Gericht | LSG Berlin-Brandenburg 1. Senat | Entscheidungsdatum | 30.11.2012 | |
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Aktenzeichen | L 1 KR 337/10 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 24 KSVG |
Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Die Beteiligten streiten über die Abgabepflicht der Klägerin nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG).
Die Klägerin, eine öffentlich-rechtliche Körperschaft, ist die gesetzliche Spitzenorganisation der Steuerberater in der Bundesrepublik Deutschland. Ihr Sitz ist Berlin. Sie nimmt die gesetzlich in § 86 Steuerberatungsgesetzes (StBerG) vorgesehenen Aufgaben nach den näheren Bestimmungen ihrer Satzung war.
Die Klägerin gibt seit einem Zeitpunkt vor dem Jahr 2006 die Zeitschrift „KammerReport“ heraus, die als Beihefter zur Zeitschrift Deutsches Steuerrecht im C.H.Beck-Verlag erscheint. Sie beauftragt unmittelbar die Firma Hahn Images Berlin mit dem Korrekturlesen und mit dem Setzen der einzelnen Ausgaben im Rahmen des vorgegebenen Designs.
2006 beauftragte die Klägerin erstmals in 10 Fällen selbstständige Fotografen zur Fertigung von Bildaufnahmen von Veranstaltungen der Klägerin. Diese Fotografien fanden in den Publikationen der Klägerin Verwendung, unter anderem auf der Internetseite der Klägerin www.bstbk.de und im Jahresbericht. Insgesamt wurde hierfür im Kalenderjahr 2006 ein Entgelt von 3812,00 Euro gezahlt. Auch in den Folgejahren wurden entsprechende Aufträge erteilt.
Am 23. Februar 2007 ging ein Fragebogen bei der Beklagten ein, in dem die Klägerin sowohl die Frage nach einer laufenden als auch einer gelegentlichen Beauftragung bejahte. Sie hatte hierin das Betreiben von Eigenwerbung angekreuzt. Im Abschnitt „Künstlerische oder publizistische Werke / Leistungen“ war durch Ankreuzen eine Tätigkeit von Bildjournalisten, Bildberichterstattern, Pressefotografen für die Klägerin angegeben. Auf Nachfragen der Beklagten hin äußerte sich die Klägerin unter dem 29. Mai 2007 dahingehend, dass eine erneute Überprüfung ergeben habe, dass die Klägerin nicht beitragspflichtig sei. Sie sei kein Unternehmen im Sinne des § 24 Abs. 1 Satz 2 KSVG. Sie betreibe keine werbende Tätigkeit und keine Eigenwerbung. Alle Maßnahmen in Zusammenhang mit dem Bereich Presse und Kommunikation dienten lediglich der Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben nach § 86 Abs. 2 StBerG. Hiermit sei weder eine Gewinnerzielungsabsicht noch eine Mitgliederwerbung verbunden. Der Informationsgehalt der Publikationen stehe eindeutig im Vordergrund. Einmal im Jahr veranstalte die Klägerin den Deutschen Steuerberaterkongress. Auch hier stehe die Fortbildung der Berufsangehörigen im Mittelpunkt.
Dem Schreiben war unter anderem das auf der Webseite der Klägerin veröffentlichte Leitbild der Steuerberaterkammern beigefügt. Hierin heißt es u.a.:
Ihr Ziel ist es, den steuerberatenden Beruf als Freien Beruf und als Organ der Steuer-rechtspflege zu fördern, weiterzuentwickeln und in der Öffentlichkeit zu positionieren.
Unter dem 5. Juni 2007 erließ die Beklagte einen Bescheid, mit dem festgestellt wurde, dass die Klägerin ein nach § 24 KSVG abgabepflichtiges Unternehmen betreibe. Dieser Bescheid wurde der Klägerin gemeinsam mit einem unter dem 4. Juni 2007 verfassten Erläuterungsschreiben übersandt. Hierin führte die Beklagte aus, dass ein Unternehmen nicht auf Erwerb ausgerichtet sein müsse. Der Abgabepflicht unterlägen auch Unternehmen, die Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit für Zwecke des eigenen Unternehmens betrieben und nicht nur gelegentlich Aufträge an selbstständige Künstler und Publizisten erteilten. Im Bescheid wurde die Klägerin zudem zur Meldung der Entgelte unter Zurücksendung des dem Bescheid beigefügten Meldebogens aufgefordert.
Hiergegen legte die Klägerin unter dem 5. Juli 2007 Widerspruch ein. Sie hielt an ihrer Auffassung fest, dass es am Begriffsmerkmal des Unternehmenszwecks fehle. Sie verwies auf den eingeschränkten Prüfauftrag bezüglich der Einbeziehung von Eigenwerbung in der Entscheidung des BVerfG vom 8. April 1987 (2 BvR 909/82). Die Klägerin betreibe auch keine Eigenwerbung. Sie könne nicht werbend tätig werden, weil sie keine neuen Mitglieder werben könne. Nur die 21 Steuerberaterkammern seien ausweislich § 85 StBerG ihre Mitglieder. Mit ihren Aufgaben nach § 86 Abs. 2 StBerG sei Werbung schlichtweg unvereinbar.
Unter dem 15. August 2007 erließ die Beklagte einen Schätzungsbescheid, mit dem sie für 2006 Entgelte von 86000,00 schätzte.
Auch hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch ein und teilte die tatsächliche Höhe der Entgelte im Jahr 2006 auf einem entsprechenden Meldebogen mit. Mit Bescheid vom 2. Oktober 2007 korrigierte die Beklagte die Abrechnung der Künstlersozialabgabe und setzte für 2006 ausgehend von 3812,00 Euro eine Abgabe von 209,66 Euro fest. Die bisher erteilten Abrechnungsbescheide wurden zurückgenommen, soweit sie dem nunmehr ergangenen Bescheid entgegenstanden. Die zunächst festgesetzten Vorauszahlungen für 2007 wurden ebenfalls storniert.
