Gericht | LSG Berlin-Brandenburg 8. Senat | Entscheidungsdatum | 22.09.2010 | |
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Aktenzeichen | L 8 R 110/10 | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 5 AAÜG, § 6 AAÜG, § 7 AAÜG, § 8 AAÜG, § 45 SGB 10 |
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 18. November 2009 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
I.
Streitig ist die Berechtigung der Beklagten, einen Bescheid aufzuheben, mit dem sie Zeiten der Zugehörigkeit zur freiwilligen zusätzlichen Altersversorgung für hauptamtliche Mitarbeiter des Staatsapparats (Zusatzversorgungssystem nach Anlage 1 Nr. 19 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz [AAÜG]) festgestellt hatte.
Der Kläger ist 1944 geboren worden und hat sein Berufsleben bis zum 2. Oktober 1990 in der DDR zurückgelegt. Nach dem erfolgreich abgeschlossenen Studium der Rechtswissenschaften war er ab 15. April 1971 bis zum 2. Oktober 1990 – unterbrochen durch einen mit Stipendium geförderten Lehrgang an der Bezirksparteischule F vom 1. September 1984 bis zum 30. Juni 1985 – beim Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der DDR beschäftigt. Die im Sozialversicherungsausweis eingetragene Bezeichnung der ausgeübten Tätigkeit lautete bis 31. Dezember 1989 „politischer Mitarbeiter“, danach „diplomatischer Mitarbeiter“. Seit Juli 2009 bezieht der Kläger Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung.
Der Kläger ist mit Wirkung ab dem 15. April 1971 der freiwilligen zusätzlichen Altersversorgung für hauptamtliche Mitarbeiter des Staatsapparates beigetreten und hat zu diesem Versorgungssystem bis zum 30. Juni 1990 Beiträge entrichtet. In der Zeit vom 1. Juli 1975 bis zum 31. Januar 1990 wurde er beim Ministerium für Staatssicherheit der DDR (MfS) als hauptamtlicher Mitarbeiter im Offiziersrang geführt.
Durch Bescheid vom 5. Dezember 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Oktober 2001 hat das Bundesverwaltungsamt – Außenstelle Berlin-Lichtenberg – die Zeiten vom 15. April 1971 bis zum 31. Januar 1990 als Zeiten der Zugehörigkeit zur Sonderversorgung des ehemaligen MfS/Amtes für Nationale Sicherheit (Sonderversorgungssystem nach Anlage 2 Nr. 4 zum AAÜG) und die in diesem Zeitraum tatsächlich erzielten Entgelte festgestellt. Im daran anschließenden Klageverfahren hat der Kläger geltend gemacht, dass er nicht vom MfS eingestellt worden sei. Die Zusammenarbeit mit dem MfS als „Offizier im besonderen Einsatz“ (OibE) habe sich ausschließlich daraus ergeben, dass er 1975 bei seiner Tätigkeit in Neu Delhi von dem amerikanischen Geheimdienst CIA angeworben worden sei. Er habe vom MfS in unregelmäßigen Abständen Geldbeträge als Aufwandserstattung und Anerkennung erhalten, jedoch kein Gehalt. Die beklagte Bundesrepublik Deutschland hat dem entgegengehalten, dass die Zugehörigkeit der Sonderversorgung des MfS durch Gehaltskontokarten nachgewiesen sei; in der Spalte „VK-Beiträge“ sei vermerkt, dass 10 % der Bruttobesoldung an die Versorgungskasse abgeführt worden seien. Die Klage blieb erfolglos (Urteil des Sozialgerichts [SG] Potsdam vom 24. November 2004 – S 12 RA 942/01, bestätigt durch Urteil des Landessozialgerichts [LSG] Berlin-Brandenburg vom 11. April 2006 – L 22 R 30/05; die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision wurde vom Bundessozialgericht [BSG] durch Beschluss vom 16. Mai 2007 – B 4 RS 76/06 B – als unzulässig verworfen).
