Gericht | LG Frankfurt (Oder) 6. Zivilkammer | Entscheidungsdatum | 22.02.2011 | |
---|---|---|---|---|
Aktenzeichen | 6a S 30/10 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Eberswalde vom 16. April 2010, Az.: 2 C 304/09, unter Zurückweisung seines weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst: Die Klage wird abgewiesen. Auf die Widerklage wird die Klägerin verurteilt, an den Beklagten 1.246,29 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 441,88 € seit dem 19. Februar 2010 sowie aus weiteren 594,63 € seit dem 15. Oktober 2010 und aus weiteren 209,78 € seit dem 23. Dezember 2010 zu zahlen. Im Übrigen wird die Widerklage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags leistet.
Die Revision wird zugelassen.
I.
Die Klägerin macht einen Anspruch aus einem Gaslieferungsvertrag für Gaslieferungen vom 8. Oktober 2004 bis zum 22. September 2008 geltend. Der Beklagte verlangt widerklagend die Rückzahlung eines Teiles der von ihm für den Abrechnungszeitraum vom 1. Oktober 2006 bis zum 12. Oktober 2007 sowie für den Abrechnungszeitraum vom 13. Oktober 2007 bis zum 22. September 2008 geleisteten Zahlungen
Die Klägerin ist ein Energieversorgungsunternehmen und beliefert rund 750.000 Kunden in der E-Region, in B. sowie in Teilen M. mit Erdgas. Daneben versorgt sie ca. 1 Mio. Kunden mit Strom. Der Beklagte ist Kunde der Klägerin und wird von dieser seit mehreren Jahren mit Erdgas versorgt.
Der Beklagte erkundigte sich Anfang des Jahres 1998 bei der Klägerin nach den Konditionen für die Erdgaslieferung.
Die Klägerin übersandte dem Beklagten ein Antragsformular für die Herstellung eines Erdgas-Hausanschlusses und den Abschluss eines Erdgaslieferungsvertrags, das dieser am 26. Februar 1998 unterschrieb und dann an die Klägerin zurücksandte. In dem Formular erklärte der Beklagte, dass er die Versorgung mit Gas und die Erstellung eines Hausanschlusses wünsche. Das Angebot und die Rechnung über die Herstellung bzw. Änderung des Hausanschlusses sollten an den Beklagten zu richten sein. Das Formular enthielt zudem unter anderem folgende Klausel:
„Für die Versorgung mit Erdgas wird die Abrechnung nach der Sondervereinbarung der [Klägerin] beantragt; Vertragsbestandteil sind die AVBGasV. Die in § 6 der AVBGasV aufgeführte Haftungsregelung für Tarifkunden ist auch für die Sondervereinbarung vereinbart.“
Zu den weiteren Einzelheiten wird auf die im Anlagenkonvolut K1 zur Akte gereichte Ablichtung des Auftrags Bezug genommen (Bl. 65 d. A.).
Mit Schreiben vom 18. Mai 1998 beauftragte der Beklagte die Klägerin auf einem von dieser erstellten Formular mit der Überschrift: „Auftrag über die Herstellung eines Gas-Hausanschlusses in W.“, die Arbeiten gemäß einem Angebot der Klägerin mit der Nr. 90197774/50080802 zu einem Gesamtbetrag von 1.840,00 € durchzuführen. Das Formular enthielt vor der Unterschrift des Beklagten folgende Formulierung:
„Hiermit beauftrage ich Sie, die Arbeiten gemäß Ihrem Angebot auszuführen.
Die mir zugesandte „Verordnung über Allgemeine Versicherungsbedingungen“ und die „Ergänzenden Bestimmungen“ erkenne ich an.“
Die unter der Unterschrift enthaltende Klausel zum Lastschriftverfahren strich der Beklagte durch. Zu den weiteren Einzelheiten wird auf die im Anlagenkonvolut K1 zur Akte gereichte Ablichtung des Schreibens Bezug genommen (Bl. 66 d. A.).
Entsprechend dem bei ihr praktizierten Bestpreisabrechnungssystem stufte die Klägerin den Beklagten in den für ihn günstigen Tarif, den sog. S I-Tarif, ein.
Mit Vertragsbestätigung vom 20. November 1998 begrüßte die Klägerin den Beklagten als neuen Vertragspartner und wies darauf hin, dass Grundlage des Vertragsverhältnisses die AVBGasV sei und ein Exemplar dieser Bedingungen beigefügt sei. Die zurzeit für ihn zutreffenden Preise seien zum einen ein Arbeitspreis von 40,00 Pf je m³/10kWh netto, mithin 46,40 Pf je m³/10 kWh brutto, und ein Grundpreis von 204,00 DM netto bzw. 236,64 DM brutto pro Jahr. Als monatlicher Abschlagsbetrag wurde 150,00 DM festgelegt. Dem Schreiben war der Text der AVBGasV beigefügt. Zu den weiteren Einzelheiten wird auf die als Anlage K2 zur Akte gereichte Ablichtung des Schreibens Bezug genommen (Bl. 68 ff. d. A.).
Die Klägerin machte im Folgenden höhere als die im Schreiben vom 20. November 1998 aufgeführten Arbeitspreise und Grundpreise geltend, wobei über die Einzelheiten der Erhöhungen bis zum 1. September 2004 keine Einzelheiten bekannt sind. Jedenfalls betrug am 31. August 2004 der von der Klägerin geforderte Grundpreis 120 €/Jahr netto bzw. 139,20 €/Jahr brutto. Der von der Klägerin geforderte Arbeitspreis lag bis zu diesem Zeitpunkt bei 3,2 Ct/kWh netto bzw. 3,71 Ct/kWh brutto.
Zum 1. September 2004 erhöhte die Klägerin den Arbeitspreis um 0,40 Ct/kWh auf 3,6 Ct/kWh netto bzw. 4,18 Ct/kWh brutto.
Zum 1. August 2005 erhöhte die Klägerin den Arbeitspreis um weitere 0,48 Ct/kWh auf 4,08 Ct/kWh netto bzw. 4,73 Ct/kWh brutto.
In Kundeninformationen der Klägerin von September 2004 und August 2005, die sich auf die Tarife S I und S II beziehen, findet sich folgende Formulierung „Diese Sondervereinbarung ist kein Allgemeiner Tarif im Sinne des Energiewirtschaftsgesetzes“. Zu den weiteren Einzelheiten wird auf die als Anlagen 1 und 2 zur Akte gereichten Ablichtungen dieser Kundeninformationen Bezug genommen (Bl. 275 f. d. A.).
Am 17. Oktober 2005 erstellte die Klägerin eine Jahresabrechnung für den Abrechnungszeitraum vom 8. Oktober 2004 bis zum 5. Oktober 2005. Aus dem als Anlage K8 vorgelegten Kontokorrentauszug ergibt sich, dass die Klägerin einen Nachzahlungsbetrag von 48,69 € forderte. Zu den weiteren Einzelheiten wird auf die als Anlage K8 zur Akte gereichte Ablichtung des Kontokorrents Bezug genommen (Bl. 156 ff. d. A.). Ausweislich des Kontokorrents ist dieser Nachzahlungsbetrag auch bei der Klägerin eingegangen.
Mit Schreiben vom 28. Oktober 2005 wandte sich der Beklagte gegen die Rechnung vom 17. Oktober 2005 und widersprach der Preisanpassung zum 1. August 2005, da er sie für unbillig halte. Bis zum Nachweis für die Erforderlichkeit und Angemessenheit der Preiserhöhung werde er lediglich den alten Preis nach dem bis zum 31. Juli 2005 geltenden Tarif zuzüglich eines Aufschlages von 2 % zahlen. Zu den weiteren Einzelheiten wird auf die im Anlagenkonvolut K12 enthaltene Ablichtung des Schreibens Bezug genommen (Bl. 188 f. d. A.).
Unter dem 9. November 2005 antwortete die Klägerin auf das Schreiben des Beklagten und erläuterte nochmals die Preiserhöhung (K6, Bl. 140 f. d. A.).
Der Beklagte widersprach mit Schreiben vom 25. November 2005 wiederum der Preiserhöhung vom 1. August 2005. Zudem widersprach er der Erdgaspreiserhöhung zum 1. September 2004. Er sei lediglich verpflichten, den alten Preis nach dem bis zum 31. August 2004 geltenden Tarif zuzüglich eines Aufschlages von 2 % zu zahlen. Im Abrechnungszeitraum vom 8. Oktober 2004 bis zum 5. Oktober 2005 sei daher eigentlich nur ein Betrag von 793,84 € netto bzw. 920,86 € brutto zu zahlen gewesen, weswegen es aufgrund der von ihm geleisteten Abschlagszahlungen in Höhe von 960,00 € für den in der Rechnung vom 17. Oktober 2005 in Bezug genommenen Abrechnungszeitraum zu einer Überzahlung von 39,14 € gekommen sei. Diesen Betrag habe er von der am 1. November 2005 zu leistenden Abschlagszahlung abgezogen. Zu den weiteren Einzelheiten wird auf die im Anlagenkonvolut K12 enthaltene Ablichtung des Schreibens Bezug genommen (Bl. 190 f. d. A.).
Zum 1. Februar 2006 erhöhte die Klägerin den Arbeitspreis um weitere 0,38 Ct/kWh auf 4,46 Ct/kWh netto bzw. 5,17 Ct/kWh brutto.
Ab Februar 2006 sandte die Klägerin den Kunden sog. Infobriefe zu, mit denen sie ihre Kunden unter anderem zusätzlich über die öffentlich bekannt gemachten Preisanpassungen informierte und die Notwendigkeit der Preisanpassungen erläuterte. Zu den weiteren Einzelheiten wird auf die als Anlagenkonvolut K5 zur Akte gereichten Ablichtungen der Schreiben Bezug genommen (Bl. 124 ff. d. A.).
Im Zeitraum vom 6. Oktober 2005 bis zum 30. September 2006 leistete ausweislich des von der Klägerin vorgelegten Kontokorrents vom 10. August 2009 (Anlage K9, Bl. 156 ff. d. A.) der Beklagte folgende Abschlagszahlungen: Am 1. November 2005 in Höhe von 95,00 €, am 8. Dezember 2005 in Höhe von 44,91 €, sowie am 8. Dezember 2005, am 3. Januar, 3. Februar, 2. März, 4. April, 3. Mai, 2. Juni, 4. Juli, 2. August und 4. September 2006 in Höhe von 84,05 €, insgesamt also (95,00 € + 44,91 € + 10 x 84,05 € =) 980,41 €.
Am 18. Oktober 2006 erstellte die Klägerin eine Gaspreisabrechnung für den Abrechnungszeitraum vom 6. Oktober 2005 bis zum 30. September 2006 und legte dabei bis zum 31. Januar 2006 einen Arbeitspreis von 4,08 Cent/kWh netto und seit dem 1. Februar 2006 einen Arbeitspreis von 4,46 Cent/kWh netto zugrunde. Insgesamt ergab sich nach der Rechnung der Klägerin ein Rechnungsbetrag in Höhe von 1.308,65 €. Sie führte in der Rechnung aus, dass der Beklagten bis zum 13. Oktober 2006 Abschlagszahlungen in Höhe von 1.064,46 € geleistet habe, weswegen ein Nachzahlungsbetrag von 244,19 € offen sei.
Im Einzelnen erfolgte die Abrechnung wie folgt:
Berechnung
Preise netto
Menge
kWhTage
Betrag
Euro06.10.05-
31.01.06
Sondervereinb. SI
Sondervereinb. SIZähler-End-
Nr. 98398
Arbeitspreis
Grundpreis
4,08 Cent/kWh
120,00 Euro/Jahr
x 12.556
=
118 =
512,28
38,7901.02.06-
1.07.06
Sondervereinb. SI
Sondervereinb. SIÄnderung
Arbeitspreis
Arbeitspreis
Grundpreis
4,46 Cent/kWh
120,00 Euro/Jahr
x 10.043
=
181 =
447,92
59,5101.08.06-
30.09.06
Sondervereinb. SI
Sondervereinb. SISteuergesetz-
Änderung
Arbeitspreis
Grundpreis
4,46 Cent/kWh
120,00 Euro/Jahr
x 1.112
=
61 =
49,60
20,05
Summe Erdgas
zuzüglich 16 % Mehrwertsteuer auf19.591
357,25 €1.128,15
180,50Rechnungsbetrag Erdgas
1.308,65 €
Von dem Betrag in Höhe von 1.308,65 € zog sie bis zum 13. Oktober 2006 geleistete Abschlagszahlungen in Höhe von 1.064,46 € ab. Sie machte einen Nachzahlungsbetrag von 244,19 € geltend. Zu den weiteren Einzelheiten wird auf die im Anlagenkonvolut K7 zur Akte gereichten Ablichtungen der Rechnung Bezug genommen (Bl. 143 ff. d. A.).
Eine Nachzahlung auf die Rechnung vom 18. Oktober 2006 erfolgte durch den Beklagten nicht.
In der Zeit vom 1. Oktober 2006 bis zum 12. Oktober 2007 leistete der Beklagte ausweislich der von der Klägerin vorgelegten Kontokorrentauszüge jeweils eine Abschlagszahlungen in Höhe von 84,05 € am 4. Oktober, 2. November, 4. Dezember 2006, 3. Januar, 2. Februar, 2. März, 3. April, 3. Mai, 4. Juni, 3. Juli, 2. August, 4. September und 2. Oktober 2007, insgesamt also 13 x 84,05 € = 1.092,65 €.
Zum 1. November 2006 erhöhte die Klägerin den Arbeitspreis um 0,25 Ct/kwH auf 4,71 Ct/kWh netto bzw. 5,46 Ct/kWh brutto.
Mit Schreiben vom 6. Dezember 2006 wandte sich der Beklagte gegen die Rechnung vom 18. Oktober 2006 und widersprach der Preisanpassung zum 1. Februar 2006, da er sie für unbillig halte. Bis zum Nachweis für die Erforderlichkeit und Angemessenheit der Preiserhöhung werde er lediglich 3,26 Cent/kWh zuzüglich eines Aufschlages von 2 % zahlen. Er teilte zudem mit, dass er für den Abrechnungszeitraum vom 6. Oktober 2006 bis zum 30. September 2006 eine Überzahlung von 17,60 € geleistet habe, die er von den laufenden Abschlagszahlungen abziehen werde. Zu den weiteren Einzelheiten wird auf die im Anlagenkonvolut K12 zur Akte gereichten Ablichtungen des Schreibens Bezug genommen (Bl. 192 f. d. A.).
Am 1. Januar 2007 trat die Mehrwertsteuererhöhung von 16 % auf 19 % in Kraft.
