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Zuwendung; Konversion; Vergabe-ABM; Versagung; ANBest-G; Vergabeverstöße; Angebotsfrist; Ortstermin; ergänzende Informationen; Karten; Gutachten; Kalkulation; wesentliche Änderung der Ausschreibung; losweise Vergabe; formelle Eignung; ABM-Maßnahmen; Referenzprojekte; Bekanntmachung; Geheimhaltung der Bieter; gemeinsamer Ortstermin; Versagung der Zuwendung;; Verwaltungspraxis; schwerer Vergabeverstoß; Wettbewerb; Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit; konkreter Nachweis


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 6. Senat Entscheidungsdatum 27.02.2013
Aktenzeichen OVG 6 B 34.12 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen Art 3 Abs 1 GG, § 23 HO BB, § 44 HO BB, § 9 Nr 1 S 1 VOB A, § 9 Nr 3 Abs 3 VOB A, § 17 Nr 1 Abs 2 Buchst s VOB A, § 17 Nr 6 VOB A, § 18 Nr 1 VOB A, § 18 Nr 2 VOB A

Leitsatz

Eine Verwaltungspraxis, der zufolge eine Zuwendung wegen Vergabeverstößen abgelehnt wird, ist jedenfalls dann nicht ermessensfehlerhaft, wenn die Verstöße geeignet sind, sich auf die Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit der Verwendung der Zuwendung auszuwirken; ein konkreter Nachweis hierfür ist nicht erforderlich.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 17. August 2010 geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten beider Rechtszüge.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt eine Zuwendung für den Rückbau ehemals militärisch genutzter Flächen.

Mit dem Abzug der russischen Streitkräfte aus Wünsdorf wurde das dortige Grundvermögen in Landesvermögen überführt. Im Zuge der Gemeindegebietsreform wurde Wünsdorf im Oktober 2003 in die Gemeinde Zossen eingemeindet. Die Klägerin plante umfängliche Baumaßnahmen zum Rückbau und zur Nachnutzung der Flächen, die sie aufgeteilt auf sechs Lose ausschrieb. Am 26. Juli 2004 wurde die Ankündigung der öffentlichen Ausschreibung und Vergabe-ABM im Ausschreibungsblatt des Landes Brandenburg veröffentlicht. Unter Nr. 2 „Ausschreibungsart“ der „Besonderen Bedingungen“ der hierzu erstellten Leistungsverzeichnisse wird darauf hingewiesen, dass die Ausführung der Bauleistung als Vergabe-ABM erfolge; es seien 96 durch das Arbeitsamt zugewiesene Arbeitnehmer aufgeteilt auf alle sechs Lose für den Zeitraum vom 16. August bis 15. November 2004 zusätzlich einzustellen. Unter Nr. 11 „Zusätzliche Vertragsbedingungen“ der „Besonderen Bedingungen“ wird ausgeführt, dass der Auftraggeber sich vorbehalte, ausgeschriebene Leistungen nicht bzw. nur teilweise oder in anderer Form ausführen zu lassen. Am 30. Juli 2004 wurden die Ausschreibungsunterlagen verschickt. Mit Schreiben vom 4. August 2004 wurden den Bietern Lage- und Übersichtspläne übersandt. Wie im Leistungsverzeichnis unter Nr. 6 der „Besonderen Bedingungen“ angekündigt, führte die Klägerin am 4. August 2004 mit den hieran interessierten Bietern eine Ortsbesichtigung durch. Mit Schreiben vom 5. August 2004 wurden für alle Bieter die auf dem Ortstermin erteilten Informationen zusammengefasst. So wurde darauf hingewiesen, dass, wie bereits im Leistungsverzeichnis erwähnt, einige der ausgeschriebenen Leistungen möglicherweise entfallen würden; die Lose 1, 3, 4 und 6 würden mit größter Wahrscheinlichkeit zur Abarbeitung kommen. Es sei aber trotzdem für die Vollständigkeit der Angebote notwendig, alle Lose zur Submission anzubieten. Für alle Firmen bestehe die Möglichkeit, Informationen zur Schadstoff- und Altlastensituation bei der Unteren Abfallwirtschafts- und Bodenschutzbehörde – Umweltamt – zu erhalten; beigefügt seien Auszüge aus dem Gutachten zur Gefährdungsabschätzung sowie ein Hinweisblatt der Behörde. Darüber hinaus wurde mitgeteilt, dass die 96 ABM-Kräfte wie folgt zu verteilen seien: 41 Arbeitnehmer auf die Lose 1, 2, 3 und 5, 55 Arbeitnehmer auf die Lose 4 und 6. Zur Submission am 10. August 2004 gingen die Angebote von sieben Baufirmen bei der Klägerin ein.

Mit Datum vom 6. August 2004, bei der Beklagten eingegangen am 10. August 2004, beantragte die Klägerin nach der Richtlinie zur Förderung der Konversion im Land Brandenburg die Gewährung einer Zuwendung i.H.v. 1.017.067,60 Euro zu den Gesamtkosten von 1.356.090,13 Euro für die Maßnahme „Rückbau 2004 – Konversionsgebiet Wünsdorf, Standort „Biotop“/Projekt K5 OT Wünsdorf, GT Waldstadt – Block 302“ (Los 6). Am selben Tag stellte sie einen weiteren Förderantrag nach der Richtlinie zur Förderung der Konversion (betreffend Los 4) sowie zwei Förderanträge nach der Förderrichtlinie zur Reaktivierung städtebaulich relevanter Brachflächen (betreffend Lose 1 und 3). Auf die Fragen in den jeweiligen Antragsformularen, ob für das Projekt andere Finanzierungshilfen beantragt oder gewährt worden seien, verwies die Klägerin jeweils auf Schreiben der Bundesagentur für Arbeit vom 27. Juli 2004, wonach die ABM-Anträge Rückbau und Nachnutzungsmaßnahme Wünsdorf 2004 – Projekt Konverprogramm und Projekt Brachflächenprogramm in der ABM-Jahresplanung Berücksichtigung gefunden hätten und die Arbeiten am 16. August 2004 mit 55 (Konverprogramm) bzw. 41 (Brachflächenprogramm) von der Agentur für Arbeit zugewiesenen Kräften beginnen sollten.

