Die Kläger begehren die Feststellung eines Verlustes aus Vermietung und Verpachtung.
Durch bestandskräftigen Bescheid des Amtes zur Regelung offener Vermögensfragen … -AROV I- vom 28. August 1998 wurde das Eigentum an dem Grundstück D- Straße ... in … gemäß § 2 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 6 des Gesetzes zur Regelung offener Vermögensfragen -VermG- an die Kläger in Erbengemeinschaft zurückübertragen. Des Weiteren traf das AROV I Entscheidungen über den Ablösebetrag sowie über die Zahlungen eines Wertausgleiches und einer Gegenleistung an den Entschädigungsfonds der Bundesrepublik Deutschland.
Nach den Angaben der Kläger ist das Grundstück mit einem gemischt genutzten Mietshaus aus dem Jahre 1870 mit einer Wohnfläche von 335,02 m² und einer Gewerbefläche von 65,03 m² bebaut. Die Kläger gaben außerdem an, am 31. Januar 1999 seien an sie Mietüberschüsse aus der Zeit ab dem 1. Juli 1994 in Höhe von 83.282,98 DM ausgezahlt worden.
Der Beklagte erließ am 19. Juli 1998 einen Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für Einkommensteuervorauszahlungen für 1999, in dem er Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 53.000 DM bei einer Schätzung von Werbungskosten in Höhe von 30.000 DM feststellte.
Mit dem dagegen gerichteten Einspruch vom 23. Juli 1999 machten die Kläger geltend, dass die Entschädigungen gemäß § 7 Abs. 7 VermG nicht der Besteuerung unterlägen.
Dazu verwiesen sie auf Art. 6 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Belgien zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und Vermögen -DBA Belgien-. Da ein Nutzungsverhältnis nicht bestanden habe, stehe das Besteuerungsrecht alleine Belgien zu. Der deutschen Besteuerung unterlägen die Kläger allein mit ihren Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. Die Entschädigungszahlung gemäß § 7 Abs. 7 S. 2 VermG sei keine Einnahme aus Vermietung und Verpachtung. Solche Einnahmen könnten nur als Gegenleistung für die freiwillige oder unfreiwillige Überlassung zur Nutzung erzielt werden. Zwischen den Klägern und den Verfügungsberechtigten habe kein Miet- oder Pachtverhältnis bestanden. Vielmehr seien die Verfügungsberechtigten bis zur Rechtskraft des Rückübertragungsbescheides Eigentümer des Grundstücks gewesen.
Selbst wenn das DBA Belgien der Bundesrepublik Deutschland das Besteuerungsrecht zuwiese, wären die Einnahmen aus der Herausgabe der Mieten in der Bundesrepublik Deutschland nicht steuerpflichtig. Es sei bereits zweifelhaft, ob Entschädigungen für entgangene Einnahmen i.S. von § 24 Abs. 1 Nr. 1 Einkommensteuergesetz -EStG- unter die Einkünfte im Sinne von § 49 Abs. 1 Nr. 6 EStG fielen. Bei zutreffender Auslegung wäre dies eine Ausweitung der Einkunftsquellen, die aber mangels Verweises in § 49 EStG nicht steuerpflichtig wären.
Die Kläger äußerten die Ansicht, Zahlungen auf die gesetzlichen Herausgabeansprüche gemäß § 7 Abs. 7 S. 2 VermG seien keine Entschädigungen. Eine dafür geleistete Zahlung, dass eine Einkunftsquelle verzögert auf den Berechtigten übertragen werde, falle nicht unter § 24 Nr. 1 a EStG.
Auch genieße die Entschädigung die Steuerfreiheit gemäß § 3 Nr. 8 EStG. Zwar seien Entschädigungen nach dem VermG darin noch nicht genannt. Der Regelungsgehalt sei aber insoweit derselbe wie in § 56 Abs. 1 Bundesentschädigungsgesetz -BEG-. Die zusammengeballten Mietüberschüsse könnten von beschränkt Steuerpflichtigen nicht nach § 34 EStG versteuert werden. Den Opfern nationalsozialistischer Verfolgung seien aber die Nachteile der beschränkten Steuerpflicht aufgezwungen worden.
Schließlich ergebe sich die Steuerfreiheit auch aus den Grundsätzen des Alliierten Rückerstattungsrechtes. Die von den Besatzungsmächten für die Westzonen und die westlichen Sektoren von Berlin erlassenen Rückerstattungsgesetze seien auch für die Auslegung des § 1 Abs. 6 VermG heranzuziehen. In allen drei westlichen Zonen und Sektoren habe eine Erhebung von Steuern aus Anlass des Rückfalls entzogener Vermögensgegenstände nicht stattgefunden.
Nach Eingang einer Feststellungserklärung der Kläger für das Streitjahr erließ der Beklagte am 10. Juli 2001 einen Änderungsbescheid für 1999 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen. Nunmehr wurden die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung mit 86.913 DM festgestellt. Davon wurden 83.282 DM als tarifbegünstigt gemäß § 24 Nr. 1 a EStG festgestellt. In den Erläuterungen wies der Beklagte darauf hin, dass die Auskehrungen gemäß § 7 Abs. 7 VermG als Entschädigung im Sinne des § 24 Nr. 1 a EStG behandelt worden seien. Die Einkünfte seien gemäß § 50 Abs. 1 S. 3 und 4 EStG bei beschränkt Steuerpflichtigen insoweit nicht gemäß § 34 Abs. 1 EStG tarifbegünstigt. Außerdem sei die Berechnung der Absetzungen für Abnutzung -AfA- berichtigt worden.