Im Zuge der Novellierung des EnWG im Jahr 2005 waren die Rechtsverordnungen betreffend die Allgemeinen Versorgungsbedingungen überarbeitet worden. Bereits am 8. November 2006 war die Nachfolgeverordnung zur AVBGasV, die Verordnung über Allgemeinen Bedingungen für die Grundversorgung von Haushaltskunden mit Erdgas (GasGVV), in Kraft getreten. Die Klägerin beabsichtigte, gemäß den Übergangsregelungen des § 115 Abs. 3 Satz 3 EnWG die Verträger zum 1. April 2007 außerhalb der Grundversorgung mit Haushaltskunden anzupassen, und zwar auch den Vertrag mit dem Beklagten.
Die Klägerin hat ein auf den 4. Januar 2007 datiertes Schreiben an den Beklagten zur Akte gereicht, in dem sie diesem eine Vertragsanpassung und geänderten Vertragsbedingungen mitteilte. Unter anderem führte sie aus, dass für die Preisänderung nunmehr folgende Bedingung gelte:
„Der Erdgaspreis ändert sich, wenn eine Änderung der Preise der [Klägerin] für die Grundversorgung eintritt; es ändert sich der Arbeitspreis um den gleichen Betrag in Cent/kWh, der Grundpreis um den gleichen Betrag in Euro/a. Die Preisänderung wird zu dem in der öffentlichen Bekanntgabe über die Änderung der Erdgaspreise genannten Zeitpunkt wirksam. Im Falle der Preisänderungen hat der Kunde ein Sonderkündigungsrecht. Der Kunde ist berechtigt, dass Vertragsverhältnis mit zweiwöchiger Frist zum Wirksamwerden der Preisänderung zu kündigen.“
Diese Klausel entspricht Ziffer 4 der beigefügten AGB. In dem Schreiben teilte sie auch mit, dass sich die Bezeichnung des Tarifs von SI in „X Erdgas classic“ geändert habe. Sie wies darauf hin, dass für den Fall, dass der Beklagte mit den Änderungen nicht einverstanden sei, diesen bis zum 31. März 2007 schriftlich widersprechen müsse. Ferner teilte sie dem Beklagten mit, ihm seien sowohl der Text der GasGVV als auch die geänderten AGB übermittelt worden. Zu den weiteren Einzelheiten wird auf die als Anlage K18 zur Akte gereichte Ablichtung des Schreibens Bezug genommen (Bl. 253 ff. d. A.).
Inwieweit dem Beklagten dieses Schreiben nebst Anlagen zugegangen ist, ist streitig.
Zum 1. April 2007 senkte die Klägerin den Arbeitspreis um 0,40 Ct/kWh auf 4,31 Ct/kWh netto bzw. 5,13 Ct/kWh brutto.
Am 17. Oktober 2007 erstellte die Klägerin eine Gaspreisabrechnung für den Abrechnungszeitraum vom 1. Oktober 2006 bis zum 12. Oktober 2007 bei einem Gesamtverbrauch von 19.591 kWh und legte für die Berechnung der Arbeitspreise und Grundpreise die Sondervereinbarung S1 sowie ab dem 1. April 2007 den Tarif „classic“ zugrunde. Zudem berücksichtigte sie die Mehrwertsteueränderung zum 1. Januar 2007 bei der Berechnung des Grundpreises taggenau. Im Einzelnen erfolgte die Abrechnung wie folgt:
Berechnung
Preise netto
Menge
kWhTage
Betrag
Euro01.10.06-
31.10.06
Sondervereinb. SI
Sondervereinb. SIZähler-End-
Nr. 98398
Arbeitspreis
Grundpreis
4,46 Cent/kWh
120,00 Euro/Jahr
x 1.624
=
31 =
72,43
10,1901.11.06-
31.12.06
Sondervereinb. SI
Sondervereinb. SIÄnderung
Arbeitspreis
Arbeitspreis
Grundpreis
4,71 Cent/kWh
120,00 Euro/Jahr
x 5.405
=
61 =
254,58
20,0501.01.07-
31.03.07
Sondervereinb. SI
Sondervereinb. SIÄnderung
Mehrwert-
steuer
Arbeitspreis
Grundpreis
4,71 Cent/kWh
120,00 Euro/Jahr
x 8.204
=
90 =
386,41
29,5901.04.07-
12.10.07
classic
classicTarifänderung
Arbeitspreis
Grundpreis
4,31 Cent/kWh
120,00 Euro/Jahr
x 4.358
=
195 =
187,83
64,11
Summe Erdgas
19.591
1.025,19
zuzüglich 19 % Mehrwertsteuer auf
zuzüglich 16 % Mehrwertsteuer auf667,94 €
357,25 €126,91
57,16Rechnungsbetrag Erdgas
1.209,26 €
Von dem Betrag in Höhe von 1.209,26 € zog sie bis zum 12. Oktober 2007 geleistete Abschlagszahlungen in Höhe von 764,41 € ab. Sie machte einen Nachzahlungsbetrag von 444,85 € sowie 2,50 € „Mahnkosten Nov. 06“ geltend. Zu den weiteren Einzelheiten wird auf die im Anlagenkonvolut K7 zur Akte gereichten Ablichtungen der Rechnung Bezug genommen (Bl. 147 ff. d. A.).
Mit Schreiben vom 11. Januar 2008 wandte sich der Beklagte gegen die Rechnung vom 17. Oktober 2007 und widersprach der Preisanpassung zum 1. November 2006, da er sie für unbillig halte. Bis zum Nachweis für die Erforderlichkeit und Angemessenheit der Preiserhöhung werde er daher als Arbeitspreis lediglich 3,33 Cent/kwH zuzüglich eines Aufschlages von 2 % zahlen. Zudem bestreite er die Rechtmäßigkeit der Mahnkosten. Er werde daher nur eine Nachzahlung von 228,70 € leisten. Zu den weiteren Einzelheiten wird auf die im Anlagenkonvolut K12 zur Akte gereichten Ablichtungen des Schreibens Bezug genommen (Bl. 194 f. d. A.).
Zum 1. April 2008 erhöhte die Klägerin die Arbeitspreise um 0,50 Ct/kWh auf 4,81 Ct/kWh netto bzw. 5,72 Ct/kWh brutto; zum 1. August 2008 erhöhte sie den Arbeitspreis um weitere 0,80 Ct/kWh auf 5,61 Ct/kWh netto bzw. 6,68 Ct/kWh brutto.
In der Zeit vom 13. Oktober 2007 bis zum 22. September 2008 leistete der Beklagte ausweislich des von der Klägerin vorgelegten Kontokorrentauszüge folgende Abschlagszahlungen an die Klägerin: Am 2. November 2007, 4. Dezember 2007 und am 3. Januar 2008 in Höhe von je 84,05 €, am 4. Februar, 4. März, 2. April, 5. Mai, 3. Juni, 2. Juli, 4. August und am 2. September in Höhe von je 77,75 €, insgesamt mithin (3 x 84,05 € + 8 x 77,75 € =) 874,15 €. Zudem leistete der Beklagte am 16. Januar 2008 eine weitere Zahlung in Höhe von 209,80 €. Am 2. Oktober 2008 leistete er eine weiter Abschlagszahlung in Höhe von 77,75 €. Zu den weiteren Einzelheiten wird auf die als Anlagen K8 und BB6 zur Akte gereichte Ablichtungen der Kontokorrentauszüge Bezug genommen (Bl. 156 ff., 540 ff. d. A.).
Am 21. Oktober 2008 erstellte die Klägerin eine Gaspreisabrechnung für den Abrechnungszeitraum vom 13. Oktober 2007 bis zum 22. September 2008 und legte für die Berechnung der Arbeitspreise und Grundpreise den Tarif „classic“ zugrunde. Bis zum 31. März 2008 legte sie bei einem Verbrauch von 19.494 kWh einen Arbeitspreis von 4,31 Cent/kWh netto, vom 1. April 2008 bis zum 31. Juli 2008 bei einem Verbrauch von 3.775 kWh einen Arbeitspreis von 4,81 Cent/kWh netto und vom 1. August 2008 bis zum 22. September 2008 bei einem Verbrauch von 768 kWh einen Arbeitspreis von 45,61 Cent/kWh netto zugrunde. Den Grundpreis von 120 €/Jahr netto rechnete sie für insgesamt 346 Tage ab, und zwar in Höhe von 55,89 € netto für 171 Tage, in Höhe von 40,11 € netto für weitere 122 Tage und in Höhe von 17,42 € netto für weitere 53 Tage, mithin insgesamt in Höhe von 113,42 € netto. Insgesamt machte sie einen Rechnungsbetrag in Höhe von 1.402,14 € brutto geltend. Im Einzelnen erfolgte die Abrechnung wie folgt:
Berechnung
Preise netto
Menge
kWhTage
Betrag
Euro31.10.07-
31.03.07
classic
classicZähler-End-
Nr. 98398
Arbeitspreis
Grundpreis
4,31 Cent/kWh
120,00 Euro/Jahr
x 19.494
=
171=
840,19
55,8901.04.08-
31.07.08
classic
classicÄnderung
Arbeitspreis
Arbeitspreis
Grundpreis
4,81 Cent/kWh
120,00 Euro/Jahr
x 3.775
=
122=
181,58
40,1101.08.08-
22.09.08
classic
classicÄnderung
Arbeitspreis
Arbeitspreis
Grundpreis
5,61 Cent/kWh
120,00 Euro/Jahr
x 768
=
53 =
43,08
17,42
Summe Erdgas
24.037
1.178,27
zuzüglich 19 % Mehrwertsteuer auf
1.178,27 €
223,87
Rechnungsbetrag Erdgas
1.402,14
Ausweislich der Rechnung zog sie von dem Betrag in Höhe von 1.402,14 € bis zum 16. Oktober 2009 geleistete Abschlagszahlungen in Höhe von insgesamt 714,35 € ab und machte einen Nachzahlungsbetrag in Höhe von 687,79 € geltend. Zu den weiteren Einzelheiten wird auf die im Anlagenkonvolut K7 zur Akte gereichten Ablichtung der Rechnung Bezug genommen (Bl. 151 ff. d. A.).
Mit Schreiben vom 22. Dezember 2008 wandte sich der Beklagte gegen die Rechnung vom 21. Oktober 2008 und widersprach den Preisanpassungen zum 1. April und zum 1. August 2008, da er sie für unbillig halte Bis zum Nachweis für die Erforderlichkeit und Angemessenheit der Preiserhöhung werde er lediglich den alten Preis in Höhe von 3,39 Cent/kWh zuzüglich eines Aufschlages von 2 % zahlen, behalte sich aber auch die Rückforderung dieses Aufschlags vor. Für den in der Rechnung vom 21. Oktober 2008 benannten Abrechnungszeitraum ergebe sich daher lediglich ein Nachzahlbetrag von 417,51 €, den er heute überwiesen habe. Zu den weiteren Einzelheiten wird auf die im Anlagenkonvolut K12 zur Akte gereichten Ablichtungen des Schreibens Bezug genommen (Bl. 196 f. d. A.).
Im Weiteren änderte die Klägerin die Gaspreise noch mehrfach.
Sämtliche Preisanpassungen wurden von der Klägerin in der örtlichen Tagespresse sowie in den für den Kunden kostenlos erhältlichen Anzeigenblättern zuvor öffentlich bekannt gemacht. Neben den öffentlichen Bekanntmachungen und Infobriefen wurde der Beklagte auch auf der Homepage der Klägerin über sämtliche genannten Preisanpassungen informiert.
Die Klägerin lieferte dem Beklagten die in den jeweiligen Jahresabrechnungen angegebenen Energiemengen.
Mit Vertrag vom 10. Juni 2010 gliederte die Klägerin im Zuge einer konzerninternen Umstrukturierung nach den Vorschriften des Umwandlungsgesetzes ihr Energiegeschäft, worunter auch der streitgegenständliche Vertrag fällt, auf ihre 100 % ige Tochtergesellschaft X Energie AG im Wege der partiellen Gesamtrechtsnachfolge gemäß § 123 Abs. 3 Nr. 1 UmwG aus. Die Ausgliederung wurde am 1. Juli 2010 ins Handelsregister eingetragen. Für die Einzelheiten wird auf die als Anlage BB8 zur Akte gereichte Ablichtung eines Auszuges des Ausgliederungs- und Übernahmevertrags vom 10. Juni 2010 und den als Anlage BB9 zur Akte gereichten Auszug aus dem Handelsregister Bezug genommen (Bl. 558 ff. d. A.).
Die Klägerin hat behauptet, sie habe zusammen mit dem Antragsformular für die Herstellung eines Erdgas-Hausanschlusses und den Abschluss eines Erdgaslieferungsvertrags dem Beklagten einen Abdruck der bundeseinheitlichen Rechtsverordnung über Allgemeine Bedingungen für die Gasversorgung von Tarifkunden (AVBGas) übersandt. Als Beweis für den Erhalt der vorgenannten Allgemeinen Bedingungen hat sie erstinstanzlich das Zeugnis des Herrn M. angeboten, der Mitarbeiter des Unternehmens, der Fa. S. in O., sei, das im Auftrag der Klägerin die Vertragsbestätigungen samt Anlagen an die Kunden übersende (Bl. 12 d. A.).
Der Beklagte habe bis zum 1. Februar 2006 die von ihr vorgenommenen Preisanpassungen zunächst akzeptiert. Auf die Jahresrechnung vom 2006/2007 habe der Beklagte keine Nachzahlung geleistet. Zugleich hat sie zum Zahlungsverhalten des Beklagten aber auf die von ihr vorgelegte Kontokorrentübersicht Bezug genommen. Das Schreiben vom 4. Januar 2007 sei dem Beklagten zugegangen.
Grund für die Notwendigkeit der Gaspreiserhöhung seien die steigenden Beschaffungskosten für Erdgas gewesen. Die Preiserhöhung sei unumgänglich gewesen, da steigende Ölpreise die Erdgaspreise ebenfalls in die Höhe hätten schnellen lassen und die niedrigen Preise daher nicht mehr hätten beibehalten werden können. Die von ihr geschlossenen jeweiligen Lieferverträge enthielten Preisanpassungsklauseln, die den Bezugspreis an die Entwicklung des Ölpreises bänden. Sie könne sich einem Einkauf mit Ölpreisbindung nicht entziehen. Sie habe noch nicht einmal vollständig die Erhöhung ihrer eigenen Vorlieferantenpreise weitergegeben. Zum Nachweis dieser Behauptung hat die Klägerin einen Wirtschaftsprüfer mit der Erstellung einer Wirtschaftsprüferbescheinigung beauftragt. In dieser Bescheinigung der E.-AG vom 1. August 2008 wird unter anderem ausgeführt: „Hieraus ergibt sich, dass an die Gruppen der Haushaltskunden insgesamt im Rahmen der vorgenommenen Preisanpassungen weniger als die tatsächliche Steigerung der durchschnittlichen mengengewichteten Bezugskosten weiter gegeben werden“. In einem weiteren Schreiben der E.-AG vom selben Tage führt diese aus, dass die kumulierten Mehrkosten, die die Klägerin in dem Gesamtzeitraum vom 1. September 2004 bis 30. Juni 2008 auf Grund von Bezugkostensteigerungen zu tragen gehabt habe, 1.143,95 Millionen € betragen hätte. Dagegen seien im gleichen Zeitraum lediglich Mehrerlöse von 832,54 Millionen € erzielt worden. Zu den weiteren Einzelheiten wird auf die als Anlagen K16 und K19 zur Akte gereichten Ablichtungen der Schreiben Bezug genommen (Bl. 206 ff., 258 ff. d. A.). Im Übrigen hat die Klägerin Schreiben von Gaslieferanten vorgelegt, in denen dargelegt wird, dass der Anstieg der Erdgaskosten Konsequenz des ölpreisgebundenen Einkauf sei. Zu den weiteren Einzelheiten wird auf die als Anlagenkonvolut K17 zur Akte gereichten Ablichtungen der Schreiben Bezug genommen (Bl. 229 ff. d. A.).
