Gericht | LSG Berlin-Brandenburg 3. Senat | Entscheidungsdatum | 24.03.2011 | |
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Aktenzeichen | L 3 U 169/10 | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 2 SGB 7, § 8 SGB 7 |
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 02. Juli 2010 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
I.
Streitig ist die Anerkennung eines Ereignisses vom 04. Dezember 2001 als Arbeitsunfall.
Der 1969 geborene Kläger war ab Dezember 1997 als Fußbodenleger selbständig tätig.
Am 04. Dezember 2001 gegen 14.30/15.00 Uhr wurde der Kläger in der Gaststätte „F“ in der F Straße in H von einem anderen Gast – Herrn M R – mit der Faust ins Gesicht geschlagen. Der Kläger erlitt dabei eine Mittelgesichtsfraktur. Er stellte sofort seine Tätigkeiten ein. Am 05. Dezember 2001 stellte er sich bei dem Augenarzt Dr. B vor (Befund: Monokelhämatom links, Oberlid-Schwellung), am 07. Dezember 2001 bei der HNO-Ärztin Dr. G-W. Ab dem 04. Dezember 2001 bestand durchgehend Arbeitsunfähigkeit. Grund für den Aufenthalt in der Gaststätte waren laut der eigenen Unfallanzeige des Klägers (Eingang bei der Beklagten am 02. Januar 2002) die Einnahme des Mittagessens und geplante Auftragsverhandlungen mit dem Kunden Herrn S. S von 15.00 bis 15.30 Uhr. Der Kläger legte unter anderem einen Kurzbericht des Klinikums E v B zu einem stationären Aufenthalt vom 10. bis zum 14. Dezember 2001 (Orbitabodenrevision mit Miniplattenosteosynthese links sowie endon. Kieferhöhlen-Fensterung am 11. Dezember 2001) sowie die Strafanzeige vom 14. Dezember 2001 vor. In der Strafanzeige hatte der Kläger angegeben, am 04. Dezember 2001 sich gegen 13 Uhr mit dem Wirt der Gaststätte – Herrn L - unterhalten zu haben. Er habe mit mehreren Personen am Tresen gesessen, unter anderem mit Herrn R. Als er selber von einem Toilettengang zurückgekehrt sei und sein Handy aus seiner Jackentasche habe nehmen wollen, sei dieses verschwunden gewesen. Der Wirt sei Herrn R in die untere Etage zur Toilette gefolgt, wo er das Handy gefunden habe. Allerdings habe die SIM-Karte gefehlt. Er - der Kläger - habe daraufhin Herrn R zur Rede gestellt, woraufhin dieser ihm ins Gesicht geschlagen habe. Er sei ca. 30. Sekunden lang bewusstlos gewesen. Der Wirt habe Herrn R aus der Gaststätte verwiesen. Auf Nachfrage der Beklagten erklärte der Kläger, das Handy sei zu 80% beruflich genutzt worden, für private Gespräche habe er ein weiteres Handy. Der Steuerberater des Klägers – P. B – teilte hierzu später am 09. April 2003 mit, das Handy habe im Betriebsvermögen gestanden. Die Kosten für das Handy sowie die entsprechenden D2 Rechnungen seien als Betriebsausgaben geltend gemacht worden. Herr S S bestätigte der Beklagten im Februar 2002 schriftlich, dass am 04. Dezember 2001 Auftragsverhandlungen in der Gastwirtschaft „F“ wegen Bodenbelagsarbeiten und –verspachtelung im Rahmen des Bauvorhabens N 24 hätten erfolgen sollen. Als er am 04. Dezember 2001 auf dem Weg zur F Straße gewesen sei, sei der Termin vom Kläger telefonisch abgesagt worden, der Kläger habe auch gleich mitgeteilt, dass er den Auftrag nicht ausführen könne (telefonische Auskunft vom 10. Februar 2003).
Im Rahmen ihrer medizinischen Ermittlungen holte die Beklagte verschiedene Berichte von dem HNO-Arzt Dr. Z vom 25. Januar 2002, den HNO-Ärztinnen Dr. G-W und K vom 31. Januar 2002, dem Augenarzt Dr. M vom 22. Januar 2002 sowie dem Anästhesisten Dr. G vom 02. September 2002 ein.
Die Beklagte veranlasste in der Folgezeit zunächst eine Vorstellung des Klägers in der Klinik für Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie des Unfallkrankenhauses Berlin am 21. Oktober 2002 (Befundbericht des Prof. Dr. H vom 15. Januar 2003). Sie zog außerdem ein für die private Berufsunfähigkeit-Zusatzversicherung des Klägers erstelltes neurologisch-psychiatrisches Gutachten der Prof. Dr. U/Dr. G vom 25. Januar 2003 bei. Anschließend holte sie ein neuropsychiatrisches Zusammenhangsgutachten von Prof. Dr. K vom 15. April 2003 sowie einen neurologisch-psychiatrischen Befundbericht des Dr. W vom 24. März 2003 (Untersuchung des Klägers am 21. März 2003) ein. Letzterer vertrat die Auffassung, die unfallbedingten Gesundheitsstörungen begründeten keine Arbeitsunfähigkeit mehr.
