aufgrund der Fortdauer des Insolvenzverfahrens grundsätzlich der Insolvenzverwalter als verfügungsbefugt anzusehen sei. Der Wegfall der Verfügungsbefugnis und die hiermit verbundene Wiedererlangung der Verfügungsbefugnis des Schuldners sei dem Grundbuchamt in der Form des § 29 GBO nachzuweisen.

Nachdem am 04.04.2011 ein Ersuchen des Amtsgerichts Halle auf Löschung des Insolvenzvermerks im Grundbuch gestellt worden war, ergänzte das Grundbuchamt die Zwischenverfügung vom 17.03.2011 mit Schreiben vom 05.04.2011 und wies darauf hin, dass sich unabhängig von dem Ersuchen des Amtsgerichts Halle auf Löschung des Insolvenzvermerks die Vorgaben aus der Zwischenverfügung vom 17.03.2011 nicht erübrigt hätten, da das Löschungsersuchen lediglich zur Löschung des Insolvenzvermerks im Grundbuch führe, aber nichts zur materiellen Rechtslage aussage. Die Freigabe des Grundstücks aus der Insolvenzmasse sei nach wie vor in Form des § 29 GBO gegenüber dem Grundbuchamt nachzuweisen.

Mit Schreiben vom 02.09.2011 führte die Verfahrensbevollmächtigte der Beschwerdeführerin unter Bezugnahme auf das Ersuchen des Amtsgerichts Halle auf Löschung des Insolvenzvermerks aus, dass nicht ersichtlich sei, welche Hinderungsgründe der beantragten Löschung des Insolvenzvermerks entgegenstünden.

Das Grundbuchamt teilte daraufhin mit, dass es das Schreiben vom 02.09.2011 als Beschwerde gegen die Zwischenverfügungen vom 17.08.2009 und vom 17.03.2011 (letztere ergänzt durch Schreiben vom 05.04.2011) ansehe, sofern nicht bis zum 10.10.2011 eine gegenteilige Äußerung abgegeben werde. Mit Schreiben vom 10.10.2011 vertrat die Verfahrensbevollmächtigte der Beschwerdeführerin die Auffassung, dass das Grundbuchamt dann, wenn es die Erklärungen des Insolvenzverwalters und des Insolvenzgerichts für nicht formgerecht erachte, diesen eine entsprechende Auflage machen müsse.

Mit Beschluss vom 01.11.2011 hat das Grundbuchamt der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Brandenburgischen Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt. In dem Nichtabhilfebeschluss ist ausgeführt, dass alternativ zur Auslegung als Beschwerde auch die Zurückweisung des Antrags hätte in Betracht kommen können. Es wäre sodann der Vollzug des Löschungsersuchens des Amtsgerichts Halle vorzunehmen, bei der dann zu erwartenden erneuten Antragstellung der Beschwerdeführerin sei jedoch die gleiche Beanstandung erforderlich gewesen, nämlich das Fehlen des Nachweises der formgerechten Freigabe des Grundstücks durch den Insolvenzverwalter.

II.

Die Beschwerde, über die gemäß § 72 GBO das Oberlandesgericht zu entscheiden hatte, ist zulässig, das Rechtsmittel bleibt in der Sache jedoch ohne Erfolg.

Das Grundbuchamt hat zu Recht den Nachweis der Freigabe des Grundstücks aus der Insolvenzmasse in der Form des § 29 GBO gefordert und zwar unabhängig davon, dass zwischenzeitlich ein Ersuchen des Amtsgerichts Halle auf Löschung des Insolvenzvermerks beim Grundbuchamt eingegangen war.

Im Einzelnen:

Während eines fortdauernden Insolvenzverfahrens ist stets vom Bestehen einer Verfügungsbeschränkung im Sinne des § 80 InsO auszugehen. Die Verfügungsbeschränkung des § 80 InsO tritt durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein. Der Eintragung im Grundbuch kommt lediglich deklaratorische Bedeutung zu. Gleiches gilt für die Löschung, fällt doch der Insolvenzbeschlag nicht durch die Löschung des Vermerks weg, sondern durch außerhalb des Grundbuchs liegende Umstände, wie etwa der Aufhebung des Insolvenzverfahrens.