Mit Bescheiden vom 10. August 2004 bewilligte die Bundesanstalt für Arbeit die beantragten Förderungen nach Maßgabe der Bestimmungen über die Förderung von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen für die Beschäftigung von 55 (Konverprogramm) bzw. 41 (Brachflächenprogramm) Arbeitnehmern mit einer Beschäftigungszeit von je 30 Stunden wöchentlich für die Zeit vom 16. August bis 15. November 2004. Unter Nr. 12 der Bescheide wird jeweils darauf hingewiesen, dass für das Jahr 2005 nur in geringem Umfang Verpflichtungsermächtigungen für Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen zur Verfügung stünden, eine zeitliche Verschiebung deshalb ausgeschlossen sei und bei späterem Beginn der Maßnahme automatisch eine Verkürzung des Maßnahme-zeitraumes eintrete.

Auf Antrag der Klägerin genehmigte die Beklagte in diesem wie in den anderen drei Verfahren mit Bescheid vom 10. August 2004 den vorzeitigen Maßnahmebeginn. Hierbei wies sie darauf hin, dass nach abschließender Prüfung dem Antrag auf Bewilligung einer Zuwendung ganz oder teilweise nicht entsprochen werden könnte, aus diesem Schreiben keine Rechtsansprüche auf Bewilligung eines Zuschusses abgeleitet werden könnten und ein möglicher Zuwendungsbescheid Auflagen enthalte, deren Einhaltung Voraussetzung für die Gewährung des Zuschusses seien, insbesondere die beiliegenden „Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung an Gemeinden (ANBest-G)“ einzuhalten seien, die u.a. Vorschriften hinsichtlich der Vergabe von Aufträgen enthielten.

Gegen die Vergabeentscheidung der Klägerin vom 12. August 2004, der zufolge die M... GmbH den Zuschlag für das hier maßgebliche Los 6 (Block 302) und das Los 4 (Block 316) sowie die E... GmbH den Zuschlag für die Lose 1 (Block 106) und 3 (Block 202) erhielten, erhoben zwei Mitbieter Beschwerde bei der Beklagten bzw. beim Ministerium für Wirtschaft des Landes Brandenburg, woraufhin das Ministerium die Beklagte mit einer Vergabeprüfung beauftragte.

Unter dem 19. Oktober 2004 beantragte die Klägerin für die Maßnahme „Biotop (Block 302)“ wegen entstandener Mehrkosten eine Erhöhung der Zuwendungssumme auf 1.400.475,17 Euro. Mit Schreiben vom 26. Oktober 2004 teilte sie der Beklagten mit, dass für diese Maßnahme eine Kürzung i.H.v. 107.311 Euro entstehe.

Nach Anhörung der Klägerin lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 9. März 2005 den hier streitigen Zuwendungsantrag ab. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass im Rahmen der Antragsprüfung Vergabeverstöße festgestellt worden seien. Die Angebotsfrist sei zu kurz bemessen gewesen, die Gesamtmaßnahme sei ohne ausreichende Vorbereitung bzw. vor Vergabereife ausgeschrieben worden und die Ortsbesichtigung hätte getrennt mit den einzelnen Bietern durchgeführt werden müssen. Die Erfahrung mit ABM-Projekten sei für die Durchführung eines solchen Projekts nicht zwingend erforderlich und somit diskriminierend. Bieter seien ohne vorherige Angebotsaufklärung bzw. wegen unzulässiger Eignungskriterien ausgeschlossen worden. In den zwei Losen betreffend die Konversionsprojekte sei der Zuschlag mit unzutreffender Begründung nicht auf das wirtschaftlichste Angebot erteilt worden. Ein ordnungsgemäßes Wettbewerbsverfahren sei verhindert worden, was einen Verstoß gegen die ANBest-G und die einschlägigen EU-Verordnungen darstelle. Den hiergegen am 6. April 2005 eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 14. Juni 2005 als unbegründet zurück.

