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Rente wegen Erwerbsminderung - Berufsunfähigkeit - Krankenpflegehelferin - Verweisungstätigkeit


Metadaten

Gericht LSG Berlin-Brandenburg 16. Senat Entscheidungsdatum 07.08.2012
Aktenzeichen L 16 R 698/09 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 43 SGB 6, § 240 SGB 6

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 30. April 2009 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Streitig ist die Gewährung von Versichertenrente wegen voller Erwerbsminderung (EM), hilfsweise wegen teilweiser EM, hilfsweise wegen teilweiser EM bei Berufsunfähigkeit (BU) für die Zeit ab 1. September 2003 (Antragsmonat).

Die 1954 geborene Klägerin hatte vom 1. September 1971 bis 18. November 1972 in L (U), ihrem Geburtsort, eine Ausbildung zur Kinderkrankenschwester aufgenommen und diese im dritten Ausbildungsjahr „auf eigenen Wunsch“ abgebrochen (Bescheinigung des Ministeriums für Gesundheitswesen der U SSR – Medizinische Lehranstalt Nr. 1 L - vom 18. November 1972) und vom 28. April 1974 bis 27. Oktober 1975 in I den Beruf der Krankenpflegehelferin erlernt und war anschließend als „praktische Krankenschwester“ im Staatlichen Krankenhaus N tätig. Nach ihrer Übersiedlung nach D im Jahr 1977 war sie ab 1979 als Krankenpflegehelferin versicherungspflichtig beschäftigt, und zwar – nach Verleihung der Erlaubnis zur Führung der Berufsbezeichnung „Krankenpflegehelferin“ durch Urkunde des Senators für Gesundheit, Soziales und Familie von B (West) mit Wirkung vom 21. Januar 1983 - zuletzt vom 1. September 1983 bis 31. Dezember 1999 (ab 1. Januar 1996 im Umfang von 19,25 Stunden wöchentlich; Einstufung zuletzt in Vergütungsgruppe K 4 Fallgruppe 2 DRK-TV Berlin) als Hauskrankenpflegehelferin beim Deutschen Roten Kreuz (DRK) – Landesverband B Rotes Kreuz e.V –. Das Beschäftigungsverhältnis endete durch Kündigung der Klägerin aus gesundheitlichen Gründen. Seit Januar 2000 ist die Klägerin arbeitslos. Sie bezog ab 7. Januar 2000 Arbeitslosengeld (Alg) bzw Arbeitslosenhilfe und vom 1. Januar 2005 bis 31. März 2007 Alg II (Versicherungsverlauf vom 20. Februar 2012).

Bei der Klägerin ist ein Grad der Behinderung von 60 anerkannt aufgrund folgender Leiden: Fehlhaltung und Verschleißerscheinungen der Brust- und Lendenwirbelsäule nach abgelaufenem Morbus Scheuermann, Zustand nach Bandscheibenoperation L4/5 im August 2003, Rezidivvorfall mit chronischen Nervenwurzelreizerscheinungen, Verwachsungsbeschwerden nach Unterleibsoperation, Drang- und Stressinkontinenz, Teillähmung des Wadenbeinnervs rechts, Fußfehlform beidseits, vegetative Dystonie, wiederkehrende Magenbeschwerden, Ohrgeräusche, Schwindelepisoden (Bescheid des Landesamtes für Gesundheit und Soziales - Versorgungsamt – B vom 8. November 2004).

Nach einem ersten im März 2001 gestellten EM-Rentenantrag, den die Beklagte nach Einholung eines neurologisch-psychiatrischen Gutachtens (Dr. T vom 24. April 2001) und internistischen Gutachtens (Dr. K vom 17. April 2001) mit Bescheid vom 28. Mai 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Juni 2002 abgelehnt hatte, beantragte die Klägerin im September 2003 – nach stattgehabter Nukleotomie L4/L5 rechts im August 2003 (Entlassungsbericht der Zentralklinik Emil von Behring B vom 30. August 2003) - erneut EM-Rente.

Die Beklagte ließ die Klägerin durch den Facharzt für Orthopädie Dr. W untersuchen und begutachten. Dieser Arzt bescheinigte der Klägerin noch ein mehr als sechsstündiges tägliches Leistungsvermögen für körperlich leichte bis mittelschwere Tätigkeiten überwiegend im Gehen bzw Sitzen und zeitweise im Stehen (Gutachten vom 18. Oktober 2003; chronisches Lendenwirbelsäulensyndrom mit pseudoradikulärer Ausstrahlung rechts, Restbeschwerden bei Zustand nach Bandscheibenoperation im August 2003). Mit Bescheid vom 13. November 2003 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab. Im Widerspruchsverfahren holte die Beklagte einen Befundbericht des behandelnden Orthopäden B vom 23. Dezember 2003 ein, der zudem ein Attest vom 22. Juni 2004 vorlegte, und ließ noch ein chirurgisches Gutachten von Dr. H erstellen. Dieser empfahl bei Einschätzung eines untervollschichtigen Leistungsvermögens zum Untersuchungszeitpunkt eine Rehabilitationsmaßnahme (Gutachten vom 29. Juli 2004). Im Ergebnis des Heilverfahrens vom 18. November 2004 bis 13. Dezember 2004 hielt das Zentrum für ambulante Rehabilitation B die Klägerin vollschichtig einsetzbar für leichte körperliche Tätigkeiten im Wechsel der Haltungsarten unter Beachtung der aufgezeigten qualitativen Leistungseinschränkungen; auf den Entlassungsbericht vom 24. Dezember 2004 wird Bezug genommen. Mit Widerspruchsbescheid vom 24. März 2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Volle bzw teilweise EM bzw teilweise EM bei BU würden nicht vorliegen. Die Klägerin könne zwar als Krankenpflegehelferin nicht mehr arbeiten, sei aber in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen zu arbeiten.