Für das Grundbuchverfahren ergibt sich daraus, worauf das Grundbuchamt unter Hinweis auf die einschlägige Rechtsprechung zutreffend hingewiesen hat (LG Berlin, Beschlüsse vom 15.07.2003 - 86 T 549/03 - sowie vom 09.09.2003 - 86 T 856/03 -; OLG Naumburg, Beschluss vom 28.02.2011 - 12 Wx 14/11 -), dass die Funktion des Insolvenzvermerks sich darauf beschränkt, den nach § 892 Abs. 1 Satz 2 BGB geschützten öffentlichen Glauben des Grundbuchs an die unbeschränkte Verfügungsmacht des eingetragenen Eigentümers über den Gegenstand zu zerstören (Uhlenbruck, InsO, 4. Aufl., § 4, Rn. 17). Aus dem Fehlen des Vermerks folge nicht, dass die Verfügungsbefugnis des Insolvenzverwalters nicht oder nicht mehr besteht. Das gilt sowohl dann, wenn der Vermerk noch nicht eingetragen ist, als auch dann, wenn er bereits eingetragen war, aber wieder gelöscht worden ist. In diesen Fällen spricht keine Vermutung für die Verfügungsmacht des eingetragenen Eigentümers. Die Vermutung des § 891 Abs. 1 BGB, die auch vom Grundbuchamt zu beachten ist, erstreckt sich nicht auf den Umstand, dass der eingetragene Rechtsinhaber über sein Recht unbeschränkt verfügen kann (KG NJW 1973, 428, 430; Palandt/Bassenge, BGB, 72. Aufl., § 891 Rn. 5). Ist demnach im Grundbuchverfahren von der Verfügungsbefugnis des Insolvenzverwalters auszugehen, so ist der Wegfall dieser Befugnis und die hiermit verbundene Widererlangung der Befugnis des Schuldners nachzuweisen, wenn der Schuldner während eines fortdauernden Insolvenzverfahrens wie hier über den Grundbesitz verfügen will. Für diesen Nachweis gilt die Formvorschrift des § 29 GBO (Uhlenbruck, a.a.O., Rn. 27 m.w.N.), der die von der Beschwerdeführerin eingereichte formlose schriftliche Erklärung des Insolvenzverwalters nicht genügt.

Sofern seitens der Verfahrensbevollmächtigten der Beschwerdeführerin darauf hingewiesen wird, dass die Formbedürftigkeit gemäß § 29 GBO nicht erforderlich sei, weil auch der Eintrag des Insolvenzvermerks nach § 32 InsO durch formlosen Antrag des Insolvenzverwalters erfolgen könne, verfängt dieses nicht. Zwar kann der Antrag auf Eintragung des Insolvenzvermerks in einfacher Schriftform eingereicht werden, diesem sind indes weitere Nachweise durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden als zwingendes Antragserfordernis beizufügen, wie etwa die gerichtliche Bestallungsurkunde (§ 56 Abs. 2 InsO) oder die Ausfertigung einer öffentlich beglaubigten Abschrift des Eröffnungsbeschlusses.

Soweit im Schreiben der Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 2. vom 02.09.2011 auf das Ersuchen des Amtsgerichts Halle hingewiesen wird, rechtfertigt dies keine andere Bewertung. Den Anforderungen des § 29 GBO genügt das Ersuchen des Insolvenzgerichts schon deshalb nicht, weil es sich hier lediglich um eine einfache Wissenserklärung des Insolvenzgerichts handelt, die keinen urkundlichen Beweis für die in ihr bekundeten Tatsachen erbringt. Dies gilt auch dann, wenn die Erklärung in gesiegelter und unterschriebener Form abgegeben wird, da die Beweiskraft der Urkunde sich nur auf den Umstand der von der Behörde abgegebenen Erklärung erstreckt, nicht aber auf den Inhalt der selbigen (vgl. LG Berlin, Beschluss vom 15.07.2003 (86 T 549/03)).

Angesichts dessen ist auch die Anmerkung des Grundbuchamts, dass eine Zurückweisung des Antrags angesichts des Ersuchens um Löschung durch das Insolvenzgericht in Betracht gekommen wäre, zutreffend, entbindet die Erledigung desselben doch nicht vom Erfordernis einer formgerechten Erklärung nach § 29 GBO.

Soweit schließlich seitens der Beschwerdeführerin geltend gemacht wird, dass es dem Grundbuchamt obliegt, mittels Auflagen für formgerechte Erklärungen zu sorgen, wird darauf hingewiesen, dass § 26 FamFG im Antragsverfahren keine Anwendung findet, es vielmehr Sache des Antragstellers ist, die erforderlichen Unterlagen einzureichen (Demharter, GBO, 27. Aufl., § 29, Rn. 23).

Die Kostenfolge hinsichtlich der Gerichtskosten ergibt sich aus dem Gesetz, eine Entscheidung über die Erstattung außergerichtlicher Kosten ist nicht veranlasst.