In seiner Sitzung am 10. Oktober 2007 wies der bei der Beklagten gebildete Widerspruchsausschuss Wort beide Widersprüche als unbegründet zurück. Mit einheitlichem Widerspruchsbescheid vom 29. Oktober 2007 wurden diese Entscheidungen der Klägerin bekanntgegeben. Zur Begründung führte die Beklagte aus, § 24 Abs. 1 Satz 2 KVSG erfordere nicht die unmittelbare Einnahmenerzielung. Es reiche aus, dass die Aufgabe in Zusammenhang mit Aufgaben stehe, die aus Haushaltszuweisungen, aus Beiträgen oder anderen Einnahmen finanziert werde. Die Verfolgung mehrerer, sogar vorrangig anderer Zwecke, spiele für die Abgabepflicht keine Rolle, wenn tatsächlich künstlerische oder publizistische Leistungen in Anspruch genommen werden (Verweis auf BSG, Urteil vom 20. April 1994 – Az.: 3/12 RK 66/92). Der Bescheid über die Schätzung sei ursprünglich nicht zu beanstanden gewesen. Er sei nach Eingang der Meldung der Klägerin korrigiert worden.
Mit ihrer am 30. November 2007 bei dem Sozialgericht Berlin eingegangenen Klage hat die Klägerin die Aufhebung beider Ausgangsbescheide in Gestalt des Widerspruchsbescheides sowie die Feststellung, dass eine Abgabepflicht nicht bestehe, begehrt. Zudem hat sie die Rückzahlung des entsprechend dem Bescheid vom 2. Oktober 2007 zwischenzeitlich gezahlten Betrages beantragt. Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, das Ankreuzen von Eigenwerbung im Fragebogen vom 23. März 2007 sei kein Eingeständnis. Sie sei kein Unternehmen im Sinne des Katalogs des § 24 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 KSVG. Auch hinsichtlich § 24 Abs. 1 Satz 2 KSVG fehle der Unternehmenszweck. Die Klägerin verwerte nicht typischerweise künstlerische oder publizistische Werke. Die Fotos hätten der Dokumentation gedient, nicht der Werbung. Die Klägerin stehe nicht im Wettbewerb mit anderen Unternehmen. Anders als bei Sozialversicherungsträgern oder Kassenärztlichen Vereinigungen könne der Mitgliederkreis der Klägerin nicht durch Werbung vergrößert werden. Nicht jede Aufklärung der Bevölkerung könne Öffentlichkeitsarbeit im Sinne des § 24 Abs. 1 Satz 2 KSVG sein. Die Klägerin betreibe keine Öffentlichkeitsarbeit für keine Zwecke, sie ziehe hieraus keinen Nutzen. Der wirtschaftliche Umfang der Aufträge sei zudem unbedeutend gewesen. Der Schätzbescheid sei vollständig aufzuheben. Zuletzt hat die Klägerin auf die Entscheidung des LSG Schleswig vom 26. November 2002 (L 1 KR 13/02) hingewiesen.
Die Beklagte hat die angefochtenen Bescheide verteidigt. Öffentlichkeitsarbeit liege bei positiver Darstellung des Unternehmens in der Öffentlichkeit vor. Die Beklagte hat erneut auf das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts (Urteil vom 8. März 2007 – Az.: L 4 KR 27/04) verwiesen, mit dem eine Kassenärztliche Vereinigung als abgabepflichtiges Unternehmen angesehen worden ist.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 22. September 2010 abgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt, dass die Klägerin ein Unternehmen im Sinne des § 24 KSVG betreibe. Auch öffentlich-rechtliche Unternehmen, deren Zweck die Erfüllung öffentlicher Aufgaben ist, seien nach der Rechtsprechung des BSG von der Abgabepflicht nicht ausgenommen. Der Gesetzgeber habe, ausgehend von der Entscheidung des BVerfG vom 8. April 1987 für die Künstlersozialabgabe nicht eine Vermarktung künstlerischer oder publizistischer Leistungen, sondern deren Inanspruchnahme und Verwertung für eigene Zwecke als maßgeblich angesehen. Es werde als ausreichend angesehen, wenn zwischen der Verwertung und der Erzielung von Einnahmen nur eine mittelbare Verbindung besteht. Es genüge, dass die Kunstverwertung im Zusammenhang mit Aufgaben steht, die aus Haushaltszuweisungen, aus Beiträgen oder aus anderen Einnahmen finanziert werde (Bezugnahme auf BSG, Urteil vom 4. März 2004 – Az.: B 3 KR 6/03 R). Die Abgabepflicht ergebe sich aus § 24 Abs. 1 Satz 2 KSVG, weil die Klägerin auch nach ihrem eigenen Vortrag Öffentlichkeitsarbeit zur Erfüllung der ihr gesetzlich vorgeschriebenen Ausgaben und damit für die Zwecke des eigenen Unternehmens betreibe. Gegen die Höhe der für 2006 festgesetzten Abgabe habe die Klägerin keine Einwände erhoben, Fehler seien nicht zu erkennen. Unter diesen Umständen bestehe auch keine Erstattungsforderung der Klägerin.
Mit der am 2. November 2010 bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingegangenen Berufung gegen das am 6. Oktober 2010 zugestellte Urteil hat die Klägerin ihre Anträge erster Instanz zunächst in vollem Umfang weiterverfolgt.