Auch zeige der Umstand, dass auch andere Energieversorgungsunternehmen die Erdgaspreise erhöht hätten, dass der Grund für die steigenden Erdgaspreise im starken Anstieg der Preise für Heizöl gelegen habe, der über die Ölpreisbindung in den Bezugsverträgen die Bezugspreise beeinflusst habe.
Sie habe auch keine Möglichkeit gehabt, die Bezugskostensteigerungen durch rückläufige Kosten in anderen Preisbestandteilen zu kompensieren, vielmehr seien auch die sonstigen Kosten von 2003 bis 2006 gestiegen. Lediglich 2007 sei ein Rückgang zu verzeichnen gewesen, der allerdings nur eine echte Kostenentlastung in Höhe von 13,5 Mio € zur Folge gehabt habe. Sie führt insoweit einzelne Positionen der Jahresabschlüssen 2003 bis 2007 auf. Da sie aber wegen nicht vollständiger Weitergabe der Bezugskostensteigerung schon bis Ende März 2007 einen Rückgang der Marge um 185,88 Mio. € hingenommen habe, der bis Ende März 2008 auf 292,9 Mio. € gestiegen sei, habe der Rückgang von Kosten in anderen Bereichen keine weitergehende Preisanpassung der Klägerin gerechtfertigt.
Zudem sei sie im Vergleich ein preisgünstiges Unternehmen. Sie hat insoweit auf Preisvergleiche des Bundeskartellamtes zum 15. November 2006 und zum 15. Oktober 2007 Bezug genommen (Anlagenkonvolut K9, Bl. 160 ff. d. A.).
Sie habe keine Monopolstellung. Vielmehr habe sie aufgrund des Wettbewerbs, in dem sie sich beim Verkauf des Erdgases behaupten müsse, keine unbegrenzte Preisgestaltungsfreiheit. Es herrsche ein Gas-zu-Gas-Wettbewerb zwischen den einzelnen Erdgasvorsorgungsunternehmen. Zudem müsse sie sich wegen der Substituierbarkeit von Erdgas dem Wettbewerb auf dem Wärmemarkt seit jeher stellen.
Sie ist der Ansicht gewesen, die Preisanpassungen seien wirksam gewesen. Bis zum 31. März 2007 sei die Preisanpassung auf der Grundlage des einseitigen Preisanpassungsrechts nach § 4 AVBGasV erfolgt. Diese Vorschrift sei unmittelbar anwendbar, da der Beklagten kein Sondervertragskunde im eigentlichen Sinne gewesen sei. Denn unter Geltung der AVBGasV habe sie den Kunden abhängig von seinem Verbrauch automatisch nach der sog. Bestpreisabrechnung eingestuft.
Die unmittelbare Anwendbarkeit des § 4 AVBGasV könne daher nicht von dem Umstand abhängen, ob der Kunde mehr oder weniger als 5.000 kWh pro Jahr verbrauche. Vielmehr sei der Bestpreisabrechnung durch eine unmittelbare Anwendung der Norm Rechnung zu tragen. Bei dem Sondertarif handele es sich um keine Sondervereinbarung, sondern um einen Tarif, der neben dem allgemeinen Tarif einer unbestimmten Vielzahl von Endabnehmern angeboten werde. Jedenfalls sei die Geltung des § 4 AVBGasV i. V. m. §§ 305 ff. BGB vertraglich vereinbart worden, weswegen sie die Preisanpassungen hierauf habe stützen können. Wesentlich sei, dass der Beklagte ausweislich des Schreibens vom 18. Mai 1998 bestätigt habe, die Verordnung über Allgemeinen Versorgungsbedingungen und die ergänzenden Bestimmungen dazu erhalten und anerkannt zu haben. Diese Bestätigung verstoße auch nicht gegen § 307 BGB. Die AGB seien auch wirksam, da sie keine unangemessene Benachteiligung darstellten. Im Übrigen sei die Regelung des § 310 Abs. 2 Satz 1 BGB zu beachten.
Soweit man von einer nicht wirksamen Einbeziehung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen ausgehe, greife jedenfalls gemäß § 306 Abs. 2 BGB der § 4 AVBGasV als dispositives Gesetzesrecht ein. Insoweit sei die gesetzliche Anpassungspflicht nach § 115 Abs. 3 Satz 3 EnWG zu beachten.
Im Übrigen ergebe sich ein Preisanpassungsrecht aus einer gemäß § 306 Abs. 2 BGB erforderlichen ergänzenden Vertragsauslegung. Das Preisanpassungsrecht habe sich auch in § 41 Abs. 1 Nr. 1 EnWG manifestiert. Auch ergebe sich daraus, dass der Beklagten einen inflationsbedingten und mehrwertsteuerbedingten Aufschlag anerkannt habe, dass er ebenfalls den Willen gehabt habe, eine dynamische Preisregelung zu wollen.
Auch wäre eine fehlende Preisanpassungsmöglichkeit wirtschaftlich unzumutbar. Sie sähe sich Rückforderungsansprüchen in dramatischer Höhe ausgesetzt. Sie habe keine Möglichkeit, sich diese Beträge zurückzuholen. Auch könnten Liquiditätsengpässe bestehen, wenn sie verpflichtet sei, das Gas zu den einmal vereinbarten Bedingungen zu verkaufen. Dadurch könne möglicherweise die sichere Versorgung der Allgemeinheit mit Gas gefährdet werden. Das Bestehen eines Kündigungsrechtes ändere daran nichts, da ihr aus kartellrechtlichen Gründen eine Kündigung zum Zwecke der Preisanpassung nicht zustehe. Ein Festhalten an den Verträgen sei aber aus wirtschaftlicher Sicht unzumutbar und führe in die Nähe der Existenzbedrohung. Auch aus praktischen Gründen sei eine Kündigung der Verträge nicht möglich, da der Zeitpunkt, zu dem eine ordentliche Kündigung möglich sei, von Kunde zu Kunde variiere. Zudem stiegen die Bezugspreise losgelöst von etwaigen Kündigungsfristen. Dies könne dazu führen, dass die Klägerin bei einer Kündigung Preissteigerungen unter Umständen erst ein Jahr später an die Kunden weitergeben könne. Zudem trage die Klägerin dann eine Vorfinanzierungslast. Auch könne die Klägerin nur erkennen, dass sie den Vertrag kündigen müsse, wenn der Abnehmer widersprochen habe. Zudem stelle die Kündigung aller Kunden einen enormen Aufwand dar, da es sich um ein Massengeschäft handele, was wiederum zu einer Verteuerung der Gaspreise führe.
Jedenfalls seien die Preise zwischen den Parteien konkludent zwischen den Parteien vereinbart worden. Sie habe durch die Veröffentlichung der neuen Preise ihr Anpassungsverlangen deutlich gemacht. Sie habe auch aus § 313 Abs. 1 BGB einen Anspruch auf Vertragsanpassung. Der Beklagte habe durch die Nichtbeanstandung bzw. nicht rechtzeitige Beanstandung der Preise und Weiterbezug des Gases dem Anpassungsverlangen zugestimmt.
Soweit man davon ausgehe, dass auch keine konkludente Preisvereinbarung erfolgt sei, sei der Vertrag gemäß § 306 Abs. 3 BGB gesamtnichtig, da das Festhalten an dem Vertrag unzumutbar sei. Da Energie bezogen worden sei, sei dann aber jedenfalls ein Vertrag zu zustande gekommen und müsse der Preis den Grundsätzen der §§ 315 f. BGB entsprechen.
Seit dem 1. April 2007 ergebe sich das Preisanpassungsrecht aus den neuen AGB; diese Regelung sei wirksam. Selbst wenn eine Einbeziehung scheitern sollte, ergebe sich das Preisanpassungsrecht aus § 5 Abs. 2 i. V. m. § 6 Abs. 1 Satz 2 GasGVV als dispositivem Gesetzesrecht, aus ergänzender Vertragsauslegung, einer konkludenten Preisanpassung oder aus einem faktischen Vertragsverhältnis auf Grund der Gesamtnichtigkeit des Vertrags
Die durch sie erfolgten Preisanpassungen seien auch vertragsgemäß erfolgt bzw. hätten der Billigkeit entsprochen. Dabei sei die Billigkeitskontrolle bezüglich des vereinbarten Anfangspreises und der nicht rechtzeitig gerügten Unbilligkeit ausgeschlossen. Auch die auf Grundlage des Preisanpassungsrechts nach Ziffer 4 der AGB ab dem 1. April 2007 vorgenommenen Preisanpassungen unterlägen keine Billigkeitskontrolle, da es sich um einen Spannungsklausel im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 1 Preisklauselgesetz handele. Im Übrigen genügten nach dem Vergleichsmarktprinzips die Preisanpassungen dem Billigkeitsmaßstab nach § 315 BGB. Das Vergleichsmarktprinzip sei vorrangig. Durch Vorlage verschiedener Erdgaspreisvergleiche habe sie den Nachweis erbracht, dass ihre Preise zu den günstigsten am Markt gehören und damit marktüblich sind und den Grundsätzen der Billigkeit entsprächen. Bezüglich der vorgelegten Energiepreisvergleiche wird auf die Anlagenkonvolute K9 und K10 Bezug genommen (Bl. 160 ff. d. A.).
Die Kosten hinsichtlich der Klagerücknahme habe der Beklagte gemäß § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO zu tragen, da er diese veranlasst habe.
Am 29. Dezember 2008 ist beim Amtsgericht Uelzen ein Antrag der Klägerin auf Erlass eines Mahnbescheides über eine Hauptforderung betreffend Versorgungsleistungen – Strom, Wasser, Gas, Wärme – laut Rechnung Nr. 8310 0400 0660 vom 21. Oktober 2008 in Höhe von 687,79 € nebst Zinsen seit Zustellung des Mahnbescheids gegen den Beklagten eingegangen. Am 30. Dezember 2008 hat der Beklagte auf die vorgenannte Rechnung einen Betrag in Höhe von 417,51 € gezahlt. Am 31. Dezember 2008 hat das Mahngericht den beantragten Mahnbescheid erlassen (Az.: 08-0780833-0-2). Nach Einlegung eines Widerspruchs durch den Beklagten und Zahlung der Kosten für das streitige Verfahren durch die Klägerin ist das Verfahren an das Amtsgericht Eberswalde abgegeben worden, wo es am 26. Juni 2009 einging.
Mit am 6. Oktober 2009 eingegangenem Schriftsatz hat die Klägerin ihren Anspruch begründet und zugleich die Klage, soweit der Rechungsbetrag gezahlt worden ist, teilweise zurückgenommen. Dieser Schriftsatz ist dem Beklagten am 10. Oktober 2009 zugegangen.
Die Klägerin hat sodann erstinstanzlich beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an sie 270,28 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
hilfsweise, den Rechtsstreit an das Landgericht Frankfurt (Oder) – Kammer für Handelssachen – zu verweisen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat vorgetragen, aus dem Anmeldungsblatt vom 26. Februar 1998 ergebe sich gerade nicht, dass ihm das Klauselwerk in diesem Zeitpunkt vorgelegen habe. Dies werde bestritten. Am 26. Februar 1998 habe ihm das Klauselwerk nicht vorgelegen. Den Preiserhöhungen habe er spätestens bei Vorlage der jeweils nachfolgenden Jahresabrechnung der Klägerin widersprochen. Die von der Klägerin geltend gemachte Bezugskostensteigerung hat er mit Nichtwissen bestritten. Auch hat er bestritten, dass den Wirtschaftsprüfern alle Unterlagen vorgelegten hätten.
Er ist der Ansicht gewesen, das Vertragsverhältnis sei nicht als Tarifkundenverhältnis im Rahmen der Anschluss- und Versorgungspflicht nach § 36 EnWG zu qualifizieren. Vielmehr handele es sich bei dem Vertragstyp „Sondervereinbarung I“ um einen Sonderkundenvertrag mit Haushaltskunden i.S.d. § 41 EnWG. Dies ergebe sich schon aus den eigenen Verlautbarungen der Klägerin. Auch ändere die Tatsache, dass die Sonderkundenverträge regelmäßig zu standardisierten Bedingungen geschlossen würden, nichts an der Einordnung als Sondervereinbarung. Die AVBGasV sei auch nicht wirksam einbezogen worden. Am 26. Februar 1998 habe er seine Vertragserklärung abgeben, ohne dass ihm in diesem Zeitpunkt die AGB vorgelegen hätten. Eine Bestätigungsklausel, wonach der Kunde die AGB zur Kenntnis genommen habe, besitze im Regelfall keinen Beweiswert hinsichtlich ihrer eigenen Richtigkeit. Die nachträgliche Übersendung ändere nichts daran, dass der Vertrag ohne Einbeziehung der AVBGasV zustande gekommen sei. Der Anmeldebogen vom 18. Mai 1998 betreffe nur den Hausanschluss des Beklagten. Der Versorgungsvertrag sei zu diesem Zeitpunkt schon abgeschlossen gewesen. Eine nachträgliche Einbeziehung sei nicht erfolgt.
Selbst wenn die § 4 AVBGasV in den Vertrag einbezogen worden sein sollte, würde die Vorschrift an der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB, weil sie zum einen schon nicht klar erkennen lasse, dass aus ihr überhaupt ein Preisänderungsrecht folgen solle. Zudem nenne § 4 AVBGasV keinerlei Kriterien, nach denen der Kunde Zeitpunkt und Umfang einer in Anspruch genommenen Preiserhöhung mit Blick auf die Ermächtigungsklausel kontrollieren könne. Jedenfalls würde die Bestimmung des § 4 AVBGasV ab November 2007 der Inhaltskontrolle nicht standhalten. Denn nach § 310 Abs. 2 BGB blieben Klauselwerke von Energieversorgungsunternehmen nur insoweit von der Inhaltskontrolle ausgenommen, als sie den jeweils anwendbaren Verordnungen entsprechen. § 115 Abs. 3 Satz 3 EnWG statuiere aber, dass laufende Verträge binnen einer Frist von einem Jahr an die GasGVV angepasst werden müssten. Da die GasGVV im November 2006 in Kraft getreten sei, müsse jedenfalls ab November 2007 die Inhaltskontrolle gemäß § 307 BGB möglich sei.
