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Entscheidung 6 U 58/18


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 6. Zivilsenat Entscheidungsdatum 17.12.2019
Aktenzeichen 6 U 58/18 ECLI ECLI:DE:OLGBB:2019:1217.6U58.18.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 28. Februar 2018 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt (Oder) - 14 O 324/16 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung seitens der Beklagten durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I.

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Schadensersatz wegen der Unterbrechung des Stromanschlusses eines Grundstückes in Anspruch.

Das Grundstück „… Nr. …“ in F… war ursprünglich zum Zwecke der Stromversorgung über eine Stichleitung an das Netz der Beklagten angeschlossen, die nur dieses Grundstück versorgte. Diese Stichleitung führte als ca 800 m lange Freileitung mit 20 (überwiegend Holz-)Masten durch ein Waldstück zu dem Hausgrundstück. Am 30.09.2010 verstarb der letzte Bewohner des Grundstücks. Die Klägerin als seine Erbin trat mit dem Erbfall in die das Eigentum an dem Grundstück haltende Miteigentümergemeinschaft ein und unternahm in der Folge den Verkauf des leerstehenden Hausgrundstücks.

Am 08.03.2011 ließ die Beklagte durch ihre Mitarbeiter die Sperrung des Netzanschlusses und den Ausbau des Zählers vornehmen. Zugleich erfolgte die Demontage der am Haus befindlichen, leitungsführenden Holz- und Betonmasten. Im März 2014 wurden die Masten der Freileitung zurückgebaut.

Nachdem die Klägerin von dem Rückbau der Freileitungsmasten in 2014 erfahren hatte, forderte sie die Beklagte mehrfach zur Wiederherstellung der Stromanschlusses auf unter Hinweis darauf, dass potentielle Käufer angekündigt hatten, den vereinbarten Kaufpreis nur für ein an das Stromnetz angeschlossenes Grundstück zu zahlen. Die Beklagte kam dem nicht nach, sondern kündigte mit Schreiben vom 07.11.2014 den Netzanschlussvertrag zum Ablauf des 31.12.2014.

Am 02.03.2015 wurde ein Kaufvertrag über das Grundstück geschlossen; bis zu diesem Tag war das Grundstück nicht wieder an das Netz der Beklagten angeschlossen worden. In dem notariellen Kaufvertrag heißt es unter Ziff. 2, die Vertragsparteien hätten sich ursprünglich auf einen Kaufpreis in Höhe von 55.000 € geeinigt, der Kaufpreis habe sich aber auf 27.500 € verringert, weil der Energieversorger das Grundstück von der Stromversorgung getrennt habe und infolge dessen der Trinkwasserbrunnen versandet sei.

Die Klägerin, die innerhalb der Erbengemeinschaft zu ¾ an dem Kaufpreis berechtigt war, hat von der Beklagten Schadensersatz in Höhe von ¾ des Minderungsbetrages von 27.500 € verlangt, mithin in Höhe der Klageforderung von 20.625 €, sowie die Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten nach diesem Gegenstandswert.

Sie hat die Ansicht vertreten, die Sperrung des Netzanschlusses am 08.03.2011 sei unberechtigt erfolgt, die Voraussetzungen des § 24 Abs. 1 NAV hätten nicht vorgelegen. Insbesondere habe eine Gefahr für die Sicherheit von Personen nicht bestanden, denn die von der Beklagten zur Begründung angeführten Vandalismusschäden hätten nicht bestanden, vielmehr seien die Mitarbeiter der Beklagten zum Zwecke des Zählerausbaus widerrechtlich in das verschlossene Haus eingedrungen. Selbst wenn Vandalismusschäden vorgelegen hätten, hätten diese keine Gefahr für Dritte begründet, denn das Haus sei abgelegen, Kinder spielten dort nicht. Zudem habe es die Beklagte versäumt, sie, die Klägerin, vor dem Ausbau des Zählers zu kontaktieren, obwohl sie als Erbin jedenfalls ermittelbar gewesen sei. Noch im Jahr 2011 sei ihr auf Nachfrage mitgeteilt worden, die Stromversorgung könne trotz des Ausbaus des Zählers jederzeit wiederhergestellt werden. Im Jahr 2014 hätten Mitarbeiter der Beklagten ihr gegenüber die Wiederherstellung der Stromversorgung mündlich zugesagt.