Die Klägerin ist der Auffassung, dass die von ihr veröffentlichten Stellungnahmen und Berichte ausschließlich der Information der Mitglieder der Klägerin sowie der relevanten Behörden und Organisationen diene. Reine Fachinformationen seien der Öffentlichkeitsarbeit für eigene Zwecke nicht gleichzusetzen. Die Entstehungsgeschichte der Norm setze unter Berücksichtigung der Entscheidung des BVerfG eine Ähnlichkeit zu professionellen Vermarktern voraus. Auch der Geschäftsbericht der Klägerin sei wegen des fehlenden Öffentlichkeitsbezugs keine abgabenpflichtige Öffentlichkeitsarbeit. Es fehle an einem nach außen gerichteten, den Unternehmenszweck fördernden Funktion. Es bestehe auch keine Vergleichbarkeit mit dem Sachverhalt, der der Entscheidung des Bayerischen LSG (L 4 KR 27/04). Die Publikationen einer Kassenärztlichen Vereinigung dienten nicht nur der Information der Mitglieder dienen, sondern zugleich die Position in den Verhandlungen mit den Krankenkassen stärken und hierdurch für Zwecke des eigenen Unternehmens im Sinne von § 24 Abs. 1 Satz 2 KSVG eingesetzt werden. Die Klägerin sei ebenso wie Wirtschaftsprüferkammern (Bezug auf SG Berlin, Urteil vom 17. Mai 2011, Az.: S 76 KR 938/10) kein Werbeunternehmen im Sinne des § 24 Abs. 1 Satz 1 Nummer 7 KSVG.
Die Klägerin beantragt nachdem sie einen Antrag auf Rückzahlung der bereits entrichteten Abgabe im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht weiterverfolgt hat, noch zu entscheiden:
1. Das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 22. September 2010, Az.: S 73 KR 3216/07, wird aufgehoben.
2. Der Feststellungsbescheid der Beklagten vom 5. Juni 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Oktober 2007 wird aufgehoben.
3. Der Bescheid der Beklagten vom 15. August, geändert durch Bescheid vom 2. Oktober 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Oktober 2007 wird aufgehoben.
4. Es wird festgestellt, dass eine Künstlersozialabgabepflicht der Klägerin nicht besteht.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung. Dass die Klägerin Öffentlichkeitsarbeit betreibe, ergebe sich schon aus ihrem Internetauftritt unter www.bstbk.de, zu dessen Inhalt die Beklagte ergänzend vorträgt. Sie informiere ausführlich nicht nur Steuerberater, sondern auch die allgemeine Öffentlichkeit über Leistungen, Vergütungen und Berufsrecht der steuerberatenden Berufe und rückt diese, wie es sich für eine Standesorganisation gehöre, gegenüber der Öffentlichkeit in ein positives Licht. Die Klägerin betreibe auch für die Steuerberaterkammern und alle Steuerberaterinnen und –berater Öffentlichkeitsarbeit wie sich aus dem Inhalt ihrer Webseite ergebe.
Der Senat hat im Termin zur mündlichen Verhandlung Ausdrucke von Teilen der Webseite der Klägerin mit den Beteiligten erörtert. Insoweit wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen. Die Beklagte hat im Termin einen Auszug der von der Klägerin seit 2006 gemeldeten Entgelte vorgelegt. Auf diese Anlage zum Protokoll wird verwiesen.
Die Verwaltungsakte der Beklagten und die Gerichtsakte, auf die wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird, haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg.
Die Anfechtungsklagen sind zulässig, ein ordnungsgemäßes Vorverfahren hat stattgefunden. Insbesondere hat trotz seiner Bezeichnung als Widerspruchsausschuss „Wort“ der zutreffende von mehreren bei der Beklagten gebildeten Widerspruchsausschüssen (vgl. § 39 Abs. 1 Satz 2 KSVG) entschieden. Die Kategorie Bildberichterstattung und Pressefotografie wird der mit dem Zuständigkeitsbereich „Wort“ identischen publizistischen Tätigkeit zugeordnet (BSG, Urteil vom 27. März 1996 – Az.: 3 RK 10/95, anders für Werbefotografie (konkret: Mode) BSG, Urteil vom 25. November 2010 – Az.: B 3 KS 1/10 R). Die Zuordnung war bis zum 30. Juni 2001 auch in § 2 Abs. 1 der Durchführungsverordnung zum KSVG so vorgesehen.
I.
Das Sozialgericht hat die zulässige Klage gegen den Erfassungsbescheid vom 5. Juni 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Oktober 2007 zu Recht abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin daher nicht in ihren Rechten.
Der Bescheid vom 5. Juni 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Oktober 2007 ist formell rechtmäßig, insbesondere ist er hinreichend bestimmt im Sinne des § 31 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgericht hat die Beklagte bei Erlass eines Erfassungsbescheides hinreichend genau zu bestimmen, für welchen organisatorisch abgrenzbaren Tätigkeitsbereich eines Unternehmens die Feststellung erfolgt (BSG, Urteil vom 21. Juni 2012 – Az.: B 3 KS 2/11 R – Rn. 13f.). Grundsätzlich erfasst der Erfassungsbescheid jedoch das gesamte Unternehmen (BSG aaO.). Die Klägerin hat hingegen nicht mehrere organisatorisch abgrenzbare Unternehmensteile im Sinne dieser Rechtsprechung. Die Entscheidung des BSG sowie die in der Folge bisher wohl allein vorliegende Entscheidung des LSG Hamburg (Urteil vom 30. August 2012 – Az.: L 1 KR 41/09) hatten jeweils Feststellungen bezüglich großer Gebietskörperschaften (Länder Berlin und Hamburg) zum Gegenstand. Die Klägerin ist hingegen eine mit gesetzlicher Zweckbestimmung gebildete mitgliedschaftlich verfasste Körperschaft mit einem überschaubaren Aufgabenbereich.
Die Beklagte durfte auch zunächst allein über die Abgabepflicht dem Grunde nach entscheiden (sog. Erfassungsbescheid). Diese Befugnis ergibt sich auch ohne ausdrückliche Regelung nach der st. Rspr. des BSG und des Senats unter Berücksichtigung der Systematik des KSVG unmittelbar aus § 24 KSVG (eingehend BSG, Urteil vom 18. September 2008 – Az.: B 3 KS 1/08 R).
