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Entscheidung 10 UF 22/16


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 2. Senat für Familiensachen Entscheidungsdatum 22.05.2018
Aktenzeichen 10 UF 22/16 ECLI ECLI:DE:OLGBB:2018:0522.10UF22.16.00
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des Amtsgerichts Bernau bei Berlin vom 13.1.2016 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Antragsgegner wird verpflichtet, an die Antragsteller zu Händen ihrer gesetzlichen Vertreterin Unterhalt, den zukünftigen jeweils monatlich im Voraus bis zum 1. eines jeden Monats, wie folgt zu zahlen:

an den Antragsteller zu 1.

aufgelaufenen Unterhalt von 1.958,50 € für Januar 2014 bis einschließlich November 2017 und

monatlichen Unterhalt von 59 € für Januar bis einschließlich April 2018 sowie 269 € ab Mai 2018;

an die Antragstellerin zu 2.

aufgelaufenen Unterhalt von 1.967,50 € für Januar 2014 bis einschließlich November 2017 und

monatlichen Unterhalt von 59 € für Januar bis einschließlich April 2018 sowie 269 € ab Mai 2018.

Die weitergehenden Anträge der Antragsteller und ihre weitergehenden Beschwerden werden zurückgewiesen.

Die Kosten der ersten Instanz haben die Antragsteller zu 45 % und der Antragsgegner zu 55 %, die Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Antragsteller zu 40 % und der Antragsgegner zu 60 % zu tragen.

Die sofortige Wirksamkeit dieser Entscheidung wird angeordnet, soweit Unterhalt ab Mai 2018 zugesprochen ist.

Der Beschwerdewert wird auf 2.068 € festgesetzt.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.

Die Antragsteller, P…, geboren am ….9.2006, und L…, geboren am ….4.2008, leben seit der Trennung ihrer Eltern Mitte 2013 im Haushalt der Mutter. Diese bezieht seit September 2013 für P… und seit Augst 2013 für L… Leistungen nach dem UVG. Die Antragsteller verlangen vom Antragsgegner, ihrem Vater, für die Zeit ab Januar 2014 Unterhalt, soweit ihr Bedarf nicht durch die erhaltenen Unterhaltsvorschüsse gedeckt ist.

Der 47 Jahre alte Antragsgegner ist von Beruf Zimmermann. Seit 2004 ist er selbstständig tätig und führt ein Gewerbe im Bereich Holz- und Bautenschutz. Mit Schreiben vom 9.10.2013 forderten die Antragsteller den Antragsgegner auf, Auskunft über sein Einkommen zur Berechnung des Kindesunterhalts zu erteilen.

Sie haben beantragt, den Antragsgegner zu verpflichten, für den Zeitraum Oktober 2013 bis einschließlich März 2014 aufgelaufenen Unterhalt und ab April 2014 jeweils den Mindestunterhalt zu zahlen. Dem ist der Antragsgegner entgegengetreten. Durch Beschluss vom 13.1.2016, auf den zur näheren Sachdarstellung Bezug genommen wird, hat das Amtsgericht den Antragsgegner verpflichtet, an die Antragsteller ab 1.2.2016 monatlichen Kindesunterhalt in Höhe von jeweils 171 € zu zahlen und den Antrag im Übrigen abgewiesen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragsteller.

Sie tragen vor:

