Gericht | VG Potsdam 11. Kammer | Entscheidungsdatum | 03.09.2014 | |
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Aktenzeichen | VG 11 KE 27/14 | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 15 Abs 2 RVG, § 16 Nr 5 RVG, § 80 Abs 5 VwGO, § 80 Abs 7 VwGO, § 91 ZPO |
Das Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO und das Verfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO bilden anwaltsvergütungsrechtlich dieselbe Angelegenheit (vgl. § 16 Nr. 5 RVG) mit der Folge, dass im Verfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO diejenigen Gebühren, die bereits im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO entstanden waren, ohne Anwaltswechsel gemäß § 15 Abs. 2 RVG gar nicht und bei Anwaltswechsel nur unter den einschränkenden Voraussetzungen des § 91 Abs. 2 Satz 2 ZPO gegen die Gegenpartei festgesetzt werden können.
Der Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 18. Juli 2014 wird geändert.
Der Kostenfestsetzungsantrag der Prozessbevollmächtigten der Antragsgegner vom 29. April 2014 wird abgelehnt.
Die Antragsgegner tragen die Kosten des Erinnerungsverfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden, als Gesamtschuldner.
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 18. Juli 2014, durch welchen die Urkundsbeamtin die von der Antragsstellerin an die Antragsgegner für das Verfahren VG 6 L 211/14.A zu erstattenden Kosten auf 492,54 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz festgesetzt hat, ist zulässig, insbesondere fristgerecht gestellt, und auch begründet.
Fehlsam hat die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem angefochtenen Beschluss die zu erstattenden Kosten so berechnet, als sei die Antragstellerin verpflichtet, auch diejenigen Kosten zu erstatten, die allein wegen des zwischen dem Verfahren nach § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) – VG 6 L 845/13.A – und dem Verfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO – VG 6 L 211/14.A – von den Antragsgegnern vorgenommenen Anwaltswechsels angefallen sind. Die Antragsgegner haben keinen Anspruch auf die Festsetzung von Kosten, die allein durch den von ihnen vorgenommenen Anwaltswechsel verursacht worden sind.
Nach § 162 Abs. 1 VwGO hat der unterlegene Prozessbeteiligte nur die notwendigen Aufwendungen zu erstatten. Die Kosten mehrerer Bevollmächtigter sind nach der über § 173 VwGO entsprechend anwendbaren Regelung in § 91 Abs. 2 Satz 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Bevollmächtigten nicht übersteigen oder als in der Person des Bevollmächtigten ein Wechsel eintreten musste (Olbertz in: Schoch/Schmidt-Assmann/Pietzner, VwGO, § 162 Rn. 53). Dies lässt sich auch aus dem Grundsatz der Verpflichtung zur Kosten sparenden Prozessführung herleiten, nach dem jeder Beteiligte die Kosten der Prozessführung so niedrig zu halten hat, wie sich dies mit der vollen Wahrung seiner berechtigten prozessualen Belange vereinbaren lässt. Als notwendig sind daher regelmäßig nur die Gebühren und Auslagen eines mit der Prozessvertretung beauftragten Rechtsanwalts oder sonstigen Bevollmächtigten anzusehen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 1. Februar 2011 – 2 S 102/11 –, juris, Randnr. 8 bis 10, m.w.N.).
Die Kosten mehrerer Bevollmächtigter wären demzufolge nur insoweit zu erstatten, wie sie die Kosten eines Bevollmächtigten nicht übersteigen oder zwingende Gründe für einen Bevollmächtigtenwechsel vorliegen. Hier sind jedoch gar keine, erst recht keine zwingenden Gründe für die Notwendigkeit eines Bevollmächtigtenwechsels vorgetragen worden. Auch wenn die neue Bevollmächtigte gegenüber den Antragsgegnern einen unverminderten Gebührenanspruch haben mag, wäre daher jedenfalls der Erstattungsanspruch gegenüber der Antragstellerin dahingehend beschränkt, dass die Kosten mehrerer Bevollmächtigter nur insoweit zu erstatten sind, als sie die Kosten eines Bevollmächtigten nicht übersteigen, denn es ist nicht vertretbar, die Gegenseite bei einem nicht notwendigen Wechsel des Bevollmächtigten mit den dadurch bedingten Kosten zu belasten.
Bei den hier geltend gemachten Kosten handelt es sich auch insgesamt um Kosten, die allein durch den Anwaltswechsel entstanden sind. Denn gemäß der ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung in § 16 Nr. 5 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) stellen das Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO und das Verfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO dieselbe Angelegenheit im Sinne des Rechtsanwaltsvergütungsrechts dar; gemäß § 15 Abs. 2 RVG darf ein Rechtsanwalt die Gebühren in derselben Angelegenheit nur einmal fordern. Sowohl die Verfahrensgebühr gemäß Ziffer 3100 des Vergütungsverzeichnisses zum RVG als auch die Post-/Telekom-Gebühr gemäß Ziffer 7002 des Vergütungsverzeichnisses zum RVG sind bereits im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO – VG 6 L 845/13.A – angefallen und könnten deshalb ohne den Anwaltswechsel in dem Verfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO – VG 6 L 211/14.A – nicht erneut gefordert werden; ihre Geltendmachung übersteigt damit die Höhe der Kosten, die ohne den Anwaltswechsel entstanden wären.
Aus dem Vorhandensein einer eigenständigen Kostengrundentscheidung für das Abänderungsverfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO folgt nichts Gegenteiliges. Diese Kostengrundentscheidung legitimiert die Geltendmachung von solchen Kosten, die erst und nur im Verfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO entstanden sind (bzw. auch ohne den Anwaltswechsel entstanden wären); je nach Fallkonstellation kommen beispielsweise bei Klaglosstellung die Erledigungsgebühr aus Ziffer 1003 des Vergütungsverzeichnisses oder bei Anberaumung eines Erörterungstermins die Terminsgebühr aus Ziffer 3104 des Vergütungsverzeichnisses oder ggf. auch Reisekosten aus Ziffern 7003 bis 7006 des Vergütungsverzeichnisses in Betracht. Sind aber, wie im vorliegenden Falle, im Verfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO keine weiteren anwaltlichen Kosten entstanden als diejenigen, die schon im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO entstanden waren und deren wiederholte Geltendmachung über §§ 16 Nr. 5, 15 Abs. 2 RVG gesperrt ist (bzw. ohne den Anwaltswechsel gesperrt wäre), geht die neue Kostengrundentscheidung insoweit ins Leere (ebenso schon [für die Konstellation des § 16 Nr. 11 RVG] VG Potsdam, Beschluss vom 31. Juli 2013 – VG 11 KE 28/13 –, nicht veröffentlicht).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO in Verbindung mit § 83b AsylVfG.