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Rückübertragungsrecht


Metadaten

Gericht VG Cottbus 1. Kammer Entscheidungsdatum 15.05.2014
Aktenzeichen 1 K 526/12 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 1 Abs 6 VermG, § 5 Abs 1 Buchst d VermG, § 48 Abs 1 VwVfG, § 51 Abs 1 VwVfG, § 51 Abs 3 VwVfG

Leitsatz

Im Fall eines Begehrens, das Verwaltungsverfahren nach § 51 Abs. 1 VwVfG wiederaufzugreifen, ist der Betroffene gehalten, mit seinem Antrag - soll dieser geeignet sein, die Antragsfrist des § 51 Abs. 3 VwVfG zu wahren - deutlich erkennbar zu machen, auf welchen der Wiederaufgreifensgründe des § 51 Abs. 1 VwVfG er sein Begehren stützt. Auch kann insbesondere in der Fallkonstellation neuer Beweismittel nicht darauf verzichtet werden, dass der Antragsteller mit seinem Antrag diese Beweismittel zumindest konkret benennt und der Behörde vorlegt, um ihr überhaupt eine Überprüfung zu ermöglichen.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar, für die Beigeladene jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 v.H. des zu vollstreckenden Betrages. Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe 110 v.H. des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 v.H. des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt das Wiederaufgreifen des Verwaltungsverfahrens und die Aufhebung der zugunsten Beigeladenen ergangenen Berechtigtenfeststellung.

Gegenstand des Verfahrens sind die früheren Grundstücke D-Straße 17 (ursprünglich Parzelle 104/2 des Kartenblatts 58 der Gemarkung A, Band 31 Blatt 999 des Grundbuchs von A) und 18 (ursprünglich Parzellen 89/3 und 103/3 des Kartenblatts 58 der Gemarkung A, Band 57 Blatt 1816 des Grundbuchs von A) in A. Diese standen seit dem 11. November 1938 im Eigentum von Frieda J., geb. F., aus E (im Folgenden: Alteigentümerin). Sie wurden ausweislich des Grundbuches mit Bescheiden des Rates der Stadt A, Abteilung Finanzen, Sachgebiet Verwaltung des staatlichen und treuhänderischen Eigentums, vom 24. Juni 1971 auf der Grundlage des Aufbaugesetzes mit Wirkung vom 2. Juni 1971 zugunsten des VEB Kommunale Wohnungsverwaltung A in Anspruch genommen. Am 28. Juni 1971 erfolgte die Eintragung des Eigentums des Volkes im Grundbuch.

Die Klägerin ist Verfügungsberechtigte der heutigen Flurstücke 83, 93 und 180 der Flur 141 in der Gemarkung A, in die im Ergebnis von Zusammenlegungen und Teilungen, die nach der Inanspruchnahme erfolgten, Teilflächen aus den genannten Grundstücken aufgegangen sind.

Mit Schreiben vom 7. November 1991 und 1. August 1991 machte die Beigeladene hinsichtlich der Grundstücke als Rechtsnachfolgerin der Alteigentümerin gemäß § 2 Abs. 1 der Anmeldeverordnung vermögensrechtliche Ansprüche geltend.

Mit Bescheid vom 26. März 1999 lehnte das Amt zur Regelung offener Vermögensfragen der Stadt A den Antrag der Beigeladenen auf Rückübertragung des Eigentums an den beiden Grundstücken ab. Diese Vermögenswerte hätten keiner schädigenden Maßnahme im Sinne des § 1 Abs. 6 VermG unterlegen. Das Eigentum der Alteigentümerin sei während des Krieges allein aus Gründen der - vermuteten - Staatsangehörigkeit verwaltet worden. Die Tatsache, dass die Alteigentümerin zum Personenkreis der jüdischen Verfolgten zu rechnen sei, sei offensichtlich der Anordnung der Verwaltung nicht zugrunde gelegt worden. Die eigentliche Schädigung sei erst 1971 mit der Inanspruchnahme nach dem Aufbaugesetz erfolgt.

Auf den Widerspruch der Beigeladenen änderte das Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen Brandenburg (im Folgenden: Landesamt) mit Widerspruchsbescheid vom 11. Januar 2002 die Ausgangsentscheidung und lehnte (ebenfalls) die Rückübertragung des Eigentums an den Grundstücken D-straße 17 und 18 in A ab, stellte aber dem Grunde nach einen Anspruch auf Entschädigung nach Maßgabe des NS-Verfolgtenentschädigungsgesetzes fest. Es liege eine Enteignung im Sinne des § 1 Abs. 6 VermG vor. Nach § 3 der 11. Verordnung zum Reichsbürgergesetz sei das Vermögen von Juden, die nach dieser Verordnung die deutsche Staatsangehörigkeit verloren hätten, dem Reich verfallen. Die Ermittlungen der Behörden hätten dazu geführt, dass die jüdische Eigentümerin ausgewandert gewesen sei und auch ansonsten die Voraussetzungen erfüllt gewesen seien. Die Eintragung des Reichs als Eigentümer im Grundbuch sei unerheblich, da diese nur deklaratorisch sei. Es liege jedoch der Ausschlussgrund des § 5 Abs. 1 lit. c) VermG vor, da die Flurstücke neu aufgeteilt und zum Zweck der Aufbaumaßnahme Stadtzentrum, 2. Bauabschnitt, flurstücksübergreifend bebaut worden seien. Eine Klage wurde auf diesen Widerspruchsbescheid nicht erhoben.