Der Beklagten in ihrer Eigenschaft als Trägerin der Rentenversicherung hatte das Bundesverwaltungsamt mit Schreiben vom 5. Dezember 2000 mitgeteilt, dass während der gesamten Dienstzeit des Klägers für das MfS eine Zugehörigkeit zur Sonderversorgung bestand.
Gegenüber der Beklagten in ihrer Eigenschaft als Trägerin der Zusatzversorgung beantragte der Kläger im April 2002 die Überführung von Anwartschaften aus Zusatzversorgungssystemen. In dem Antragsformular gab der Kläger an, dem Zusatzversorgungssystem für die hauptamtlichen Mitarbeiter des Staatsapparates angehört zu haben. Er verneinte die Fragen 3.6 („Haben Sie einem Sonderversorgungssystem angehört“) und 3.7 („Waren Sie hauptamtlicher Mitarbeiter des MfS/AfNS, ohne in das Sonderversorgungssystem einbezogen worden zu sein“; als Beispiele sind OibE und hauptamtliche inoffizielle Mitarbeiter genannt).
Durch Bescheid vom 25. März 2003 stellte die Beklagte die Zeiten vom 15. April 1971 bis zum 31. August 1984 und vom 1. Juli 1985 bis zum 30. Juni 1990 als Zeiten der Zugehörigkeit zur freiwilligen zusätzlichen Altersversorgung für hauptamtliche Mitarbeiter des Staatsapparates und die in diesen Zeiträumen tatsächlich erzielten Entgelte fest.
Nachdem die Beklagte durch ein für Aufgaben des Trägers der Rentenversicherung zuständiges Dezernat auf das Schreiben des Bundesverwaltungsamtes vom 5. Dezember 2000 hingewiesen worden war, teilte sie dem Kläger mit Schreiben vom 7. Mai 2003 ihre Absicht mit, den Bescheid vom 25. März 2003 betreffend die Zeit vom 1. Juli 1975 bis zum 31. Januar 1990 zurückzunehmen. Das Gesetz bestimme, dass für Zeiten der Zugehörigkeit zum Sonderversorgungssystem des MfS keine Zeiten der Zusatzversorgung zu berücksichtigen seien. Der Kläger habe nach Lage der Akten kein schutzwürdiges Vertrauen in den Bestand des erlassenen Bescheides. Der Bescheid habe auch einen Widerrufsvorbehalt für den Fall enthalten, dass Beschäftigungszeiten als Mitarbeiter des MfS vorliegen. Der Kläger äußerte sich nicht auf das Schreiben.
Durch Bescheid vom 24. Juni 2003 nahm die Beklagte den Bescheid vom 25. März 2003 in dem Umfang zurück, wie er in dem Anhörungsschreiben mitgeteilt worden war. Die Rücknahme sei zulässig, da der Kläger nicht auf den Bestand des Bescheides habe vertrauen können. Die Umstände, die zur Rücknahme geführt hätten, seien ihm bekannt gewesen. Die vorzunehmende Ermessensabwägung habe ergeben, dass der Bescheid von Beginn an zurückzunehmen sei. Unterlagen, die zu einem anderen Ergebnis hätten führen können, habe der Kläger nicht eingereicht. Hierfür seien auch aus den Akten keine Gründe ersichtlich gewesen. Ein wirtschaftlicher Nachteil entstehe dem Kläger nicht, da es sich um einen „Nichtleistungsbescheid“ handle und die fraglichen Zeiten durch den Träger der Sonderversorgung berücksichtigt würden.
Gegen den Bescheid legte der Kläger Widerspruch ein und verwies zur Begründung auf das laufende Verfahren gegen den Träger der Sonderversorgung.