Im Klageverfahren hat das Sozialgericht (SG) Berlin Befundberichte der behandelnden Ärzte erstatten lassen, und zwar von dem Arzt B vom 3. Juli 2005, von dem Neurologen und Psychiater L vom 4. Juli 2005, von dem Internisten Dr. P vom 12. Juli 2005 und von dem Orthopäden und Handchirurgen Dr. L vom 18. Juli 2005. Das SG hat den Facharzt für Orthopädie und Rheumatologie Dr. S als Sachverständigen eingesetzt. Dieser Arzt hat in seinem Gutachten vom 20. Februar 2006 (Untersuchung am 14. Dezember 2005) folgende Gesundheitsstörungen der Klägerin mitgeteilt: Chronisches pseudoradikuläres Lumbalsyndrom bei Zustand nach Nukleotomie L4/L5, leichtgradiges Halswirbelsäulensyndrom, leichtgradiges Carpalsyndrom beidseits, Zustand nach Umbilicalherniotomie, Zustand nach Adnektomie rechts nach Ovarialzystenbildung. Die Klägerin könne täglich regelmäßig und vollschichtig noch körperlich leichte Arbeiten unter Berücksichtigung der aufgeführten qualitativen Leistungseinschränkungen im Wechsel der Haltungsarten verrichten. Die geistigen Fähigkeiten seien nicht eingeschränkt. Auf die hiergegen erhobenen Einwendungen der Klägerin hat sich Dr. S ergänzend geäußert; hierauf wird Bezug genommen (Stellungnahme vom 27. September 2006).

Nach Vorlage einer Bescheinigung der die Klägerin seit November 2006 behandelnden Fachärztin für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychotherapeutische Medizin Dr. P-P vom 11. Januar 2007 hat das SG noch einen Befundbericht von dieser Ärztin vom 19. Juni 2007 erstatten lassen. Ferner sind tarifliche Regelungen vom DRK beigezogen worden; hierauf wird verwiesen. Das SG hat die Klägerin zum Inhalt ihrer zuletzt verrichteten Beschäftigung in der mündlichen Verhandlung gehört; auf die Sitzungsniederschrift vom 30. April 2009 wird Bezug genommen.

Mit Urteil vom 30. April 2009 hat das SG die auf Gewährung von Versichertenrente wegen voller EM, hilfsweise wegen teilweiser EM, hilfsweise wegen teilweiser EM bei BU für die Zeit „ab Antragstellung“ gerichtete Klage abgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt: Die Klage sei nicht begründet. Die Klägerin habe gegen die Beklagte weder einen Anspruch auf Rente wegen voller EM noch einen Anspruch auf Rente wegen teilweiser EM bzw. teilweiser EM bei BU gemäß den §§ 43, 240 Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI). Die Klägerin könne täglich mindestens sechs Stunden körperlich leichte Arbeiten mit diversen qualitativen Einschränkungen ausführen. Sie sei nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme, bei dem sich das Gericht in erster Linie auf das Gutachten von Dr. S stütze, auch nicht berufsunfähig. Die Klägerin sei in ihrem bisherigen Beruf als Krankenpflegehelferin dem unteren Anlernbereich mit einer Ausbildungszeit von einem Jahr einzustufen. Sie könne daher auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verwiesen werden, ohne dass es der Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit bedürfe. Damit scheide auch die Gewährung von Rente wegen teilweiser EM bei BU aus.

Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie trägt vor: Das SG habe ihre gesundheitlichen Einschränkungen nicht hinreichend berücksichtigt. Dies betreffe sowohl die Folgen der Nukleotomie als auch ihre psychischen Leiden. Eine Sachaufklärung auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet habe das SG unterlassen. Im Übrigen genieße sie Berufsschutz als ausgebildete Krankenschwester. In I sei sie als Krankenschwester tätig gewesen. In D sei diese Ausbildung aber nicht anerkannt worden, so dass sie als Krankenpflegehelferin gearbeitet habe. Sie sei als Facharbeiterin anzusehen, da sie Tätigkeiten verrichtet habe, die über diejenigen einer Krankenpflegehelferin hinausgehen würden.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 30. April 2009 und den Bescheid der Beklagten vom 13. November 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. März 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr für die Zeit ab 1. September 2003 Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung auch unter Berücksichtigung der im Berufungsverfahren durchgeführten Beweisaufnahme für zutreffend.

Das Gericht hat im Berufungsverfahren erneut Befundberichte der behandelnden Ärzte erstatten lassen, und zwar von dem Arzt für Frauenheilkunde Dr. S vom 17. November 2009, von Dr. P vom 30. November 2009, von dem Arzt B vom 3. Dezember 2009, von dem Neurologen und Psychiater Dr. R vom 30. Januar 2010 und von der Urologin S-W vom 11. Februar 2010. Ferner sind ergänzende gutachterliche Stellungnahmen von Dr. S vom 7. Oktober 2009, 10. November 2009, 30. April 2010 und 22. Mai 2010 beigezogen worden; hierauf wird Bezug genommen.

Das Gericht hat ferner den bei Tätigkeitsaufgabe der Klägerin gültigen Tarifvertrag zwischen der Tarifgemeinschaft Landesverband B Rotes Kreuz mit ihren Mitgliedern und der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr – Bezirksverwaltung Berlin – (DRK-TV Berlin 1999) nebst weiterer tariflicher Regelungen beigezogen, sowie berufskundliche Sachverständigengutachten von M L vom 13. Oktober 2008 (Verfahren LSG Berlin-Brandenburg – L 22 R 1374/06 -), 14. Januar 2005 (Verfahren LSG Brandenburg - L 2 RJ 110/04 -), 1. November 2002 (Verfahren LSG Brandenburg – L 2 RA 202/01 -) und 14. Februar 2000 (Verfahren LSG Brandenburg – L 1 RJ 213/97-).