Weder § 306 BGB noch § 115 Abs. 3 EnWG führten zu einer Anwendung von § 4 AVBGasV. Auch eine ergänzende Vertragsauslegung führe nicht zu einem Preisänderungsrecht, da ein Nichtbestehen des Preisänderungsrechts aufgrund der bestehenden Kündigungsmöglichkeit nicht unzumutbar sei. Zudem seien Anhaltspunkte für einen hypothetischen Parteiwillen nicht erkennbar.
Ein Preisänderungsrecht sei auch nicht konkludent vereinbart worden. Dies ergebe sich schon daraus, dass der Beklagte den Preiserhöhungen widersprochen habe.
Es sei zu keiner Vertragsänderung ab dem 1. April 2007 gekommen; jedenfalls sei die Regelung, auf die die Klägerin Bezug nehme, unwirksam.
Zudem hat er die Einrede der Unbilligkeit der Leistungsbestimmung erhoben. Die Darlegungs- und Beweislast für die Kostensteigerung treffe die Klägerin. Die Testate der Wirtschaftsprüfer stellten keine Beweismittel dar, zumal diesen noch nicht einmal zu entnehmen sei, welche Unterlagen den Wirtschaftsprüfern vorgelegen hätten und wie sichergestellt worden sei, dass ihnen alle Unterlagen vorgelegen hätten. Die Klägerin sei bei einer ihrer Lieferanten Hauptaktionärin. Das Gericht müsse prüfen, ob in der Lieferkette nicht unzulässig hohe Margen vereinbart worden seien. Auch lasse sich den vorgelegten Schreiben nicht entnehmen, inwieweit bzw. mit welchen Anteil das Erdgas für Lieferungen an den Beklagten verwendet worden seien. Auch ergebe sich nicht, ob es noch weitere Lieferanten gebe. Es sei auch davon auszugehen, dass die Klägerin selbst Erdgas fördere. Der Beweis der Billigkeit könne nur durch einen gerichtlich bestellten Sachverständigen geführt werden, wobei alle in die Prüfung einzubeziehenden Unterlagen dem Beklagten zugänglich zu machen seien.
Die Abrechnung vom 21. Oktober 2008 sei auch deswegen unrichtig, weil der Beklagte vom 1. November 2007 bis zum 1. Oktober 2008 zwölf Zahlungen geleistet habe, und zwar dreimal 84,05 € und neunmal 77,75 €, insgesamt mithin 951,90 € und nicht lediglich 714,35 €.
Die Kosten im Hinblick auf die teilweise Klagerücknahme habe die Klägerin zu tragen, da aufgrund der Zuvielforderung kein Verzug vorgelegen habe.
Der Beklagte hat zudem die Zuständigkeit des Amtsgerichts unter Berufung auf § 102 EnWG gerügt.
Er ist darüber hinaus der Ansicht gewesen, unter Zugrundelegung des zutreffenden Arbeitspreises von 3,2 Cent ergebe die Abrechnung vom 21. Oktober 2008 bei einem Verbrauch von 24.037 kWh ein Gesamtpreis von 1.050,29 € brutto. Abzüglich der Abschlagszahlungen in Höhe von 951,90 €, verbleibe ein zu zahlender Betrag in Höhe von 98,39 €. Da er insoweit 319,12 € zuviel gezahlt habe, habe die Klägerin ihm diesen Betrag zurückzuerstatten.
Im Hinblick auf die Abrechnung vom 17. Oktober 2007 sei unter Zugrundelegung des Arbeitspreises von 3,2 Cent und unter Berücksichtigung der Mehrwertsteueränderung von einer Rechnungssumme brutto in Höhe von 885,84 € auszugehen. Hiervon seien die Abschlagszahlungen in Höhe von insgesamt 1.008,60 € abzuziehen. Es bestehe mithin ein Guthaben von 122,76 €, das er von der Klägerin zurückverlangen könne.
Mit Schriftsatz vom 12. Februar 2010, dem Kläger zugestellt am 19. Februar 2010, hat der Beklagte daher widerklagend beantragt,
die Klägerin zu verurteilen, an ihn (319,12 € + 122,76 € =) 441,88 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Klägerin hat beantragt,
die Widerklage abzuweisen.
Sie ist der Ansicht gewesen, der mit der Widerklage geltend gemachte Anspruch bestehe nicht, weil die Preisanpassungen rechtmäßig gewesen seien. Zudem treffe die Berechnung des Beklagten nicht zu. So gehe er von einem Grundpreis von 113,42 € aus, obwohl ein derartiger Preis nie vereinbart worden sei. Vielmehr ergebe sich aus den Abrechnungen, dass der Grundpreis 120,00 € betrug. Auch sei jedenfalls nicht ein Grundpreis von 3,2 Cent/kWh zugrunde zu legen, da der Beklagte der Preiserhöhung von 3,2 Cent/kWh auf 3,6 Cent/kWh nicht rechtzeitig, sondern vielmehr erst weit über einem Jahr nach der Preiserhöhung erklärt habe.
Mit Urteil vom 16. April 2010, dem Beklagten zugestellt am 28. April 2010, hat das Amtsgericht dem Klageantrag in Höhe von 190,38 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 8. Januar 2009 stattgegeben, die Widerklage abgewiesen, 44 % der Kosten der Klägerin und 56 % der Kosten dem Beklagten auferlegt und die Berufung zugelassen.
Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass das Amtsgericht Eberswalde für den Rechtsstreit zuständig sei, da eine ausschließliche Zuständigkeit des Landgerichts Frankfurt (Oder) gemäß § 102 EnWG nicht gegeben sei. Denn streitgegenständlich sei eine Zahlungsklage, die ihre Anspruchsgrundlage im Bürgerlichen Gesetzbuch fände, nicht jedoch in den Vorschriften des Energiewirtschaftsgesetzes. Auch sei keine Frage des Energiewirtschaftsgesetzes vorgreiflich.
Der Klägerin stehe ein Anspruch aus § 433 BGB wegen der von ihm in Anspruch genommenen Gasversorgung im Zeitraum vom 13. Oktober 2007 bis zum 22. September 2008 in der austenorierten Höhe zu. Die Klägerin sei berechtigt gewesen, den Arbeitspreis auf 5,61 Cent/kWh anzuheben, da die Parteien bei Vertragsschluss die Geltung der AVBGasV wirksam vereinbart hätten. Soweit der Beklagte vortrage, er könne sich nicht erinnern, ob er die AVBGasV erhalten habe, dringe er mit dem Einwand nicht durch, da ein Bestreiten mit einem „Nicht-mehr-erinnen-Können“ unzulässig sei. Darüber hinaus spreche die Vollständigkeit und Richtigkeit der vom Beklagten erstellten Erklärung dafür, dass er tatsächlich die Verordnung über die Allgemeine Versorgungsbedingungen und die ergänzenden Bestimmungen erhalten habe. Dies gelte insbesondere unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Beklagte in dem Schreiben vom 18. Mai 1998 Streichungen vorgenommen hätte. Dies zwinge zu dem Schluss, dass der Beklagte, sofern er die Verordnung über Allgemeine Versorgungsbedingungen und die ergänzenden Bedingungen hierzu erhalten hätte, den entsprechenden Passus ebenfalls gestrichen hätte.
Der als AGB einbezogene § 4 AVBGasV sehe eine Preisanpassungsklausel vor. Diese sei nach Ansicht des Gerichts auch wirksam, da sie als gesetzliches Leitbild keine unangemessene Benachteiligung darstelle.
Die Preisanpassung sei auch nicht unbillig, da der Beschaffungsarbeitspreis für die Klägerin entsprechend der Kopplung des Gaspreises an den Mineralölpreis erheblich gestiegen sei. Die Preisanpassung sei auch für den Beklagten nicht unbillig, da er ohne Weiteres zu einem anderen Versorger habe wechseln können.
Der Anspruch sei jedoch nur in Höhe der austenorierten Summe begründet, da sich aus der von der Klägerin selbst eingereichten Anlage K8 ergebe, dass der Beklagte vom 1. November 2007 bis zum 2. September 2008 3 x 84,05 € und 8 x 77,75 €, mithin insgesamt 874,19 € gezahlt habe. Da die Klägerin lediglich Abschlagszahlungen von 714,35 € in Ansatz gebracht habe, sei die Klage hinsichtlich der Differenz von 79,90 € abzuweisen.
Die Widerklage sei abzuweisen, da dem Beklagten ein Anspruch aus § 812 BGB nicht zustehe. Aus der Abrechnung vom 21. Oktober 2008 stehe der Klägerin ein Anspruch aus 1.402,14 € zu. Hierauf habe der Beklagte 874,15 € und 417,51 € gezahlt, so dass eine Überzahlung nicht vorliege. Hinsichtlich der Abrechnung vom 17. Oktober 2007 habe der Klägerin ein Anspruch über 1.209,26 € zugestanden. Hierauf habe der Beklagte nach eigener Berechnung 1.008,60 € gezahlt, so dass eine Überzahlung ebenfalls nicht vorliege.
Mit einem nach Verkündung des Urteils eingegangenen Schriftsatz vom 16. April 2010 hat der Beklagte ausgeführt, dass nicht nachvollzogen werden könne, wie der von der Klägerin zum 1. September 2004 erhöhte Arbeitspreis zum vereinbarten Preis geworden sein könne. Da es sich um einen Sonderkundevertrag handele, dürfe einem Schweigen kein Erklärungswert zukommen. Der angesetzte Grundpreis von 113,42 € netto sei auch von der Klägerin angenommen worden.
Gegen das Urteil wendet sich der Beklagte mit seiner vorab per Telefax am 7. Mai 2010 beim Landgericht eingegangenen und zugleich begründeten Berufung. Er rügt die Verletzung materiellen Rechts und führt insoweit aus, dass einem in einem Vordruck enthaltenen Bestätigungsvermerk kein Beweiswert zukomme. Das Urteil beruhe auf dieser Rechtsverletzung, da er die Einbeziehung der AVBGasV bestritten habe und ohne Vereinbarung ein Rückgriff auf diese nicht möglich sei. Er nimmt insofern auf seine erstinstanzlichen Rechtsauführungen Bezug und führt vertiefend aus, dass auch die Formulierung der Klägerin im Bestätigungsschreiben eher den Schluss zulasse, dass die AVBGasV kraft verordnungsrechtlicher Anordnung gelte, ohne dass diese überhaupt der Disposition der Parteien unterliege.
Auch sei es nicht zutreffend, dass eine Billigkeitsprüfung nach § 315 BGB entfalle, wenn dem Kunden Ausweichmöglichkeiten zu anderen Anbietern offenstünden. Auch habe das Amtsgericht die Bezugskostensteigerung als unstreitig vorausgesetzt, wenngleich der Beklagte sie zulässigerweise mit Nichtwissen bestritten habe. Auch werde vorsorglich bestritten, dass behauptete Erhöhungen der Einstandspreise der Klägerin nicht Kostenersparnisse gegenüberstehen bzw. dass die Klägerin Kostensenkungspotentiale geprüft und ausgeschöpft habe. Im Rahmen der Billigkeitsprüfung sei auch darauf einzugehen, ob die von der Klägerin behaupteten Ölpreisbindungsklauseln ihrerseits als als AGB zu qualifizierenden Vertragsanpassungsklauseln unwirksam seien. Er wiederholt zudem die Rüge, dass sich aus den von der Klägerin vorgelegten Unterlagen nicht ergebe, ob sie Bezugskostensteigerungen gleichmäßig auf alle Kundengruppen verteilt habe. Ein Sachverständigengutachten sei notwendig.
Im Weiteren führt er ergänzend aus, die unterschriebene Bestätigung verstieße gegen § 309 Nr. 12b BGB. Zudem ergebe sich aus dem Auftrag vom 18. Mai 1998 nur ein Auftrag zur Herstellung eines Hausanschlusses, nicht aber über die Versorgung. Ein Versorgungsvertrag könne regelmäßig erst zu dem Zeitpunkt geschlossen werden, in dem die Versorgung aufgenommen werde. Eine Vorlage der AGB bei Beauftragung des Hausanschlusses führe nicht zu deren Einbeziehung in einen zeitlich erst nachfolgenden Gasversorgungsvertrag.
Er hat zunächst beantragt, das Urteil des Amtsgerichts abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen sowie die Klägerin auf die Widerklage zu verurteilen, an ihn 441,88 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Mit Schriftsatz vom Schriftsatz vom 11. Oktober 2010, eingegangen beim Gericht am selben Tag und der Klägerin zugegangen am 15. Oktober 2010, hat er die Widerklage erweitert. Er hat zur Begründung ausgeführt, dass sich aus der Rechnung vom 17. Oktober 2007 unter Zugrundelegung des bei Vertragsschluss vereinbarten Arbeitspreises für die Rechnung vom 17. Oktober 2007 folgende korrekte Abrechnung ergebe:
Beträge mit 16 % Umsatzsteuer:
Arbeitspreis:
7.029 kwh x 2.05 Cent =
144,09 €
zzgl. 16 % Umsatzsteuer =
167,14 €
Grundpreis
: netto 30,24 €
brutto 35,07 €
Beträge mit 19 % Umsatzsteuer:
Arbeitspreis:
12.562kwh x 2.05 Cent =
257,52 €
zzgl. 19 % Umsatzsteuer =
306,44 €
Grundpreis:
netto 93,70 €
brutto 111,50 €
Rechnungssumme brutto:
620,15 €
Geleistete Abschläge:
1.008,60 €
Vor diesem Hintergrund habe er eine Überzahlung in Höhe von 388,45 € geleistet.
Bei der Rechnung vom 21. Oktober 2008 ergebe sich folgende korrekte Abrechnung:
Arbeitspreis:
24.037 kwH x 2,05 Cent =
492,76 €
zzgl. 19 % Umsatzsteuer =
586,38 €
Grundpreis:
netto 113,42 €
brutto 134,96€
Rechnungssumme brutto:
721,34 €
Geleistete Zahlungen:
1.369,41 €.
Vor diesem Hintergrund habe er eine Überzahlung in Höhe von 648,07 € geleistet. Er hat daher die Widerklage erweitert und beantragt, das Urteil des Amtsgerichts abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen sowie die Klägerin auf die Widerklage zu verurteilen, an ihn 1.036,52 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 441,88 € seit Zustellung des Schriftsatzes vom 12. Februar 2010 sowie aus weiteren 594,64 € seit Zustellung der Widerklageerweiterung zu zahlen.