Die Beklagte gewährte dem Kläger nach § 42 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) Vorschüsse auf das ihm für die Dauer der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit zustehende Verletztengeld (Schreiben vom 18. Februar 2002: 2.850 Euro, vom 21. Februar 2002: 700 Euro, vom 07. März 2002: 950 Euro, vom 22. März 2002: 550 Euro, vom 05. April 2002: 900 Euro, vom 06. Mai 2002: 1.500 Euro, vom 07. Juni 2002: 1.100 Euro, vom 12. Juni 2002: 600 Euro, vom 02. Juli 2002: 960 Euro; vom 26. Juli 2002: 1.230 Euro; vom 02. September 2002: 1.400 Euro, vom 23. September 2002: 1.000 Euro, vom 07. Oktober 2002: 600 Euro, vom 28. Oktober 2002: 1.000 Euro, vom 11. Dezember 2002: 680 Euro, vom 06. Dezember 2002: 1.500 Euro, vom 03. Januar 2003: 1.000 Euro, vom 22. Januar 2003 (mit Rechtsbehelfsbelehrung): 1.000 Euro, vom 19. Februar 2003 (mit Rechtsbehelfsbelehrung): 1.000 Euro, vom 12. März 2003 (mit Rechtsbehelfsbelehrung): 800 Euro, vom 21. März 2003 (mit Rechtsbehelfsbelehrung): 600 Euro, vom 07. April 2003 (mit Rechtsbehelfsbelehrung): 600 Euro, vom 30. April 2003 (mit Rechtsbehelfsbelehrung): 800 Euro, vom 13. Mai 2003 (mit Rechtsbehelfsbelehrung): 1.300 Euro).
Mit Schreiben vom 15. Mai 2003 teilte die Beklagte dem Kläger mit, aus den Ausführungen des Dr. W ergebe sich, dass eine unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit nicht mehr bestehe. Die Leistungen würden daher mit dem 31. Mai 2003 eingestellt. Das Schreiben enthielt den Hinweis „Dieses Schreiben gilt als Anhörung gemäß § 24 SGB X“. Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein. Mit Bescheid vom 03. Juni 2003 rechnete die Beklagte dem Kläger gegenüber das Verletztengeld ab. Nach § 45 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) habe er Anspruch auf Verletztengeld, solange er wegen der Folgen des Versicherungsfalls arbeitsunfähig gewesen sei und kein Arbeitsentgelt bezogen habe. Nach ärztlichen Feststellungen sei er vom 04. Dezember 2001 bis zum 31. Mai 2003 arbeitsunfähig gewesen. Hierfür stehe ihm ausgehend von der Versicherungssumme von 22.088 Euro ein Verletztengeld in Höhe von 17.717,88 Euro zu. Unter Anrechnung der bereits ausgezahlten Leistungen in Höhe von 16.342,71 Euro stehe ihm noch ein Betrag in Höhe vom 1.375,17 Euro zu. Mit weiterem Bescheid vom selben Tag wurde noch Verletztengeld auf der Grundlage der ab dem 04. Dezember 2002 angepassten Versicherungssumme von 22.549,64 Euro abgerechnet. Es ergab sich eine weitere Nachzahlung in Höhe von 141,58 Euro.
Mit Schreiben vom 03. Juli 2003 beantragte der Kläger die Gewährung einer Rente ab dem 01. Juni 2003. Vorsorglich legte er darüber hinaus Widerspruch gegen die Verletztengeldabrechnungen vom 03. Juni 2003 ein. Die Beklagte zog die Strafakte des Amtsgerichts Hamburg-Barmbek zu dem Geschäftszeichen 840 – 66/02 Ds 2306 Js 80/02 bei. Hieraus wurden unter anderem Kopien der Protokolle vom 25. April 2003 (Aussage des Beschuldigten M R bei der Vorführung vor dem Haftrichter) sowie vom 31. Juli 2003 (öffentliche Sitzung des Amtsgerichts) und des Urteils des Amtsgerichts vom 31. Juli 2003 (Verurteilung des M R zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten wegen Körperverletzung) zur Akte genommen.
Daraufhin lehnte die Beklagte die Gewährung einer Entschädigung aus Anlass des Ereignisses vom 04. Dezember 2001 mit Bescheid vom 14. Oktober 2003 ab. Ein Arbeitsunfall liege nicht vor. Nach dem Ergebnis des Feststellungsverfahrens habe er sich am 04. Dezember 2001 zum Mittagessen in der Gastwirtschaft „F“ befunden. Auf dem Weg zur Toilette habe er bemerkt, dass sich sein Handy nicht mehr in seiner Jacke, welche die ganze Zeit am Haken neben der Toilette gehangen habe, befunden habe. Dies habe er dem Gastwirt mitgeteilt, der das Handy auf der Toilette gefunden habe. Daraufhin habe er – der Kläger – von Herrn M R die SIM-Karte zurückgefordert. Es sei ein tumultartiges Gedränge entstanden, bei dem er verletzt worden sei. Für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls nach § 8 SGB VII müsse eine sachliche Verbindung zwischen dem Verhalten, bei dem sich der Unfall ereignet habe, und der versicherten Tätigkeit bestehen, der es rechtfertige, dass das betreffende Verhalten der versicherten Tätigkeit zugerechnet werde. Maßgeblich sei die Handlungstendenz des Versicherten, so wie sie durch die objektiven Umstände des Einzelfalls bestätigt werde. Für die Verrichtung eines Unternehmers sei darüber hinaus entscheidend, ob sich die jeweilige Tätigkeit im Rahmen des Unternehmens halte, d. h. dass die zum Unfall führende Verrichtung als solche im Rahmen der unternehmerischen Tätigkeit liege. Dies sei hier nicht der Fall. Zum Unfallzeitpunkt habe er sich beim Mittagessen befunden. Dies stelle eine private, unversicherte Tätigkeit dar. Erst zu einem späteren Zeitpunkt habe ein Kundengespräch stattfinden sollen, nach Angaben des Klägers zwischen 15.00 und 15.30 Uhr, während sich das Ereignis gegen 14.30 Uhr abgespielt habe. Darüber hinaus begründe sich auch kein Versicherungsschutz aufgrund Verwahrung, Entwahrung oder Beförderung eines Arbeitsgerätes.