Durch Widerspruchsbescheid vom 28. September 2004 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Der angefochtene Bescheid sei rechtlich nicht zu beanstanden. Sollte der Träger der Sonderversorgung mitteilen, dass Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Sonderversorgungssystem nicht mehr zu berücksichtigen seien, sei die Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem erneut zu prüfen.
Mit seiner Klage hat der Kläger sich weiterhin gegen den Rücknahmebescheid der Beklagten gewandt. Das Verfahren hat wegen des noch nicht abgeschlossenen Rechtsstreits gegen den Träger der Sonderversorgung zeitweilig geruht. Nachdem dieser Rechtsstreit abgeschlossen war, hat der Kläger die Klage gegen die Beklagte damit begründet, dass er sich gegen die Entgeltbegrenzung für Angehörige des Sonderversorgungssystems des MfS wende. Er habe unbestritten Beiträge zur freiwilligen zusätzlichen Altersversorgung für hauptamtliche Mitarbeiter des Staatsapparates entrichtet. Es komme einer Enteignung gleich, wenn diese Beiträge aufgrund des Bescheides des Bundesverwaltungsamtes unberücksichtigt blieben. Der Ausgang von Verfahren beim BSG über die generellen Rentenleistungen für Mitarbeiter des MfS sei abzuwarten.
Durch Urteil vom 18. November 2009 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im wesentlichen auf die angefochtenen Bescheide Bezug genommen.
Mit seiner Berufung, die er trotz Ankündigung nicht begründet hat, verfolgt der Kläger sein Anliegen weiter. Er beantragt der Sache nach,
das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 18. November 2009 und den Bescheid der Beklagten vom 24. Juni 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. September 2004 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung und die von ihr erlassenen Bescheide für zutreffend.
Die Gerichtsakte des vorliegenden Rechtsstreits, des Rechtsstreits SG Potsdam S 12 RA 942/01 (LSG Berlin-Brandenburg L 22 R 3/05) sowie die Verwaltungsakte der Beklagten lagen dem Gericht bei seiner Entscheidung vor. Wegen Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt dieser Aktenstücke Bezug genommen.
II.
Der Senat konnte über die Berufung ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss entscheiden (§ 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz [SGG]). Er hält sie einstimmig für unbegründet. Der maßgebliche Sachverhalt ist geklärt und zu den entscheidungserheblichen Vorschriften liegt eine umfangreiche Rechtsprechung des BSG vor, so dass eine mündliche Verhandlung entbehrlich ist.
Die Beklagte war berechtigt, den Bescheid vom 25. März 2003 wie geschehen teilweise zurückzunehmen. Rechtsgrundlage für den Rücknahmebescheid vom 24. Juni 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. September 2004 ist § 45 Abs. 1 i. V. mit Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X). Gemäß § 45 Abs. 1 SGB X darf ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), soweit er rechtswidrig ist, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Gemäß § 45 Abs. 2 darf ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte unter anderem nicht berufen, soweit er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X).
Der den Kläger im rechtlichen Sinn „begünstigende“ Verwaltungsakt (Feststellungsbescheid) der Beklagten vom 25. März 2003 war in dem Umfang, in dem er von der Beklagten zurückgenommen worden ist, rechtswidrig.