Auf die von der Klägerin am 17. Juni 2005 erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht Potsdam mit Urteil vom 17. August 2010 die Beklagte unter Aufhebung der ablehnenden Bescheide verpflichtet, den Fördermittelantrag der Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Beklagte habe die begehrte Zuwendung ermessensfehlerhaft abgelehnt. Nach der seinerzeitigen Verwaltungspraxis habe zwar ein Verstoß gegen die Pflicht zur Beachtung der VOB regelmäßig zum Ausschluss von der Förderung geführt. Diese Praxis sei aber unter Berücksichtigung des Zuwendungszwecks, einen sparsamen Umgang mit Fördermitteln sicherzustellen, unverhältnismäßig. Ermessensfehlerfrei habe die Zuwendung nur dann versagt werden können, wenn ein schwerer Vergabeverstoß im Sinne einer grob vergaberechtswidrigen Wertung vorgelegen habe. Ziff. 3.1 ANBest-G sei eine Auflage zur Sicherstellung eines sparsamen und wirtschaftlichen Einsatzes der Zuwendung. In die Ermessensausübung sei auch einzustellen gewesen, dass die VOB/A der Klägerin hinsichtlich der Ausgestaltung des Vergabeverfahrens im einzelnen Ermessens- und Beurteilungsspielräume einräume. Ein schwerer Vergabeverstoß habe nicht vorgelegen. Die Angebotsfrist sei ausreichend bemessen gewesen, denn die Mindestfrist von 10 Tagen sei nicht unterschritten worden. Die Dringlichkeit sei unter Würdigung des Vorbringens der Klägerin zu bejahen. Die Frist sei auch so bemessen gewesen, das den Bietern hinreichend Zeit für die Bearbeitung und Einreichung ihrer Angebote zur Verfügung gestanden habe. Die den Bietern angebotene Ortsbesichtigung und die mit Schreiben vom 5. August 2004 übersandten Hinweise zum Umgang mit Altlasten sowie Auszüge aus dem Gutachten zur Gefährdungsabschätzung seien nur zusätzliche Hilfestellungen für die Angebotsbearbeitung gewesen. Die Ausschreibung sei auch nicht vor Vergabereife erfolgt, denn bereits in den Ausschreibungsunterlagen sei eine Reduzierung der ausgeschriebenen Leistungen vorbehalten worden; die mit Schreiben vom 5. August 2004 erfolgte Aufteilung der ABM-Kräfte auf die Lose stelle jedenfalls keinen gravierenden Vergabeverstoß dar. Die Beklagte könne die Versagung der Zuwendung nicht darauf stützen, dass der gemeinsame Ortstermin mit allen Bietern unzulässig gewesen sei, da es nicht maßgeblich auf die abstrakte Gefahr einer Wettbewerbsverzerrung ankomme, sondern entscheidend sei, ob im konkreten Fall ein fairer Wettbewerb verhindert worden sei. Dies sei nicht ersichtlich. Dass die Klägerin Erfahrung mit ABM-Projekten zur Eignungsvoraussetzung für die Vergabe gemacht und die Benennung von Referenzprojekten verlangt habe, sei sachlich gerechtfertigt und nicht diskriminierend; die entsprechenden Forderungen der Bundesanstalt für Arbeit seien von der Klägerin zwingend zu respektieren gewesen. Außerdem hätten einzelne Bieter auch im Übrigen keine vollständigen Angebote abgegeben. Mit diesen hätten keine Aufklärungsgespräche geführt werden müssen. Es sei ferner nicht ersichtlich, dass in den Losen betreffend die Konversionsprojekte der Zuschlag nicht dem wirtschaftlichsten Angebot erteilt worden sei; da nur die beiden ausgewählten Anbieter vollständige Angebote unterbreitet hätten, seien andere Firmen nicht in Betracht gekommen. Schließlich sei nicht erkennbar, dass europarechtliche Bestimmungen beeinträchtigt seien.