Das Gericht hat die Fachärztin für Psychotherapeutische Medizin und Praktische Ärztin Dr. M mit der Erstattung eines Sachverständigengutachtens beauftragt. Diese Ärztin hat in ihrem Gutachten vom 21. Oktober 2010 folgende Gesundheitsstörungen der Klägerin mitgeteilt: Somatisierungsstörung bei Angst- und Panikstörung auf dem Boden einer dekompensierten zwanghaft-leistungsorientierten Primärpersönlichkeit, chronisches Schmerzsyndrom der Lendenwirbelsäule nach Bandscheibenoperation L4/5 im August 2003, Postnukleotomiesyndrom, Rezidivprolaps und psychosomatische Beschwerdeüberlagerung, Halswirbelsäulensyndrom bei muskulären Dysbalancen und beginnenden Verschleißerscheinungen, Harninkontinenz bei Blasensenkung und Gebärmutterprolaps und Zustand nach veschiedenen Bauchoperationen, Karpaltunnelsyndrom rechts stärker ausgeprägt als links. Die Klägerin könne täglich regelmäßig und unter Berücksichtigung der aufgezeigten qualitativen Einschränkungen noch mindestens sechs Stunden körperlich leichte Arbeiten ausführen, unter Berücksichtigung des aus den berufskundlichen Aktenunterlagen ersichtlichen Tätigkeits- und Anforderungsprofils auch als Pförtnerin.

Nachdem sich die Klägerin am 30. November 2011 einer vaginalen Hysterektomie mit Zysto- und Rektozelenkorrektur unterziehen musste (Entlassungsbericht des St.-H-Krankenhauses B), hat sich Dr. M auf Einwendungen der Klägerin hin, auch zu einer andauernden Blasenentleerungsstörung, ergänzend geäußert; auf die Schriftsätze der Klägerin vom 21. Dezember 2010, 28. März 2011, 6. Juni 2011, 22. Juni 2011 und 2. September 2011 sowie die Stellungnahmen von Dr. M vom 28. Februar 2011, 2. Mai 2011, 4. August 2011 und 17. Oktober 2011 wird Bezug genommen.

Das Gericht hat den Facharzt für Urologie Prof. Dr. K als Sachverständigen eingesetzt. Dieser Arzt hat in seinem Gutachten vom 20. Januar 2012 (Untersuchung am 10. Januar 2012) eine Harnblasenüberaktivität ohne Auswirkungen auf das quantitative Leistungsvermögen festgestellt. Toilettenräume nach Maßgabe der entsprechenden Arbeitsstättenrichtlinie könnten auch bei häufigerem Harndrang „problemfrei“ aufgesucht werden. Auf die Einwendungen der Klägerin zum Gang der Begutachtungsuntersuchung und deren Rüge, Prof. Dr. K habe das Gutachten nicht eigenverantwortlich selbst erstellt, hat sich der Sachverständige ergänzend geäußert; hierauf wird Bezug genommen (Stellungnahme vom 29. Mai 2012).

Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf deren vorbereitende Schriftsätze nebst Anlagen, wegen der medizinischen Feststellungen auf die zum Verfahren eingeholten Befundberichte und die Sachverständigengutachten von Dr. S, Dr. M und Prof. Dr. K nebst deren ergänzender Äußerungen Bezug genommen.

Die Verwaltungsakten der Beklagten (2 Bände) und die Gerichtsakten (4 Bände) haben vorgelegen und sind Gegenstand der Beratung gewesen.

II.

Der Senat hat gemäß § 153 Abs. 4 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Berufung der Klägerin durch Beschluss zurückweisen können, weil er dieses Rechtsmittel einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich gehalten hat. Die Beteiligten sind hierzu vorher gehört worden (vgl § 153 Abs. 4 Satz 2 SGG).

Die Berufung der Klägerin, mit der diese ihre erstinstanzlich erhobene kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage im Sinne von § 54 Abs. 4 SGG auf Gewährung von Rente wegen voller EM, hilfsweise wegen teilweiser EM, hilfsweise wegen teilweiser EM bei BU, für die Zeit ab 1. September 2003 (Antragsmonat) weiter verfolgt, ist nicht begründet.

Die Klägerin hat aufgrund ihres im September 2003 gestellten Rentenantrages (vgl § 99 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 SGB VI) weder einen Anspruch auf Rente wegen voller EM (§ 43 Abs. 2 SGB VI) noch auf Rente wegen teilweiser EM nach § 43 Abs. 1 SGB VI oder auf Rente wegen teilweiser EM bei BU nach § 240 SGB VI.

Die Vorschriften des § 43 SGB VI und des § 240 SGB VI (vgl § 240 Abs. 1 Satz 1 SGB VI) setzen zunächst die Erfüllung der allgemeinen Wartezeit (vgl §§ 50 Abs. 1, 51 Abs. 1 SGB VI) sowie das Vorhandensein von drei Jahren mit Pflichtbeiträgen für eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der EM bzw. BU voraus (vgl § 43 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 2 und 3, Abs. 1 Satz 1 Nrn. 2 und 3 SGB VI, § 240 Abs. 1 Satz 1 SGB VI). Darüber hinaus müssen volle oder teilweise EM bzw. BU vorliegen (vgl § 43 Abs. 2 Satz 2, Abs. 1 Satz 2 SGB VI, § 240 Abs. 2 SGB VI).

Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen sind jedenfalls im Hinblick auf § 241 SGB VI erfüllt, weil die Klägerin Anwartschaftserhaltungszeiten seit 1. Januar 1984 durchgehend bis zur Antragstellung im September 2003 zurückgelegt hat und für die Zeit danach noch eine freiwillige Beitragszahlung im Hinblick auf § 198 Satz 1 SGB VI zulässig ist.