Mit Schriftsatz vom 29. Oktober 2010, eingegangen beim Gericht am selben Tag, hat die Klägerin ausgeführt, dass sich die Klage auf die offenen Forderungen aus den Jahresrechnungen vom 17. Oktober 2005, vom 18. Oktober 2006, vom 17. Oktober 2007 sowie vom 21. Oktober 2008 stütze. Aus der Jahresabrechnung vom 17. Oktober 2005 macht sie einen Rechnungsbetrag in Höhe von 1.008,69 € abzüglich geleisteter Abschlagszahlungen in Höhe von 960,00 € und abzüglich eines weiteren gezahlten Betrags in Höhe von 48,69 € geltend. Insgesamt besteht nach ihren Ausführungen aus dieser Rechnung kein Anspruch mehr. Aus der Jahresabrechnung vom 18. Oktober 2006 macht sie den Rechnungsbetrag in Höhe von 1.308,65 € abzüglich geleisteter Abschlagszahlungen von 1 x 95,00 €, 1 x 44,91 € und 11 x 84,05 €, mithin insgesamt in Höhe von 1.064,46 € geltend, was einen Betrag in Höhe von 244,19 € ausmacht. Aus der Jahresrechnung vom 17. Oktober 2007 macht sie den Rechnungsbetrag zuzüglich Mahnkosten in Höhe von 2,50 €, mithin insgesamt 1.211,76 € abzüglich geleisteter Abschlagszahlungen in Höhe von 12 x 84,05 € und einer weiteren Zahlung in Höhe von 209,80 € geltend, so dass sich ein Guthaben von 6,64 € ergibt. Aus der Jahresrechnung vom 21. Oktober 2008 macht sie den Rechnungsbetrag in Höhe von 1.402,14 € abzüglich geleisteter Abschlagszahlungen in Höhe von 3 x 84,05 € und 9 x 77,75 € sowie abzüglich der Zahlung in Höhe von 417,37 €, mithin insgesamt 32,73 € geltend.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 2. November 2010 hat die Klägerin die Klage im Hinblick auf die Bezüge von Gas ab dem 1. April 2008, in Höhe von 34,34 € zurückgenommen und zur Begründung ausgeführt, dass sie im Hinblick auf das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 14. Juli 2010 (Az. VIII ZR 24/08) nunmehr ab dem 1. April 2008 Verbrauchspreise in Höhe von 4,31 Cent/kWh ansetze, was zu einer Minderung der Rechnung vom 21. Oktober 2008 in Höhe von 34,34 € einschließlich Mehrwertsteuer führe. Der Beklagte hat der teilweisen Klagerücknahme zugestimmt.
Mit Schriftsatz vom 14. Dezember 2010, eingegangen beim Gericht am 16. Dezember 2010 und der Klägerin zugestellt am 23. Dezember 2010, hat der Beklagte ausgeführt, dass die Widerklageforderung neu zu berechnen sei, da die Zahlung des Beklagten vom 16. Januar 2008 in Höhe von 209,80 € nicht berücksichtigt worden sei. Es ergäbe sich folgende korrekte Abrechnung für die Rechnung vom 17. Oktober 2007:
Beträge mit 16 % Umsatzsteuer:
Arbeitspreis:
7.029 kwh x 2,05 Cent =
144,09 €
zzgl. 16 % Umsatzsteuer =
167,14 €
Grundpreis:
netto 30,24 €
brutto 35,07 €
Beträge mit 19 % Umsatzsteuer:
Arbeitspreis:
12.562kwh x 2,05 Cent =
257,52 €
zzgl. 19 % Umsatzsteuer =
306,44 €
Grundpreis:
netto 93,70 €
brutto 111,50 €
Rechnungssumme brutto:
620,15 €
Geleistete Abschläge:
1.008,60 €
Schlusszahlung auf die Rechnung:
209,80 €
Vor diesem Hintergrund habe er eine Überzahlung in Höhe von 598,25 € geleistet. Er hat insofern die Widerklage um 209,80 € erweitert.
Zudem hat die Klägerin im Hinblick auf die erfolgte Ausgliederung die Klage mit Schriftsatz vom 30. Dezember 2010, konkretisiert mit Schriftsatz vom 5. Januar 2011 dahingehend geändert, dass die Zahlung an die X Energie AG erfolgen solle.
Der Beklagte beantragt nunmehr,
das Urteil des Amtsgerichts abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen sowie die Klägerin auf die Widerklage zu verurteilen, an ihn 1.246,32 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 441,88 € seit Zustellung des Schriftsatzes vom 12. Februar 2010 sowie aus weiteren 594,64 € seit Zustellung des Schriftsatzes vom 11. Oktober 2010 und aus weiteren 209,80 € seit Zustellung des Schriftsatzes vom 14. Dezember 2010 zu zahlen.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, 270,28 € abzüglich des Betrags in Höhe von 34,34 €, bezüglich dessen die Klagerücknahme erklärt worden ist, an die X Energie AG, zu zahlen und die Berufung und auch die weitergehende Widerklage zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil und nimmt auf ihr Vorbringen in erster Instanz Bezug. Im Weiteren führt sie aus, dass dem Bestätigungsvermerk umso mehr auch deswegen ein Beweiswert zukomme, als der Beklagte lediglich das Feld „Lastschriftverfahren“ auf dem Auftrag durchgestrichen habe, nicht aber die Bestätigung der Geltung der AVBGasV. Im Übrigen sei der Vermerk auch nicht wegen Verstoßes gegen §§ 307, 309 Nr. 12b BGB unwirksam. Denn bei dem Auftrag handele es sich nicht um eine AGB im Sinne des § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB, vielmehr verweise der Passus „Die mir zugesandte „Verordnung über Allgemeine Versorgungsbedingungen“ und die „Ergänzenden Bestimmungen“ dazu erkenne ich an“, lediglich auf Bestimmungen, die ihrerseits als AGB in den Vertrag einbezogen worden seien. Das mache aus der Anmeldung selbst noch keine AGB. Vielmehr diene der Passus dazu, das Einverständnis mit der Einbeziehung zu dokumentieren. Es gehe mithin um einen Teilaspekt des Vertragsschlusses. Dieser habe jedoch individuellen Charakter, auch wenn er in Teilen vorformuliert sei, und sei mithin keine Allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne des § 305 BGB. Ohne Relevanz sei ebenfalls, dass es sich bei dem Auftrag nur um einen Auftrag zur Herstellung eines Hausanschlusses, nicht aber um einen Auftrag zur Versorgung mit Energie gehandelt habe. Denn zur Zeit der Auftragserteilung habe das Unternehmen, das den Hausanschluss hergestellt habe, auch stets die Versorgung übernommen, da bis zur Novellierung des Energiewirtschaftsrechts die örtlichen Gasversorgungsunternehmen gemäß § 10 EnWG a.F. zur integrierten Erdgasversorgung verpflichtet gewesen seien. Insofern habe der Auftrag zur Herstellung des Hausanschlusses immer auch den Auftrag zur Versorgung umfasst.
Jedenfalls seien die AGB spätestens mit der Vertragsbestätigung vom 20. November 1998 sowie dem daraufhin erfolgten vorbehaltlosen Gasbezug Bestandteil geworden, da die Auftragsbestätigung als modifizierte Annahme gemäß § 150 BGB ein neues Angebot unter Abänderung sei. Dieses Angebot sei durch vorbehaltlosen Gasbezug konkludent angenommen worden.
Die Preisanpassungen hätten auch der Billigkeit entsprochen. Hieran vermöge auch eine etwaige Ölpreisbindung der Klägerin nichts zu ändern. Denn diese wirke nicht im Verhältnis zwischen der Klägerin und dem Beklagten, sondern im Verhältnis ihrer Lieferanten. Der Energieversorger sei im Rahmen der Billigkeitskontrolle nicht verpflichtet, dazulegen, warum er der in seinem Vertrag mit dem Vorliefertanten enthaltenen Preisanpassungsklauseln nicht habe ausweichen können. Vielmehr sei entscheidend, dass der einseitig bestimmte Preis für sich genommen der Billigkeit entspreche.
Mit Verfügung vom 31. August 2010 und im Termin zur mündlichen Verhandlung am 2. November 2011 hat die Kammer auf ihre vorläufige rechtliche Würdigung hingewiesen. Zudem hat es den Beklagten auf Bedenken hinsichtlich der Wirksamkeit des Bestreitens des Zugangs der AVBGasV und die Klägerin auf die Notwendigkeit einer Konkretisierung des Beweisantritts im Hinblick auf die Übergabe der AVBGasV hingewiesen. Zu den weiteren Einzelheiten wird auf den Hinweis vom 31. August 2010 und das Sitzungsprotokoll Bezug genommen.
Der Beklagte hat auf die gerichtlichen Hinweise hin ausgeführt, dass dem Beklagten weder vor noch mit dem Schreiben vom 26. Februar 1998 ein Exemplar der AVBGasV überreicht worden sei. Dem Vordruck habe kein Exemplar beigelegen. Auch im Vorfeld des Schreibens vom 18. Mai 1998 sei ihm kein Exemplar überreicht worden. Ihm sei weder durch die Zentrale der Klägerin in O. noch durch deren Niederlassung in S. eine Ausfertigung der AVBGasV überlassen worden. Er habe die Übergabe in erster Instanz auch nicht mit Nichtwissen bestritten, sondern mit einfachem Bestreiten. Die Feststellungen des erstinstanzlichen Gerichts im Hinblick auf ein Bestreiten mit Nichtwissen seien offensichtlich fehlerhaft. Er habe in der Berufungsbegründung auch klargestellt, dass er die Feststellungen des Erstgerichts hinsichtlich der streitigen Einbeziehung der AVBGasV angreife. Zudem hat er beantragt, dann, wenn von einer Einbeziehung der AVBGasV in den Sonderkundenvertrag auszugehen sei, die Sache dem EuGH vorzulegen. Eine Verwirkung im Hinblick auf die Rückforderungen könnte schon deswegen nicht vorliegen, weil dem Beklagten keine Kenntnis der genauen Höhe der Ansprüche der Klägerin unterstellt werden könne. Eine Verwirkung setzte aber zumindest die Kenntnis der Parteien vom Bestehen des Anspruchs voraus. Die Klägerin habe nicht darauf vertrauen können, dass der Beklagte auf eine Rückforderung verzichten würden, vielmehr hätte sie insofern Rückstellungen bilden müssen. Der Rückforderung stünden auch nicht die Ausführungen des Bundesgerichtshofs im Urteil vom 14. Juli 2010 – VIII ZR 24/08 – in Teilziffer 52 der Entscheidung entgegen. Denn der Beklagte fordere nur Entgelte zurück, die er nach der Erhebung seiner Preiswidersprüche entrichtet habe.
Die Klägerin hat ebenfalls zu den Hinweisen der Kammer Stellung genommen. Sie hat weiter zu ihrer Ansicht zum Zustandekommen des Vertrags vorgetragen. Bei der Anmeldung vom 26. Februar 1998 handele es sich um eine bloße „invitatio ad offerendum“. Aus dem in der Anmeldung geäußerten Wunsch lasse sich nicht auf ein bindendes Angebot schließen. Auch enthalte die Anmeldung die Formulierung, dass noch eine Übersendung des Angebots auf Herstellung des Hausanschlusses erfolgen solle. Dies zeige, dass noch weitere Informationen hätten zugesandt werden sollen. Die essentialia negotii lägen nicht vor. Erst im Auftrag vom 18. Mai 1998 könne ein Angebot des Beklagten erblickt werden. Das Angebot habe sich sowohl auf den Anschluss als auch auf die Versorgung bezogen. Sie hat insofern ein Musterangebot eines Kunden aus Berlin vom 20. Mai 2003 vorgelegt (Anlage BB1, Bl. 433 f. d. A.) und vorgetragen, dass ein inhaltsgleiches Formular auch beim Beklagten verwendet worden sei. Zu diesem Zeitpunkt hätten dem Beklagten auch die AVBGasV vorgelegen, was er ausdrücklich bestätigt habe. Eine wirksame Einbeziehung ergebe sich auch aus der Vertragsbestätigung vom 20. November 1998. Es sei davon auszugehen, dass die AVBGasV dem Beklagten gemeinsam mit der Vertragsbestätigung zugegangen sei. Die Klägerin habe schon seit Anfang der 1990er Jahre ein automatisches Bestückungssystem verwendet, mittels dessen sicher gestellt worden sei, dass die AVBGasV beigefügt worden seien. Die als Zeugen angebotenen Herr M. und Herr B. könnten detailliert darlegen, wie das automatisierte Bestückungssystem der Klägerin funktioniert und welche Maßnahmen ergriffen werden, um Fehler bei der Bestückung der Vertragsbestätigungen zu vermeiden. Die Zurückweisung des Beweisantrags könne eine vorweggenommene Beweiswürdigung darstellen. Zudem könnten dann in Massenverfahren nie der Beweis erbracht werden, dass ein Schreiben auch tatsächlich an einen bestimmten Kunden versandt worden sei. Der Beklagte habe ein Exemplar der AVBGasV gemeinsam mit dem Auftrag übersandt. Auch wenn dies nicht der Fall gewesen sei, wären die Anforderungen an die wirksame Einbeziehung erfüllt; insoweit hat sie ihren erstinstanzlichen Vortrag zur Annahme mit Ablehnung und konkludente Annahme durch den Beklagten vertieft. Ein Zugang der Annahmeerklärung sei gemäß § 151 BGB nicht erforderlich. Auch reiche ein bloßer Verweis auf die AVBGasV zur wirksamen Einbeziehung aus, wie auch das Landgericht Aurich mit Urteil vom 18. Dezember 2000. Az.: 6 O 435/09, ausgeführt habe (Bl. 424 ff. d. A.). Auch die Tatsache, dass er sich selbst auf die AVBGasV berufen habe, stelle ein Indiz für die Übersendung und die Einbeziehung dar.
Zudem habe der Beklagte erstinstanzlich nie den Erhalt der AVBGasV bestritten, sondern nur eine Rechtsauffassung geäußert.
Darüber hinaus wiederholt sie ihre Ausführungen, dass ein Preisanpassungsrecht konkludent vereinbart worden sei und nimmt insofern auf die Entscheidung des OLG Nürnberg vom 21. Dezember 2010 (Az.: 1 U 2329/09) Bezug. Jedenfalls sei der Vertrag ergänzend auszulegen. Insoweit verweist sie auf die Entscheidung des Hanseatischen OLG vom 9. Dezember 2010, Az.: 13 U 211/09.
Der Beklagte habe in seinen Widerspruchschreiben erhöhte Netto-Arbeitspreise akzeptiert, weswegen er sich nunmehr nicht mehr auf einen Arbeitspreis von 2,05 Ct/kWh berufen könne. Er müsse sich jedenfalls an den von ihm akzeptierten Arbeitspreisen festhalten lassen, andernfalls verhalte er sich widersprüchlich.
Die Parteien haben ihr Einverständnis mit der Entscheidung im schriftlichen Verfahren erklärt. Mit Beschluss vom 4. Januar 2011 hat die Kammer den Übergang in das schriftliche Verfahren angeordnet und als Frist, bis zu der Schriftsätze eingereicht werden können, den 1. Februar 2011 bestimmt (Bl. 660 d. A.).