Infolge der Unterbrechung des Stromanschlusses sei ihr ein Schaden in Höhe der Klageforderung entstanden. Die Erwerber des Grundstückes hätten den zunächst vereinbarten Kaufpreis in Höhe von 55.000 € auf 27.500 € reduziert, weil das Grundstück nicht an das Stromnetz angeschlossen gewesen und deshalb der Trinkwasserbrunnen versandet sei. Wäre im Jahr 2014 ein Stromanschluss vorhanden gewesen, wäre der Kaufvertrag mit den Erwerbern, die das Grundstück bereits seit dem Jahr 2012 zu gelegentlichen Aufenthalten nutzten, bereits im Jahr 2014 abgeschlossen worden. Die Erwerber hätten dann noch im Jahr 2014 Strom bezogen und den Trinkwasserbrunnen mit Strom versorgt, wodurch die bis dahin noch nicht eingetretene Versandung des Brunnens verhindert worden wäre.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 20.625 € zu zahlen zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.04.2015 und sie von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.171,67 € freizustellen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat behauptet, am 08.03.2011 habe ihr Mitarbeiter B… das Anwesen wegen des Sperrauftrages des zuständigen Grundversorgers aufgesucht. Sämtliche Fenster und Türen des Hauses hätten offen gestanden, das Objekt sei innen völlig verwahrlost und alles durcheinander gewesen. Zudem sei festgestellt worden, dass sämtliche Leiterseile der Freileitung bis auf wenige kurze Enden an den Mastabspannungen entwendet worden seien. An der elektrischen Anlage im Haus seien Zerstörungen und Beschädigungen festgestellt worden, zudem hätten spannungsführende Teile offen bzw. frei gelegen. Der Zähler sei deshalb wegen Gefahr in Verzug berechtigt ausgebaut worden, um Gefahren etwa von Kindern abzuwenden. Sie habe die Klägerin zuvor nicht von der beabsichtigten Sperrung informieren können, weil ihr diese nicht bekannt gewesen sei.

Im März 2014 sei anlässlich einer weiteren Begehung festgestellt worden, dass sich die Masten der Freileitung in einem so schlechten Zustand befunden hätten, dass sie vollständig hätten ersetzt werden müssen. Da das Grundstück zu diesem Zeitpunkt seit drei Jahren nicht mehr an die Stromversorgung angeschlossen gewesen sei, sei die Entfernung der Masten beschlossen worden. In der Folge sei berechtigt die Kündigung des Netzanschlussverhältnisses ausgesprochen worden, denn eine Wiederaufnahme der Versorgung hätte eine komplette Ersetzung der Freileitung erforderlich gemacht, was Kosten in Höhe von 24.230,14 € verursacht hätte, wie sich aus ihrer Kostenermittlung Anlage B 8 ergebe. Dies sei ihr aus wirtschaftlichen Gründen nicht zumutbar gewesen. Zudem wären jährlich Maßnahmen zur Freihaltung der Leitungen von Baumbewuchs zum Preis von ca 2.000 € angefallen. Diese Kosten stünden außer Verhältnis zu den durch sie zu vereinnahmenden jährlichen Netzentgelten aus dem Grundstück in Höhe von 242,73 € (Tagestarif) zzgl. 37,03 € (Nachttarif).

Der Klägerin stehe der geltend gemachte Schadensersatzanspruch auch deshalb nicht zu, weil sie das Grundstück seit dem Tod des Erblassers habe verwahrlosen lassen und damit die Ursache dafür gesetzt habe, dass die Beklagte im März 2011 den Netzanschluss und die Anschlussnutzung habe unterbrechen müssen. Die Klägerin habe es zudem versäumt, die elektrischen Leitungen im Haus nach dem Stand der Technik wiederherstellen zu lassen.

