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Betriebliche Voraussetzung - Zentrum für Rationalisierung und Kleinmechanisierung im Handwerk (ZRK) - Zentrum Organisation und Datenverarbeitung Bauwesen Berlin (ZOD)


Metadaten

Gericht LSG Berlin-Brandenburg 33. Senat Entscheidungsdatum 09.05.2012
Aktenzeichen L 33 R 1238/08 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 1 AAÜG, § 5 AAÜG

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 19. Dezember 2006 wird zurückgewiesen.

Die Klage gegen den Bescheid vom 21. Januar 2009 wird abgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger 2/3 der außergerichtlichen Kosten des Widerspruchsverfahrens und des erstinstanzlichen Verfahrens zu erstatten sowie 1/10 der Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger begehrt als Rechtsnachfolger seiner verstorbenen Mutter die Feststellung der Zeit vom 1. Januar 1979 bis 31. Dezember 1985 als solche der Zugehörigkeit zum Versorgungssystem der technischen Intelligenz bzw. der wissenschaftlichen Intelligenz bzw. der freiwilligen zusätzlichen Altersversorgung für hauptamtliche Mitarbeiter des Staatsapparates sowie höhere Entgelte für die Jahre 1969 bis 1974, 1975 bis 1978 und 1988.

Die verstorbene Klägerin, Frau G R (im Folgenden: die Versicherte), war geboren 1940 und ist 2009 verstorben. Am 12. September 1967 bestand sie die staatliche Abschlussprüfung als Techniker für Funktechnik. Nach einem Studium an der Ingenieurschule für in der Fachrichtung „Geräte und Anlagen der Nachrichtentechnik“ erhielt sie am 26. Juli 1974 in der DDR das Recht, die Berufsbezeichnung Ingenieur zu führen.

Nachdem die Versicherte bereits seit Januar 1961 als technische Assistentin tätig war, arbeitete sie nach dem Abschluss als Techniker ab dem 15. September 1969 als solcher und zwar bei dem Institut für Regelungstechnik. Seit dem 1. September 1974 war sie bei dem gleichen Institut als Ingenieur tätig. Ab 1. Januar 1979 arbeitete die Versicherte bei dem Zentrum für Rationalisierung und Kleinmechanisierung im Handwerk (ZRK) als wissenschaftliche Mitarbeiterin. Ab 10. Oktober 1983 war sie als Ingenieur für Information bei dem Zentrum Organisation und Datenverarbeitung (ZOD) Bauwesen Berlin tätig. Anschließend arbeitete sie ab Januar 1986 als Dispatcher bei dem VEB, Stammbetrieb des VEB Kombinat . Diese Tätigkeit übte sie auch am 30. Juni 1990 aus. Beiträge zur Freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) zahlte die Versicherte ab 1. September 1985, und zwar für das Einkommen in Höhe bis 1.200 Mark monatlich.

Mit Bescheid vom 16. Dezember 2002 lehnte die Beklagte die Feststellung der Beschäftigungszeit vom 15. September 1969 bis 30. Juni 1990 als solche der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) mit der Begründung ab, die Voraussetzungen seien nicht erfüllt. Weder habe eine positive Versorgungszusage zu Zeiten der DDR vorgelegen, noch sei am 30. Juni 1990 eine Beschäftigung ausgeübt worden, die – aus bundesrechtlicher Sicht – dem Kreis der obligatorisch Versorgungsberechtigten zuzuordnen wäre. Das AAÜG sei nicht anwendbar.

Den am 8. Januar 2003 eingegangenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 26. September 2003 zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Versicherte zwar berechtigt sei, den Titel eines Ingenieurs bzw. Ingenieur-Ökonomen zu führen, sie sei jedoch nicht als Ingenieur, sondern als Dispatcher beschäftigt gewesen.

Der Widerspruchsbescheid wurde der Versicherten an ihrem Wohnort in Italien bekannt gegeben.