Auf Antrag der Beklagten hat der Senat die Berufung gegen dieses Urteil zugelassen. Zu deren Begründung trägt die Beklagte vor: Die Klägerin habe gegen Bestimmungen des Vergaberechts verstoßen. Für die Bearbeitung und Einreichung der Angebote sei eine ausreichende Angebotsfrist vorzusehen, die hier mit 16 Tagen im Hinblick auf das Bauvolumen und die Vorkehrungen im Zusammenhang mit Altlasten und Abfällen jedenfalls unangemessen kurz gewesen sei. Auch der Umstand, dass knapp 100 ABM-Kräfte auf die unterschiedlichen Lose verteilt werden mussten, sei mit einem beträchtlichen zusätzlichen Aufwand für die Bieter verbunden gewesen. Eine besondere Dringlichkeit der Vergabe habe nicht vorgelegen, eine solche müsse sich stets auf die Notwendigkeit einer schnellen Leistungsdurchführung beziehen und dürfe nicht vom Auftraggeber selbst verursacht worden sein; auf eine subjektive Vorwerfbarkeit komme es insoweit nicht an. Schließlich habe der lediglich sechs Tage vor Angebotsöffnung durchgeführte Ortstermin in die Angemessenheit der Angebotsfrist einfließen müssen. Die Mitteilung, dass die Lose 2 und 5 nicht zur Abarbeitung kämen, sowie die entgegen der Darstellung in den Leistungsverzeichnissen von der Klägerin selbst durchgeführte Verteilung der ABM-Kräfte auf die einzelnen Lose stellten eine echte, grundsätzlich unzulässige Teilaufhebung der Ausschreibung dar. Außerdem habe noch keine Vergabereife bestanden, da wenige Tage vor dem Ende der Submissionsfrist noch nicht klargewesen sei, welche Lose tatsächlich zur Abarbeitung kämen. Die Klägerin habe auch zu diesem Zeitpunkt noch ABM-Kräfte u.a. auf zwei Lose verteilt, die letztlich nicht umgesetzt werden sollten. Bei dieser Sachlage sei die Abgabe eines sachgerechten Angebots für einzelne Lose nicht möglich gewesen. Der geforderte Nachweis von Erfahrungen der Bietern im Umgang mit ABM-Projekten stelle ein unzulässiges Eignungskriterium dar, denn die Möglichkeit der Erarbeitung der geforderten Fachkunde für „Neulinge“ müsse eröffnet sein; die Bieter hätten die notwendigen Informationen direkt von der zuständigen Arbeitsagentur erhalten können. Dass die Klägerin sämtliche Bieter gemeinsam zu einem Ortstermin eingeladen habe, habe gegen den Grundsatz des Geheimwettbewerbs verstoßen, da ein solcher Termin stets die Gefahr von Preisabsprachen zwischen den Bietern berge; insoweit genüge bereits die abstrakte Gefahr einer Wettbewerbsverzerrung. Die Förderung sei auch nicht mit den europarechtlichen Vorgaben vereinbar, weshalb sie verpflichtet gewesen sei, den Förderantrag abzulehnen. Die Antragsablehnung sei aber jedenfalls nicht ermessensfehlerhaft. Es habe der ständigen Verwaltungspraxis entsprochen, Verstöße gegen die Verpflichtung aus Ziff. 3.1 ANBest-G zum Anlass zu nehmen, die Förderung zu versagen bzw. bereits ergangene Förderbescheide aufzuheben, insbesondere dann, wenn die Zuwendung ganz oder überwiegend aus Mitteln der Europäischen Gemeinschaft erfolgt sei. Diese Verwaltungspraxis sei weder generell noch im vorliegenden Fall unverhältnismäßig, denn die festgestellten Vergabeverstöße seien schwerwiegend gewesen; da die Vorschriften über die Beachtung des Vergaberechts neben der Wirtschaftlichkeit auch die Einhaltung eines fairen Wettbewerbs sichern sollten, komme es nicht darauf an, ob die Verstöße unmittelbare Auswirkungen auf die Verpflichtung zur sparsamen Mittelverwendung gehabt hätten. Dieses Ergebnis sei auch nicht unverhältnismäßig bzw. für die Klägerin unbillig, denn sie sei bereits mit der Bewilligung des vorzeitigen Maßnahmebeginns darüber informiert worden, dass die Vorschriften der VOB einzuhalten seien. Hierdurch habe sie, die Beklagte, ihr Ermessen nicht zu Gunsten einer späteren Förderung des Vorhabens gebunden. Sie sei ferner nicht verpflichtet, das Vorhaben der Klägerin zumindest teilweise zu fördern, die Klägerin könne sich insoweit nicht auf Vertrauensschutz berufen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 17. August 2010 zu ändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie trägt vor: Sie habe einen Anspruch auf Gewährung der streitgegenständlichen Zuwendung, die Ablehnung sei ermessensfehlerhaft und daher rechtswidrig. Die Angebotsfrist sei mit 16 Tagen nicht zu kurz bemessen gewesen. Dies hätten auch mindestens sieben verschiedene Bieter so gesehen, die in der Lage gewesen seien, in dieser Zeit ein qualifiziertes Angebot abzugeben. Die Ausschreibungsunterlagen seien, wie sich insbesondere aus dem auszufüllenden Leistungsverzeichnis ergebe, nicht sonderlich kompliziert gewesen, da es lediglich um Abriss- sowie Tiefbau- und Galaarbeiten gegangen sei. Abfallunterlagen und Ortstermin seien Hilfestellungen für die Bieter gewesen, die das Vergabeverfahren nicht verkompliziert hätten. Mit Blick auf die Abfallproblematik seien besondere Anforderungen lediglich hinsichtlich der Qualifikation/Zulassung der Bieter im Bereich der Abfallentsorgung gestellt worden; für die besonderen Abfallarten sei in der Ausschreibung von der Möglichkeit der Abfrage von Einheitspreisen Gebrauch gemacht worden, um das Risiko von unvorhersehbaren Mengen für die Bieter zu minimieren. Auch das Bauvolumen führe nicht dazu, dass 16 Tage für die Erstellung eines Angebots nicht ausreichend wären. Im Hinblick auf die Vergabe-ABM seien besondere Kalkulationen bei den Kosten der Arbeitskräfte erforderlich gewesen, die aber innerhalb der Angebotsfrist hätten erstellt werden können. Sie habe die Dringlichkeit der Vergabe auch nicht selbst erzeugt, sondern sei vielmehr zu der kurzfristigen Ausschreibung gezwungen gewesen. Da nicht klar gewesen sei, ob nach der EFRE-Förderperiode 2004 noch derartige Mittel zur Verfügung gestellt werden konnten und auch die unbedingt erforderliche Kofinanzierung aus ABM-Mitteln nur in diesem Jahr möglich gewesen sei, habe die Maßnahme im Jahr 2004 durchgeführt werden müssen. Das Eignungskriterium der Erfahrung mit ABM – Maßnahmen sei für sie von essenzieller Bedeutung gewesen, denn bei einem Verstoß gegen die ABM-Fördermittelkriterien hätte sie als Zuwendungsempfängerin selbst gehaftet. Auch sonstige Verstöße gegen Vergaberecht lägen nicht vor.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten; diese hat keinen Anspruch auf Neubescheidung ihres Zuwendungsantrags (§ 113 Abs. 5 VwGO).

Rechtsgrundlage für die begehrten Zuwendungen sind §§ 23, 44 LHO i.V.m. dem zum Zeitpunkt der Antragstellung geltenden Haushaltsplan des Landes Brandenburg. Hieraus folgt kein Rechtsanspruch auf eine Förderung, sondern nur ein Anspruch aus Art. 3 Abs. 1 GG i.V.m. der allgemeinen Verwaltungspraxis auf Gleichbehandlung. Maßgeblich für die Verteilung der Fördermittel ist die Richtlinie des Ministeriums für Wirtschaft des Landes Brandenburg zur Förderung der Konversion im Land Brandenburg vom 20. März 2003 (Abl. Bbg 2003, 534). Nach Nr. 5.1 der Verwaltungsvorschrift zu § 44 Abs. 1 LHO – Verwaltungsvorschriften für Zuwendungen an Gemeinden (GV) – VVG – sind die Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung an Gemeinden (ANBest-G) unverändert zum Bestandteil des Zuwendungsbescheides zu machen. Gemäß Ziff. 3.1 der ANBest-G in der Fassung vom 18. Oktober 2000 ist, wenn die Zuwendung oder bei Finanzierung durch mehrere Stellen der Gesamtbetrag der Zuwendung mehr als 50.000,00 Euro beträgt, bei der Vergabe von Aufträgen für Bauleistungen der Abschnitt I der Verdingungsordnung für Bauleistungen (VOB, seit der Neufassung 2002: Vergabe- und Vertragsordnung) zu beachten; die Bewilligungsbehörde ist berechtigt, Vergabeprüfungen durchzuführen. Sofern das Vergabeverfahren - wie im vorliegenden Fall - vor Erlass eines Zuwendungsbescheides abgeschlossen ist, stellen diese Regelungen Voraussetzungen für die Bewilligung der beantragten Zuwendung dar (vgl. Attendorn, Der Widerruf von Zuwendungsbescheiden wegen Verstoßes gegen Vergaberecht, NVwZ 2006, 991, 992).