Seinen Widerspruch gegen diesen Bescheid begründete der Kläger unter Schilderung seines Tagesablaufs. Danach habe er damals bereits seit mehreren Monaten Fußbodenverlegearbeiten im so genannten „Shaus“ in der H City Nord durchgeführt. Die Arbeiten hätten noch mehrere Tage angehalten, wobei insbesondere noch Nachtarbeiten zu erledigen gewesen seien, um den Tagsablauf der dortigen Mitarbeiter nicht zu stören. Entsprechend habe er nach dem Treffen mit Herrn S seine Arbeit im Shaus fortsetzen wollen. Am 04. Dezember 2001 habe er gegen 6.00 Uhr seine Arbeit auf der Baustelle begonnen. Um ca. 12.45 Uhr sei er zur Gaststätte „F“ gefahren, wo er gegen 13.00 Uhr angekommen sei, das Essen bestellt und dieses bis ca. 13.50/14.00 Uhr verzehrt habe. Das Gespräch mit Herrn S habe in der Gaststätte stattfinden sollen, da dadurch keine größere Abwesenheit von der in der Nähe befindlichen Baustelle im „Shaus“ entstanden wäre. Nach dem Essen sei er mit seiner Ehefrau telefonisch die eingegangene Firmenpost durchgegangen und habe besprochen, ob noch Telefonate zu beantworten seien. Nach dem Telefonat habe er sich Baustellennotizen bezüglich des bisherigen Arbeitsverlaufs im „Shaus“ gemacht. Dies werde der Zeuge L bestätigen können. Kurz vor 15.00 Uhr sei er zur Toilette gegangen. Hinterher habe er nochmals seine Frau bezüglich des Posteingangs und einiger weiterer Fragen zur Baustelle „Shaus“ anrufen wollen. Dabei sei ihm aufgefallen dass sein Handy, das überwiegend für Berufszwecke genutzt worden sei, entwendet worden war. Nachdem das Handy wieder aufgetaucht sei, habe er feststellen müssen, dass die SIM-Karte fehlte. Als er den späteren Täter habe zur Rede stellen wollen, sei es zu den bekannten Verletzungen gekommen. Er habe unmittelbar nach dem Vorfall seine Ehefrau angerufen und dann Herrn S, um den Termin abzusagen. Dem Auftraggeber für das Bauvorhaben im „Shaus“ habe er mitgeteilt, dass die Arbeiten in den nächsten Tagen nicht wieder aufgenommen werden könnten.
Sodann hob die Beklagte mit Bescheid vom 11. November 2004 die Bescheide vom 03. Juni 2003 über die Anerkennung eines Arbeitsunfalls und die Gewährung von Verletztengeld für den Zeitraum vom 04. Dezember 2001 bis zum 31. Mai 2003 mit Wirkung für die Zukunft, d. h. zum 01. Dezember 2004, auf. Darüber hinaus wurde mit demselben Bescheid der Bescheid vom 14. Oktober 2003 über die Ablehnung einer Entschädigung und einer Rente zurückgenommen. Rechtsgrundlage sei § 45 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X), wonach die Beklagte einen rechtswidrig begünstigenden Verwaltungsakt zurücknehmen dürfe, soweit er sich im Zeitpunkt seines Erlasses aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen als unrichtig und daher rechtswidrig erweise. Dies sei hier bezüglich der Bescheide vom 03. Juni 2003 und 14. Oktober 2003 der Fall. Die Prüfung der Rechtslage habe ergeben, dass die Anerkennung des Arbeitsunfalls unrichtig gewesen sei, denn zum Zeitpunkt des Ereignisses habe der Kläger sich in der Gaststätte befunden, um das Mittagessen einzunehmen. Hierbei handele es sich um eine eigenwirtschaftliche Tätigkeit, die dem privaten Bereich zuzurechnen sei. Das Kundengespräch habe erst später erfolgen sollen. Darüber hinaus könne auch die Möglichkeit, einen mutmaßlichen Straftäter zu stellen, nicht mehr dem Gefahrenbereich der gesetzlichen Unfallversicherung zugerechnet werden. Schließlich scheide auch eine Anerkennung nach § 8 Abs. 2 Nr. 5 SGB VII aus, denn es handele sich weder um einen Fall der Verwahrung eines Arbeitsgerätes (Handy) noch der Beförderung oder der Instandhaltung oder Erneuerung eines Arbeitsgerätes. Die begünstigenden Verwaltungsakte vom 03. Juni 2003 seien somit aufzuheben. Eine Rücknahme für die Vergangenheit scheide hier aus, da er auf den Bestand der Verwaltungsakte habe vertrauen dürfen; jedoch sei eine Rücknahme für die Zukunft möglich, weil er ein schutzwürdiges Vertrauen nicht geltend machen könne. Der Bescheid werde Gegenstand des Widerspruchsverfahrens nach § 86 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Mit Widerspruchsbescheid vom 16. November 2004 wies die Beklagte den Widerspruch gegen die Bescheide vom 03. Juni 2003 und den Bescheid vom 11. November 2004 zurück.