Die Klägerin wandte sich mit Schreiben vom 10. Juli 2002 an das Landesamt und erklärte, dass sich infolge einer Anfrage beim Landeshauptarchiv Potsdam herausgestellt habe, dass die Alteigentümerin "Arierin" im Sinne der Reichsbürgergesetze gewesen zu sein scheine. Somit entfalle die Aktivlegitimation der Beigeladenen. Sie bat um Aufhebung des Widerspruchsbescheides vom 11. Januar 2002 und Erlass einer neuen Entscheidung, die den neuen Erkenntnissen Rechnung trage. Mit dem Schreiben legte sie verschiedene Unterlagen vor.

Das Landesamt erklärte mit Schreiben vom 30. Juli 2002 gegenüber der Klägerin, dass sich aus den übermittelten Unterlagen keine neuen Gesichtspunkte ergäben. Wie sich bereits aus der getroffenen Entscheidung ergebe, sei infolge von Recherchen verschiedener Behörden von amtlicher Seite der Vermögensverfall nach der 11. Verordnung zum Reichsbürgergesetz festgestellt worden. Die übersandten Unterlagen belegten nur, dass sich die Alteigentümerin selbst vom Ausland aus als Arierin bezeichnet habe bzw. von ihren Familienangehörigen so bezeichnet worden sei. Im Übrigen seien die Behörden auch 1958 davon ausgegangen, dass es sich bei den Vermögenswerten um ehemaliges Reichsvermögen handele.

Das Bundesamt für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen (im Folgenden: Bundesamt) stellte mit vier Bescheiden vom 27. August 2009 gegenüber der Klägerin fest, dass diese hinsichtlich ehemals volkseigener Vermögenswerte der Abführungspflicht nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EntschG gegenüber dem Entschädigungsfonds unterliege und setzte hinsichtlich vier aus den hier in Rede stehenden früheren Grundstücken hervorgegangenen Flurstücken Abführungsbeträge in Höhe von insgesamt 16.305,64 € fest. Gegen diese Bescheide erhob die Klägerin am 25. September 2009 Klage, die beim erkennenden Gericht unter den Aktenzeichen VG 1 K 840/09, VG 1 K 841/09, VG 1 K 842/09 und VG 1 K 843/09 anhängig sind. Mit Beschlüssen vom 26. Mai 2010 hat die Kammer die Verfahren bis zum bestands- bzw. rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens über die Wiederaufnahme ausgesetzt.

Die Klägerin wandte sich mit Faxschreiben vom 25. September 2009 an das Landesamt und bat, das abgeschlossene Restitutionsverfahren die Grundstücke ehemals D-straße 17 und 18 in A betreffend mit dem Ziel einer Aufhebung des Widerspruchsbescheides vom 11. Januar 2002 wieder aufzunehmen. Weitere Recherchen beim Bundesarchiv hätten ergeben, dass die Alteigentümerin nicht nach der 11. Verordnung zum Reichsbürgergesetz, sondern nach § 2 der Verordnung über die Aberkennung der Staatsangehörigkeit des Protektorats Böhmen und Mähren vom 3. Oktober 1939 enteignet worden sei. Auch gehe aus ihr nunmehr vorliegenden Schreiben des Ehemannes und des Schwagers der Alteigentümerin eindeutig hervor, dass die Alteigentümerin keine Jüdin im Sinne der nationalsozialistischen Gesetzgebung gewesen sei. Das Landesamt leitete den Wiederaufnahmeantrag mit Schreiben vom 29. September 2009 an das Bundesamt weiter.

Mit Schreiben vom 30. Juni 2010 - Eingang beim Bundesamt als Fax am 30. Juni 2010 und als Original mit 29 Anlagen am 7. Juli 2010 - führte die Klägerin zur Begründung ihres Wiederaufnahmeantrags vom 25. September 2009 aus, dass der Bescheid vom 26. März 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Januar 2002 rechtswidrig sei, weil er davon ausgehe, dass die Alteigentümerin der restitutionsbehafteten Grundstücke Jüdin im Sinne der Nürnberger Rassegesetze gewesen und deren Enteignung auf der Grundlage der 11. Verordnung zum Reichsbürgergesetz erfolgt sei. Beides treffe nicht zu. Zwar sei die Alteigentümerin mit einem Juden im Sinne der Rassegesetze verheiratet gewesen; sie selbst sei jedoch sogenannte Arierin gewesen. Der Alteigentümerin sei außerdem mit der vom Reichsprotektor in Böhmen und Mähren im Reichsanzeiger Nr. 174 vom 29. Juli 1943 auf der Grundlage der Verordnung über die Aberkennung der Staatsangehörigkeit des Protektorats Böhmen und Mähren vom 3. Oktober 1939 erfolgten Veröffentlichung die Protektoratsangehörigkeit entzogen worden und in der Folge im Reichsanzeiger Nr. 282 vom 2. Dezember 1943 der Verfall ihres Vermögens zugunsten des Deutschen Reiches erklärt worden, womit die Grundstücke D-Straße 17 und 18 in A in das Eigentum des Deutschen Reiches übergegangen waren. Damit entfalle die von der Beigeladenen als der Begünstigten des Widerspruchsbescheides geltend gemachte und die Voraussetzung des Bescheides bildende Aktivlegitimation zur Geltendmachung der sich aus dem Bescheid ergebenden Ansprüche. Mit Schreiben vom 10. Januar 2012 legte die Klägerin dem Bundesamt zudem ein Schreiben des Sohnes der Alteigentümerin, Piotr Herbert J. vom 16. November 2011 vor.