Die Klägerin ist nicht bereits Verlag i.S.d. § 24 Abs. 1 Satz 1 Nummer 1 KSVG. Ihre Stellung hinsichtlich des periodisch erscheinenden „KammerReport“ beschränkt sich auf die Rolle der Herausgeberin. Die Publikation erscheint hingegen ausweislich des Impressums im C.H.Beck Verlag.
Die Klägerin ist jedenfalls ein abgabepflichtiges Unternehmen nach § 24 Abs. 1 Satz 2 KSVG. Die Abgabepflicht hängt von sechs Voraussetzungen ab, die bei der Klägerin vorliegen: Die Klägerin ist ein Unternehmen i.S.d. KSVG (sogleich 1.), das Werbung und Öffentlichkeitsarbeit (sogleich 2.) für die Zwecke des eigenen Unternehmens (sogleich 3.) betreibt und Aufträge an selbstständige Publizisten bzw. Künstler (sogleich 4.) nicht nur gelegentlich (sogleich 5.) erteilt, wobei diese Beauftragung gerade bei der Öffentlichkeitsarbeit erfolgt (sogleich 6.).
1.
Die Klägerin ist Unternehmer i.S.d. § 24 Abs. 1 KSVG. Im KSVG gilt nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ein sozialversicherungsrechtlicher Unternehmerbegriff, der an der Zwecksetzung des KSVG ausgerichtet ist. Maßgebend für den so verstandenen Unternehmerbegriff ist nicht eine mit Gewinnerzielungsabsicht vorgenommene Vermarktung künstlerischer oder publizistischer Leistungen, sondern deren Inanspruchnahme und Verwertung für eigene Zwecke (zuletzt BSG, Urteil vom 21. Juni 2012 – Az.: B 3 KS 2/11 R). Daher sind auch juristische Personen des öffentlichen Rechts Unternehmer im Sinne des § 24 KSVG (ausdrücklich BT-Drs. 11/2964 Seite 18) und zwar auch dann, wenn die Verwertung von Kunst und Publizistik gerade in Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben geschieht (BSG aaO. Rn. 27). Wie das Sozialgericht bereits zutreffend ausgeführt hat, reicht es für die Erzielung von Einnahmen aus, dass die Kunstverwertung im Zusammenhang mit Aufgaben steht, die aus Haushaltszuweisungen, aus Beiträgen oder aus anderen Einnahmen finanziert werden (BSG, Urteil vom 20. April 1994 – Az.: 3/12 RK 66/92 = SozR 3-5425 § 24 Nr. 6 S. 66f.; Urteil vom 21. August 1996 – Az.: 3 RK 31/95 Rn. 37 bei Juris = SozR 3-5425 Nr. 15 S. 97f., Urteil vom 4. März 2004 – Az.: B 3 KR 6/03 R Rn. 13 bei Juris = SozR 4-5425 § 24 Nr. 4 Rn. 7). Die Klägerin wird maßgeblich durch Beiträge ihrer Mitgliedskammern finanziert.
2.
Die Klägerin betreibt Öffentlichkeitsarbeit im Sinne des § 24 Abs. 1 Satz 2 KSVG. Der Begriff der Öffentlichkeitsarbeit erfasst nach der Rechtsprechung des BSG zu § 2 Abs. 1 Satz 1 Nummer 7 KSVG das methodische Bemühen eines Unternehmens, einer Institution, einer Gruppe oder einer Person um das Verständnis und das Vertrauen der Öffentlichkeit durch den Aufbau und die Pflege von Kommunikationsbeziehungen (BSG, Urteil vom 21. Juni 2012 – Az.: B 3 KS 2/11 R – Rn. 39 bei Juris; Finke/Brachmann/Nordhausen, KSVG, 4. Auflage, 2009, Rn. 137 zu § 24). Diesem Verständnis von Öffentlichkeitsarbeit, die das Gesetz gerade bewusst neben und unabhängig von dem Begriff der Werbung nennt (vgl. BT-Drs. 14/5066 Seite 13), schließt sich der Senat an. Es ist der Systematik des Gesetzes auch nicht zu entnehmen, dass der Begriff in § 24 Abs. 1 Satz 2 KSVG anders auszulegen wäre als in § 24 Abs. 1 Satz 1 Nummer 7 KSVG. Für die Bejahung von Öffentlichkeitsarbeit reicht ein dauerhafter Kommunikationsprozess, letztlich sogar ein Kommunikationsangebot an die Öffentlichkeit aus. Eine Kommunikationsbeziehung im vorgenannten Sinne kann nicht nur in erfolgreicher zweiseitiger Kommunikation bestehen, sondern ist auch bereits bei dem Versuch der Eröffnung einer solchen Kommunikation gegeben. Auch die einseitige Darstellung mit der entsprechenden Zielsetzung gegenüber einem nicht eingegrenzten Personenkreis kann diese Voraussetzung erfüllen. So kann es bei klassischer Öffentlichkeitsarbeit in der Form von Pressemitteilungen oder –konferenzen nicht darauf ankommen, ob diese tatsächlich zu einer Berichterstattung führen oder nicht. Unter Zugrundelegung eines zeitgemäßen Begriffs der Öffentlichkeitsarbeit kann auch die Veröffentlichung von Äußerungen, die eigentlich für ein Fachpublikum bestimmt sind, dem Ziel der Schaffung von Verständnis für die Anliegen eines Unternehmens dienen, sogar insbesondere im öffentlich-rechtlichen Bereich. Der hierin liegenden Schaffung von Transparenz kann eine Steigerung des Verständnisses und des Vertrauens in ein Unternehmen bewirken. Das Vorhaben, die Durchführung von Veranstaltungen – seien sie primär auch fachlicher Natur – der Presse und der Öffentlichkeit unmittelbar gegenüber kundzutun und hierdurch positive Aufmerksamkeit zu erreichen, ist Öffentlichkeitsarbeit.
