Gericht | VG Potsdam 11. Kammer | Entscheidungsdatum | 07.02.2013 | |
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Aktenzeichen | 11 L 928/12 | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 7 Abs 3 RdFunkZArbVtr BE/BB, § 80 VwGO, § 80a VwGO, § 123 VwGO |
1. Einstweilige Maßnahmen im Sinne des § 80a Abs. 1 Nr. 2, 2. Halbsatz, VwGO können nur getroffen werden, wenn (spätestens gleichzeitig) auch die aufschiebende Wirkung des Rechtsmittels angeordnet oder wiederhergestellt wird. Ein isolierter Antrag, der lediglich auf Vollziehungsschutzmaßnahmen und nicht auch auf die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Rechtsmittels zielt, ist nicht statthaft.
2. Zur Abgrenzung von einstweiliger Anordnung (§ 123) und Vollziehungsschutzmaßnahmen (§§ 80, 80a VwGO)
1. Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
2. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 2.500 EUR festgesetzt.
Der Antrag,
dem Antragsgegner im Wege des Beschlusses aufzugeben, die Beigeladene zu verpflichten, ihr Programm ab dem Tage der Ausstrahlung mindestens sechs Monate aufzubewahren,
hat bereits aus formellen Gründen keinen Erfolg.
Die von dem Antragsteller gewählte Antragsformulierung lässt offen, ob einstweiliger Rechtsschutz nach § 123 VwGO oder nach §§ 80, 80a VwGO nachgesucht werden sollte. In beiden denkbaren Auslegungen kann der Antrag jedoch keinen Erfolg haben.
Versteht man das Begehren des Antragstellers dahingehend, dass er erreichen wolle, dass das Verwaltungsgericht dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 VwGO aufgibt, die Beigeladene zu dem im Antrag bezeichneten Verhalten zu verpflichten, so ist der Antrag aufgrund der Vorrangklausel des § 123 Abs. 5 VwGO unstatthaft. Gemäß § 123 Abs. 5 VwGO scheidet der Erlass einer einstweiligen Anordnung aus, wenn und soweit einstweiliger Rechtsschutz nach den §§ 80, 80a VwGO in Betracht kommt. So liegt es hier. Der Antragsteller wendet sich im Hauptsacheverfahren VG 11 K 1110/12 gegen eine zugunsten der Beigeladenen ergangene Frequenzvergabeentscheidung; die aufschiebende Wirkung dieser Klage entfällt gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO in Verbindung mit § 7 Abs. 3 des Staatsvertrages über die Zusammenarbeit zwischen Berlin und Brandenburg im Bereich des Rundfunks vom 29. Februar 1992, zuletzt geändert durch den Vierten Staatsvertrag zur Änderung des Staatsvertrages über die Zusammenarbeit zwischen Berlin und Brandenburg im Bereich des Rundfunks vom 6./22. Januar 2009 (Medienstaatsvertrag – MStV). Damit ist der Anwendungsbereich der §§ 80, 80a VwGO grundsätzlich eröffnet. Für vorläufige Sicherungsmaßnahmen der hier in Rede stehenden Art besteht überdies mit § 80a Abs. 1 Nr. 2, 2. Halbsatz, VwGO eine spezielle Rechtsgrundlage. Die Anwendbarkeit des § 123 Abs. 1 bis 3 VwGO scheidet damit für die vorliegende Fallkonstellation aus (vgl. hierzu auch Kopp/Schenke, VwGO, 18. Auflage, § 80a Randnr. 14).
Versteht man das Begehren des Antragstellers dahingehend, dass er erreichen wolle, dass das Verwaltungsgericht dem Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Maßnahme gemäß § 80a Abs. 1 Nr. 2, 2. Halbsatz, VwGO aufgibt, die Beigeladene zu dem im Antrag bezeichneten Verhalten zu verpflichten, so ist der Antrag ebenfalls unstatthaft. Denn wie sich aus dem eindeutigen Wortlaut des § 80a Abs. 1 Nr. 2 VwGO – "(...) Vollziehung aussetzen und einstweilige Maßnahmen (...) treffen" – ergibt, kann das Verwaltungsgericht einstweilige Maßnahmen auf dieser Rechtsgrundlage erst dann und nur dann treffen, wenn es (spätestens) gleichzeitig auch die aufschiebende Wirkung des Rechtsmittels des Rechtsmittelführers anordnet; für eine isolierte Anordnung von einstweiligen Maßnahmen gemäß § 80a Abs. 1 Nr. 2, 2. Halbsatz, VwGO ohne die (spätestens gleichzeitige) Anordnung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 80a Abs. 1 Nr. 2, 1. Halbsatz, in Verbindung mit § 80a Abs. 3, § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO ist kein Raum (ebenso Kopp/Schenke a.a.O.). Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der zum Aktenzeichen VG 11 K 1110/12 erhobenen Klage des Antragstellers gegen die zugunsten der Beigeladenen ergangene Frequenzvergabeentscheidung des Antragsgegners kommt vorliegend jedoch schon deshalb nicht in Betracht, weil der Antragsteller dieses zu keinem Zeitpunkt beantragt hat. Auch bei großzügiger Handhabung der durch § 88 VwGO gewährten Auslegungsbefugnisse des Gerichts lässt sich in den einleitend wörtlich zitierten Antrag (aus dem Schriftsatz vom 17. Dezember 2012, vgl. Blatt 3 der Gerichtsakte VG 11 L 928/12 [Vorabfax] und Blatt 142 der Gerichtsakte VG 11 K 1110/12 [Original]) nicht hineinlesen, dass er auf die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gerichtet gewesen sein sollte. Auch in den weiteren Schriftsätzen des Antragstellers finden sich keine Formulierungen, die einer Auslegung als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage zugänglich wären. Als isolierter Antrag auf einstweilige Maßnahmen bleibt der Antrag mithin unstatthaft.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, dem Antragsteller auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen, weil sich die Beigeladene durch eigene Antragstellung in ein Kostentragungsrisiko begeben hat. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. §§ 52, 53 Abs. 3 GKG und entspricht der Hälfte des für ein (fiktives) Hauptsacheverfahren gleichen Rechtsschutzziels maßgeblichen Wertes; dieser wiederum entspricht – da hier allein Sicherungsmaßnahmen und nicht die Sendelizenz-Vergabeentscheidung als solche Verfahrensgegenstand sind – dem Auffangwert.