Mit der am 7. November 2003 bei dem Sozialgericht Berlin eingegangenen Klage hat die Versicherte ihr Begehren weiter verfolgt. Mit Schriftsatz vom 30. April 2004 hat die Beklagte ein Anerkenntnis dahingehend abgegeben, dass sie die Zeit vom 15. September 1969 bis 31. Dezember 1978 und vom 1. Januar 1986 bis 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG (zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz) festgestellt hat. Dieses Teilanerkenntnis hat die Versicherte mit Schriftsatz vom 30. Juni 2004 angenommen.

Die Beklagte nahm dahingehend Stellung, dass sie bezüglich des ZOD (Zeit vom 1. Januar 1979 bis 30. September 1983) an ihrem Klageabweisungsantrag festhalte. Der ZOD sei laut Systematik der Volkswirtschaftszweige ein Rechenbetrieb gewesen. Laut § 3 der von der Beklagten eingereichten „Anweisung über die Bildung des ZOD“ vom 15. September 1970 handelte es sich bei diesem um ein wissenschaftliches Zentrum des Magistrats von Groß Berlin – Bezirksbauamt – zur Durchsetzung hocheffektiver Planungs- und Leitungsmethoden.

Mit Bescheid vom 17. September 2004 führte die Beklagte ihr Teilanerkenntnis bezüglich der Feststellung von Zusatzversorgungszeiten aus. Der Bescheid enthält folgenden Eingangssatz: „Die Voraussetzungen des § 1 AAÜG sind erfüllt“.

Die Klägerin machte geltend, dass für die Zeit beim ZOD eine Zugehörigkeit zum System Nr. 4 (Altersversorgung der Intelligenz an wissenschaftlichen, künstlerischen, pädagogischen und medizinischen Einrichtungen – im Folgenden : AVIwiss) oder Nr. 19 (Freiwillige zusätzliche Altersversorgung für hauptamtliche Mitarbeiter des Staatsapparates – im Folgenden : FZA) der Anlage 1 zum AAÜG bestanden habe. Hierzu entgegnete die Beklagte, dass es sich nicht um einen Betrieb gemäß § 6 der Verordnung der wissenschaftlichen Intelligenz gehandelt habe. Das System Nr. 19 habe einen Beitritt erfordert, außerdem habe es sich bei dem ZOD nicht um eine Einrichtung des Staatsapparates gehandelt.

Die Beklagte teilte mit, dass ihr keine Unterlagen bezüglich des Zentrums für Rationalisierung und Kleinmechanisierung im Handwerk (ZRK) vorlägen. Das Amtsgericht Charlottenburg habe keine Unterlagen übermitteln können.

Mit Urteil vom 19. Dezember 2006 hat das Sozialgericht Berlin die Klage abgewiesen. Bei dem ZRK habe es sich nicht um einen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens gehandelt, der ZOD sei ein Betrieb der Datenverarbeitung gewesen, der ebenfalls kein volkseigener Produktionsbetrieb gewesen sei, aber auch keine Einrichtung des § 6 der Verordnung der Intelligenz an wissenschaftlichen, künstlerischen, pädagogischen und medizinischen Einrichtungen der DDR.

Gegen das am 26. Februar 2007 zugestellte Urteil hat die Versicherte am 26. März 2007 Berufung bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingelegt.

Mit Schriftsatz vom 6. August 2008 teilte die Versicherte mit, dass sie für die Jahre 1974, 1986, 1987 und 1989 höhere Entgelte unter Berücksichtigung einer Jahresendprämie begehre.