In dem hieran anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Potsdam (SG) zu dem Aktenzeichen S 12 U 165/04 hat der Kläger die Aufhebung der Bescheide vom 03. Juni 2003 sowie vom 11. November 2004 begehrt. Er hat unter anderem eine Bewirtungsrechnung vom 04. Dezember 2001 vorgelegt. Das SG hat den Zeugen L schriftlich befragt (Antwortschreiben vom 30. März 2005). Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 06. November 2009 haben die Beteiligten folgenden Vergleich geschlossen:
„1. Die Beklagte hebt die Rücknahme des Bescheides vom 14. Oktober 2003 hinsichtlich der Feststellung eines Arbeitunfalls hiermit auf.
2. die Beklagte verpflichtet sich zum Erlass eines Widerspruchsbescheides hinsichtlich des Bescheides vom 14. Oktober 2003 innerhalb einer Frist von 6 Wochen ab dem heutigen Datum.
3. (…)
4. die Beteiligten sehen das Verfahren als erledigt an.“
Gleichzeitig hat der Kläger Klage gegen den Bescheid vom 14. Oktober 2003 erhoben und die Feststellung eines Arbeitsunfalls beantragt.
Die Beklagte hat – wie im Vergleich vorgesehen – den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 14. Oktober 2003 mit Widerspruchsbescheid vom 08. Dezember 2009 zurückgewiesen. Zur Begründung ist unter anderem ausgeführt worden, ein Arbeitsunfall liege nicht vor, denn die Nahrungsaufnahme sei regelmäßig dem persönlichen und unversicherten Lebensbereich zuzurechnen. Es lägen auch keine besonderen betrieblichen Umstände vor, die ausnahmsweise einen Unfallversicherungsschutz begründen könnten. Weder habe die vorangegangene oder nachfolgende versicherte Tätigkeit eine bestimmte Nahrungsaufnahme bzw. ein erheblich größeres Durstgefühl begründet noch seien betriebsbedingte Umstände wesentlich mitbestimmend dafür gewesen, die Mahlzeit an einem besonderen Ort oder in einer besonderen Form einzunehmen. Der Kläger habe den Ort der Essensaufnahme frei wählen können. Eine Kundenverabredung für die Zeit ab 15.00 Uhr rechtfertige nicht die Annahme, dass für die Einnahme der Mahlzeit die Gaststätte habe aufgesucht werden müssen. Auch wenn sich das Ereignis nach seinem Vortrag an dem Ort ereignet habe, den er gewöhnlich zu Büroarbeiten genutzt habe, ergäben sich erhebliche Zweifel, ob er direkt vor der Auseinandersetzung tatsächlich Büro-/Verwaltungstätigkeiten am Tresen erledigt habe. Zeugenaussagen, die dies bestätigen könnten, lägen nicht vor. Eine objektive Beweislosigkeit gehe zu seinen Lasten. Darüber hinaus stehe die Gefahr, dass in einer öffentlichen Einrichtung unbeobachtet zurückgelassene Wertgegenstände wie das Handy des Klägers entwendet würden, nicht mehr unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Der Versuch, den entwendeten Gegenstand zurückzuerlangen, könne daher nur dem eigenwirtschaftlichen Bereich zugeordnet werden, zumal lediglich der Verdacht ausgesprochen worden sei, dass ein anderer Gast die SIM-Karte entwendet hatte. Unfälle infolge von Überfällen stünden nur dann im inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit, wenn die Tätlichkeit aus der Betriebszugehörigkeit unmittelbar hervorgegangen sei, ohne dass es eines betriebsbezogenen Tatmotivs bedürfe und wenn nicht ein Tatmotiv aus dem persönlichen Bereich von Täter und Opfer zum Unfall geführt habe. Die Möglichkeit, einen mutmaßlichen Straftäter zu stellen, stelle keinen Überfall im Sinne des Gesetzes das und können nicht dem Gefahrenbereich zugeordnet werden, der von der gesetzlichen Unfallversicherung geschützt werde.
Der Kläger hat zwei Monatsabrechnungen für ein dienstlich genutztes Mobiltelefon aus den Monaten September und Oktober 1999, die BWA für das Jahr 2001 sowie die Gewinn- und Verlustrechnungen für die Jahre 1998 bis 2001 vorgelegt.
Das SG hat die auf Aufhebung des Bescheides vom 14. Oktober 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08. Dezember 2009 und Feststellung, dass das Ereignis vom 04. Dezember 2001 ein Arbeitsunfall war, gerichtete Klage mit Urteil vom 02. Juli 2010 abgewiesen.
