Gericht | VG Cottbus 6. Kammer | Entscheidungsdatum | 28.03.2011 | |
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Aktenzeichen | 6 K 269/08 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 4 Abs 3 AbwAG |
Bei der Anrechnung der Vorbelastung nach § 4 Abs. 3 Satz 1 Abwasserabgabengesetg ist für die Ermittlung der Höhe der Vorbelastung nach Schadeinheiten auf die Menge des unmittelbar entnommenen Wassers abzustellen. Weder ist bei der Bestimmung der anzurechnenden Vorbelastung die Jahresschmutzwassermenge als Berechnungsgrundlage heranzuziehen noch kommt der Jahresschmutzwassermenge insoweit eine begrenzende Wirkung zu.
Der Bescheid des Beklagten vom 20. Oktober 2004 (Az.: Ö6/AW/ot/1760/04) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07. Februar 2008 wird aufgehoben, soweit darin für das Jahr 2002 eine den Betrag von 715,80 Euro übersteigende Abwasserabgabe für die Einleitstelle "Regenerierabwasser der VEA" festgesetzt worden ist.
Der Bescheid des Beklagten vom 20. Oktober 2004 (Az.: Ö6/AW/ot/1761/04) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07. Februar 2008 wird aufgehoben, soweit darin für das Jahr 2002 eine den Betrag von 3.775,86 Euro übersteigende Abwasserabgabe für die Einleitstelle "Kühlturmabflut" festgesetzt worden ist.
Der Bescheid des Beklagten vom 07. Dezember 2005 (Az.: AW/ot/1722/05) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07. Februar 2008 wird aufgehoben, soweit darin für das Jahr 2003 eine den Betrag von 697,91 Euro übersteigende Abwasserabgabe für die Einleitstelle "Regenerierabwasser der VEA" festgesetzt worden ist.
Der Bescheid des Beklagten vom 07. Dezember 2005 (Az.: AW/ot/1721/05) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07. Februar 2008 wird aufgehoben, sowie darin für das Jahr 2003 eine den Betrag von 3.614,80 Euro übersteigende Abwasserabgabe für das Jahr 2003 für die Einleitstelle "Kühlturmabflut" festgesetzt worden ist.
Der Bescheid des Beklagten vom 22. November 2006 (Az.: AW/ot/1582/06) über die Festsetzung einer Abwasserabgabe für das Jahr 2004 für die Einleitstelle "Regenerierabwasser der VEA" in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07. Februar 2008 wird aufgehoben.
Der Bescheid des Beklagten vom 22. November 2006 (Az.: AW/ot/1581/06) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07. Februar 2008 wird aufgehoben, soweit darin für das Jahr 2004 eine den Betrag von 14.226,53 Euro übersteigende Abwasserabgabe für die Einleitstelle "Kühlturmabflut" festgesetzt worden ist.
Der Bescheid des Beklagten vom 29. November 2007 (Az.: Ö6 AW/Ot/045/07) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07. Februar 2008 wird aufgehoben, soweit darin für das Jahr 2005 eine den Betrag von 662,12 Euro übersteigende Abwasserabgabe für die Einleitstelle "Regenerierabwasser der VEA" festgesetzt worden ist.
Der Bescheid des Beklagten vom 29. November 2007 (Az.: Ö6 AW/Ot/046/07) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07. Februar 2008 wird aufgehoben, soweit darin für das Jahr 2005 eine den Betrag von 4.545,33 Euro übersteigende Abwasserabgabe für die Einleitstelle "Kühlturmabflut" festgesetzt worden ist.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des sich aus dem Kostenfeststellungsbeschluss ergebenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Beteiligten streiten um die Frage der Anrechnung der Vorbelastung bei der Festsetzung der Abwasserabgabe.
Die Klägerin betreibt ein Heizkraftwerk. Hierfür entnimmt sie dem Gewässer der Spree Wasser und leitet dies nach Gebrauch wieder ein. Hierbei leitet die Klägerin aus zwei Teilströmen, einer Abflut aus dem Kühlturm sowie neutralisierte Abwässer aus der Regeneration der Ionenaustauscher, Abwasser in die Spree ab.
Der Beklagte setzte gegenüber der Klägerin die Abwasserabgabe für die Jahre 2002 bis 2005 fest. Hierbei erließ er jeweils einen gesonderten Bescheid für die Einleitstellen "Kühlturmabflut" und "Regenerierabwasser der VEA".
Im einzelnen erließ der Beklagte gegenüber der Klägerin für die Einleitstelle "Kühlturmabflut" folgende Abwasserabgabenbescheide:
a.) Bescheid vom 20. Oktober 2004 für das Jahr 2002 in Höhe von 7.426,43 Euro
b.) Bescheid vom 07. Dezember 2005 für das Jahr 2003 in Höhe von 7.480,12 Euro
c.) Bescheid vom 22. November 2006 für das Jahr 2004 in Höhe von 41.516,40 Euro
d.) Bescheid vom 29. November 2007 für das Jahr 2005 in Höhe von 8.160,13 Euro.
Für die Einleitstelle "Regenerierabwasser der VEA" setzte der Beklagte gegenüber der Klägerin mit folgenden Bescheiden die Abwasserabgabe fest:
a.) Bescheid vom 20. Oktober 2004 für das Jahr 2002 in Höhe von 1.288,45 Euro
b.) Bescheid vom 07. Dezember 2005 für das Jahr 2003 in Höhe von 1.091,60 Euro
c.) Bescheid vom 22. November 2006 für das Jahr 2004 in Höhe von 375,80 Euro
d.) Bescheid vom 29. November 2007 für das Jahr 2005 in Höhe von 912,65 Euro.
Gegen diese Bescheide erhob die Klägerin jeweils Widerspruch.
