Gericht | VG Potsdam 8. Kammer | Entscheidungsdatum | 25.01.2012 | |
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Aktenzeichen | VG 8 L 766/11 | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 15 GKG, § 16 GKG, § 8 Abs 4 KAG, § 8 Abs 4a KAG BB, § 79 Abs 1 Nr 1 VwGO, § 80 Abs 5 VwGO |
1. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragsteller vom 18. August 2011 gegen den Anschlussbeitragsbescheid vom 22. Juli 2011 wird bis zum Erlass des Widerspruchsbescheides angeordnet.
Im Übrigen wird der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abgelehnt.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.
2. Der Wert des Verfahrensgegenstandes wird auf 297,67 Euro festgesetzt.
Der wörtlich gestellte Antrag,
die Aufhebung der Vollziehung des Bescheides des Antragsgegners vom 22. Juli 2011 anzuordnen (§ 80 Abs. 5 S. 3 VwGO),
hat in dem tenorierten Umfang Erfolg.
1.
Über die wörtliche Fassung des Antrags hinaus geht die Kammer davon aus, dass die Antragsteller zum einen die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs begehren, denn auf diesem Wege kann die nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO von Gesetzes wegen bestehende sofortige Vollziehbarkeit im gegenwärtigen Verfahrensstadium „aufgehoben“ werden. Zum anderen begehren sie akzessorisch hierzu eine Rückgängigmachung der Vollziehung nach „§ 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO“. Der unfreiwillig und unter dem Eindruck möglicher Vollstreckungsmaßnahmen entrichtete Beitrag steht einer Maßnahme der Verwaltungsvollstreckung insoweit gleich (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 17. Aufl. 2011, § 80 Rz. 179)
Hiervon ausgehend ist der Antrag nach § 80 Abs. 5 S. 1 VwGO zulässig, insbesondere ist die besondere Zulässigkeitsvoraussetzung nach § 80 Abs. 6 VwGO gegeben, nachdem der Antragsgegner mit Bescheid vom 25. August 2011 den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung zurückgewiesen hatte.
2.
Der Antrag ist teilweise begründet.
Nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO haben Widerspruch und Klage gegen Verwaltungsakte, mit denen öffentliche Abgaben oder Kosten angefordert werden, von Gesetzes wegen keine aufschiebende Wirkung. Das Gericht der Hauptsache kann in diesem Fall aber nach § 80 Abs. 5 VwGO auf Antrag ganz oder teilweise die aufschiebende Wirkung anordnen. Die hierbei durch das Gericht vorzunehmende Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des Gebührenbescheides und dem Interesse des Adressaten, von einer sofortigen Vollziehung verschont zu bleiben, hat am Maßstab des § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO zu erfolgen. Dieser Prüfungsmaßstab findet auf die gerichtliche Entscheidung nach § 80 Abs. 5 VwGO in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO entsprechende Anwendung. Danach soll eine Aussetzungsentscheidung der Behörde und entsprechend die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs durch das Verwaltungsgericht erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung des Bescheides für den Adressaten eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hat. Ernstliche Zweifel sind allerdings erst dann zu bejahen, wenn ein Erfolg des Rechtsbehelfs in der Hauptsache wahrscheinlicher erscheint als ein Misserfolg (vgl. auch OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 20. Mai 2009 - OVG 9 S 10.08 und OVG 9 S 45.08 -, zitiert nach juris).