Der Antragsgegner müsse sich bereits ab 1.1.2014 ein fiktives Einkommen in Höhe des Mindestlohns zurechnen lassen. Er könne aufgrund seines Facharbeiterabschlusses als Zimmermann und seiner jahrelangen Berufserfahrung in anderen Gewerken des Baugewerbes eine Tätigkeit finden, die mit der Lohngruppe II in … vergütet werde. Bei dem Tariflohn handele sich um den Mindestlohn. Da der Antragsgegner nach seinem Vortrag in den Jahren 2009 bis 2012 mit seiner selbständigen Tätigkeit so wenig verdient habe, dass er nicht leistungsfähig gewesen sei, hätte er sich ab Oktober 2013 um eine andere Tätigkeit bemühen müssen. Dabei sei ihm lediglich eine Übergangsphase von Oktober bis einschließlich Dezember 2013 zuzubilligen. Allerdings reklamiere der Antragsgegner im Jahr 2014 für sich ein Nettojahreseinkommen in Höhe von 15.861 €, wobei ausweislich der von ihm vorgelegten Gewinnermittlung der Gewinn vor Steuern 34.553,08 € betragen und sich damit gegenüber dem Vorjahr verdoppelt habe. Der steuerrechtlich zulässige Investitionsabzug in Höhe von 12.656 € sei unterhaltsrechtlich unbeachtlich, da die Rückstellung in den Folgejahren nicht aufgelöst worden sei. Bei einer Gesamtbetrachtung stelle das Jahr 2014 jedoch eine im Zeitpunkt der Trennung von ihrer Mutter nicht vorhersehbare Ausnahme dar. Deshalb sei auch für die Folgejahre 2015 bis 2017 von dem fiktiven Einkommen auszugehen. Es werde mit Nichtwissen bestritten, dass der Antragsgegner im Jahr 2015 Steuerschulden bezahlt habe. Nachforderungen im Rahmen einer Betriebsprüfung seien im Übrigen unbeachtlich, da sie bei einer korrekten Steuererklärung dem Jahr des Ausgangsbescheids zuzuordnen seien. Ein erweiterter Umgang berechtige den Antragsgegner nicht zur Einschränkung seiner Erwerbstätigkeit. Auch als Angestellter könne er seine Arbeitszeit flexibel gestalten. Eine Ausweitung der Hortbetreuung montags und dienstags sei aufgrund des flexiblen Hortvertrages nach Rücksprache mit ihrer Mutter möglich.

Unter Abzug der bis November 2017 erhaltenen Unterhaltsvorschüsse beantragen die Antragsteller, den Antragsgegner zu verpflichten,

1. an P… Unterhalt für den Zeitraum von Januar 2014 bis November 2017 in Höhe von 3.480 € zu zahlen;

2. an L… Unterhalt für den Zeitraum von Januar 2014 bis November 2017 in Höhe von 3.480 € zu Händen der Mutter zu zahlen.

3. an P… in dem Zeitraum Dezember 2017 bis einschließlich März 2018 monatlichen Unterhalt in Höhe von 264 € und ab April 2018 monatlichen Unterhalt in Höhe von 269 € zu Händen der Mutter zu zahlen;

4. an L… in dem Zeitraum Dezember 2017 bis einschließlich März 2018 monatlichen Unterhalt in Höhe von 264 € und ab April 2018 monatlichen Unterhalt in Höhe von 269 € zu Händen der Mutter zu zahlen.

Der Antragsgegner beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Er trägt vor:

Wegen des Umgangs mit seinen Kindern alle 14 Tage von Freitag nach der Schule bis zum Schulbeginn am Montag sowie mit jedem Kind im Wechsel montags nach der Schule bis zum Schulbeginn am Dienstag und in der Hälfte der Schulferien (siehe Umgangsvergleich vom 25.9.2015, Bl. 471 ff) könne er keine Vollzeitstelle annehmen. Überdies strebe er einen noch weitergehenden Umgang an. Von Angestellten im Baugewerbe werde erwartet, dass sie ab 6.00 Uhr auf der Baustelle seien. Er arbeite vornehmlich auf Baustellen, die im Rahmen fester Arbeitszeiten von 7.00 bis 16.00 Uhr bearbeitet würden. Sein Einkommen als Selbständiger sei während des Zusammenlebens der Eltern prägend gewesen. Im Übrigen habe die Mutter eine anonyme Anzeige bei der Finanzverwaltung sowie eine Strafanzeige (das Strafverfahren sei inzwischen eingestellt worden) gegen ihn erstattet, was ihn zeitlich und auch finanziell erheblich belaste. Er habe Weiterbildungsmaßnahmen ergriffen, um seine selbstständige Tätigkeit weiter ausbauen und mehr verdienen zu können. Stellen mit einer Verdienstmöglichkeit von 2.200 € seien nicht zu finden. Größere Firmen mit tariflichen Zahlungen gebe es in Brandenburg im Wesentlichen nicht. Kleinere Handwerksbetriebe zahlten seit dem 1.1.2015 allenfalls den Mindestlohn. Tariflöhne für Zimmermänner seien in Brandenburg nicht allgemeinverbindlich. In der Region Berlin-Brandenburg seien Stunden-sätze von 11,50 € für Zimmerer üblich, höchstens könnten 12,50 € je Stunde erzielt werden.