Das Bundesamt lehnte mit Bescheid vom 18. April 2012 den Antrag der Klägerin auf Wiederaufgreifen des vermögensrechtlichen Verfahrens ab. Der Antrag sei unzulässig, denn er wahre die Frist des § 51 Abs. 3 VwVfG nicht. Die Klägerin habe jedenfalls am 10. Juli 2002 Kenntnis von den Archivdokumenten gehabt, die die nicht-jüdische Herkunft der Alteigentümerin belegen sollten, da sie unter diesem Datum die Dokumente beim Landesamt vorgelegt habe. Der Antrag auf erneute Sachentscheidung wäre aber auch unbegründet. Insbesondere sei die Beigeladene antragsberechtigt, da hierfür ausreichend sei, dass die Nationalsozialisten die Alteigentümerin als Jüdin verfolgt hätten. Allein maßgeblich sei, ob die Alteigentümerin nach dem Kenntnisstand zur Zeit des Nationalsozialismus Jüdin gewesen sei oder ob die Nationalsozialisten sie als Jüdin behandelt hätten. Letzteres sei hier der Fall. Denn nachweislich hätten der Reichskommissar für die Behandlung feindlichen Vermögens und der Oberfinanzpräsident Brandenburg die Alteigentümerin als Jüdin betrachtet. Das Vermögen der Alteigentümerin habe demzufolge einer gesetzlichen Vorschrift unterlegen, deren Anwendung tatsächlich auch auf die Entziehung des jüdischen Vermögens gerichtet gewesen sei. Bei der Beurteilung seien die Erkenntnisse und Erkenntnisquellen maßgeblich, die in der Zeit des Nationalsozialismus vorgelegen hätten und zu den entsprechenden Reaktionen des NS-Regimes im konkreten Fall geführt hätten. Entscheidend sei, dass die Alteigentümerin zum Personenkreis der Kollektivverfolgten gehört habe, sie nach den damaligen Erkenntnissen als Jüdin betrachtet und ihr Vermögen entzogen worden sei. Auch komme eine Rücknahme des Verwaltungsaktes nach § 48 VwVfG nicht in Betracht, da keine Anhaltspunkte für die Rechtswidrigkeit der Verwaltungsentscheidung vorlägen. Selbst im Fall einer Rechtswidrigkeit des Widerspruchsbescheides sei das Ermessen nicht zugunsten der Klägerin im Sinne eines Wiederaufgreifens auszuüben. Zu berücksichtigen sei der Zeitraum vom Erlass des Widerspruchsbescheides bis zu Antragstellung der Klägerin im September 2009. Auch wäre eine Rücknahme nicht im Interesse des Wiedergutmachungsinteresses der Erben der Alteigentümerin, da diese selbst keine vermögensrechtlichen Ansprüche innerhalb der Antragsfrist geltend gemacht hätten. Der Bescheid wurde der Klägerin gegen Empfangsbekenntnis am 24. April 2012 zugestellt.

Die Klägerin hat am 24. Mai 2012 Klage erhoben, die sie unter Wiederholung und Vertiefung ihres Vorbringens im Verwaltungsverfahren begründet.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 18. April 2012 zu verpflichten, sie (die Klägerin) hinsichtlich ihres Antrages vom 25. September 2009 auf Wiederaufgreifen des vermögensrechtlichen Verfahrens im Hinblick auf den Bescheid des Amtes zur Regelung offener Vermögensfragen der Stadt A vom 26. März 1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landesamtes zur Regelung offener Vermögensfragen Brandenburg vom 11. Januar 2002 bezüglich der Grundstücke A, D-Straße 17 und An der D-Straße 18 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie nimmt Bezug auf die Ausführungen im angefochtenen Bescheid.

Die Beigeladene beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie macht geltend, dass die Klage bereits mangels Klagebefugnis unzulässig sei, denn die Klägerin könne die erfolgte Berechtigtenfeststellung nicht anfechten, so dass sie auch nicht das Wiederaufgreifen des Verwaltungsverfahrens betreiben könne.

Die Kammer hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 19. September 2013 dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes, insbesondere des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen, wird auf die Gerichtsakte zum vorliegenden Verfahren und zu den Aktenzeichen VG 1 K 840/09, VG 1 K 841/09, VG 1 K 842/09 und VG 1 K 843/09, auf die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgänge (Beiakten I bis V) sowie die von der Klägerin eingereichten Unterlagen (Beiakte VI) Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung.