Nach diesen Maßstäben bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beitragsbescheides vom 22. Juli 2011. Dieser ist rechtswidrig, da er ohne gesetzliche Grundlage von der durch den Antragsgegner bei der Beitragserhebung einbezogenen ... GmbH - ... GmbH - und nicht von dem Antragsgegner selbst erlassen wurde. Zwar ist der Bescheid formal dem Antragsgegner als zuständiger Behörde zuzurechnen, weil er im Kopf des Abgabenbescheids und in seiner Rechtsbehelfsbelehrung genannt wird (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 23. August 2011 - 9 C 2/11 -, Rdnr. 9, zitiert nach juris). Es bestehen aber bei summarischer Prüfung hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass es an einer hoheitlichen Entscheidung einer Behörde i. S. v. § 118 Satz 1 AO in Verbindung mit § 12 Abs. 1 Nr. 3 b) KAG fehlt. Der hoheitliche Charakter der Gebührenerhebung (vgl. hierzu z.B. VG Cottbus, Beschluss vom 17. Dezember 2010 - VG 6 L 55/10 -, Rdnr. 69, m.w.N., Urteil vom 8. Juni 2011 - 6 K 1033/09 -, Rdnr. 17; beide zitiert nach juris) verbietet zwar nicht die Einschaltung von unselbständigen privaten Verwaltungshelfern. Ein Verwaltungshelfer unterstützt die Verwaltungsbehörde bei der Durchführung bestimmter Verwaltungsaufgaben, wird aber - im Unterschied zum Beliehenen - nicht selbständig tätig, sondern nimmt lediglich Hilfstätigkeiten im Auftrag und nach Weisung der Behörde wahr. In Betracht kommen für den Bereich der Gebührenerhebung als Hilfstätigkeiten etwa technische Maßnahmen, die der Aufgabenträger selbst nicht durchführen kann (Messungen, Anfertigen von Luftbildern), oder Arbeitsprozesse, die mechanisch oder automatisiert ablaufen (beispielsweise der Druck und die Versendung von Schriftstücken). In diesem Sinne ermächtigen die Vorschriften des § 2 Abs. 3 der Verbandssatzung des Wasser- und Abwasserzweckverbands „Der Teltow“ – VS – und § 1 Abs. 2 seiner Entwässerungssatzung - EWS - in Übereinstimmung mit § 66 Abs. 1 Satz 1 BbgWG den Zweckverband, sich der Hilfe Dritter zu bedienen. Die Grenze der Verwaltungs- oder Erfüllungshilfe ist dagegen überschritten, wenn der Helfer eigenständig die vollständige Einzelveranlagung übernimmt, d. h. Daten ermittelt, Satzungsnormen anwendet, rechtliche Tatbestände prüft und Bescheide - wenn auch in fremden Namen - erlässt (vgl. OVG Weimar, Urteil vom 14. Dezember 2009 - 4 KO 482/09 -, Rn. 35 und Beschluss vom 19. Oktober 2009 - 4 EO 26/09 -, Rdnr. 26; OVG Schleswig, Urteil vom 15. März 2006 - 2 LB 9/05 -, Rdnr. 34, 36, alle zitiert nach juris).
So liegt es voraussichtlich hier, denn nach der vom Antragsgegner offengelegten Verwaltungspraxis der Abgabenerhebung will er im Jahr 2010 insgesamt 2.160 Bescheide über die Erhebung von Anschlussbeiträgen, Kostenerstattung für Schmutzwassergrundstücksanschlüsse sowie Verwaltungsgebühren für die Verplombung von Absetzmengenzählern erlassen haben, ferner im Rahmen der Jahresverbrauchsabrechnung rund 16.000 Bescheide über die Grund- und Mengengebühr für die Schmutzwasserbeseitigung. Nach Maßgabe solcher voraussichtlich im Jahr 2011 etwa gleichgebliebener Fallzahlen kann er nach natürlicher Betrachtungsweise die angefochtene abgabenrechtliche Festsetzung nicht in eigener Person hoheitlich verantwortet haben, zumal der Bescheid keine Unterschrift trägt und nach seinen Angaben maschinell erstellt worden ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. August 2011, a. a. O. Rn. 20).
