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Rundfunkgebührenbefreiung; Vermeidung des ergänzenden Bezugs von ALG II durch Wohngeld und Kinderzuschlag; kein Härtefall


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 11. Senat Entscheidungsdatum 19.01.2012
Aktenzeichen OVG 11 N 33.10 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 6 Abs 1 S 1 Nr 3 RdFunkGebStVtr BE, § 6 Abs 3 RdFunkGebStVtr BE

Tenor

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 8. April 2010 wird abgelehnt.

Die Kosten des Zulassungsverfahrens trägt die Klägerin.

Der Streitwert wird für die zweite Rechtsstufe auf unter 300,- EUR festgesetzt.

Gründe

Die Klägerin begehrt die Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht für die Zeit ab Dezember 2008. Ihre hierauf gerichtete Verpflichtungsklage hat das Verwaltungsgericht durch Urteil vom 8. April 2010 abgewiesen. Hiergegen richtet sich der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung.

Der Antrag hat keinen Erfolg. Da die Klägerin Berufungszulassungsgründe im Sinne von § 124 Abs. 2 VwGO nicht benennt, sondern allgemein Einwände gegen die rechtliche Würdigung des Verwaltungsgerichts erhebt, ist nur zu prüfen, ob ihr Rechtsmittelvorbringen ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils rechtfertigt (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Das ist nicht der Fall.

Soweit die Klägerin einleitend „vollumfänglich auf das Vorbringen im Widerspruchsverfahren sowie im erstinstanzlichen Verfahren“ verweist, genügt das nicht zur Darlegung des Berufungszulassungsgrundes, die gerade eine Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Urteil erfordert.

Soweit die Klägerin auf das Urteil des Verwaltungsgerichts eingeht, stellt sie nicht in Abrede, dass sie für den in Rede stehenden Zeitraum ab Dezember 2008 eine Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht nach § 6 Abs. 1 RGebStV nicht für sich in Anspruch nehmen kann.

Die Begründung des Berufungszulassungsantrags rechtfertigt aber auch nicht die Annahme eines Härtefalls im Sinne von § 6 Abs. 3 RGebStV. Die Klägerin macht insoweit geltend, ab November 2008 ALG II nicht mehr erhalten zu haben, weil sie durch das Jobcenter auf die vorrangige Inanspruchnahme von Kinderzuschlag und Wohngeld verwiesen worden sei. Damit habe sie keine Möglichkeit gehabt, ein Gesamteinkommen zu erzielen, welches zumindest auf dem Niveau während des Bezugs von ALG II gelegen habe. Nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. Urteil vom 11. August 2008 – OVG 11 B 20.08, m.w.N. -, bei juris, Rz. 15) und des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urteil vom 12. Oktober 2011 – 6 C 34/10 –, bei juris, Rz. 19 ff.; Beschluss vom 18. Juni 2008 – 6 B 1/08 –, NVwZ-RR 2008, 704, sowie bei juris, Rz. 5 ff.) betrifft die "besondere Härte" in § 6 Abs. 3 RGebStV einen Fall, der nicht von der Typologie des § 6 Abs. 1 RGebStV erfasst wird. Demgemäß kann die gewollte Beschränkung der Befreiungstatbestände auf durch Leistungsbescheid nachweisbare Fälle der Bedürftigkeit nicht dadurch umgangen werden, dass einkommensschwache Personen, die kein Sozialgeld oder ALG II erhalten, weil sie deren Voraussetzungen (noch) nicht erfüllen oder weil sie diese Leistungen nicht in Anspruch nehmen wollen, dem Härtefalltatbestandes § 6 Abs. 3 RGebStV zugeordnet werden. Wird anstelle von ALG II Kinderzuschlag gewährt, liegt grundsätzlich der erstgenannte Fall vor, denn der Zweck des § 6a BKGG besteht gerade darin, dass Eltern nicht nur wegen der Unterhaltsbelastung für ihre Kinder auf Arbeitslosengeld II und Sozialgeld angewiesen sein sollen (BT-Drucks. 15/1516, S. 83). Es soll Hilfebedürftigkeit als Anspruchsvoraussetzung nach dem SGB II und mithin der Bezug von Leistungen nach dem SGB II vermieden werden. Lediglich in Fällen, in denen das Gesamteinkommen den sozialhilferechtlichen Bedarf lediglich um einen Betrag überschreitet, der zur Deckung der Rundfunkgebühr nicht hinreicht, wäre die angeführte Rechtsprechung aufgrund der Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts vom 9. November 2011 – 1 BvR 665/10 – und vom 30. November 2011 – 1 BvR 3269/08 – und – 1 BvR 656/10 – einer erneuten rechtlichen Überprüfung zu unterziehen. Dass gerade diese Situation hier vorliegt, lässt sich dem Rechtsmittelvorbringen der Klägerin indes nicht entnehmen. Sie behauptet vielmehr, dass sie tatsächlich über geringere Einnahmen verfügt habe, als ihr bei Inanspruchnahme von ergänzendem ALG II zugestanden hätten. Abgesehen davon, dass die Begründung des Berufungszulassungsantrags dies nicht nachvollziehbar darlegt, was aber gerade mit Blick auf den Zweck des § 6a BKGG angezeigt gewesen wäre, könnte auch dies keinen besonderen Härtefall begründen. Vielmehr wäre die Klägerin in einem solchen Fall gehalten gewesen, anstelle der Inanspruchnahme des Kinderzuschlags ihre angeblich höheren Ansprüche auf ergänzendes ALG II – gegebenenfalls gerichtlich – durchzusetzen, was wiederum den Befreiungstatbestand nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 RGebStV ausgelöst hätte.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 3 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).