Mit Widerspruchsbescheid vom 07. Februar 2008 beschied der Beklagte die Widersprüche der Klägerin. Hinsichtlich der Widersprüche für das Veranlagungsjahr 2002 reduzierte er die Abwasserabgabe für die Einleitstelle "Kühlturmabflut" auf 5.332,72 Euro und für die Einleitstelle "Regenerierabwasser" auf 1.091,60 Euro. In Bezug auf den Widerspruch zum Veranlagungsjahr 2004 reduzierte er die für die Einleitstelle "Kühlturmabflut" festgesetzte Abwasserabgabe auf einen Betrag von 21.670,85 Euro. Hinsichtlich des Veranlagungsjahres 2002 sei die Vorbelastung für die Parameter CSB und Nges nicht abgezogen worden. Irrtümlich sei keine Subtraktion der Schadeinheiten der Vorbelastung von den Ausgangsschadeinheiten vorgenommen worden. Eine korrigierte Berechnung sei nunmehr erfolgt. Für das Jahr 2004 sei maßgeblich die wasserrechtliche Erlaubnis der Stadt A vom 17. März 1998 in der Fassung des 3. Nachtrags vom 21. Oktober 2002. Die dort gemachten Festsetzungen seien im Gegensatz zum Ausgangsbescheid als hinreichend bestimmt und als fester Überwachungswert anzusehen; Erklärungen der Antragstellerin gingen insoweit ins Leere, da Festsetzungen in einem Bescheid vorhanden seien. Eine korrigierte Berechnung sei vorgenommen worden mit dem Ergebnis, dass der Betrag für die Festsetzung "Kühlturmabflut" zu reduzieren sei. Im Übrigen wies der Beklagte die Widersprüche der Klägerin zurück. Hierzu führte der Beklagte im Wesentlichen aus, dass die Vorbelastung in sämtlichen widerspruchsbehafteten Festsetzungen zutreffend berechnet worden sei. Dabei sei die Vorbelastungsmenge im Grundansatz die Menge des entnommenen Wassers. Die Vorbelastung könne aber stets nur insoweit angerechnet werden, als der vorbelastete Wasserstrom in der Einleitung noch enthalten sei. Die obere Grenze bilde dabei die Jahresschmutzwassermenge. Soweit die entnommene Wassermenge dabei größer sei als die für die Einleitung geltende Jahresschmutzwassermenge, gelte sie als in der Einleitung nicht mehr enthalten und werde nicht berücksichtigt. Ferner sei der Abgabepflichtige auch nicht verpflichtet, die Entnahmemenge in vollem Umfang wieder einzuleiten. Er müsse dann aber die beschriebenen Konsequenzen tragen. Die Benutzung des Wassers im Rahmen der Verdunstung bringe ihm Vorteile, während demgegenüber die damit verbundene weitere Erhöhung der Schadstoffkonzentration im Wasser keine für die Umwelt günstigen Folgen habe. Das Abstellen auf die Jahresschutzwassermenge als Höchstwert beim Abzug der Vorbelastung entspreche der Systematik des Abwasserabgabengesetzes für die Berechnung der Schadeinheiten und Abgabesätze. Eine volle Berücksichtigung der entnommenen Wassermenge widerspräche auch dem Sinn und Zweck der Abzugsregelung. Sie könne im Ergebnis der Berechnung im Einzelfall dazu führen, dass statt eines zu zahlendes Abgabenbetrages bei den betreffenden Schadparametern ein Negativsaldo entstehe. Dies könne ersichtlich kein akzeptables und bezwecktes Ergebnis der eng auszulegenden Privilegierungsregelung sein. Der Widerspruchsbescheid wurde der Klägerin am 15. Februar 2008 zugestellt.
Die Klägerin hat am 17. März 2008 (Montag) Klage erhoben. Zur Begründung führt sie aus, dass in den angegriffenen Bescheiden zur Berechnung der Vorbelastung nicht auf die dem Gewässer entnommene Wassermenge abgestellt worden sei. Durch den Beklagten werde ersatzweise auf die Jahresschmutzwassermenge als Berechnungsgrundlage abgestellt. Der Wortlaut des § 4 Abs 3 Abwasserabgabengesetz nehme aber ausdrücklich auf das aus einem Gewässer unmittelbar entnommene Wasser Bezug. Die Verfahrensweise des Beklagten wirke sich zu ihrem Nachteil aus, weil sie einen Teil des dem Gewässer entnommenen Wassers nicht wieder einleite. Nach dem Sinn und Zweck des Abwasserabgabengesetzes solle sie jedoch nur insoweit Abgaben leisten, als sie tatsächlich die Verschmutzung des Gewässers erhöht habe. Dies solle dadurch bewirkt werden, dass der dem Gewässer entnommene Schmutz und der dem Gewässer zugeführte Schmutz saldiert werde. Der Beklagte berücksichtige in Folge der teilweise unterbliebenen Rückführung des Wassers im Wege der sog. Eindickung die entnommene Schmutzmenge jedoch nicht vollständig.
Schriftsätzlich beantragt die Klägerin,
die Bescheide des Beklagten vom 20. Oktober 2004, die Bescheide des Beklagten vom 07. Dezember 2005, die Bescheide des Beklagten vom 22. November 2006 und die Bescheide des Beklagten vom 29. November 2007 jeweils in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07. Februar 2008 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er verteidigt die angegriffenen Bescheide und führt zur Begründung im Wesentlichen aus, dass sich die vorgenommene Berechnung mit dem gesetzlichen Wortlaut vereinbaren lasse. Sie entspreche mit dem Abstellen auf die Jahresschmutzwassermenge der Systematik des Gesetzes für die Berechnung der Schadeinheiten und der Abgabesätze. Sie trage auch dem Sinn und Zweck des Gesetzes Rechnung, weil nur hierdurch sichergestellt werde, dass statt eines zu zahlenden Abgabenbetrages hinsichtlich bestimmter Schadstoffparameter kein Negativsaldo entstehen könne. Ein derartiges Ergebnis widerspräche zudem der eng auszulegenden Privilegierungsregelung.