Die Versandung des Trinkwasserbrunnens sei nicht auf den Rückbau der Freileitungsmasten im Jahr 2014, sondern auf die berechtigt erfolgte Sperrung des Netzanschlusses im Jahr 2011 zurückzuführen.

Das Landgericht hat nach Beweisaufnahme durch Vernehmung der Zeugen B…, F… und H… die Klage abgewiesen.

Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, der Klägerin stehe ein Anspruch auf Schadensersatz nach §§ 280, 249, 1011 BGB iVm dem Netzvertrag nicht zu. Die Beklagte habe ihre Pflichten aus dem Netzvertrag nicht verletzt, denn sie habe den Netzanschluss nicht unberechtigt unterbrochen. Vielmehr stehe nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zur Überzeugung des Gerichts fest, dass von dem verwahrlosten Hausgrundstück und den offen liegenden Leitungen eine Gefahr für die Sicherheit von Personen ausgegangen sei. Auch der Rückbau der Strommasten im März 2014 sei geboten gewesen, nachdem die Stromversorgung bereits unterbrochen gewesen sei, Diebstahlschäden an der Freileitung bestanden hätten, die Holzmasten marode und zu ersetzen gewesen seien, die Stromversorgung über diese Freileitungsmasten nicht mehr dem Stand der Technik entsprochen und sich bis zur Entscheidung der Beklagten über den Rückbau auch kein Stromkunde bei der Beklagten gemeldet habe. Der Beklagten habe zudem ein Kündigungsrecht nach § 25 NAV und § 18 Abs. 1 EnWG zugestanden, denn ihr sei eine Wiederherstellung der Stromversorgung ohne entgeltliche Zusage neuer Anschlussnutzer nicht zuzumuten gewesen. Auch die Klägerin habe eine Übernahme dieser Kosten nicht zugesagt. Schließlich habe die Klägerin nicht beweisen können, dass die Beklagte ihr gegenüber vor Verkauf des Grundstücks die Wiederherstellung des Stromanschlusses verbindlich zugesagt habe.

Die Klägerin hat gegen das ihr am 07.03.2018 zugestellte Urteil mit am 05.04.2018 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit am 07.05.2018 eingegangenen Schriftsatz begründet.

Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihre erstinstanzlichen Anträge weiter. Sie vertritt weiter die Auffassung, bereits die Sperrung des Netzanschlusses im Jahr 2011 sei unberechtigt erfolgt, denn jedenfalls habe, auch wenn der von der Beklagten geschilderte Zustand bestanden haben sollte, angesichts der entlegenen Lage des Grundstücks keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit bestanden. Zudem sei ihr, der Klägerin als Anschlussnehmerin, eine Pflichtverletzung nicht vorzuhalten. Entsprechend müsse sie auch die Kosten der Wiederherstellung des Netzanschlusses nicht tragen, denn der Netzbetreiber habe für die durch Dritte verursachten Beschädigungen der Anschlussleitung aufzukommen. Auch der Rückbau der Freileitung vor der Kündigung des Vertrages sei unzulässig und nicht durch verkehrssicherungstechnische Gründe zu rechtfertigen gewesen, die nachfolgend ausgesprochene Kündigung des Netzanschlussvertrages zum Ende des Jahres 2014 sei unberechtigt erfolgt. Stattdessen sei die Beklagte im Jahr 2014 nach § 18 EnWG verpflichtet gewesen, das Grundstück unverzüglich an die Stromversorgung anzuschließen, nachdem sowohl sie selbst als auch die Erwerber des Grundstücks die Wiederaufnahme der Stromversorgung angemahnt hätten. Der Beklagten sei die Wiederherstellung der Stromversorgung ohne entgeltliche Zusage seitens der Anschlussnehmer auch zumutbar gewesen, denn sie hätte bei Wiederherstellung des Anschlusses und eines Strombezugs durch die Erwerber Entgelte vereinnahmt.