Der Kläger habe keinen Arbeitsunfall im Rahmen seiner versicherten Tätigkeit als Unternehmer durch den Überfall – Faustschlag von Herrn R – erlitten, denn es liege keine sachliche Verbindung zwischen der versicherten Tätigkeit des Klägers als selbständiger Unternehmer und dem Überfall vor. Bei der Beurteilung einer solchen sachlichen Verbindung seien in der Regel die Beweggründe des Angreifers entscheidend. Wenn diese in keiner Verbindung mit der versicherten Tätigkeit stünden, fehle der innere Zusammenhang. Dies sei z. B. der Fall, bei einer persönlichen Feindschaft und wenn keine der versicherten Tätigkeit zuzurechnenden Verhältnisse den Überfall wesentlich begünstigt hätten. Ein Tatmotiv des Herrn R für die denkbare Entwendung der SIM-Karte und den folgenden Schlag ins Gesicht des Klägers sei nicht ersichtlich. Der Diebstahl des Handys sei mit dem Belassen des Geräts auf der Toilette beendet gewesen. Herr R sei danach gestellt und nach dem Verbleib der SIM-Karte befragt worden. Ein Grund für den Schlag ins Gesicht sei dem so dargestellten Sachverhalt nicht zu entnehmen, auch nicht dem Urteil des Amtsgerichts Hamburg-Barmbek. Allerdings ergebe sich aus dem genannten Urteil, dass Herr R erhebliche Mengen Alkohol zu sich genommen hatte. Die Kammer gehe unter diesen Umständen davon aus, dass ein Motiv für die Tat i. S. der oben genannten Kriterien nicht vorliege. Insbesondere sei aus den Umständen nicht erkennbar, dass sich die Tat auf die berufliche Tätigkeit des Klägers bezogen habe. Aufgrund der fehlenden sachlichen Verbindung lasse die Kammer offen, ob der Kläger in der Gaststätte überhaupt eine versicherte Tätigkeit ausgeübt habe. Betriebliche Besonderheiten könnten kein anderes Ergebnis begründen. Zwar könne eine sachliche Verbindung auch allein aufgrund der besonderen Umstände der Verhältnisse am Arbeitsplatz begründet werden, wenn diese den Überfall erst ermöglichten oder wesentlich begünstigten. Solche besonderen Verhältnisse lägen hier aber gerade nicht vor, da der Kläger eine denkbare betriebliche Tätigkeit in einer öffentlichen Gastwirtschaft ausgeübt habe. Eine versicherte Tätigkeit im Rahmen von § 2 Abs. 1 Nr. 12 a SGB VII (richtiger Weise: Nr. 13 a) – Versicherung von Personen, die bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not Hilfe leisten – liege hier nicht vor. Auch handele es sich nicht um eine versicherte Tätigkeit aufgrund eines Arbeitsgeräteunfalls nach § 8 Abs. 2 Nr. 5 SGB VII. Ein Verwahren des Arbeitsgerätes liege nicht vor, denn hiermit sei nur der einmalige Akt der Unterbringung des Arbeitsgerätes am Arbeitsplatz oder an einem anderen Ort bzw. der Akt der Beendigung der Unterbringung gemeint. Ein solcher Akt der Verwahrung oder Entwahrung habe hier nicht stattgefunden. Der Kläger habe das Arbeitsgerät auch nicht befördert, denn dies erfasse nicht das Mitsichführen.
Eine bindende Feststellung der Beklagten, dass das Geschehen vom 04. Dezember 2001 einen Arbeitsunfall darstelle, liege nicht vor. Zwar habe die Beklagte mit mehreren Bescheiden Vorschüsse auf das Verletztengeld gewährt, dies habe aber keine verbindliche Feststellung, dass ein Versicherungsfall vorliege, eingeschlossen. Bindungswirkung entfalte grundsätzlich nur der Verfügungssatz eines Verwaltungsaktes (§ 77 Sozialgerichtsgesetz <SGG>). Die Vorschussbescheide enthielten jedoch gerade keinen Verfügungssatz dahingehend, dass ein Versicherungsfall anerkannt werde. Zwar könnten auch Teile der Begründung eines Verwaltungsaktes die Qualität von Verfügungssätzen erlangen, ein solche Auslegung der Vorschussbescheide entspreche jedoch nicht den Interessen der Beteiligten. Mit einem Vorschuss solle eine schnelle Hilfe für den Betroffenen ermöglicht werden unter Aufschiebung der umfangreichen Ermittlungen hinsichtlich des Umfangs der Leistungen. Gerade im Unfallversicherungsrecht sei die Ermittlung des Unfallhergangs sowie der Unfallkausalität zum Teil schwierig und langwierig. Hier würde eine solche Auslegung die schnelle Leistungsgewährung letztlich ausschließen.
Mit seiner hiergegen gerichteten Berufung verfolgt der Kläger sein erstinstanzliches Begehren fort.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 02. Juli 2010 sowie den Bescheid vom 14. Oktober 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08. Dezember 2009 aufzuheben und festzustellen, dass es sich bei dem Ereignis vom 04. Dezember 2001 um einen Arbeitsunfall handelt.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
Mit Schreiben vom 19. Januar 2011 ist den Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme zur beabsichtigten Entscheidung durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 SGG gegeben worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten des SG Potsdam zu den Aktenzeichen S 12 U 165/04 und S 2 U 117/04 verwiesen.
II.
Der Senat konnte nach Anhörung der Beteiligten durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 SGG entscheiden, denn er hält die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich.
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, aber unbegründet. Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage nach §§ 54 Abs. 1, 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG zulässig. Im Ergebnis zutreffend hat das SG einen Anspruch des Klägers auf Feststellung des Ereignisses vom 04. Dezember 2001 als Arbeitsunfall verneint.