II.
Das Rechtsmittel der Berufung des Beklagten ist das statthafte Rechtsmittel gegen das Endurteil des Amtsgerichts (§ 511 ZPO). Das Rechtsmittel ist zulässig, da es innerhalb der gesetzlichen Notfrist von einem Monat ab Zustellung bei dem Landgericht form- und fristgerecht eingegangen und innerhalb eines weiteren Monats formgerecht begründet worden ist (§§ 517, 520 Abs. 2 ZPO). Die Beschwer übersteigt mit 632,26 € die Berufungssumme von 600 €.
Die Berufung hat auch in der Sache Erfolg.
1. Die Klage ist nicht begründet.
a) Streitgegenstand der Klage waren zunächst lediglich die mit der Jahresabrechnung vom 21. Oktober 2008 abgerechneten Leistungen für den Zeitraum vom 13. Oktober 2007 bis zum 22. September 2008. Die Klägerin hat zwar in der Anspruchsbegründung vorgetragen, dass der eingeklagte Betrag sämtliche Energielieferungen, die bis zum letzten Tag des in der Jahresabrechnung 2007/2008 erfassten Verbrauchszeitraums erfolgten, umfasse. Dies hat sich aber weder aus der Begründung der Klageschrift noch aus dem eingeklagten Betrag ergeben. Auch der Amtsrichter ist davon ausgegangen, dass sich die Klage lediglich auf die Rechnung für 2007/2008 stützt. Die Klägerin hat diese Wertung auch zunächst nicht angegriffen.
Soweit die Klägerin nunmehr ihren Anspruch auch auf die Rechnungen vom 17. Oktober 2005, 18. Oktober 2006 und 17. Oktober 2007 stützt, liegt eine Klageänderung vor. Allerdings erachtet die Kammer eine entsprechende Klageänderung im Berufungsverfahren gemäß § 533 ZPO für zulässig. Die Tatsachengrundlagen hinsichtlich der vorgenannten Jahresabrechnungen vom 18. Oktober 2006 und vom 17. Oktober 2007 sind unstreitig, so dass die Kammer sie auch der Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen hat (§ 533 Nr. 2 ZPO). Die Klageerweiterung ist auch unter dem Gesichtspunkt der Prozesswirtschaftlichkeit sachdienlich, weil die Streitpunkte der Parteien ohne weitergehenden Aufwand einer Erledigung zugeführt werden können (§ 533 Nr. 1 ZPO).
Soweit die Klägerin ihren geltend gemachten Anspruch aus der Rechnung vom 21. Oktober 2008 auf einen Betrag von 32,73 € reduziert hat, liegt eine Modifizierung des Klageantrags gemäß § 264 Ziffer 2 2. Alt. ZPO vor, die zugleich eine teilweise Klagerücknahme beinhaltet, für deren Wirksamkeit der Beklagte gemäß § 269 Abs. 1, Abs. 2 ZPO zustimmen muss (Greger, in: Zöller, ZPO, 28. Aufl. 2010, § 264 Rn. 4a). Hier hat der Beklagte die Neuberechnung der Klageforderung im Termin nachvollzogen und sich hierauf eingelassen, was sich auch aus seiner Zustimmung zur der nach der Neuberechnung erfolgten Rücknahme in Höhe von 34,34 € ergibt. Hierin liegt die konkludente Zustimmung des Beklagten zur teilweisen Klagerücknahme (vgl. Greger, a.a.O.).
b) In Höhe von 34,43 € hat die Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung am 2. November 2011 die Klage gemäß § 269 ZPO wirksam zurückgenommen, da der Beklagte dieser Rücknahme im Termin gemäß § 269 Abs. 2 ZPO zugestimmt hat.
c) Der Begründetheit der Klage steht nicht die mit Vertrag vom 10. Juni 2010 erfolgte Ausgliederung des Energiegeschäftes der Klägerin auf ihre 100 % ige Tochtergesellschaft X Energie AG im Wege der partiellen Gesamtrechtsnachfolge gemäß § 123 Abs. 3 Nr. 1 UmwG entgegen. Gemäß § 265 Abs. 1 und 2 Satz 1 ZPO schließt die Rechtshängigkeit das Recht der Parteien nicht aus, die im Streit befangene Sache zu veräußern oder den geltend gemachten Anspruch abzutreten, und hat die Veräußerung oder Abtretung auf den Prozess keinen Einfluss.
Die Vorschrift ist auch beim Aktivprozess des übertragenden Rechtsträgers anwendbar: Nach § 123 Abs. 3 Nr. 1 UmwG kann der sogenannten übertragende Rechtsträger von seinem Vermögen einen Teil zur Aufnahme durch Übertragung dieses Teils als Gesamtheit auf einen übernehmenden Rechtsträgers abspalten. Hierbei geht gemäß § 131 Abs. 1 Nr. 1 UmwG der abgespaltene Teil des Vermögens einschließlich der Verbindlichkeiten nach Maßgabe des Spaltungs- und Übernahmevertrags als Gesamtheit auf den übernehmenden Rechtsträger über. Diese Ausgliederung wirkt sich im Aktivprozess mithin ebenso wie eine Abtretung eines Anspruchs aus, weil sei den Übergang des Anspruchs auf den übernehmenden Rechtsträger bewirkt und der übertragende Rechtsträger das bisher im eigenen Recht geltend gemachte Recht materiell nicht mehr innehat. Soweit Greger (in: Zöller, ZPO, 28. Aufl. 2010, § 265 Rn. 6a) unter Bezugnahme auf BGH NJW 2001, 2117 ausführt, dass die Ausgliederung keine dem § 265 ZPO unterfallende Rechtsnachfolge bewirke, bezieht sich dieses – wie aus dem Hinweis auf die dort genannte Entscheidung des Bundesgerichtshofs hervorgeht – auf die vorliegend nicht gegebene Konstellation des Passivprozesses des übertragenden Rechtsträgers. Die Verbindlichkeiten des übertragenden Rechtsträgers gehen in der Tat nicht im Sinne einer Rechtsnachfolge auf den übernehmenden Rechtsträger über; vielmehr bestimmt § 133 Abs. 1 UmwG, dass die an der Spaltung beteiligten Rechtsträger für die vor der Spaltung begründeten Verbindlichkeiten als Gesamtschuldner haften. Insoweit unterscheiden sich also die Auswirkungen der Ausgliederungen unter dem Aspekt des § 265 ZPO je nach Maßgabe der prozessualen Situation: Der auf Beklagtenseite befindliche übertragende Rechtsträger bleibt auch nach der Ausgliederung aus der streitgegenständlichen Verbindlichkeit verpflichtet und es tritt gemäß § 133 Abs. 1 UmwG zu seiner Haftung diejenige des übernehmenden Rechtsträgers hinzu, so dass eine gegen den übertragenden Rechtsträger gerichtete Klage weiterhin begründet ist. Hingegen geht ein zum übertragenen Vermögensteil gehöriger Anspruch gemäß § 131 Abs. 1 Nr. 1 UmwG vom übertragenden Rechtsträger auf den übernehmenden Rechtsträger über, so dass die Klage des übertragenden Rechtsträgers nicht (mehr) begründet wäre, griffe nicht § 265 ZPO ein (vgl. ausführlich Hanseatisches Oberlandesgericht, Urteil vom 9. September 2010 – 3 U 58/09).
Die notwendige Umstellung der Klage auf Zahlung an den Nachfolger, bei der es sich um eine Modifizierung des Antrags im Sinne des § 264 Nr. 2 ZPO, nicht aber um eine Klageänderung gemäß § 263 ZPO handelt (vgl. BGHZ 26, 31; Greger, in: Zöller, ZPO, 28. Aufl. 2010, § 265 Rn. 6a), ist erfolgt.
d) Die Klägerin hat bezüglich der nunmehr noch streitgegenständlichen vom 8. Oktober 2004 bis zum 22. September 2008 erfolgten Gaslieferungen keinen Anspruch aus § 433 Abs. 2 BGB auf Zahlung von (270,28 € - 34,43 € =) 235,85 €.
aa) Zwar ist zwischen den Parteien ein Vertrag über die Versorgung mit Erdgas zustande gekommen.
Dabei kann dahinstehen, inwieweit bereits in dem Schreiben vom 26. Februar 1998 oder erst im Schreiben vom 18. Mai 1998 das Angebot des Beklagten auf Abschluss des Versorgungsvertrags zu sehen ist. Denn spätestens mit der Vertragsbestätigung vom 20. November 1998 ist das Angebot des Beklagten angenommen worden, so dass jedenfalls zu diesem Zeitpunkt ein Vertrag über die Lieferung von Gas geschlossen worden ist.
In der Vertragsbestätigung kann auch, anders als die Klägerin meint, keine Annahme mit Abänderungen, die gemäß § 150 Abs. 2 BGB als neues Angebot gilt, gesehen werden. Denn die Vertragsbestätigung stellt keine Abänderung des Antrags dar. Dass die AVBGasV einbezogen werden sollte, war auch Bestandteil der Angebotserklärung des Klägers, insoweit lag eine Abänderung gerade nicht vor. Dass durch die Vertragsbestätigung weitere Modifikationen getroffen wurden, behauptet die Klägerin selbst nicht.
Ausweislich der unstreitigen Darlegungen der Klägerin ist – wie in der Vertragsbestätigung vom 20. November 1998 ausgeführt –zunächst ein Grundpreis von 204,00 DM/Jahr und ein Arbeitspreis von 40,00 Pf. je m³/10kWh vereinbart worden.
bb) Die Klägerin hatte keine Befugnis, die vereinbarten Arbeitspreise zu ändern.
(1) Die Klägerin war nicht unmittelbar aufgrund des gesetzlichen Preisänderungsrechts gemäß § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV beziehungsweise § 5 Abs. 2 GasGVV zur Preisänderung befugt. Die bis zum 7. November 2006 geltenden Vorschriften der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung von Tarifkunden mit Gas (AVBGasV; außer Kraft getreten gemäß Art. 4 der Verordnung zum Erlass von Regelungen des Netzanschlusses von Letztverbrauchern in Niederspannung und Niederdruck vom 1. November 2006, BGBl. I, S. 2477) und die danach geltenden Vorschriften der Gasgrundversorgungsverordnung (GasGVV) sind nicht von Gesetzes wegen Vertragsbestandteil des zwischen den Parteien bestehenden Versorgungsvertrags, weil es sich bei dem Beklagten nicht um einen Tarifkunden (§ 1 Abs. 2 AVBGasV) oder Haushaltskunden im Rahmen der Grundversorgung (§ 1 Abs. 1, 2 GasGVV) handelt. Für die Beurteilung, ob es sich bei öffentlich bekannt gemachten Vertragsmustern und Preisen um Tarif- beziehungsweise Grundversorgungsverträge mit allgemeinen Tarifpreisen (§ 6 Abs. 1 EnWiG 1935), Allgemeinen Tarifen (§ 10 Abs. 1 EnWG 1998) oder Allgemeinen Preisen im Sinne von § 36 Abs. 1 EnWG 2005 handelt, kommt es darauf an, ob das betreffende Versorgungsunternehmen die Versorgung zu öffentlich bekannt gemachten Bedingungen und Preisen - aus der Sicht eines durchschnittlichen Abnehmers - im Rahmen einer Versorgungspflicht nach den genannten Vorschriften oder unabhängig davon im Rahmen der allgemeinen Vertragsfreiheit anbietet (BGH, Urteil vom 15. Juli 2009 - VIII ZR 225/07 – Rn. 14,).
Letzteres ist hier nicht der Fall. Der Beklagte selbst hat in den Schreiben vom 26. Februar 1998 und im Schreiben vom 18. Mai 1998 die Versorgung nach einer Sondervereinbarung beantragt. Auch nach dem Vortrag der Klägerin ist der Beklagte nach einem Sondertarif beliefert worden. Zudem hat auch die Klägerin im außergerichtlichen Schriftverkehr den Beklagten als Sondervertragskunden behandelt und angesprochen, so in der Kundeninformation von September 2004 und August 2005 und in den vorliegenden Jahresabrechnungen. Vor diesem Hintergrund bestanden für einen durchschnittlichen Abnehmer keinerlei Anhaltspunkte, dass hier entgegen der vertraglichen Äußerungen der allgemeine Tarif gelten sollte.
(2) Ein Preisanpassungsrecht ist auch nicht durch Allgemeine Geschäftsbedingungen der Klägerin wirksam vereinbart worden.
(a) Inwieweit die Klausel, die ab dem 1. April 2007 Gültigkeit erhalten sollte, in den Vertrag einbezogen wurde, kann dahinstehen, da diese Klausel unwirksam war. Insoweit wird auf die Ausführungen des Bundesgerichtshofs im Urteil vom 14. Juli 2010 – VIII ZR 24/08 – Rn. 38 ff. Bezug genommen. Die Klägerin hat die Klage auch insoweit zurückgenommen.
(b) Die AVBGasV ist nicht wirksam in den Vertrag einbezogen worden.
(aa) Bei der AVBGasV, die aufgrund vertraglicher Vereinbarung gelten sollte, handelte es sich um allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne des § 305 Abs. 1 BGB (§ 1 AGBG a. F.), die von der Klägerin gestellt wurden.
(bb) Da es sich bei dem Beklagten um einen Verbraucher handelt, beurteilt sich die Einbeziehung der AGB nach § 305 Abs. 2 BGB (§ 2 AGBG a.F.).
(cc) Voraussetzung für die Einbeziehung von Allgemeinen Geschäftsbeziehungen ist neben einem Hinweis bei Vertragsschluss auf die Geltung der AGB und dem Einverständnis der Vertragspartei mit ihrer Geltung gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 2 AGBG (§ 305 Abs. 2 Nr. 2 BGB), dass der Verwender der anderen Partei die Möglichkeit verschafft, in zumutbarer Weise, von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen.
Auch bei gebräuchlichen und veröffentlichten AGB muss der Verwender Abs. 2 Nr. 2 einhalten. Dies ist bei Vertragsschluss unter Abwesenden – wie hier – nur durch Übersendung der AGB möglich (Grüneberg, in: Palandt, BGB, 70. Aufl. 2011, § 305 Rn. 33).
Die AGB müssen dem Verbraucher auch bereits bei der Erklärung seines Einverständnisses mit der Geltung für den Vertragsschluss vorliegen (Grüneberg, in: Palandt, BGB, 70. Aufl. 2011, § 305 Rn. 41). Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass und wann die AGB übersandt worden sind, trägt die Klägerin (Grüneberg, in: Palandt, BGB, 70. Aufl. 2011, § 305 Rn. 43).