Die Abtrennung des Grundstücks von der Stromversorgung sei ursächlich geworden für die Versandung des Brunnens, denn dieser verfüge über eine elektrisch betriebene Tiefbrunnenpumpe oberhalb des Filterrohres. Infolge der Unterbrechung der Stromzufuhr sei die Pumpe über längere Zeit nicht genutzt worden, so dass sich immer mehr Sand im Filterbereich abgesetzt habe. Deshalb habe über das - zeitweilig verwendete - Notstromaggregat immer weniger Wasser gefördert werden können, bis schließlich nach dem Jahr 2014 der Brunnen vollständig versandet gewesen sei. Bei vorhandener Stromversorgung wäre die Brunnenanlage durch die Pumpe regelmäßig gespült worden.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung die Beklagte zu verurteilen, an sie 20.625 € zu zahlen zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.04.2015 und sie von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.171,67 € freizustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Die Beklagte vertritt weiter die Ansicht, es fehle bereits an einer für den Anspruch auf Schadensersatz konstitutiven Pflichtverletzung. Der Ausbau der Zähler sei infolge der nach Einvernahme der Zeugen bewiesenen Beschädigung und teilweisen Zerstörung der Kundenanlage berechtigt erfolgt. Sie sei angesichts des Zustands der Freileitungen und der bereits dreijährigen Unterbrechung der Stromversorgung auch zum Rückbau der Masten im Jahr 2014 berechtigt gewesen, dass die Kündigung erst danach erfolgt sei, sei irrelevant. Zu Recht habe das Landgericht schließlich die von ihr erklärte Kündigung als berechtigt erachtet, denn die Wiederherstellung der Leitung sei ihr wirtschaftlich nicht zumutbar, wobei es für diese Beurteilung auf die Wiederherstellungskosten und nicht darauf ankomme, ob die Erwerber des Grundstücks zukünftig Strom aus der Anlage beziehen wollten. Schließlich fehle es an einer Kausalität der Anschlussunterbrechung für die Versandung des Brunnens, dieser habe seine Ursache vielmehr darin, dass sich die Klägerin über mehrere Jahre nicht um die Aufrechterhaltung der Stromversorgung gekümmert habe.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung (§§ 511, 517, 519, 520 ZPO) ist unbegründet. Zu Recht hat das Landgericht die auf Schadensersatz wegen unterbrochenen Netzanschlusses gerichtete Klage abgewiesen.

Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Ersatz der bei dem Verkauf des streitgegenständlichen Grundstücks nach ihrer Behauptung erzielten Mindereinnahmen (§§ 280, 249 BGB) bereits dem Grunde nach nicht zu. Nach dem Ergebnis der vor dem Landgericht durchgeführten Beweisaufnahme ist eine Pflichtverletzung der Beklagten im Zusammenhang mit der Sperrung und dem Rückbau des Netzanschlusses bzw. der Kündigung des Netzanschlussvertrages nicht festzustellen.

1) Die Beklagte hat zunächst die ihr aus dem Netzanschlussvertrag (§ 2 NAV) bzw. dem Anschlussnutzungsverhältnis (§ 3 NAV) betreffend das streitgegenständliche Grundstück obliegenden Pflichten nicht dadurch verletzt, dass sie am 08.03.2011 den Netzanschluss unterbrochen und die Zähler zu dem Netzanschluss des streitgegenständlichen Grundstückes ausgebaut hat. Vielmehr war die Beklagte zu diesen Maßnahmen nach § 24 Abs. 1 Nr. 1 NAV berechtigt und aus Gründen ihrer Verkehrssicherungspflicht auch verpflichtet. Die Unterbrechung war geboten, um eine unmittelbare Gefahr für die Sicherheit von Personen abzuwenden und die Klägerin hatte den ihr nach den Vorschriften der NAV obliegenden Pflichten (§ 8 Abs. 1 S. 4 und 5 bzw. Abs. 2 NAV) zuwidergehandelt.