Selbst wenn die ... GmbH nach dem mit dem WAZV „Der Teltow“ geschlossenen Betriebsführungsvertrag vom 22. März 2000 nach § 1 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit Anlage 2 unter den Stichworten „Kaufmännischer Betrieb“ und „Rechnungswesen“ lediglich zu den Bescheiderlass vorbereitenden und technisch ausführenden Verfahrenshandlungen befugt gewesen sein soll - obgleich hiergegen spricht, dass in der Anlage unter „Rechnungswesen“, 9. Spiegelstrich, ausdrücklich die Erstellung von Bescheiden für Beiträge und Kostenerstattungen ohne jegliche Einschränkung genannt wird - vermag dies nicht zu belegen, dass und wie der Verbandsvorsteher angesichts der sehr großen Anzahl von Ausgangsbescheiden tatsächlich jeweils eine eigene Einzelfallentscheidung getroffen haben kann. Denn faktisch kann er, der sein Amt nach § 14 Satz 2 VS nur ehrenamtlich versieht und über keine eigenen Bediensteten verfügt, bei dieser hohen Zahl die ihm vorgelegten Abgabenbescheide nicht mehr eigenständig verantworten, geschweige denn bearbeiten oder prüfen.
Diese Verwaltungspraxis verstößt zugleich auch gegen die durch das Gesetz über kommunale Gemeinschaftsarbeit im Land Brandenburg - GKG - und die durch die Verbandssatzung vorgesehene Kompetenzordnung. Der Verbandsvorsteher ist nach § 16 Abs. 6 Satz 1 GKG und § 14 Abs. 4 VS zur hoheitlichen Durchführung der Beschlüsse der Verbandsversammlung, der Erledigung der Geschäfte der laufenden Verwaltung und subsidiär zu Entscheidungen über alle Angelegenheiten des Zweckverbandes berufen. Hierzu gehört die Erhebung der Kommunalabgaben nach § 19 Abs. 3 Satz 1 GKG nach Maßgabe des eigenen Satzungsrechts. Diese umfassende Stellung wird durch seine gerichtliche und außergerichtliche Alleinvertretungsbefugnis nach § 14 Abs. 5 VS und § 16 Abs. 6 Satz 1 GKG flankiert. Damit ist eine faktisch umfassende Geschäftsführung durch die Betriebs führende ... GmbH nicht vereinbar.
3.
Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs ist jedoch lediglich bis zum Erlass des Widerspruchsbescheides anzuordnen, da der Mangel des Ausgangsbescheides durch den Widerspruchsbescheid geheilt werden kann. Angesichts der verhältnismäßig kleinen Zahl von 50 Widerspruchsentscheidungen im Jahr 2010 kann der Antragsgegner voraussichtlich auch in eigener Person über den von den Antragstellern eingelegten Widerspruch befinden. Durch die Gestalt gebende Wirkung des Widerspruchsbescheides (vgl. § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) kann der oben dargestellte Mangel des angefochtenen Beitragsbescheides geheilt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. August 2011, a. a. O.). Eine Beschränkung des Überprüfungsrechts und der Entscheidungskompetenz der Widerspruchsbehörde sieht das Brandenburgische Landesrecht - anders als das Thüringische Landesrecht (vgl. hierzu OVG Weimar, Urteil vom 14. Dezember 2009, a. a. O.; BVerwG, a. a. O., Rdnr. 21) - nicht vor, so dass auch insofern eine Heilung möglich ist. Kann die hoheitliche Entscheidung aber in Kürze mit Wirkung für den Ausgangsbescheid nachgeholt werden, schließt dies eine Rückgängigmachung der Vollzugsfolgen nach § 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO unter verfahrensökonomischen Gründen aus.
4.
