Gericht | OLG Brandenburg 4. Senat für Familiensachen | Entscheidungsdatum | 02.01.2017 | |
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Aktenzeichen | 13 UF 87/16 | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen |
1. Der Wert von Auskunftsansprüchen als Hilfsansprüchen lässt sich für den Auskunftsgläubiger regelmäßig mit einem Fünftel des in Rede stehenden Zahlungsanspruchs veranschlagen (vgl. BGH FamRZ 2016, 454).
2. Der Auskunftsanspruch aus § 1379 Abs. 1 BGB entsteht mit Rechtshängigkeit eines Scheidungsantrages (vgl. Baumgärtel/Laumen, Handbuch der Beweislast, 3. Auflage, § 1379 BGB, Rn. 2).
3. Zu den Voraussetzungen einer Erfüllung des Auskunftsanspruchs (§ 362 BGB) oder seiner treuwidrigen Geltendmachung (§ 242 BGB)
I. Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Antragsgegner in Abänderung des Teil-Beschlusses des Amtsgerichts Senftenberg vom 26.04.2016 – 35 F 23/15 – verpflichtet, der Antragstellerin Auskunft zu erteilen über sein zum 02.02.1996 – Anfangsvermögen –, zum 11.08.2012 – Trennungszeitpunkt – und zum 16.04.2014 – Endvermögen – vorhandenes Aktivvermögen und Schuldposten durch Vorlage eines schriftlichen, systematisch gegliederten Bestandsverzeichnisses unter Angabe von Art und Umfang der Einzelposten, einschließlich wertbildenden Faktoren, Aktiva und Passiva, insbesondere über
– Bausparguthaben
– Bargeld, Bankgirokonten, Sparkonten, Festgeldkonten, sonstige Konten
– Wertpapiere, Aktien, Depots
– Sparbriefe, Obligationen, Schuldverschreibungen
– Genossenschaftsanteile, Beteiligungen/Unterbeteiligungen aller Art
– Pflichtteils-/Pflichtteilsergänzungsansprüche, Erb- und Erbersatzansprüche gemäß § 1374 Abs. 2 BGB
– Schenkungen im Sinne des § 1374 Abs. 2 BGB
– Anteile an Investmentfonds/Aktien
– Investmentanteile/Fonds aller Art
– private oder sonstige Darlehensforderungen, egal ob fällig oder nicht
– Steuererstattungsansprüche in allen Steuerarten
– Fahrzeuge, wie Pkw, Motorräder, Wohnwagen, Anhänger etc.
– Kapitallebensversicherungen
– weitere Versicherungen, soweit diese unter §§ 1374,1375 BGB fallen,
– am Stichtag fällige Ansprüche, zum Beispiel Schadenersatz, Unterhaltsansprüche
– Nießbrauchrechte, Grundstücke, bebaute und unbebaute
– sowie weitere Vermögenswerte
und die Auskunft zu belegen durch Vorlage der der Auskunft zu Grunde liegenden Belege, insbesondere der Kontoauszüge für Girokonten, Aktien, Fonds, Bausparkonten, Sparkonten, Sparguthaben, bei Vorhandensein von Aktien und Aktienfonds der etwaigen Kontoauszüge, insbesondere aus Kapitalvermögen, bei Kapitallebensversicherungen durch Vorlage der Versicherungsverträge mit Restkaufwert sowie Rentenversicherungen, soweit diese nicht in den Versorgungsausgleich fallen, und Unterlagen wie Grundbuchauszug und Grundsteuerbescheide zu Grundstücken, bebauten und unbebauten.
II. Der Antragsgegner hat die Kosten der Beschwerde zu tragen.
III. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf bis zu 1.000 € festgesetzt.
IV. Der Antragstellerin wird Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren bewilligt unter Beiordnung von Rechtsanwalt …, Senftenberg.
I.
Die Antragstellerin wendet sich gegen die Abweisung eines Auskunfts- und Beleganspruches, mit denen sie einen Zugewinnausgleichsanspruch im Stufenverfahren verfolgt, dessen Gegenstandswert sie mit 4.000 € beziffert.
Der Ehescheidungsantrag wurde dem Antragsgegner am 16.04.2014 zugestellt (42, 80).
Er hat geltend gemacht, die Auskünfte seien bereits außergerichtlich erteilt worden, woraufhin in einem Protokoll vom 17.09.2012 festgehalten sei, dass ein Zugewinnausgleich nicht stattfinden solle. Eine notarielle Beurkundung sei aus nicht bekannten Gründen unterblieben.