Dass Standesorganisationen wie die Klägerin heutzutage in einer zunehmend durch die elektronischen Medien geprägten Welt insoweit ihre Stellungnahmen oder Jahresberichte auf ihrer Webseite weitgehend öffentlich zugänglich machen, wie dies noch vor zwei Jahrzehnten wegen des Vervielfältigungsaufwandes kaum denkbar gewesen wäre, rechtfertigt keine Einschränkung des Begriffs der Öffentlichkeitsarbeit im Sinne des § 24 Abs. 1 KSVG. Insbesondere mit ihrem Angebot im Web präsentiert sich die Klägerin einschließlich ihrer Publikationen ohne entsprechende gesetzliche Pflicht der gesamten Öffentlichkeit. Als Kehrseite der bewusst genutzten öffentlichen Darstellung, muss sie die rechtliche Bewertung dieser Form der Öffentlichkeitsarbeit nach den allgemeinen Kriterien gegen sich gelten lassen. Die Klägerin selbst entscheidet, welchen Inhalt sie insoweit der allgemeinen Öffentlichkeit zugänglich macht, da die Webseite nach den Angaben im Termin zur mündlichen Verhandlung auch gerade einen geschützten Bereich nur für ihre Mitglieder enthält und ausweislich der Ausdrucke in der Verwaltungsakte (Bl. 12 – dort Menüpunkt „Nur StBKn“) auch zum Zeitpunkt des Verwaltungsverfahrens bereits enthielt. Wählt die Klägerin aber gerade die Möglichkeit der allgemeinen Zugänglichkeit der dort abrufbaren Bild- und Textdateien, ist dies Teil ihrer Öffentlichkeitsarbeit. Sie kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass es sich teilweise um Fachinformationen handele, die nicht zur Öffentlichkeitsarbeit zählen. Im Übrigen kommt es für die Frage des Vorliegens von Öffentlichkeitsarbeit nicht darauf an, ob diese zur gesetzlichen Aufgabenstellung der Klägerin gehört, sondern allein auf deren tatsächliches Handeln.
Darüber hinaus stellt der Senat unter Berücksichtigung der im Verhandlungstermin erörterten und in Augenschein genommenen Ausdrucke von Teilen der Webseite der Klägerin fest, dass diese auf ihrer Webseite in einer Sektion „Presse“ Informationen für Medien anbietet. Hierzu gehört auch eine Bildergalerie, bei der Fotos der Organmitglieder der Klägerin und von Veranstaltungen angeboten werden (zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung etwa der Einweihung neuer Räumlichkeiten der Klägerin 2011, der Feier anlässlich des 50. Jahrestag ihres Bestehens oder des Deutschen Steuerberatertages 2012). Die Bilder stehen jeweils in hoher Auflösung zum Download bereit. Die Bildergalerie wird von folgendem Text eingeleitet:
In der Bilddatenbank stellen wir Ihnen aktuelle Pressefotos der Bundessteuerberaterkammer sowie Bilder rund um den Beruf und die Tätigkeit von Steuerberatern für Ihre Berichterstattung zur Verfügung.
Jedenfalls hierbei handelt es sich nach Auffassung des Senats unter Zugrundelegung jeder denkbaren Definition des Begriffs um Öffentlichkeitsarbeit. Zudem erlaubt sich der Senat den Hinweis, dass die Klägerin im Bereich Presse der Webseite eine „PR-Fachkraft“ als Ansprechpartnerin nennt.
Steht das Betreiben von Öffentlichkeitsarbeit durch die Klägerin fest, so kann es dahinstehen, ob sie auch Werbung i.S.d. § 24 Abs. 1 Satz 2 KSVG betreibt oder ob dies aufgrund der fehlenden Möglichkeit zur Steigerung des „Unternehmenserfolgs“ etwa durch Werbung neuer Mitglieder ausgeschlossen ist (vgl. jedoch BSG, Urteil vom 21. Juni 2012 – Az.: B 3 KS 2/11 R – Rn. 39 bei Juris zum weitergehenden Verständnis von Werbung). Seit der Rechtsänderung zum. 1. Juli 2001 durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Künstlersozialversicherungsgesetzes stehen Werbung und Öffentlichkeitsarbeit unabhängig nebeneinander (BT-Drs. 14/5066 Seite 13).
3.
Die Öffentlichkeitsarbeit erfolgte und erfolgt jedenfalls auch für die Zwecke des eigenen Unternehmens im Sinne des § 24 Abs. 1 Satz 2 KSVG. Mit der tatsächlich betriebenen Öffentlichkeitsarbeit verfolgt die Klägerin erkennbar das Ziel der positiven Darstellung ihrer gesetzlich vorgegebenen Tätigkeit in der Öffentlichkeit. Dabei kommt es nicht darauf an, ob und inwieweit diese Tätigkeit Teil der gesetzlichen Aufgabenstellung der Klägerin nach § 86 StBerG ist.
Nach Auffassung des Senats steht die Erfüllung einer gesetzlichen Aufgabe der Annahme der Verfolgung der Zwecke des eigenen Unternehmens nicht entgegen. Hiervon ist auch das Landessozialgerichts Schleswig-Holstein in der von der Klägerin in Bezug genommenen Entscheidung (Urteil vom 26. November 2002 – Az.: L 1 KR 13/02) nicht ausgegangen. Es hat vielmehr Öffentlichkeitsarbeit verneint, soweit sich die Tätigkeit auf die gesetzlich angeordnete Veröffentlichung beschränkt und die öffentliche Hand hierüber hinaus keinen Nutzen aus der Verwertung zieht. Dieser Fall könne nicht in den Schutzbereich des KSVG einbezogen werden.