Im gerichtlichen Verfahren hat der Beklagte Nachberechnungen der Abwasserabgabe für die betreffenden Jahre und Einleitstellen hergereicht. Auf Anfrage hat der Beklagte mitgeteilt, dass hierbei die Berechnung am konkreten Schadstoffparameter und den darauf bezogenen Schadeinheiten angesetzt habe und bereits auf dieser Ebene gegebenenfalls ein Abzug der in Schadeinheiten ausgedrückten Vorbelastung erfolgt sei. Ferner hat der Beklagte im Laufe des gerichtlichen Verfahrens eine Länderumfrage zur Problematik des Abzugs der Vorbelastung durchgeführt. Die hierzu von den jeweiligen Behörden der Bundesländer eingegangenen Antworten hat der Beklagte zur Gerichtsakte gereicht.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des vom Beklagten eingereichten Verwaltungsvorgangs und der Gerichtsakte verwiesen. Vorgenannte Akten waren Gegenstand der Entscheidungsfindung des Gerichts.
Die Kammer entscheidet den durch Beschluss vom 24. Januar 2011 auf den Berichterstatter als Einzelrichter übertragenen Rechtsstreit (§ 6 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung -VwGO-) ohne mündliche Verhandlung; die Beteiligten haben für diese Entscheidungsform ihr Einverständnis erklärt (§ 101 Abs. 2 VwGO).
Das Klagebegehren ist zunächst dahingehend auszulegen, dass die Klägerin eine Aufhebung der angegriffenen Bescheide nur insoweit begehrt, als die in diesen festgesetzte Abwasserabgabe für die betreffenden Jahre und Einleitstellen den Betrag übersteigt, der sich bei Berechnung der Abwasserabgabe unter Abzug der Vorbelastung ergibt, welche sich unter Zugrundelegung der Vorbelastung anhand der dem Gewässer tatsächlich entnommenen Wassermenge ermittelt. Insoweit greift die Klägerin die Bescheide in dem Umfang an, soweit der Beklagte die Anrechnung der Vorbelastung auf die Jahresschmutzwassermenge begrenzt hat. Zwar hat die Klägerin einen nach dem Wortlaut nicht beschränkten Aufhebungsantrag gestellt. Indes ist der Wortlaut des Antrages für den Umfang des Begehrens nicht vorrangig bestimmend. Gemäß § 88 VwGO darf das Gericht nicht über das Klagebegehren hinausgehen, ist aber nicht an die Fassung der Anträge gebunden. Insoweit besteht eine Bindung an das Klagebegehren, das im Wege der Auslegung anhand des Vorbringens der Klägerin zu ermitteln ist. Auf die Formulierung des Klageantrags kommt es dabei nicht entscheidend an. Maßgebend für das Klagebegehren und dessen Umfang (§ 88 VwGO) ist das aus dem gesamten Parteivorbringen, insbesondere der Klagebegründung zu entnehmende erkennbare wirkliche Rechtsschutzziel (vgl. BVerwG, Urteil vom 03. Juli 1992 -8 C 72.90-, NVwZ 1993, 62). Der Klagegegenstand wird insoweit durch den Klageantrag bestimmt und regelmäßig, wie sich aus § 82, § 86 Abs 3 und 4, § 88 VwGO ergibt, durch die Klagebegründung präzisiert (BVerwG, Urteil vom 20. April 1977 -VI C 7.74-, BVerwGE 52, 249). Hiervon ausgehend ergibt die Auslegung des Antrages, dass es der Klägerin maßgeblich darum geht, dass die Vorbelastung bei der Errechnung der Höhe der Abwasserabgabe im vollem Umfang, d.h. ausgehend von der Menge des aus dem Gewässer entnommenen Wassers anerkannt und nicht auf die Jahresschmutzwassermenge begrenzt wird. Hierbei ist entscheidend, dass sie mit ihrer Klagebegründung ausschließlich die Verfahrensweise des Beklagten rügt, bei der Vorbelastung lediglich die Jahresschmutzwassermenge zu berücksichtigen und in ihrer Argumentation ausschließlich solche Gesichtspunkte anführt, die nach ihrem Verständnis des Gesetzes zu einer Berechnung der Vorbelastung anhand der Menge des entnommenen Wassers führen. Weitere Einwendungen, insbesondere solche, die die Berechtigung des Beklagten betreffen würden, überhaupt eine Abwasserabgabe erheben zu dürfen, führt sie hingegen nicht an. Damit hat sie deutlich gemacht, dass sie lediglich eine Begrenzung der Abgabenpflicht unter Anrechnung der vollen Vorbelastung begehrt. Das oben dargelegte Verständnis des Inhalts der Klage trägt dem Rechnung.
Die so verstandene Klage ist auch begründet. Die angegriffenen Bescheide für die Abwasserabgabe der Jahre 2002, 2003, 2004 und 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07. Februar 2008 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten, soweit der Beklagte bei der Festsetzung der Abwasserabgabe die anzurechnende Vorbelastung auf die Jahresschmutzwassermenge begrenzt hat und diese nicht anhand der dem Gewässer entnommenen Wassermenge ermittelt hat (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Rechtlicher Anknüpfungspunkt ist § 4 Abs. 3 Satz 1 des Gesetzes über die Abgaben für das Einleiten von Abwasser in Gewässer (Abwasserabgabengesetz -AbwAG-). Hiernach ist auf Antrag des Abgabepflichtigen, weist das aus einem Gewässer unmittelbar entnommene Wasser vor seinem Gebrauch bereits eine Schädlichkeit nach § 3 Abs. 1 (Vorbelastung) auf, die Vorbelastung für die in § 3 Abs. 1 genannten Schadstoffe und Schadstoffgruppen zu schätzen und ihm die geschätzte Vorbelastung nicht zuzurechnen. Dass die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Norm vorliegend gegeben sind, ist zwischen den Beteiligten nicht umstritten. Unstreitig weist das dem Gewässer der Spree entnommene Wasser eine Vorbelastung mit Schadstoffen und Schadstoffgruppen auf.