1. Die Bauaufträge sind unter Verstoß gegen die Vorschriften der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB) in der hier maßgeblichen, zum Zeitpunkt der Ausschreibung der Bauleistung geltenden Fassung vom 12. September 2002 vergeben worden.

a) Die Angebotsfrist war zu kurz bemessen. Gemäß § 18 Nr. 1 VOB/A ist für die Bearbeitung und Einreichung der Angebote eine ausreichende Angebotsfrist vorzusehen, die auch bei Dringlichkeit nicht unter 10 Kalendertagen liegen darf; dabei ist insbesondere der zusätzliche Aufwand für die Besichtigung von Baustellen oder die Beschaffung von Unterlagen für die Angebotsbearbeitung zu berücksichtigen.

aa) Die gesetzliche Mindestfrist wurde hier eingehalten. Die VOB/A regelt nicht, wann die Angebotsfrist zu laufen beginnt. Angesichts der entsprechenden Regelung in Abschnitt 2 § 18a Abs. 1 Nr. 1 VOB/A erscheint es sachgerecht, den Beginn dieser Frist auf den Tag nach Absendung der Bekanntmachungsunterlagen an die Veröffentlichungsblätter festzulegen (so Völlink in Ziekow/Völlink, Vergaberecht, § 10 VOB/A Rn. 5). Dies kann vorliegend aber letztlich dahingestellt bleiben, weil dem Vergabevermerk nicht zu entnehmen ist, wann die Bekanntmachung abgesandt wurde, dort ist lediglich das Veröffentlichungsdatum vermerkt. Demgemäß kann hier nicht von einem früheren Beginn der Frist als dem 26. Juli 2004, einem Montag, ausgegangen werden. Die Angebotsfrist läuft gemäß § 18 Nr. 2 VOB/A ab, sobald im Eröffnungstermin - hier am 10. August 2004 - der Verhandlungsleiter mit der Eröffnung der Angebote beginnt. Bei der Fristberechnung ist der Tag der Submission nicht mitzurechnen (Vergabekammer des Freistaates Sachsen, Beschluss vom 9. Februar 2002 - 1/SVK/102-02 -, juris Rn. 33), sodass die Angebotsfrist 15 Tage betrug.

bb) Diese Frist war aber zu kurz bemessen. Hierbei kann dahingestellt bleiben, ob die Klägerin zu Recht von einer eine kurze Frist rechtfertigenden Dringlichkeit ausgegangen ist, da auch in diesem Fall die Frist für eine sachgerechte Angebotserstellung nicht ausreichend bemessen war. Dies gilt auch dann, wenn zu Gunsten der Klägerin davon ausgegangen wird, dass die Angebote relativ leicht zu erstellen waren, weil lediglich Abriss- sowie Tiefbau- und Galaarbeiten anzubieten waren, das Leistungsverzeichnis übersichtlich war und für die verschiedenen Abfallarten lediglich Einheitspreise und damit nicht die voraussichtlich anfallenden Mengen kalkuliert werden mussten.

(1) Bei der Bemessung der Angebotsfrist hätte die Klägerin berücksichtigen müssen, dass sie am 4. August 2004 einen Ortstermin durchgeführt hat. Der Ortstermin fand erst sieben Tage vor der Submission statt. Die Klägerin kann sich nicht darauf berufen, dass dieser Termin lediglich eine Hilfestellung für die Bieter gewesen sei, der die Angebotserstellung nicht verkompliziert habe. Die Klägerin hielt eine Besichtigung offensichtlich für erforderlich, sonst hätte sie sie nicht angeboten; hiervon mussten auch die Bieter ausgehen, weshalb ihnen nicht angesonnen werden konnte, im Falle von Zeitknappheit auf diesen Termin zu verzichten. Die Teilnahme an einem Ortstermin erfordert einen zeitlichen Aufwand von einem halben bis ganzen Arbeitstag; darüber hinaus muss den Bietern auch Zeit dafür eingeräumt werden, die dort gewonnenen Erkenntnisse in ihren Angeboten zu verarbeiten.

(2) Die Klägerin hätte bei der Bestimmung der Angebotsfrist ferner berücksichtigen müssen, dass sie für die Angebotserstellung maßgebliche Unterlagen und Informationen erst mit Schreiben vom 4. und 5. August 2004 übersandt hat.

(aa) Die mit Schreiben vom 4. August 2004 übersandten Lagepläne mit den zum Rückbau vorgesehenen Gebäuden, befestigten Außenflächen und Leitungen und Übersichtskarten betreffend die geplanten Nachnutzungsmaßnahmen sowie die mit Schreiben vom 5. August 2004 im Hinblick auf mögliche Altlasten versandten Auszüge aus einem bereits unter Ziff. 9 der Besonderen Bedingungen in der Leistungsbeschreibung bezeichneten Gutachten zur Gefährdungsabschätzung hätten bereits mit dem Leistungsverzeichnis an die Bieter übersandt werden müssen. Nach § 9 Nr. 3 Abs. 3 VOB/A sind die für die Ausführung der Leistung wesentlichen Verhältnisse der Baustelle, z.B. Boden- und Wasserverhältnisse, so zu beschreiben, dass der Bewerber ihre Auswirkungen auf die bauliche Anlage und die Bauausführung hinreichend beurteilen kann. Die Lagepläne, Übersichtskarten und Auszüge aus dem Gutachten zur Gefährdungsabschätzung beschreiben die wesentlichen Verhältnisse der Baustelle und ermöglichen den Bietern eine genauere Einschätzung der von ihnen geforderten Leistungen sowie der anfallenden Kosten. Angesichts der Verpflichtung aus § 9 Abs. 3 Nr. 3 VOB/A zur Beschreibung der wesentlichen Verhältnisse kann die Klägerin sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass es den anbietenden Firmen oblegen hätte, sich diese Informationen selbst zu besorgen, sie mit der nachträglichen Versendung dieser Unterlagen also lediglich überobligationsmäßige Hilfestellungen geleistet habe.