Das Einspruchsverfahren ruhte in Hinblick auf das bei dem Bundesfinanzhof -BFH- anhängige Revisionsverfahren IX R 66/03. Nach Ergehen des Urteils vom 11. Januar 2005 in diesem Verfahren (Bundessteuerblatt -BStBl- II 2005, 480), wonach der Restitutionsberechtigte Mietentgelte, die er vom Verfügungsberechtigten nach § 7 Abs. 7 S. 2 VermG erlangt, nach § 24 Nr. 1 a EStG als Entschädigung versteuern muss, hielten die Kläger ihren Einspruch mit der von ihnen vertieften Begründung aufrecht, ihnen stehe die Steuerfreiheit gemäß § 3 Nr. 8 EStG sowie nach den Grundsätzen des Alliierten Rückerstattungsrechtes zu. Außerdem sei nicht einzusehen, warum im Geltungsbereich des VermG in den neuen Bundesländern keine Steuerfreiheit bestehen solle. Eine Unterscheidung zu Grundstücken in den alten Bundesländern sei eine willkürliche Ungleichbehandlung.
Der Beklagte wies den Einspruch in der Einspruchsentscheidung vom 19. Januar 2006 als unbegründet zurück.
In der Begründung bezog er sich auf die bereits erwähnte Entscheidung des BFH und führte darüber hinaus aus, eine Steuerfreiheit gemäß § 3 Nr. 8 EStG bestehe nicht. Das VermG werde in der einschlägigen Fachliteratur nicht als gesetzliche Vorschrift zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts genannt. Bei der Herausgabe von Nutzungsentgelten handele es sich nicht um eine Kapitalentschädigung, die den Begünstigten von Staats wegen aus Gründen einer nationalsozialistischen Verfolgung gewährt werde. Aus § 7 Abs. 8 VermG ergebe sich, dass es sich um einen eigenständigen, zivilrechtlich verfolgbaren Anspruch handele, der die Interessen zweier Privatpersonen infolge einer Rückübertragung ausgleichen solle.
Mit der am 15. Februar 2006 bei dem Finanzgericht -FG- Berlin erhobenen Klage verfolgen die Kläger ihr Begehren weiter.
Die Kläger äußern die Ansicht, die ihnen ausgezahlte Nutzungsentschädigung sei gemäß Art. 79 der Anordnung BK/O (49) 180 vom 26. Juli 1949 der Alliierten Kommandantur Berlin (Rückerstattung feststellbarer Vermögensgegenstände an Opfer der nationalsozialistischen Unterdrückungsmaßnahmen -REAO-) steuerfrei. Die REAO sei offenbar nur in den Westsektoren zur Geltung kommen. Im Beitrittsgebiet seien keine eigenen Vorschriften über die Rückerstattung erlassen worden. Seit dem Beitritt gelte die REAO als höherrangiges Recht auch im Ostteil …. Nach den Grundsätzen des Einigungsvertrages sei der grundsätzliche Vorrang vom Bundesrecht vor DDR-Recht niedergelegt worden. Selbst wenn der Gesetzgeber bei der Einführung von § 7 Abs. 7 VermG auch andere Ziele verfolgt habe, handele es sich um eine Entschädigung für entgangene Mieten und Nutzungen, die nach dem Rückerstattungsrecht der Bundesrepublik vor dem Beitritt steuerfrei gewesen seien und deshalb nicht nach dem Beitritt steuerpflichtig sein könnten.
Im Übrigen vertiefen die Kläger ihre Ausführungen zur Steuerfreiheit der Nutzungsentschädigung gemäß § 3 Nr. 8 EStG. Sie tragen vor, das Urteil des BFH vom 11. Januar 2005 betreffe einen Fall der Rückübertragung aus Volkseigentum, nicht – wie hier – einen Fall nationalsozialistischen Unrechts.
Die Kläger beantragen den Bescheid für 1999 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 10. Juli 2001 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19. Januar 2006 zu ändern und die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung auf 3.630,99 € festzusetzen.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Er bezieht sich zur Begründung seines Klageabweisungsantrags auf die Gründe der angefochtenen Entscheidungen und trägt überdies vor, der BFH habe in seinen Urteilen vom 11. Januar 2005 die Rechtsfrage der Steuerpflicht abschließend geklärt. Die gegenteilige Rechtsansicht, die der BFH selber noch in einem Aussetzungsverfahren vertreten habe, habe er in dem Urteil nicht mehr vertreten. Auch sei § 7 Abs. 7 S. 2 VermG keine gesetzliche Bestimmung zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts, sondern vielmehr eine Regelung zum Ausgleich wirtschaftlicher Nachteile.
Dem Senat hat bei der Verhandlung und Entscheidung die bei dem Beklagten für die Kläger geführte Feststellungsakte (1 Band) vorgelegen.