Entgegen der Ansicht des Beklagten ist bei der Berechnung der Vorbelastung auf die Menge des dem Gewässer unmittelbar entnommenen Wassers abzustellen; weder ist bei der Bestimmung der Vorbelastung die Jahresschmutzwassermenge heranzuziehen noch kommt der Jahresschmutzwassermenge eine begrenzende Wirkung zu. Dies folgt zunächst aus § 4 Abs. 1 Satz 1 AbwAG selbst. § 4 Abs. 3 Satz 1 1. Halbsatz AbwAG enthält eine Legaldefinition der Vorbelastung und zwar als Schädlichkeit nach § 3 Abs. 1 (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 14. März 2005 -2 S 1457/04-, zitiert nach Juris). Nach § 4 Abs. 3 Satz 1 AbwAG ist eine Vorbelastung dann gegeben, wenn das aus einem Gewässer unmittelbar entnommene Wasser vor seinem Gebrauch bereits eine Schädlichkeit nach § 3 Abs. 1 AbwAG aufweist. Damit nimmt der Wortlaut des § 4 Abs. 3 Satz 1 1. Halbsatz AbwAG auf das dem Gewässer unmittelbar entnommene Wasser Bezug; hiernach ist zu bestimmen, ob eine für die Vorbelastung maßgebliche Schädlichkeit gegeben. Zugleich verweist § 4 Abs. 3 Satz 1 1. Halbsatz AbwAG auf § 3 Abs. 1 AbwAG. Hiernach richtet sich die Abwasserabgabe nach der Schädlichkeit des Abwassers, die unter Zugrundelegung der oxidierbaren Stoffe, des Phosphors, des Stickstoffs, der organischen Halogenverbindungen, der Metalle Quecksilber, Cadmium, Chrom, Nickel, Blei, Kupfer und ihrer Verbindungen sowie der Giftigkeit des Abwassers gegenüber Fischen nach der Anlage zu diesem Gesetz in Schadeinheiten bestimmt wird. Die Schädlichkeit des Abwassers nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AbwAG wird insoweit unter Zugrundelegung verschiedener Schadstoffe und Schadstoffgruppen in Schadeinheiten bestimmt, die Schädlichkeit im Sinne des Abwasserabgabengesetz also in Schadeinheiten für die jeweiligen Schadstoffparameter ausgedrückt. Mit der Ermittlung der Schadeinheiten für die in § 3 Abs. 1 Satz 1 AbwAG aufgeführten Schadparameter ist danach die Schädlichkeit vom eingeleitetem Abwasser als Grundlage der Abgabenpflicht nach dem Abwasserabgabengesetz bestimmt und gesetzlich festgelegt (vgl. BayVGH München, Urteil vom 30. April 1998 -22 B 94.1921-, zitiert nach Juris). Durch die Bezugnahme des § 4 Abs. 3 Satz 1 AbwAG auf § 3 Abs. 1 AbwAG hat der Gesetzgeber geregelt, dass für die Vorbelastung auf die Schädlichkeit des dem Gewässer unmittelbar entnommenen Wassers abzustellen ist, welche dann ebenso wie die Schädlichkeit des Abwassers, nach den einzelnen Schadstoffen und Schadstoffgruppen ausgedrückt in Schadeinheiten zu bestimmen ist. Diese Verweisung auf § 3 Abs. 1 AbwAG kann, da § 4 Abs. 3 AbwAG gerade die Nichtanrechnung einer Vorbelastung des einem Gewässer entnommenen Wassers betrifft, systematisch nur dahingehend verstanden werden, dass die Vorbelastung nach der Schädlichkeit für die einzelnen Schadstoffparameter ausgedrückt in Schadeinheiten anhand des dem Gewässer unmittelbar entnommenen Wassers zu bestimmen ist.
§ 4 Abs. 3 Satz 1 2. Halbsatz AbwAG betrifft sodann die Frage der Anrechnung der Vorlastung. Hier ist bestimmt, dass die Vorbelastung für die in § 3 Abs. 1 AbwAG genannten Schadstoffe und Schadstoffgruppen zu schätzen und ihm die geschätzte Vorbelastung nicht zuzurechnen ist. § 4 Abs. 3 Satz 1 2. Halbsatz AbwAG regelt insoweit, dass die zu schätzende Vorbelastung nicht zuzurechnen ist. Wie die Anrechnung der geschätzten Vorbelastung zu erfolgen hat, ist in § 4 Abs. 3 Satz 1 2. Halbsatz AbwAG zwar nicht ausdrücklich geregelt. Dadurch, dass § 4 Abs. 3 Satz 1 2. Halbsatz AbwAG aber die Vorbelastung (und damit die Vorbelastung im Sinne der Legaldefinition des 1. Halbsatzes) als nicht zuzurechnen bestimmt und selbst wiederum auf § 3 Abs. 1 Satz 1 AbwAG Bezug nimmt, der nur eine Berechnungsmethode der Schädlichkeit kennt (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 12. Februar 1988 -4 C 24.85-, zitiert nach Juris) nämlich jene in Schadeinheiten, ergibt sich, dass bei der Berücksichtigung einer Vorbelastung auf die Schadstofffracht ausgedrückt in Schadeinheiten abzustellen, nach dieser Methode zu berechnen und anzurechnen ist. Das bedeutet, dass die im Wege der Schätzung ermittelte Vorbelastung für die einzelnen Schadparameter in eine Schädlichkeit nach § 3 Abs. 1 AbwAG umzurechnen und in Schadeinheiten anzugeben ist und von der der Abgabenberechnung zugrunde zu legenden Zahl der Schadeinheiten abzuziehen ist (vgl. den vom Beklagten eingereichten Beschluss des OVG Schleswig-Holstein vom 21. Dezember 2005 -2 LA 41/05-, soweit ersichtlich n.v.). Die Bezugnahme auf § 3 Abs. 1 Satz 1 AbwAG schließt es daher aus, im Rahmen der Anrechnung der Vorbelastung das System der Bestimmung der Schädlichkeit nach Schadeinheiten zu verlassen und hierbei etwa die Konzentration der Schadstoffe und Schadstoffgruppen im entnommenen Wasser und im eingeleiteten Abwasser gegenüber zu stellen. Hätte insoweit der Gesetzgeber eine andere Berechnungsweise als die nach Schadeinheiten bestimmen wollen, wäre dies im Wortlaut des Gesetzes zum Vorschein gekommen; durch die Verweisung auf § 3 Abs. 1 Satz 1 AbwAG hat der Gesetzgeber vielmehr deutlich zum Ausdruck gebracht, dass einheitlich die Schädlichkeit ausgedrückt in Schadeinheiten Grundlage der Berechnung der Abwasserabgabe und der Vorbelastung sein soll.