Mit Bescheid vom 21. Januar 2009 hat die Beklagte höhere Entgelte für die Jahre 1986, 1987 und 1989 festgestellt, nachdem die Versicherte entsprechende Unterlagen eingereicht hatte. Gleichzeitig hat sie es abgelehnt, für die Zeit vom 15. September 1969 bis 31. August 1971, vom 1. September 1974 bis 31. Dezember 1978, vom 1. Januar 1988 bis 31. Dezember 1988 und vom 1. Januar 1990 bis 30. Juni 1990 höhere Arbeitsverdienste anzuerkennen, weil deren Zufluss weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht worden sei. Die Anerkennungsprämie für 1974 könne nicht berücksichtigt werden, da zum Zeitpunkt des Zuflusses keine Beschäftigung ausgeübt worden sei. Weiter wurde (erneut) die Feststellung von Zusatzversorgungszeiten für die Jahre 1979 bis 1985 abgelehnt.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 19. Dezember 2006 aufzuheben und die Bescheide der Beklagten vom 17. September 2004 und 21. Januar 2009 zu ändern und die Beklagte zu verpflichten, die Zeit vom 1. Januar 1979 bis 31. Dezember 1985 als solche der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem der Intelligenz (der technischen Intelligenz, der wissenschaftlichen Intelligenz oder der freiwilligen zusätzlichen Altersversorgung für hauptamtliche Mitarbeiter des Staatsapparates) festzustellen sowie für die Jahre 1969 bis 1971, 1974 bis 1978, 1988 und vom 1. Januar 1990 bis 30. Juni 1990 höhere Entgelte festzustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen und die Klage gegen den Bescheid vom 21. Januar 2009 abzuweisen.

Sie hält ihre Bescheide für (nunmehr) zutreffend.

Der Senat hat eine Anfrage an die R GmbH gestellt, die mit Schreiben vom 27. Juni 2011 und 29. Juni 2011 mitgeteilt hat, dass für die Zeit von Januar 1988 bis 30. Juni 1990 und von Januar 1969 bis Dezember 1978 für die Versicherte keine Unterlagen vorhanden sind bzw. keine Nachweise über Prämienzahlungen.

Die Berichterstatterin hat im Erörterungstermin vom 20. Juli 2011 den ehemaligen Mitarbeiter des ZRK im Bereich Technologie und Rationalisierungsbau, Herrn W, als Zeugen vernommen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Niederschrift des Erörterungstermins vom 20. Juli 2011 verwiesen.

Weiter hat der Senat den ehemaligen Betriebsdirektor des VEB ZOD, Herrn T, von dem ersuchten Richter des Sozialgerichts Gotha als Zeugen vernehmen lassen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Niederschrift vom 8. März 2012 verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der eingereichten Schriftsätze der Beteiligten und den übrigen Akteninhalt verwiesen.

Die die Versicherte betreffende Verwaltungsakte der Beklagten hat dem Senat vorgelegen und ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe

Der Senat konnte trotz des Nichterscheinens des Klägers bzw. seiner Prozessbevollmächtigten verhandeln und entscheiden, da diese in der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden sind.

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§ 151 SGG) ist, soweit ihr nicht durch Teilanerkenntnis durch Anerkennung höherer Entgelte abgeholfen worden ist, nicht begründet. Das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 19. Dezember 2006 und der Bescheid der Beklagten vom 17. September 2004, der gemäß § 96 SGG Gegenstand des Klageverfahrens geworden war und der den Bescheid vom 16. Dezember 2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. September 2002 ersetzt hat, sowie der Bescheid vom 21. Januar 2009, der gemäß § 96 SGG Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden ist und als mit Klage angefochten gilt, sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat keinen Anspruch darauf, dass die Zeit vom 1. Januar 1979 bis 31. Dezember 1985 als (weitere) Zeit der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 zum AAÜG festgestellt wird sowie auf Feststellung höherer Entgelte für die Zeit vom 1. Januar 1969 bis 31. Dezember 1971, sowie für die Jahre 1974 bis 1978, 1988 und 1990.