Der Senat hat die Mutter der Antragsteller und den Antragsgegner persönlich angehört. Wegen des Ergebnisses wird auf die Anhörungsvermerke zu den Senatsterminen vom 28.11.2017 (Bl. 667 f.) und vom 10.4.2018 (Bl. 824) Bezug genommen.

II.

Die gemäß §§ 58 ff, 117 FamFG zulässige Beschwerde ist teilweise begründet. Der Antragsgegner muss den Antragstellern nur in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Unterhalt zahlen.

1.

Nachdem die Antragsteller den Antragsgegner mit Schreiben vom 9.10.2013 zur Auskunft zwecks Unterhaltsberechnung aufgefordert haben, können sie - wie beantragt – grundsätzlich ab Januar 2014 Unterhalt verlangen, § 1613 BGB.

Soweit P… mehr als die Differenz zwischen dem Mindestunterhalt und der Unterhaltsvorschusszahlung für die Monate Januar bis einschließlich März 2014 geltend macht, ist sein Antrag abzuweisen. Denn er hat mit Schriftsatz vom 29.1.2015 seine Unterhaltsforderung auf den Mindestunterhalt unter Berücksichtigung der Unterhaltsvorschusszahlung beschränkt, sodass er diesen nun nicht rückwirkend wieder erhöhen kann, § 1613 Abs. 1 S. 1 BGB (s.a. BGH, FamRZ 2013, 109).

2.

In den Jahren 2014 und 2015 ist der Antragsgegner aufgrund seiner tatsächlichen Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit in vollem Umfang leistungsfähig.

a)

Für die Bestimmung des Einkommens des Antragsgegners im Jahr 2014 ist allein die Gewinnermittlung für dieses Jahr maßgeblich. Ein zeitnaher Mehrjahresdurchschnitt ist bei Selbständigen bei der Bemessung eines Unterhaltsanspruchs für die Zukunft zwar grundsätzlich notwendig. Bei der Berechnung des Unterhalts für die Vergangenheit können aber die in dem jeweiligen Kalenderjahr erzielten Einkünfte herangezogen werden (Ziffer 1.5 der Unterhaltsleitlinien des Brandenburgischen Oberlandesgerichts, Stand 1.1.2016; s.a. Wendl/Spieker, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 9. Aufl. § 1 Rn. 420).

Im Jahr 2014 hatte der Antragsgegner einen betrieblichen Gewinn vor Steuern in Höhe von 34.553,08 € (Gewinnermittlung vom 1.1.2014 bis 31.12.2014, Bl. 537 ff, 543) nebst einem hinzugerechneten Betrag von 636,25 € infolge steuerlicher Korrekturen. Der sich aus der Gewinnermittlung ergebende Investitionsabzugsbetrag in Höhe von 12.656 € ist unterhaltsrechtlich unbeachtlich. Denn der Antragsgegner hat diesen nicht bis zum dritten auf das Wirtschaftsjahr des Abzugs folgenden Wirtschaftsjahrs, also bis zum 31.12.2017, in Anspruch genommen, so dass er gemäß § 7g Abs. 3 EStG rückgängig zu machen und für das Jahr, in dem er in Anspruch genommen wurde, nachzuversteuern ist. Die mit der Auflösung des Investitionsabzugsbetrages verbundene Steuernachzahlung ist bei der Einkommensermittlung in Abweichung vom In-Prinzip grundsätzlich fiktiv dem Jahr, in dem der steuerliche Vorteil für die Rückstellung eingetreten war, zuzurechnen (vgl. BGH, NJW-RR 2004, 1227 zur Ansparabschreibung; generell zur Geltung des Für-Prinzips bei fiktiven Steuern in Abweichung von dem sonst grundsätzlich geltenden In-Prinzip Wendl/Gerhardt, a. a. O., § 1 Rn. 1009). Dies gilt auch für den Investitionsabzugsbetrag (Ehinger/Griesche/Rasch, Handbuch Unterhaltsrecht, 7. Aufl., Kapitel A. Unterhaltsanspruch des minderjährigen Kindes, Rn. 99).