Insoweit kann es entgegen der im Vortrag des Beklagten zum Ausdruck kommenden Ansicht unter abwasserabgabenrechtlichen Gesichtspunkten auch nicht maßgeblich sein, dass von dem von der Klägerin entnommenen Wasser ein Teil nicht in das Gewässer als Abwasser eingeleitet wird und -insbesondere durch Verdunstung- eingedickt wird und hierdurch die Konzentration im Wasser enthaltener Schadstoffe ansteigt. Maßgeblich für die abwasserabgabenrechtliche Schädlichkeit ist nicht die Konzentration der in § 3 Abs. 1 aufgeführten Schadstoffe und Schadstoffgruppen. Entscheidend ist die Schädlichkeit ausgedrückt in Schadeinheiten. Diese kann indes nur anhand der jeweiligen Bezugsmenge für das jeweilige (Ab)Wasser bestimmt werden. Während für die Schadstofffracht im Abwasser die Menge des Schmutzwassers, festgelegt durch die im Bescheid bestimmte Jahresschmutzwassermenge (§ 4 Abs. 1 AbwAG) bzw. bestimmt nach der erklärten Menge (§ 4 Abs. 5 AbwAG), den Bezug bildet und hieraus die Schadeinheiten zu berechnen sind, kann dies für die Vorbelastung nur das dem Gewässer selbst entnommene Wasser sein. Denn nur dieses weist den erforderlichen Bezug sowohl für die Frage, ob das entnommene Wasser überhaupt eine Schädlichkeit hinsichtlich der aufgeführten Schadstoffe und Schadstoffgruppen besitzt, als auch für die Frage der Anzahl der darin enthaltenen Schadeinheiten für den jeweiligen Schadstoff und die jeweilige Schadstoffgruppe auf. Demgegenüber gibt das eingeleitete Schmutzwasser keine Auskunft darüber, ob und in welchem Umfang das entnommene Wasser vor seinem Gebrauch bereits eine Schädlichkeit aufwies.
Hiervon ausgehend wird nur ein Abstellen auf die Menge des unmittelbar entnommenen Wassers der Methode des Abwasserabgabengesetzes der Berechnung nach Schadeinheiten gerecht; eine Begrenzung auf die Jahresschutzwassermenge würde in Fällen wie dem vorliegenden, in denen die entnommene Wassermenge die Jahresschmutzwassermenge übersteigt, demgegenüber die vom Gesetzgeber gewählte Berechnungsmethode nach Schadeinheiten unterlaufen. Liegt nämlich die entnommene Wassermenge über der eingeleiteten Jahresschmutzwassermenge, würde aber einheitlich sowohl für die Bestimmung der Schmutzfracht im Abwasser als auch für die Vorbelastung die Jahresschmutzwassermenge maßgeblich sein, würde dies eine Berechnung der Abwasserabgabe anhand der Konzentration der Schadstoffe bzw. Schadstoffparameter gleichsam durch "die Hintertür" zur Folge haben. Zwar wäre im Ergebnis die Abwasserabgabe immer noch nach der Anzahl der Schadeinheiten festzusetzen. Ausschlaggebend für die Höhe der Abwasserabgabe -wird auch für die Verbelastung die Jahresschmutzwassermenge zugrunde gelegt- wäre aber dann der Unterschied in der Konzentration an Schadstoffen und Schadstoffgruppen im entnommenen und abgeleiteten (Ab)Wasser und nicht mehr die Zahl der im abgeleiteten Abwasser bzw. entnommenen Wasser enthaltenen Schadeinheiten. Dies gilt sowohl, wenn die Abwasserabgabe anhand der Differenz der Konzentrationen im vorbelasteten und eingeleiteten (Ab)Wasser berechnet, multipliziert mit der Jahresschmutzwassermenge und dann in Schadeinheiten umgerechnet wird. Dies gilt auch, wenn -wie der Beklagte es praktiziert hat- zunächst die Schadeinheiten für das vorbelastete Wasser begrenzt durch die JSM sowie die Schadeinheiten für das Abwasser (gleichsam als Zwischenrechenschritt) berechnet werden und aus der sich hier ergebenden Differenz die der Abwasserabgabe zugrunde zu legenden Schadeinheiten ermittelt werden.
Weist etwa das entnommene Wasser für einen Schadstoffparameter eine Konzentration von x Gramm je Kubikmeter und das Abwasser eine Konzentration von y Gramm je Kubikmeter auf, so würde nach dem erstgenannten Berechungsmodell die Differenz aus der Konzentration y - x berechnet, die Differenz dann mit der JSM multipliziert werden und der sich daraus ergebende Wert dann in Schadeinheiten umzurechnen sein. Für beispielsweise Quecksilber, bei dem 20 Gramm einer Schadeinheit entsprechen, ergäbe sich mithin folgendes Rechenbild:
SE = (y g/m³ - x g/m³) x JSM in m³ / 20 g
Würden hingegen zunächst die Schadeinheiten anhand der Konzentrationen im entnommenen und im eingeleiteten Wasser berechnet, ergäbe sich zunächst folgendes:
Schadeinheiten im Abwasser:
y g/m³ x JSM in m³ / 20 g = SE1
Schadeinheiten im entnommenen Wasser (Menge begrenzt durch JSM):
x g/m³ x JSM in m³ /20 g = SE2
Sodann wäre die Differenz aus den Werten SE1 und SE2 zu ermittelt, um die Zahl der für die Abwasserabgabe relevanten Schadeinheiten (SE) zu ermitteln:
SE = SE1 - SE2.
Diese Vorgehensweise ist aber identisch mit der Berechnung anhand der Konzentrationsdifferenz, was insoweit daran deutlich wird, sobald für die (Zwischen)Werte SE1 und SE 2 die jeweilige (Ausgangs)Formel eingesetzt wird.