Voll bzw teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei bzw mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (vgl § 43 Abs. 2 Satz 2, Abs. 1 Satz 2 SGB VI). Nach § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen. Nach § 240 Abs. 2 SGB VI sind berufsunfähig Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfanges ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufes und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (vgl § 240 Abs. 2 Satz 4 SGB VI).

Die Klägerin war und ist in dem vorliegend streitigen Zeitraum ab 1. September 2003 nicht voll bzw teilweise erwerbsgemindert im Sinne von § 43 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2 SGB VI und auch nicht berufsunfähig im Sinne von § 240 Abs. 2 SGB VI. Denn sie verfügte und verfügt in dem maßgebenden Zeitraum noch über ein mindestens sechsstündiges Restleistungsvermögen zumindest für leichte körperliche und ihrem Bildungsniveau entsprechende geistige Arbeiten, mit dem sie regelmäßig einer mindestens sechsstündigen Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nachgehen konnte und kann. Dass die Klägerin über ein derartiges Leistungsvermögen verfügte und auch derzeit noch verfügt, folgt zur Überzeugung des Senats aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens, insbesondere aus den vorliegenden Gutachten des im Verwaltungsverfahren als Sachverständigen eingesetzten Arztes Dr. W sowie der im Klage- und Berufungsverfahren bestellten Gerichtssachverständigen Dr. S, Dr. M und Prof. Dr. K. Denn alle diese Ärzte haben der Klägerin übereinstimmend ein mindestens sechsstündiges Restleistungsvermögen bescheinigt, und zwar durchgehend seit dem 1. September 2003.

Das vollschichtige bzw mindestens sechsstündige Restleistungsvermögen der Klägerin war und ist nach den von den Sachverständigen festgestellten qualitativen Leistungseinschränkungen auch nicht derart reduziert, dass es einem Arbeitseinsatz der Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter betriebsüblichen Bedingungen entgegenstünde bzw entgegen gestanden wäre (vgl § 43 Abs. 3 SGB VI).

Die Klägerin kann zwar nach den von den Sachverständigen getroffenen Feststellungen wegen ihrer Leiden jedenfalls nur noch körperlich leichte Arbeiten in allen Haltungsarten unter Verzicht auf ausschließliches Gehen und Stehen verrichten. Ausgeschlossen sind Arbeiten unter Zeitdruck, in Nachtschicht, unter erschwerten Expositionsbedingungen (Hitze, Kälte, Lärm und Schmutz), auf Leitern und Gerüsten sowie Tätigkeiten mit besonderen Anforderungen an das Anpassungs- und Umstellungsvermögen sowie die Reaktionsfähigkeit, ferner schwierige geistige Arbeiten. Bei Beachtung dieser qualitativen Leistungseinschränkungen bestand und besteht aber weder eine spezifische Leistungsbehinderung noch lag oder liegt eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor (vgl BSG, Urteil vom 18. Februar 1998 - B 5/4 RA 58/97 R - juris). Es lagen und liegen zwar bei der Klägerin Leistungseinschränkungen vor, die teilweise über den Rahmen dessen hinaus gehen, was inhaltlich vom Begriff der körperlich leichten Tätigkeiten umfasst wird. Dies gilt besonders hinsichtlich der Notwendigkeit, bestimmte äußere Einwirkungen wie Hitze und Kälte zu vermeiden (vgl. BSG, Urteil vom 11. Mai 1991 - B 13 RJ 71/90 R - veröffentlicht in juris). Die bei der Klägerin festgestellten qualitativen Leistungseinschränkungen sind aber nicht geeignet, das Feld körperlich leichter Arbeiten zusätzlich wesentlich einzuengen. Denn die vorliegenden Leistungseinschränkungen zählen nicht zu den ungewöhnlichen Leistungseinschränkungen und schon gar nicht zu den schweren spezifischen Leistungsbehinderungen (vgl dazu die auf die Vorlagebeschlüsse des 13. Senats ergangenen Beschlüsse des Großen Senats des BSG vom 19. Dezember 1996 - GS 1 bis 4/95 - GS 2/95 = SozR - 3600 § 44 Nr. 8.). Das Gleiche gilt hinsichtlich der geistigen Fähigkeiten der Klägerin, die keine nennenswerten Schwierigkeiten zumindest hinsichtlich der Gewöhnung und Anpassung an einen neuen, dem Ausbildungsniveau der Klägerin entsprechenden Arbeitsplatz erkennen lassen. Eine besondere Beeinträchtigung der Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit war und ist nicht ersichtlich. Insgesamt betreffen die bei der Klägerin festgestellten qualitativen Leistungseinschränkungen jedenfalls lediglich einen kleinen Teilbereich des allgemeinen Arbeitsmarktes, lassen aber ein weites Feld von Beschäftigungsmöglichkeiten unberührt.

So konnte und kann die Klägerin mit dem ihr verbliebenen Leistungsvermögen etwa noch leichte Bürotätigkeiten verrichten. Das Gleiche gilt für Sortier- und Verpackungstätigkeiten sowie die Tätigkeit einer - einfachen - Pförtnerin. Im Hinblick darauf, dass nach der Leistungsbeurteilung der gerichtlichen Sachverständigen Dr. M, die hierzu explizit gehört worden ist, jedenfalls für derart leichte Tätigkeiten keine relevanten Einschränkungen bezüglich der Entschluss- und Verantwortungsfähigkeit, der Auffassungsgabe und der Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit bestanden und bestehen, konnte und kann die Klägerin auch noch derart einfache Tätigkeiten nach einer Zeit der Einarbeitung bis zu drei Monaten vollwertig verrichten.