Die Beklagte hat für den Zeitraum Januar 1979 bis Dezember 1985 nicht gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 und 2 sowie Abs. 2 und 3 AAÜG Zeiten gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 AAÜG festzustellen, dem zuständigen Rentenversicherungsträger mitzuteilen und dem Kläger hierüber einen Bescheid zu erteilen, da die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Satz 1 AAÜG, der hier als Rechtsgrundlage heranzuziehen ist, hinsichtlich des streitgegenständlichen Zeitraums nicht erfüllt sind. Die zuletzt genannte Vorschrift lautet:

Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem, in denen eine Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt worden ist, gelten als Pflichtbeitragszeiten der Rentenversicherung.

Die Feststellung von Pflichtbeitragszeiten scheitert allerdings nicht bereits daran, dass das AAÜG für den Kläger bzw. für die Versicherte nicht anwendbar wäre. Die rechtmäßige Anwendung der §§ 5 bis 8 AAÜG setzt notwendig voraus, dass das Gesetz nach den Kriterien des § 1 Abs. 1 AAÜG überhaupt einschlägig ist (vgl. Urteil des Bundessozialgerichts – BSG – vom 18. Juni 2003, Az. B 4 RA 50/02 R, juris RdNr. 12).

Das AAÜG ist auf die Versicherte anwendbar, da die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 AAÜG erfüllt sind. Nach dieser Vorschrift gilt das AAÜG für Ansprüche und Anwartschaften, die aufgrund der Zugehörigkeit zu Zusatz- und Sonderversorgungssystemen (Versorgungssysteme) im Beitrittsgebiet (§ 18 Abs. 3 Sozialgesetzbuch IV) erworben sind. Nach der Rechtsprechung des BSG ist § 1 Abs. 1 AAÜG verfassungskonform ausdehnend so auszulegen, dass eine Versorgungsanwartschaft auch bei Nicht-Einbezogenen in Betracht kommt, jedoch nur dann, wenn jemand aufgrund der am 30. Juni 1990 gegebenen Sachlage einen fiktiven „Anspruch auf Versorgungszusage“ rückschauend nach den zu Bundesrecht gewordenen Regelungen der Versorgungssysteme gehabt hat. Dies ist dann der Fall, wenn jemand am 30. Juni 1990 eine Beschäftigung ausgeübt hat, aufgrund welcher ihm nach Bundesrecht zwingend eine Versorgungszusage zu erteilen gewesen ist, die dann – aus bundesrechtlicher Sicht rückschauend – keine rechtsbegründende, sondern nur noch rechtsfeststellende Bedeutung hat (vgl. z. B. Urteil vom 9. April 2002, Az. B 4 RA 41/01 R; Urteil vom 18. Dezember 2003, Az. B 4 RA 20/03 R und, aus jüngerer Zeit Urteil des nunmehr für Streitigkeiten nach dem AAÜG zuständigen 5. Senats des BSG vom 19. Oktober 2010, Az. B 5 RS 3/09 R, juris RdNr. 23). Sind diese Voraussetzungen erfüllt, bestand – fiktiv – eine Versorgungsanwartschaft aus einem Zusatzversorgungssystem. Ob diese bestand, und damit das AAÜG ggf. für einen Versicherten anwendbar ist, ist vom Versorgungsträger oder durch rechtskräftiges Urteil festzustellen – so genannte Statusfeststellung – (vgl. Urteile des BSG vom 29. Oktober 2002, Az. B 4 RA 27/02 R, juris RdNr. 19, 20 = SozR 3-2600 § 307 b Nr. 10, und vom 18. Juni 2003, Az. B 4 RA 50/02 R, juris RdNr. 13).

Für die Versicherte liegt eine entsprechende positive Statusfeststellung vor. Die Beklagte hat mit Bescheid vom 17. September 2004 festgestellt, dass die Voraussetzungen des § 1 AAÜG erfüllt sind. Der Bescheid ist insoweit bestandskräftig geworden. Der Senat hat daher nicht mehr zu prüfen, ob die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 AAÜG am 30. Juni 1990 tatsächlich erfüllt waren.