Dieser Rechtsprechung, der wohl auch das SG Berlin in dem von der Klägerin in Bezug genommenen Fall gefolgt ist, kann der Senat nicht beitreten. Unabhängig davon, dass die Klägerin zu der von ihr betriebenen Öffentlichkeitsarbeit nicht ausdrücklich gesetzlich verpflichtet ist, verkennt die zitierte Auffassung Zielsetzung und Systematik des KSVG in der Fassung seit dem 1. Juli 2001. Die Erstreckung auf Eigenwerbung ist in Folge der Entscheidung des BVerfG zunächst dahingehend erfolgt, dass eine Gleichstellung der unternehmensinternen Werbung mit der durch externe Werbeunternehmen erfolgte. § 24 Abs. 1 Satz 2 KSVG lautete vom 18. Dezember 1987 bis 30. Juni 2001 wie folgt:
Zur Künstlersozialabgabe sind auch Unternehmer verpflichtet, die für Zwecke ihres eigenen Unternehmens Werbung betreiben, wenn
a) diese Werbung nach Art und Umfang der Tätigkeit der in Nummer 5 genannten Unternehmen entspricht und sie nicht nur gelegentlich Aufträge an selbständige Künstler oder Publizisten erteilen,
b) sie Aufträge an Künstler oder Publizisten erteilen, die durch ein in Nummer 5 genanntes Unternehmen vermittelt worden sind.
Zu einer eigenen Regelung in Satz 2 des § 24 Abs. 1 KSVG kam es, um die in § 24 Abs. 1 Satz 2 Buchstabe b KSVG (i.d.F. bis zum 30. Juni 2001) genannten Unternehmen auch dann erfassen zu können, wenn nur gelegentlich Aufträge vermittelt werden (Ausschussbericht BT-Drs. 11/1158 Seite 12). Der Gesetzesentwurf hatte demgegenüber allein die Streichung der Worte „für Dritte“ in § 24 Abs. 1 Nummer 5 KSVG a.F. (Vorgängerregelung zu Nummer 7 in Abs. 1 Satz 1) vorgesehen. Es sprechen daher schon erhebliche Argumente dafür, dass mit der Voraussetzung „für Zwecke des eigenen Unternehmens“ entscheidend nur eine Abgrenzung zu den für Dritte tätigen Werbeagenturen beabsichtigt war. Im Rahmen seiner Änderungsvorschläge ist der Ausschuss für Arbeit und Sozialordnung selbst davon ausgegangen, die Fassung des Regierungsentwurfs zu verdeutlichen (BT-Drs. 11/1158 Seite 11).
Bis zum 30. Juni 2001 waren zudem in § 24 Abs. 1 Satz 1 Nummer 5 KSVG Unternehmen erfasst, die „Werbung (einschließlich Öffentlichkeitsarbeit) für Dritte“ betrieben. Ab dem 1. Juli 2001 erhielten § 24 Abs. 1 Satz 1 Nummer 7 und Satz 2 die jetzigen Fassungen unter gleichberechtigter Nennung von Werbung und Öffentlichkeitsarbeit. Während das BVerfG noch ausdrücklich (nur) die Gleichstellung der Eigenwerbung treibenden Wirtschaft in den Kreise der Abgabepflichtigen, soweit sie als ihre eigene Werbeagentur tätig werden und künstlerische Arbeit professionell vermarkten (BVerfG aaO. Rn. 133 bei Juris), angemahnt hatte, ging bereits das erste Gesetz zur Änderung des KSVG vom 20. Dezember 1988 (BGBl. I S. 2606) darüber hinaus. Mit § 24 Abs. 2 KSVG wurde ein neuer Abgabetatbestand geschaffen, der im Kern an die Verwertung zu Zwecken des Unternehmens anknüpfte, wenn hiermit Einnahmen erzielt werden sollen. Die Gesetzesbegründung führt hierzu im allgemeinen Teil (BT-Drs. 11/2964 Seite 13) aus:
Diesen Schritt von der „Vermarktung im engeren Sinne“ zur „Verwertung“ hat bereits das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung über die Verfassungsmäßigkeit der Künstlersozialabgabe getan, indem es die Abgabepflicht der Eigenwerbung treibenden Unternehmen forderte.
Der Gesetzgeber hat sich demnach bewusst von dem Abstellen auf die Vermarktung gelöst. Trotz Schaffung von § 24 Abs. 2 KSVG hat er § 24 Abs. 1 Satz 2 KSVG zugleich in modifizierter Form beibehalten. Die Abgabepflicht bei Öffentlichkeitsarbeit zu Zwecken des eigenen Unternehmens setzt daher eindeutig keine Einnahmenerzielung voraus. Vielmehr ist die Nutzung zu Zwecken des eigenen Unternehmens in § 24 Abs. 2 KSVG neben der beabsichtigten Einnahmeerzielung kumulative Voraussetzung der Abgabepflicht. Dies spricht entscheidend dagegen, für die Verfolgung eines Zwecks des eigenen Unternehmens einen irgendwie gearteten besonderen Nutzen des Unternehmens zu fordern. Der privatwirtschaftliche Unternehmer hat für die Nutzung von künstlerischen und publizistischen Erzeugnissen zu Zwecken der eigenen Öffentlichkeitsarbeit Abgaben nach § 24 Abs. 1 Satz 2 KSVG zu leisten unabhängig von einem konkreten Nutzen. Es ist kein sachlicher Grund erkennbar, warum ein öffentlich-rechtlicher Träger insoweit nur bei Erzielung eines (nicht monetären) Nutzens abgabepflichtig sein sollte.