Die Beschränkung der tenorierten Anordnung der aufschiebenden Wirkung bis zum Erlass des Widerspruchsbescheides ist auch deswegen gerechtfertigt, weil an der Rechtmäßigkeit des Bescheides abgesehen von dem unter 2. dargestellten Gesichtspunkt bislang keine ernstlichen Zweifel bestehen.
a) Entgegen der Ansicht der Antragsteller nimmt der Wasser- und Abwasserzweckverband „Der Teltow“ in rechtswirksamer Form die Aufgabe der Abwasserentsorgung nach § 66 Abs. 1 BbgWG in Verbindung mit § 1 Abs. 1 S. 1 GKG für die Stadt Teltow und andere Kommunen wahr und ist insoweit auch handlungsbefugt. Die pflichtige Selbstverwaltungsaufgabe ist wirksam auf den Zweckverband übertragen worden. Dies ergibt sich aus dem Stabilisierungsbescheid des Landkreises Teltow-Fläming vom 30. Juli 1999 (bekanntgemacht im Amtsblatt für den Landkreis Potsdam-Mittelmark vom 27. August 1999, Nr. 8, Seite 29) und die dadurch geheilte Fassung der Gründungssatzung des Zweckverbands, welche am 5. Dezember 1992 in Kraft getreten ist. Der Stabilisierungsbescheid bindet nach § 14 Abs. 1 des Gesetzes zur rechtlichen Stabilisierung der Zweckverbände für Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung vom 6. Juli 1998 (GVBl. I, S. 162) die Verwaltung und Verwaltungsgerichte durch seine tatbestandliche Wirkung (vgl. OVG Frankfurt (Oder), Urteil vom 8. Juni 2000 - 2 D 29/98.NE -, zit. nach juris). Nach § 2 Abs. 1 b) der Gründungssatzung hat der Zweckverband im Gebiet seiner Mitgliedsgemeinden, zu denen nach § 1 Abs. 1 auch die Stadt Teltow gehört, die schadlose Abwasserableitung und -behandlung übernommen.
b) Der Vortrag der Antragsteller, die Verbandssatzung vom 9. Juni 2004 in der Fassung der beim Erlass der angefochtenen Abgabensatzung geltenden 3. Änderungssatzung vom 11. März 2009 sei nichtig, weil die Aufgabe der Ausführung der von der Verbandsversammlung gefassten Beschlüsse nicht dem Verbandsvorstand zuge-wiesen sei, überzeugt ebenfalls nicht. Der Verbandsvorstand (§ 12 VS) hat einen enumerativ festgelegten Kreis von vorbereitenden (§ 13 Abs. 1 VS) und von fiskalischen Aufgaben (§ 13 Abs. 2 VS). Hingegen hat der Verbandsvorsteher nach § 14 Abs. 4 Satz 1 VS in Übereinstimmung mit § 16 Abs. 6 Satz 1 GKG die Beschlüsse der Verbandsversammlung auszuführen. Diese ihm gesetzlich zur Erledigung zugewiesene Aufgabe darf nach § 16a Abs. 3 Satz 3 GKG nicht auf den Verbandsvorstand übertragen werden. Auch der in diesem Zusammenhang geäußerte Zweifel an der ordnungsgemäßen Besetzung des Verbandsvorstands vermag - ungeachtet der Frage, ob sich ein Fehler auf dieser Ebene überhaupt auf die Rechtmäßigkeit der Beitragssatzung auswirken kann -, nicht durchzugreifen. Die Zusammensetzung des Verbandsvorstands bemisst sich nach § 12 Abs. 1 VS und bleibt nach Anzahl und Personenkreis im Rahmen des § 16a Abs. 2 GKG.
Die ebenfalls gerügte Mitwirkung von Mitarbeitern der ... GmbH in der Verbandsversammlung (gemeint wohl als stimmberechtigte Vertreter der Verbandsmitglieder) stellt sich gleichermaßen als rechtlich unbedenklich dar. Es kann der insofern einschlägigen Vorschrift des § 15 GKG, welche anderen Rechtsquellen infolge der spezialgesetzlichen Ausgestaltung der Aufgaben und Zusammensetzung der Verbandsversammlung vorgeht, kein Mitwirkungsverbot oder eine Inkompatibilität dieser Art entnommen werden.