Entscheidungsgründe

1. Die Klage ist zulässig. Entgegen der von der Beigeladenen vertretenen Auffassung ist der Klägerin nicht bereits die Klagebefugnis abzusprechen. Gemäß § 42 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) setzt die Zulässigkeit der Verpflichtungsklage voraus, dass der Kläger geltend macht, durch die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsaktes in seinen Rechten verletzt zu sein. Die Klagebefugnis ist zu bejahen, wenn nicht offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise die vom Kläger behaupteten Rechte nicht bestehen oder ihm nicht zustehen können, wobei die Möglichkeit der vom Kläger behaupteten Rechtsverletzung ausreicht (vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Juli 1973 - BVerwG VII C 6.72 -, BVerwGE 44, 1, juris Rn. 18; BVerwG, Beschluss vom 24. Januar 1991 - BVerwG 8 B 164.90 -, Buchholz 316 § 54 VwVfG Nr. 6, juris Rn. 4; BVerwG, Urteil vom 10. Oktober 2002 - BVerwG 6 C 8.01 -, BVerwGE 117, 93, juris Rn. 15; Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl. 2013, § 42 Rn. 65). Ausgehend hiervon kann der Argumentation der Beigeladenen nicht gefolgt werden, dass die Berechtigtenfeststellung zu ihren Gunsten nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts von der Klägerin angesichts der bestehenden Ausschlussgründe nach § 5 des Gesetzes zur Regelung offener Vermögensfragen (Vermögensgesetz - VermG) in einem Anfechtungsprozess gegen den ursprünglichen Bescheid mangels Betroffenheit nicht hätte angegriffen werden können, so dass sie auch nicht das Wiederaufgreifen begehren könne. Denn sie erfasst die maßgebliche höchstrichterliche Rechtsprechung unvollständig.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts begründet die Feststellung der Berechtigung zugunsten eines Restitutionsantragstellers gegenüber dem Verfügungsberechtigten als selbständiges Teilelement einen rechtlichen Nachteil für diesen im Vorfeld der abschließenden Entscheidung über den vermögensrechtlichen Rückübertragungsanspruch, so dass der Verfügungsberechtigte grundsätzlich befugt ist, die Teilentscheidung über die Berechtigung anzufechten. Anders verhält es sich nur, wenn dem Verfügungsberechtigten ausnahmsweise für die Anfechtung der Berechtigtenfeststellung das Rechtsschutzbedürfnis fehlt, was insbesondere dann der Fall ist, wenn mit der Feststellung der Berechtigung zugleich der Rückübertragungsanspruch abgelehnt worden ist und daher nachteilige Wirkungen für den Verfügungsberechtigten nicht erkennbar sind, weil die in der Berechtigtenfeststellung enthaltene Beschwer durch den gleichzeitigen Ausspruch des Restitutionsausschlusses der Sache nach überholt wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 13. April 2000 - BVerwG 7 C 84.99 -, BVerwGE 111, 129, juris Rn. 12 f.; BVerwG, Urteil vom 24. August 2000 - BVerwG 7 C 5.00 -, Buchholz 428 § 37 VermG Nr. 28, juris Rn. 9 f.; BVerwG, Urteil vom 25. April 2001 - BVerwG 8 C 5.00 -, Buchholz 428 § 37 VermG Nr. 32, juris Rn. 21 f.). Dies schließt indes Fallkonstellationen nicht aus, in denen trotz Ausschlusses der Rückübertragung von einer Berechtigtenfeststellung eine die Klagebefugnis tragende Rechtsbetroffenheit des Verfügungsberechtigten ausgeht, weil die Annahme eines fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses nach der zitierten Rechtsprechung im konkreten Fall nicht gerechtfertigt ist. Dies ist insbesondere bei solchen Verfügungsberechtigten anzunehmen, die gerade im Fall der Feststellung eines Ausschlusses der Restitution nach §§ 4, 5 VermG einer Abführungspflicht nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 des Gesetzes über die Entschädigung nach dem Gesetz zur Regelung offener Vermögensfragen (Entschädigungsgesetz - EntschG) an den Entschädigungsfonds in Höhe des 1,3-fachen des Einheitswertes unterliegen (vgl. BVerwG, Urteil vom 10. August 2005 - BVerwG 8 C 18.04 -, Buchholz 428 § 1 Abs. 8 VermG Nr. 32, juris Rn. 23). Dies ist vorliegend einschlägig.

2. Die Klage ist jedoch unbegründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Wiederaufgreifen des Verwaltungsverfahrens bezüglich des Bescheides des Amtes zur Regelung offener Vermögensfragen der Stadt A vom 26. März 1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landesamtes zur Regelung offener Vermögensfragen Brandenburg vom 11. Januar 2002 die Grundstücke A, D-Straße 17 und An der D-Straße 18 betreffend und eine Änderung dieses Bescheides; ihr steht auch kein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Neuentscheidung über eine Rücknahme dieses vermögensrechtlichen Bescheides zu. Der Bescheid des Bundesamtes für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen vom 18. April 2012 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 5 Sätze 1 und 2 VwGO).

a. Ein Anspruch der Klägerin auf Wiederaufgreifen des Verwaltungsverfahrens steht der Klägerin auf der Grundlage des einschlägigen § 51 Abs. 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) in der im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung geltenden Fassung der Bekanntmachung vom 23. Januar 2003 (BGBl. I S. 102), zuletzt geändert durch Gesetz vom 25. Juli 2013 (BGBl. I S. 2749), in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Satz 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Brandenburg (VwVfGBbg) vom 7. Juli 2009 (GVBl. I S. 262), geändert durch Gesetz vom 16. Mai 2013 (GVBl. I Nr. 18), nicht zu.