Auch die mit Schreiben vom 5. August 2004 erteilte Information über die Verteilung der ABM-Kräfte auf die einzelnen Lose, die dem Wortlaut des Schreibens zufolge nicht Gegenstand der Erörterungen im Ortstermin gewesen ist, den Bietern folglich nicht früher bekannt gewesen sein konnte, hätte schon Bestandteil der Verdingungsunterlagen gewesen sein müssen. Nach § 9 Nr. 1 Satz 1 VOB/A ist die Leistung so eindeutig und erschöpfend zu beschreiben, dass alle Bewerber die Beschreibung im gleichen Sinne verstehen müssen und ihre Preise sicher und ohne umfangreiche Vorarbeiten berechnen können. Die Verteilung der ABM-Kräfte hatte aber unmittelbare Auswirkungen auf die für die jeweiligen Lose zu erstellende Kalkulation. Gemäß Ziff. 2 der Besonderen Bedingungen in der Leistungsbeschreibung waren die ABM-Kräfte zusätzlich einzustellen und nach dem gesetzlichen Mindestlohn entsprechend der tariflichen Bindung des Unternehmens zu vergüten, die von ihnen zu erbringende Leistung war im Angebotspreis entsprechend zu kalkulieren und zu berücksichtigen. Außerdem hat die Klägerin mit Schreiben vom 5. August 2004 41 Arbeitnehmer auf die Lose 1, 2, 3 und 5 verteilt, von denen zwei Lose nicht zur Ausführung gekommen sind. Die Beklagte weist zutreffend darauf hin, dass nicht ersichtlich ist, wie die Bieter unter diesen Umständen eine tragfähige Kalkulation für ihre Angebote erstellen sollten.

Darüber hinaus ist mit dem Schreiben vom 5. August 2004 eine wesentliche Änderung der Ausschreibung erfolgt. In der Bekanntmachung vom 26. Juli 2004 ist unter Buchst. f) ausgeführt: „Aufteilung in Lose: ja. Angebote können abgegeben werden für ein Los, mehrere Lose, alle Lose.“ In dem Schreiben vom 5. August 2004 wird demgegenüber ausgeführt: „Die Lose 1, 3, 4 und 6 werden mit größter Wahrscheinlichkeit zur Abarbeitung kommen. Es ist aber trotzdem für die Vollständigkeit der Angebote notwendig, alle Lose zur Submission anzubieten.“ Diesen Passus konnten die Bieter so verstehen, dass nunmehr gefordert werde, für alle sechs Lose Angebote abzugeben, andernfalls sei das Angebot unvollständig. Ein Anbieter, der zunächst nur beabsichtigt hatte, Angebote für einzelne Lose abzugeben, musste sich demnach genötigt fühlen, innerhalb der verbleibenden Zeit auch für die übrigen Lose Angebote zu erarbeiten. Dem kann die Klägerin nicht entgegenhalten, dass eine Änderung der Ausschreibung nicht beabsichtigt gewesen sei und der fragliche Passus in dem Schreiben vom 5. August 2004 von den Bietern auch offensichtlich nicht so verstanden worden sei. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass alle sieben Unternehmen, die Angebote unterbreitet haben, auf sämtliche Lose geboten haben und weder erkennbar ist, dass sie dies von vorneherein beabsichtigt hatten noch wie die übrigen sechs Unternehmen, die nach der Abforderung der Vergabeunterlagen kein Angebot unterbreitet haben, das Schreiben interpretiert haben. Allein der Umstand, dass keine entsprechenden Rückfragen gestellt wurden, rechtfertigt nicht die Annahme, dass das Schreiben vom 5. August 2004 nicht in dem oben dargelegten Sinne verstanden werden konnte.

(bb) Die nachträgliche Versendung der Unterlagen und Informationen hat dazu geführt, dass den Bietern wesentliche Informationen für die Erstellung ihrer Angebote bzw. die erforderliche Änderung ihrer Kalkulation erst wenige Tage vor Ablauf der Angebotsfrist vorlagen. Die Schreiben vom 4. und 5. August 2004 wurden, soweit ersichtlich, lediglich mit einfacher Post versandt und konnten damit frühestens am Donnerstag, den 5. August 2004 bzw. Freitag, den 6. August 2004, also sechs bzw. fünf Tage vor der Eröffnung der Angebote bei den Unternehmen eingegangen sein. Für die Berücksichtigung der darin enthaltenen Informationen in den zu erstellenden Angeboten verblieb mithin im günstigsten Fall maximal eine Frist von viereinhalb/fünf bzw. dreieinhalb/vier Tagen, von denen zwei auf ein Wochenende fielen. Selbst wenn, wie die Klägerin ausführt, die Angebote relativ einfach zu erstellen und kalkulieren gewesen sein sollten, ist hierfür eine derart knappe Frist nicht mehr als ausreichend zu betrachten.