Die Einkommenssteuer, die der Antragsgegner ohne den Investitionsabzug zu entrichten gehabt hätte, beläuft sich ohne Berücksichtigung des Kinderfreibetrages auf rund 7.659 €, wie die Antragsteller unbestritten vorgetragen haben und was sich mittels der allgemein zugänglichen Steuerberechnungsprogramme auch nachvollziehen lässt. Der Antragsgegner hat im Jahr 2014 bereits eine Einkommenssteuervorauszahlung in Höhe von 992 € geleistet, wie sich dem Steuerbescheid vom 2.3.2016 für das Jahr 2014 (Bl. 532 ff.) entnehmen lässt. Im Hinblick darauf sind im Wege der fiktiven Nachversteuerung noch weitere 6.667 € (7.659 € - 992 €) in Abzug zu bringen.

Ferner ist eine Steuernachzahlung in Höhe von insgesamt 1.774,39 € für das Jahr 2012 abzuziehen. Dass der Antragsgegner diese im Jahr 2016 tatsächlich gezahlt hat, hat er mit einem Kontoauszug des Finanzamts belegt (Bl. 726). Ungeachtet der Zahlung im Jahr 2016 ist dieser Betrag abweichend vom In-Prinzip im Jahr 2014 zu berücksichtigen. Denn bei einer von vornherein richtigen Steuererklärung wären diese Steuern im Jahr 2014 angefallen, weil der infolge der Betriebsprüfung abgeänderte Ursprungsbescheid für das Jahr 2012 vom 5.5.2014 stammt (siehe den geänderten Steuerbescheid vom 2.9.2015 für das Jahr 2012, Bl. 603 ff, insbes. 605). Von dem grundsätzlich geltenden In-Prinzip ist hier abzuweichen, da der Antragsgegner im Jahr 2014 weniger Einkommenssteuer entrichtet hat, als er eigentlich schuldete, wie sich infolge der Betriebsprüfung herausstellte, die zu dem geänderten Steuerbescheid vom 2.9.2015 und einer Steuernachzahlung im Jahr 2016 geführt hat. Vom grundsätzlich geltenden In-Prinzip kann abgewichen werden, soweit es bei verzögerter Abgabe der Steuererklärung zu einer Einkommensverzerrung kommt (vgl. Wendl/Gerhardt, a. a. O., § 1 Rn. 1011). Dies muss erst Recht gelten, wenn es durch unrichtige oder unvollständige Angaben in einer Steuererklärung zu einer verzögerten Steuernachforderung kommt. Die ausnahmsweise Anwendung des Für-Prinzips ist im vorliegenden Fall geboten. Denn würde man die Steuernachzahlung nach dem grundsätzlich geltenden In-Prinzip erst im Jahr 2016 berücksichtigen, profitierte der Antragsgegner von seiner unrichtigen Steuererklärung, da er im Jahr 2016 einen so geringen Gewinn erzielt hat, dass er nicht in vollem Umfang leistungsfähig ist (wie nachfolgend noch näher aufgezeigt wird), während die Berücksichtigung der Steuernachzahlung im Jahr 2014 die Leistungsfähigkeit des Antragsgegners aufgrund des in diesem Jahr erzielten hohen Gewinnes nicht beeinträchtigt.