c) Die nur pauschal erhobene Rüge des nicht ordnungsgemäßen Erlasses der zu Grunde liegenden Beitrags-, Kostenerstattungs- und Gebührensatzung - BKGS - vermag nach Durchsicht der vorgelegten Errichtungsunterlagen nicht zu überzeugen. Die Satzung und der zugehörige Beitragssatz sind auf der Verbandsversammlung vom 9. September 2009 ordnungsgemäß beschlossen und anschließend bekannt gemacht worden. Der Vorsitzende der Verbandsversammlung hat die Verbandsversammlung hierzu unter Einhaltung der Ladungsfrist von zwei Wochen mit Schreiben vom 24. August 2009 nach § 7 Abs. 2 Satz 2 VS einberufen. Die Sitzung wurde zugleich gemäß § 19 Abs. 3 VS durch die vorgeschriebenen 4 Aushänge in den Gemeinden Kleinmachnow, Stahnsdorf, Nuthetal und der Stadt Teltow an den bestimmten Stellen fristgerecht bekannt gemacht.
Die Sitzung vom 9. September 2009 selbst fand gemäß § 8 Abs. 3 VS ausweislich der protokollierten Beschlussfassungen öffentlich statt. Die Beschlussfähigkeit nach § 8 Abs. 1 i. V. m. § 5 Abs. 4 VS war nach der Niederschrift zur Verbandsversammlung zu TOP 1, TOP 15 und 18 gegeben. Danach waren 12 Vertreter der vier Verbandsgemeinden bei den jeweiligen Beschlussfassungen anwesend. Da sich die Stimmenzahl der vier Verbandsmitglieder nach § 5 Abs. 4 VS auf insgesamt 17 Stimmen beläuft und das Abstimmungsergebnis in der Niederschrift zur Verbandssitzung dokumentiert ist, hat die Kammer auch an der Beschlussfähigkeit sowie der angegebenen einstimmigen Beschlussfassung keine Zweifel. Hierbei wurde die nach § 9 Abs. 3 i. V. m. § 6 Abs. 2 Nr. 9 VS erforderliche 2/3-Mehrheit erreicht.
Sodann wurde tags darauf die Abgabensatzung vom Verbandsvorsteher ausgefertigt und die Bekanntmachung nach § 3 Abs. 3 Satz 1 BbgKVerf in Verbindung mit § 8 Abs. 1 GKG verfügt. Die Bekanntmachung der Satzung erfolgte gemäß § 19 Abs. 2 VS im Amtsblatt für den Wasser- und Abwasserzweckverband „Der Teltow“ Nr. 1 vom 21. September 2009, Seite 26. Zugleich wurde die Beschlussfassung auch nach §§ 9 Abs. 4, 19 Abs. 3 VS bekannt gemacht.
d) Die Kammer kann bei summarischer Prüfung ferner nicht erkennen, dass der Verband sein nach § 8 Abs. 4a KAG eingeräumtes Ermessen zur Höhe des Beitragssatzes bezüglich der alt angeschlossenen Grundstücke fehlerhaft ausgeübt hätte. Nach § 8 Abs. 4a Satz 2 KAG kann die Satzung vorsehen, dass für Grundstücke, die am 3. Oktober 1990 bereits bebaut und an eine leitungsgebundene Einrichtung oder Anlage tatsächlich angeschlossen oder anschließbar waren, der Anteil des Aufwandes für die erstmalige Herstellung oder Anschaffung unberücksichtigt bleibt, der ausschließlich auf die Schaffung eines Anschlusses oder einer Anschlussmöglichkeit für Grundstücke