Schließlich hat das Zweite Gesetz zur Änderung des Künstlersozialversicherungsgesetzes vom 13. Juni 2001 (BGBl. I Seite 1027) darüber hinaus § 24 Abs. 1 Satz 2 KSVG neu gefasst und zur Vereinfachung (BT-Drs. 15/5066 Seiten 11 und 13) das Tatbestandsmerkmal der Tätigkeit nach Art und Umfang eines Unternehmens nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nummer 7 KSVG gestrichen. Hierdurch sollten Auslegungsprobleme beseitigt werden (Ausschussbericht in BT-Drs. 14/5792 Seite 2). Diese bestanden gerade darin, dass sich das Kriterium „Werbung nach Art und Umfang der Tätigkeit der in Satz 1 Nummer 7 genannten Unternehmen“ als nur bedingt prüfbar erwiesen hatte (Finke/Brachmann/Nordhausen, KSVG, 4. Auflage, 2009, Rn. 187 zu § 24).
Das KSVG stellt insoweit seit dem 1. Juli 2001 maßgeblich auf die Verwertung ab, ohne dass es auf die Vergleichbarkeit mit einem Werbeunternehmen nach Art und Umfang ankommt. Eine solche Verwertung kann durch die öffentliche Hand - auch als nachrangige Tätigkeit im Verhältnis zum Aufgabenbereich einer Körperschaft - zur Erreichung gesetzlicher vorgegebener Ziele ebenso erfolgen wie durch gewinnorientierte private Unternehmen (vgl. bereits zur Rechtslage vor dem 1. Juli 2001 BSG, Urteil vom 20. April 1994 – Az.: 3/12 RK 66/92 Rn. 14 bei Juris). Dies gilt auch, soweit sich die öffentliche Hand bei ihrer Informationstätigkeit beauftragter Publizisten und Künstler bedient, soweit sich diese im Einzelfall als Öffentlichkeitsarbeit darstellt. Es ist kein sachlicher Grund ersichtlich, wieso sich die öffentliche Hand in diesen Konstellationen nicht an der solidarischen Kostenverteilung durch die Künstlersozialversicherung beteiligen sollte.
Bei einer einschränkenden Auslegung von § 24 Abs. 1 Satz 2 KSVG wie die Klägerin sie letztlich vertritt, käme es zudem erneut zu nicht zu rechtfertigenden Unterschieden in der Behandlung von Eigen- und Fremdwerbung. Das BSG hat in seinem Urteil vom 21. Juni 2012 (Az.: B 3 KS 2/11 R) hinsichtlich des Tatbestandes des § 24 Abs. 1 Satz 1 Nummer 7 KSVG dem Umstand, dass die dortige Werbung des Landes auf einer öffentlich-rechtlichen Aufgabenstellung beruht, keine Bedeutung beigemessen. Wäre die Durchführung der Öffentlichkeitsarbeit der Klägerin bei externer Vergabe an eine Agentur daher Grund für eine Abgabepflicht hinsichtlich der beauftragten Fotografien, dann kann die Rechtslage im Fall der Selbstdurchführung nicht abweichend beurteilt werden.
Letztlich kann es dahinstehen, ob die Klägerin Öffentlichkeitsarbeit allein zu Zwecken ihres eigenen Unternehmens betrieben hat oder auch zugunsten von Dritten, wie die Beklagte zuletzt meint. Jedenfalls diente ihre Öffentlichkeitsarbeit insbesondere durch die Verbreitung der Veranstaltungsfotos der Erhöhung der eigenen, positiven Wahrnehmung. Selbst bei Öffentlichkeitsarbeit zugunsten der Gesamtheit der Deutschen Steuerberater und den Mitgliedskammern läge im Übrigen Abgabepflicht nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nummer 7 KSVG vor.
4.
Die Klägerin hat Aufträge an Publizisten erteilt.
Die Klägerin hat Aufträge an Fotografen erteilt, die teilweise Portraits und Fotos von ihren Veranstaltungen gefertigt haben. Insbesondere bei der fotografischen Dokumentation von Veranstaltungen handelt es sich um Reportagefotografie, die der Tätigkeit eines Pressefotografen und damit dem Bereich publizistischer Tätigkeit zuzuordnen ist. Publizist ist letztlich jeder, der im Kommunikationsprozess an einer öffentlichen Aussage schöpferisch mitwirkt (BSG, Urteil vom 7. Dezember 2006 – Az.: B 3 KR 2/06 R Rn. 17 bei Juris; Mittelmann in Plagemann, Sozialrecht, 3. Auflage, 2009, § 9 Rn. 11). Zwar ist nach der Rechtsprechung des BSG bei der Tätigkeit von Fotografen zwischen der handwerklichen Berufsausübung und einer künstlerischen Tätigkeit abzugrenzen (BSG, Urteil vom 25. November 2010 – Az.: B 3 KS 1/10 R). Von (potentiell) künstlerischer Fotografie ist jedoch die der Tätigkeit als Publizist zuzuordnende Pressefotografie abzugrenzen (BSG, Urteil vom 27. März 1996 – 3 RK 10/95). Bei ihr steht der Nachrichten-, Informations- und Dokumentationswert im Vordergrund. So verhält es sich bei der Anfertigung von Aufnahmen von Veranstaltungen der Klägerin, damit diese Aufnahmen von der Klägerin im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit unmittelbar auf der Webseite und mittelbar durch Zurverfügungstellung an die Presse verwertet werden können (s.o.). Der Fotograf wirkt im Rahmen der von der Klägerin erteilten Aufträge an der öffentlichen Aussage mit. Auf den künstlerischen Wert solcher Fotos mit Dokumentationscharakter kommt es nicht an.
5.