Die im Jahr 2014 erfolgte Einkommenssteuerrückerstattung in Höhe von 131 € gemäß Steuerbescheid vom 25.4.2014 für das Jahr 2012 (Bl. 598 ff) ist hinzuzurechnen. Abzuziehen sind außerdem unstreitige Versicherungsbeiträge in Höhe von 4.887 €.

Somit errechnet sich folgendes Jahresnettoeinkommen des Antragsgegners:

 34.553,08 €

        

+ 636,25 €

        

= 35.189,33 €

Jahresgewinn

- 992,00 €

Einkommenssteuervorauszahlung

- 6.667,00 €

fiktive Einkommenssteuer

- 1.774,39 €

Steuernachzahlung für 2012

+ 131,00 €

Einkommensteuererstattung

- 4.887,00 €

Versicherungsbeiträge

= 20.999,94 €

Jahresnettoeinkommen.

Es ergibt sich ein monatliches Nettoeinkommen in Höhe von 1.750 €. Dieses übersteigt den Selbstbehalt von 1.000 € (vgl. Ziffer 21.2 der Unterhaltsleitlinien des Brandenburgischen Oberlandesgericht, Stand 1.1.2013) um 750 €. Damit ist der Antragsgegner in Bezug auf die von den Antragstellern geltend gemachten Beträge in vollem Umfang leistungsfähig.

Das sind für P… monatlich 89 € (Mindestunterhalt in Höhe von 269 € gemäß Düsseldorfer Tabelle abzüglich 180 € Unterhaltsvorschuss) sowie für L… in den Monaten Januar bis einschließlich März jeweils 92 € (Mindestunterhalt 225 € gemäß Düsseldorfer Tabelle abzüglich Unterhaltsvorschuss in Höhe von 133 €) und in den Monaten April bis einschließlich Dezember jeweils 89 € (Mindestunterhalt in Höhe von 269 € gemäß Düsseldorfer Tabelle abzüglich 180 € Unterhaltsvorschuss).

b)

Im Jahr 2015 ist der Antragsgegner aufgrund seiner tatsächlichen Einkünfte noch in vollem Umfang leistungsfähig.

In diesem Jahr hatte er einen Gewinn aus seinem Gewerbebetrieb in Höhe von 29.155 €. Abzuziehen sind hiervon Versicherungsbeiträge in Höhe von 5.231 € sowie Einkommensteuervorauszahlungen in Höhe von 1.836 € (vgl. die bereits getilgten Beträge laut Steuerbescheid vom 11.5.2017 für das Jahr 2015, Bl. 550 ff) sowie unstreitigen Steuernachzahlungen in Höhe von insgesamt 650 € für das Jahr 2011 (vgl. Kontoauszug des Finanzamtes für das Jahr 2011, Bl. 724).

Wie bereits oben ausgeführt wurde, ist die Steuernachforderung gemäß Bescheid vom 2.9.2015 für das Jahr 2012 in Höhe von insgesamt 2.196,60 € (Bl. 788) im Jahr 2014 zu berücksichtigen, soweit die Zahlung durch Vorlage des Kontoauszuges des Finanzamtes belegt ist, nämlich in Höhe von 1.774,39 €.

Dass der Antragsgegner die weitere Steuernachforderung gemäß Bescheid vom 11.6.2015 für das Jahr 2013 (Bl. 515) in Höhe von 393 € entrichtet hätte, hat er nicht nachgewiesen. Den vorgelegten Kontoauszügen des Finanzamtes (Bl. 723 bis 726) ist eine solche Zahlung nicht zu entnehmen. Der Senat berücksichtigt nur die sich aus den Kontoauszügen ergebenden Zahlungen auf Einkommenssteuer, da die Umsatzsteuerzahlungen in die Gewinnermittlung einzustellen sind.

Damit ergibt sich ein Jahresnettoeinkommen in Höhe von 21.438 € und ein monatliches Nettoeinkommen in Höhe von 1.786,50 €.