Nach § 51 Abs. 1 VwVfG hat die Behörde auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat (Nr. 1), neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden (Nr. 2) oder Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind (Nr. 3). Die Zulässigkeit des Antrags setzt nach § 51 Abs. 2 VwVfG voraus, dass der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen. Zudem muss der Antrag muss binnen drei Monaten ab dem Tag gestellt werden, an dem der Betroffene Kenntnis vom Grund des Wiederaufgreifens erhalten hat (§ 51 Abs. 3 VwVfG).

aa. Der Wiederaufgreifensantrag der Klägerin ist hinsichtlich der Schreiben der Klägerin vom 25. September 2009 und 30. Juni 2010 bereits unzulässig.

(1) Das Schreiben der Klägerin vom 25. September 2009 beinhaltet keinen wirksamen Wiederaufgreifensantrag. Das Schreiben genügt den formellen Anforderungen nicht, die an einen solchen Antrag zu stellen sind.

Der Antrag des Betroffenen, mit dem er sein Begehren bei der Behörde anbringt, das Verwaltungsverfahren zu einem bestandskräftigen Verwaltungsverfahren nach Maßgabe des § 51 VwVfG wieder aufzugreifen, muss nämlich hinreichend deutlich einen der Wiederaufnahmegründe des § 51 Abs. 1 VwVfG geltend machen (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 14. Aufl. 2013, § 51 Rn. 11; Falkenbach in Bader/Ronellenfitsch, BeckOK-VwVfG, Stand: 1. April 2014, § 51 Rn. 13). Dies folgt aus dem Ausnahmecharakter der Vorschrift des § 51 VwVfG. Der Gesetzgeber hat in Abwägung des Prinzips der materiellen Gerechtigkeit gegenüber dem formalen Prinzip der Bestands- bzw. Rechtskraft in der einschlägigen nur die dort enumerativ aufgeführten Gründe als so gravierend und den Rechtsfrieden nachhaltig beeinträchtigend angesehen, dass er in diesen Fällen den Konflikt zugunsten des Prinzips der materiellen Gerechtigkeit gelöst und dem Betroffenen einen Anspruch auf neue Sachentscheidung zugestanden hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Januar 1994 - BVerwG 2 C 12.92 -, BVerwGE 95, 86, juris Rn. 28). Zugleich hat er mit dem Antragserfordernis und der Ausschlussfrist die Möglichkeiten zur Einschränkung der Bestandskraft von Verwaltungsakten im Interesse der Rechtssicherheit eng begrenzt (vgl. Meyer in Knack/Henneke, VwVfG, 9. Aufl. 2010, § 51 Rn. 51). Mit Blick darauf, dass zum einen der Betroffene mit seinem Antrag den Gegenstand des Wiederaufgreifensverfahrens dergestalt bestimmt, dass die zuständige Behörde ebenso wie gegebenenfalls nachfolgend das Gericht nicht befugt sind, andere als vom Antragsteller geltend gemachte Gründe ihrer Entscheidung über die Wiederaufnahme zu Grunde zu legen (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. August 1988 - BVerwG 9 C 47.87 -, Buchholz 402.25 § 14 AsylVfG Nr. 8, juris Rn. 8; BVerwG, Beschluss vom 11. Dezember 1989 - BVerwG 9 B 320.89 -, Buchholz 316 § 51 VwVfG Nr. 24, juris Rn. 4; BVerwG, Urteil vom 22. Oktober 2009 - BVerwG 1 C 15.08 -, BVerwGE 135, 121, juris Rn. 19; BVerwG, Urteil vom 9. Dezember 2010 - BVerwG 10 C 13.09 -, BVerwGE 138, 289, juris Rn. 28), und zum anderen für jeden Wiederaufnahmegrund die Antragsfrist des § 51 Abs. 3 VwVfG gesondert läuft (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. Dezember 1989 - BVerwG 9 B 320.89 -, Buchholz 316 § 51 VwVfG Nr. 24, juris Rn. 5; BVerwG, Urteil vom 13. Mai 1993 - BVerwG 9 C 49.92 -, BVerwGE 92, 278, juris Rn. 9; BVerwG, Urteil vom 27. Januar 1994 - BVerwG 2 C 12.92 -, BVerwGE 95, 86, juris Rn. 17; BVerwG, Beschluss vom 31. Januar 2011 - BVerwG 10 B 26.10 -, Buchholz 316 § 51 VwVfG Nr. 57, juris Rn. 6), ist der antragstellende Betroffene gehalten, mit seinem Antrag - soll dieser geeignet sein, die Antragsfrist zu wahren - deutlich erkennbar zu machen, auf welchen der Wiederaufgreifensgründe des § 51 Abs. 1 VwVfG er sein Begehren stützt, d.h. beispielsweise ob von einer Änderung der Sach- oder Rechtslage (Nr. 1) oder dem Vorliegen neuer Beweismittel (Nr. 2) ausgeht. Auch kann insbesondere in der Fallkonstellation neuer Beweismittel nicht darauf verzichtet werden, dass der Antragsteller mit seinem Antrag diese Beweismittel zumindest konkret benennt und der Behörde vorlegt, um ihr überhaupt eine Überprüfung zu ermöglichen (vgl. OVG des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 16. Dezember 2004 - 3 L 403/01 -, juris Rn. 38). Denn der Wiederaufgreifensantrag erfordert insoweit, dass sich der Betroffene auf die Beweismittel beruft, d.h. die Beweismittel in den Rechtsstreit einführt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. Dezember 1989 - BVerwG 9 B 320.89 -, Buchholz 316 § 51 VwVfG Nr. 24, juris Rn. 4). Es wäre mit dem Ausnahmecharakter und der Fristbindung des Wiederaufgreifens nicht zu vereinbaren, wenn es ausreichen würde, abstrakt das Vorliegen von Beweismitteln, die ein Wiederaufgreifen rechtfertigen sollen, zu behaupten, ohne diese zu benennen, und jede spätere Spezifizierung genügen zu lassen, da dies der Umgehung der Antragsfrist jede Möglichkeit eröffnen würde und dem früheren Antrag verschiedenste Beweismittel "untergeschoben" werden könnten.