entfällt, die am 3. Oktober 1990 nicht tatsächlich angeschlossen oder anschließbar waren. Die Forderung der Antragsteller, dieses Ermessen müsse vom Zweckverband unter Angabe einer ausführlichen Begründung und Bewertung der (aus ihrer Sicht nicht gegebenen) Vorteilslage der alt angeschlossenen Grundstücke beim Satzungserlass betätigt werden, teilt die Kammer nicht. Auch ungeachtet des Umstands, dass ausweislich der Niederschrift zur Verbandsversammlung am 9. September unter TOP 15 die Erhebung eines einheitlichen Beitragssatzes durchaus thematisiert und mit einer Gleichbehandlung aller betroffenen Grundstückseigentümer gerechtfertigt worden ist, vermag die Kammer angesichts der Gesetzessystematik des § 8 Abs. 4 und 6 KAG grundsätzlich keinen Begründungszwang zu erkennen. Im Grundsatz sind nämlich die Beiträge nicht nur gemäß § 8 Abs. 6 Satz 1 gleichmäßig nach den durch die öffentliche Anlage vermittelten wirtschaftlichen Vorteilen zu bemessen, sondern schon im Rahmen der Aufwandsermittlung (einer Globalkalkulation) nach § 8 Abs. 4 Satz 2 KAG stellt sich der Aufwand als ein grundsätzlich einheitlicher und gleichmäßig umzulegender Gesamtposten dar. Mithin ist die Gleichbehandlung aller beitragspflichtigen Grundstücke bzw. Grundstückseigentümer auch bezüglich des umzulegenden Aufwandes der Regelfall einer beitragsrechtlichen Satzung und daher nicht weiter begründungsbedürftig. Hierfür spricht auch die Genese des § 8 Abs. 4a KAG, der erst durch das Vierte Gesetz zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes für das Land Brandenburg vom 27. Mai 2009 (GVBl. I S. 160) als satzungsgeberische Gestaltungsoption eingefügt worden ist. Nach dem erkennbaren gesetzgeberischen Willen ermöglicht sie erstmals privilegierende Abweichungen von dem Grundsatz der gleichmäßigen Heranziehung aller beitragspflichtigen Grundstücke im brandenburgischen Kommunalabgabenrecht (vgl. Drs. 4/7225, S. 6, 10). Im Übrigen ist der Satzungserlass kein Verwaltungsakt und unterfällt daher nicht dem Anwendungsbereich der §§ 39 Abs. 1 Satz 3, 40 VwVfG in Verbindung mit § 1 Abs. 1 VwVfGBbg.
Aber nicht nur der Satzungserlass selbst, sondern auch der Bescheiderlass unterlag keinem so weitgehenden Begründungserfordernis nach § 12 Abs. 1 Nr. 3 b) KAG i. V. m. § 121 Abs. 1 AO. Der Abgabenbescheid ist nämlich nur insoweit zu begründen, als es um die für die Festsetzung der Abgabe erheblichen Bemessungsgrundlagen geht, umfasst aber nicht eine Rechtfertigung der zugrundeliegenden Satzungsregelungen. Die Antragsteller sind im Übrigen nach § 91 AO i. V. m. § 12 Abs. 1 Nr. 3 a) KAG mit Schreiben vom 7. April 2011 zu der beabsichtigten Beitragserhebung angehört worden.