In Ansehung des Selbstbehalts in Höhe von 1.080 € (Ziffer 21.2 der Unterhaltsleitlinien des Brandenburgischen Oberlandesgericht mit Wirkung ab dem 1.1.2015 und ab dem 1.8.2015) ist der Antragsgegner in Höhe von 706,50 € und damit in Bezug auf die geltend gemachten Beträge in vollem Umfang leistungsfähig. Die Antragsteller machen jeweils 254 € monatlich geltend, so dass unter Berücksichtigung der Unterhaltsvorschusszahlungen im Zeitraum von Januar bis einschließlich Juni 2015 in Höhe von jeweils 180 € noch monatlich 74 € und unter Berücksichtigung der erhaltenen Unterhaltsvorschüsse in Höhe von jeweils 192 € in dem Zeitraum Juli bis einschließlich Dezember 2015 noch monatlich 62 € zu zahlen sind.

3.

Mit Beginn des Jahres 2016 muss sich der Antragsgegner Einkünfte aus abhängiger Tätigkeit zurechnen lassen. Wenn das vorhandene Einkommen zur Erfüllung der Unterhaltspflicht nicht ausreicht, trifft den Unterhaltsschuldner die Obliegenheit, die ihm zumutbaren Einkünfte zu erzielen, insbesondere seine Arbeitskraft so gut wie möglich einzusetzen und eine einträgliche Erwerbstätigkeit auszuüben. Dies gilt in gesteigertem Maße gegenüber minderjährigen Kindern (Wendl/Klinkhammer, a. a. O., § 2 Rn. 244).

Die Einkünfte des Antragsgegners aus seiner selbständigen Tätigkeit waren so gering, dass er die Obliegenheit hatte, seine Arbeitskraft anderweitig einzusetzen. Denn 2016 hat der Antragsgegner ausweislich seiner Gewinnermittlung (Bl. 569 ff) einen betrieblichen Gewinn in Höhe von 13.191,63 € erzielt. Abzüglich der Versicherungsbeiträge in Höhe von 4.492,08 € (Anlagen B 27, Bl. 650, und B 30, Bl. 655) ergibt sich ein Betrag von 8.699,55 €. Des Weiteren hat der Antragsgegner SGB II-Leistungen in Höhe von 1.198,32 € monatlich im Zeitraum März bis einschließlich August 2016 bezogen (Anlage B 20, Bl. 624 ff). Damit standen dem Antragsgegner durchschnittlich monatlich 1.324,12 € (15.889,47 € : 12) zur Verfügung. Er war somit nur in Höhe von monatlich 244,12 € leistungsfähig, während sich der Mindestunterhaltsanspruch (Zahlbetrag) auf 289 € je Kind beläuft (die Antragsteller gehen jedoch jeweils nur von einem Unterhaltsanspruch in Höhe von 264 € aus).

Einem selbständigen Unternehmer, der nur ein Einkommen unterhalb der Leistungsfähigkeitsgrenze erwirtschaftet, kann die Aufgabe des Unternehmens und die Aufnahme einer abhängigen Arbeit zugemutet werden, wenn er sonst auf längere Zeit nicht zu Unterhaltsleistungen in der Lage ist (vgl. dazu Wendl/Dose, a. a. O., § 1 Rn. 769). Hinsichtlich des Einsatzzeitpunktes sind alle Umstände des Falles sorgfältig abzuwägen und dem Unterhaltsschuldner ist zusätzlich eine Übergangszeit zuzubilligen (Wendl/Dose, a. a. O., § 1 Rn. 769). Die Länge der Übergangszeit ist im Einzelfall zu bestimmen, regelmäßig sind allerdings drei bis sechs Monate ausreichend für das Auffinden einer entsprechenden Arbeitsmöglichkeit (jurisPK/Viefhues, a. a. O., § 1603 Rn. 406, 561 ff). Anhaltspunkte für eine ausnahmsweise längere Übergangsfrist sind nicht gegeben, da der Antragsgegner nicht geltend macht, dass die Auflösung seines Ein-Mann-Betriebs nicht innerhalb von einem halben Jahr möglich sei.