Das AAÜG ist damit zwar auf die Versicherte anwendbar, für den Zeitraum Januar 1979 bis Dezember 1985 sind dennoch keine Zugehörigkeitszeiten gemäß § 5 Abs. 1 AAÜG festzustellen.

Bezüglich des Zeitraums Januar 1979 bis 30. September 1983, während dessen die Versicherte bei dem ZRK als wissenschaftliche Mitarbeiterin tätig war, gilt Folgendes: Hier kommt allein eine Zugehörigkeit zum Versorgungssystem der technischen Intelligenz (System Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG) in Betracht. Nach den Regelungen dieses Versorgungssystems, nämlich der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 17. August 1950 (Gesetzblatt der DDR I Nr. 93 Seite 844 - im Folgenden: VO AVItech) und der 2. Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 24. Mai 1951 (Gesetzblatt der DDR Nr. 62 Seite 487) - im Folgenden: 2. DB - hängt ein Anspruch auf Feststellung von Zusatzversorgungszeiten von drei (persönlichen, sachlichen und betrieblichen) Voraussetzungen ab. Das System war eingerichtet für

1. Personen, die berechtigt waren, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen und

2. die entsprechende Tätigkeit tatsächlich ausgeübt haben, und zwar

3. in einem volkseigenen oder diesem gleichgestellten Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens.

Die Versicherte erfüllt zwar die persönliche Voraussetzung, da sie berechtigt war, die Berufsbezeichnung „Ingenieur“ zu führen. Dahingestellt bleiben kann, ob auch die sachliche Voraussetzung erfüllt ist. Der Senat konnte sich jedenfalls nicht davon überzeugen, dass die betriebliche Voraussetzung erfüllt ist, d. h. dass Hauptzweck des ZRK die Massenproduktion von Sachgütern war.

Das BSG hat entschieden, dass nach den Regelungen des Versorgungssystems der technischen Intelligenz nur solche volkseigenen Betriebe einbezogen waren, die organisatorisch dem industriellen Produktionssektor der DDR-Planwirtschaft zugeordnet waren und deren Hauptzweck auf die industrielle Fertigung, Fabrikation, Herstellung bzw. Produktion (fordistisches Produktionsmodell) von Sachgütern ausgerichtet war (vgl. Urteil des BSG vom 9. April 2002, Az. B 4 RA 41/01 R, dokumentiert in juris). Nach der Rechtsprechung des BSG hängtdie Zuordnung eines bestimmten VEB zur industriellen Produktion (bzw. zum Bauwesen) oder zu einem anderen Bereich der Volkswirtschaft entscheidend davon ab, welche Aufgabe dem VEB das Gepräge gegeben hat. Hierfür kommt es maßgeblich auf die tatsächlichen Verhältnisse des jeweiligen Betriebes an. Die Tatsacheninstanzen haben nach Bundesrecht auf Grund der tatsächlich wahrgenommenen Aufgaben, der Organisation und der Mittelverwendung durch Beweiswürdigung (§ 128 SGG) zu klären, welcher Hauptzweck tatsächlich verfolgt wurde. Hierfür können z.B. Eintragungen in die Liste der volkseigenen Betriebe, Statuten und Geschäftsunterlagen, ebenso aber auch die Zuordnung zu bestimmten Ministerien der DDR wichtige Hilfstatsachen (Indizien) sein, welche bei der Beweiswürdigung für die Geprägefeststellung erheblich werden können (vgl. Urteil vom 18. Dezember 2003, Az. B 4 RA 18/03 R, juris Rn. 22 = SozR 4-8570 § 1 Nr. 1).