SE = (y g/m³ x JSM in m³ / 20 g) - (x g/m³ x JSM in m³ / 20 g)
= (y g/m³ - x g/m³) x JSM in m³ / 20 g
Spricht schon diese Betrachtung gegen die vom Beklagten vertretene Ansicht, weil es entgegen der Entscheidung des Gesetzgebers für die Abwasserabgabe entscheidend auf die Differenz der Konzentrationswerte ankommen würde, so sprechen weitere Erwägungen dafür, dass die tatsächlich entnommene Menge Berechnungsgrundlage der Vorbelastung sein muss. Dass es bei der Berechnung der Vorbelastung auf die Menge des entnommenen Wassers und der in diesem enthaltenen Schadeinheiten ankommt, belegt auch die Überlegung, dass nicht stets das gesamte verwendete Wassers aus einer Entnahmequelle herrühren muss und vielfach nur zum Teil aus vorbelastetem Wasser stammt (vgl. insoweit das Beispiel bei Köhler/Meyer, Abwasserabgabengesetz, 2. Auflage, § 4 Rdn. 146, der dies allerdings mit einer Kritik an der gesetzlichen Regelung verbindet). Insoweit bietet hier die Berechnung der Schadeinheiten nach der Menge des tatsächlich entnommenen Wassers die Gewähr, dass nur jene Vorbelastung zur Anrechnung gelangt und jede weitere Schädlichkeit die Abgabepflicht begründet (vgl. OVG Schleswig-Holstein, a.a.O.).
Dass maßgebend bei der Vorbelastung die Menge des tatsächlich entnommenen Wassers ist (so auch: OVG Schleswig-Holstein, a.a.O.; VG Aachen, Urteil vom 26. April 2002 -7 K 3918/97- zitiert nach Juris unter Verweis auf Berendes, Das Abwassergesetz, 3. Auflage, Seite 86; vgl. auch noch Köhler, Abwasserabgabengesetz, 1. Auflage, 1999, § 4 Rdn. 95) wird auch durch den Sinn und Zweck des Abwasserabgabengesetzes belegt. Mit dem Abgabengesetz will der Gesetzgeber eine wirksame Reinhaltung der Gewässer und eine gerechte Zuordnung der Kosten für die Vermeidung, die Beseitigung und den Ausgleich der durch die Verschmutzung verursachten Schäden erreichen. Dabei beschränkt das Abwasserabgabengesetz die Abgabepflicht auf den Verursacher. Die Abgabe soll ihn als Einleiter veranlassen, es nach Möglichkeit erst gar nicht zur Abgabepflicht kommen zu lassen (vgl. BVerwG, Urteil vom 12. Februar 1988, a.a.O.). § 10 Abs. 1 Nr. 1 AbwAG befreit von der Abgabepflicht, wenn eingeleitetes Schmutzwasser keine weitere Schädlichkeit "im Sinne dieses Gesetzes" als jene aufweist, die bei der Entnahme bereits vorhanden war. Entnommenes Wasser, dessen Gebrauch schädlichkeitsneutral ist, soll die Abgabepflicht nicht auslösen. Damit wird das Verursacherprinzip als regelungsbestimmender Grundsatz des Abwasserabgabengesetzes vorausgesetzt; dies gilt auch für § 4 Abs. 3 Satz 1 AbwAG selbst (vgl. BVerwG, a.a.O). Dem zentralen gesetzgeberischen Anliegen einer möglichst strikten Beachtung des Verursacherprinzips wird aber nur die Berücksichtigung der gesamten Vorbelastung gerecht (vgl. BayVGH, Urteil vom 30. April 1998 -22 B 94.1921-, zitiert nach Juris; auch VGH Baden Württemberg, Urteil vom 14. März 2005, a.a.O.). Dem steht aber die Vorgehensweise des Beklagten, bei der Berechnung der Vorbelastung nicht auf die tatsächlich entnommene Wassermenge abzustellen, sondern dies auf die Jahresschmutzwassermenge zu begrenzen, entgegen. Denn hierdurch bleibt ein Teil der dem Gewässer entnommenen Menge an vorbelastetem Wasser und der in dieser enthaltenen Schadstoffbelastung unberücksichtigt und der Einleiter ist für diese Schadstofffracht mangels Anrechnung abgabepflichtig, obwohl er diese -da bereits im entnommenen Wasser vorhanden- weder beeinflussen kann noch verursacht hat.