Nach § 8 Abs. 1 AAÜG hat der zuständige Versorgungsträger – für das hier in Frage stehende System der Zusatzversorgung die Beklagte (§ 8 Abs. 4 Nr. 1 AAÜG) – in einem der Rentenfeststellung vorgelagerten, dem Vormerkungsverfahren nach § 149 Abs. 5 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) ähnlichen Verfahren einzelne Daten verbindlich festzustellen, die für die Feststellung des Wertes der Rente nach dem SGB VI oder von Rentenanwartschaften durch den Rentenversicherungsträger von Bedeutung sein können. Dies sind jedenfalls die Daten über
- die Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem, in denen eine Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt wurde (§ 8 Abs. 1 Satz 1 i. V. mit § 5 AAÜG),
- die tatsächlichen Voraussetzungen dafür, ob die Anwendung einer niedrigeren als der regelmäßigen Beitragsbemessungsgrenze in Betracht kommt (§ 8 Abs. 2 i. V. mit § 6 Abs. 2 und § 7 AAÜG),
- die Höhe des Arbeitsentgelts oder Arbeitseinkommens, soweit es in der vom Versorgungssystem erfassten Beschäftigung oder Tätigkeit erzielt worden ist (§ 8 Abs. 2 AAÜG), sowie
- die Summe der Arbeitsausfalltage, soweit diese nicht in einem Sozialversicherungsausweis einzutragen waren (§ 8 Abs. 1 Satz 3 AAÜG),
(ständige Rechtsprechung des BSG, s. stellvertretend Urteil vom 20. Dezember 2001 – B 4 RA 6/01 R, in Entscheidungssammlung Sozialrecht [SozR] 3-8570 § 8 Nr. 7). Ob der Versorgungsträger darüber hinaus auch mit Bindungswirkung gegenüber dem Träger der Rentenversicherung die etwaige Begrenzung von Entgelten vorzunehmen hat, kann dahingestellt bleiben, weil es hierauf im vorliegenden Verfahren nicht ankommt (s. zu dieser Frage entgegen BSG a.a.O. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 10. Dezember 2009 – L 33 R 1162/08, Revision anhängig zum Aktenzeichen B 5 R 2/10 R des BSG).
Die Beklagte war nicht berechtigt, die Zeiten vom 1. Juli 1975 bis zum 31. August 1984 und vom 1. Juli 1985 bis zum 31. Januar 1990 als Zeiten der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem nach Anlage 1 Nr. 19 zum AAÜG und die in diesem Zeitraum tatsächlich erzielten Entgelte festzustellen. Durch den bindend gewordenen Bescheid des Bundesversicherungsamtes als zuständigem Versorgungsträger für die Sonderversorgung des MfS (§ 8 Abs. 4 Nr. 2 AAÜG) ist verbindlich festgestellt, dass der Kläger in dem genannten Zeitraum aus einem der in § 7 Abs. 1 AAÜG genannten Gründe – Zugehörigkeit zum Versorgungssystem des MfS (Satz 1) oder verdeckte hauptamtliche Tätigkeit für das MfS ohne Zugehörigkeit zu dessen Versorgungssystem (Satz 2) – die tatsächlichen Voraussetzungen für die Anwendung der besonderen Beitragsbemessungsgrenze nach Anlage 6 zum AAÜG erfüllt hat. Diese Feststellung bindet auch die Beklagte.
Auf Grund der durch das AAÜG vorgegebenen, dem Prinzip der Spezialität folgenden Typik (s. dazu BSG SozR 3-8570 § 8 Nr. 7 und bereits das Urteil vom 27. Januar 1993 – 4 RA 40/02, SozR 3-8570 § 10 Nr. 1) schließt das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen für § 7 Abs. 1 AAÜG die Anwendung anderer, für den Kläger günstigerer Tatbestände aus; mit anderen Worten kann nach dem AAÜG während einer Tätigkeit eine Pflichtbeitragszeit im Sinne des § 5 AAÜG nur entweder unter Anwendung der allgemeinen Beitragsbemessungsgrenze oder unter Anwendung der besonderen Beitragsbemessungsgrenzen nach § 6 Abs. 2 oder § 7 AAÜG zurückgelegt sein. Wegen § 7 Abs. 1 Satz 2 AAÜG ist dabei unbeachtlich, ob während einer hauptamtlichen Tätigkeit für das MfS formal eine „zivile“ Beschäftigung ausgeübt wurde. Ausdrücklich bestimmt § 6 Abs. 4 Satz 1 AAÜG ergänzend zu § 7 Abs. 1 AAÜG, dass für Zeiten der Zugehörigkeit zu dem Versorgungssystem des MfS neben dem (begrenzt zu berücksichtigenden) Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen weiteres im Rahmen der Ausübung der Tätigkeit bezogenes Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen nicht zu berücksichtigen ist; gemäß § 6 Abs. 4 Satz 3 AAÜG gilt dasselbe, soweit der Tatbestand nach § 7 Abs. 1 Satz 2 AAÜG vorliegt. Als Folge davon bleibt für die Beklagte im Rahmen ihrer gesetzlichen Zuständigkeit kein Raum mehr für die Feststellung von Tatsachen der oben genannten Art, die denen des Bundesverwaltungsamtes widersprächen.
