Gericht | OVG Berlin-Brandenburg 3. Senat | Entscheidungsdatum | 16.04.2011 | |
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Aktenzeichen | OVG 3a N 3.11 | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | Art 3 Abs 1 GG, Art 20a GG, § 1 Abs 1 BRKG, § 3 Abs 1 BRKG, § 4 Abs 1 BRKG, Richtlinie des Direktors des Deutschen Bundestages über die Entschädigung von Sachverständigen und Auskunftspersonen |
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 21. Juni 2010 wird abgelehnt.
Die Kosten des Zulassungsverfahrens trägt der Kläger.
Der Streitwert wird für die zweite Rechtsstufe auf 80,00 EUR festgesetzt.
Der Kläger, der von einer Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages als Sachverständiger gehört wurde und dazu unter Nutzung seiner bereits vorhandenen BahnCard 100 mit der Eisenbahn des Bundes an- und abreiste, begehrt vom Beklagten die Erstattung von fiktiven Reisekosten in Höhe von 80,00 Euro. Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen (vgl. VG Berlin, Urteil vom 21. Juni 2010 – VG 34 A 56.07 – veröffentlicht in Juris).
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Ein Grund, die Berufung zuzulassen (§ 124 Abs. 2 VwGO), ist auf Grundlage der allein maßgeblichen Darlegung des Klägers (§ 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO) nicht gegeben.
1. Der geltend gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) liegt nicht vor. Der Kläger stellt die Richtigkeit des Ergebnisses der angegriffenen Entscheidung nicht mit schlüssigen Gegenargumenten infrage.
Soweit er rügt, das Verwaltungsgericht verkenne, dass dem Beklagten hinsichtlich der Gewährung von Reisekostenvergütung mangels einer gesetzlichen Regelung ein Ermessensspielraum zustehe, vermag er die Richtigkeit des Urteils nicht in Zweifel zu ziehen. Es trifft zwar zu, dass die Reisekostenvergütung von Sachverständigen und Auskunftspersonen, die von Gremien des Deutschen Bundestages gehört werden, nicht gesetzlich geregelt ist. Der Geltungsbereich des Bundesreisekostengesetzes (BRKG) umfasst nur die Reisekostenvergütung der Beamten und Richter des Bundes sowie der Soldaten (vgl. näher § 1 Abs. 1 BRKG), zu denen die vom Bundestag gehörten Sachverständigen nicht gehören. Das Verwaltungsgericht ist aber zu Recht davon ausgegangen, dass sich die Reisekostenvergütung des Klägers nach den Richtlinien des Direktors des Deutschen Bundestages über die Entschädigung von Sachverständigen und Auskunftspersonen sowie Zeugen vom 1. April 1977 in der Fassung vom 30. November 2005 richtet, auf die das Bestätigungsschreiben vom 11. April 2006 Bezug nahm. Es ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung geklärt, dass eine solche ermessenslenkende Verwaltungsvorschrift über die ihr zunächst nur innewohnende interne Bindung hinaus über den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) eine anspruchsbegründende rechtliche Außenwirkung im Verhältnis der Verwaltung zum Bürger zu vermitteln vermag (stRspr, BVerwG Beschluss vom 4. August 2006 – 2 B 12/06, Grundeigentum 2009, S. 391 m.w.N.). Im Interesse einer einheitlichen und gleichmäßigen Ermessensausübung wird dort die Ausübung des Ermessens der Verwaltung des Deutschen Bundestages zur Gewährung von Reisekostenvergütung für Sachverständige geregelt.
Der Sache nach kommt das Verwaltungsgericht zu Recht zu der Bewertung, dass dem Kläger nach Art. 3 Abs. 1 GG i.V.m. Ziffer 7 Abs. 1 der Verwaltungsvorschrift kein Anspruch auf Reisekostenvergütung in Form von fiktiven Kosten einer Reise mit einer BahnCard 50 oder einem fiktiven Anteil der Kosten der unabhängig von der abzurechenden Reise erworbenen BahnCard 100 zusteht. Entgegen der Rüge des Klägers hat der Beklagte sein durch die Verwaltungsvorschrift gelenktes Ermessen nicht fehlerhaft ausgeübt. Nach der Verwaltungsvorschrift erhalten u.a. Sachverständige Reisekostenvergütung in sinngemäßer Anwendung der Vorschriften des Bundesreisekostengesetzes nach diesen Richtlinien und den im Anhang befindlichen ergänzenden Hinweisen. Die Bewertung des Verwaltungsgerichts, dass der Anspruch auf fiktive Reisekostenvergütung in sinngemäßer Anwendung von §§ 3 Abs. 1 und 4 Abs. 1 BRKG hier ausscheide, weil die Erstattung notwendiger Reisekosten voraussetzte, dass aus Anlass der konkreten Reise tatsächlich Kosten entstanden seien, was bei der Verwendung der ohnehin vorgehaltenen BahnCard 100 hier nicht der Fall gewesen sei (vgl. auch OVG Hamburg, Beschluss vom 1. November 2007, NJW 2008, S. 1242), wird vom Kläger nicht mit schlüssigen Gegenargumenten infrage gestellt. Auch nach den in der Verwaltungsvorschrift enthaltenen Hinweisen für Reisekostenvergütungen sind - wenn tatsächliche Kosten für Fahrten entstanden sind - bei der Ermittlung der Kosten mögliche Fahrpreisermäßigungen (z.B. die Nutzung der vorhandenen BahnCard) auszunutzen. Der Beklagte hat in Anlehnung an Ziffer 4.2.2 der Allgemeinen Vewraltungsvorschrift zum Bundesreisekostengesetz (GMBl. 2005, 830) zu Recht ausgeführt, dass die anteiligen Kosten einer nicht aus dienstlichen Gründen gekauften BahnCard nur dann erstattet werden können, wenn sie sich vollständig (für den Dienstherrn bzw. hier für den Bundestag) amortisiert haben. Dies ist bei der einmaligen Fahrt des Sachverständigen von Münster nach Berlin und zurück offensichtlich nicht der Fall. Das Verwaltungsgericht führt daher zu Recht aus, dass sich aus Ziffer 7 Abs. 1 der Verwaltungsvorschrift auch unter Berücksichtigung der ergänzenden Hinweise zur Reisekostenvergütung kein Anspruch des Klägers auf die begehrte Vergütung der fiktiven Reisekosten herleiten lässt. In diese Sinne führt es aus, dass unter Berücksichtigung der vorgenannten Verwaltungsvorschrift in diesem Fall kein Ermessensspielraum des Beklagten bestehe.
