Gericht | LArbG Berlin-Brandenburg 10. Kammer | Entscheidungsdatum | 26.09.2011 | |
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Aktenzeichen | 10 Ta 1779/11 | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Auch nach dem formellen Abschluss des Hauptsacheverfahrens haben Zustellungen im PKH-Überprüfungsverfahren an den Prozessbevollmächtigten der Partei zu erfolgen, wenn dieser die Partei im PKH-Bewilligungsverfahren vertreten hat.
1. Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin vom 23. Juni 2011 wird der Beschluss des Arbeitsgerichtes Potsdam vom 28. April 2011 - 8 Ca 597/10 - abgeändert. Der Klägerin wird Prozesskostenhilfe mit Wirkung vom 23. Juni 2011 mit der Maßgabe bewilligt, dass hinsichtlich der Prozesskosten vorläufig kein eigener Beitrag zu leisten ist.
2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
3. Gegen diesen Beschluss ist für die Klägerin kein Rechtsmittel gegeben.
I.
1.
Die Klägerin hatte durch ihren Prozessbevollmächtigten am 16. März 2010 Klage vor dem Arbeitsgericht Potsdam unter anderem wegen einer Kündigung erhoben (Bl. 1 d.A.). Das Verfahren endete mit einem Vergleich in der Güteverhandlung am 8. April 2010 (Bl. 30-31 d.A.).
2.
Auf einen Antrag, den der Prozessbevollmächtigte der Klägerin am 1.4.2010 für diese stellte (Bl. P 6 d.A.), wurde ihr nach Einreichung der erforderlichen Unterlagen mit Beschluss vom 4. Mai 2010 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihres Prozessbevollmächtigten bei einer monatlichen Ratenzahlung von 95,-- EUR bewilligt (Bl. P 28-30 d.A.). Mit gerichtlichem Schreiben vom 14. Juni 2010 (Bl. P 35 d.A.) wurde der Klägerin mitgeteilt, dass der an die Landeskasse zurückzuerstattende Betrag insgesamt 694,37 EUR betrage. Ihrem Prozessbevollmächtigten wurde entsprechendes unter dem 14. Juni 2011 (Bl. P 36 d.A.) zur Kenntnis gebracht. In der Akte befindet sich weiter ein Ratenzahlungsplan vom 24. Juni 2010 (Bl. P 38 d.A.), wobei nicht ersichtlich ist, ob und ggf. wann dieser wem zugesandt worden ist. Dieser sah einen Zahlungsbeginn am 15. Juli 2010 vor. Zahlungen der Klägerin erfolgten in der Zeit bis Ende Oktober 2010 jedenfalls nicht.
3.
Mit Schreiben vom 1. November 2010 (Bl. P 40 d.A.) wandte sich die Klägerin unter Beifügung eines Bescheides der Bundesagentur für A. (Bl. P 41-42 d.A.) an die Landesjustizkasse B. und bat aufgrund ihrer momentanen wirtschaftlichen Lage um eine Reduzierung der Raten auf 30,-- EUR monatlich. Gleichzeitig zahlte die Klägerin einen Betrag von 30,-- EUR (Bl. P 43 d.A.) ein. Das Arbeitsgericht Potsdam änderte mit Beschluss vom 9. November 2010 (Bl. P 45-46 d.A.) den ursprünglichen Beschluss vom 4. Mai 2010 mit der Maßgabe, dass nunmehr statt der 95,-- EUR monatlich nur noch 30,-- EUR monatlich zu zahlen seien. Dieser Beschluss wurde der Klägerin am 10. November 2010 formlos übersandt. Nachdem die Klägerin im Dezember 2010 erneut 30,-- EUR eingezahlt hatte, zahlte sie im Januar 2011 lediglich noch 10,-- EUR ein.
4.
Mit Schreiben vom 30. März 2011 (Bl. P 50 d.A.) wurde die Klägerin auf den bis zum 15. April 2011 aufgelaufenen Rückstand von 110,-- EUR sowie auf die nach § 124 ZPO wegen des Zahlungsrückstandes drohende Aufhebung der Prozesskostenhilfe hingewiesen. Nachdem weder eine Zahlung noch eine andere Reaktion der Klägerin erfolgte, hob das Arbeitsgericht Potsdam mit Beschluss vom 28. April 2011 die Bewilligung der Prozesskostenhilfe auf (Bl. P 52-53 d.A.). Dieser Beschluss wurde der Klägerin ausweislich der Postzustellungsurkunde (Bl. 55 d.A.) am Samstag, dem 21. Mai 2011 durch Einlegen in den zur Wohnung gehörenden Briefkasten zugestellt. Dieser Beschluss war mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen, wonach die Klägerin gegen diesen Beschluss binnen einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung der Entscheidung eine sofortige Beschwerde einlegen könne.
5.
Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin, dessen Kanzlei zwischenzeitlich umfirmiert hatte, erhielt am Montag, dem 23. Mai 2011 Kenntnis von dem Beschluss vom 28. April 2011. Nachdem der Prozessbevollmächtigte der Klägerin mit Schriftsatz vom 8. Juni 2011 (Bl. P 56 d.A.) mitgeteilt hatte, dass er die Klägerin nunmehr vertrete, legte er mit Telefax vom Donnerstag, dem 23. Juni 2011 (Bl. P 57-58 d.A.) sofortige Beschwerde gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Potsdam vom 28. April 2011 ein. Zur Begründung führte er aus, dass und wie sich die wirtschaftliche Lage der Klägerin verschlechtert habe, so dass sie eine Ratenzahlung derzeit nicht leisten könne.
Nachdem der Prozessbevollmächtigte der Klägerin auf Anforderung des Arbeitsgerichts Potsdam für die Klägerin unter dem 21. Juli 2011 einen erneute Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse eingereicht hatte (Bl. P 68-74 d.A.) regte das Arbeitsgericht Potsdam mit Schreiben vom 26. Juli 2011 (Bl. P 75 d.A.) an den Prozessbevollmächtigten der Klägerin an, dass die Klägerin die bis zum 15. Juni 2011 aufgelaufenen Raten in Höhe von insgesamt 160,-- EUR sofort zahle und ab dem 1. Juli 2011 ratenfrei gestellt werde. Alternativ wurde angeregt, dass die Klägerin ihre sofortige Beschwerde zurücknehme, da angesichts ihres momentanen Einkommens eine Vollstreckung durch die Landeshauptkasse nicht möglich sei.
6.
Nachdem der Klägerinvertreter mit Schreiben vom 15. August 2011 „um Beschlussabänderung“ gebeten hatte (Bl. P 78 d.A.), beschloss das Arbeitsgericht Potsdam unter dem 17. August 2011 (Bl. P 80-82 d.A.), dass der sofortigen Beschwerde des Klägerinvertreters vom 23. Juni 2011 nicht abgeholfen und diese dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt werde. Die sofortige Beschwerde sei verspätet eingelegt worden, eine Freistellung von Raten ab dem 1. Juli 2011 sei nicht beabsichtigt. Sofern der Beschluss vom 28. April 2011 nicht rechtskräftig geworden wäre, sei zwar eine Abänderung der Ratenzahlung auf 0,00 EUR sachgerecht gewesen. Einer solchen Entscheidung stehe jedoch die Rechtskraft des Beschlusses vom 28. April 2011 entgegen, mit dem die Bewilligung der Prozesskostenhilfe für die Klägerin aufgehoben worden sei.
7.
Im Rahmen der Anhörung durch das Beschwerdegericht teilte der Vertreter der Klägerin mit, dass er erst am 23. Mai 2011 Kenntnis von dem Beschluss des Arbeitsgerichts Potsdam vom 28. April 2011 erlangt habe und die Zustellung des Abänderungsbeschlusses entgegen der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nicht an ihn, sondern - fehlerhaft - an die Klägerin selbst erfolgt sei.
II.
Die sofortige Beschwerde der Klägerin und Beschwerdeführerin ist gem. §§ 78 Satz 1 ArbGG, 127 Abs. 2 Satz 2 und 3, 567 ff. ZPO zulässig.
1.
In der Sache ist die sofortige Beschwerde auch begründet. Wie das Arbeitsgericht Potsdam zutreffend angenommen hat, ist aufgrund der aktuell im Verfahren der sofortigen Beschwerde mitgeteilten persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin eine Ratenzahlung derzeit bei der Klägerin nicht möglich.
2.
Dem steht auch - entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts Potsdam und der vorläufigen Ansicht des Beschwerdegerichts im Anhörungsschreiben vom 17. August 2011 nicht die Rechtskraft des Beschlusses vom 28. April 2011 entgegen. Denn auch nach dem formellen Abschluss des Hauptsacheverfahrens haben im Prozesskostenhilfeüberprüfungsverfahren (§§ 120 Abs. 4, 124 ZPO) Zustellungen jedenfalls dann gemäß § 172 Abs. 1 ZPO an den Prozessbevollmächtigten der Partei zu erfolgen, wenn dieser die Partei im Prozesskostenhilfebewilligungsverfahren vertreten hat (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Dezember 2010 - XII ZB 38/09; BAG, Beschluss vom 19. Juli 2006 - 3 AZB 18/06).
Deshalb konnte die - fehlerhafte - Zustellung am 21. Mai 2011 an die Klägerin persönlich die Frist für die sofortige Beschwerde nicht in Gang setzen. Da der Prozessbevollmächtigte der Klägerin nach seinen eigenen Angaben erst am Montag, dem 23. Mai 2011 von dem Beschluss Kenntnis erlangt hatte, konnte die Frist für die sofortige Beschwerde demgemäß frühestens am 24. Juni 2011 beginnen. Damit war die Einlegung der sofortigen Beschwerde vom 23. Juli 2011 innerhalb der Monatsfrist des § 127 Abs. 2 ZPO rechtzeitig.
3.
Allerdings ist eine Abänderung der Ratenzahlung nur mit Wirkung für die Zukunft auszusprechen, da die Klägerin erstmals im Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 23. Juni 2011 auf ihre weiter verschlechterte Lage hingewiesen hatte.
III.
Ein Grund, der die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach §§ 78 Satz 2, 72 Abs. 2 ArbGG rechtfertigen könnte, besteht nicht.