Gericht | OVG Berlin-Brandenburg 9. Senat | Entscheidungsdatum | 28.01.2014 | |
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Aktenzeichen | OVG 9 S 21.13 | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 8 Abs 2 S 2 KAG BB |
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 25. Februar 2013 wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Beschwerde trägt der Antragsteller.
Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 1.652,08 EUR festgesetzt.
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
Beschwerden in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes sind innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der erstinstanzlichen Entscheidung zu begründen (§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO). Die Begründung muss unter anderem die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen (§ 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO). Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO).
Danach ist die erstinstanzliche Entscheidung nicht zu ändern.
Der Heranziehungsbescheid vom 4. Juni 2012 ist kraft Gesetzes sofort vollziehbar (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO). Die aufschiebende Wirkung von Widerspruch oder Klage gegen einen derartigen Bescheid ist nur anzuordnen, wenn an der Rechtmäßigkeit des Bescheides ernstliche Zweifel bestehen oder die Vollziehung für den Abgabenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte (§ 80 Abs. 5 in Verbindung mit § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO). Ob ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit bestehen, ist durch eine überschlägige Prüfung zu klären. Dabei ist kein Raum für aufwendige Tatsachenfeststellungen und die Beantwortung schwieriger Rechtsfragen; das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes soll das Hauptsacheverfahren nicht ersetzen. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit sind zu bejahen, wenn der Bescheid nach überschlägiger Prüfung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit rechtswidrig ist; in allen anderen Fällen bleibt es – wenn nicht ein Härtefall vorliegt – bei der gesetzlichen Grundentscheidung für die sofortige Vollziehbarkeit.
1. Aus dem Beschwerdevorbringen ergibt sich nicht, dass der angefochtene Bescheid mit überwiegender Wahrscheinlichkeit rechtswidrig wäre.
Die angewandte Bestimmung der Straßenbaubeitragssatzung (SBS) ist nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit unbestimmt. Eine Satzungsregelung ist hinreichend bestimmt, wenn sich ihr Inhalt mit den herkömmlichen juristischen Methoden ermitteln lässt. Das dürfte hier der Fall sein. § 6 SBS regelt die Nutzungsfaktoren für Baulandgrundstücke. § 7 SBS die Nutzungsfaktoren für Grundstücke mit sonstiger Nutzung. § 7 Abs. 1 Nr. 1 SBS regelt dabei den Nutzungsfaktor von 0,5 für Grundstücke [mit sonstiger Nutzung], die aufgrund entsprechender Festsetzungen in einem Bebauungsplan nicht baulich oder gewerblich, sondern nur in vergleichbarer Weise nutzbar sind (z. B. Friedhöfe, Sport- und Festplätze, Freibäder, Dauerkleingärten) oder innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils so genutzt werden. § 7 Abs. 1 Nr. 2 SBS regelt die Nutzungsfaktoren für Grundstücke [mit sonstiger Nutzung], die im Außenbereich (§ 35 BauGB) liegen oder wegen entsprechender Festsetzungen in einem Bebauungsplan nur in anderer Weise nutzbar sind (z. B. landwirtschaftliche Nutzung). Dabei regelt Buchstabe a die Nutzungsfaktoren für Grundstücke ohne Bebauung, und zwar für Waldbestand oder wirtschaftlich nutzbare Wasserflächen (Doppelbuchstabe aa, Nutzungsfaktor 0,0167), Nutzung als Grünland, Ackerland oder Gartenland (Doppelbuchstabe bb, Nutzungsfaktor 0,0333) und gewerbliche Nutzung (z. B. Bodenaubau) (Doppelbuchstabe cc Nutzungsfaktor 1,0). § 7 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b regelt den Nutzungsfaktor 0,5 bei Grundstücken [mit sonstiger Nutzung], die im Außenbereich (§ 35 BauGB) liegen oder wegen entsprechender Festsetzungen in einem Bebauungsplan nur in anderer Weise [als Baulandgrundstücke] nutzbar sind (z.B. landwirtschaftliche Nutzung), wenn sie in einer der baulichen oder gewerblichen Nutzung vergleichbaren Weise genutzt werden (z.B. Friedhöfe, Sport– und Festplätze, Dauerkleingärten, Campingplätze ohne Bebauung). Ungeachtet der Frage nach möglichen Überschneidungen von § 7 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 Buchstabe b SBS spricht einiges dafür, dass „normale“ Kleingärten im Sinne des Bundeskleingartengesetzes, die mangels entsprechender Festlegung in einem Bebauungsplan nicht Dauerkleingärten sind (vgl. § 1 Abs. 3 BKG), mit dem Nutzungsfaktor 0,5 zu bewerten sind, und zwar je nach Lage nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 SBS (im Zusammenhang bebauter Ortsteil) und nach § 7 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b SBS (Außenbereich). Insoweit ist nicht nur die Nähe zwischen Kleingärten und den in beiden Vorschriften als Beispiel aufgezählten Dauerkleingärten zu sehen, sondern auch der Umstand, dass eine Einordnung als Gartenland nach § 7 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb SBS (Nutzungsfaktor 0,0333) schon daran scheitert, dass die Bestimmung nur Grundstücke ohne Bebauung erfasst, normale Kleingärten aber regelmäßig eine Bebauung in Gestalt einer Laube aufweisen. Demgegenüber dürfte es nicht greifen, wenn die Beschwerde auf die Eintragung im Liegenschaftsbuch, die grundsteuerliche Bewertung oder die begrenzten schuld– oder sachenrechtlichen Wirkungen der Verpachtung der Kleingartenparzellen auf dem Grundstück nach dem bürgerlichen Recht hinweist. Auch die nach dem Beschwerdevorbringen gerade mit den Festsetzungen in einem Bebauungsplan verbundene „höhere Sicherheit“ für die Parzellenbenutzer eines Dauerkleingartens gegenüber einer nicht bebauungsplanmäßig abgesicherten Kleingartenanlage im unbeplanten Innenbereich oder im Außenbereich dürfte hier nicht für eine Einordnung als reines Gartenland (Nutzungsfaktor 0,0333) sprechen.
Die Beschwerde zeigt auch nicht auf, dass die Heranziehung des gesamten Grundstücks ohne Tiefenbegrenzung überwiegend wahrscheinlich rechtswidrig ist. Nach der Straßenbaubeitragssatzung findet eine Tiefenbegrenzung nur dann Anwendung, wenn das Grundstück entweder über die Grenzen eines Bebauungsplans in den Außenbereich hinausreicht (§ 5 Abs. 3 Nr. 5 i.V.m. Nr. 2 SBS) oder mit seiner Fläche teilweise im [unbeplanten] Innenbereich (§ 34 BauGB) und teilweise im Außenbereich (§ 35 BauGB) liegt (§ 5 Abs. 3 Nr. 4 Buchstabe b SBS). Umstände, nach denen einer dieser beiden Fälle hier vorliegt, legt die Beschwerde nicht dar (zur Einordnung einer Kleingartenanlage als Außenbereich i.S. von § 35 BauGB vgl. auch BVerwG, Urteil vom 17. Februar 1984 – 4 C 55.81 –, juris, Rn. 10 – 13; Beschluss des Senats vom 20. November 2007 – OVG 9 S 34.07 –, BA S. 5). Sie zeigt auch nicht auf, warum hier nicht schon der gegenüber einem Wohngrundstück mit eingeschossiger Bebauung nur hälftige Nutzungsfaktor des § 7 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b SBS der von ihr befürchteten überproportionalen Belastung von Grundstücken mit besonderer Großflächigkeit und andersartiger Nutzung, wie Friedhöfen oder Kleingartengrundstücken, hinreichend entgegenwirkt.
Soweit sich die Beschwerde auf andere, für private Wohnhausgrundstücke und deren Gartenflächen festgesetzte Straßenbaubeiträge oder auf die Tiefenbegrenzung und den Nutzungsfaktor in einer früheren Veranlagung des Antragstellers zu einem anderen Beitrag bezieht, greift dies nicht. Hinsichtlich der anderen zu einem Straßenbaubeitrag herangezogenen Grundstücke legt die Beschwerde nicht dar, warum das Grundstück des Antragstellers ihnen nach Lage und Nutzung entspricht. Im Übrigen muss weder deren Heranziehung noch die frühere Heranziehung des in Rede stehenden Grundstücks rechtmäßig gewesen sein.
Entgegen dem Beschwerdevorbringen ist der Vorteil der Ausbaumaßnahmen für das Grundstück des Antragstellers nicht seitens des Verwaltungsgerichts fingiert worden und kommt es auch nicht auf die tatsächliche Nutzung des ausgebauten Gehwegs und der Parkplätze durch die Nutzer der Kleingartenanlage an. Die mit einem Straßenbaubeitrag abzugeltenden wirtschaftlichen Vorteile durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme im Sinne von § 8 Abs. 2 Satz 2 KAG kommen dem Grundstück zu, weil es von der ausgebauten Straße aus erreicht werden kann und darf. Der Ausbau der Straße erleichtert die Erreichbarkeit des Grundstücks und erhöht damit seinen Gebrauchswert auch dann, wenn der Grundstückseigentümer oder andere Nutzer des Grundstücks die Möglichkeit, die ausgebaute Straße in Anspruch zu nehmen, tatsächlich nicht nutzen (vgl. Beschluss des Senats vom 23. Januar 2014 – OVG 9 S 9.13 –, BA S. 3 f.).
2. Der von der Beschwerde weiter geltend gemachte Gesichtspunkt der unbilligen Härte (§ 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO), der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes unabhängig von der Frage ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides zu beurteilen ist, gebietet hier ebenfalls keine Änderung der erstinstanzlichen Entscheidung. Das Verwaltungsgericht hat in der kleingärtnerischen Nutzung keine Umstände gesehen, die eine unbillige Härte begründen. Weder aus den allgemeinen Ausführungen der Beschwerde zu den persönlichen und beruflichen Verhältnissen von 80 % der Nutzer noch sonst ergeben sich nunmehr konkrete Hinweise darauf, dass der Antragsteller den Beitrag nicht zahlen kann oder durch ihn sogar in seiner Existenz gefährdet wäre. Indessen geht er gegen Ende seiner Antrags– und Klageschrift vom 16. November 2012 (S. 4) selbst davon aus, nach der gerichtlichen Überprüfung der Rechtmäßigkeit des Beitragsbescheides den Beitrag durch eine Umlage unter den Vereinsmitgliedern finanzieren zu können.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).