Ebenso wird das aufgezeigte Verständnis durch einen Vergleich mit der Vorschrift des § 10 Abs. 1 Nr. 1 AbwAG bestätigt, der ebenso wie § 4 Abs. 3 AbwAG Ausdruck des Verursacherprinzips als regelungsbestimmender Grundsatz ist (vgl. BVerwG, a.a.O.). Nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 AbwAG ist das Einleiten von Schmutzwasser, das vor seinem Gebrauch einem Gewässer entnommen worden ist und über die bei der Entnahme vorhandene Schädlichkeit im Sinne dieses Gesetzes hinaus keine weitere Schädlichkeit im Sinne dieses Gesetzes aufweist, nicht abgabepflichtig. Bei der hier angesprochenen Schädlichkeit "im Sinne dieses Gesetzes" ist ausschließlich auf die Parameter des § 3 Abs. 1 Satz 1 AbwAG abzustellen, so dass es mithin bei dem Gebrauch des Wassers weder auf eine Erwärmung oder auf eine Behandlung ankommt, die für die in § 3 Abs. 1 Satz 1 AbwAG aufgeführten Parameter nicht relevant sind. Die "weitere Schädlichkeit" nach § 10 Abs. 1 Nr.1 AbwAG ergibt sich dabei aus einem Vergleich der Belastung bei der Entnahme und bei Einleitung; da sich die für die Ermittlung der Schädlichkeit nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 AbwAG maßgebliche Zahl der Schadeinheiten aus der Schadstofffracht errechnet, kommt es auch nicht auf einen Vergleich von Konzentrationswerten sondern nur auf einen Vergleich von Schadstofffrachtenwerten an (vgl. Köhler/Meyer, Abwasserabgabengesetz, 2. Auflage, § 10 Rdn. 5, 6). Die Vorschrift des § 10 Abs. 1 Nr. 1 AbwAG betrifft insbesondere Kühlwasser, das lediglich einer indirekten Kühlung dient und damit als "zusätzliche Belastung" nur eine für die Abwasserabgabe irrelevante in der Regel erhöhte Temperatur aufweist (vgl. Köhler/Meyer, a.a.O., § 10 Rdn. 7). Zu Recht weist Köhler/Meyer (a.a.O., § 10 Rdn. 7) darauf hin, dass der Fall, in dem sich infolge der bei Kreisläufen auftretenden Verdunstung das entnommene Wasser aufkonzentriert, ohne dass sich bei Wiedereinleitung die Schadstofffracht bzw. die Fischeigiftigkeit (in der entsprechenden Verdünnung) erhöht, kein Problem des Abwasserabgabenrechtes, sondern vielmehr gegebenenfalls Gegenstand einer wasserrechtlichen Prüfung ist, ob trotz gleichbleibender oder gar geringerer Fracht die erhöhte Konzentration wasserwirtschaftlich hingenommen werden kann oder nicht. Kommt es aber nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 AbwAG bei der Beantwortung der Frage, ob eine "weitere Schädlichkeit" vorliegt, grundsätzlich nicht auf einen Vergleich der Konzentrationswerte sondern allein auf einen Vergleich der Schadstofffracht an, so kann für § 4 Abs. 3 Satz 1 AbwAG nichts anderes gelten; dass der Gesetzgeber § 10 Abs. 1 Nr. 1 AbwAG und § 4 Abs. 3 Satz 1 AbwAG jeweils ein unterschiedliches Verständnis der Schädlichkeit beimessen wollte, ist nicht ersichtlich. Vielmehr belegt der Verweis auf § 3 Abs. 1 AbwAG, dass für § 4 Abs. 3 Satz 1 AbwAG kein anderer Begriff der Schädlichkeit als für § 10 Abs. 1 Nr. 1 AbwAG maßgeblich ist. Daraus folgt zugleich, dass es für die Vorbelastung nach § 4 Abs. 3 Satz 1 AbwAG und deren Anrechnung ebenfalls nur auf die Schadstofffracht (ausgedrückt in Schadeinheiten) des entnommenen Wassers ankommen kann. Andernfalls wäre ein Einleiter, der bei einer Aufkonzentration auch nur geringste Mengen zusätzlicher Schadstoffe zufügt, nicht nur für die zusätzlich zugefügte sondern darüber hinaus auch für die Schadstofffracht im vollem Umfang abgabepflichtig, die in der die Jahresschmutzwassermenge übersteigenden Menge des entnommenen Wassers bereits vorhanden war, obwohl auch insoweit lediglich eine unter abwasserabgabenrechtlichen Gesichtspunkten unmaßgebliche Erhöhung der Konzentration der bereits im entnommenen Wasser enthaltenen Schadstoffe und Schadstoffwerte vorliegt, während ein Einleiter, der im gleichen oder höheren Maße das Wasser aufkonzentriert, ohne aber weitere Schadstoffe beizufügen, nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 AbwAG trotz erhöhter Schadstoffkonzentration gänzlich abgabefrei bliebe.
Soweit der Beklagte einwendet, es ergäbe sich ein negatives Saldo, wenn viel vorbelastetes Wasser entnommen werde, aber aufgrund der Verdunstung weniger Wasser eingeleitet werde, so greift dieser Einwand nicht. Er ist schon unter dem Blickwinkel der Vorgänge bei einem (reinen) Verdunstungsprozess nicht nachvollziehbar. Die Schadstofffracht bleibt bei der (reinen) Aufkonzentration gleich, da die Schadstoffe nicht verdunsten und mithin die im entnommenen und abgeleiteten Wasser enthaltenen Schadeinheiten gleich bleiben. Sollte sich ein "negatives Saldo" aber daraus ergeben, dass vor dem Gebrauch oder währenddessen das Wasser eine Aufbereitung erfährt oder auf sonstige Weise dem Wasser Schadstoffe entzogen werden, so ist auch kein Grund ersichtlich, den Einleiter für die geringere Schadstofffracht als Abgabepflichtigen heranzuziehen. Sollte sich in dem Fall, dass im Zuge des Gebrauchs dem Wasser keine Schadstoffe durch Aufbereitung oder andere Reduktionsprozesse entzogen werden, ein Negativsaldo ergeben, so kann dies nur Folge dessen sein, dass die der Abwasserabgabe zugrunde zu legenden Schadeinheiten nach den Festlegungen des die Abwassereinleitung zulassenden Bescheides (§ 4 Abs. 1 AbwAG) ermittelt werden, während demgegenüber die Vorbelastung für die in § 3 Abs. 1 AbwAG genannten Schadstoffe und Schadstoffgruppen zu schätzen ist (§ 4 Abs. 3 AbwAG). Die Schätzung soll nach § 3 Satz 2 des Brandenburgischen Abwasserabgabengesetzes (BbgAbwAG) unter Berücksichtigung zu erwartender Veränderungen des Zustandes des Gewässers zudem für einen Zeitraum von mindestens fünf Jahren festgelegt werden. Die insoweit unterschiedlichen Ermittlungsmethoden nach den Bescheidwerten einerseits und aufgrund einer (langfristigen) Schätzung andererseits bedingen, dass es hier Abweichungen von den tatsächlichen Werten geben kann und der Einleiter für die Kosten der von ihm verursachten Umweltverschmutzung nicht oder nicht vollständig im Rahmen der Abwasserabgabe herangezogen wird; umgekehrt kann dies aber auch dazu führen, dass ihm eine Abgabe überhöht in Rechnung gestellt wird, wenn etwa zum Nachteil des Abgabepflichtigen oberhalb des Schätzwertes für die Vorbelastung auftretende (und im Rahmen der Überwachung festgestellte) Belastungsspitzen negiert werden, was eine rechnerische Absenkung der Vorbelastung zur Folge haben kann (vgl. hierzu Köhler/Meyer, a.a.O., § 10 Rdn. 2). Diese Unschärfen des Gesetzes sind aber eine Folge der hinzunehmenden Entscheidung des Gesetzgebers, einerseits die Vorbelastung im Wege einer Schätzung und nach der Menge des entnommenen Wassers und andererseits die Schadstofffracht im Abwasser nach Bescheidwerten zu ermitteln; insbesondere die Schätzung der Vorbelastung dient nach der Zielsetzung des Gesetzgebers der Vereinfachung des Verwaltungsvollzugs (vgl. hierzu die Begründung zum Gesetzesentwurf der Bundesregierung; BR-Drucksache 112/86, Seite 19f.). Im Übrigen trifft auch die Ansicht des Beklagten nicht zu, dass (etwaige) Negativbeträge von den positiv bleibenden Beträgen anderer Parameter abzuziehen seien. Wie sich aus § 4 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 AbwAG ergibt, ist die Abwasserabgabe und damit auch Vorbelastung für jeden aufgeführten Schadstoffparameter gesondert zu ermittelt und von der im Abwasser enthaltenen Schadstofffracht des jeweiligen Parameters ausgedrückt in Schadeinheiten abzuziehen. Dies bedingt, dass sich eine Vorbelastung zu Gunsten des Abgabepflichtigen nur bei dem einzelnen Schadstoffparameter auswirkt und ein etwaiges "Negativsaldo" dem Einleiter nicht bei anderen Schadstoffparametern "gutgeschrieben" wird. Insoweit findet eine (Gesamt)Saldierung der Summe der im entnommenen Wasser enthaltenen Schadeinheiten für sämtliche Schadstoffparameter von der Summe der Schadeinheiten im Abwasser gerade nicht statt.