Der für die Klägerin in Betracht kommende Arbeitsmarkt ist dieser auch nicht deshalb verschlossen, weil sie nicht mehr unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes (vgl § 43 Abs. 1 Satz 2 bzw Abs. 2 Satz 2 SGB VI) erwerbstätig sein könnte. Insbesondere folgt dies nicht aus der von der Klägerin geklagten und von Prof. Dr. K auch bestätigten erhöhten Miktionsfrequenz.

Es ist zur Überzeugung des Senats schon nicht hinreichend gesichert, dass die Klägerin regelmäßig derart häufig miktionsbedingt die Toilette aufsuchen muss, dass dies Anlass für die Annahme geben könnte, sie sei wegen dieser Häufigkeit nicht mehr unter betriebsüblichen Bedingungen einsetzbar. Der Senat hat bereits die durchschnittliche regelmäßige Miktionshäufigkeit der Klägerin nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststellen können. Die Klägerin hat anlässlich der gutachterlichen Untersuchung mitgeteilt, bis zu zehnmal täglich entsprechenden Harndrang zu verspüren, teilweise auch plötzlich mit unkontrollierbarem Harnverlust. Der Sachverständige Prof. Dr. K hat diesbezüglich keine sicheren Feststellungen treffen können, jedoch ausgeführt, es sei selbst unter Berücksichtigung der anamnestischen Angaben der Klägerin davon auszugehen, dass „kaum mehr als 5 Minuten“ hierfür pro Arbeitsstunde aufzuwenden seien. Die Toilettengänge anlässlich der Begutachtungsuntersuchung seien „rasch und ohne jedwede Zwischenfälle erfolgt“. Selbst bei einer zugunsten der Klägerin anzunehmenden täglichen (!) Miktionsfrequenz von bis zu zehn Toilettengängen wäre angesichts der Dauer eines Tages nicht ersichtlich, dass hierfür während einer Arbeitsschicht durchschnittlich mehr als vier oder fünf Toilettengänge anfielen. Die hierfür ggfs erforderlichen Arbeitsunterbrechungen wären nicht als betriebsunüblich anzusehen, zumal nach Maßgabe der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) in zumutbarer Entfernung Toilettenräume an jedem Arbeitsplatz vorzuhalten sind (vgl § 6 Abs. 2 ArbStättV). Nach der entsprechenden Arbeitsstättenrichtlinie 37/1 sind die Toilettenräume überdies so zu verteilen, dass sie von ständigen Arbeitsplätzen nicht mehr als 100 Meter entfernt sind. Gerade im öffentlichen Dienst, in dem etwa Arbeitsbereiche mit leichten Bürohilfstätigkeiten für die Klägerin in Betracht zu ziehen sind, ist zudem zu beachten, dass Kurzpausen von weniger als 15 Minuten alle zwei Stunden nicht als Arbeitszeit verkürzende Pausen gelten (vgl Senatsurteil vom 7. September 2011 – L 16 R 423/09 – juris; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 26. Oktober 2010 – L 11 R 5203/09 – juris; Bayerisches LSG, Urteil vom 17. März 2011 – L 6 R 825/09 - juris). Auch die Wegefähigkeit der Klägerin ist nicht eingeschränkt. Die Klägerin war und ist in der Lage, täglich viermal eine Fußstrecke von mehr als 500 Metern in mindestens 20 Minuten zurückzulegen und öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen (vgl zum Ganzen: BSG, Urteil vom 21. März 2006 - B 5 RJ 51/04 R = SozR 4-2600 § 43 Nr 8 mwN). Ggfs gelegentlich vorkommenden unfreiwilligen Harnabgängen kann die Klägerin – wie sie es auch praktiziert - mit entsprechenden Hilfsmitteln begegnen.

Durchgreifende Einwendungen gegen die Gutachten der gerichtlichen Sachverständigen hat die Klägerin nicht erhoben. Auf ihr umfangreiches Vorbringen haben die gerichtlichen Sachverständigen in ihren ergänzend eingeholten Stellungnahmen detailliert erwidert und ihre jeweiligen Einschätzungen plausibel bekräftigt. Die Leiden auf psychischem Gebiet, zu denen das SG keine abschließenden Feststellungen durch Einholung eines entsprechenden Gutachtens getroffen hatte, hat Dr. M fachkompetent und detailliert gewürdigt. Schließlich ist auch das Inkontinenzleiden durch das entsprechende Fachgutachten von Prof. Dr. K umfassend abgeklärt und in seinen Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit der Klägerin beurteilt worden. Auch das im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten von Dr. H vermag die Überzeugungskraft der im Klage- und Berufungsverfahren eingeholten Sachverständigengutachten nicht zu erschüttern. Der orthopädische Sachverständige Dr. S hat in seiner ergänzenden Äußerung vom 22. Mai 2010 fachkompetent und schlüssig unter Hinweis auf die von ihm, Dr. W (Gutachten vom 18. Oktober 2003) und Dr. H erhobenen, im Wesentlichen gleichen Befunde dargelegt, weshalb diese die Annahme einer quantitativen Leistungsminderung in rentenberechtigendem Umfang nicht zu begründen vermögen, und zwar insbesondere wegen der nicht feststellbaren radikulären Ausfallserscheinungen. Im Übrigen hat die Klägerin keine ergänzenden ärztlichen Befunde bzw Unterlagen vorgelegt, die hinsichtlich der – letztlich übereinstimmenden - Einschätzung ihres Leistungsvermögens durch die gerichtlichen Sachverständigen Anhaltspunkte für eine abweichende Beurteilung ergeben hätten. Sämtliche Gesundheitsstörungen der Klägerin sind im Rahmen der gerichtlichen Beweisaufnahme umfassend gewürdigt und die sich hieraus ergebenden objektivierbaren Leistungseinschränkungen nachvollziehbar und schlüssig aus den erhobenen Befunden hergeleitet worden.