Diesen Anforderungen ist die Klägerin in ihrem Schreiben vom 25. September 2009 nicht gerecht geworden. Denn sie hat schon nicht kenntlich gemacht, von welchem Wiederaufgreifensgrund sie für ihren Antrag ausgeht. Ihr Hinweis, dass "weitere Recherchen beim Bundesarchiv … ergeben haben", dass "die Eigentümerin … nicht nach der 11. Verordnung zum Reichsbürgergesetz, sondern nach § 2 der Verordnung über die Aberkennung der Staatsangehörigkeit des Protektorats Böhme und Mähren … enteignet" worden sei, lässt gerade nicht erkennen, ob sie danach von einer Änderung der Sachlage oder dem Auffinden neuer Beweismittel ausgeht. Selbst wenn diese dürftige Erklärung im Sinne der Geltendmachung neuer Beweismittel zu verstehen sein sollte, hätte die Klägerin es jedenfalls versäumt, diese Beweismittel, auf die sie ihre Erkenntnisse für eine Änderung des bestandskräftigen Bescheides stützt, konkret zu benennen. Es fehlt jeder Hinweis, was sie konkret im Bundesarchiv neu aufgefunden haben will. Auch hat sie die angeführten Schreiben von Ehemann und Schwager der Alteigentümerin nicht konkret (mit Datum) benannt, was die Problematik der unzureichenden Konkretisierung behaupteter "neuer Beweismittel" exemplarisch beleuchtet. Denn es ist danach gerade nicht klar, ob sich die Klägerin damit (allein) auf die Schreiben von Bruno J. an den Rat der Stadt A vom 5. März 1958 und von Dr. Hermann W. an den Grundstücksverwalter Ludwig R. vom 28. Februar 1940 (wie sie sie mit dem Schriftsatz vom 30. Juni 2010 vorgelegt hat) bezieht, die aber schon mit dem Schreiben vom 10. Juli 2002 dem Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen Brandenburg vorgelegt worden waren und daher eindeutig jedenfalls keine neuen Beweismittel sein können.

(2) Zwar hat die Klägerin mit ihrem Schreiben vom 30. Juni 2010 sowohl erkennbar gemacht, dass sie den Wiederaufgreifensgrund des § 51 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG für gegeben erachtet, als auch die aus ihrer Sicht maßgeblichen Beweismittel benannt und in Kopie vorgelegt. Jedoch hat sie weder in ihrem Schreiben noch in den Anlagen differenziert kenntlich gemacht hat, welche von diesen Unterlagen aus ihrer Sicht neue Beweismittel im Sinne dieser Norm sind (vgl. zum Begriff: BVerwG, Urteil vom 28. Juli 1989 - BVerwG 7 C 78.88 -, BVerwGE 82, 272, juris Rn. 10, 12; Meyer in Knack/Henneke, VwVfG, § 51 Rn. 40 f.; Falkenbach in Bader/Ronellenfitsch, BeckOK-VwVfG, § 51 Rn. 41, 43) und welche sie lediglich als Argumentationsmittel nochmals anführte. Welche Bedeutung unter dem Gesichtspunkt der Pflicht des Antragstellers zur Substantiierung seines Wiederaufgreifensantrags diesem Umstand zukommt, kann hier dahinstehen. Denn jedenfalls wahrt dieses Schreiben die Antragsfrist des § 51 Abs. 3 VwVfG hinsichtlich derjenigen Beweismittel, die nicht bereits im Verwaltungsvorgang der Beklagten vorlagen (Abschriften der Beschlüsse des Kammergerichts vom 8. November 1940 [Anlage 3 des Schreibens vom 30. Juni 2010] und 14. April 1944 [Anlage 23], Verfügung des Reichskommissars für die Behandlung feindlichen Vermögens vom 30. März 1944 [Anlage 22]) oder von der Klägerin schon mit ihrem Antragsschreiben vom 10. Juli 2002 vorgelegt worden waren (Schreiben von Dr. W. vom 28. Februar 1940 [Anlage 7], Verfügung des Oberfinanzpräsidenten Brandenburg vom 1. Juli 1938 [Anlage 10], Schreiben von Ludwig R. vom 26. Januar 1939 [Anlage 11], Hausverwaltervollmacht der Alteigentümerin vom 13. Dezember 1938 [Anlage 12], Schreiben der Alteigentümerin vom 12. Januar 1939 [Anlage 13], Schreiben des Ludwig R. vom 11. Januar 1940 [Anlage 25] und 17. Februar 1940 [Anlage 26] sowie Schreiben des Bruno J. vom 5. März 1958 [Anlage 29]) und die somit als neue Beweismittel überhaupt nur in Betracht kommen, ersichtlich nicht. Wie sich dem Schriftsatz der Klägerin vom 25. September 2009 und auch ihrem Schreiben im gerichtlichen Verfahren vom 1. März 2013 entnehmen lässt, fand die ausschlaggebende Einsichtnahme in die Bestände des Bundesarchivs, die zur Auffindung der Unterlagen (seien es die Lastenausgleichsakten, aus denen die Anlagen 6 und 14 des Schreibens vom 30. Juni 2010 herrühren, oder seien es die Veröffentlichungen im Reichsgesetzblatt [Anlagen 4, 8, 9, 16, 17, 20, 24 und 27] und im Deutschen Reichsanzeiger und Preußischen Staatsanzeiger [Anlagen 15, 18, 19 und 21]) führte, am 24. September 2009 statt. Jedenfalls ab diesem Zeitpunkt hatte die Klägerin die Kenntnis vom Vorliegen des Wiederaufgreifensgrundes im Sinne des § 51 Abs. 3 VwVfG. Wie ihr Schreiben vom 25. September 2009 zeigt, war sie sich der Bedeutung dieser Unterlagen auch zu diesem Zeitpunkt schon bewusst.