Soweit der Kläger darüber hinaus rügt, dass ihm gleichheitswidrig die Erstattung der Kosten auf Basis der Kosten eines „Tickets“ mit der BahnCard 50 verweigert werde, weil die durch eine 33 Jahre alte Richtlinie gesteuerte Verwaltungspraxis des Bundestags das Phänomen der BahnCard nicht berücksichtigte, vermag er hieraus keinen Anspruch auf die begehrte Leistung herzuleiten. Zwar kann unter dem Aspekt des allgemeinen Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) in atypischen Fällen wegen besonderer Umstände des Einzelfalles ein Abweichen von der Verwaltungsvorschrift geboten sein (vgl. nur Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 17. Auflage, § 24 Rdnr. 23 m.w.N.). Die Anreise des Sachverständigen unter Nutzung seiner bereits vorhandenen BahnCard 100 stellt aber keinen atypischen, von der Verwaltungsvorschrift nicht erfassten Sachverhalt dar. Die Richtlinie des Beklagten ist gerade nicht mehrere Jahrzehnte alt, sondern stammt in der hier maßgeblichen Fassung vom 30. November 2005. Wie sich aus der ausdrücklichen Nennung der BahnCard in Satz 8 des zur Verwaltungsvorschrift gehörenden Hinweises zur Reisekostenvergütung ergibt, war bei Erlass der Vorschrift das Phänomen der BahnCard bekannt. Der Normgeber hat gleichwohl eine fiktive anteilige Erstattung der Kosten für eine nicht aus dienstlichen Gründen gekaufte BahnCard 100 für Sachverständige nicht geregelt. Ein Abweichen von der Verwaltungsvorschrift und eine damit einhergehende Ermessensreduzierung dahingehend, dass von dem Beklagten die begehrte Erstattung der fiktiven Reisekosten zu gewähren wäre, ist daher von vornherein nicht geboten.
Auch soweit der Kläger geltend macht, dass die durch die Verwaltungsvorschrift gelenkte Verwaltungspraxis des Beklagten mit Art. 20 a GG unvereinbar sei, da sie eine Bevorzugung des individuellen-motorisierten Personenverkehrs gegenüber der umweltschonenden Bahn darstelle, vermag dies ebenfalls keinen Anspruch auf Erstattung der fiktiven Bahnreisekosten herzuleiten. Der in Art. 20 a GG normierte Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen im Sinne einer Staatszielbestimmung wendet sich in erster Linie an den Gesetzgeber und ist – für sich betrachtet – kein Mittel, um subjektive Rechte etwa des Klägers zu begründen (vgl. BVerwG, Urteil vom 6. November 1997, NVwZ 1998, S. 398). Im Übrigen hat der Beklagte zutreffend dargelegt, dass seine Verwaltungspraxis, Sachverständigen bei der Nutzung eines eigenen Kraftfahrzeuges eine Wegstreckenentschädigung zu zahlen und gegenüber Eigentümern einer BahnCard 100 die Erstattung der fiktiven Fahrkosten abzulehnen, nicht ermessensfehlerhaft ist, da für die Nutzung des eigenen PKWs – über die Kosten des Erwerbs hinaus – tatsächliche Aufwendungen entstehen (z.B. Kraftstoffkosten), der Inhaber der BahnCard 100 die Leistungen der Deutschen Bundesbahn aber nach Erwerb der BahnCard ohne zusätzliche Kosten oder Aufwendungen nutzen kann.
2. Auch der geltend gemachte Zulassungsgrund der besonderen rechtlichen oder tatsächlichen Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) ist nicht gegeben. Das Vorbringen des Klägers genügt schon nicht den Darlegungsanforderungen. Der Kläger zeigt nicht substantiiert auf, worin die besonderen Schwierigkeiten zu erblicken sein sollen. Zudem zeigen die Ausführungen unter 1., dass die gerügten Rechtsfragen ohne besondere Schwierigkeiten geklärt werden können.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 3 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).