Mit dem angefochtenen Teilbeschluss hat das Amtsgericht den Antrag auf Auskunftserteilung abgewiesen. Eine Entscheidung zum Beleganspruch, der im Tatbestand erwähnt ist, ist nicht tenoriert. Das Amtsgericht hat gemeint, das Vorbringen zur Auskunft sei völlig unsubstanziiert, deshalb unbegründet und das Vorbringen der Antragstellerin aus einem Schriftsatz vom 24.03.2016 sei verspätet.
Mit ihrer hiergegen gerichteten Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihre Auskunfts- und Belegansprüche uneingeschränkt weiter. Das Amtsgericht habe ihre Ansprüche rechtsfehlerhaft verneint.
Sie beantragt,
wie erkannt.
Der Antragsgegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er hält die Beschwerde für unzulässig und verteidigt den angefochtenen Beschluss.
Wegen der weiteren Einzelheiten des zweitinstanzlichen Sach- und Streitstandes verweist der Senat auf den Schriftsatzwechsel im Beschwerderechtszug. Er entscheidet, wie angekündigt (83), ohne mündliche Verhandlung (§ 117 Abs. 3, 68 Abs. 2 S. 2 FamFG), von der ein weiterer Erkenntnisgewinn nicht zu erwarten war.
II.
Die nach den §§ 58 ff, 117 FamFG statthafte Beschwerde der Antragstellerin hat Erfolg.
1. Sie ist zulässig. Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt 600 €, § 61 Abs. 1 FamFG. Den Wert von Auskunftsansprüchen als Hilfsansprüchen veranschlagt der Senat für den Auskunftsgläubiger in ständiger Übung regelmäßig mit einem Fünftel des in Rede stehenden Zahlungsanspruchs (vgl. BGH FamRZ 2016, 454), bei dem hier in Rede stehenden Zahlungsanspruch von 4.000 € folglich mit 800 €.
2. Die Beschwerde ist begründet, § 1379 Abs. 1 S. 1, S. 2 BGB.
Der Auskunftsanspruch der Antragstellerin aus § 1379 Abs. 1 BGB ist entstanden. Der Scheidungsantrag der Antragstellerin und dessen Rechtshängigkeit ab 16.04.2014 (§ 1384 BGB) sind unstreitig. Neben diesen formellen Voraussetzungen ist die Entstehung des Auskunftsanspruchs an keine weiteren Voraussetzungen geknüpft (vgl. Baumgärtel/Laumen, Handbuch der Beweislast, 3. Auflage, § 1379 BGB, Rn. 2).
Das Vorbringen des Antragsgegners zu einer Erfüllung war und ist unschlüssig aus § 362 BGB. Eine Auskunftserteilung vor dem 17.09.2012 konnte das Endvermögen nicht zum Gegenstand haben, das sich hier nach dem Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags berechnet (§ 1384 BGB), also zum 16.04.2014. Der Inhalt der Auskunft zum Anfangsvermögen und zum Trennungszeitpunkt ist nicht einlassungsfähig dargetan.
Das Auskunftsverlangen war auch nicht rechtsmissbräuchlich nach § 242 BGB, etwa weil ohne Rücksicht auf das Ergebnis einer etwaigen Auskunft von vorneherein feststeht, dass ein Zahlungsanspruch nicht besteht. Dazu muss der auf Auskunft in Anspruch genommene Ehegatte entweder darlegen und beweisen, dass der von ihm erzielte Zugewinn geringer ist als der Zugewinn des klagenden Ehegatten, was eine Bezifferung des Anfangs- und Endvermögens beider Ehegatten voraussetzt, und hier nicht erfolgt ist, oder er muss den Beweis erbringen, dass er selbst keinen Zugewinn erzielt hat, was ebenfalls schon nicht vorgetragen ist.
Dass die Ehegatten die Höhe der Ausgleichsforderung abschließend vertraglich festgelegt oder ganz ausgeschlossen hätten, lässt sich auch nach dem Vorbringen des Antragsgegners nicht feststellen. Eine hierzu erforderliche formwirksame Vereinbarung (§ 1410 BGB) hat der Antragsgegner selbst nicht behauptet.
Der Beleganspruch folgt aus § 1379 Abs. 1 S. 2 BGB.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 113 Abs. 1 FamFG, 92 Abs. 1 S 1 ZPO.
Die Wertfestsetzung für die Beschwerde beruht auf den §§ 55 Abs. 2, 42 Abs. 1 FamGKG. Den Wert von Auskunftsansprüchen als Hilfsansprüchen veranschlagt der Senat für den Auskunftsgläubiger in ständiger Übung regelmäßig mit einem Fünftel des in Rede stehenden Zahlungsanspruchs, bei dem hier in Rede stehenden Zahlungsbetrag von 4.000 € folglich mit 800 €.
Anlass, die Rechtsbeschwerde zuzulassen (§ 70 Abs. 2 FamFG), besteht nicht.