Gemäß § 8 Abs. 1 S. 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Versicherte Tätigkeit ist nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII auch das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit (so genannter Wegeunfall). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 S. 2 SGB VII).
Für einen Arbeitsunfall ist danach in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt hat (Unfallkausalität), und dass das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität). Das Entstehen von länger andauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheitserstschadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist keine Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls, sondern erst für die Gewährung einer Verletztenrente (Urteil des Bundessozialgerichts <BSG> vom 04. September 2007 - B 2 U 28/06 R - in SozR 4-2700 § 8 Nr. 24 m. w. N.).
Alle rechtserheblichen Tatsachen bedürfen des vollen Beweises mit Ausnahme derjenigen, die einen Ursachenzusammenhang (Unfallkausalität, haftungsbegründende und haftungsausfüllende Kausalität) ergeben; für diese genügt angesichts der hier typischen Beweisschwierigkeiten die hinreichende Wahrscheinlichkeit (vgl. BSG in SozR 2200 § 548 Nrn. 70 und 84). Voll bewiesen sein müssen aber auch hinsichtlich des Ursachenzusammenhangs immer die Ursache selbst und der ihr zuzurechnende Erfolg; die hinreichende Wahrscheinlichkeit bezieht sich nur auf die kausalen Zwischenglieder. Hinreichende Wahrscheinlichkeit liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden; die reine Möglichkeit genügt nicht (BSG vom 02. April 2009 – B 2 U 29/07 R -, in Juris m. w. N.). Zu den voll zu beweisenden Tatsachen gehören damit z. B. die Erfüllung des Versicherungsschutztatbestandes nach §§ 2 ff SGB VII, die Verrichtung der versicherten Tätigkeit, das äußere Ereignis, ein Körperschaden und die Plötzlichkeit als Unfallmerkmale. Eine Tatsache ist bewiesen, wenn sie in so hohem Maße wahrscheinlich ist, dass alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung zu begründen (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 9. Aufl. 2008, Randnr. 3b zu § 128 m. w. N.).
Der Kläger war als Unternehmer gemäß § 3 Absatz 1 Nr. 1 in Verbindung mit der Satzung der Beklagten versichert. Er befand sich zum Zeitpunkt des streitigen Vorfalls nicht an seiner damaligen Arbeitsstätte (dem Bauvorhaben „Shaus“ bzw. seinem Firmensitz in H). Versicherte Tätigkeiten sind damit alle Tätigkeiten, die für das Unternehmen unmittelbare konkrete Bedeutung haben. Die zum Unfall führende Verrichtung muss sich im Rahmen der versicherten Tätigkeit halten. Unter Versicherungsschutz stehen alle Tätigkeiten, die die Aufrechterhaltung, Förderung und Abwicklung der unternehmerischen Tätigkeit bezwecken. Die Zurechnung zur versicherten Tätigkeit ist in der Regel gegeben, wenn sie sich ohne weiteres aus der Art der Tätigkeit ergibt. Aufgrund seiner Gestaltungsfreiheit kann der Unternehmer aber auch bei anderen Tätigkeiten versichert sein. Bei Verrichtungen, die ihrer Art nach nicht typisch geschäftlicher Natur sind, ist der innere Zusammenhang mit der grundsätzlich versicherten Tätigkeit nach strengen Maßstäben zu prüfen. In solchen Fällen ist ein enger Zusammenhang mit dem Unternehmen erforderlich, damit die betriebsbezogene Handlungstendenz hinreichend durch objektive Umstände bestätigt wird (vgl. Keller in Hauck/Noftz, Kommentar zum SGB VII, Anm. 164 zu § 8). Der innere bzw. sachliche Zurechnungszusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und der zum Unfall führenden Verrichtung (vgl. BSG in SozR 2200 § 548 Nr. 92; BSG in SozR 3-2200 § 548 Nr. 19; BSG in SozR 3-2700 § 8 Nr. 10) ist wertend zu ermitteln, indem untersucht wird, ob die jeweilige Verrichtung innerhalb der Grenze liegt, bis zu welcher der Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung reicht (vgl. BSG in SozR 2200 § 548 Nr. 70; BSG in SozR 2200 § 548 Nr. 84; BSG in SozR 3-2700 § 8 Nr. 10). Bei dieser Wertung, ob der Versicherte zur Zeit des Unfalls eine der versicherten Tätigkeit zuzurechnende Verrichtung ausgeübt hat, stehen Überlegungen nach dem Zweck des Handelns mit im Vordergrund (vgl. BSG in SozR 3-2200 § 548 Nr. 19).