Die Vernehmung des Zeugen W, der in der Zeit von 1978 bis 1981 beim ZRK als Maschinenbauingenieur tätig war, hat ergeben, dass es sich bei dem ZRK um einen Rationalisierungsbetrieb gehandelt hat. Der Zeuge hat angegeben, dass Hauptzweck des ZRK die Produktionsvorbereitung war. Sie hätten Innovationen aufgegriffen und in die Praxis umgesetzt, und zwar für das gesamte Handwerk, z. B. Uhrmacherbetriebe oder Kfz-Betriebe. Sie hätten auch Baugruppen für die Industrie vorbereitet. Selbst hergestellt hat der Betrieb nach der Aussage des Zeugen W jedoch nicht. Der Betrieb hat die technischen Voraussetzungen für die Produktion entwickelt, und zwar im In- und Ausland. Konkret ging es so vor sich, dass die Betriebe, also Handwerksbetriebe, auf den ZRK zugekommen sind. Die Ingenieure sind dann in den Betrieb gegangen und haben Pläne entwickelt, wie ein bestimmtes Vorhaben durchgeführt werden kann, z. B. ein Konzept erstellt. Die Betriebe haben dann dieses Konzept umgesetzt, indem sie z. B. Maschinen bei anderen Betrieben in Auftrag gegeben haben. Nach der Aussage des Zeugen W fiel das, was der ZRK an Aufgaben durchgeführt hat, in der DDR unter den Oberbegriff „Rationalisierung“. Im Prinzip sei es Produktionsmittelherstellung gewesen. Dabei sind die Produktionsmittel vom ZRK nicht selbst hergestellt, sondern geplant worden.

Nach der Aussage des Zeugen W ist der Senat davon überzeugt, dass es sich bei dem Betrieb um einen so genannten Rationalisierungsbetrieb handelte, der nach der Rechtsprechung des BSG keinen Produktionsbetrieb im Sinne der 2. DB darstellt (vgl. Urteil des BSG vom 27. Juli 2004, Az. B 4 RA 8/04 R, dokumentiert in juris).

Beim ZRK handelte es sich auch nicht um einen gleichgestellten Betrieb im Sinne der Versorgungsordnung. Nach § 1 Abs. 2 2. DB waren den volkseigenen Produktionsbetrieben gleichgestellt:

Wissenschaftliche Institute; Forschungsinstitute; Versuchsstationen; Laboratorien; Konstruktionsbüros; Technische Hochschulen; Technische Schulen; Bauakademien und Bauschulen; Bergakademien und Bergbauschulen; Schulen, Institute und Betriebe der Eisenbahn, Schifffahrt sowie des Post- und Fernmeldewesens; Maschinen- Ausleih- Stationen und volkseigene Güter, Versorgungsbetriebe (Gas, Wasser, Energie); Vereinigungen volkseigener Betriebe, Hauptverwaltungen und Ministerien.

Rationalisierungsbetriebe sind in dieser Aufzählung, die abschließend ist, nicht genannt.

Auch bezüglich des ZOD hat der Kläger keinen Anspruch auf Feststellung der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem der Anlage 1 zum AAÜG. Auch hier liegen die o. g. Voraussetzungen für eine Feststellung der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz nicht vor. Es handelte es sich bei dem ZOD nicht um einen Produktionsbetrieb der Industrie, dessen Hauptzweck die Produktion von Sachgütern war. Da der Kläger dies selbst nicht mehr geltend macht, sondern die Feststellung der Zugehörigkeit zum Versorgungssystem Nr. 4 bzw. Nr. 19 der Anlage 1 zum AAÜG, sind weitere Ausführungen hierzu entbehrlich.

Die Voraussetzungen für die Feststellung der Zugehörigkeit zum Versorgungssystem AVIwiss sind nicht erfüllt. Dahingestellt bleiben kann dabei, ob die Versicherte die persönliche Voraussetzung erfüllte, da sie nicht im Besitz eines Hochschulabschlusses gewesen sein dürfte. Fraglich ist auch, ob sie die sachliche Voraussetzung erfüllte, d.h., als Wissenschaftlerin arbeitete.