(aaa) Dies gilt auch dann, wenn man davon ausgeht, dass in der Erklärung vom 18. Mai 1998 auch die entscheidende Willenserklärung des Beklagten zum Abschluss des Versorgungsvertrags enthalten ist. Zwar ist in der Erklärung die Formulierung enthalten, dass der Beklagte die „mir zugesandte“ AVBGasV anerkennt. Diese Erklärung führt aber nicht zur Umkehrung der Beweislast. Denn die in dieser Erklärung enthaltende Bestätigung, die AGB erhalten zu haben, die unstreitig von der Klägerin vorformuliert worden ist, verstößt gegen § 309 Nr. 12b BGB (§ 11 Nr. 15 b AGBG). Hiernach sind Klauseln unwirksam, die den Vertragsteil bestimmte Tatsachen bestätigen lassen. Die Bestätigung, eine Abschrift von AGB erhalten zu haben, fällt, anders als die Klägerin meint, unter dieses Verbot (Grüneberg, in: Palandt, BGB, 70. Aufl. 2011, § 309 Rn. 108). Ein gesondertes Empfangsbekenntnis im Sinne des § 309 Nr. 12 a.E. BGB (§ 11 Nr. 15 a.E. AGB) ist von dem Beklagten nicht unterzeichnet worden. Die von der Klägerin zitierte Entscheidung (BGH NJW 1982, 1388) betrifft nicht die hier vorliegende Fallkonstellation, da in der dort behandelten Klausel gerade nicht die Übergabe von AGB bestätigt wurde, sondern nur das Einverständnis mit deren Geltung.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass der Beklagte in diesem Schreiben die Angaben zum Lastschriftverfahren durchgestrichen hat. Dies stellt möglicherweise ein Indiz dafür dar, dass der Beklagte die Ausführungen betreffend das Lastschriftverfahren tatsächlich durchgelesen hat; dass er aber auch die Bestätigung, dass er die AVBGasV erhalten habe, vor der Unterschrift durchgelesen hatte, ergibt sich daraus aber gerade nicht.
(bbb) Der Beklagte hat den Erhalt der AVBGasV vor Abgabe seiner Erklärung am 26. Februar 1998 und am 18. Mai 1998 wirksam bestritten.
Aus dem Akteninhalt ergibt sich, dass der Beklagte bezüglich der klägerischen Behauptung, ihm sei vor Abgabe der Erklärung am 26. Februar 1998 ein Exemplar der AVBGasV übersandt worden, insofern zunächst folgendes vorgetragen hat: „Aus dem von der Klägerin vorgelegten Anmeldungsblatt vom 26. Februar 1998 ergibt sich gerade nicht, dass dem Beklagten das Klauselwerk in diesem Zeitpunkt vorgelegen hat. Dieses wird bestritten“ (Bl. 270 d. A.). In den Entscheidungsgründen des Urteils heißt es dagegen, der Beklagte habe vorgetragen, er könne sich nicht mehr erinnern, ob er entsprechend seines Schreibens vom 18. Mai 1998 die Verordnung über Allgemeine Versorgungsbedingungen erhalten habe; diese Bestreiten mit einem „Nicht-mehr-erinnern-Können“ sei unzulässig (Bl. 328 d. A.). In der Berufungsbegründung führt der Beklagte aus, er habe bestritten, dass die AVBGasV einbezogen worden sei, nimmt aber nicht ausdrücklich zu der Problematik Stellung, inwieweit sein Bestreiten zulässig war.
Die Kammer hat mit Verfügung vom 31. August 2010 darauf hingewiesen, dass aufgrund der nicht angegriffenen Feststellungen des Amtsgerichts davon auszugehen sein dürfte, dass der Beklagte tatsächlich mit dem Einwand, er könne sich nicht erinnern, den Erhalt der AVBGasV bestritten hat. Dies stelle ein Bestreiten mit Nichtwissen im Sinne des § 138 Abs. 4 ZPO dar. Nach dieser Vorschrift sei eine Erklärung mit Nichtwissen nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung seien. Für die Beurteilung, ob ein Bestreiten mit Nichtwissen zulässig sei, komme es grundsätzlich auf den Zeitpunkt an, in dem sich die Partei im Prozess zu erklären habe. Vermag sie sich etwa an einen lange zurückliegenden (Alltags-)Vorgang - nach der Lebenserfahrung glaubhaft - nicht mehr zu erinnern, sei es unter bestimmten Umständen zulässig, dass sie diesen gemäß § 138 Abs. 4 ZPO mit Nichtwissen bestreitet (BGH, Urteil vom 19. April 2001 – I ZR 238/98 –, NJW-RR 2002, 612). Die Partei habe allerdings vor einem Bestreiten mit Nichtwissen die Pflicht, sich, etwa durch Einsichtnahme in ihre Aufzeichnungen, kundig zu machen und die Gründe der Unkenntnis darzulegen (Greger, in: Zöller, ZPO, 28. Aufl. 2010, § 139 Rn. 14). An einer solchen Darlegung der Erfüllung der Informationspflicht fehle es derzeit.
Der Beklagte hat mit Schriftsatz vom 13. September 2010 in Reaktion auf den Hinweis ausgeführt, dass ihm weder vor noch mit dem Schreiben vom 26. Februar 1998 ein Exemplar der AVBGasV überreicht worden sei. Dem Vordruck habe kein Exemplar beigelegen. Auch im Vorfeld des Schreibens vom 18. Mai 1998 sei ihm kein Exemplar überreicht worden. Ihm sei weder durch die Zentrale der Klägerin in O. noch durch deren Niederlassung in S. eine Ausfertigung der AVBGasV überlassen worden. Er habe die Übergabe in erster Instanz auch nicht mit Nichtwissen bestritten, sondern mit einfachem Bestreiten. Die Feststellungen des erstinstanzlichen Gerichts im Hinblick auf ein Bestreiten mit Nichtwissen seien offensichtlich fehlerhaft. Er habe in der Berufungsbegründung auch klargestellt, dass er die Feststellungen des Erstgerichts hinsichtlich der streitigen Einbeziehung der AVBGasV angreife.
Aufgrund dieser unbestrittenen Klarstellung, ist davon auszugehen, dass in erster Instanz ein einfaches Bestreiten, nicht aber ein bestreiten mit Nichtwissen erfolgt ist. Da mithin feststeht, dass das Amtsgericht die Tatsachengrundlage rechtsfehlerhaft erfasst hat, besteht eine Bindung an die Ausführungen des Amtsgerichts gemäß § 529 Abs. 1 Ziffer 1 ZPO insoweit nicht (vgl. Heßler, in: Zöller, ZPO, 28. Aufl. 2010, § 529 Rn. 2). Der Beklagte hat in der Berufungsbegründung auch gerügt, dass das Amtsgericht sein Bestreiten übergangen hat.
Aus der Formulierung „Aus dem von der Klägerin vorgelegten Anmeldungsblatt vom 26. Februar 1998 ergibt sich gerade nicht, dass dem Beklagten das Klauselwerk in diesem Zeitpunkt vorgelegen hat. Dieses wird bestritten“ ergibt sich, dass der Beklagten bestritten hat, dass ihm Klauselwerk in diesem Zeitpunkt vorgelegen hat.
(ccc) Die Klägerin hat zwar vorgetragen, dass sie dem Beklagten vor der Abgabe seiner Erklärungen am 28. Februar und 18. Mai 1998 ein Exemplar der AVBGasV übersandt habe. Allerdings ist das Beweisangebot der Klägerin für ihre entsprechende Behauptung unzureichend. Sie hat zwar erstinstanzlich für die Behauptung, der Beklagte habe zusammen mit dem Antragsformular einen Abdruck der AGB erhalten, das Zeugnis des Herrn M. angeboten (Bl. 12 d. A.). Allerdings ist völlig unklar, was dieser zum Erhalt des Schreibens aussagen soll. Dass er das Schreiben dem Beklagten überbracht habe, behauptet die Klägerin selbst nicht. Hierauf ist die Klägerin mit Verfügung vom 31. August 2010 hingewiesen worden. Auch der ergänzte Vortrag stellt keinen hinreichenden Tatsachenvortrag für eine Beweiserhebung dar. Denn zum einen stellt das Beweisangebot einen Ausforschungsbeweis dar: Die Behauptung, die Zeugen könnten detailliert darlegen, wie das Bestückungssystem funktioniere und welche Maßnahmen ergriffen würden, um Fehler zu vermeiden, enthält keine Aussage dazu, wie das System funktioniert und welche Maßnahmen getroffen werden. Hierauf ist die Klägerin auch bereits mit Verfügung vom 24. September 2010 hingewiesen worden. Zudem reicht allein die Tatsache, dass es unwahrscheinlich ist, dass dem Brief die AVBGasV nicht beilagen, nicht zum Beweis der Tatsache, dass die AVBGasV dem Schreiben tatsächlich beilagen. Im Übrigen ist unklar, auf die Bestückung welcher Schriftstücke sich der Beweisantritt bezieht. Dass der Vertragsbestätigung vom 20. November 1998 die AVBGasV beilagen, ist unstreitig. Der Vortrag in dem Schriftsatz vom 21. September 2010 zeigt aber dadurch, dass sich der Beweisantritt auf die „Bestückung der Vertragsbestätigung“, mithin auf die Frage, ob mit der Vertragsbestätigung vom legt aber nahe, dass sich der Beweisantritt ohnehin nur auf die Übersendung der AVBGasV mit der Vertragsbestätigung vom 20. November 1998 bezieht.
Mangels eines hinreichenden Beweisantritts ist die Klägerin beweisfällig für die Übersendung der AVBGasV vor Abgabe der Erklärungen am 28. Februar und am 18. Mai 1998 geblieben.
Entgegen der Ansicht der Klägerin ändert auch die Tatsache, dass es sich um ein Massengeschäft handelt, nichts an der Darlegungs- und Beweislast. Bei den Vorschriften über die Einbeziehung von AGB handelt es sich um solche zum Schutze des Verbrauchers. Es ist kein Grund ersichtlich, warum Verbraucher gegenüber Unternehmen, die Massengeschäfte betreiben, schlechter gestellt werden sollten als gegenüber Kleinunternehmen. Auch die Tatsache, dass der Beklagte die Angaben zum Lastschriftverfahren durchgestrichen hat, ändert die Beweislast nicht (s.o.).
(ddd) Da die Klägerin beweisfällig geblieben ist, ist davon auszugehen, dass der Beklagte vor Abgabe der Erklärungen am 26. Februar und 18. Mai 1998 die AVBGasV nicht erhalten hatte. Die Frage, ob der Beklagte seine Erklärung auf Abschluss des Gasversorgungsvertrags bereits am 26. Februar 1998 oder erst am 18. Mai 1998 abgegeben hat, aber kann mithin offen bleiben. Selbst wenn man von einem Angebot am 18. Mai 1998 und einer Annahme mit der Vertragsbestätigung am 20. November 1998 ausgehen würde, hätten die AVBGasV dem Beklagten nicht bei Abgabe seiner Vertragserklärung vorgelegen.
In der Vertragsbestätigung kann auch keine Annahme mit Abänderungen, die gemäß § 150 Abs. 2 BGB als neues Angebot gilt, gesehen werden (s.o.).
(dd) Eine Einbeziehung der AVBGasV ist auch nicht nach Übersendung der Vertragsbestätigung erfolgt. Denn insoweit fehlt es an einer Erklärung des Einverständnisses mit der Geltung der AVBGasV nach deren Übersendung. Die Entgegennahme von Leistungen drückt im nichtkaufmännischen Rechtsverkehr in der Regel kein wirkliches rechtsgeschäftliches Einverständnis mit den nach Vertragsschluss mitgeteilten AGB aus; sie kann im Anwendungsbereich des § 305 Abs. 2 BGB grundsätzlich nicht als Einverständnis gewertet werden (Grüneberg, in: in: Palandt, BGB, 70. Aufl. 2011, § 305 Rn. 41; OLG Köln, NJW-RR 1994, 1430). Ein Sonderfall ist hier nicht ersichtlich. Insbesondere begründet die Tatsache, dass sich der Beklagte selbst auf die AVBGasV berufen hat, keinen derartigen Sonderfall. Denn zum einen kann der Beklagte Kenntnis vom Inhalt der AVBGasV auch auf anderer Weise erlangt haben. Zum andere behauptet die Klägerin selbst nicht, dass der Beklagte in dem Zeitpunkt, in dem er sich auf die AVBGasV berief, wusste, dass diese nicht wirksam einbezogen worden war.
(3) Die vertragliche Vereinbarung der Geltung der Preisanpassungsklauseln wird auch nicht durch eine etwaige vorbehaltlose Zahlung der erhöhten Preise entbehrlich bzw. ersetzt; die Rechtsprechung, wonach bei einem Tarifkundenvertrag der erhöhte Preis auch bei Unbilligkeit dann gilt, wenn der Verbraucher ihn nicht in angemessener Zeit beanstandet, lässt sich nicht auf die hier vorliegende Konstellation übertragen, in der gerade fraglich ist, ob eine Preisanpassungsklausel wirksam vereinbart ist. (vgl. hierzu ausführlich BGH, Urteil vom 14. Juli 2010 - VIII ZR 246/08 - Rn. 57 bis 59).
Auch die Tatsache, dass sich der Beklagte in seinen Widerspruchsschreiben nicht gegen sämtliche Preisanpassungen wandte, führt zu keinem anderen Ergebnis. Dass der Beklagte mit seinen Erklärungen vom 28. Oktober 2005, 25. November 2005, 6. Dezember 2006, 11. Januar 2008 und 22. Dezember 2008 einen höheren Preis und das Recht der Klägerin zur Preisanpassung anerkennen wollte, ist nicht ersichtlich. Anhaltspunkte dafür, dass durch die Erklärung des Beklagten, er werde zunächst nur einen bestimmten Preis zahlen, die vordringlich von der Intention getragen war, einer Erhöhung zu widersprechen, nach seinem Willen zugleich eine neben dem Vertrag bestehende selbstständige Verpflichtung im Sinne der §§ 780, 781 BGB auf Zahlung der zunächst akzeptierten Summe begründen wollte, bestehen nicht. In der Erklärung vom 22. Dezember 2008 hat er zudem ausdrücklich ausgeführt, dass er sich eine Rückforderung vorbehalte. Selbst wenn der Beklagten zu diesem Zeitpunkt von einem wirksam vereinbarten Preisanpassungsrecht und deswegen auch davon ausging, dass er im gewissen Umfang verpflichtet sei, eine Preiserhöhung zu akzeptieren, ergibt sich daraus gerade nicht ein Rechtsbindungswillen dahingehend, einen bestehenden Vertrag ändern zu wollen (a. A. OLG Nürnberg, Urteil vom 21. Dezember 2010 – 1 U 2319/09). Würde man die Erklärung des Beklagten dahingehend auslegen, würde dies zudem dazu führen, dass die Schutzvorschriften für Verbraucher bezüglich der Einbeziehung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen letztlich wirkungslos würden.
Da der Beklagte in dem Zeitpunkt, in dem er seinen Erklärungen erstellte, positiv wusste, dass dies AVBGasV nicht wirksam einbezogen worden war, behauptet die Klägerin selbst nicht.