Das Gutachten von Prof. Dr. K ist schließlich auch verwertbar. Der Sachverständige hat – wie aus seiner ergänzenden Äußerung vom 29. Mai 2012 erhellt – das Gutachten iSv § 407a Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) iVm § 118 SGG selbst erstellt. Er hat den Auftrag zur Gutachtenerstellung insbesondere nicht unerlaubt auf Dr. F „übertragen“ (vgl § 407a Abs. 2 Satz 1 ZPO).

Die Grenze der erlaubten Mitarbeit mit der Folge der Unverwertbarkeit des Gutachtens ist überschritten, wenn aus Art und Umfang der Mitarbeit eines weiteren Arztes gefolgert werden kann, der beauftragte Sachverständige habe seine das Gutachten prägenden und regelmäßig in einem unverzichtbaren Kern von ihm selbst zu erbringenden Zentralaufgaben nicht selbst wahrgenommen, sondern delegiert (vgl BSG, Beschluss vom 5. Mai 2009 – B 13 R 535/08 B – juris; BSG SozR 4-1750 § 407a Nr 1 RdNr 7; BSG SozR 4-1750 § 407a Nr 2 RdNr 6; BSG, Beschluss vom 30. Januar 2006 - B 2 U 358/05 B - juris; BSG SozR 4-1750 § 407a Nr 3 RdNr 3). Bei psychiatrischen Gutachten muss der Gutachter die persönliche Begegnung mit dem Probanden und das explorierende Gespräch im wesentlichen Umfang selbst durchführen (vgl BSG SozR 4-1750 § 407a Nr 1 RdNr 7; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage 2012, § 118 Rn 11h). Weder die Durchführung der urologischen Untersuchung noch die schriftliche Abfassung des Gutachtens gehören indes in jedem Fall zu den unverzichtbaren Kernaufgaben, die der Sachverständige zwingend selbst erledigen muss. Soweit sich nicht aus der Eigenart des Gutachtenthemas ergibt, dass für bestimmte Untersuchungen die spezielle Sachkunde und Erfahrung des Sachverständigen benötigt wird, reicht es aus, wenn dieser die von Hilfskräften – hier Dr. F - erhobenen Daten und Befunde nachvollzieht. Entscheidend ist, dass der Sachverständige die Schlussfolgerungen seines Mitarbeiters überprüft und durch seine Unterschrift die volle Verantwortung für das Gutachten übernimmt (zu alledem Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 4. Auflage 2005, III. Kapitel Rn 65/66; Meyer-Ladewig in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage, § 118 Rn 11g mwN). Dies hat Prof. Dr. K, der den Umfang der Mitarbeit von Dr. F dargelegt hat, getan. Danach hat Dr. F die Klägerin untersucht und die klinischen Befunde erhoben. Die Bewertung und Beurteilung der Befunde hat indes Prof. Dr. K nach einem abschließenden Gespräch mit der Klägerin „vollständig und ausschließlich“ selbst vorgenommen. Es ist nicht ersichtlich und auch von der Klägerin nicht vorgetragen, dass dies nicht der Fall war.

Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser EM bei BU. Denn sie war und ist in dem vorliegend maßgebenden Zeitraum seit 1. September 2003 nicht berufsunfähig iSv § 240 Abs. 2 SGB VI. Ausgangspunkt für die Prüfung von BU ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes (BSG) der „bisherige Beruf“ der Versicherten. Das ist in der Regel die zuletzt versicherungspflichtig ausgeübte Beschäftigung (vgl zB BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 130, 164; BSG, Urteil vom 11. Mai 2000 - B 13 RJ 43/99 R - juris). Danach ist als bisheriger Beruf der Klägerin der Beruf der Krankenpflegehelferin der rentenrechtlichen Beurteilung zugrunde zu legen. Diesen Beruf hatte die Klägerin zuletzt jedenfalls seit 1. September 1983 bis 31. Dezember 1999 beim DRK versicherungspflichtig ausgeübt. Fest steht zwar, dass der Kläger den Beruf der Krankenpflegehelferin aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr verrichten konnte und auch nicht mehr verrichten kann. Denn schon mit den vorliegenden Gesundheitsstörungen am Bewegungsapparat war und ist im streitigen Zeitraum der Klägerin das Heben und Tragen schwerer und mittelschwerer Lasten, das mit der Tätigkeit in der Krankenpflege verbunden ist – wie auch die Sachverständigen Dr. W, Dr. S und Dr. M bestätigt haben und was zwischen den Beteiligten im Übrigen nicht streitig ist - nicht mehr möglich. Die Klägerin konnte und kann daher ihrem bisherigen Beruf nicht mehr regelmäßig mindestens sechs Stunden täglich nachgehen.

