Gericht | OVG Berlin-Brandenburg 2. Senat | Entscheidungsdatum | 21.03.2019 | |
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Aktenzeichen | OVG 2 A 8.16 | ECLI | ECLI:DE:OVGBEBB:2019:0321.OVG2A8.16.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 47 Abs 2 S 1 VwGO, § 13a Abs 1 BauGB, § 13a Abs 4 BauGB, § 214 Abs 1 Nr 3 BauGB, § 215 Abs 1 S 1 BauGB |
Der Bebauungsplan Nr. 016/01/14 „Ortszentrum Glindow – Teil A – 2. Änderung“ vom 9. Juli 2015, bekannt gemacht im Amtsblatt für die Stadt Werder (Havel) vom 31. Juli 2015, wird für unwirksam erklärt.
Die Antragsgegnerin und die Beigeladene tragen die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme ihrer außergerichtlichen Kosten, die sie selbst tragen, jeweils zur Hälfte.
Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird zugelassen.
Der am 9. Juli 2015 als Satzung beschlossene streitgegenständliche Bebauungsplan Nr. 016/01/14 „Ortszentrum Glindow – Teil A – 2. Änderung“ umfasst eine etwa 2,88 ha große Fläche im Ortsteil Glindow der Antragsgegnerin. Das Plangebiet liegt am Glindowsee nördlich des zum alten Ortskern gehörenden bebauten Bereichs um die Straße „Kietz“ und südlich des Betriebsgeländes der Antragstellerin. Diese unterhält dort eine Produktionsstätte, in der sie seit 1991 Kehrmaschinen für die Reinigungs- und Kommunaltechnik herstellt. Ein schmaler Randbereich des Betriebsgeländes wurde in den Bebauungsplan einbezogen. Die südlich angrenzende, im Wesentlichen im Eigentum der Beigeladenen stehende Fläche wird durch den Plan als allgemeines Wohngebiet (WA 1) ausgewiesen. Diese Fläche war in der Vergangenheit als Ziegeleigelände sowie später als Übungsgelände der Zivilverteidigung bzw. als Stützpunkt für den Katastrophenschutz genutzt worden. Im Jahr 2001 wurde das Areal großflächig entsiegelt und die ehemals vorhandenen Gebäude wurden weitgehend zurückgebaut. Bei Aufstellung des Bebauungsplans bestanden im Plangebiet im Wesentlichen noch drei Hauptgebäude, darunter zwei ungenutzte Gebäude. In einem dieser Gebäude war zuvor eine Förderschule untergebracht (vgl. S. 7 der Planbegründung).
Der Bebauungsplan ändert in dem von ihm umfassten Gebiet den am 13. Januar 2005 beschlossenen, am 4. März 2005 bekannt gemachten Bebauungsplan 16/01 „Ortszentrum Glindow“, Teil A, der Antragsgegnerin (im Folgenden: Ursprungsbebauungsplan). Dieser Plan umfasst ein größeres Gebiet mit einer Fläche von etwa 7,8 ha. Er setzt im Wesentlichen zweigeschossig bebaubare allgemeine Wohngebiete mit einer das Plangebiet von Norden nach Süden bogenförmig querenden Erschließungsstraße fest. Als Wohngebiet überplant wird auch das Betriebsgelände der Antragstellerin, die gemeinsam mit der Antragsgegnerin und dem Landkreis Potsdam-Mittelmark an der Erarbeitung des zugrunde liegenden städtebaulichen Konzepts beteiligt war (vgl. S. 5 und 45 f. der Planbegründung des Ursprungsbebauungsplans). Ein etwa 20 m bis 25 m breiter Uferstreifen wird durch den Ursprungsbebauungsplan als öffentliche Grünfläche ausgewiesen. Im südöstlichen, nun von dem streitgegenständlichen Änderungsplan überplanten Teil setzt der Ursprungsbebauungsplan neben Wohngebieten und einem Mischgebiet einen Hafen sowie ein „sonstiges Sondergebiet Seniorenwohn- und -pflegeheim/Hotel“ fest.
Das durch den streitgegenständlichen Änderungsplan hauptsächlich festgesetzte allgemeine Wohngebiet (WA 1) lässt eine viergeschossige Bebauung zu. Dies soll die Errichtung einer Wohnanlage im Geschosswohnungsbau, bestehend aus Einzelhäusern mit einer maximalen Gebäudelänge von jeweils 27 m, ermöglichen (vgl. S. 5 f. der Planbegründung). Die Uferzone wird als private Grünfläche ausgewiesen. An der Grundstücksgrenze zum Betriebsgelände der Antragstellerin sind Flächen für die Errichtung einer Schallschutzwand bzw. eines Schallschutzwalls vorgesehen. Die textlichen Festsetzungen enthalten darauf bezogene Regelungen zum Schallschutz und zur Schalldämmung. Entlang der Grundstücksgrenze wird die Errichtung von Nebenanlagen für zulässig erklärt. Auf die Festsetzung von Verkehrsflächen innerhalb des Wohngebietes WA 1 wird weitgehend verzichtet. Auf dem in den Geltungsbereich einbezogenen Teil des zu dem Betriebsgelände der Antragstellerin gehörenden Grundstücks Flurstück 2...der Flur 3 der Gemarkung Glindow setzt der Änderungsplan im Wesentlichen eine öffentliche Verkehrsfläche mit einer Größe von etwa 21 m x 21 m fest. Sie soll die bereits erwähnte, 7 m breite Erschließungsstraße im Bereich des Ursprungsbebauungsplans nach Süden abschließen und als Verkehrswendeplatz dienen.
Der Aufstellungsbeschluss für den Änderungsplan wurde am 11. Dezember 2014 gefasst und am 19. Dezember 2014 bekannt gemacht. Der Plan wurde im beschleunigten Verfahren (§ 13a BauGB) ohne förmliche Umweltprüfung aufgestellt. Die Antragstellerin hat im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung Einwendungen erhoben. Sie hat insbesondere geltend gemacht, anders als noch bei der Aufstellung des Ursprungsbebauungsplans bestehe angesichts der guten Entwicklung ihres Betriebs, der die Produktion in den vergangenen Jahren auf 800 bis 1.000 Fahrzeuge im Jahr habe steigern können und unterdessen 100 Mitarbeiter beschäftige, für eine kurz- oder mittelfristige Aufgabe des Standortes kein Anlass. Die Antragstellerin hat deshalb gefordert, ihr Betriebsgelände insgesamt in die Änderung einzubeziehen und den bestehenden Gewerbestandort mit seinen Entwicklungsabsichten zu berücksichtigen. Die Festsetzung des Verkehrswendeplatzes sei nicht erforderlich, da der Ursprungsbebauungsplan insgesamt nicht mehr umsetzbar sei. Der Satzungsbeschluss wurde im Amtsblatt der Antragsgegnerin vom 31. Juli 2015 bekannt gemacht.