e) Es besteht keine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Beitragserhebung wegen Verstoßes gegen den rechtsstaatlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes oder gegen das abgabenrechtliche Doppelveranlagungsverbot rechtswidrig wäre. Im Grundsatz ist davon auszugehen, dass eine Abgabenerhebung nach § 8 KAG nach Maßgabe der kommunalen Beitragssatzung nicht auf solche Sachverhalte beschränkt ist, die sich erst nach seinem In-Kraft-Treten ereignet haben. Der Dauertatbestand der Möglichkeit, eine öffentliche Einrichtung oder Anlage in Anspruch zu nehmen, besteht gleichermaßen für sog. Neuanschließer als auch für alt angeschlossene Grundstücke. Ein wirtschaftlicher Vorteil i. S. v. § 8 Abs. 2 KAG ist in beiden Fällen dauerhaft gegeben. Deshalb können und müssen Anschlussbeiträge auch für alt angeschlossene Grundstücke erhoben werden, die vor Geltung des kommunalen Abgabengesetzes vor der Wiederherstellung der Einheit Deutschlands und vor der Wiedereinführung einer Kommunalverfassung in der früheren DDR an die zentrale Abwasserentsorgungsanlage angeschlossen worden sind. In diesem Zusammenhang ist ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass der Anschlussbeitrag gerade nicht nur für die bloße Anschlussmöglichkeit an die zentrale Abwasserentsorgungsanlage im Bereich des betreffenden Grundstücks gezahlt wird, sondern als Gegenleistung für den wirtschaftlichen Vorteil, den das Grundstück von der Anlage insgesamt hat. Entsprechend müssen deren Herstellungskosten insgesamt gedeckt werden (so OVG Frankfurt [Oder], Urteil vom 5. Dezember 2001 - 2 A 611/00 -, Mitt. Städte- und Gemeindebund Brandenburg 2002, Seite 126, 128 ff.; Urteil vom 3. Dezember 2003 - 2 A 733/03 -; zit. nach juris). Einer Beitragserhebung könnte danach allenfalls entgegenstehen, dass vom jeweiligen Grundstückseigentümer bereits in der Vergangenheit Leistungen erbracht worden sind, die vergleichbar mit einem Anschlussbeitrag der Deckung des Herstellungsaufwands der Einrichtung - bei identischer Einrichtung oder Anlage mit der früheren Versorgungseinrichtung - dienten und ebenfalls die Vorteilslage ganz oder teilweise abgelten sollten (vgl. OVG Frankfurt [Oder], Urteil vom 5. Dezember 2001, a. a. O., Seite 129).
Davon ausgehend lässt sich bislang nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit feststellen, dass die in den Jahren 1934/35 erfolgte Erschließung des Ortsteils Teltow-Seehof und die nachfolgenden vertraglich begründeten Zahlungsverpflichtungen der Deckung der Herstellungskosten einer identischen Entwässerungsanlage oder zur Abgeltung des wirtschaftlichen Vorteils, also einem gleichartigen Zweck zu dienen bestimmt gewesen sind. Nach dem Vorbringen der Antragsteller beruhte die Erschließung von Teltow-Seehof rechtlich auf dem Aufschließungsvertrag des Notars ... vom 16. Mai 1934 zwischen dem Bürgermeister von Teltow und Vertretern der Grundstückseigentümer als privaten Investoren. Strukturell grob vergleichbar mit einem städtebaulichen Erschließungsvertrag sah dieser Aufschließungsvertrag nach Angaben der Antragsteller unter § 2 die Verpflichtung der Stadt Teltow vor, die Bebauung von Grundstücken in Seehof zu genehmigen, verpflichtete aber die Investoren zugleich zu Straßenbauleistungen und zur Verlegung von Wasserversorgungs- und Abwasserentsorgungsleitungen. Ferner wurden die Kosten für die Erschließungs- und Aufschließungsarbeiten insgesamt kalkuliert und festgelegt sowie pauschal für jede Parzelle berechnet. Diese Kosten wurden in den nachfolgend zwischen den Parzellenerwerbern und dem Parzellierungsunternehmer geschlossenen Kaufverträgen an die Erwerber weitergegeben und von einer dafür gebildeten Baukasse vereinnahmt. Die Zahlung der Kosten in die Baukasse war Voraussetzung für das Baurecht, um auszuschließen, dass diese Erschließungskosten auch nur für ein einziges Grundstück nicht gezahlt wurden. Sie betrugen für Straßenhauptkanäle der Schmutz- und Regenwasserabführung 550 Reichsmark/ Goldmark.