Gleichwohl war und ist die Klägerin nicht berufsunfähig. Denn ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser EM bei BU steht der Versicherten nicht schon dann zu, wenn sie ihren bisherigen Beruf aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben kann. Hinzukommen muss vielmehr, dass für die Versicherte auch keine sozial zumutbare Erwerbstätigkeit im Sinne des § 240 Abs. 2 Satz 2 SGB VI mehr vorhanden ist, die sie mit dem ihr verbliebenen Leistungsvermögen noch ausführen kann. Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit richtet sich dabei nach der Wertigkeit des bisherigen Berufes. Zwecks Vornahme dieser Bewertung hat die höchstrichterliche Rechtsprechung des BSG, die der Senat seiner Entscheidung zugrunde legt, die Berufe der Versicherten in Gruppen eingeteilt. Diese Berufsgruppen sind ausgehend von der Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufs haben, gebildet worden. Danach sind unter Berücksichtigung der mit dem Gesetz zur Organisationsreform in der gesetzlichen Rentenversicherung vom 9. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3242) mit Wirkung vom 1. Januar 2005 aufgehobenen Unterscheidung der Versicherten in Arbeiter und Angestellte (vgl §§ 125, 126, 127 SGB VI) folgende Gruppen zu unterscheiden: Versicherte, deren hohe Qualifikation regelmäßig auf einem Hochschulstudium oder einer vergleichbaren Qualifikation beruht, Versicherte in Berufen, die eine erfolgreich abgeschlossene Fachhochschulausbildung oder eine zumindest gleichwertige Ausbildung voraussetzen, Versicherte in Berufen, die neben einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren zusätzliche Qualifikationen oder Erfahrungen oder den Besuch einer Fachschule voraussetzen, Versicherte mit einer Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren, angelernte Versicherte (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildung von drei Monaten bis zu zwei Jahren) sowie ungelernte Versicherte (vgl zB zum Mehrstufenschema für „Arbeiter“: BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 132; BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 138, 140; BSG SozR 4-2600 § 43 Nr. 1; zum allgemeinen Mehrstufenschema: BSG, Urteil vom 29. Juli 2004 – B 4 RA 5/04 R - juris).

Die Klägerin, die seit 1983 die Berechtigung zur Führung der Berufsbezeichnung „Krankenpflegehelferin“ hat und in diesem Beruf tätig war, ist nach Maßgabe des dargestellten Berufsgruppenschemas als angelernte Versicherte anzusehen. Die Ausbildung zur Krankenpflegehelferin dauerte nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 Krankenpflegegesetz (KrPflG) in der vom 29. September 1990 bis zum 31. Dezember 2003 geltenden Fassung (BGBl. 1990 II S. 885, 1078, aF) unabhängig vom Zeitpunkt der staatlichen Prüfung ein Jahr. Seit dem 1. Januar 2004 unterliegt diese Ausbildung den jeweiligen landesrechtlichen Regelungen, ohne dass sich die Ausbildungsdauer geändert hat. Diese Ausbildungsdauer entspricht auch der konkreten Ausgestaltung des maßgeblichen Beschäftigungsverhältnisses der Klägerin, in dem sie als Krankenpflegehelferin, nicht als Krankenschwester, angestellt war. Ihre berufliche Ausbildung zur Kinderkrankenschwester in der U, die die Klägerin abgebrochen hatte, führt nicht zu einer anderen Beurteilung. In Israel war sie ebenfalls (nur) als „Aid Nurse“ beschäftigt. Die Klägerin hat daher eine Qualifikation erworben und war entsprechend dieser Qualifikation zuletzt beschäftigt, wie sie bereits nach einem Jahr Ausbildung in dieser konkreten Berufstätigkeit erlangt werden kann. Die Klägerin ist daher dem Bereich der Angelernten, und zwar der Angelernten des unteren Bereichs (Ausbildung von zwei Monaten bis zu einem Jahr) zuzuordnen (vgl gleichlautend für eine Krankenpflegehelferin LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 13. März 2008 – L 3 R 1282/07 – juris; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 22. Juni 2011 – L 4 R 35/07 – juris).

Allerdings erfolgt die Einordnung eines bestimmten Berufs in das Mehrstufenschema nicht ausschließlich nach Maßgabe der einschlägigen förmlichen Berufsausbildung. Ausschlaggebend ist vielmehr die Qualität der verrichteten Arbeit, dh der aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde Wert der Arbeit im Betrieb (Dauer und Umfang der Ausbildung, besondere Anforderungen der bisherigen Berufstätigkeit; vgl BSG SozR 4-2600 § 43 Nr. 1 RdNrn. 6 bis 7 m. w. N.). Dass die Klägerin indes im Rahmen des maßgeblichen letzten beruflichen Tätigkeitsfeldes Tätigkeiten, die üblicherweise von Krankenschwestern verrichtet werden, ausgeübt hätte, hat sie – auch anlässlich ihrer Anhörung beim SG - nicht vorgetragen und ist auch im Übrigen nicht feststellbar, selbst wenn sich einige Tätigkeiten der Krankenpflegehilfe mit denjenigen der Krankenschwestern und Krankenpfleger überschneiden dürften.

Dementsprechend wurde die Klägerin auch als Krankenpflegehelferin entlohnt. Ausweislich der vorliegenden Arbeitgeberauskunft vom 21. März 2002 wurde sie zuletzt in die Vergütungsgruppe K 4/Fallgruppe 2 tariflich eingestuft, der Endstufe im Bereich der Krankenpflegehilfe. Auch wenn dies zugleich die Einstiegsgehaltsgruppe für Krankenschwestern/Krankenpfleger mit einer Ausbildungszeit von drei Jahren für ca. zwei Jahre darstellte, bevor diese dann höhergruppiert werden, kann sie diesen nicht gleichgestellt werden. Bei der Tarifgruppe K 4 des hier einschlägigen DRK-TV Berlin 1999 handelt es sich nämlich nicht um eine für Fachangestellte typische Lohngruppe, sie beinhaltet vielmehr gemischt die Endstufe für Angelernte, die infolge Bewährung bzw nach längerer Tätigkeit mit entsprechender Berufserfahrung aufsteigen sowie die Eingangsstufe für Fachangestellte. Im Fall der Klägerin liegt ein derartiger Bewährungsaufstieg vor, der nicht vom Erwerb höherwertiger Kenntnisse, Fähigkeiten und Qualifikationen abhängig war und auch keine höherwertige Qualifikation verleiht (BSG SozR 2200 § 246 Nrn 71, 102; BSG, Urteil vom 1. September 1999 – B 13 RJ 89/98 R – juris; Urteil des Bayrischen LSG vom 18. Dezember 2003 - L 14 RA 251/00 - juris), weil die tarifliche Einstufung in die Vergütungsgruppe K 4 „nach sechsjähriger Berufstätigkeit nach Erlangung der staatlichen Erlaubnis“ (vgl Fallgruppe 2), die der Klägerin mWv 21. Januar 1983 verliehen worden war, erfolgte.