Jedenfalls handelte es sich bei dem ZOD nicht um eine wissenschaftliche Einrichtung im Sinne des § 1 bzw. des § 6 der Verordnung über die Altersversorgung der Intelligenz an wissenschaftlichen, künstlerischen, pädagogischen und medizinischen Einrichtungen der Deutschen Demokratischen Republik vom 12. Juli 1951, GBl. der DDR Nr. 85 Seite 675, in der Fassung der Verordnung vom 13. Mai 1959, GBl. I der DDR Nr. 32 Seite 521 (AVVO-Int).

§ 1 AVVO-Int lautete:

Für die Intelligenz an den wissenschaftlichen, medizinischen, pädagogischen und künstlerischen Einrichtungen der Deutschen Demokratischen Republik wird über den Rahmen der Sozialversicherung hinaus eine zusätzliche Altersversorgung eingeführt.

§ 6 AVVO-Int lautete:

Wissenschaftliche, künstlerische, pädagogische und medizinische Einrichtungen der Deutschen Demokratischen Republik im Sinne des § 1 dieser Verordnung sind: wissenschaftliche und künstlerische Akademien, Universitäten und Hochschulen, Forschungsinstitute, wissenschaftliche und künstlerische Bibliotheken, Kunstsammlungen und Museen und ihnen entsprechende künstlerisch-wissenschaftliche Einrichtungen, öffentliche Theater- und Kulturorchester (einschließlich solcher von Organisationen, soweit sie von der staatlichen Kommission für Kunstangelegenheiten anerkannt sind), künstlerische Einrichtungen des Films und des Rundfunks in der Deutschen Demokratischen Republik, alle Einrichtungen des öffentlichen Bildungs- und Erziehungswesens sowie alle Einrichtungen des öffentlichen Gesundheitswesens.

Nach der Aussage des vom Sozialgericht Gotha durch den ersuchten Richter vernommenen ehemaligen Betriebsdirektors des VEB ZOD handelte es sich bei diesem nicht um eine wissenschaftliche Einrichtung im Sinne des § 6 AVVO-Int. Der Zeuge hat bekundet, dass die Hauptaufgabe des ZOD aus dem Bauwesen abgeleitet war. Es ging darum, mittels EDV Projekte zu erstellen, statistische Berechnungen z. B. für Brücken oder einen Fernsehturm usw. durchzuführen. Hierfür wurden EDV-Programme entwickelt. Es ging auch um die Kostenplanung, Mengenermittlung und den Ablauf von Bauvorhaben. Es wurden in dem Betrieb aber auch zentral die Löhne und Gehälter für die Beschäftigten des Bauwesens in Berlin geführt; der Zeuge schätzt, dass dies für ca. 60.000 Mitarbeiter geschah. Die Hauptaufgabe hat sich nach dem Bekunden des Zeugen im Laufe der Zeit verändert. Zu Beginn in der Aufbauphase ging es darum, die EDV-Programme zu entwickeln. Später wurden dann diese EDV-Programme praktisch angewendet und für konkrete Projekte auch umgesetzt. Der Zeuge hat angegeben, dass die Hauptaufgabe des ZOD nicht auf dem Gebiet der Wissenschaft lag. Es ging um die konkrete Anwendung von EDV-Programmen. Auch um ein Forschungsinstitut hat es sich nach Aussage des Zeugen nicht gehandelt und auch ansonsten nicht um eine wissenschaftliche Einrichtung. Der Senat hat keine Zweifel an der Richtigkeit der Aussage des Zeugen und legt diese seiner Entscheidung zu Grunde.

Da damit die Voraussetzungen der Einbeziehung in das Zusatzversorgungssystem der wissenschaftlichen Intelligenz nicht erfüllt sind, kommt eine Feststellung entsprechender Zeiten gemäß § 5 AAÜG für die Versicherte nicht in Betracht.