Fest steht, dass der Kläger die Gaststätte „F“ am 04. Dezember 2001 aufgesucht hatte, um dort – wie häufiger - Mittag zu essen. Dies ergibt sich aus sämtlichen eigenen Angaben des Klägers gegenüber der Beklagten (insbesondere der Unfallanzeige), dem Sachverständigen Dr. W, den Strafverfolgungsbehörden, dem Amtsgericht Hamburg-Barmbek sowie dem SG. Nach seinen eigenen Angaben vom 23. Dezember 2003 traf er dort gegen 13.00 Uhr ein. Er nahm dort bis zum Zeitpunkt des Ereignisses ausweislich der Rechnung vom 04. Dezember 2001 ein Hamburger Schnitzel, 2 Longdrinks und 1 Becher Kaffee zu sich. Unmittelbar vor dem Faustschlag hatte er nach den Angaben in der Strafanzeige vom 14. Dezember 2001 mit mehreren Personen am Tresen der Gaststätte gesessen und sich mit dem Gastwirt Herrn L unterhalten. Präzisierend gab er im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht Hamburg-Barmbek am 31. Juli 2003 an, mit anderen zusammen gesessen und sich über seinen Wintergarten unterhalten zu haben. Zwischendurch habe er mit seiner Ehefrau telefoniert. Er ging dann zur Toilette und als er zurückkam, vermisste er sein Handy, das er in der Gaststube zurückgelassen hatte. Dieses fand der Wirt schließlich in der Toilette, jedoch ohne SIM-Karte. Der Kläger gelangte zu dem Schluss, dass nur Herr R die SIM-Karte an sich genommen haben könne und forderte ihn auf, die Karte zurückzugeben, woraufhin ihn der laut seiner eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht Hamburg-Barmbek stark alkoholisierte Herr R mit der Faust einmal ins Gesicht schlug.
Hieraus ergeben sich keine Hinweise für einen inneren Zusammenhang zwischen den Verrichtungen des Klägers unmittelbar vor dem Ereignis und der versicherten Tätigkeit als selbständiger Fußbodenleger. Nach seinen eigenen Einlassungen hielt sich der Kläger zum Zwecke des Mittagessens in der Gaststätte auf. Das Essen und Trinken selbst sowie der Aufenthalt am Ort der Nahrungsaufnahme sind jedoch in der Regel dem persönlichen Bereich zuzuordnende nicht versicherte Betätigungen (vgl. BSGE 11, 267, 268; BSG in SozR 2200 § 548 Nr. 97; BSG in SozR 3-2200 § 550 Nr. 15). Anhaltspunkte dafür, dass die Arbeit des Klägers im „Shaus“ eine besondere Nahrungsaufnahme oder einen speziellen Ort der Nahrungsaufnahme oder eine besondere Trinkmenge erforderten, existieren nicht.
Erstmals mit seinem Schreiben vom 23. Dezember 2003 hat der Kläger angegeben, nach dem Essen und unmittelbar vor dem Ereignis in der Gaststätte Büroarbeiten ausgeführt und mit seiner Frau geschäftliche Telefonate geführt zu haben. Der Wirt Herr L hat mit Fax vom 31. März 2005 bestätigt, dass der Kläger mit seinen Papieren gearbeitet und in geschäftlichen Dingen mit seiner Frau telefoniert habe. Er habe an einem Teil des Tresens gesessen, wo nur eine Person habe sitzen können. Dies erscheint jedoch nicht glaubhaft, denn es steht im Widerspruch zu sämtlichen früheren Angaben des Klägers in der Unfallanzeige, in der Strafanzeige, gegenüber dem Amtsgericht Hamburg-Barmbek und gegenüber Dr. W am 21. März 2003. Offensichtlich standen für den Kläger selber als Zweck seines Aufenthaltes in der Gaststätte immer das Mittagessen sowie der spätere Termin mit Herrn S im Fokus. Auch die Tatsache, dass der Kläger im Verlaufe seiner Anwesenheit in der Gaststätte 2 Longdrinks zu sich genommen hatte, eröffnet Zweifel an der Ernsthaftigkeit etwaiger Büroarbeiten. Ob und wann der Kläger ausschließlich oder auch – neben privaten - geschäftliche Angelegenheiten mit seiner Ehefrau besprochen hat, ist nicht mehr nachvollziehbar. Darüber hinaus mag der Kläger im Verlaufe seines mehrstündigen Aufenthaltes in der Gaststätte (von ca. 12.45 bis ca. 15.00 Uhr) auch zwischendurch geschäftliche Dinge erledigt haben. Es ist jedoch nicht vorgetragen, dass der Kläger sich tatsächlich unmittelbar vor dem Angriff oder nach dem Mittagessen bis zum Angriff durchgehend wesentlich geschäftlichen Dingen widmete. Vielmehr kann der Senat aufgrund der zeitnächsten Angaben des Klägers nur zu dem Schluss gelangen, dass er sich unmittelbar vor dem Toilettengang und dem anschließenden Vermissen des Handys privat unterhielt und dass von seiner Handlungstendenz her die Nahrungsaufnahme im Vordergrund stand.
Auch die Tatsache, dass der Kläger ab 15.00 Uhr in der Gaststätte ein Kundengespräch durchführen wollte, führt zu keiner anderen Beurteilung. Zwar stehen derartige Kundengespräche unter Versicherungsschutz, da sie für das Unternehmen unmittelbare konkrete Bedeutung besitzen. Das Ereignis spielte sich jedoch noch vor dem Kundengespräch ab und zwar noch so weit davor, dass der potentielle Auftraggeber Herr S sich noch auf der Herfahrt befand, als ihn die telefonische Absage des Klägers erreichte (vgl. die telefonische Auskunft des Herrn S vom 10. Februar 2003). Der Senat ist daher nicht davon überzeugt, dass der Kläger zum Zeitpunkt des Ereignisses eine versicherte Tätigkeit verrichtete.
Eine versicherte Tätigkeit des Klägers ergibt sich schließlich weder aus § 2 Abs. 1 Nr. 13 a SGB VII oder aus § 8 Abs. 2 Nr. 5 SGB VII. Der Senat schließt sich hierzu nach eigener Prüfung den ausführlichen und zutreffenden Ausführungen des SG in seinem Urteil vom 02. Juli 2010 an und sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe insoweit ab (§ 153 Abs. 2 SGG).