(4) Ein einseitiges Preisänderungsrecht der Klägerin lässt sich auch nicht aus einer ergänzenden Vertragsauslegung herleiten. Eine ergänzende Vertragsauslegung kommt nur in Betracht, wenn sich die mit dem Wegfall einer unwirksamen Klausel entstehende Lücke nicht durch dispositives Gesetzesrecht füllen lässt und dies zu einem Ergebnis führt, das den beiderseitigen Interessen nicht mehr in vertretbarer Weise Rechnung trägt, sondern das Vertragsgefüge völlig einseitig zugunsten des Kunden verschiebt (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 14. Juli 2010 – VIII ZR 246/08 – Rn. 50 ff.).
Das ist hier nicht der Fall. Hier hat der Beklagte bereits unstreitig am 25. November 2005 die Preiserhöhungen ab dem 1. September 2004 gerügt. Vor diesem Hintergrund bestand für die Klägerin ab dem 25. November 2005 ein Anlass, die Möglichkeit einer Kündigung zu erwägen. Allein die Tatsache, dass der Beklagte in den Schreiben eine gewisse Erhöhung zunächst akzeptierte, führt zu keiner anderen Beurteilung (a. A. Hanseatisches OLG, Beschluss vom 9. Dezember 2010 – Az. 13 U 211/09 –). Denn es bestand aufgrund des Widerspruchs des Beklagten Anlass, die Vertragslage zu überprüfen. Die Klägerin konnte nicht darauf vertrauen, dass der Beklagte im weiteren Verlauf der Auseinandersetzung auf weitere mögliche Einwände, die ihm zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht bekannt waren, verzichten würde. Dass der Klägerin die Kündigung des Vertrags aus kartellrechtlichen Erwägungen nicht möglich wäre, ist nicht ersichtlich. Dabei kann offen bleiben, ob eine Änderungskündigung mit dem Ziel, über die Kündigung mit dem Kunden einen neuen Preis zu vereinbaren, unzulässig wäre. Denn maßgeblich ist insoweit allein die Möglichkeit der Klägerin, den Normsonderkundenvertrag zu kündigen. Kartellrechtliche Grundsätze verbieten nicht die endgültige Lösung eines Vertragspartners von einem nicht mehr wirtschaftlichen Vertragsverhältnis entsprechend der vertraglichen Regelungen. Dass der Beklagte möglicherweise dann die Grundversorgung abrufen würde und ein neues Rechtsverhältnis begründen würde, führt zu keiner anderen Einschätzung, da diesem neuen Vertrag nicht eine Änderungskündigung der Klägerin, sondern die Entscheidung des Beklagten zugrunde läge. Auch ein hinreichend konkreter Vortrag der Klägerin zu einer Existenzbedrohung liegt nicht vor.
Insofern verschiebt sich durch die fehlende Vereinbarung des Preisanpassungsrechts die Vertragslage nicht völlig zugunsten des Verbrauchers, weswegen eine Unzumutbarkeit für die Klägerin nicht vorliegt.
(5) Da die Klägerin nicht befugt war, die Preise zu ändern, hat die Klägerin lediglich einen Anspruch auf den anfänglich vereinbarten Arbeitspreis von 40,00 Pf je m³/10kWh netto = 2,05 Ct/kWh.
cc) Auf Grundlage dieses Arbeitspreises besteht kein Anspruch der Klägerin auf Zahlung in den streitgegenständlichen Zeiträumen.
(1) Nach dem eigenen Vortrag der Klägerin, ist bezüglich der Rechnung vom 17. Oktober 2007 und – unter Berücksichtigung der Teilklagerücknahme – auch bezüglich der Rechnung vom 21. Oktober 2008 von einem Guthaben und bezüglich der Rechnung vom 17. Oktober 2005 von keiner Nachforderung mehr auszugehen.
(2) Insofern macht sie letztlich nur die mit Rechnung vom 18. Oktober 2006 abgerechneten Leistungen vom 6. Oktober 2005 bis zum 30. September 2006 geltend.
In dieser Zeit hat die Klägerin insgesamt 23.711 kWh an den Beklagten geliefert.
Zudem hat sie den Grundpreis taggenau abgerechnet und insofern insgesamt (38,79 € + 59,51 € + 20,05 € =) 118,35 € zuzüglich Mehrwertsteuer angesetzt. Soweit die Klägerin meint, es sei von dem vereinbarten Jahresgrundpreis in Höhe von 120 € auszugehen ist dem nicht zu folgen. Das Abrechnungsjahr entspricht nicht dem Kalenderjahr, weswegen – wie von ihr selbst in den Rechnungen praktiziert – der Grundpreis taggenau auszurechnen ist.
Bei Annahme des Arbeitspreises von 2,05 Cent ergibt sich folgender Rechnungsbetrag:
Arbeitspreis:
23.711 kwH x 2,05 Cent =
486,08 €
zzgl. 16 % Umsatzsteuer =
(486,08 € + 77,72 € =
)
563,80 €
Grundpreis:
118,35 €
zzgl. 16 % Umsatzsteuer =
(118,35 € + 18,94 € =)
137,30 €
Gesamt
701,10 €
Anzurechnen sind auf diese Forderung nach übereinstimmender Praxis der Parteien die Abschlagszahlungen bis zum 13. Oktober 2006. Mithin sind folgende Abschlagszahlungen auf diese Rechnung anzurechnen: Am 1. November 2005 in Höhe von 95,00 €, am 8. Dezember 2005 in Höhe von 44,91 € sowie am 8. Dezember 2005, am 3. Januar, 3. Februar, 2. März, 4. April, 3. Mai, 2. Juni, 4. Juli, 2. August und 4. September 2006 in Höhe von je 84,05 €, insgesamt also (95,00 € + 44,91 € + 10 x 84,05 € =) 980,41 €. Hinzu kommt die Abschlagszahlung vom 4. Oktober 2006 in Höhe von 84,05 €, so dass auf diese Rechnung insgesamt ein Betrag in Höhe von 1.064,64 € als bereits gezahlt angerechnet wurde. Der bestehende Anspruch der Klägerin ist damit gemäß § 362 Abs. 1 BGB durch Erfüllung erloschen.
2. Die zulässige Widerklage ist im Wesentlichen begründet.
a) Es kann dahinstehen, ob die Erweiterung der Widerklage unter § 533 ZPO fällt. Selbst wenn dies so wäre, wäre sie zulässig. Die Tatsachengrundlagen hinsichtlich der Jahresabrechnungen sind unstreitig, so dass die Kammer sie auch der Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen hat (§ 533 Nr. 2 ZPO). Die Klageerweiterung ist auch unter dem Gesichtspunkt der Prozesswirtschaftlichkeit sachdienlich, weil die Streitpunkte der Parteien ohne weitergehenden Aufwand einer Erledigung zugeführt werden können (§ 533 Nr. 1 ZPO).
b) Der Beklagte hat einen Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. BGB in Höhe von (598,23 € + 648,06 € =) 1.246,29 €. In dieser Höhe hat er an die Klägerin ohne Rechtsgrund geleistet.
aa) Für den in der Rechnung 17. Oktober 2007 abgerechneten Lieferungszeitraum vom 1. Oktober 2006 bis zum 12. Oktober 2007 konnte die Klägerin tatsächlich nur 620,17 € von dem Beklagten verlangen:
Bei dem vertraglich vereinbarten Arbeitspreis von 2,05 Ct/kWh ergibt sich folgende Abrechnung, wobei – wie von der Klägerin selbst in ihren Rechnungen angenommen und auch vertraglich vereinbart – der Grundpreis von dem Kalenderjahr auf den Abrechnungszeitraum taggenau umzurechnen ist:
Berechnung
Preise netto
Menge
kWhTage
Betrag
Euro01.10.06-
31.12.06
Sondervereinb. SI
Sondervereinb. SIZähler-End-
Nr. 98398
Arbeitspreis
Grundpreis
2,05 Cent/kWh
120,00 Euro/Jahr
x 7.029
=
31+
61 =
144,09
10,19 +
20,0501.01.07-
12.10.07
Sondervereinb. SI
Sondervereinb. SIÄnderung
Mehrwert-
steuer
Arbeitspreis
Grundpreis
2,05 Cent/kWh
120,00 Euro/Jahr
x 12.562
=
90 + 195 =
257,52
29,59 +
64,11
Summe Erdgas
19.591
525,55
zuzüglich 19 % Mehrwertsteuer auf
zuzüglich 16 % Mehrwertsteuer auf351,22 €
174,33 €66,73
27,89Rechnungsbetrag Erdgas
620,17 €
Anzurechnen sind auf diese Forderung nach übereinstimmender Praxis der Parteien die Abschlagszahlungen vom 2. November 2006 bis zum 12. Oktober 2007, im Einzelnen Abschlagszahlungen in Höhe von jeweils 84,05 € am 2. November, 4. Dezember 2006, 3. Januar, 2. Februar, 2. März, 3. April, 3. Mai, 4. Juni, 3. Juli, 2. August, 4. September und 2. Oktober 2007, insgesamt also 12 x 84,05 € = 1.008,60 €. Zudem leistete der Beklagte am 16. Januar 2008 eine weitere Zahlung in Höhe von 209,80 € auf diese Forderung, die von der Klägerin auf diesen Betrag angerechnet wurde.
Insgesamt liegt mithin eine Überzahlung von (- 620,17 € + 1.008,60 € + 209,80 € =) 598,23 € vor, die der Beklagte ohne Rechtsgrund geleistet hat.
bb) Für den in der Rechnung 21. Oktober 2008 abgerechneten Lieferungszeitraum vom 13. Oktober 2007 bis zum 22. September 2008 konnte die Klägerin tatsächlich nur 721,35 €. von dem Beklagten verlangen:
Bei dem vertraglich vereinbarten Arbeitspreis von 2,05 Ct/kWh ergibt sich für diesen Zeitraum folgender Arbeitspreis: 24.037 kWh x 2,05 Ct = 49.275,85 Ct = 492,76 €. Brutto ermittelt sich daraus ein Arbeitspreis von (492,76 € + 93,62 € =) 586,38 €. Zuzüglich des von der Klägerin selbst angenommenen Grundpreises von (55,89 € + 40,11 € + 17,42 € =) 113,42 € netto bzw. (113,42 € + 21,55 € =) 134,97 € brutto, ergibt sich ein Gesamtpreis von (586,38 € + 134,97 € =) 721,35 €.
Anzurechnen sind auf diese Forderung nach übereinstimmender Praxis der Parteien die Abschlagszahlungen vom 2. November 2007 bis zum 2. Oktober 2008, und zwar die Abschlagszahlungen am 2. November 2007, 4. Dezember 2007 und am 3. Januar 2008 in Höhe von je 84,05 €, am 4. Februar, 4. März, 2. April, 5. Mai, 3. Juni, 2. Juli, 4. August und am 2. September in Höhe von je 77,75 €, insgesamt mithin (3 x 84,05 € + 8 x 77,75 € =) 874,15 €. Hinzu kommt die Abschlagszahlung in Höhe von 77,75 € am 2. Oktober 2008, so dass insgesamt auf die geltend gemachte Forderung Abschläge in Höhe von 951,90 € angerechnet werden. Hinzu kommt die weitere Zahlung in Höhe von 417, 51 €.
Insgesamt liegt mithin eine Überzahlung von (- 721,35 € + 951,90 € + 417,51 € =) 648,06 € vor, die der Beklagte ohne Rechtsgrund geleistet hat.
cc) Dem Anspruch kann auch nicht der Einwand des widersprüchlichen Verhaltens entgegengehalten werden. Allein daraus, dass der Beklagte zunächst von einem höheren Arbeitspreis ausgegangen ist, nunmehr aber den ursprünglich vereinbarten Preis ansetzt, stellt kein unzulässiges widersprüchliches Verhalten dar. Die Rechtsordnung lässt widersprüchliches Verhalten grundsätzlich zu. Die Parteien dürfen ihre Rechtsansicht ändern. Missbräuchlich ist widersprüchliches Verhalten, wenn für den anderen Teil ein Vertrauenstatbestand entstanden ist (vgl. Grüneberg, in: Palandt, BGB, 69. Aufl. 2010, § 242 Rn. 55 f.). Der Beklagte hat sich hier aber gerade nicht ausdrücklich darauf berufen, auf den Einwand der unwirksamen Einbeziehung der AVBGasV zu verzichten. Allein in dem Berufen auf die AVBGasV und die zunächst vorliegende Annahme eines höheren Arbeitspreises vermag die Kammer einen derartigen Verzicht nicht zu sehen. Dies umso mehr, als im gegenteiligen Fall die verbraucherschützenden Vorschriften über die Einbeziehung von allgemeinen Geschäftsbedingungen wirkungslos würden.
dd) Der Anspruch ist auch nicht verwirkt. Ein Vertrauenstatbestand dahingehend, dass die Klägerin darauf vertrauen konnte, dass der Beklagte auf eine Rückforderung verzichten würde, bestand aus den oben genanten Gründen nicht.
c) Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 291, 288 BGB.
3.
a) Die Nebenentscheidungen ergeben sich aus §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 269 Abs. 3, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Soweit die Klägerin die Klage zurückgenommen hat, da eine Zahlung vor Rechtshängigkeit erfolgte, war über die Kosten gemäß § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu bestimmten. Da die Klägerin keinen Anspruch auf die von dem Beklagten geleistete Zahlung in Höhe von 417,51 € hatte, waren auch insoweit ihr die Kosten des Verfahren aufzuerlegen.
b) Die Revision war gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Ziffer 2 ZPO zuzulassen, da die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung bezüglich der Frage der ergänzenden Vertragsauslegung – auch im Hinblick auf die differierende Auffassung des Hanseatischen Oberlandesgerichts – und bezüglich der Frage der konkludenten Abänderung des Vertrags durch das Akzeptieren einer bestimmten Preiserhöhung im Hinblick auf die abweichende Entscheidung des OLG Nürnberg vom 21. Dezember 2010 (Az.: 1 U 2329/09) eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
c) Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 63 Abs. 2 GKG i. V. m. § 47 GKG wie folgt festgesetzt:
(1) bis zum 10. Oktober 2010: (190,38 € + 441,88 € =) 632,26 €
(2) vom 11. Oktober 2010 bis zum 28. Oktober 2010: (190,38 € + 1.036,52 € =) 1.226,90 €.
(3) vom 29. Oktober 2010 bis zur teilweisen Klagerücknahme im Termin am 2. November 2010: (270,28 € + 1.036,52 € =) 1.306,80 €
(4) von teilweisen Klagerücknahme im Termin am 2. November 2010 bis zum 15. Dezember 2010: (270,28 € - 34,34 € + 1.036,52 € =) 1.272,46 €.
(5) seit dem 16. Dezember 2010 (270,28 € - 34,34 € + 1.246,32 € =) 1.482,26 €.