bb. Soweit die Klägerin mit ihrem Schreiben vom 10. Januar 2012 dem Bundesamt das Schreiben des Sohnes der Alteigentümerin, Piotr Herbert J. vom 16. November 2011 vorgelegt hat, begegnet es schon Zweifeln, ob in der bloßen Übermittlung dieses unzweifelhaft neuen Beweismittels ohne konkrete entsprechende Willensäußerung der Klägerin ein weiterer Antrag auf Wiederaufgreifen im Sinne des § 51 Abs. 1 VwVfG gesehen werden kann. Aber selbst wenn man dies anders sehen würde, könnte dieser Antrag jedenfalls keinen Erfolg haben, da es die Klägerin auch im gerichtlichen Verfahren an dem für die Zulässigkeit erforderlichen substantiierten und schlüssigen Vortrag fehlen lässt, dass dieses Beweismittel im Sinne des § 51 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG geeignet ist, eine ihr günstigere Entscheidung herbeizuführen (vgl. hierzu: BVerwG, Urteil vom 21. April 1982 - BVerwG 8 C 75.80 -, Buchholz 316 § 51 VwVfG Nr. 11, juris Rn. 11; BVerwG, Urteil vom 26. Juni 1984 - BVerwG 9 C 875.81 -, Buchholz 402.25 § 14 AsylVfG Nr. 2, juris Rn. 16; BVerwG, Urteil vom 13. November 1984 - BVerwG 9 C 67.84 -, NVwZ 1985, 899, juris Rn. 19; BVerwG, Beschluss vom 30. August 2006 - BVerwG 8 B 121.05 -, Buchholz 316 § 51 VwVfG Nr. 49, juris Rn. 11). Denn es ist danach nicht erkennbar, aufgrund welcher Umstände dieses Schreiben die Überzeugung vermitteln soll, dass die Behörde bei der früheren Entscheidung (ausgehend von der den Bescheid tragenden Rechtsauffassung der Behörde [vgl. BVerwG, Beschluss vom 29. Oktober 1997 - BVerwG 7 B 336.97 -, Buchholz 428.5 § 6 GVO Nr. 1, juris Rn. 5; BVerwG, Beschluss vom 3. Mai 2000 - BVerwG 8 B 352.99 -, Buchholz 316 § 51 VwVfG Nr. 42, juris Rn. 5; BVerwG, Beschluss vom 4. Januar 2011 - BVerwG 8 B 75.10 -, ZOV 2011, 87, juris Rn. 9]) von falschen Voraussetzungen ausgegangen und bei Kenntnis der wirklichen Tatsachen zugunsten des Betroffenen anders entschieden hätte. Auch wenn aus dem Schreiben vom 16. November 2011 zu entnehmen sein mag, dass der Sohn der Alteigentümerin allein seinen Vater Bruno J., nicht aber seine Mutter als Angehörige der jüdischen Glaubensgemeinschaft bezeichnet hat, stellt dies allein (die anderen von der Klägerin mit dem Schreiben vom 30. Juni 2010 angeführten Unterlagen sind angesichts des Fristversäumnisses insoweit außer Betracht zu lassen) aber nicht die tragende Erwägung der ursprünglichen Entscheidung des Bescheides des Amtes zur Regelung offener Vermögensfragen der Stadt A vom 26. März 1999 in der durch die Widerspruchsentscheidung des Landesamtes zur Regelung offener Vermögensfragen vom 11. Januar 2002 maßgeblichen Fassung in Frage, dass die Alteigentümer als Jüdin verfolgt und enteignet worden ist. Denn das Schreiben lässt keine Rückschlüsse auf die Kenntnislage bei den hier relevanten Entscheidungsträgern über die gegebene, angenommene oder fehlende Zugehörigkeit der Alteigentümerin zur Gruppe der "Juden" im Sinne der nationalsozialistischen Gesetzgebung zu.