Da die letzte maßgebliche Tätigkeit der Klägerin somit nicht mindestens der Gruppe der Angelernten des oberen Bereichs zuzuordnen ist, ist keine konkrete Verweisungstätigkeit zu benennen. Selbst wenn die Klägerin unter Berücksichtigung ihrer Ausbildungsabschnitte in der Ukraine und in I aber in den oberen Anlernbereich einzugruppieren wäre, ergäbe sich keine andere Beurteilung.

Denn die Klägerin war und ist jedenfalls auf die Tätigkeit einer - einfachen - Pförtnerin verweisbar. Es handelt sich dabei um eine ungelernte Tätigkeit, die sich durch Qualitätsmerkmale aus dem Kreis einfachster ungelernter Tätigkeiten heraushebt, zB das Erfordernis einer nicht nur ganz geringfügigen Einweisung (vgl BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr 45).

Die Aufgaben einer Pförtnerin bestehen nach der – in das Verfahren eingeführten – Berufsinformationskarte (BIK BO 793) in der Überwachung des Personen- und Fahrzeugverkehrs an Türen, Toren von Fabriken, Geschäfts- und Bürohäusern, Museen, Krankenhäusern. Sie empfangen Besucher, Betriebsangehörige und Lieferanten, prüfen deren Legitimationen, melden Besucher an, stellen Besucherscheine aus, erteilen Auskünfte, bedienen gegebenenfalls die Telefonanlage und sind häufig auch verantwortlich für die Sicherheit im Betrieb und die Kontrolle der Einrichtungen. Eine Einarbeitung und Anlernung ist üblich, so dass diese Tätigkeit sozial zumutbar ist.

Dem Beruf einer – einfachen - Pförtnerin war und ist die Klägerin auch gesundheitlich gewachsen.

Die Arbeitsbedingungen einer Pförtnerin sind in BIK BO 793 beschrieben ua als leichte körperliche Arbeit, überwiegend in geschlossenen Räumen (Pförtnerloge), überwiegend sitzend, für körperlich Behinderte geeignet, zum Teil Zugluft, in der Regel Schicht- und Nachtdienst, zum Teil Flexibilität, zum Teil Kontaktfähigkeit, gute Umgangsformen. Aus der beigezogenen berufskundlichen Aussage von Herrn L vom 14. Februar 2000 geht darüber hinaus hervor, dass an eine Pförtnerin sehr unterschiedliche Anforderungen gestellt werden und sehr unterschiedliche Belastungen bestehen. Nur so erklärt sich, dass die Tätigkeit als Pförtnerin in BIK BO 793 auch für viele Behinderte als geeignete Beschäftigung angegeben ist.

Der Klägerin waren und sind jedenfalls zumutbar leichte Arbeiten in allen Körperhaltungen ohne ausschließliches Gehen und Stehen mit Heben und Tragen von Lasten bis zu 10 kg, ohne ständige einseitige körperliche Belastungen, ohne Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, ohne Nachtschichtarbeiten, ohne Arbeiten in Kälte, Hitze, Zugluft, Staub und Feuchtigkeit und ohne Arbeiten unter Zeitdruck. Wie der berufskundlichen Aussage vom 14. Februar 2000 außerdem zu entnehmen ist, kann eine Pförtnerin den Wechsel zwischen Sitzen, Stehen und Gehen weitestgehend selbst bestimmen. Es gibt zudem eine nennenswerte Anzahl von Arbeitsplätzen, bei denen nicht im Schichtdienst gearbeitet werden muss und bei denen der Arbeitnehmer Zugluft nicht ausgesetzt ist. Es handelt sich um eine Tätigkeit, bei der keine körperlichen Belastungen anfallen, die über die Anforderungen körperlich leichter Arbeiten hinausgehen.

Die bei der Klägerin bestehenden gesundheitlichen Leistungseinschränkungen lassen sich mit dem Belastungsprofil einer – einfachen - Pförtnerin in Einklang bringen. Dies haben die gerichtlichen Sachverständigen Dr. S, Dr. M und Prof. Dr. K unter Bezugnahme auf die berufskundlichen Unterlagen zum Tätigkeits- und Anforderungsprofil einer – einfachen – Pförtnerin auch übereinstimmend bestätigt.

Die Klägerin war und ist auch noch in der Lage, die Tätigkeit einer – einfachen - Pförtnerin, für die bundesweit „deutlich mehr als 300 Arbeitsplätze“ (so der Sachverständige Langhoff in seiner Aussage vom 14. Februar 2000) existierten und existieren, nach einer Einarbeitungszeit von maximal drei Monaten vollwertig auszuüben. Ihre Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit ist insoweit – was Dr. M bekräftigt hat – erhalten. Dass sich in dem Vorhandensein einer nennenswerten Zahl von Arbeitsplätzen im og Sinne seither wesentlich etwas geändert haben könnte, ist nicht ersichtlich.

Darauf, ob die Klägerin einen ihrem verbliebenen Leistungsvermögen entsprechenden Arbeitsplatz tatsächlich erhalten konnte oder erhält, kommt es nicht an. Denn die jeweilige Arbeitsmarktlage, die für leistungsgeminderte Arbeitnehmer - wie die Klägerin - kaum entsprechende Arbeitsplatzangebote zur Verfügung stellte bzw zur Verfügung stellt, ist für die Feststellung von voller bzw. teilweiser EM oder BU - wie der Gesetzgeber ausdrücklich klargestellt hat - unerheblich (vgl § 43 Abs. 3 Halbsatz 2, § 240 Abs. 2 Satz 4 Halbsatz 2 SGB VI).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.