Der Zwischenschritt einer im sachlichen Zusammenhang mit der grundsätzlich versicherten Tätigkeit stehenden Verrichtung zur Zeit des Unfallereignisses ist nach der ständigen Rechtsprechung des BSG jedoch in den Fällen der so genannten besonderen Betriebsgefahr entbehrlich, wenn z. B. der grundsätzlich versicherte Arbeitnehmer an seinem Arbeitsplatz verbleibt, dort frühstückt und durch die Explosion eines Kessels geschädigt wird (vgl. hierzu das Urteil des BSG vom 18. November 2008 – B 2 U 27/07 R – in SozR 4-2700 § 8 Nr. 30 m. w. N.). Die Begründung hierfür folgt aus dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Unfallversicherung, die Beschäftigten gegen die Gefahren des Betriebes zu versichern, denen sie wegen ihrer Beschäftigung dort ausgesetzt sind, und die Unternehmen von möglichen Schadensersatzansprüchen ihrer Beschäftigten freizustellen
Eine solche spezifische Gefahr, die unabhängig von der zur Zeit des Unfalls ausgeübten Verrichtung und der dabei zugrunde liegenden Handlungstendenz des Verletzten der versicherten Tätigkeit aufgrund ihrer besonderen Beziehung zu dieser Gefahr zuzurechnen ist, kann auch ein Überfall – hier der überraschende Gewaltakt in Form des Faustschlags durch Herrn R - sein. Zutreffend hat das SG anhand der Rechtsprechung des BSG ausgeführt, dass ein Überfall dann als Arbeitsunfall anzuerkennen ist, wenn der Überfall während der Ausübung einer versicherten Tätigkeit erfolgt (vgl. das Urteil des BSG vom 18. November 2008 – B 2 U 27/07 R – a. a. O. m. w. N.). Eine Ausnahme wird nur gemacht, wenn der Überfall in keiner sachlichen Verbindung mit der versicherten Tätigkeit des Verletzten steht, sondern z. B. aufgrund einer persönlichen Feindschaft erfolgt und keine der versicherten Tätigkeit zuzurechnenden Verhältnisse den Überfall wesentlich begünstigt haben (BSG in SozR Nr. 37 zu § 543 RVO a. F.; BSG in SozR 3-2200 § 548 Nr. 28). Ebenso anerkannt wird ein Überfall außerhalb der Arbeitsstätte und der Arbeitszeit bei einem betriebsbezogenen Tatmotiv. Ein „Entgegentreten" des Klägers ist hierbei nicht erforderlich. Auch wenn der zu Hause wegen der Geschäftsgelder überfallene Versicherte gar keinen Willen entwickeln und keine Handlungstendenz entfalten kann, weil er von dem Räuber sofort niedergeschlagen wird, damit dieser in Ruhe die Geschäftsgelder rauben kann, ist ein Arbeitsunfall zu bejahen. Denn die Gewalt, die den Überfallenen trifft, ist der versicherten Tätigkeit zuzurechnen (vgl. Urteil des BSG vom 18. November 2008 – B 2 U 27/07 R – a. a. O.). In einer Entscheidung vom 25. August 1961 (in SozR Nr. 44 zu § 542 RVO a. F.) hat das BSG einen Arbeitsunfall bei einem Angriff bejaht, den der Täter wesentlich aus einem Beweggrund ausführte, der im Zusammenhang mit dem Unternehmen des Verletzten stand, obwohl dieser zur Zeit des Angriffs keine versicherte Tätigkeit ausübte. Dementsprechend kommt ein Versicherungsschutz nur dann in Betracht, wenn der Angriff einen besonders engen sachlichen, örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit der eigentlichen versicherten Tätigkeit - also der selbständigen Tätigkeit des Klägers als Bodenverleger - aufweist (vgl. Urteil des BSG vom 18. November 2008 – B 2 U 27/07 R – a. a. O.; BSG in SozR 4-2700 § 8 Nr. 5).
Letzteres ist hier nicht erkennbar. Der Kläger befand sich in einem grundsätzlich der allgemeinen Öffentlichkeit zugänglichen Raum. Ein in irgendeiner Weise betriebsbezogenes Motiv des Täters Herrn R ist – wie das SG schon dargelegt hat - nicht ersichtlich. Allein die Tatsache, dass das Handy nach Angaben des Klägers (auch) betrieblich genutzt wurde, reicht nicht aus, um einen besonders engen sachlichen Zusammenhang zu begründen. Zudem hat sich die Tat des Herrn R nicht unmittelbar aus einer betrieblichen Tätigkeit des Klägers ergeben. Eine besondere Tatsituation, die wesentlich durch die Eigenheiten der versicherten Tätigkeit des Klägers bestimmt war, lag gerade nicht vor. Auch die versicherte Tätigkeit des Klägers an sich war nicht besonders „gefahrgeneigt“ wie etwa bei einem Geldboten. Ob der Täter überhaupt erkannt hat, dass der Kläger zumindest auch aus betriebliche Gründen in der Gastwirtschaft gewesen sein will (etwa im Hinblick auf das spätere geschäftliche Treffen mit Herrn S), dürfte nicht zuletzt wegen der starken Alkoholisierung des Herrn R fraglich sein.
Nach alldem war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.