b. Der Bescheid des Bundesamtes vom 18. April 2012 ist ebenso rechtmäßig, soweit es das Bundesamt abgelehnt hat, den Bescheid vom 26. März 1999 und den Widerspruchsbescheid vom 11. Januar 2002 nach Maßgabe des § 48 VwVfG zurückzunehmen.

Wie sich aus § 51 Abs. 5 VwVfG ergibt, wonach die Vorschriften des § 48 Abs. 1 Satz 1 und des § 49 Abs. 1 VwVfG unberührt bleiben, kann die Behörde ein Verwaltungsverfahren nach pflichtgemäßem Ermessen auch dann wiederaufgreifen und über einen durch unanfechtbaren Verwaltungsakt beschiedenen materiell-rechtlichen vermögensrechtlichen Anspruch erneut sachlich entscheiden, wenn die Voraussetzungen für ein Wiederaufgreifen im engeren Sinne nach § 51 Abs. 1 VwVfG nicht vorliegen (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Januar 1994 - BVerwG 2 C 12.92 -, BVerwGE 95, 86, juris Rn. 29; BVerwG, Urteil vom 21. September 2000 - BVerwG 2 C 5.99 -, Buchholz 237.1 Art. 86 BayLBG Nr. 10, juris Rn. 51).

Eine Reduzierung dieses Ermessens auf Null dergestalt, dass der Klägerin ein Anspruch auf ein "Wiederaufgreifen im weiteren Sinne" zustünde, ist nicht anzunehmen. Eine solche Fallgestaltung kommt selbst im Fall einer Rechtswidrigkeit des ursprünglichen Verwaltungsaktes allenfalls dann in Betracht, wenn die Aufrechterhaltung dieses Bescheides schlechthin unerträglich wäre oder Umstände erkennbar sind, die die Berufung der Behörde auf die Bestandskraft dieses Bescheides als einen Verstoß gegen die guten Sitten oder Treu und Glauben erscheinen lassen (vgl. BVerwG, Urteil vom 8. Mai 2002 - BVerwG 7 C 18.01 -, Buchholz 428 § 2 VermG Nr. 66, juris Rn. 26; Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 51 Rn. 19; Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 51 Rn. 7). Dies ist vorliegend ersichtlich nicht der Fall.

Eine neue Sachprüfung hat das Bundesamt jedenfalls ermessensfehlerfrei abgelehnt. Schon die Erwägung des Bundesamtes, dass die Klägerin erst mehr als sieben Jahre nach Eintritt der Bestandskraft des Bescheides vom 26. März 1999 durch die Zurückweisung des Widerspruchs im Widerspruchsbescheid vom 11. Januar 2002 dessen Änderung in einem wiederaufgegriffenen Verwaltungsverfahren nach erst zu diesem Zeitpunkt (2009) aufgenommener Recherchen begehrte und daher die Ermessensentscheidung zugunsten einer Aufrechterhaltung des ursprünglichen Bescheides zu treffen sei, ist nicht zu beanstanden (zur Maßgeblichkeit eines selbständig tragenden Grundes für die Rechtmäßigkeit der Ermessenserwägung: BVerwG, Urteil vom 21. September 2000 - BVerwG 2 C 5.99 -, Buchholz 237.1 Art. 86 BayLBG Nr. 10, juris Rn. 53 m.w.N.). Prinzipiell kommt dem Grundsatz der materiellen Gerechtigkeit kein größeres Gewicht zu als dem Grundsatz der Rechtssicherheit (vgl. BVerwG, Beschluss vom 29. März 1999 - BVerwG 1 DB 7.97 -, BVerwGE 113, 322, juris Rn. 13), so dass sich die Klägerin ihre Untätigkeit, mit der sie die Entscheidung der Vermögensämter nach ihrem ersten Versuch eines Wiederaufgreifens mit dem Schreiben vom 10. Juli 2002 und dessen Ablehnung durch das Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen im Schreiben vom 30. Juli 2002 über zahlreiche Jahre hingenommen hat, mit dem Ergebnis entgegenhalten lassen muss, dass gerade angesichts einer alles andere als offensichtlichen Rechtswidrigkeit der ursprünglichen Entscheidungen über den Restitutionsantrag der Beigeladenen der Bestandskraft der Vorrang gegeben wird; weitergehende Ermessenserwägungen waren seitens des Bundesamtes nicht angezeigt.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO und § 162 Abs. 3 i.V.m. § 154 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit der Klägerin die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen, denn diese hat einen Sachantrag gestellt und damit ein Kostenrisiko auf sich genommen.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 sowie § 709 ZPO.

Die Entscheidung über die Nichtzulassung der Revision beruht auf § 135, § 132 Abs. 2 VwGO.