Wie der Antragsgegner in seiner persönlichen Anhörung am 28.11.2017 vor dem Senat erklärt hat, ist sein Umsatz eingebrochen, weil jemand, mit dem er zusammen gearbeitet und der viele Aufträge requiriert habe, Ende 2015 oder Anfang 2016 weggezogen sei. Dies wusste der Antragsgegner nach seinen Angaben aber schon seit Mitte 2015. Von da an war für ihn ein Einbruch seiner Aufträge und damit ein erheblicher Rückgang seiner Einkünfte absehbar. Für ihn selbst bestand keine Möglichkeit, diese Veränderung aufzufangen, wie der Antragsgegner bei seiner Anhörung eingeräumt hat. Er habe, so der Antragsgegner, Aufträge im bisherigen Umfang nicht bekommen, auch keine Arbeiten als Subunternehmer übernehmen können. Er war daher in diesem halben Jahr ab Kenntnis vom Weggang des genannten Zu- bzw. Mitarbeiters gehalten, sich auch ein Anstellungsverhältnis zu suchen, das er im Hinblick auf seine Ausbildung und seine langjährige Berufserfahrung, insbesondere auch im Hinblick auf den Boom im Baugewerbe mit Sicherheit hätte bekommen können.

Soweit der Antragsgegner geltend macht, er könne wegen des Umgangs mit den Antragstellern keine Vollzeittätigkeit ausüben, ist dies nicht nachvollziehbar. Denn der Antragsgegner hat nur einen leicht erweiterten Wochenendumgang, der notfalls auch geringfügig modifiziert werden könnte. Es besteht außerdem unstreitig die Möglichkeit, die Hortbetreuungszeiten entsprechend anzupassen. Die Mutter hat hiermit ihr Einverständnis erklärt. Auch wenn dies im Jahr 2016 noch anders gewesen sein sollte, wie der Antragsgegner behauptet, hätte er dies notfalls einer gerichtlichen Klärung zuführen müssen. Es sind grundsätzlich keine Abstriche bei der Unterhaltspflicht vorzunehmen, soweit das Umgangsrecht in einem üblichen Maß ausgeübt wird (BGH, Beschluss vom 12.3.2014 - XII ZB 234/13, Rn. 39, juris; BGH, Beschluss vom 5.11.2014 - XII ZB 599/13, Rn. 22, juris; KG, Beschluss vom 11.12.2015 - 13 UF 164/15, Rn. 10, Juris). Ein Absenken unter den Mindestunterhalt kommt jedenfalls nicht in Betracht (KG, a. a. O.; Erman/Hammermann, BGB, 15. Aufl., § 1603 Rn. 127).

Der Antragsgegner hätte ab dem Jahr 2016 jedenfalls den Mindestlohn im Bauhauptgewerbe erzielen können. Der Senat zieht den in Berlin allgemeinverbindlich geltenden Mindestlohn in der Bauwirtschaft heran. Es ist unerheblich, ob ein solcher auch im Land Brandenburg verlangt werden kann, da dem in B… ansässigen Antragsgegner auch zuzumuten ist, in … zu arbeiten.

Das dem Antragsgegner fiktiv zuzurechnende Einkommen berechnet sich wie folgt:

2016

Gesamttarifstundenlohn Lohngruppe 2: 14,30 €,

173,3 Stunden x 14,30 € = 2.478,19 €,

1.649,89 € netto ( bei Steuerklasse 1 und einem Kinderfreibetrag),

abzgl. 5 % berufsbedingte Aufwendungen (vgl. BGH, FamRZ 2009, 314, Rn. 39), mithin 83,91 €,

abzgl. 84,50 € Steuernachzahlung (vgl. Steuerbescheid vom 2.3.2016 für das Jahr 2014, Bl. 532 ff)

= 1.482,90 €.