b) Die Klägerin hat des Weiteren zu Unrecht für die Feststellung der formellen Eignung der Bieter darauf abgestellt, dass diese Referenzen über die Durchführung von ABM-Projekten vorlegen. Hierbei kann dahingestellt bleiben, ob die Beklagte zu Recht davon ausgegangen ist, dass das Kriterium der Erfahrung mit ABM-Maßnahmen unzulässig ist oder ob angesichts des Umfangs des Gesamtprojekts mit einer sehr großen Anzahl von ABM-Kräften und des Umstandes, dass die Klägerin auf die Kofinanzierung der Baumaßnahme durch die Förderung der Bundesanstalt für Arbeit zwingend angewiesen war, auch insoweit ein legitimes Interesse der Klägerin (vgl. Schranner in Ingenstau/Korbion, VOB, 17. Aufl. § 2 VOB/A Rn. 29 m.w.N.) für einen Fachkundenachweis (vgl. § 97 Abs. 4 GWB in der bis zum 12. Juli 2005 gültigen Fassung, § 8 Nr. 3 Buchst. g VOB/A) anzuerkennen ist. Die Klägerin hat es jedenfalls unterlassen, in der Bekanntmachung der Baumaßnahme vom 26. Juli 2004 die Anforderung entsprechender Nachweise zu erwähnen. Gemäß § 17 Nr. 1 Abs. 2 Buchst. s VOB/A sollen in der Bekanntmachung u.a. verlangte Nachweise für die Beurteilung der Eignung des Bieters angegeben werden. Der Bieter soll schon aufgrund der Bekanntmachung klar und zweifelsfrei erkennen können, ob er für die Abgabe eines Angebots in Frage kommt; er muss anhand der Bekanntmachung feststellen können, ob und auf welche Weise er die geforderten Nachweise erbringen kann (vgl. Vergabekammer Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 20. April 2010 - VK 2-7/10 -, IBR 2010, 357, Rn. 84 bei juris). Das war vorliegend nicht gewährleistet. Die Klägerin hat in der Bekanntmachung überhaupt keine Nachweise benannt, die von den Bietern vorzulegen waren. Nachweise für die Erfahrung im Umgang mit ABM-Projekten durch Angabe von Referenzprojekten hat sie erstmals unter Nr. 2. der Besonderen Bedingungen des Leistungsverzeichnisses gefordert. Zwar ist es grundsätzlich möglich, dass eine Vergabestelle auch nach Veröffentlichung der Vergabebekanntmachung die dort verlangten Eignungsnachweise konkretisiert. Jedoch müssen die Angaben schon in der Bekanntmachung so substanziell sein, dass sie dem Bieter bereits eine Vorstellung davon vermitteln, was die Vergabestelle an konkreten Nachweisen verlangt. Eine spätere Erhöhung der Anforderungen an die zu übersendenden Eignungsnachweise ist unzulässig (vgl. Vergabekammer Rheinland-Pfalz a.a.O. Rn. 85; Völlink in Ziekow/Völlink § 12 VOB/A Rn. 31 m.w.N.).

c) Schließlich liegt auch ein Vergabefehler vor, soweit die Klägerin mit allen hieran interessierten Bietern einen gemeinsamen Ortstermin durchgeführt hat. Gemäß § 17 Nr. 6 VOB/A sind die Namen von Bewerbern, die Vergabeunterlagen erhalten oder eingesehen haben, geheim zu halten. Diese Regelung dient dem Schutz des Wettbewerbs und soll verhindern, dass die konkurrierenden Unternehmen Preisabsprachen treffen. Demgemäß ist die Geheimhaltungspflicht zwingend und in allen Stadien des Verfahrens zu beachten, gilt also auch für die Durchführung von Ortsterminen und kann nicht mit Zustimmung der Bewerber eingeschränkt werden (vgl. Völlink in Ziekow/Völlink, § 17 VOB/A Rn. 44 m.w.N.; von Wietersheim in Ingenstau/Korbion, § 17 VOB/A Rn. 43 f.).

d) Nach alledem bedarf keiner Entscheidung, ob, wie die Beklagte rügt, die Vergabe des hier in Rede stehenden Loses 6 sowie des Loses 4, für die Fördergelder nach der Richtlinie zur Förderung der Konversion beantragt worden waren, an die Firma M... GmbH erfolgte, obwohl die Firma E... ein wirtschaftlicheres Angebot abgegeben hatte, oder ob sonstige Vergabefehler vorliegen.

2. Die festgestellten Vergabefehler rechtfertigen die Ablehnung der Anträge der Klägerin auf Bewilligung von Zuwendungen, ohne dass es darauf ankommt, ob eine Versagung der Zuwendung aus europarechtlichen Gründen erforderlich war.

Den unwidersprochenen Ausführungen der Beklagten zufolge entsprach es zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides der ständigen Verwaltungspraxis der Beklagten, die Zuwendung zu versagen bzw. Zuwendungsbescheide zu widerrufen, wenn Vergabeverstöße festgestellt wurden, insbesondere dann, wenn die Förderung aus Mitteln der Europäischen Gemeinschaft erfolgen sollte. Im Hinblick auf den Gleichbehandlungsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG war die Beklagte demgemäß auch im vorliegenden Verfahren gehalten, die Anträge auf Gewährung von Zuwendungen abzulehnen (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. April 2003 - 3 C 25.02 -, NVwZ 2003, 1384, Rn. 17 bei juris). Hierbei kann dahingestellt bleiben, ob die Verwaltungspraxis, ungeachtet der Schwere des jeweiligen Vergabeverstoßes eine Zuwendung zu versagen bzw. zurückzufordern, dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspricht, denn jedenfalls hier liegen Vergabeverstöße vor, die so schwer wiegen, dass eine Ablehnung der Förderanträge nicht zu beanstanden ist. Ebenfalls keiner Entscheidung bedarf, ob Vergabeverstöße auch dann zu einer Ablehnung von Zuwendungsanträgen führen können, wenn lediglich gegen Vorschriften verstoßen wurde, die dem chancengleichen Zugang zu öffentlichen Aufträgen und damit dem Wettbewerb dienen (so BayVGH, Beschluss vom 18. Februar 2010 - 4 ZB 09.943 -, juris Rn. 8; OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 23. August 2001 - 4 L 5/01 -, NordÖR 2001, 416, Rn. 24, 26 bei juris; zum Widerruf eines Zuwendungsbescheides vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 28. September 2011 - 9 S 1273/10 -, VBlBW 2012, 221, Rn. 57 bei juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 22. Februar 2005 - 15 A 1065/04 -, NVwZ-RR 2006, 86, Rn. 66 ff. bei juris; außerdem Attendorn, Der Widerruf von Zuwendungsentscheidungen wegen Verstoßes gegen Vergaberecht, NVwZ 2006, 991, 994) oder ob ausschließlich Verstöße, die sich auf die Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit der Verwendung der Zuwendung auswirken, eine Versagung rechtfertigen können (so zum Widerruf des Zuwendungsbescheides für ein Vergabeverfahren im „Unterschwellenbereich“ OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 2. September 2008 - 15 A 2328/06 -, DVBl. 2008, 1450, vgl. auch Antweiler, Subventionskontrolle und Auftragsvergabekontrolle durch Bewilligungsbehörden und Rechnungshöfe, NVwZ 2005, 168, 169 f.; Kulartz/Schilder, Rückforderung von Zuwendungsbescheiden wegen Vergaberechtsverstößen, NZBau 2005, 552; Ehlers, Die Rückforderung von Zuwendungen wegen Nichteinhaltung von vergaberechtlichen Auflagen, NVwZ 2007, 289, 294).