Ist nach alledem die Vorbelastung anhand der tatsächlich entnommenen Menge des Wassers zu berechnen, ohne dass ein Begrenzung durch die Jahresschmutzwassermenge vorzunehmen wäre, so sind die angegriffenen Bescheide in dem Umfang aufzuheben, als der Beklagte bei der Festsetzung der Abwasserabgabe die in der die Jahresschmutzwassermenge übersteigenden Menge des entnommenen Wassers enthaltenen Schadeinheiten für die in § 3 Abs. 1 Satz 1 AbwAG aufgeführten Parameter nicht angerechnet hat.
Nach den vom Beklagten mit Schreiben vom 29. März 2010, vom 10. November 2010 sowie zuletzt mit Schreiben vom 17. Februar 2011 eingereichten Nachberechnungen der Abwasserabgabe unter Berücksichtigung der Vorbelastung nach der tatsächlichen Wasserentnahme ergeben sich für die jeweiligen Veranlagungsjahre und Einleitstellen (Regenerierabwasser / Kühlturmabflut) folgende Abwasserabgabenbeträge:
Jahr | Regenerierabwasser | Kühlturmabflut |
2002 | 715,80 Euro | 3.775,86 Euro |
2003 | 697,91 Euro | 3.614,80 Euro |
2004 | 0,00 Euro | 14.226,53 Euro |
2005 | 662,12 Euro | 4.545,33 Euro |
Soweit es die für die Jahre 2003 und 2004 für die Einleitstelle "Kühlturmabflut" betreffende Abwasserabgabe betrifft, ist anzumerken, dass die Nachberechnung vom 17. Februar 2011 eine (korrigierte) Berechung des jeweiligen Abgabenbetrags unter Berücksichtigung einer Überschreitung von Überwachungswerten enthält. Im Jahr 2003 wurde insoweit eine Überschreitung des Überwachungswertes für den Parameter CSB von 30 mg/l festgestellt; das höchste Messergebnis aus der behördlichen Überwachung betrug für diesen Parameter 37,8 mg/l. Dies hat zur Folge, dass sich gemäß § 4 Abs. 4 Satz 1 AbwAG die Zahl der Schadeinheiten um die Hälfte des Vomhundertsatzes erhöht; ausweislich der mit Schriftsatz vom 17. Februar 2011 nachgereichten und eine Überschreitung des Überwachungswertes berücksichtigenden Berechnung beträgt die insgesamt für die Einleitstelle "Kühltumabflut" im Veranlagungsjahr 2003 zu entrichtende Abwasserabgabe dann 3.614,80 Euro. Vergleichbares gilt für die im Veranlagungsjahr 2004 für die Einleitstelle "Kühlturmabflut" zu entrichtende Abwasserabgabe. Bei einem Überwachungswert von 55 mg/l und dem höchsten Messergebnis von 204 mg/l für den Parameter CSB ermittelt sich ausweislich der korrigierten Nachberechnung vom 17. Februar 2011 eine Abwasserabgabe für diese Einleitstelle im Jahr 2004 von insgesamt 14.226,53 Euro.
Fehler in der vom Beklagten vorgenommenen (Nach)Berechnung der Abwasserabgabe werden von der Klägerin, welcher die Nachberechnung zur Überprüfung und Stellungnahme übermittelt worden ist, nicht geltend gemacht; solche drängen sich auch nicht auf. Die angefochtenen Abgabenbescheide sind daher, soweit die in ihnen festgesetzten Abwasserabgaben die aufgeführten Beträge übersteigen, rechtswidrig und auf die Klage der Klägerin in diesem Umfang aufzuheben. Für das Veranlagungsjahr 2004 und die Einleitstelle "Regenerierabwasser" führt dies zu einer Aufhebung des Abgabenbescheides; die Abwasserabgabe beläuft sich hier auf "0" Euro.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.Die Entscheidung in Bezug auf die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. § 709 ZPO.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 17.877,12 Euro festgesetzt.
Gründe:
Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz. Der insoweit als Streitwert festgesetzte Betrag ermittelt sich insoweit aus der Differenz der mit den angegriffenen Bescheiden festgesetzten Abwasserabgaben jeweils in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07. Februar 2008 (gesamt: 46.115,47 Euro) und der unter Berücksichtigung der vollen Vorbelastung sich ergebenden Abwasserabgabenbeträge (gesamt: 28.238,35 Euro); in diesem Umfang erfasst die Anfechtung die streitbefangene Abgabenfestsetzung.