Selbstbehalt: 1.080 € (vgl. Ziffer 21.2 der Unterhaltsleitlinien des Brandenburgischen Oberlandesgerichts, Stand 1.1.2016),

Leistungsfähigkeit 402,90 € (201,45 € je Kind) .

In den Monaten Januar bis einschließlich Dezember 2016 schuldet der Antragsgegner den Antragstellern unter Berücksichtigung der Unterhaltsvorschusszahlungen noch jeweils monatlich 7,45 € (201,45 € abzüglich 194 € Unterhaltsvorschusszahlung).

Der Antragsgegner hat im Februar und März 2016 jeweils 171 € an die Antragsteller gezahlt, so dass für diese Monate nichts mehr geschuldet ist.

2017

Gesamttarifstundenlohn Lohngruppe 2: 14,55 €,

173,3 Stunden x 14,55 € = 2.521,52 €,

1.678,12 € netto ( bei Steuerklasse 1 und einem Kinderfreibetrag),,

abzgl. 5% berufsbedingte Aufwendungen, mithin 83,91 €,

abzgl. 128,91 € Steuernachzahlung (vgl. Steuerbescheid vom 11.5.2017, Bl. 550)

= 1.465,30 €

Selbstbehalt: 1.080 € (vgl. Ziffer 21.2 der Unterhaltsleitlinien des Brandenburgischen Oberlandesgerichts, Stand 1.1.2017),

Leistungsfähigkeit: 385,30 € (gerundet 193 € je Kind).

Die Leistungsfähigkeit liegt unterhalb der geleisteten Unterhaltsvorschüsse von 201 € je Kind, so dass der Antragsgegner den Antragstellern für das Jahr 2017 keinen Unterhalt schuldet.

2018

Gesamttarifstundenlohn Lohngruppe 2: 14,80 €,

173,3 Stunden x 14,80 € = 2.564,84 €,

1.714,96 € netto ( bei Steuerklasse 1 und einem Kinderfreibetrag),,

abzgl. 5% berufsbedingte Aufwendungen, mithin 85,75 €

= 1.629,21 €

Selbstbehalt: 1.080 € (vgl. Ziffer 21.2 der Unterhaltsleitlinien des Brandenburgischen Oberlandesgerichts, Stand 1.1.2018),

Leistungsfähigkeit: 549,21 € (275 € je Kind).

In den Monaten Januar bis einschließlich April 2018 schuldet der Antragsgegner den Antragstellern unter Berücksichtigung der Unterhaltsvorschusszahlungen noch jeweils monatlich 59 € (264 € geltend gemachter Unterhalt abzüglich 205 € Unterhaltsvorschusszahlung).

Der aufgelaufene Unterhalt für die Monate Januar 2014 bis November 2017 errechnet sich wie folgt:

a) P…

2014   

        

12 x 89 € =

        

1.068,00 €

2015   

        

(6 x 74 €) + (6 x 62 €) =

        

 816,00 €

2016   

        

10 x 7,45 € =

        

 74,50 €

01 – 11/17

                        

         0,00 €

                                

1.958,50 €.

b)

L…    

                                

2014   

        

(3 x 92 €) + 9 x 89 €) =

        

1.077,00 €

2015   

        

(6 x 74 €) + (6 x 62 €) =

        

 816,00 €

2016   

        

10 x 7,45 € =

        

 74,50 €

01 – 11/17

                        

       0,00 €

                                

1.967,50 €.

Ab dem 1.5.2018 hat der Antragsgegner den geltend gemachten Unterhalt in Höhe von jeweils 269 € an die Antragsteller zu zahlen. Ab dem Monat, der auf den Schluss der mündlichen Verhandlung folgt, sind Unterhaltsvorschusszahlungen nicht mehr in Abzug zu bringen.

3. Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 116 Abs. 3, 243 S. 2 Nr. 1 FamFG; §§ 40, 51 FamGKG.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen, weil höchstrichterlich nicht abschließend geklärt ist, in welchen Fällen und in welchem Umfang die Einkommenssteuer nach dem sog. Für-Prinzip zu berücksichtigen ist.