Die weiteren Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X liegen ebenfalls vor. Soweit der Kläger die teilweise Rechtswidrigkeit des Bescheides der Beklagten vom 25. März 2003 nicht positiv gekannt haben sollte, beruht diese Unkenntnis jedenfalls auf grober Fahrlässigkeit. Er führte bei Erlass des Bescheides einen Rechtsstreit gegen das Bundesversicherungsamt als Versorgungsträger für das Sonderversorgungssystem des MfS. Für ihn war, nicht zuletzt vor dem Hintergrund seiner Ausbildung als Jurist, mit einfachsten Gedankengängen erkennbar, dass die vom Bundesversorgungsamt auf der Grundlage des § 7 AAÜG getroffenen Feststellungen die weitaus günstigeren der Beklagten in Frage stellten. Denn hätte er nicht um die rechtlichen Konsequenzen des Bescheides des Bundesversorgungsamtes gewusst, so hätte es für ihn keinen zwingenden Grund gegeben, gerade diesen Bescheid anzufechten.
Da bereits die Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X vorliegen, muss nicht entschieden werden, ob der Rücknahmebescheid zusätzlich auch darauf hätte gestützt werden können, dass der Kläger die Fragen 3.6 und 3.7 in dem Antragsformular mit „nein“ beantwortet hat, ohne auf den anhängigen Rechtsstreit gegen das Bundesversicherungsamt hinzuweisen; dies könnte den Vorwurf begründen, dass der Feststellungsbescheid auf Angaben beruhte, die der Kläger in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X).
Da die Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X erfüllt sind, war die Beklagte – auch wenn dies mangels Rentenbezugs ohne praktische Auswirkung bleibt – berechtigt, den Feststellungsbescheid mit Wirkung auch für die Vergangenheit teilweise aufzuheben (§ 45 Abs. 4 Satz 1 SGB X). Die Rücknahmefristen des § 45 Abs. 3 Sätze 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 SGB X sind offenkundig gewahrt.
Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte bei Erlass des angefochtenen Verwaltungsaktes das ihr zustehende Ermessen fehlerhaft ausgeübt haben könnte, bestehen nicht. Der angefochtene Bescheid lässt erkennen, dass sich die Beklagte des ihr zustehenden Ermessens bewusst war und eine Abwägung vorgenommen hat. Soweit der Kläger auf die rechtlichen Auswirkungen des § 7 AAÜG auf seine Rentenleistung verweist, ist dies unbeachtlich. Die Anwendung der besonderen Beitragsbemessungsgrenzen ist eine Rechtsfolge, die sich unmittelbar aus dem Gesetz ergibt; sie kann deshalb kein Argument dafür sein, einen rechtswidrigen Bescheid bestehen zu lassen, aus dem sich zur Anwendung und den Auswirkungen des § 7 AAÜG keine Aussage ergibt. Zu Recht hat die Beklagte bereits darauf hingewiesen, dass sie dann, wenn das Bundesverwaltungsamt seinen auf der Grundlage des § 7 AAÜG ergangenen Bescheid aufheben sollte, ohnehin erneut Feststellungen betreffend den Zeitraum 1. Juli 1975 bis 31. Januar 1990 zu treffen hätte.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), bestehen nicht.