Gericht | LSG Berlin-Brandenburg 13. Senat | Entscheidungsdatum | 27.09.2012 | |
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Aktenzeichen | L 13 VS 32/11 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 81 SVG, § 30 BVG |
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 14. Oktober 2011 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Die Beteiligten streiten über die Anerkennung von Schädigungsfolgen und die Höhe des Grades der Schädigungsfolgen (GdS) bzw. einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) – bis zum 20. Dezember 2007 geltende Bezeichnung – von 30 nach dem Soldatenversorgungsgesetz (SVG) i. V. m. dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) als Folge einer Wehrdienstbeschädigung (WDB).
Der 1967 geborene Kläger ist gelernter Elektroinstallateur und bezieht eine Rente wegen voller Erwerbsminderung.
Er leistete ab dem 04. Januar 1988 seinen Grundwehrdienst in der Nachschubausbildungskompanie in der H-Kaserne in U ab. Am 27. Januar 1988 rutschte der Kläger beim Reinigen seiner Waffe in der Stube auf dem mit Waffenöl verschmierten Boden aus, wodurch es zu einer Schulterluxation rechts mit Knochenabsplitterungen kam.
Mit Bescheid vom 30. November 1989 anerkannte das Versorgungsamt M auf Antrag des Klägers vom 30. Januar 1989 als Folge der WDB ab den 01. April 1989 eine „habituelle Schulterluxation rechts“ im Sinne der Entstehung an. Die Erwerbsfähigkeit sei dadurch um weniger als 25 v. H. gemindert, so dass Versorgungsbezüge nicht gewährt werden könnten. Auf den Verschlimmerungsantrag des Klägers vom 07. Januar 1991 zog das Versorgungsamt M den Operationsbericht der Universität M vom 02. November 1989 bei, wonach eine Limbusrefixation und Neer’sche Kapselplastik aufgrund von in den letzten Jahren erlittenen ca. 15 Schulterluxationen rechts durchgeführt wurde. Danach ist es zu Schulterluxationen nicht mehr gekommen. Den Antrag wies das Versorgungsamt M nach Beiziehung von den in der Sache erstatteten Gutachten des Praktischen Arztes Dr. I vom 17. März 1993 und des Facharztes für Innere Medizin Dr. S vom 14. Juli 1993 mit Bescheid vom 17. September 1993 zurück, in denen es die Schädigungsfolge wie folgt neu bezeichnete:
„Narbe am rechten Schultergelenk nach operativer Behandlung einer rezidivierenden Schultergelenksluxation nach Unfall“.
Mit am 17. April 1998 eingegangenem Schreiben teilte der Kläger mit, dass er erneut das Wehrdienstbeschädigungsverfahren „einleite“, weil seine Umschulung zum Tontechniker erfolglos gewesen sei. Nach Beiziehung eines Gutachtens des Chirurgen W vom 14. Oktober 1998, der die Schulterverletzung als Folge des während des Wehrdienstes erlittenen Unfalls mit einer MdE von 10 bewertete, lehnte das Versorgungsamt M mit Bescheid vom 03. November 1998 den Antrag auf Feststellung von Versorgungsansprüchen nach dem SVG ab, wobei es die Folge der WDB nunmehr wie folgt bezeichnete:
Narbe am rechten Schultergelenk nach operativer Behandlung einer rezidivierenden Schultergelenksluxation nach Unfall; enggradige Bewegungseinschränkung rechte Schulter, Schulterschmerzen rechts mit Ausstrahlung in die Peripherie bei subacromialem Engpasssyndrom.
Die Erwerbsfähigkeit werde durch die Gesundheitsstörung um unter 25 v. H. gemindert. Eine Erhöhung der MdE wegen besonderer beruflicher Betroffenheit könne nicht gewährt werden. Den hiergegen am 15. November 1998 erhobenen Widerspruch wies das Versorgungsamt M mit Widerspruchsbescheid vom 10. Februar 1999 zurück, woraufhin der Kläger Klage vor dem Sozialgericht München (Az.: S 29 VS 12/99) erhoben hatte. Das Verfahren endete mit einem in öffentlicher Sitzung am 20. Mai 2003 geschlossenen Vergleich, worin sich der damalige Beklagte, der, verpflichtete, auf der Basis des vorgelegten Attestes des behandelnden Arztes Dr. W vom 16. Mai 2003 sowohl die WDB als auch die MdE-Erhöhung wegen besonderer beruflicher Betroffenheit erneut zu überprüfen und einen rechtsmittelfähigen Bescheid zu erlassen.
Mit Bescheid vom 09. Juni 2003 lehnte das Versorgungsamt M in Ausführung des Vergleiches den Antrag auf Anerkennung weiterer Gesundheitsstörungen als WDB und Erhöhung der Minderung der Erwerbsfähigkeit wegen besonderer beruflicher Betroffenheit ab. Die geringe Funktionseinschränkung der rechten Schulter sei weiterhin lediglich mit einer MdE von 10 bewerten. Es lägen auch keine weiteren Gesundheitsstörungen vor, die als WDB anerkannt werden könnten. In Anbetracht der Geringfügigkeit der WDB läge auch keine besondere berufliche Betroffenheit vor. Den hiergegen am 17. Juli 2003 erhobenen Widerspruch des Klägers, mit dem er auch gesundheitliche Einschränkungen im Bereich der Halswirbelsäule ebenso wie eine psychische Beeinträchtigung als weitere Folge der Schulterverletzung geltend machte, wies das Landesversorgungsamt B nach weiteren medizinischen Ermittlungen und insbesondere Einholung von Gutachten des Facharztes für Röntgenologie MR Dr. S vom 01. April 2005, des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. S vom 07. Juli 2005 und des Facharztes für Chirurgie Dr. K vom 07. Juli 2005 mit Widerspruchsbescheid vom 07. Dezember 2005 zurück.
Gegen den Bescheid vom 09. Juli 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07. Dezember 2005 hat der Kläger am 11. Januar 2006 Klage vor dem Sozialgericht Bayreuth erhoben, das das Verfahren mit Beschluss am 09. Februar 2006 an das Sozialgericht Berlin verwiesen hat. Mit Beschluss vom 09. Mai 2007 hat das Sozialgericht die Bundesrepublik Deutschland, letztvertreten durch die Wehrbereichsverwaltung Süd, beigeladen.
Das Sozialgericht hat den Facharzt für Orthopädie Dr. S mit der Erstattung eines Sachverständigengutachtens beauftragt. Der Sachverständige gelangte nach körperlicher Untersuchung des Klägers vom 30. Oktober 2007 in seinem Gutachten vom 09. November 2007 zu der Einschätzung, dass nach durchgeführter Operation am 02. November 1989 keine Funktionseinschränkungen im Bereich des rechten Schultergelenkes mehr vorhanden seien. Die MdE sei insoweit mit unter 10 zu bewerten. Eine kausale Beziehung zwischen der Schultergelenkserkrankung zu anderen Erkrankungen wie einem Verschleiß der Wirbelsäule und psychiatrischen Leiden bestünde nicht. Eine Fehlstatik der Wirbelsäule aufgrund der Schultererkrankung sei sowohl biomechanisch als auch anhand einer Literaturrecherche nicht nachvollziehbar. Das Sozialgericht hat zudem den Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. M mit der Erstattung eines psychiatrischen Fachgutachtens beauftragt. Dieser gelangte nach körperlicher Untersuchung des Klägers vom 08. Juni 2011 in seinem Gutachten vom 17. Juni 2011 zu der Einschätzung, dass zwar eine schwergradige psychische Behinderung bestehe, diese aber nicht im Zusammenhang mit dem damaligen Wehrdienstunfall und insbesondere der insoweit erlittenen Schulterverletzung stehe. Die schwere psychische Erkrankung sei mit Sicherheit nicht durch den Unfall vom 27. Januar 1988 verursacht oder verschlimmert worden. Das Schultergelenksleiden sei mit einer MdE von unter 10 zu bewerten.
Mit Urteil vom 14. Oktober 2011 hat das Sozialgericht Berlin im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung die Klage gerichtet auf die Feststellung einer MdE von mindestens 30 als Folge einer Wehrdienstbeschädigung (u. a. psychische Erkrankung, Einschränkungen im Bereich der Halswirbelsäule) abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Feststellung einer MdE von mindestens 30 als Folge einer Wehrdienstbeschädigung, weil sich in Auswertung des Gutachtens des Dr. S eine Verschlimmerung der Schultergelenkserkrankung als Folge der WDB nicht feststellen lasse. In Auswertung des Gutachtens des Dr. S stehe fest, dass die Verschleißerscheinungen der Halswirbelsäule nicht auf die Wehrdienstbeschädigung ursächlich zurückgeführt werden könnten. Gleiches gelte nach dem überzeugenden Sachverständigengutachten des Dr. M auch für die psychische Erkrankung des Klägers.
Gegen das ihm am 27. Oktober 2011 zugestellte Urteil hat der Kläger am 07. November 2011 Berufung eingelegt, mit der er die Feststellung eines GdS von 30 auch unter Berücksichtigung einer besonderen beruflichen Betroffenheit begehrt. Zur Begründung trägt er vor, dass die Schulterverletzung und deren Folgeleiden bei der Beurteilung des GdS nicht ausreichend berücksichtigt worden seien. Es bestünden unverändert schmerzhafte Bewegungseinschränkungen im Bereich des Schultergelenkes und der Halswirbelsäule.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 14. Oktober 2011 aufzuheben und den Beklagten unter Änderung des Bescheides des Versorgungsamtes M vom 09. Juli 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landesversorgungsamtes B vom 07. Dezember 2005 zu verurteilen, mit Wirkung vom 15. April 1998 eine Verschlimmerung der Erkrankung des rechten Schultergelenkes, sowie eine Halswirbelsäulenerkrankung und eine psychische Erkrankung als Schädigungsfolgen nach dem Soldatenversorgungsgesetz in Verbindung mit dem Bundesversorgungsgesetz anzuerkennen und dem Kläger eine Beschädigtenversorgung nach einem Grad der Schädigungsfolgen von 30 unter Berücksichtigung einer besonderen beruflichen Betroffenheit zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
Der Beklagte und die Beigeladene halten die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsakten des Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.
Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Das Urteil des Sozialgerichts ist zutreffend, denn der Bescheid des Versorgungsamtes M vom 09. Juli 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landesversorgungsamtes B vom 07. Dezember 2005 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat weder einen Anspruch auf Feststellung einer Verschlimmerung von Beschwerden des rechten Schultergelenkes als Folge der am 27. Januar 1988 erlittenen WDB noch auf Feststellung weiterer Schädigungsfolgen wie einer Halswirbelsäulenerkrankung und psychischen Erkrankung und die Gewährung einer Beschädigtenrente nach einem GdS von 30 unter Berücksichtigung einer besonderen beruflichen Betroffenheit (§ 81 des Soldatenversorgungsgesetzes – SVG – i. V. m. §§ 30 Abs. 1 und 2, 31 des Bundesversorgungsgesetzes – BVG - ). Zur Begründung nimmt der Senat auf die zutreffenden und überzeugenden Ausführungen der erstinstanzlichen Entscheidung gemäß § 153 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) Bezug und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab. Entgegen der Auffassung des Klägers rechtfertigt sich auch keine Höherbewertung des GdS aufgrund einer besonderen beruflichen Betroffenheit gemäß § 30 Abs. 2 BVG. Die allein bestehenden geringgradigen Bewegungseinschränkungen des rechten Schultergelenkes, die nach den im vorliegenden Verfahren eingeholten medizinischen Feststellungen auch zur Überzeugung des Senats mit einem GdS von allenfalls 10 zu bewerten sind, lassen nicht ansatzweise erkennen, dass der Kläger deswegen in dem vor der Schädigung ausgeübten Beruf als Elektroinstallateur bzw. dem Beruf als Tontechniker, zu dem der Kläger aus nicht gesundheitlichen Gründen nicht umgeschult werden konnte, besonders nachhaltig betroffen ist. Das weitere Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren rechtfertigt eine andere Entscheidung nicht. Der Sachverhalt ist mit Blick auf die umfangreich erfolgten gutachtlichen Feststellungen und Bewertungen im Verwaltungsverfahren, die durch die im erstinstanzlich Verfahren eingeholten Gutachten bestätigt werden, ausermittelt. Umstände, die Anlass zu weiteren medizinischen Ermittlungen bieten, hat der Kläger nicht vorgetragen. Sie sind auch im Übrigen nicht ersichtlich. Im Ergebnis beschränkt sich der Kläger allein auf eine Wiederholung seines bisherigen Vorbringens. Eine Verschlimmerung der Erkrankung des rechten Schultergelenkes sowie eine Halswirbelsäulenerkrankung und eine psychische Erkrankung sind aber auch zur Überzeugung des Senats aufgrund der erfolgten Ermittlungen nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit auf die WDB zurückzuführen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe gemäß § 160 Abs. 2 SGG nicht gegeben sind.