Die Beigeladene hat am 21. Juni 2016 eine Baugenehmigung für den Neubau einer Wohnanlage mit 95 Wohneinheiten und Nebenanlagen erhalten, die inzwischen bereits weitgehend fertiggestellt ist.
Die Antragstellerin hat den Normenkontrollantrag am 22. Juli 2016 gestellt und mit Schriftsatz vom 7. November 2016 auf die für das Flurstück 2... getroffenen Festsetzungen beschränkt. Dazu hat sie mitgeteilt, dass sie sich mit der Beigeladenen in den wesentlichen Punkten geeinigt und den Widerspruch gegen die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung zurückgenommen habe. Zur Begründung des Antrags macht sie geltend, der Bebauungsplan hätte nicht im beschleunigten Verfahren ohne Umweltbericht aufgestellt werden dürfen. Dass die erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls stattgefunden habe, sei nicht ersichtlich. Schon aufgrund der Lage am See könne nicht davon ausgegangen werden, dass der Plan voraussichtlich keine erheblichen Umweltauswirkungen habe. Unabhängig davon seien die Voraussetzungen eines beschleunigten Verfahrens nicht gegeben, weil das Plangebiet Außenbereichsflächen umfasse. Zudem fehle es an der Planrechtfertigung für die Festsetzung des Verkehrswendeplatzes auf ihrem Betriebsgelände. Der Ursprungsplan sei insoweit nicht umsetzbar, denn in absehbarer Zeit sei nicht mit einer Aufgabe des Betriebs und dem Abriss der Bestandsgebäude zu rechnen. Bei der Straßenplanung verneine die Rechtsprechung die Erforderlichkeit, wenn die Verwirklichung des Vorhabens innerhalb von etwa zehn Jahren nach Inkrafttreten des Plans ausgeschlossen erscheine. Das sei hier der Fall, da der bereits 2005 in Kraft getretene Ursprungsplan bisher nicht realisiert worden sei. Die Festsetzung des Verkehrswendeplatzes beruhe außerdem auf einem Abwägungsfehler. Die Antragsgegnerin hätte diese Regelung zurückstellen können, zumal sie davon ausgegangen sei, dass vor einer Umsetzung des Ursprungsbebauungsplans ohnehin noch Anpassungen erforderlich seien. Zudem habe sie das Interesse der Antragstellerin an einer Nutzung der Fläche für ihren Betrieb nicht berücksichtigt. Soweit sie davon ausgegangen sei, dass die Verkehrsfläche erst angelegt werden müsse, wenn das Betriebsgelände einer neuen Nutzung zugeführt werde, hätte sie eine Festsetzung gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 2 BauGB in Erwägung ziehen müssen. Abwägungsfehler ergäben sich auch aus einer unzureichenden Problembewältigung in Bezug auf die Erschließung des geplanten Wohngebiets und wegen der unzureichenden Berücksichtigung der Erweiterungsinteressen ihres Betriebs. Die Festsetzungen zu den Lärmpegelbereichen seien zu unbestimmt.
Die Antragstellerin beantragt,
den Bebungsplan Nr. 016/01/14 „Ortszentrum Glindow – Teil A – 2. Änderung“ der Antragsgegnerin vom 9. Juli 2015, öffentlich bekannt gemacht im Amtsblatt für die Stadt Werder (Havel) vom 31. Juli 2015, hinsichtlich der dort für das Flurstück 2... der Flur 3 getroffenen Festsetzungen für unwirksam zu erklären.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Normenkontrollantrag zurückzuweisen.
Sie macht geltend, der Bebauungsplan habe im beschleunigten Verfahren aufgestellt werden können. Nach § 13a Abs. 1 BauGB sei die Grundfläche im Sinne von § 19 Abs. 2 BauNVO maßgeblich. Bei einer GRZ von 0,4 und einer beplanten Fläche von 28.000 m² liege die maßgebliche Grundfläche weit unterhalb von 20.000 m², weshalb es keiner Vorprüfung bedurft habe. Die Rechtsprechung, dass durch einen Bebauungsplan der Innenentwicklung die Grenze des Siedlungsbereichs nicht in den Außenbereich verschoben werden dürfe, stehe der Inanspruchnahme des beschleunigten Verfahrens bereits deshalb nicht entgegen, weil das Plangebiet schon durch den Ursprungsbebauungsplan überplant gewesen sei. Es seien keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass der Antragsgegnerin bei der Festsetzung der öffentlichen Straßenverkehrsfläche auf dem Flurstück 2... ein erheblicher Abwägungsfehler unterlaufen sei. Ein Verkehrswendeplatz sei erforderlich, da die im Ursprungsbebauungsplan ausgewiesene Planstraße nunmehr als Sackgasse geplant sei. Eine schonendere Festsetzungsalternative habe nicht bestanden. Die Antragsgegnerin habe die Festsetzung ordnungsgemäß abgewogen. Es habe keiner Festsetzung nach § 9 Abs. 2 Nr. 2 BauGB bedurft, denn eine Nutzung der überplanten Fläche für andere als verkehrliche Zwecke sei nicht vorgesehen. Da die Verkehrsfläche erst gebaut werden müsse, wenn das Gelände der Antragstellerin planmäßig bebaut werde, also die Bestandsbauten abgerissen werden, sei die Festsetzung vollzugsfähig. Eine Enteignung werde zu ihrer Realisierung nicht erforderlich sein. Die Antragstellerin werde sich zur Bereitstellung der Fläche bereit erklären, wenn sie ihr Grundstück plankonform bebauen wolle, denn sie werde die benötigte Baugenehmigung für die Neubebauung nur erhalten, wenn ihr Grundstück planmäßig erschlossen sei.
Die Beigeladene beantragt ebenfalls,
den Normenkontrollantrag zurückzuweisen.
Zur Begründung macht sie im Wesentlichen geltend, der auf einen Teil des Bebauungsplans beschränkte Normenkontrollantrag wäre unzulässig, wenn man den Bebauungsplan für unteilbar und eine gerichtliche Feststellung der Unwirksamkeit allein des angegriffenen Teils deshalb für unzulässig hielte. Letztlich komme es darauf jedoch nicht an, denn der nicht mehr angegriffene Teil des Bebauungsplans stehe mit dem angegriffenen Teil nicht in einem unauflöslichen Zusammenhang und es bestehe kein vernünftiger Zweifel daran, dass die Antragsgegnerin den Plan auch ohne den angegriffenen Teil gewollt hätte.
Soweit die Antragstellerin die Anwendung des beschleunigten Verfahrens rüge, verkenne sie, dass sich die flächenmäßigen Voraussetzungen nicht auf die Grundstücks-, sondern die Grundfläche bezögen. Erhebliche Umweltauswirkungen seien, wie in den Verfahrensunterlagen belegt sei, nicht zu erwarten. Der Annahme der Antragstellerin, in den Bebauungsplan seien Außenbereichsflächen einbezogen worden, stehe bereits entgegen, dass das Gebiet schon zuvor überplant gewesen sei, mithin für den Bereich bereits Baurecht bestehe. Davon unabhängig handele es sich um eine zum historischen Ortszentrum von Glindow gehörende Siedlungsfläche. Das Gebiet sei später durch eine Ziegelei, für die Armee sowie für die Zivilverteidigung, Rettungsdienste, eine Förderschule und einen Kindergarten genutzt worden. Die Beigeladene hat dazu neben älteren Karten einen Lageplan aus dem Jahre 1995 vorgelegt. Der Rückbau der Gebäude in den 2000er Jahren bedeute nichts anderes, denn er habe im Zusammenhang mit der von allen Beteiligten gewollten baulichen Neuentwicklung gestanden. Das werde nicht zuletzt durch den 2005 festgesetzten Bebauungsplan dokumentiert. Zudem sei das Gebiet mit Blick auf die Regionalplanung und den Flächennutzungsplan dem Siedlungsbereich zuzuordnen. Der im Jahre 2001 vollzogene Rückbau ändere daran auch deshalb nichts, weil lediglich eine oberflächliche Entsiegelung erfolgt sei. Das zum See hin künstlich aufgeschüttete Gelände sei durch das Gebäude der Förderschule, durch die unterirdisch verbliebenen Reste der früheren Bebauung sowie die bauliche Nutzung zu Zwecken des Wassersports im Uferbereich weiterhin baulich geprägt gewesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Streitakten sowie auf die beigezogenen Aufstellungsvorgänge des streitgegenständlichen Bebauungsplans und die beigezogenen Planunterlagen des Ursprungsbebauungsplans verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Urteilsberatung waren.
Der Normenkontrollantrag hat Erfolg.
1. Der Antrag ist zulässig.
Die Jahresfrist nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist gewahrt.
Die Antragsbefugnis der Antragstellerin (§ 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO) ergibt sich bereits daraus, dass sie Eigentümerin des zum Teil in den Geltungsbereich des Bebauungsplans einbezogenen Grundstücks Flurstück 2... der Flur 3 der Gemarkung Glindow ist, dessen Bebaubarkeit durch den Bebauungsplan u.a. durch die Festsetzung des Verkehrswendeplatzes eingeschränkt wird. Zudem ist die Antragstellerin durch die Zulassung einer Wohnbebauung auf den an ihr Betriebsgelände angrenzenden Grundstücken abwägungserheblich in eigenen Belangen betroffen.
Der Antrag ist nicht nach der früheren Präklusionsvorschrift des § 47 Abs. 2a VwGO a.F. (in der bis zum 1. Juni 2017 geltenden Fassung vom 21. Dezember 2006, BGBl. I S. 3316) unzulässig. Die ohne Übergangsregelung erfolgte Aufhebung dieser Vorschrift durch Art. 6 des Gesetzes vom 29. Mai 2017 (BGBl. I S. 1298) erfasst nach den Grundsätzen des intertemporalen Prozessrechts auch das laufende Normenkontrollverfahren (vgl. m.w.N. Beschluss des Senats vom 29. November 2018 – OVG 2 A 19.15 –, juris Rn. 21). Die Vorschrift greift unabhängig davon tatbestandlich nicht ein, denn die Antragstellerin stützt den Normenkontrollantrag auch auf Einwendungen, die sie bereits rechtzeitig im Rahmen der Beteiligung und erneuten Beteiligung der Öffentlichkeit geltend gemacht hat.
Dass die Antragstellerin den Normenkontrollantrag darauf beschränkt hat, nur die ihr Grundstück betreffenden Festsetzungen für unwirksam zu erklären, steht der Zulässigkeit des Antrags nicht entgegen, obwohl die beantragte Teilunwirksamkeitserklärung, worauf später einzugehen sein wird (s.u. unter 2 c), ausscheidet. Das Normenkontrollgericht hat bei der Entscheidung über die beantragte Feststellung der Teilunwirksamkeit eines Bebauungsplans über den gestellten Antrag hinauszugehen, wenn der antragsgemäß für unwirksam zu erklärende Teil mit anderen, nicht angegriffenen Teilen des Bebauungsplanes in einem untrennbaren Zusammenhang steht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. August 1991 – 4 NB 3.91 –; OVG NRW, Urteil vom 6. Dezember 2017 – 7 D 100/15.NE –, juris Rn. 20 f.; OVG Mecklenburg-Vorp., Urteil vom 27. September 2017 – 3 K 28/14 –, juris Rn. 30). Dies ergibt sich zum einen aus dem Charakter des Normenkontrollverfahrens als eines (auch) objektiven Rechtsbeanstandungsverfahrens (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. August 1991, a.a.O. Rn. 25). Zum anderen muss das Normenkontrollgericht vermeiden, mehr als nötig in die kommunale Planungshoheit einzugreifen und darf das kommunale Planungskonzept nicht durch die Erklärung der Teilunwirksamkeit verfälschen (vgl. BVerwG, a.a.O., Rn. 28). Ist das Normenkontrollgericht deshalb nicht an einen zu eng gefassten Normenkontrollantrag gebunden, so ergibt sich schon daraus, dass ein solcher Antrag nicht unzulässig ist. Die Frage der Teilbarkeit stellt sich erst im Rahmen der Begründetheitsprüfung (ebenso Ziekow in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 47 Rn. 285). Gegen eine andere Beurteilung spricht auch, dass für einen Antragsteller zu Beginn des Verfahrens regelmäßig schwer zu überschauen ist, ob die Festsetzungen des Bebauungsplans in einer Weise teilbar sind, dass der Plan nur teilweise für unwirksam erklärt werden kann. Für den Fall, dass der Antragsteller mit seinem Antrag zu weit greift und ihn nicht berührende abtrennbare Teile einbezieht, geht die Rechtsprechung deshalb davon aus, dass dies nur dann zur teilweisen Unzulässigkeit des Normenkontrollantrags führt, wenn die Abtrennbarkeit schon aufgrund vorläufiger Prüfung offensichtlich und für den Antragsteller erkennbar war (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. April 2008 – 4 CN 1.07 –, juris Rn. 13). Dies lässt sich auf den Fall eines zu eng gefassten Antrags übertragen. Davon, dass eine Erklärung der Teilunwirksamkeit bereits aufgrund vorläufiger Prüfung offensichtlich ausscheidet, ist hier nicht auszugehen.
2. Der Antrag ist auch begründet. Der Bebauungsplan leidet an einem beachtlichen Verfahrensfehler, der zur Feststellung seiner Gesamtunwirksamkeit führt.
a) Der Bebauungsplan hätte nicht im beschleunigten Verfahren gemäß § 13a BauGB aufgestellt werden dürfen. Nach dieser seit dem 1. Januar 2007 geltenden Vorschrift kann ein Bebauungsplan für die Wiedernutzbarmachung von Flächen, die Nachverdichtung oder andere Maßnahmen der Innenentwicklung (Bebauungsplan der Innenentwicklung) im beschleunigten Verfahren ohne Durchführung einer Umweltprüfung (§ 2 Abs. 4 BauGB) aufgestellt werden (vgl. § 13a Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 13 Abs. 3 Satz 1 BauGB).
aa) Die quantitativen Anforderungen des § 13a BauGB standen der Durchführung eines beschleunigten Verfahrens allerdings nicht entgegen; auch einer Vorprüfung des Einzelfalls nach § 13a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BauGB bedurfte es nicht.
Ein beschleunigtes Verfahren setzt nach der gemäß § 13a Abs. 4 BauGB hier entsprechend anwendbaren Regelung des § 13a Abs. 1 Satz 2 BauGB voraus, dass in dem Bebauungsplan eine zulässige Grundfläche im Sinne des § 19 Abs. 2 BauNVO oder eine Größe der Grundfläche von insgesamt weniger als 70.000 m² festgesetzt wird. Bei einer festgesetzten Grundfläche von 20.000 m² bis weniger als 70.000 m² muss die Gemeinde aufgrund einer Vorprüfung des Einzelfalls nach Maßgabe eines Kriterienkatalogs zu der Einschätzung gelangen, dass der Bebauungsplan voraussichtlich keine erheblichen Umweltauswirkungen hat.
Hier sind beide Schwellenwerte unterschritten. Der Bebauungsplan weist als Baugebiet allgemeine Wohngebiete (WA 1 bis 3) mit einer Fläche von insgesamt 24.070 m² aus (S. 68 der Planbegründung). Angesichts der für diese Gebiete festgesetzten Grundflächenzahl (§ 16 Abs. 2, § 19 Abs. 1 BauNVO) von 0,4 (WA 1) oder darunter (WA 2 und WA 3) beträgt die zulässige Grundfläche i.S.d. § 19 Abs. 2 BauNVO höchstens 9.628 m² (vgl. auch die Planbegründung, S. 6). Darauf, ob bei der Ermittlung nach § 13a Abs. 1 Satz 2 BauGB über die nach § 19 Abs. 2 BauNVO zulässige Grundfläche hinaus die Überschreitungen nach § 19 Abs. 4 Satz 2 BauNVO zu berücksichtigen sind (dagegen m.w.N. Krautzberger in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand Oktober 2018, § 13a Rn. 41), kommt es nicht entscheidungserheblich an, denn auch bei Einbeziehung der in § 19 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 1 BauNVO vorgesehene Überschreitungsmöglichkeit durch die Grundflächen von Anlagen im Sinne des § 19 Abs. 4 Satz 1 BauNVO um 50% und selbst bei Zugrundlegung der nach § 19 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 1 BauGB höchstens zulässigen Grundflächenzahl von 0,8 bliebe die zulässige Grundfläche unter 20.000 m² (vgl. ähnlich BVerwG, Urteil vom 08. Dezember 2016 – 4 CN 4.16 –, juris Rn. 27).
bb) Ebenso wenig bestand ein Ausschlussgrund nach § 13a Abs. 1 Satz 4 oder Satz 5 BauGB.
cc) Der Durchführung des beschleunigten Verfahrens stand jedoch der durch das Tatbestandsmerkmal der Innenentwicklung beschränkte räumliche Anwendungsbereich dieses Verfahrens entgegen.
Wie sich aus der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 16/2496 S. 12) ergibt, knüpft § 13a Abs. 1 Satz 1 BauGB an die ältere Bodenschutzklausel des § 1a Abs. 2 Satz 1 BauGB an, wonach mit Grund und Boden sparsam und schonend umgegangen werden soll und dabei zur Verringerung der zusätzlichen Inanspruchnahme von Flächen für bauliche Nutzungen die Möglichkeiten der Entwicklung der Gemeinde insbesondere durch Maßnahmen der Innenentwicklung zu nutzen sowie Bodenversiegelungen auf das notwendige Maß zu begrenzen sind. Die Gesetzesbegründung grenzt Bebauungspläne der Innenentwicklung von Bebauungsplänen ab, die gezielt Flächen außerhalb der Ortslagen einer Bebauung zuführen. Die gesetzliche Regelung soll Planungen fördern, die der Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und dem Umbau vorhandener Ortsteile dienen (vgl. § 1 Abs. 6 Nr. 4 BauGB). Als Gebiete, die für Bebauungspläne der Innenentwicklung in Betracht kommen, nennt die Gesetzesbegründung beispielhaft die im Zusammenhang bebauten Ortsteile im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB, innerhalb des Siedlungsbereichs befindliche brachgefallene Flächen sowie innerhalb des Siedlungsbereichs befindliche Gebiete mit einem Bebauungsplan, der infolge notwendiger Anpassungsmaßnahmen geändert oder durch einen neuen Bebauungsplan abgelöst werden soll. Mit dem beschleunigten Verfahren und den damit verbundenen Verfahrenserleichterungen will der Gesetzgeber einen Anreiz dafür setzen, dass die Gemeinden von einer Neuinanspruchnahme von Flächen durch Überplanung und Zersiedlung des Außenbereichs absehen und darauf verzichten, den äußeren Umgriff vorhandener Siedlungsbereiche zu erweitern.
Das Bundesverwaltungsgericht leitet aus der Gesetzessystematik, dem Sinn und Zweck des § 13a BauGB sowie der Gesetzesbegründung ab, dass die äußeren Grenzen des Siedlungsbereichs durch den Bebauungsplan nicht in den Außenbereich hinein erweitert werden dürfen und die Vorschrift eine „Innenentwicklung nach außen“ nicht ermöglicht. Ausgeschlossen sei auch die Inanspruchnahme einer Außenbereichsfläche, die für eine Einbeziehungssatzung nach § 34 Abs. 4 Nr. 3 BauGB in Betracht komme. Unentschieden gelassen hat das Bundesverwaltungsgericht, ob die Vorschrift eine Überplanung eines „Außenbereichs im Innenbereich“ oder die Beplanung eines Gebiets erlaubt, das seine Außenbereichseigenschaft bereits dadurch verloren hat, dass es zuvor Gegenstand einer Einbeziehungssatzung nach § 34 Abs. 4 Nr. 3 BauGB geworden ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 4. November 2015 – 4 CN 9.14 –, juris Rn. 23 ff.).
Der streitgegenständliche Bebauungsplan stellt einen Grenzfall dar. Er betrifft eine ehemalige Brachfläche in Siedlungsrandlage, über deren Zuordnung zum Anwendungsbereich des beschleunigten Verfahrens nur unter Berücksichtigung der tatsächlichen Verhältnisse sowie der Entwicklung seit Aufgabe der vormaligen baulichen Nutzung bis zur Planaufstellung entschieden werden kann.
Der Senat folgt nicht der Auffassung der Antragsgegnerin und der Beigeladenen, der Änderungsplan sei schon deshalb als Bebauungsplan der Innenentwicklung im Sinne des § 13a Abs. 1 BauGB anzusehen, weil sein Geltungsbereich aufgrund des im Jahre 2005 aufgestellten Ursprungsbebauungsplans nicht mehr zum Außenbereich gehört habe, zumal der durch den Änderungsplan nunmehr als Baugebiet ausgewiesene Bereich bereits in dem Ursprungsbebauungsplan für eine Bebauung vorgesehen war (vgl. ähnlich VGH Bad.-Württ., Urteil vom 2. August 2018 – 3 S 1523/16 –, juris Rn. 110 ff.). Einer allein auf die planungsrechtliche Qualifikation eines Gebiets abstellenden Auslegung steht entgegen, dass die Gesetzesbegründung (a.a.O.) für die Abgrenzung des Anwendungsbereichs des beschleunigten Verfahrens nicht auf den planungsrechtlichen Terminus des Außenbereichs zurückgreift, sondern mit der Gegenüberstellung von „Flächen außerhalb der Ortslage“ und „Flächen innerhalb des Siedlungsbereichs“ ein davon abweichendes, an die faktische Situation anknüpfendes Kriterium heranzieht. Auf faktische Umstände nimmt die Gesetzesbegründung insbesondere auch Bezug, soweit sie als mögliche Anwendungsfälle ausdrücklich „Gebiete mit einem Bebauungsplan“ anspricht, „der (…) geändert oder durch einen neuen Bebauungsplan abgelöst werden soll“. Die Gesetzesbegründung stellt nicht darauf ab, ob der Bebauungsplan diese Gebiete als Siedlungsflächen ausweist, sondern fordert, dass es sich um „innerhalb des Siedlungsbereichs befindliche Gebiete“ handeln muss. Darin eine auf die tatsächlichen Umstände abstellende Abgrenzung zu sehen, liegt auch vor dem unionsrechtlichen Hintergrund der Regelung nahe. Mit der in § 13a BauGB zugelassenen Ausnahme von der grundsätzlichen Pflicht zur Durchführung einer Umweltprüfung bei der Aufstellung von Bauleitplänen (§ 2 Abs. 4 BauGB) setzt der deutsche Gesetzgeber den in Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 2001/42/EG (sog. Plan-UP-Richtlinie) enthaltenen Vorbehalt um, wonach die Mitgliedstaaten für Pläne und Programme, die die Nutzung kleinerer Gebiete auf lokaler Ebene festlegen, bestimmen, ob sie voraussichtlich erhebliche Umweltauswirkungen haben und damit der aus der Richtlinie folgenden grundsätzlichen Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltprüfung für bestimmte Pläne und Programme (Art. 3 Abs. 1 und 2 der Richtlinie) unterfallen. Allein die frühere Überplanung eines Gebiets als Baugebiet dürfte indes kein hinreichender Grund sein, nicht mit voraussichtlich erheblichen Umweltauswirkungen zu rechnen. Deshalb erscheint die Auslegung überzeugender, dass zur Bestimmung des Anwendungsbereichs des beschleunigten Verfahrens maßgeblich auch die tatsächlichen Verhältnisse in den Blick zu nehmen sind (vgl. HessVGH, Urteil vom 6. April 2017 – 4 C 969/16.N –, juris Rn. 52, und Urteil vom 27. Oktober 2016 – 4 C 1869/15.N –, juris Rn. 28 m.w.N., Gierke/Scharmer in Brügelmann, BauGB, Stand: Oktober 2018, § 13a Rn. 34 f.).
Etwas anderes ergibt sich entgegen den Hinweisen der Antragsgegnerin nicht aus der nach § 13a Abs. 4 BauGB nur entsprechenden Anwendbarkeit des § 13a Abs. 1 BauGB. Dass es für die Änderung eines Bebauungsplans nicht auf die tatbestandliche Voraussetzung der Qualifikation des Änderungsplans als Bebauungsplan der Innenentwicklung ankommen soll, ist der Regelung des § 13a Abs. 4 BauGB nicht zu entnehmen. Dagegen spricht vielmehr, dass die Gesetzesbegründung zu § 13a Abs. 1 BauGB, wie bereits erwähnt, für den Fall, dass ein Bebauungsplan geändert werden soll, ausdrücklich voraussetzt, dass es sich um ein innerhalb des Siedlungsbereichs befindliches Gebiet handelt. Keinen Anhaltspunkt sieht der Senat ferner für die Annahme, der Gesetzgeber habe Planänderungen abschichtend vom Erfordernis einer Umweltprüfung ausnehmen wollen, wenn die Fläche schon zuvor durch Bebauungsplan als Baugebiet ausgewiesen wurde. Dies leuchtet insbesondere dann nicht ein, wenn die Änderung eines älteren Bebauungsplans in Rede steht, der selbst noch ohne Umweltprüfung nach § 2 Abs. 4 BauGB aufgestellt wurde. Dies ist bei dem Ursprungsbebauungsplan der Fall, dessen 2001 eingeleitetes und 2005 abgeschlossenes Aufstellungsverfahren der Übergangsregelung in § 244 Abs. 2 BauGB unterfiel und für den nach der Planbegründung (vgl. S. 5 und 38 f.) lediglich eine standortbezogene Vorprüfung in Bezug auf den Hafen durchgeführt wurde.
Der Geltungsbereich des streitgegenständlichen Änderungsplans betrifft zwar eine ehemals im Siedlungsbereich gelegene Fläche. Im maßgeblichen Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses und bereits bei Einleitung des Aufstellungsverfahrens im November 2014 war jedoch ein beträchtlicher Teil der von dem Plan umfassten und als Baugebiet ausgewiesenen Fläche nicht mehr dem Siedlungsbereich zuzuordnen. Wie der Begründung des Änderungsplans (S. 6, 7), den Aufstellungsvorgängen (vgl. u.a. Bl. 1964) sowie der Planbegründung des Ursprungsplans (vgl. etwa S. 12) entnommen werden kann, gehörte das Plangebiet des Änderungsplans in wesentlichen Teilen zu einem historischen Ziegeleigelände. Später wurden das Gelände und seine damalige Bebauung militärisch als Übungsgelände der Zivilverteidigung bzw. als Stützpunkt für den Katastrophenschutz genutzt. Im Jahr 2001 wurde es nach den Angaben der Antragsgegnerin großflächig entsiegelt und die ehemals vorhandenen Gebäude wurden weitgehend zurückgebaut. Der vor 2001 vorhandene bauliche Bestand ergibt sich aus einem von der Beigeladenen eingereichten amtlichen Lageplan des Vermessungsbüros P... aus dem Jahre 1995. Die Plangrundlage des Änderungsbebauungsplans verzeichnet dagegen in dem als Wohngebiet (WA 1) ausgewiesenen Bereich im Wesentlichen nur noch drei Hauptgebäude (ein Wohnhaus auf dem Flurstück 2..., südlich davon ein in dem Plan von 1995 als eingeschossiges Bürogebäude bezeichnetes Gebäude sowie östlich von diesem das Gebäude der ehemaligen Förderschule) als Bestand (ebenso S. 7 der Planbegründung sowie Plan vom Dezember 2004 zum Geltungsbereich des Ursprungsbebauungsplans, letzte Seite der dortigen Planbegründung). Während die im Jahre 1995 und wohl noch bis 2001 vorhandene Bebauung es nach Auffassung des Senats erlaubte, das Gelände zum damaligen Zeitpunkt bis zur Uferlinie dem Siedlungsbereich zuzurechnen, trifft dies für den Zustand nach den im Jahre 2001 erfolgten Rückbaumaßnahmen nicht mehr zu. Durch den Rückbau ist am Seeufer eine große unbebaute Fläche entstanden. Nur der westliche Teil dieser Freifläche ist an drei Seiten von angrenzenden Siedlungsbereichen umschlossen. Der östliche Teil der Fläche (mit den Flurstücken 6... sowie jedenfalls teilweise 2... und 2...) öffnet sich dagegen sowohl nach Osten als auch – wegen der an dieser Stelle gegenüber dem Jahnufer um etwa 80 m nach Osten vorspringenden Uferlinie – nach Süden hin zum See. Aufgrund dieser besonderen topografischen Situation des in den See vortretenden Landvorsprungs war jedenfalls dieser Teil der Freifläche bei Einleitung des Aufstellungsverfahrens für den Bebauungsplan nicht mehr dem Siedlungsbereich zuzurechnen. Eine bauliche Nutzung dieses Bereichs drängt sich auch nicht gleichsam als Abrundung des übrigen Siedlungsgebiets bzw. der seeseitigen Siedlungskante des Ortsteils auf. Eine solche Beurteilung mag zwar für den westlichen Teil der Freifläche gelten. Sie ist aber angesichts der durch den Landvorsprung gekennzeichneten topografischen Besonderheit und der Größe der Fläche für den am See liegenden Teil der Fläche nicht gerechtfertigt.
Die Hinweise in der Planbegründung und im Rahmen der Abwägung sowie das Vorbringen der Beigeladenen im gerichtlichen Verfahren, die Antragsgegnerin habe mit der bereits im Juli 2001 eingeleiteten Aufstellung des Ursprungsbebauungsplans durchgehend und zweifelsfrei zum Ausdruck gebracht, dass sie die Flächen einer erneuten baulichen Nutzung zuführen wolle, stehen dieser Würdigung nicht entgegen. Zwar kann nach der Rechtsprechung davon ausgegangen werden, dass eine bereits beseitigte Bebauung bzw. eine eingestellte bauliche Nutzung den Charakter eines Gebiets fortwirkend prägen kann, solange nach der Verkehrsauffassung noch mit einer erneuten Bebauung bzw. der Wiederaufnahme einer gleichartigen Nutzung gerechnet werden kann (vgl. BVerwG, Urteile vom 14. September 1992 – 4 C 15.90 –, Rn. 15, und vom 12. September 1980 – IV C 75.77 –, juris Rn. 17 f.). Im Hinblick auf den seit dem Abriss der früheren Bebauung im Jahre 2001 bis zur Einleitung des Aufstellungsverfahrens für den Änderungsplan Ende 2014 vergangenen langen Zeitraum von über 10 Jahren sowie unter Berücksichtigung der geschilderten topografischen Situation kann hier jedoch keine fortwirkende Prägung der am See gelegenen Freifläche mehr angenommen werden, die die Beurteilung rechtfertigt, diese Fläche habe ihre Zugehörigkeit zum Siedlungsbereich auch mehr als 10 Jahre nach ihrer Beräumung nicht verloren. Obwohl mit der Aufstellung des Ursprungsbebauungsplans bereits Anfang 2005 die planungsrechtlichen Voraussetzungen für eine erneute Bebauung der Fläche geschaffen wurden, wurde dieser Plan in den Folgejahren nicht umgesetzt. Die Planbegründung zum Änderungsplan konstatiert rückblickend (S. 4), dass in den letzten gut 10 Jahren kein Investor habe gefunden werden können, der das ursprüngliche städtebauliche Konzept von Wohnungsbau, kombiniert mit einem Hafen und Seniorenwohnheim oder Hotel habe umsetzen wollen. Dies könne auf örtliche Entwicklungen gerade in den Bereichen des Tourismus und der Altenpflege zurückgeführt werden, die die Realisierbarkeit der Ziele des bestehenden Bebauungsplanes an diesem Standort in Frage stellten. Ein deutliches Zeichen gegen die Realisierbarkeit eines Altenpflegeheimes sei ferner die bewusste Aufgabe der dafür im Plangebiet vorgesehenen Liegenschaft durch ihren Träger.
Die Hinweise der Beigeladenen auf eine fortwirkende anthropomorphe Prägung der Fläche durch die frühere gewerbliche Nutzung rechtfertigen keine andere Beurteilung. Die Beigeladene verweist vor allem auf im Boden verbliebene Gebäudereste, auf die durch Aufschüttungen aus der Zeit der Ziegelei geprägte Bodenstruktur und auf die künstliche Begradigung und Befestigung der Uferlinie, die ebenfalls auf den Ziegeleibetrieb zurückgehe. Die aufgezeigten Reste der vormaligen gewerblichen Nutzung sind indes nicht so offensichtlich und von solchem Gewicht, dass dies ungeachtet des seit der Beräumung des Geländes vergangenen langen Zeitraums und der exponierten Lage am See eine Zuordnung zum Siedlungsbereich rechtfertigte. Die Fläche unterschied sich von vielen anderen brachgefallen ehemaligen Gewerbe- oder Militärflächen gerade durch den Abriss der ehemals vorhandenen Gebäude und die vorgenommene großflächige Entsiegelung des Geländes. Nach den im Rahmen der artenschutzrechtlichen Einschätzung zu den Aufstellungsvorgängen genommenen Lichtbildern (vgl. Bl. 93 der Aufstellungsvorgänge) trat sie äußerlich wie eine naturnahe Grünfläche in Erscheinung. Nichts anderes ergibt sich schließlich daraus, dass der Bereich des nunmehr als Grünfläche mit der Zweckbestimmung Wassersport ausgewiesenen Flurstücks 2... schon vor Aufstellung des Änderungsplans für diese Zwecke genutzt wurde, denn diese auf einen Randbereich beschränkte Nutzung rechtfertigt nach ihrer Art und räumlichen Erstreckung keine Zuordnung der in Rede stehenden bedeutend größeren Freifläche zum Siedlungsbereich.
b) Der Bebauungsplan leidet wegen seiner Aufstellung im beschleunigten Verfahren ohne Erstellung eines Umweltberichts an einem beachtlichen Verfahrensfehler.
Die fehlerhafte Wahl des beschleunigten Verfahrens führt zu einem gemäß § 214 Abs. 1 Nr. 3 BauGB beachtlichen Verfahrensfehler, wenn die Gemeinde deshalb auf die Durchführung einer Umweltprüfung (§ 2 Abs. 4 BauGB) und die Erstellung eines Umweltberichts (§ 2a Satz 2 Nr. 2 BauGB) verzichtet. Nach § 214 Abs. 1 Nr. 3 BauGB ist eine Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften u.a. beachtlich, wenn die Vorschriften über die Begründung der Satzungen sowie ihrer Entwürfe nach § 2a, § 3 Abs. 2 und § 9 Abs. 8 BauGB verletzt worden sind. Das ist wegen des fehlenden Umweltberichts als Teil der Begründung des Bebauungsplans (§ 2a Satz 3, § 9 Abs. 8 BauGB) hier der Fall. Interne Unbeachtlichkeitsvorschriften greifen nicht ein. Weder ist die Regelung im letzten Teilsatz des § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BauGB einschlägig noch kann die frühere Unbeachtlichkeitsklausel des § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Halbsatz 2 BauGB in der zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses noch geltenden Fassung des Gesetzes vom 11. Juni 2013 (BGBl. I S. 1548, vgl. insoweit § 233 Abs. 2 Satz 2 BauGB) entsprechend angewandt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 4. November 2015, a.a.O., Rn. 30 mit Hinweis auf sein Urteil vom 4. August 2009 – 4 CN 4.08 –, juris).
Der Fehler ist nicht gemäß § 215 Abs. 1 Satz 1 BauGB unbeachtlich geworden. Die Antragstellerin hat ihn mit dem im Normenkontrollverfahren eingereichten Antragsschriftsatz, der der Antragsgegnerin am 29. Juli 2016 zugestellt worden ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Juni 2012 – 4 CN 5.10 –, juris Rn. 27), rechtzeitig und formell ordnungsgemäß gerügt. Die Antragstellerin hat den die Verletzung der Verfahrens- oder Formvorschrift begründenden Sachverhalt hinreichend dargelegt. Diese inhaltliche Anforderung nach § 215 Abs. 1 Satz 1 BauGB hat eine Anstoßfunktion. Der Gemeinde soll durch die Darstellung des maßgebenden Sachverhalts ermöglicht werden, auf dieser Grundlage begründeten Anlass zu haben, in die Frage einer Fehlerbehebung einzutreten. Eine pauschale Rüge genügt hierfür nicht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. Januar 2012 – 4 BN 35.11 –, juris Rn. 4). Andererseits dürfen keine überspannten Anforderungen gestellt werden. So kann man von einem Bürger nicht verlangen, dass die angeblich verletzte Vorschrift bezeichnet wird oder rechtliche Darlegungen vorgebracht werden. Es genügt, wenn mit erkennbarem Rügewillen und hinreichender Klarheit ein Sachverhalt dargelegt wird, aus dem die Gemeinde erschließen kann, welcher Verfahrens- oder Formvorgang auf die Einhaltung der Planaufstellungsvorschriften überprüft werden muss (vgl. Stock in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, a.a.O., § 215 Rn. 34). Hieran gemessen ist die Rüge schon mit dem Vorbringen in dem Antragsschriftsatz, der Bebauungsplan hätte nicht im Wege des beschleunigten Verfahrens gemäß § 13a BauGB ohne Umweltbericht aufgestellt werden dürfen, hinreichend substanziiert. Unerheblich ist dagegen, dass die Antragstellerin den geltend gemachten Verstoß gegen § 13a BauGB in der Antragsschrift maßgeblich damit begründet hatte, dass der Schwellenwert für eine Durchführung des beschleunigten Verfahrens von 20.000 m² unterschritten gewesen sei, eine Vorprüfung des Einzelfalls (§ 13a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BauGB) erforderlich gewesen wäre, und schon aufgrund der Lage der Vorhabenfläche auf weitestgehend unversiegelten Flächen keine Rede davon sein könne, dass das Vorhaben keine erheblichen Umweltauswirkungen habe, während sie den – wie oben ausgeführt – letztlich durchgreifenden Einwand, dass der Bebauungsplan über den räumlichen Anwendungsbereich eines Bebauungsplans der Innenentwicklung hinausgehe, erst nach Ablauf der Rügefrist vorgetragen hat. Schon der im Antragsschriftsatz vorgetragene Sachverhalt genügte, eine Überprüfung auch insoweit anzustoßen.
c) Der Verfahrensfehler führt ungeachtet des eingeschränkten Antrags der Antragstellerin zur Feststellung der Gesamtunwirksamkeit des Bebauungsplans.
Zwar gilt auch für das Normenkontrollverfahren grundsätzlich die Dispositionsmaxime, wonach der Antragsteller mit seinem Antrag grundsätzlich den Umfang der gerichtlichen Prüfung und damit den Umfang der möglichen Unwirksamkeitserklärung der Norm bestimmt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. Juli 1989 – 4 N 3.87 –, juris Rn. 26; Bay VGH, Urteil vom 26. Mai 2006 – 1 N 03.504 –, juris Rn. 20; Ziekow in: Sodan/Ziekow, a.a.O. § 47 Rn. 285). Wie bereits ausgeführt (s.o. unter 1.), hat das Normenkontrollgericht bei seiner Entscheidung über die beantragte Feststellung der Teilunwirksamkeit eines Bebauungsplans jedoch über den gestellten Antrag hinauszugehen, wenn der antragsgemäß für unwirksam zu erklärende Teil mit anderen, nicht angegriffenen Teilen des Bebauungsplanes in einem untrennbaren Zusammenhang steht. Das ist hier der Fall.
Ob die Teilunwirksamkeit des Bebauungsplans ausgesprochen werden kann, hängt davon ab ob – erstens – die übrigen Festsetzungen für sich betrachtet noch eine sinnvolle städtebauliche Ordnung im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB bewirken können (objektive Teilbarkeit) und – zweitens – die Gemeinde nach ihrem im Planungsverfahren zum Ausdruck gekommenen Willen im Zweifel auch eine Satzung dieses eingeschränkten Inhalts beschlossen hätte (mutmaßlicher Wille, vgl. BVerwG, Urteil vom 14. September 2017 – 4 CN 6.16 –, juris Rn. 29; Urteil vom 11. September 2014 – 4 CN 3.14 –, juris Rn. 26, jeweils m.w.N.; Urteil des Senats vom 23. November 2017 – OVG 2 A 17.15 –, juris Rn. 62).
Daran gemessen dürfte bereits nicht von einer objektiven Teilbarkeit auszugehen sein. Zwar wären die von der Antragstellerin nicht angegriffenen Festsetzungen des Änderungsplanes geeignet, eine sinnvolle städtebauliche Ordnung zu bewirken, wenn nur das (südliche) Plangebiet jenseits ihres Betriebsgeländes in Betracht zu ziehen wäre. Die Auswirkungen einer isolierten Unwirksamkeitserklärung des Änderungsplans in Bezug auf die das Betriebsgelände der Antragstellerin betreffende (nördliche) Teilfläche dürfen jedoch nicht außer Acht bleiben. Insoweit entstünde durch die beantragte Teilunwirksamkeitserklärung eine städtebaulich missliche Situation, die nicht mehr als „sinnvolle städtebauliche Ordnung“ bewertet werden kann. Erklärte man allein diesen Teil des Änderungsplans für unwirksam, so bliebe es insoweit bei den Festsetzungen des Ursprungsbebauungsplans. Die dort zur Erschließung des Wohngebiets ausgewiesene Planstraße endete aber nunmehr unvermittelt an der südlichen Grenze des Betriebsgeländes der Antragstellerin. Ihre Fortsetzung nach Süden wäre nicht mehr gewährleistet, da der nicht angegriffene Teil des Änderungsplans dort eine Bebauung mit einer Schallschutzmauer und mit Nebenanlagen vorsieht. Ohne eine Ergänzung um einen ausreichend dimensionierten Wendeplatz wäre die zur Stichstraße gewordene Planstraße angesichts ihrer Breite von nur 7 m und ihrer Länge von über 100 m praktisch nicht mehr von größeren Versorgungs- und Rettungsfahrzeugen wie etwa Müllfahrzeugen und Feuerwehrwagen befahrbar und könnte die ihr zugedachte Erschließungsfunktion nicht mehr erfüllen.
Jedenfalls lässt sich nicht feststellen, dass die Antragsgegnerin den Bebauungsplan im Zweifel auch ohne die für das Grundstück der Antragstellerin getroffenen Festsetzungen festgesetzt hätte. Zwar steht außer Frage, dass der wesentliche Zweck der Planung die Änderung der für das als WA 1 ausgewiesene Wohngebiet zuvor getroffenen Festsetzungen des Ursprungsbebauungsplans war und es sich bei den Festsetzungen für das nördlich angrenzende Grundstück der Antragstellerin lediglich um eine Folgeänderung handelt. Die Antragsgegnerin hat in diesen Festsetzungen aber erkennbar eine notwendige Anpassung des Ursprungsplans gesehen. So ergibt die Planbegründung (S. 7 f., S. 43), dass sie nicht von einer Funktionslosigkeit der Festsetzung eines Wohngebiets für das Betriebsgelände der Antragstellerin ausging und es ihr Wille war, insoweit an dem Plankonzept des Ursprungsbebauungsplans festzuhalten. Die Festsetzung des Verkehrswendeplatzes war vor diesem Hintergrund aus Sicht der Antragsgegnerin erforderlich, um planungsrechtlich eine ordnungsgemäße öffentliche Erschließung des nördlich angrenzenden, nicht zur Änderung kommenden Planteils sicherzustellen und damit die Vollzugsfähigkeit dieses unveränderten Planteils zu gewährleisten (S. 56 der Planbegründung).
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, Abs. 3 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 709 ZPO. Die Revision wird gemäß § 132 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 VwGO wegen der grundsätzlich bedeutsamen Rechtsfrage zugelassen, ob ein Bebauungsplan im beschleunigten Verfahren nach § 13a BauGB in Bezug auf noch unbebaute, faktisch außerhalb des Siedlungsbereichs liegende Flächen geändert werden darf.