a) Die Unterbrechung des Netzanschlusses war zur Abwendung einer unmittelbaren Gefahr für die Sicherheit von Personen erforderlich, weil am 08.03.2011 die elektrischen Leitungen im Haus beschädigt waren, wobei auch die Klemmleiste am Zähler - ein spannungsführendes Teil - im unteren Bereich und die Scheibe des Zählers eingeschlagen waren. Dies steht fest nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme, in deren Rahmen der Zeuge B…, Mitarbeiter der Beklagten, bekundet hat, bei seiner Begehung des Hauses im März 2011 neben erheblichen Vandalismusschäden im Haus entsprechende Beschädigungen an der elektrischen Anlage wahrgenommen und vom zuständigen Meister den Auftrag zur Sperrung des Anschlusses erhalten zu haben. Die Berufung tritt diesen Feststellungen nicht entgegen. Der Senat ist nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO an diese Tatsachenfeststellung gebunden, denn es bestehen keine konkreten Anhaltspunkte, die Zweifel an deren Richtigkeit oder Vollständigkeit der erstinstanzlichen Feststellungen begründen würden und die aus der Sicht des Senats eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür bestehen ließen, dass im Fall der Beweiserhebung die erstinstanzlichen Feststellungen keinen Bestand haben werden (BGH, Beschluss vom 21. März 2018 - VII ZR 170/17Rn. 15 m.w.N.; zit. nach juris).

Beanstandungsfrei hat das Landgericht angenommen, dass sich aus diesem Zustand eine unmittelbare Gefahr für Personen ergeben hatte, die durch offenliegende Stromleitungen körperliche Schäden erleiden können. Zwar war das Haus im Jahr 2011 nicht bewohnt. Es kann aber nicht ausgeschlossen werden, dass es von Unbefugten hätte betreten werden können, die sich einer entsprechenden Gefahr - ggf. in Unkenntnis der Schäden an der Stromanlage - ausgesetzt hätten. Dass das Haus abgelegen liegt, schließt entgegen der Auffassung der Klägerin die durch die offenliegenden Stromleitungen begründete Gefahr nicht aus. Denn bereits aus dem Umstand, dass es in dem Haus - wohl durch unbekannte Dritte - zu erheblichen Vandalismusschäden gekommen ist, zeigt, dass es nicht so abgeschieden belegen ist, dass mit einem Erscheinen unbefugter Personen nicht zu rechnen wäre. Diese Gefahr berechtigte die Beklagte zur Unterbrechung des Netzanschlusses nach § 24 Abs. 1 Nr. 1 NAV.

b) Der Klägerin war als Miteigentümerin zudem ein Verstoß gegen ihre Verpflichtung aus § 8 Abs. 1 S. 4 NAV zur Last zu legen, weil es in ihrem Obhutsbereich zu Beschädigungen des Netzanschlusses gekommen war. Die in § 8 Abs. 1 S. 4 NAV normierte Pflicht, den Netzanschluss vor Beschädigungen zu schützen, trifft die Klägerin als Anschlussnehmerin, denn nur sie hatte aufgrund des Besitzes am Grundstück und der ihr demnach zukommenden Herrschaftsgewalt darüber die entsprechenden tatsächlichen Einwirkungsmöglichkeiten (vgl. Hartmann/Blumenthal-Barby, in: Danner/Theobald, Energierecht, Loseblatt, stand 101. ErgLfg. Mai 2019, § 8 Rn 18). Dass die Klägerin tatsächlich nicht vor Ort, sondern in einer nicht unerheblichen räumlichen Entfernung wohnte, entlastet sie von ihren Obhutspflichten nicht.