Die Aufträge sind auch nicht nur gelegentlich erteilt worden. Zu diesem Erfordernis hat das BSG (Urteil vom 7. Juli 2005 – Az.: B 3 KR 29/04 R; ebenso LSG NRW Beschluss vom 2. Februar 2012 - L 8 R 212/10 B ER) ausgeführt:
Wann das in § 24 Abs 1 Satz 2 Nr 1 KSVG genannte Merkmal "nicht nur gelegentlich" erfüllt ist, wird im Gesetz nicht eindeutig geregelt. Nach Sinn und Zweck der Vorschrift, die Verwertung künstlerischer Leistungen über den Kreis der typischen Kunstverwerter in § 24 Abs 1 Satz 1 KSVG hinaus auch bei solchen Unternehmen zu erfassen, die derartige Leistungen in vergleichbarem Maße in Anspruch nehmen, muss es genügen, wenn dies mit einer gewissen Regelmäßigkeit oder Dauerhaftigkeit (vgl dazu BSG SozR 3-5425 § 24 Nr 17 S 117) und in nicht unerheblichem wirtschaftlichem Ausmaß erfolgt (BSG SozR 3-5425 § 2 Nr 11 S 49; vgl auch Finke/Brachmann/Nordhausen aaO § 24 RdNr 190). Davon ist auszugehen, wenn Werbemaßnahmen laufend oder in regelmäßiger Wiederkehr anfallen und entsprechende Werbeaufträge laufend oder in regelmäßiger Wiederkehr erteilt werden - wenn also durchgehend (täglich, wöchentlich, monatlich, jährlich) ohne größere Unterbrechungen Aufträge an selbstständige Künstler oder Publizisten erteilt werden bzw deren Vergabe absehbar ist oder Phasen projektgebundener Aufträge vorliegen und absehbar ist, dass entsprechende Folgeaufträge erteilt werden (so Finke/Brachmann/Nordhausen aaO § 24 RdNr 189).
Dieser Rechtsprechung schließt sich der Senat an. Für die Frage des wirtschaftlichen Ausmaßes kann es dabei aber nicht auf die Höhe der Künstlersozialabgabe (KSA) ankommen, sondern auf die Auftragssumme. Die Höhe der KSA ist für die Rechtmäßigkeit des Erfassungsbescheids ohne Bedeutung (so selbst für einen Nullsummenbescheid BSG, Urteil vom 21. Juni 2012 – Az.: B 3 KS 2/11 R). Zehn Aufträge in einem Jahr, die von der Klägerin 2006 erteilt worden sind, mit einem Volumen von 3812,00 Euro erfüllen sowohl die Anforderungen hinsichtlich Häufigkeit als auch hinsichtlich eines nicht unbedeutenden wirtschaftlichen Aufwandes. Zudem werden bestimmte Veranstaltungen wie der jährliche Steuerberatertag regelmäßig durchgeführt. Unter Berücksichtigung der auf der Webseite der Klägerin angebotenen Fotos, den Angaben im Termin zur mündlichen Verhandlung und den von der Beklagten mitgeteilten Entgeltmeldungen der Klägerin in den Jahren seit 2006 hat der Senat keine Zweifel, dass die Klägerin auch über 2006 hinaus Aufträge im notwendigen Umfang erteilt hat.
6.
Die Aufträge an die Fotografen sind auch „dabei“ im Sinne des § 24 Abs. 1 Satz 2 KSVG erteilt worden, d.h. sie sind auch gerade der Öffentlichkeitsarbeit zum Zwecke des eigenen Unternehmens zuzuordnen. Unter Berücksichtigung des Umfangs der Öffentlichkeitsarbeit der Klägerin (siehe oben 2.) bestehen am Vorliegen dieser Voraussetzung keine Zweifel. Die Fotografien haben sowohl auf der öffentlich zugänglichen Webseite als auch etwa in dem im Internet verbreiteten Jahresbericht Verwendung gefunden.
Der Erfassungsbescheid der Beklagten ist daher rechtmäßig.
Bei dieser Sachlage bedurfte es keiner Entscheidung des Senats, ob auch die Herausgabe des Kammerreports der Öffentlichkeitsarbeit zuzuordnen ist und die Firma Hahn Images insoweit für die Klägerin publizistisch tätig wird.
II.
Auch die Klage gegen den Bescheid vom 15. August 2007 in der Gestalt des Bescheides vom 2. Oktober 2007 sowie des Widerspruchsbescheides vom 29. Oktober 2007 ist unbegründet. Die Beklagte hat die Abgabe ausgehend von der von der Klägerin selbst gemeldeten Entgelthöhe von 3812,00 Euro rechnerisch zutreffend festgesetzt. Den Vomhundertsatz der Künstlersozialabgabe für das Jahr 2006 hat die Beklagte zutreffend mit 5,5 % zu Grunde gelegt (§ 1 Künstlersozialabgabe-Verordnung 2006 - BGBl. I 2005, 2609). Der Bescheid vom 2. Oktober 2007 hat dem Widerspruch gegen den Schätzbescheid vom 15. August 2007 ausdrücklich teilweise abgeholfen. Dem Bescheid ist ohne weiteres zu entnehmen, dass nunmehr allein der Bescheid vom 2. Oktober 2007 gelten soll. Der Bescheid vom 15. August 2007 hat seine Wirksamkeit nach § 43 Abs. 2 SGB X verloren. Es verbleibt insoweit kein noch aufzuhebender Rest des Verwaltungsaktes.
Da allein die Entgelte an Fotografen im Jahr 2006 Gegenstand des Abgabebescheides sind, konnte auch insoweit offen bleiben, ob auch die an die Firma Hahn Images geleisteten Entgelte der Abgabepflicht unterliegen.
III.
Die Feststellungsklage ist aufgrund der bestehenden Abgabepflicht und der Wirkung des vom Senat bestätigten Erfassungsbescheides jedenfalls unbegründet.
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG, § 154 Abs. 1 und § 155 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung.
Die Entscheidung über die Zulassung der Revision beruht auf § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG.