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Entscheidung 3 Sa 1060/12, 3 Sa 1092/12, 3 Sa 29/13


Metadaten

Gericht LArbG Berlin-Brandenburg 3. Kammer Entscheidungsdatum 12.02.2013
Aktenzeichen 3 Sa 1060/12, 3 Sa 1092/12, 3 Sa 29/13 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen Art 3 Abs 1 GG, § 7 AGG

Leitsatz

Altersdiskriminierende Bemessung der Grundvergütung nach Lebensaltersstufen im BAT; Anpassung "nach oben"

Tenor

I.

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Brandenburg an der Havel vom 25. April 2012 – 3 Ca 15/12 – wird zurückgewiesen.

2. Die Anschlussberufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Brandenburg an der Havel vom 25. April 2012 – 3 Ca 15/12 – wird als unzulässig verworfen.“

II.

Die Kosten der ersten Instanz hat die Beklagte hat zu tragen.

Die Kosten der zweiten Instanz haben die Klägerin zu 39,95% und die Beklagte zu 60,05% zu tragen.

III.

Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin restliche Vergütung für die Zeit von Juni 2008 bis März 2009 zu zahlen und in diesem Zusammenhang darüber, welche Lebensaltersstufe der Berechnung der tariflichen Vergütung zugrunde zu legen ist. Mit einer Klageerweiterung in der zweiten Instanz hat die Klägerin ferner Vergütungsdifferenzen für die Zeit von April 2009 bis Dezember 2009 geltend gemacht.

Die am ….. 1967 geborene Klägerin war seit dem 1. Mai 1994 als vollbeschäftigte Angestellte beim Land Brandenburg in der Landesklinik B. tätig. Im Arbeitsvertrag vom 1. Mai 1994 (Bl. 5 der Akte) ist in § 2 vereinbart, dass sich das Arbeitsverhältnis nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) vom 23. Februar 1961 und den diesen ergänzenden oder ändernden Tarifverträgen bestimmt. Mit Schreiben vom 16. April 1998 (Bl. 7 der Akte) teilte das Land Brandenburg der Klägerin unter Hinweis auf die Neufestsetzung der Vergütungsgruppe durch Bewährungsaufstieg mit, sie erhalte mit Wirkung vom 1. Mai 1998 die Vergütungsgruppe Vb, Fallgruppe 5 lt. Anlage 1a BAT-O/MTL-O. Auf das Arbeitsverhältnis wurde der BAT/O angewandt.

Die Beklagte übernahm am 16. Oktober 2006 die Landesklinik B. im Wege eines Betriebsübergangs. Zum 1. November 2006 trat der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) in Kraft. Die Beklagte ist weder Mitglied einer Vereinigung, die den BAT bzw. BAT-O abgeschlossen hat, noch ist sie Mitglied einer Vereinigung, die den TV-L abgeschlossen hat.

Die Parteien schlossen den Änderungsvertrag vom 14. Januar 2009, in dem auszugsweise folgendes bestimmt ist:

„Der am 02.05.1994 geschlossene Arbeitsvertrag zuletzt geändert durch Änderungsvertrag oder Änderungskündigung …..wird wie folgt neu festgelegt:

§ 1

Frau ... wird befristet mit einer besonderen wöchentlichen Arbeitszeit von 37,5 Stunden im A. Fachklinikum B. weiterbeschäftigt.

§ 7

Die übrigen Vereinbarungen des bisherigen Arbeitsvertrages bleiben unberührt.

§ 8

Die Änderung tritt mit Wirkung vom 01.02.2009 in Kraft und endet mit Ablauf des 31.12.2010. Danach gilt wieder der Arbeitsvertrag vom 02.05.1994.“

Wegen des weiteren Inhalts des Änderungsvertrages wird auf Bl. 8 bis 9 der Akte Bezug genommen.

Die Beklagte zahlt der Klägerin Vergütung nach der Vergütungsgruppe Vb der Vergütungstabelle BAT mit Stand 1. Mai 2004. Dabei legte die Beklagte bei der Berechung der Vergütung für die Monate Juni 2008 bis einschließlich August 2008 die Grundvergütung nach der Lebensalterstufe 39 in Höhe von 1.959,67 Euro brutto und ab September 2008 die Grundvergütung nach der Lebensaltersstufe 41 in Höhe von 2.020,65 Euro brutto zugrunde. Unter Berücksichtigung der veränderten Arbeitszeit hat die Beklagte der Klägerin dann ab Februar 2009 eine Grundvergütung der Lebensaltersstufe 41 in Höhe von 1.894,36 Euro brutto (2.020,65 Euro x 37,5 Stunden./.40 Stunden) gezahlt. Auf die von der Beklagten für die Monate Juni 2008 bis März 2009 erteilten Verdienstabrechnungen wird verwiesen (Bl. 10 bis 24 der Akte).

Mit Schreiben vom 19. Dezember 2008 (Bl. 25 der Akte) machte die Klägerin bei der Beklagten erfolglos Vergütung nach der höchsten Lebensaltersstufe ihrer Grundvergütung geltend.

Mit ihrer am 5. Mai 2009 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage, die der Beklagten am 7. Mai 2009 zugestellt worden ist, hat die Klägerin die Vergütungsdifferenzen für die Monate Juni 2008 bis März 2009 begehrt.

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, die Beklagte schulde ihr die Differenz zwischen der Grundvergütung der Vergütungsgruppe Vb, Lebensaltersstufe 39, Vergütungstabelle BAT/West, und der Grundvergütung der Vergütungsgruppe Vb, Lebensalterstufe 45, Vergütungstabelle BAT/West für die Monate März 2008 bis August 2008 in Höhe von monatlich 126,14 Euro brutto, ferner die Differenz zwischen der Grundvergütung der Vergütungsgruppe Vb, Lebensaltersstufe 41, Vergütungstabelle BAT/West und der Grundvergütung der Vergütungsgruppe Vb, Lebensaltersstufe 45 für die Monate September 2008 bis Januar 2009 in Höhe von monatlich 65,16 Euro brutto und für die Monate Februar 2009 bis März 2009 in Höhe von 61,09 Euro brutto monatlich. Die Bezahlung nach der Lebensaltersstufe für jüngere Arbeitnehmer sei altersdiskriminierend. Daher müsse ihr die Vergütung nach der letzten Lebensalterstufe gezahlt werden. Die Beklagte sei auch in der Lage gewesen, die Diskriminierung in der Vergütung nach Lebensaltersstufen zu beseitigen, nämlich indem sie – auch ohne unmittelbare Tarifbindung – lückenlos dann ab dem 1. November 2006 den TV-L auf die Arbeitsverhältnisse angewandt hätte, was die Beklagte aber nicht erledigt habe.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 826,40 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz aus jeweils 126,14 Euro brutto seit 1. Juli 2008, 1. August 2008, 1. September 2008, aus 65,16 Euro brutto seit 1. Oktober 2008, 1. November 2008, 1. Dezember 2008, 1. Januar 2009 und 1. Februar 2009 sowie aus 61,09 Euro brutto seit 1.März 2009 und 1. April 2009 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat geltend gemacht, streitig sei allein noch, welche Rechtsfolgen sich aus dem Verstoß des Vergütungssystems des BAT-O nach Lebensaltersstufen gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz in dem vorliegenden Fall ergeben würden. Die Bezugnahmeklausel sei mit dem Betriebsübergang im Jahr 2006 statisch geworden. Der vom Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 10. November 2011 entschiedene Fall unterscheide sich von dem vorliegenden Fall. Denn der BAT-O sei in ihrem Betrieb weiter das geltende Vergütungssystem. Eine Anpassung „nach unten“ wäre vorliegend jedenfalls für die Zukunft und rückwirkend für sechs Monate im Rahmen der tariflichen Ausschlussfrist durchaus gegenüber den Mitarbeitern, die die Grundvergütung nach der höchsten Lebensaltersstufe erhielten, möglich. Weder eine Anpassung „nach oben“ noch „nach unten“ dürfte aber dem Willen der Tarifvertragsparteien entsprochen haben. Da sie aber nicht tarifgebunden sei und das Tarifwerk nur auf individualvertraglicher Basis anwende, habe sie anders als das Land Berlin rechtlich keinerlei Möglichkeit, die Diskriminierung des BAT-O zu beseitigen. Diese Tatsache sei bei der Ermittlung einer angemessenen Rechtsfolge des Verstoßes unter Berücksichtigung der gegenseitigen Interessen, insbesondere der erheblichen wirtschaftlichen Folgen einer „Anpassung nach oben“, zu berücksichtigen. Eine Anpassung der Vergütung „nach oben“ würde zu einer starken wirtschaftlichen Überforderung führen und einen Mehraufwand für die Zeit von Juni 2008 bis Dezember 2011 in Höhe von ca. 2,5 Mio. EUR verursachen. – Wegen der Einzelheiten zu den vorgetragenen Mehrkosten wird auf den Schriftsatz vom 5. April 2012 (Bl. 78 bis 80 der Akte) verwiesen. - Die im Tarifvertrag entstandene Regelungslücke sei von den Arbeitsgerichten vielmehr im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen. Dementsprechend müsse bei der Bemessung der Grundvergütungen nach Stufen nicht auf das Lebensalter, sondern auf die – altersdiskriminierungsfreie – Betriebszugehörigkeit abgestellt werden.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 25. April 2012 der Klage stattgegeben und zur Begründung zusammengefasst ausgeführt: Der Klägerin stehe für die Monate Juni 2008 bis einschließlich März 2009 die beanspruchte Vergütung Lebensaltersstufe 45 BAT-O zu. Die Bezugnahmeklausel im Arbeitsvertrag sei als Gleichstellungsabrede zu werten, da es sich um einen sogenannten Altvertrag handele. Aufgrund des Betriebsübergangs am 15. Oktober 2006 seien die Regelungen des BAT-O auf den Stand zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs statisch in das Arbeitsverhältnis übertragen worden und würden weiter gelten. Es sei geklärt, dass die in § 27 Abschnitt A BAT angeordnete Bemessung der Grundvergütungen in den Vergütungsgruppen des BAT nach Lebensaltersstufen gegen das Verbot der Diskriminierung wegen Alters verstoße. Die Ungleichbehandlung könne nur durch eine Anpassung „nach oben“ beseitigt werden. Dies sei bereits deshalb gerechtfertigt, weil den älteren Angestellten das höhere Grundgehalt nicht rückwirkend entzogen werden könne. Dass die Beklagte weiterhin statisch an die Regelungen des BAT-O gebunden sei, habe keine Bedeutung für die Frage der Ungleichbehandlung, desgleichen sei nicht von Bedeutung, dass die Beklagte den Tarifvertrag nicht neu verhandeln könne. Denn nach der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts finde die Angleichung „nach oben“ deshalb statt, um die Diskriminierung zu beseitigen. Die älteren Angestellten dürften grundsätzlich auf den Fortbestand der tariflichen Ordnung vertrauen. Auch der Gestaltungsspielraum der Tarifvertragsparteien zur rückwirkenden Änderung tarifvertraglicher Regelungen sei durch den Grundsatz des Vertrauensschutzes der Normunterworfenen begrenzt. Nur die Anpassung „noch oben“ würde ferner mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union im Einklang stehen. Der Einwand der Beklagten, die Anpassung „nach oben“ sei finanziell nicht für die Beklagte zu tragen, sei rechtlich nicht erheblich. Wegen der weiteren Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen (Bl. 95 bis 98 der Akte).

Gegen das der Beklagten am 9. Mai 2012 zugestellte Urteil hat diese mit beim Landesarbeitsgericht am 6. Juni 2012 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 9. August 2012 mit beim Landesarbeitsgericht am 9. August 2012 eingegangenen Schriftsatz begründet. Die Berufungsbegründung ist der Klägerin am 16. August 2012 mit der Belehrung nach § 66 Abs. 1 Satz 3 ArbGG zugestellt worden. Auf Antrag der Klägerin ist die Frist zur Beantwortung der Berufung bis zum 17. Oktober 2012 verlängert worden. Mit Schriftsatz vom 28. Dezember 2012, der am selben Tag bei dem Landesarbeitsgericht eingegangen ist, hat die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie weitere 549,81 Euro brutto nebst Zinsen als Vergütungsdifferenzen für die Monate April bis Dezember 2009 zu zahlen.

Die Beklagte trägt zur Begründung der Berufung unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens im Wesentlichen vor: Das Arbeitsgericht habe verkannt, dass der durch das Bundesarbeitsgericht entschiedene Fall nicht mit dem hier zu entscheidenden Fall vom Sachverhalt identisch sei. Sie sei nicht Tarifpartei des BAT-O und könne diesen Tarifvertrag auch nicht einfach ablösen. Sie könne auch nicht dazu gezwungen werden, einen anderen Tarifvertrag abzuschließen, der eine derartige altersdiskriminierende Regelung nicht enthalte. Aufgrund der Tarifautonomie stehe es ihr frei, einen Tarifvertrag abzuschließen oder nicht. Ihr sei jede Möglichkeit genommen, das altersdiskriminierende Vergütungssystem durch ein diskriminierungsfreies Vergütungssystem zu ersetzen. Daher sei sie aufgrund der statischen Weitergeltung des BAT-O gezwungen, auf unbestimmte Zeit die höchste Lebensaltersstufe bei den Grundvergütungen zu zahlen. Das Bundesarbeitsgericht habe aber klargestellt, dass bis zu einer Einführung eines diskriminierungsfreien Vergütungssystems eine Anpassung „nach oben“ erfolgen müsse. Die vom Bundesarbeitsgericht entwickelte Anpassung der Vergütungen „nach oben“ stelle nur eine vorübergehende Lösung bis zur Überleitung der Beschäftigten in ein diskriminierungsfreies Entgeltsystem dar. Da sie den BAT-O aber nicht durch Überleitung in den TVöD ablösen könne, hätte das Arbeitsgericht die Klage abweisen müssen. Eine Anpassung „noch oben“ durch das Gericht stelle ferner einen unzulässigen Eingriff in die Tarifautonomie dar. Nur den Tarifvertragsparteien stehe die Befugnis zu, die Rechtsfolgen des Verstoßes ihrer tarifvertraglichen Regelung selbst zu beseitigen. Um die Tarifvertragsparteien zu einer korrigierenden Neuregelung zu veranlassen, müssten die Gerichte daher im vorliegenden Fall ihre Entscheidung befristet aussetzen. Ferner führe eine Anpassung „nach oben“ zu ihrer Überforderung als Arbeitgeberin. Jedenfalls genieße sie als Arbeitgeberin Vertrauensschutz, da der BAT-O vor Inkrafttreten des AGG abgeschlossen worden sei.

Die Beklagte ist ferner der Ansicht, die Klageerweiterung sei nur als Anschlussberufung möglich und diese sei verspätet erfolgt.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Brandenburg an der Havel vom 25. April 2012 – 3 Ca 15/12 – abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 549,81 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus jeweils 61,09 Euro brutto seit dem 1. Mai 2009, dem 1. Juni 2009, dem 1. Juli 2009, dem 1. August 2009, dem 1. September 2009, dem 1. Oktober 2009, dem 1. November 2009, dem 1. Dezember 2009 und dem 1. Januar 2010 zu zahlen,

die mit der Klageerweiterung vom 28. Dezember 2012 geltend gemachten Ansprüche werden an das zuständige Arbeitsgericht Brandenburg an der Havel verwiesen.

Die Beklagte beantragt,

die Anschlussberufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung. Sie ist der Ansicht, für die Vergangenheit habe eine Anpassung „nach oben“ zu erfolgen. Die Begründung der Beklagten, wenn ein Arbeitgeber wegen statisch in Bezug genommener Tarifverträge der Ersetzung der unwirksamen Altersregelung in Zukunft nicht entgegen könne, müsse er auch in der Vergangenheit keine Anpassung „nach oben“ hinnehmen, sei nicht nachvollziehbar. Die Begründung der Beklagten sei auch nicht interessengerecht. Ferner habe die Beklagte die statische Inbezugnahmeklausel freiwillig abgeschlossen und selbst bei einer dynamischen Inbezugnahme tarifvertraglicher Regelungen könnte die Beklagte ihrer Inanspruchnahme für die Vergangenheit nicht entgehen. Wirtschaftliche Folgen hätten grundsätzlich keinen Einfluss auf die Wirksamkeit vertraglicher Regelungen und ihrer Auslegung.

Die Klägerin trägt zur Begründung ihrer Klageerweiterung vor: Die Beklagte sei auch verpflichtet, ihr die Differenz zwischen der abgerechneten Grundvergütung und der Grundvergütung nach der Lebensaltersstufe 45 für die Monate April bis Dezember 2009 in Höhe von monatlich 61,09 Euro brutto zu zahlen. Ihr Zahlungsbegehren sei nicht als Anschlussberufung zu behandeln. Sie habe mit ihrem Zahlungsbegehren bereits erstinstanzlich obsiegt und habe in der Berufung lediglich klageerweiternd die restlichen Folgemonate des Jahres 2009 geltend gemacht. Hier sei der mit einer Klageerweiterung in der Berufungsinstanz verbundene Verlust einer Tatsacheninstanz nicht gegeben. Die zugrunde liegenden Rechtsfragen seien identisch. Jedenfalls sei die Klageerweiterung, die eine Klageerhebung vor Ablauf der Verjährung darstellen würde, an das Arbeitsgericht zu verweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung und die Sitzungsniederschriften beider Instanzen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I. Die Berufung der Beklagten ist zulässig. Sie ist gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1 und Abs. 2 Buchst. b ArbGG statthaft und gemäß §§ 66 Abs. 1 Satz 1 und 2 ArbGG, 519 Abs. 1 und Abs. 2, 520 Abs. 1 und Abs. 3 ZPO frist- und formgerecht eingelegt und begründet worden.

II. Die Berufung der Beklagten ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat zu Recht und mit zutreffender Begründung die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 826,40 Euro brutto nebst der geltend gemachten Zinsen zu zahlen.

1. Die Beklagte ist aufgrund der Vereinbarung im Arbeitsvertrag vom 2. Mai 1994, wonach sich das Arbeitsverhältnis nach dem BAT und den diesen ergänzenden oder ändernden Tarifverträgen bestimmt, verpflichtet, der Klägerin für die Monate Juni 2008 bis März 2009 Vergütung gemäß der Vergütungsgruppe Vb BAT, Lebensaltersstufe 45, zu zahlen, weil nur so die Diskriminierung der Klägerin beseitigt werden kann.

a) Auf das Arbeitsverhältnis finden nach den arbeitsvertraglichen Bestimmungen der BAT/BAT-O und die diesen ergänzenden Tarifverträge Anwendung. Zu den ergänzenden Tarifverträgen gehört auch der zuletzt zum BAT abgeschlossene Vergütungstarifvertrag Nr. 35 zum BAT für den Bereich des Bundes und für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder vom 31. Januar 2003, auf dessen Grundlage die Beklagte tatsächlich auch die Vergütung der Klägerin in den streitgegenständlichen Monaten gezahlt hat.

aa) In § 2 des Arbeitsvertrages vom 2. Mai 1994 vereinbarten die Klägerin und das tarifgebundene Land Brandenburg, dass sich das Arbeitsverhältnis nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag vom 23. Februar 1961 und den diesen ergänzenden oder ändernden Tarifverträgen bestimmt. Diese Verweisung auf den Geltungsbereich eines Tarifvertrags hat grundsätzlich nur den Sinn, dass der Arbeitsvertrag das beinhalten soll, was nach den allgemeinen Grundsätzen des Tarifrechts auch für tarifgebundene Angestellte gilt. Mit einer solchen Regelung soll die Klägerin gegenüber den vergleichbaren tarifgebundenen Angestellten nicht ungleich behandelt werden (vgl. BAG 5. August 1999 – 6 AZR 128/98 – Juris-Rn. 24; 1. Juni 1995 – 6 AZR 922/94 – Juris-Rn. 19, BAGE 80, 152). Es handelt sich hierbei um eine sogenannte Gleichstellungsabrede iSd. früheren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. Gleichstellungsabreden verweisen dynamisch auf die fachlich einschlägigen Tarifverträge und der Arbeitgeber ist zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses tarifgebunden gewesen. Bei einer solchen Gleichstellungsabrede führt der Wegfall der Tarifgebundenheit des Arbeitgebers dazu, dass die in Bezug genommenen Tarifverträge nur noch statisch in der Fassung anzuwenden sind, die zum Zeitpunkt des Eintritts der fehlenden Tarifgebundenheit galt. Diese Auslegungsregel wendet das Bundesarbeitsgericht aus Gründen des Vertrauensschutzes weiterhin auf Bezugnahmeklauseln an, die vor dem 1. Januar 2002 vereinbart worden sind (st. Rspr., BAG 18. November 2009 – 4 AZR 514/08 - Rn. 18 mwN, BAGE 132, 261; 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 29 ff., BAGE 122, 74; 14. Dezember 2005 - 4 AZR 536/04 - Rn. 24 ff., BAGE 116, 326).

bb) Aufgrund der Übernahme der Landesklinik B. ging das Arbeitsverhältnis der Klägerin zum 16. Oktober 2006 nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB mit dem zur Zeit des Betriebsübergangs geltenden tariflichen Regelungsbestand auf die Beklagte über. Da die Beklagte nicht an die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes tarifgebunden war, fanden die zur Zeit des Betriebsübergangs geltenden tariflichen Regelungen nur noch statisch weiter auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung. Der TV-L trat erst am 1. November 2006 in Kraft und galt damit im Zeitpunkt des Betriebsübergangs noch nicht. Aufgrund der seit dem 16. Oktober 2006 nur noch statischen Weitergeltung des BAT-O und der diesen ergänzenden oder ändernden Tarifverträge auf das Arbeitsverhältnis, entstand durch die Ersetzung des BAT/BAT-O durch den TV-L auch keine nachträgliche Regelungslücke, so dass die Bezugnahmeklausel in dem Arbeitsvertrag der Parteien nicht im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung auf die Anwendung des TV-L erstreckt werden kann (vgl. grundsätzlich zur Möglichkeit der ergänzenden Vertragsauslegung BAG 19. Mai 2010 – 4 AZR 796/08 -, BAGE 134, 283).

cc) Auch der Abschluss des Änderungsvertrages vom 14. Januar 2009 führte nicht dazu, dass nunmehr auf das Arbeitsverhältnis der TV-L anzuwenden ist. Auch die Parteien gehen nicht von einer Geltung des TV-L auf ihr Arbeitsverhältnis aus.

(1) Die in dem Änderungsvertrag vom 14. Januar 2009 vereinbarten Vertragsänderungen sind hinsichtlich der Bezugnahmeklausel nicht als sogenannter „Neuvertrag“ iSd. der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts anzusehen. Bei „Neuverträgen“, also Arbeitsverträgen, die nach dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform zum 1. Januar 2002 abgeschlossen wurden, wendet das Bundesarbeitsgericht nicht mehr die Auslegungsregel der Gleichstellungsabrede an, sondern hier hat sich die Auslegung der Verweisungsklausel in erster Linie an deren Wortlaut zu orientieren (vgl. hierzu zB BAG 19. Oktober 2011 – 4 AZR 811/09 – Rn. 24 mwN, DB 2011, 2783). Bei einer Änderung eines Altvertrages nach dem 1. Januar 2002 kommt es für die Beurteilung, ob die Auslegungsmaßstäbe für „Neu-“ oder für „Altverträge“ maßgebend sind, darauf an, ob die Klausel im Änderungsvertrag zum Gegenstand der rechtsgeschäftlichen Willensbildung der hieran beteiligten Vertragsparteien gemacht worden ist (BAG 19. Oktober 2011 – 4 AZR 811/09 – Rn. 27, aaO). Der Inhalt des Änderungsvertrages vom 14. Januar 2009 lässt aber nicht darauf schließen, dass die Parteien die Bezugnahmeklausel in § 2 des Arbeitsvertrages vom 2. Mai 1994 zum Gegenstand ihrer rechtsgeschäftlichen Willensbildung gemacht haben. Durch § 7 des Änderungsvertrages, wonach die übrigen Vereinbarungen des bisherigen Arbeitsvertrages unberührt bleiben, haben die Parteien nach Ansicht der Kammer vielmehr nur zum Ausdruck gebracht, dass sich an der zuletzt erfolgten statischen Anwendung des BAT/BAT-O und des Vergütungstarifvertrages Nr. 35 nichts ändern sollte (vgl. auch BAG 19. Oktober 2011 – 4 AZR 811/09 Rn. 29, aaO; siehe aber auch BAG 19. Oktober 2011 – 4 AZR 811/09 – Rn. 27, aaO; 30. Juli 2008 – 10 AZR 606/07 – Rn. 46, BAGE 127, 185, wonach eine Erklärung in einem Änderungsvertrag, dass „alle anderen Vereinbarungen aus dem Anstellungsvertrag unberührt bleiben“ gerade ein deutlicher Ausdruck dafür ist, dass eine zuvor bestehende Verweisungsklausel erneut zum Gegenstand der rechtsgeschäftlichen Willensbildung gemacht worden sei). Mit der Formulierung „die übrigen Vereinbarungen des bisherigen Arbeitsvertrages bleiben unberührt“ wird nach allgemeinem Sprachverständnis zum Ausdruck gebracht, dass der Änderungsvertrag sich nur auf die dort konkret geänderten Vertragsbedingungen beziehen soll, die dort konkret nicht erwähnten Vertragsbedingungen dagegen von dem Änderungswillen und dem Änderungsvertrag nicht erfasst werden sollen.

(2) Selbst bei Annahme eines „Neuvertrages“ scheidet aber eine vertragliche Anwendung des TV-L auf der Grundlage des Abschlusses des Änderungsvertrages vom 14. Januar 2009 deshalb aus, weil die Bezugnahmeklausel im Arbeitsvertrag vom 2. Mai 1994 nicht auf die den BAT/BAT-O ersetzenden Tarifverträge verweist. Der TV-L ist kein den BAT/BAT-O ergänzender oder ändernder, sondern ein diesen ersetzender Tarifvertrag (§ 2 Abs. 1 des Tarifvertrages zur Überleitung der Beschäftigten der Länder in den TV-L und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-Länder) vom 12. Oktober 2006 iVm. der Anlage 1 TVÜ-Länder Teil A, Nr. 1 und 2). Eine ergänzende Vertragsauslegung zur Anwendung des TV-L kommt nicht in Betracht. Es kann nicht angenommen werden, dass hier nachträglich eine Regelungslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit eingetreten ist, die die Parteien dahin geschlossen hätten, die Geltung des TV-L zu vereinbaren. Denn im Zeitpunkt des Abschlusses des Änderungsvertrages vom 14. Januar 2009 war der TV-L bereits in Kraft. Da die Parteien gerade nicht dessen Geltung vereinbart hatten, lässt sich lediglich der Wille der Parteien feststellen, dass hinsichtlich der Grundlagen für die Bestimmung der Vergütung keine Änderungen eintreten sollten. Vor diesem Hintergrund kann schon nicht angenommen werden, der Vertrag sei planwidrig unvollständig geworden.

b) Mit der Entscheidung der Zweiten Kammer des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 8. September 2011 (- C-297/10 und C-298/10 - NZA 2011, 1100) über die Vorlagefrage des Sechsten Senats des Bundesarbeitsgerichts ist geklärt, dass die in § 27 Abschn. A BAT angeordnete Bemessung der Grundvergütungen in den Vergütungsgruppen des BAT nach Lebensaltersstufen gegen das Verbot der Diskriminierung wegen des Alters, das in Art. 21 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC) vom 12. Dezember 2007 verankert und durch die Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (RL 2000/78) konkretisiert worden ist, verstößt und eine unmittelbare Diskriminierung wegen des Alters im Sinne von Art. 2 RL 2000/78 darstellt, die nicht nach Art. 6 Abs. 1 RL 2000/78 gerechtfertigt ist (vgl. BAG 10. November 2011 – 6 AZR 148/09 – Rn. 13, NZA 2012, 161).

c) Die Beklagte hat gegen das Diskriminierungsverbot verstoßen, in dem sie der Klägerin in der Zeit von Juni 2008 bis März 2009 Vergütung nach der Vergütungsgruppe Vb, Lebensalterstufe 39 bzw. 41 zahlte, während sie in diesem Zeitraum anderen Arbeitnehmern, die älter als die Klägerin waren und die Voraussetzungen für eine tarifliche Einstufung in die höchste Lebensaltersstufe ihrer Vergütungsgruppen erfüllten, Vergütung berechnet nach der höchsten Lebensaltersstufe zahlte. Aufgrund dieser in der Vergangenheit liegenden ungleichen Behandlung ist die Beklagte verpflichtet, auch der Klägerin für die Monate Juni 2008 bis März 2009 eine Vergütung nach der Lebensaltersstufe 45 der Vergütungsgruppe Vb BAT zu zahlen. Denn auf andere Weise kann die Ungleichbehandlung der Klägerin im Vergleich zu den älteren Kollegen nicht beseitigt werden.

aa) Es entspricht der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, dass dann, wenn ein Tarifvertrag gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verstößt, eine unzulässigerweise von der begünstigenden Norm ausgeklammerte Person einen Anspruch auf die Vergünstigung hat, wenn der Normgeber nur auf diesem Weg dem Gleichheitssatz Rechnung tragen kann oder wenn anzunehmen ist, dass er bei Beachtung des Gleichheitssatzes alle zu berücksichtigenden Personen in die Vergünstigung einbezogen hätte (BAG 10. November 2011 – 6 AZR 148/09 – Rn. 20, NZA 2012, 161; 21. September 2010 – 9 AZR 442/09 – Rn. 37, ZTR 2011, 304; 22. April 2010 – 6 AZR 966/08 – Rn. 42, BAGE 134, 160 mit Verweis auf BAG 18. Dezember 2008 - 6 AZR 287/07 - Rn. 36, AP TVÜ § 11 Nr. 2 = EzTöD 320 TVÜ-VKA § 11 Abs. 1 Nr. 13; 18. März 2010 – 6 AZR 434/07 - Rn. 57). Eine sogenannte Anpassung „nach oben“ für die Vergangenheit steht auch im Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zur Benachteiligung beim Entgelt. Nach der bisherigen Entscheidungspraxis des Gerichtshofs der Europäischen Union kann man davon ausgehen, dass sich im Falle einer Diskriminierung die Unwirksamkeit nur auf die benachteiligenden Regelungen bezieht (vgl. Henssler/Tillmanns FS Rolf Birk S. 179, 188). Im Urteil vom 7. Februar 1991 (- C-184/89 - [Nimz] Slg. 1991, I-297) hat der Gerichtshof der Europäischen Union angenommen, dass im Falle einer mittelbaren Diskriminierung durch eine Bestimmung eines Tarifvertrags das nationale Gericht verpflichtet ist, diese Bestimmung - ohne dass es ihre vorherige Beseitigung durch Tarifverhandlungen oder auf anderen Wegen beantragen oder abwarten müsste - außer Acht zu lassen und auf die Angehörigen der durch diese Diskriminierung benachteiligten Gruppe die gleiche Regelung wie auf die übrigen Arbeitnehmer anzuwenden, wobei diese Regelung, „solange Art. 119 EWG-Vertrag im nationalen Recht nicht ordnungsgemäß durchgeführt ist, das einzig gültige Bezugssystem bleibt“ (vgl. dazu Wiedemann NZA 2007, 950, 951). An diesem Grundsatz hat der Gerichtshof der Europäischen Union ua. im Urteil vom 26. Januar 1999 (- C-18/95 - [Terhoeve] Slg. 1999, I-345) ausdrücklich festgehalten und er hat jüngst im Urteil vom 22. Juni 2011 (- C-399/09 - [Landtová]) nochmals wiederholt, dass die Regelung für die nicht benachteiligten Arbeitnehmer das einzige gültige Bezugssystem bleibt, solange das Gemeinschaftsrecht nicht richtig durchgeführt ist. Damit betrifft die Anforderung des Unionsrechts, die Diskriminierung durch eine Anpassung „nach oben“ zu beseitigen, nicht nur die Vergangenheit, sondern sogar die Zukunft, weil sie das höhere Entgelt auch zukunftsbezogen solange zugesteht, bis eine unionsrechtskonforme Neuregelung getroffen ist (ErfK/Schlachter 11. Aufl. § 7 AGG Rn. 6; aA Krebber EuZA 2009, 200, 209, der die Auffassung vertritt, der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zu den Anti-Diskriminierungsrichtlinien lasse sich ein Gebot der Angleichung „nach oben“ nicht entnehmen (vgl. hierzu insgesamt BAG 10. November 2011 – 6 AZR 148/09 – Rn. 31, aaO).

bb) Die Beklagte ist zu einer Anpassung „nach oben“ für die Vergangenheit verpflichtet. Denn nur auf diesem Weg kann die Ungleichbehandlung wegen des Alters beseitigt werden.

(1) Die Beklagte hat gegenüber den Arbeitnehmern, denen sie ein Entgelt nach einer im Vergleich zur jeweiligen Lebensalterstufe der Klägerin höheren Lebensalterstufe gezahlt hat, keine Rückforderungsansprüche für den hier streitgegenständlichen Zeitraum geltend gemacht. Eine Anspruchsgrundlage für die Rückforderung von Vergütungsdifferenzen gegenüber diesen Arbeitnehmern besteht gegenwärtig nicht. Die Beklagte hat auch nicht aufgezeigt, wie sie ansonsten, also ohne eine Anpassung „nach oben“, für die Vergangenheit die Ungleichbehandlung bei der Vergütungszahlung wegen des Alters beseitigen will. Es ist auch nach ihrem Vortrag nicht ersichtlich, auf welche Weise sie von den Arbeitnehmern mit der höchsten Lebensaltersstufe die entsprechenden Differenzbeträge zurückfordern kann.

(a) Die begünstigten Arbeitnehmer haben die Grundvergütung nach der höchsten Lebensaltersstufe nicht ohne Rechtsgrund erhalten. Für diese Arbeitnehmer bleibt die Regelung, wonach die Grundvergütung nach ihrer erreichten höchsten Lebensaltersstufe zu zahlen ist, bis zu einer Ersetzung des Vergütungssystems das gültige Bezugssystem. Der Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot führt nur zur Unwirksamkeit der Stufenzuordnung, soweit Angestellte nicht der höchsten Lebensaltersstufe ihrer Vergütungsgruppe zugeordnet waren (vgl. BAG 10. November 2011 – 6 AZR 148/09 – NZA 2012, 161).

(b) Einer tariflichen Regelung, die rückwirkend für die Zeit von Juni 2008 bis März 2009 eine Reduzierung der Vergütung für die Arbeitnehmer mit der höchsten Lebensaltersstufe vorsehen würde, stünde der Grundsatz des Vertrauensschutzes entgegen. Tarifnormen unterliegen als Rechtsnormen den rechtsstaatlichen Grenzen der Rückwirkung. Wie bei Gesetzen kommt die rückwirkende Änderung eines Tarifvertrags in Betracht. Die Gestaltungsfreiheit der Tarifvertragsparteien zur rückwirkenden Änderung tariflicher Regelungen ist aber durch den Grundsatz des Vertrauensschutzes der Normunterworfenen beschränkt. Es gelten die gleichen Regeln, wie sie das Bundesverfassungsgericht für die Rückwirkung von Gesetzen aus Art. 20 Abs. 3 GG ableitet (vgl. nur BAG 4. Mai 2010 – 9 AZR 181/09 – Rn. 40 mwN, ZTR 2010, 583). Die Normunterworfenen und damit auch die älteren Angestellten durften grundsätzlich auf den Fortbestand der tariflichen Ordnung vertrauen. Nur so kann der Tarifvertrag seiner Aufgabe gerecht werden und den Individualparteien beiderseits Planungssicherheit gewähren. Jedenfalls vor Bekanntwerden des Vorlagebeschlusses des Sechsten Senats des Bundesarbeitsgerichts mussten ältere Angestellte nicht davon ausgehen, dass ihre Grundvergütung rückwirkend neu berechnet wird und sie eine niedrigere Vergütung erhalten (vgl. hierzu BAG 10. November 2011 – 6 AZR 148/09 – Rn. 23, NZA 2012, 161).

(c) Die den BAT/BAT-O schließenden Tarifvertragsparteien sind im Übrigen auch nicht bereit, für die Zeit vor dem 1. April 2010 eine vom Vergütungssystem des BAT/BAT-O abweichende, dem Verbot der Diskriminierung wegen Alters gerecht werdende Regelung rückwirkend zu treffen oder eine solche rückwirkende Ersatzregelung zu vereinbaren. Es wird insoweit auf die Ausführungen des Bundesarbeitsgerichts in seiner Entscheidung vom 10. November 2011 – 6 AZR 148/09 – unter Punkt II. 3.b) cc) (NZA 2012, 161, Rn. 24ff.) Bezug genommen. Vor diesem Hintergrund ist selbst bei Geltung des BAT/BAT-O aufgrund von Tarifbindung durch eine Anpassung „nach oben“ ein unzulässiger Eingriff in die durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützte Tarifautonomie ausgeschlossen (vgl. auch LAG Berlin-Brandenburg 29. November 2012 – 25 Sa 1146/12 – Juris-Rn. 49). Dahingestellt bleiben kann vorliegend daher auch, ob sich eine rückwirkende Änderung des tariflichen Vergütungssystems überhaupt auf die bei der Beklagten beschäftigten Arbeitnehmer auswirken und hierdurch die Ungleichbehandlung in der Vergangenheit beseitigt werden könnte. Vor diesem Hintergrund kommt auch keine Aussetzung des Rechtsstreits in Betracht, um den Tarifvertragsparteien Gelegenheit zu geben, eine Neuregelung zu schaffen.

(d) Die Beklagte hat des Weiteren nicht behauptet, dass sie den bei ihr beschäftigten Arbeitnehmern, die in der Vergangenheit eine Vergütung berechnet nach der höchsten Lebensaltersstufe erhalten haben, rückwirkende Vertragsänderungen angeboten hat. Überhaupt keine Anhaltspunkte gibt es dafür, dass diese Arbeitnehmer auf solche Angebote eingehen würden.

(2) Die Beklagte war in der Lage und ist es weiterhin, die Ungleichbehandlung der Arbeitnehmer wegen des Alters zu beseitigen, in dem sie allen Arbeitnehmern, auch der Klägerin, in den streitgegenständlichen Monaten die Vergütung nach der höchsten Lebensaltersstufe zahlt. Unerheblich ist dagegen, ob es der Beklagten auch möglich gewesen wäre, die Ungleichbehandlung mit geringeren finanziellen Auswirkungen für sie zu vermeiden. Es kommt weder darauf an, ob die Beklagte nach der Übernahme des Betriebes in einer für sie finanziell günstigeren Weise als durch eine Anpassung „nach oben“ die rechtlichen Grundlagen für die Vergütungszahlung hätte so ändern können, dass eine ungleiche Behandlung wegen des Alters ausgeschlossen wird, noch darauf, ob ihr dies tatsächlich in der Zukunft gelingt. Entgegen der Ansicht der Beklagten hat das Bundesarbeitsgericht in der Entscheidung vom 10. November 2011 – 6 AZR 148/09 – auch nicht deshalb einen Anspruch auf Zahlung des Grundgehaltes nach der höchsten Lebensaltersstufe der jeweiligen Vergütungsgruppe bei einem Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot bejaht, weil die diskriminierende Regelung nunmehr durch den TVöD und den TV-L, und damit durch nicht wegen Alters diskriminierende Regelungen, abgelöst wurde, sondern deshalb, weil die Prüfung des Bundesarbeitsgerichts ergeben hatte, dass für die Vergangenheit keine anderweitige Beseitigung der Ungleichbehandlung erfolgt ist und eine solche auch nicht erfolgen wird, damit ein Eingriff in die Tarifautonomie ausgeschlossen ist, und nur durch die Anpassung „nach oben“ die Beseitigung der Diskriminierung innerhalb eines diskriminierenden Systems möglich ist. Der Grund für die Verpflichtung der Beklagten, der Klägerin das Grundgehalt nach der höchsten Lebensaltersstufe der Vergütungsgruppe für die streitgegenständlichen Monate zu zahlen, besteht allein darin, dass nur auf diese Weise ein diskriminierungsfreier Zustand hergestellt werden kann. Ziel des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes ist es nämlich auch, bestehende Diskriminierungen zu beseitigen (vgl. auch BAG 10. November 2011 – 6 AZR 148/09 – Rn. 36, NZA 2012, 161). Die Beklagte hat durch ihre Handlungen die unterschiedliche Behandlung ihrer Arbeitnehmer bei der Vergütungszahlung wegen des Alters bewirkt. Sie hat einen Betrieb übernommen, in dem Arbeitnehmer beschäftigt wurden, auf die ein diskriminierendes System angewandt wurde, und sie hat die Anwendung dieses Systems dann fortgesetzt. Wer eine gleichheitswidrige Vereinbarung schließt oder übernimmt, kann einem Anspruch auf Gleichbehandlung nicht entgegensetzen, er könne nun rückwirkend (bzw. bezogen auf die Zukunft) die bessere Behandlung eines Teils der Arbeitnehmer nicht beseitigen und daher sei ihm die Einbeziehung der wegen ihres Alters ungünstiger behandelten Arbeitnehmer in die begünstigende Regelung nicht zumutbar.

(3) Durch die Verpflichtung, der Klägerin die Grundvergütung nach der höchsten Lebensaltersstufe ihrer Vergütungsgruppe zu zahlen, wird die Beklagte auch in keiner Weise in ihrer durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützten negativen Koalitionsfreiheit verletzt. Der Beklagten stand und steht es weiter frei, einer Koalition fernzubleiben. Auch ein bloß tatsächlicher Druck, gegebenenfalls einem Arbeitgeberverband beizutreten, um ein im Rahmen des Betriebsübergangs geltendes tarifliches Entgeltsystem abzulösen, würde im Übrigen keinen unzulässigen Eingriff in die negative Koalitionsfreiheit darstellen (vgl. auch LAG Berlin-Brandenburg 29. November 2012– 25 Sa 1146/12 – Juris-Rn. 47 mwN).

d) Finanzielle Belange der Beklagten hindern eine Anpassung „nach oben“ nicht. Selbst wenn die Anpassung zu einer erheblichen finanziellen Belastung der Beklagten führen sollte, steht dies dem Anspruch der Klägerin nicht entgegen. Eine Anpassung „nach oben“, die zu einer nachhaltigen Erweiterung des Dotierungs- oder Kostenrahmens führt, kann insbesondere dann vorliegen, wenn eine benachteiligte Gruppe von Arbeitnehmern groß und der Kreis der gleichheitswidrig Begünstigten klein ist. Auch in diesem Fall steht aber den gleichheitswidrig ausgeschlossenen Arbeitnehmern für die Vergangenheit grundsätzlich die ihnen vorenthaltene Leistung zu, wenn nur auf diesem Weg dem Gleichheitssatz Rechnung getragen werden kann (vgl. BAG 10. November 2011 – 6 AZR 148/09 – Rn. 34 mwN, NZA 2012, 161). Im Übrigen hat die Beklagte auch unverhältnismäßige Mehrkosten nicht substantiiert dargelegt. Es fehlt bereits an einem konkreten Vortrag, welchen Anteil die Mehrkosten im Verhältnis zu ihren Personalkosten insgesamt und zu ihren sonstigen Verbindlichkeiten ausmachen, so dass sich der Grad der Erheblichkeit nicht bestimmen lässt.

e) Die Beklagte kann sich auch nicht auf Vertrauensschutz berufen. Bereits bei der Übernahme des Betriebes am 16. Oktober 2006 war das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz in Kraft, das Dauerschuldverhältnisse und damit auch Arbeitsverhältnisse nicht ausnimmt. Gemäß § 1 AGG ist ua. Ziel dieses Gesetzes, Benachteiligungen aus Gründen des Alters nicht nur zu verhindern, sondern auch zu beseitigen. Der BAT/BAT-O und der Vergütungstarifvertrag Nr. 35 zum BAT/Vergütungstarifvertrag Nr. 7 zum BAT-O waren für den Bereich des Bundes bereits mit Wirkung vom 1. Oktober 2005 durch andere tarifliche Regelungen ersetzt worden. Für den Bereich der TdL war dies kurze Zeit nach dem Inkrafttreten des AGG ab dem 1. November 2006 der Fall. Im Schrifttum wurde nicht nur vereinzelt die Auffassung vertreten, die Bemessung der Grundvergütung in den Vergütungsgruppen des BAT verstoße gegen das Diskriminierungsverbot wegen des Alters (vgl. Schleusener/Suckow/Voigt AGG/Schleusener 3. Aufl. § 7 Rn. 53 mwN) (vgl. insgesamt BAG 10. November 2011 – 6 AZR 148/09 – Rn. 36 mwN, NZA 2012, 161). Ein Vertrauen der Beklagten bei der Übernahme des Betriebes am 16. Oktober 2006 ist daher nicht schützenswert. Die Beklagte musste bereits bei der Betriebsübernahme damit rechnen, dass das in dem Betrieb angewandte Vergütungssystem, welches statisch weiter anzuwenden war, altersdiskriminierend war (vgl. auch LAG Berlin-Brandenburg 29. November 2012 – 25 Sa 1146/12 – Juris-Rn. 50).

2. Da die Beklagte die Grundvergütung der Klägerin für die streitgegenständlichen Monate nach der Lebensalterstufe 39 bzw. 41 der Vergütungsgruppe Vb BAT auf der Grundlage des Vergütungstarifvertrages Nr. 35 gezahlt hat, kann die Klägerin den Differenzbetrag zu der Grundvergütung nach der Lebensalterstufe 45 der Vergütungsgruppe Vb BAT von der Beklagten beanspruchen. Die Klägerin hat diese Beträge zutreffend auf der Grundlage des Vergütungstarifvertrages Nr. 35 errechnet. Die Höhe und Berechnung der Klageforderung ist zwischen den Parteien auch nicht in Streit. Für die Monate Juni 2008 bis März 2009 ergibt sich daher ein Betrag in Höhe von insgesamt 826,40 Euro brutto, nämlich für die Monate Juni 2008 bis August 2008 in Höhe von monatlich 126,14 Euro brutto, für die Monate September 2008 bis Januar 2009 in Höhe von monatlich 65,16 Euro brutto und für die Monate Februar 2009 bis März 2009 in Höhe von 61,09 Euro brutto.

3. Die Klägerin hat ihre Ansprüche mit Schreiben vom 19. Dezember 2009 gemäß § 70 BAT/BAT-O innerhalb der Ausschlussfrist geltend gemacht.

4. Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 286 Abs. 2 Nr. 1, 288 Abs. 1 BGB. Die Beklagte befand sich im Verzug. Gemäß § 36 Abs. 1 Satz 1 BAT-O ist die Vergütung am letzten Tag für den laufenden Monat zu zahlen. Das für die begehrten Verzugszinsen nach § 286 BGB erforderliche Verschulden der Beklagten ergibt sich daraus, dass diese trotz Fälligkeit nicht geleistet hat. Die Beklagte mag davon ausgegangen sein, dass sie aufgrund der Bestimmungen im BAT-O nicht zu einer höheren Leistung verpflichtet gewesen war. Dies lässt jedoch das Verschulden nicht entfallen. Insoweit liegt kein unverschuldeter Rechtsirrtum vor, die Beklagte musste es aufgrund der Umstände für möglich halten, dass ein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot vorliegt (vgl. zum Verschulden auch BAG 18. März 2010 – 6 AZR 156/09 – Rn. 59, BAGE 133, 354). Der in § 15 Abs. 3 AGG geregelte Verschuldensmaßstab ist hier nicht maßgeblich. Diese Vorschrift ist auf den streitgegenständlichen Anspruch nicht anwendbar. § 15 Abs. 3 AGG bezieht sich auf Schadensersatzansprüche und begrenzt nur Ansprüche auf Entschädigungsleistung. Zur Beseitigung einer Diskriminierung durch eine den Diskriminierungsverboten genügende Regelung verhält sie sich nicht (BAG 10. November 2011 – 6 AZR 148/09 – Rn. 38, NZA 2012, 161 mit Verweis auf Löwisch DB 2006, 1729, 1731; ErfK/Schlachter 11. Aufl. § 7 AGG Rn. 6; vgl. auch LAG Hessen 6. Januar 2010 – 2 Sa 1121/09 – Juris-Rn. 65f.).

III. Die mit Schriftsatz vom 28. Dezember 2012 erfolgte Anschlussberufung der Klägerin ist unzulässig.

1. Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 28. Dezember 2012 ihre Klage gemäß § 533 ZPO erweitert, in dem sie für die Monate April 2009 bis Dezember 2009 ebenfalls Vergütungsdifferenzen mit der Begründung geltend machte, die Beklagte sei verpflichtet, ihr eine Grundvergütung nach der Lebensaltersstufe 45 ihrer Vergütungsgruppe Vb BAT zu zahlen. Da ein Vergütungsanspruch voraussetzt, dass eine Arbeitsleistung erbracht wurde, oder ein Tatbestand vorliegt, in dem ein Vergütungsanspruch auch ohne Arbeitsleistung begründet wird, hat die Klägerin nicht nur ihren Zahlungsantrag quantitativ erhöht, sondern auch weitere Lebenssachverhalte eingeführt, so dass hier keiner der in § 264 ZPO geregelten Fälle gegeben ist. Letztlich kommt es aber vorliegend nicht darauf an, ob es sich bei dem Antrag aus dem Schriftsatz vom 28. Dezember 2012 um eine Klageerweiterung in Form einer Klageänderung iSd. § 533 ZPO handelt oder ob ein Fall des § 264 Nr. 2 ZPO vorliegt. Denn eine Partei kann eine Abänderung des erstinstanzlichen Urteils zu ihren Gunsten nur im Wege eines zulässigen Rechtsmittels erreichen. Wenn der Kläger/die Klägerin, der/die erstinstanzlich voll obsiegt hat, zweitinstanzlich über den tenorierten Betrag hinausgehend Zahlungen von der Beklagtenseite verlangt, setzt dies sowohl im Fall der Klageerweiterung nach § 533 ZPO als auch im Fall des § 264 Nr. 2 ZPO eine zulässige Anschlussberufung voraus (vgl. BAG 24. Mai 2012 – 2 AZR 124/11 – Rn. 11, DB 2012, 2402; BGH 12. März 2009 – VII ZR 26706 – Rn. 22, NJW 2009, 1870; OLG Frankfurt 15. April 2010 – 6 U 131/03 – Juris-Rn. 64). Es kommt dagegen nicht darauf an, ob bei der Prüfung der erstmals in der zweiten Instanz geltend gemachten Ansprüche dieselben Rechtsfragen zu prüfen sind, oder ob es dem Gegner zumutbar ist, sich auf die neuen Ansprüche einzulassen.

2. Das von der Klägerin mit Schriftsatz vom 28. Dezember 2012 verfolgte Zahlungsbegehren ist unter Berücksichtigung der vorstehenden Erwägungen als Anschlussberufung zu behandeln. Hierfür bedarf es keiner ausdrücklichen Bezeichnung als Anschlussberufung (BAG 24. Mai 2012 – 2 AZR 124/11 – Rn. 11, DB 2012, 2402; 28. Juni 2011 - 3 AZR 282/09 - Rn. 20, EzA BetrAVG § 16 Nr. 59; 30. Mai 2006 - 1 AZR 111/05 - Rn. 42, BAGE 118, 211). Es genügt, dass schriftsätzlich klar und deutlich der Wille zum Ausdruck gebracht wird, eine Änderung des vorinstanzlichen Urteils auch als Rechtsmittelbeklagte zu erreichen. Dazu reicht es, dass die Rechtsmittelbeklagte die Klage - wie im Streitfall mit Schriftsatz vom 28. Dezember 2012 geschehen – um weitere Zahlungsansprüche erweitert. Einer Beschwer bedarf es für die Anschlussberufung grundsätzlich nicht (vgl. BAG 24. Mai 2012 – 2 AZR 124/11 – Rn. 11, aaO, BAG 10. Februar 2009 - 3 AZR 728/07 - Rn. 11, AE 2009, 331).

3. Die Anschlussberufung ist unzulässig. Denn sie ist nicht innerhalb der Frist des § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO iVm. § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG eingelegt worden.

a) Nach § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO iVm. § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG ist eine Anschlussberufung zulässig bis zum Ablauf der dem Berufungsbeklagten gesetzten Frist zur Berufungserwiderung. Im arbeitsgerichtlichen Verfahren wird zwar - anders als nach § 521 Abs. 2 Satz 1 ZPO - dem Berufungsbeklagten vom Gericht keine Frist zur Berufungserwiderung „gesetzt“; vielmehr gilt für die Berufungsbeantwortung die durch § 66 Abs. 1 Satz 3 ArbGG bestimmte gesetzliche Frist von einem Monat. Gleichwohl ist § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO gemäß § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG im Berufungsverfahren vor den Landesarbeitsgerichten entsprechend anwendbar. Eine Anschlussberufung, die nicht innerhalb eines Monats nach Zustellung der Berufungsbegründung - bei Verlängerung der Berufungsbeantwortungsfrist nach § 66 Abs. 1 Satz 5 ArbGG innerhalb der dann geltenden Frist - eingeht, ist entsprechend § 522 Abs. 1 ZPO als unzulässig zu verwerfen (BAG 24. Mai 2012 – 2 AZR 124/11 – Rn. 12, DB 2012, 24029).

b) Danach war die Anschlussberufung der Klägerin verspätet. Denn dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin wurde die Berufungsbegründung mit Belehrung nach § 66 Abs. 1 Satz 3 ArbGG am 16. August 2012 zugestellt. Die Anschlussberufung ging nicht innerhalb der Frist für die Berufungsbeantwortung, die nach Verlängerung am 17. Oktober 2012 ablief, beim Landesarbeitsgericht ein, sondern erst am 28. Dezember 2012.

c) Es liegt hier auch kein Fall des § 524 Abs. 2 Satz 3 ZPO vor. Denn die Klägerin hat mit ihrem Schriftsatz vom 28. Dezember 2012 nicht künftig fällig werdende wiederkehrende Leistungen (§ 323 ZPO) eingeklagt.

4. Eine rechtliche Grundlage für die beantragte Verweisung an das Arbeitsgericht besteht nicht. Es liegt hier auch kein in § 48 ArbGG geregelter Fall vor. Die Frage, in welcher Instanz ein Anspruch geltend zu machen ist, betrifft die funktionelle Zuständigkeit eines Gerichtes und nicht die sachliche Zuständigkeit oder die richtige Verfahrensart.

IV. Die Kostenentscheidung für die erste Instanz beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Kostenentscheidung für die zweite Instanz folgt aus § 64 Abs. 6 ArbGG iVm. §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO. Da sowohl die Berufung als auch die Anschlussberufung erfolglos blieben, waren die Kosten insoweit verhältnismäßig zu teilen.

V. Die Zulassung der Revision für die Beklagte beruht auf § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG. Die Zulassung der Revision für die Klägerin kam gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG nicht in Betracht. Es handelt sich insoweit um eine am Einzelfall orientierte Entscheidung ohne grundsätzliche rechtliche Bedeutung. Eine Divergenz zu anderen obergerichtlichen Entscheidungen ist nicht erkennbar.

[ Hinweis der Dokumentationsstelle: Der Berichtigungsbeschluss vom 21. März 2013 wurde in den Entscheidungstext eingearbeitet und lautet:

Beschluss vom 21. März 2013

I. Der Tenor des am 12. Februar 2013 verkündeten Urteils des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg – 3 Sa 1060/12, 3 Sa 1092/12 und 3 Sa 29/13 – wird berichtigt und unter Ziffer I. 2. wie folgt gefasst:

„Die Anschlussberufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Brandenburg an der Havel vom 25. April 2012 – 3 Ca 15/12 – wird als unzulässig verworfen.“

II. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I. Der Tenor zu I.2 des Urteils des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 12. Februar 2013 – 3 Sa 1060/12, 3 Sa 1092/12 und 3 Sa 29/13 - ist gemäß § 319 Abs. 1 ZPO zu berichtigen. Er enthält eine offenbare Unrichtigkeit. Bei der Abfassung des Tenors zu I.2. ist ein Formulierungsfehler unterlaufen. Der Wille der Kammer ging auch bei der Verkündung des Urteils dahin, die Anschlussberufung der Klägerin als unzulässig zu verwerfen. Das Gericht hatte auf die Unzulässigkeit der Anschlussberufung bereits mit Schreiben vom 7. Januar 2013 hingewiesen und in der Berufungsverhandlung auf diesen Hinweis Bezug genommen.

II. Gegen diesen Beschluss ist ein Rechtsmittel nicht gegeben. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach §§ 78, 72 Abs. 2 ArbGG liegen nicht vor.

III. Die Entscheidung ergeht gemäß §§ 128 Abs. 4 ZPO, 64 Abs.7, 53 Abs. 1 ArbGG ohne mündliche Verhandlung nach Anhörung der Parteien durch die Vorsitzende allein. ]