Zugleich hat die Klägerin ihre Pflichten aus § 8 Abs. 2 NAV verletzt, indem sie der Beklagten den am Netzanschluss aufgetretenen Schaden nicht unverzüglich gemeldet hat, vielmehr hat die Beklagte die Beschädigungen zufällig entdeckt. Wegen der dem Anschlussnehmer obliegenden Obhutspflichten vermag der Umstand, dass ihr selbst die Vandalismusschäden zunächst möglicherweise unbekannt waren, die Klägerin nicht zu entlasten.

c) Im Ergebnis war die Beklagte nach § 24 Abs. 1 NAV zur Unterbrechung des Netzanschlusses ohne vorherige Androhung berechtigt. Da es einer Benachrichtigung der Klägerin als Anschlussnehmerin vor Vornahme einer solchen unterbrechenden Maßnahme von Gesetzes wegen nicht bedurfte, kommt es auf die zwischen den Parteien streitige Frage, ob der Beklagten die Klägerin als Erbin des letzten Anschlussnutzers bekannt war oder ob ihr entsprechende Erkundigungspflichten oblagen, nicht an.

2) Eine Pflichtverletzung der Beklagten ist auch darin nicht zu sehen, dass sie die zum Grundstück der Klägerin führenden Freileitungsmasten im März 2014 abgebaut hat. Denn die der Beklagten als Netzbetreiber nach § 16 Abs. 1 S. 1 NAV grundsätzlich obliegende Pflicht, der Klägerin als Anschlussnehmerin die Nutzung des Netzanschlusses zu ermöglichen, war aufgehoben, weil Umstände vorlagen, deren Beseitigung der Beklagten aus wirtschaftlichen Gründen im Sinne des § 18 Abs. 1 S. 2 EnWG nicht zugemutet werden konnte (§ 16 Abs. 1 S. 2 NAV).

a) § 16 Abs. 1 S. 2 NAV in Verbindung mit § 18 Abs. 1 S. 2 EnWG soll als Ausprägung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit dem Ausgleich des Eingriffs in die Vertragsfreiheit dienen, der durch die Anschlusspflicht des Netzbetreibers begründet wird. Als Ausnahmeregelung von der Anschlusspflicht ist § 18 Abs. 1 S. 2 EnWG allerdings restriktiv auszulegen (Britz/Hellermann/Herms, EnWG, 3. Aufl. 2015, § 18 Rn 22; Hartmann, in: Danner/Theobald, a.a.O., § 18 EnWG Rn 30), die Hürde, den Anschluss eines Haushaltskunden als für den Netzbetreiber wirtschaftlich unzumutbar anzusehen, liegt sehr hoch. Maßgeblich für die Beurteilung, ob der Netzanschluss für den Netzbetreiber wirtschaftlich zumutbar ist, ist die wirtschaftliche Situation des Netzbetreibers im Hinblick auf das konkrete Vertragsverhältnis zum jeweiligen Anschlussnehmer. Dabei ist eine Äquivalenz zwischen den Kosten der Instandsetzung und den aus der betroffenen Anlage zu erzielenden Entgelten nicht zu fordern, denn in Anbetracht des demographischen Wandels und der Entvölkerung ländlicher Gebiete kann die mangelnde Kostendeckung einer Leitung für sich genommen kein Kriterium für die wirtschaftliche Unzumutbarkeit der Aufrechterhaltung einer Versorgung im Einzelfall sein (Britz/Hellermann/Herms, a.a.O, Rn 29a). Vielmehr ist dem Begriff der „Unzumutbarkeit“ immanent, dass er nicht auf einen vollständigen Interessenausgleich abstellt, sondern die Grenze des hinzunehmenden Ungleichgewichts beschreibt. Ob der Netzanschluss bzw. seine Aufrechterhaltung für Netzbetreiber wirtschaftlich unzumutbar sind, lässt sich nur auf Grundlage einer Abwägung aller konkreten Umstände des Einzelfalls unter Berücksichtigung der Ziele des § 1 EnWG beurteilen, die Darlegungs- und Beweislast für die behauptete Unzumutbarkeit trägt der Netzbetreiber.

b) Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist davon auszugehen, dass der Beklagten im März 2014 die Aufrechterhaltung des Netzanschlusses wirtschaftlich nicht zumutbar war. Zum Zeitpunkt des Rückbaus der Freileitung im März 2014 waren die zu 80 % aus Holz bestehenden Masten der Freileitung marode und stellten ein Sicherheitsrisiko dar. Dies hat der Zeuge F… bekundet, Zweifel an der Glaubhaftigkeit seiner Aussage bestehen nicht und bringt auch die Berufung nicht vor. Eine Stromversorgung des Hausgrundstückes fand zu dieser Zeit seit drei Jahren nicht mehr statt, denn seit dem März 2011 war der Netzanschluss gesperrt und der Zähler ausgebaut und es war der Beklagten bekannt, dass die Leiterseile der Freileitung bis auf wenige Enden gestohlen waren. Es hatte sich seit dem Ausbau des Zählers auch kein potentieller Kunde bei der Beklagten gemeldet und um die Wiederherstellung des Netzanschlusses gebeten. Soweit die Klägerin vorgetragen hat, sie habe im Jahr 2011 mehrfach telefoniert, um die Stromversorgung wiederherzustellen, hat die Beklagte dies in Abrede gestellt, ohne dass die Klägerin ihre Behauptung substantiiert hätte, insbesondere deutlich gemacht hätte, ob und mit welchem Mitarbeiter der Beklagten sie gesprochen haben will oder ob sie nicht, wie die Beklagte geltend macht, statt mit ihr als Netzbetreiber mit dem Stromversorger (Grundversorger) telefoniert hat. Dessen Wissen muss sich die Beklagte als Netzbetreiber allerdings nicht zurechnen lassen. Zudem stand das Haus leer, war unsaniert und erheblich durch Vandalismus beschädigt, das Nebengebäude war baufällig.

Aufgrund dieser Umstände musste die Beklagte im März 2014 objektiv davon ausgehen, dass es auf dem streitgegenständlichen Grundstück keinen Anschlussnutzer mehr gab und keine Anschlussnutzung mehr stattfinden sollte. Zu weitergehenden Erkundigungen war sie nicht verpflichtet, denn solche Erkundigungspflichten ergeben sich nicht aus der NAV und sind dort auch nicht angelegt.

War nach dem objektiven Empfängerhorizont im März 2014 davon auszugehen, dass die Nutzung des Stromanschlusses auf dem Hausgrundstück nach dessen rechtmäßiger Sperrung faktisch beendet worden war, begründete dies die wirtschaftliche Unzumutbarkeit für die Beklagte im Sinne des § 16 Abs. 1 S. 2 NAV. Denn wenn der Anschlussnehmer den Anschluss nicht oder nicht mehr zur Entnahme von Energie nutzen will, steht der Vorhaltung des Netzanschlusses und entsprechender Netzkapazität sowie der Unterhaltung der entsprechenden Einrichtungen überhaupt kein wirtschaftliches Äquivalent mehr gegenüber, das den Netzanschluss unter Berücksichtigung des Interesses der Gemeinschaft der Letztverbraucher an einer preiswürdigen Energieversorgung wirtschaftlich zumutbar erscheinen lässt (Britz/Hellermann/Herms, a.a.O. Rn 26; Hartmann, a.a.O. Rn 30). Der Rückbau der Strommasten, der nach der Aussage des Zeugen F… aus Sicherheitsgründen geboten war, war damit rechtmäßig. Wenn der Kunde das Versorgungsverhältnis faktisch beendet, endet auch die Vorhaltepflicht des Versorgungsvertrages und es ergeben sich Handlungspflichten zu Lasten des Versorgungsunternehmens nur noch unter dem Gesichtspunkt der Verkehrssicherungspflicht (BGH, Urteil v. 28.02.2007 - VIII ZR 156/06; zit. nach juris). Diesen Pflichten ist die Beklagte nachgekommen, indem sie die maroden Holzmasten zurückgebaut hat.