Auch die Feststellung der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem Nr. 19 der Anlage 1 zum AAÜG, nämlich der freiwilligen zusätzlichen Altersversorgung für hauptamtliche Mitarbeiter des Staatsapparates, kommt für die Versicherte nicht in Betracht. Das BSG hat zwar in seinem Urteil vom 19. Juli 2011, Az. B 5 Rs 7/09 R, dokumentiert in juris, entschieden, dass auch bei fehlendem Beitritt zu diesem System eine nachträgliche Feststellung von Zeiten grundsätzlich möglich ist. Entscheidend ist nach dem zuletzt genannten Urteil in derartigen Fällen allein, ob eine konkret in Frage stehende entgeltliche Beschäftigung oder Tätigkeit nach den Texten der in den Anlagen 1 und 2 zum AAÜG aufgelisteten Versorgungsordnungen, an die § 5 Abs. 1 AAÜG als relevante Fakten – nicht normativ – anknüpft, zu denjenigen gehört, derentwegen wegen ihrer Art nach eine zusätzliche Altersversorgung vorgesehen war (BSG, a.a.O., juris RdNr. 16 m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind im Falle der Versicherten nicht erfüllt. Bei dem VEB ZOD handelte es sich nicht um ein örtliches Organ des Staatsapparates gemäß der Anlage 2 des (nicht veröffentlichten) Beschlusses zur Ordnung über die freiwillige zusätzliche Altersversorgung für Mitarbeiter des Staatsapparates vom 29. Januar 1971 (im Folgenden: Ordnung FZA). Nach Nr. 1 der Ordnung FZA wurde für Mitarbeiter des Staatsapparates eine freiwillige zusätzliche Altersversorgung eingeführt. Nach Nr. 2 galt die Ordnung gemäß Ziffer 1 für die in der Anlage 2 genannten Staatsorgane. In der Anlage 2 sind als Organe des örtlichen Staatsapparates genannt die Räte der Bezirke, der Kreise, Städte und Gemeinden ausgenommen unterstellte Institute und Einrichtungen; die Wirtschaftsräte der Bezirke ausgenommen unterstellte Institute und Einrichtungen; die Räte für landwirtschaftliche Produktion und Nahrungsgüterwirtschaft der Bezirke ausgenommen unterstellte Institute und Einrichtungen sowie die Räte für landwirtschaftliche Produktion und Nahrungsgüterwirtschaft der Kreise ausgenommen unterstellte Institute und Einrichtungen.

Gemäß § 3 der Anweisung über die Bildung des VEB Zentrum Organisation und Datenverarbeitung Bauwesen Berlin vom 15. September 1970 war der VEB ZOD das wissenschaftliche Zentrum des Magistrats von Groß-Berlin, Bezirksbauamt, zur Durchsetzung hocheffektiver Planungs- und Leitungsmethoden unter Einsatz der elektronischen Datenverarbeitung in der bezirksgeleiteten Berliner Bauindustrie. Auch gemäß des Registerauszuges war der VEB ZOD dem Magistrat von Groß-Berlin, Bezirksbauamt, unterstellt. Der Zeuge T hat die Unterstellung unter den Magistrat der Stadt Berlin bestätigt. Damit handelte es sich bei dem VEB ZOD um eine unterstellte Einrichtung des Rates der Stadt Berlin. Damit ist die Voraussetzung für eine nachträgliche Feststellung von Zusatzversorgungszeiten im System Nr. 19 der Anlage 1 zum AAÜG nicht erfüllt.

Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Feststellung höherer Entgelte für die im Antrag genannten Zeiten. Die Ermittlungen des Senats bei der Firma R blieben diesbezüglich erfolglos. Der Kläger konnte Unterlagen über den Erhalt höherer Entgelte nicht beibringen. Weitere Ermittlungsmöglichkeiten sieht der Senat nicht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG und berücksichtigt, dass während des erstinstanzlichen Verfahrens einem erheblichen Teil des Klagebegehrens abgeholfen wurde sowie während des Berufungsverfahrens höhere Entgelte berücksichtigt wurden.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.