Bei dieser Sachlage kann weder von einer räumlichen Identität des in den 30er Jahren erschlossenen Ortsteils Seehof mit dem nunmehr vielfach größeren Verbandsgebiet und seinen umfänglichen Erschließungsanlagen ausgegangen werden noch stellt sich die damals geleistete Zahlung als Abgeltung des wirtschaftlichen Vorteils dieser Grundstücke dar, die an die Abwasserentsorgung angeschlossen worden sind. Vielmehr trugen die Anlieger anteilig pauschalisiert die Kosten der Kanalisation, wobei offenkundig die Herstellung der jeweiligen Haus- und Grundstücksanschlüsse mit abgegolten wurde.
f) Soweit sich die Antragsteller darauf berufen, dass die Beitragsforderung der Festsetzungsverjährung unterliege, setzen sie sich nicht hinreichend mit der Entstehung der sachlichen Beitragspflicht nach § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG auseinander. Erst nach der Entstehung kann die Festsetzungsverjährungsfrist nach § 12 Abs. 1 Nr. 4 b) KAG in Verbindung mit §§ 169, 170 Abs. 1 AO zu laufen beginnen. Nach § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG entsteht die Beitragspflicht, sobald das Grundstück an die Einrichtung oder Anlage angeschlossen werden kann, frühestens jedoch mit dem Inkrafttreten der rechtswirksamen Satzung. Im Ausgangsbescheid stellte der Zweckverband darauf ab, dass die Beitragspflicht erstmalig mit Erlass der BKGS entstanden sei. Diese Behauptung ist im Eilverfahren hinzunehmen und bedarf weiterer Prüfung im Klageverfahren.
Anders wäre nur zu entscheiden, wenn schon der erste Satzungsversuch die sachliche Beitragspflicht zum Entstehen gebracht hätte. Dies hat das Oberverwaltungsgericht für das Land Brandenburg aber auch in dem von den Antragstellern Bezug genommenen Urteil vom 8. Juni 2000 (- 2 D 29/98.NE -, LKV 2001, 132 ff.) nicht behauptet. Vielmehr hat es entschieden, dass es für den Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflicht nach § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG alte Fassung maßgeblich auf das erste „In-Kraft-Setzen“ einer vermeintlich gültigen Satzung durch den jeweiligen Verband oder die jeweilige Gemeinde ankam. In der Folge hätte sich jede Beitragssatzung Rückwirkung auf diesen ersten Satzungsversuch beimessen müssen, um sogleich eine „juristische Sekunde“ später die Festsetzungsverjährung aller zu diesem Zeitpunkt begründeten Beitragspflichten herbeizuführen. Mit In-Kraft-Treten der neu gefassten Vorschrift des § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG zum 1. Februar 2004 hat sich die Rechtslage geändert. Nunmehr entsteht die Beitragspflicht frühestens mit dem Inkrafttreten der rechtswirksamen Satzung (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12. Dezember 2007 - OVG 9 B 44.06 -, zit. nach juris, Rz. 54), so dass eine Festsetzungsverjährung zu einem früheren Zeitpunkt ausgeschlossen ist.
g) Soweit die Antragsteller die Richtigkeit der Beitragskalkulation bezüglich der Erforderlichkeit der umlegbaren Kosten und unter den Gesichtspunkten des Äquivalenzprinzips bestreiten, bedürfen diese pauschal gebliebenen Einwände gegebenenfalls weiterer Aufklärung im Hauptsacheverfahren, vermögen aber nicht schon im vorliegenden Eilrechtschutzverfahren eine überwiegende Wahrscheinlichkeit des Obsiegens im Klageverfahren zu begründen. Gleiches gilt für den im Schriftsatz vom 16. Januar 2012 geäußerten Verdacht, der Verband habe nicht hinreichend zwischen den verschiedenen Gruppen bereits angeschlossener Grundstücke und ihren unterschiedlichen Vorteilslagen differenziert.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Eine Teilung der Kosten gemäß § 155 Abs. 1 S. 1 VwGO aufgrund des Umstandes, dass die Kammer die aufschiebende Wirkung nur bis zum Erlass des Widerspruchsbescheides anordnet, ist nicht angezeigt.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 und 3 GKG, wobei das Gericht den im Hauptsacheverfahren anzusetzenden streitigen Beitrag von 1.190,68 € im Hinblick auf die Vorläufigkeit des Verfahrens in Anlehnung an den Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ 2004, 1327, Ziff. 1.5) auf ein Viertel reduziert hat.