3) Schließlich liegt auch keine schadensersatzbegründende Pflichtverletzung der Beklagten darin, dass sie auf die Aufforderung der Klägerin im April 2014 hin die Freileitung nicht wieder neu errichtet hat.

a) Die Beklagte war zu einer Wiederherstellung der Freileitung und des Netzanschlusses nicht vertraglich verpflichtet. Die insoweit darlegungs- und beweisbelastete Klägerin hat nicht bewiesen, dass ihr seitens der Beklagten zugesagt worden wäre, den Netzanschluss wiederherzustellen. Weder ergibt sich eine entsprechende Zusage aus dem Schreiben der Beklagten vom 10.06.2014 noch ist nach der Aussage des Zeugen F… in der Beweisaufnahme vor dem Landgericht gegenüber der Klägerin eine mündliche Zusicherung dahingehend abgegeben worden, dass das Grundstück wieder an das Stromnetz angeschlossen werde. Vielmehr hat der Zeuge ausgeführt, er gehe davon aus, der Klägerin die Zuständigkeiten von Stromversorger und Kunden erläutert zu haben, insbesondere die Notwendigkeit für sie als Anschlussnehmer, einen neuen Hausanschluss anzumelden über eine Elektrofirma, welche im Installationsverzeichnis bei dem Energieversorger eingetragen ist. Eine Auskunft dahingehend, das Grundstück werde auf jeden Fall wieder mit einem Stromanschluss versorgt, habe er sicher nicht erteilt, denn er sei für solche Entscheidungen nicht zuständig.

b) Die Beklagte war zum Wiederanschluss des Grundstückes an ihr Stromnetz auch gesetzlich nicht verpflichtet, jedenfalls nicht, ohne dass die Klägerin die Kosten dafür zu tragen hätte. Bereits nach dem Ausbau des Stromzählers hätte die Unterbrechung des Stromanschlusses nur unter den Voraussetzungen des § 24 Abs. 5 NAV aufgehoben werden können, d. h. dann, wenn die Gründe für die Unterbrechung entfallen wären und die Klägerin als Anschlussnehmerin der Beklagten die Kosten der Unterbrechung und der Wiederherstellung des Anschlusses ersetzt hätte. Es fehlte allerdings an beiden Voraussetzungen, denn weder hat die Klägerin, die den Verkauf des Grundstückes verfolgte, die elektrische Anlage des Hauses instandsetzen lassen, noch hat sie der Beklagten die Kosten der Netzanschlussunterbrechung erstattet.

Nachdem im März 2014 über den Ausbau des Zählers hinaus zudem die Masten der Freileitung zurückgebaut worden waren, war das Verlangen der Klägerin nach Einrichtung eines Netzanschlusses als Antrag auf Erstanschluss zu behandeln, für den sie die Kosten zu tragen hatte. Ist ein Netzanschluss nicht mehr vorhanden oder zur Wiederaufnahme der Versorgung technisch oder aus Rechtsgründen nicht mehr geeignet, ohne dass das Versorgungsunternehmen dies zu vertreten hat, kann der Kunde wegen der zwischenzeitlichen Einstellung der Versorgung regelmäßig nicht erwarten, dass der früher erstellte Anschluss zur Versorgung des Grundstücks noch uneingeschränkt zur Verfügung steht. Die erforderliche Neuerrichtung oder Reparatur des Anschlusses ist dann keine Unterhaltungsmaßnahme im laufenden Versorgungsverhältnis, deren Kosten das Versorgungsunternehmen zu tragen hätte, sondern ein Erstanschluss. Der Anschlussnehmer muss deshalb die anfallenden Kosten tragen (BGH, Urteil v. 28.02.2007 - VIII ZR 156/06, zit. nach juris).

4) Nach alldem kam es mangels Pflichtverletzung der Beklagten auf die zwischen den Parteien streitige Frage der Kausalität der geltend gemachten Fehler für die von der Klägerin behauptete Kaufpreisminderung durch die Grundstückserwerber nicht an.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit gründet sich auf §§ 708 Nr. 10, 709 S. 2, 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Entscheidung auf den Umständen des Einzelfalles beruht und der Sache weder grundsätzliche Bedeutung zukommt noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern, § 543 Abs. 2 ZPO.