Dass die Angebotsfrist zu kurz bemessen war, weshalb die Grundlagen für die erforderliche Kalkulation der Angebote erst kurz vor dem Submissionstermin vorlagen und die im Zuge des Vergabeverfahrens übersandten Unterlagen eine korrekte Berücksichtigung der einzustellenden ABM-Kräfte bis zum Schluss nicht ermöglichten, lässt es nicht ausgeschlossen erscheinen, dass bei Vermeidung dieser Fehler weitere, möglicherweise günstigere Angebote eingegangen wären. Dasselbe gilt, soweit die den Firmen übersandten Leistungsbeschreibungen unzulässigerweise erstmals die Angabe von Referenzprojekten für ABM-Maßnahmen forderten, was „Newcomer“ in diesem Bereich von einem Angebot abgehalten haben kann. Immerhin hatten insgesamt 13 Firmen die Vergabeunterlagen angefordert, von denen lediglich sieben ein Angebot eingereicht haben. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts stellt auch die Verletzung des Gebots des Geheimwettbewerbs durch Durchführung eines gemeinsamen Ortstermins mit mehreren Bietern einen Verstoß gegen den Grundsatz der wirtschaftlichen und sparsamen Mittelverwendung dar. Fehlende Geheimhaltung der ein Angebot erstellenden Firmen ist stets als schwerer Verstoß gegen den Wirtschaftlichkeitsgrundsatz einzustufen, weil, worauf die Beklagte zutreffend hinweist, den eingereichten Angeboten in der Regel nicht entnommen werden kann, ob ihnen Absprachen zwischen den Bietern zu Grunde liegen. Auch im vorliegenden Fall schließt der Umstand, dass die an dem Ortstermin beteiligten Bieter Angebote mit teils erheblichen Preisunterschieden abgegeben haben, nicht aus, dass einige von ihnen sich zumindest im Hinblick auf die kalkulatorische Berücksichtigung einzelner Umstände untereinander abgesprochen haben können. Der konkrete Nachweis dafür, dass bei Vermeidung der Vergabeverstöße ein günstigeres Angebot eingegangen wäre, ist in der Regel nicht möglich.

3. Eine Verpflichtung zur Förderung der Klägerin ergibt sich ferner nicht etwa daraus, dass die Beklagte sich bereits dahingehend gebunden hätte. Eine entsprechende Zusage liegt nicht vor. Auch den Bescheiden vom 10. August 2004, mit denen der vorzeitige Maßnahmebeginn genehmigt wurde, ist dies nicht zu entnehmen. Vielmehr wurde die Klägerin in sämtlichen Bescheiden darauf hingewiesen, dass nach abschließender Prüfung dem Antrag auf Bewilligung einer Zuwendung ganz oder teilweise nicht entsprochen werden könnte, aus diesem Schreiben keine Rechtsansprüche auf Bewilligung eines Zuschusses abgeleitet werden könnten und ein möglicher Zuwendungsbescheid Auflagen enthalte, deren Einhaltung Voraussetzung für die Gewährung des Zuschusses seien, insbesondere die beiliegenden „Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung an Gemeinden (ANBest-G)“ einzuhalten seien, die u.a. Vorschriften hinsichtlich der Vergabe von Aufträgen enthielten. Eine Prüfung des Vergabeverfahrens hatte die Beklagte vor Erlass dieser Bescheide nicht durchgeführt, was der Klägerin auch bekannt war.

4. Die Beklagte war schließlich nicht aus Gründen des Vertrauensschutzes zu einer zumindest teilweisen Förderung der Maßnahme verpflichtet. Anders als im Falle einer Aufhebung des Zuwendungsbescheides und Rückforderung der gewährten Fördermittel kann sich, wenn Aufträge im Wege des vorzeitigen Maßnahmebeginns vor Erlass eines Zuwendungsbescheides erteilt werden, zu diesem Zeitpunkt kein Vertrauen des Auftraggebers auf den Erhalt und das Behaltendürfen dieser Mittel gebildet haben. Der Klägerin waren darüber hinaus mit Schreiben vom 29. Juni 2004 die ANBest-G übersandt worden. Ihr war mithin bereits vor Durchführung des Vergabeverfahrens bekannt, dass die Vorschriften der VOB anzuwenden waren und dass die Beklagte eine Vergabeprüfung durchführen konnte (Ziff. 3.1 u. 3.2 der ANBest-G); sie musste mithin im Falle einer Verletzung dieser Verpflichtung davon ausgehen, dass die Förderung versagt werden würde.

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 10, § 711 der Zivilprozessordnung. Die Revision war nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.