Gericht | LArbG Berlin-Brandenburg 14. Kammer | Entscheidungsdatum | 16.05.2013 | |
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Aktenzeichen | 14 Sa 2442/12 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 23a BAT |
§ 23 a Satz 2 Nr. 4 d BAT verstößt nicht gegen höherrangiges Recht und ist wirksam
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 01.11.2012 - 58 Ca 8326/12 - wird zurückgewiesen.
II. Die Kosten der Berufung hat die Klägerin zu tragen.
III. Die Revision wird zugelassen.
Die Parteien streiten über die Frage, ob die vor der Inanspruchnahme von Erziehungsurlaub bzw. Elternzeit zurückgelegte Tätigkeit der Klägerin an tariflichen Bewährungsaufstieg zu berücksichtigen ist.
Die Klägerin ist aufgrund eines Arbeitsvertrages seit dem 15. April 1991 bei dem beklagten Land beschäftigt und war seit diesem Tage in die Vergütungsgruppe II a der Anlage 1 a zum BAT eingruppiert.
Die Klägerin ist als Diplom-Psychologin in der J. Berlin beschäftigt und erhält Vergütung gemäß der Entgeltgruppe E 14 UE der Anlage A zum TV-L.
In der Zeit vom 23. Juli 1997 bis zum 26. Mai 2000 und in der Zeit vom 27. Februar 2001 bis zum 22. Oktober 2003 befand sich die Klägerin im Erziehungsurlaub. Insgesamt ruhte das Arbeitsverhältnis der Parteien fünf Jahre und sechs Monate.
Mit Schreiben vom 2. August 2000 (Ablichtung Bl. 7 d. A., Anlage zur Klageschrift) hatte das beklagte Land, vertreten durch die J. Berlin, der Klägerin bezüglich ihrer zweiten Schwangerschaft ein „Merkblatt für Erziehungsurlaub“ übersandt, hinsichtlich dessen Inhalt auf Ablichtung auf Bl. 8 und 9 d. A. Bezug genommen wird (Anlage zur Klageschrift).
Durch ein Urteil vom 31. Juli 2007 wies das Arbeitsgericht Berlin eine Klage der Klägerin auf Höhergruppierung in die Vergütungsgruppe I b der Anlage 1 a zum BAT mit Wirkung vom 15. April 2006 ab (91 Ca 15524/06). Die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin wies das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg durch ein Urteil vom 5. Oktober 2007 zurück (22 Sa 693/07).
Zum 1. Oktober 2010 trat im Bereich des beklagten Landes der Tarifvertrag zur Angleichung des Tarifrechts des Landes Berlin an das Tarifrecht der Tarifgemeinschaft der Deutschen Länder in Kraft, der grundsätzlich die Anwendung des TV-L regelt.
Mit Schreiben vom 30. Juni 2011 teilte das beklagte Land der Klägerin mit, ihre Vergütung II a BAT werde gemäß der Anlage 2 zu § 4 TVÜ-Länder Teil A der Entgeltgruppe E 13 UE des TV-L zugeordnet (Ablichtung Bl. 31 – 34 d. A., Anlage zur Klageerwiderung).
Mit Schreiben vom 26. September 2011 beantragte die Klägerin bei dem beklagten Land die Höhergruppierung in die Entgeltgruppe 14 des TV-L im Rahmen des Bewährungsaufstiegs (Ablichtung Bl. 35 d. A., Anlage zur Klageerwiderung). Mit Schreiben vom 8. März 2012 lehnte das beklagte Land dies ab (Ablichtung Bl. 36 – 38 d. A., Anlage zur Klageschrift).
Mit einer am 29. Mai 2012 beim Arbeitsgericht Berlin eingegangenen, dem beklagten Land am 5. Juni 2012 zugestellten Klage hat die Klägerin die Feststellung begehrt, dass das beklagte Land verpflichtet sei, der Klägerin seit dem 1. Oktober 2011 Vergütung nach der Entgeltgruppe 14 des TV-L zu zahlen.
Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, die tarifliche Regelung des § 23 a S. 2 Nr. 4 d BAT verstoße gegen das europarechtliche Verbot der mittelbaren Diskriminierung aufgrund des Geschlechts sowie gegen den verfassungsrechtlichen Gleichberechtigungsanspruch aus Art. 3 Abs. 2 GG und das Diskriminierungsverbot aus Art. 3 Abs. 3 GG. Ferner liege ein Verstoß gegen § 2 Abs. 2 LGG Berlin und das AGG vor. Eine mittelbare Diskriminierung wegen des Geschlechts sei gegeben, weil der Verlust der von der Klägerin in der Zeit von 1991 bis 2003 zurückgelegten Bewährungszeit nach den tariflichen Regelungen daran anknüpfe, dass die Klägerin für ihre beiden Kinder Elternzeit von insgesamt fünf Jahren und sechs Monaten in Anspruch genommen habe. Elternzeit, vor allem eine mehrjährige, werde statistisch nachweisbar ganz überwiegend von Müttern in Anspruch genommen, obwohl Väter hierzu in gleicher Weise berechtigt seien. Berufliche Nachteile infolge der Elternzeit beträfen daher ganz überwiegend die erwerbstätigen Frauen.
Weiter hat die Klägerin die Ansicht vertreten, das beklagte Land sei nach Treu und Glauben verpflichtet gewesen, in dem Merkblatt zum Erziehungsurlaub vollständig über die Auswirkungen zu informieren. Die Klägerin habe darauf vertrauen dürfen, dass das beklagte Land ihr nicht einen wesentlichen Teil der Regelung verschweige. Sie habe keinen Anlass gehabt, eine eigene Prüfung hinsichtlich der Elternzeit auf die tarifliche Bewährungszeit vorzunehmen.
Die Klägerin hat beantragt,
1. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin seit dem 01.10.2011 die Vergütung nach der Entgeltgruppe 14 des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) zu zahlen zzgl. Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gem.- § 247 BGB aus den rückständigen Bruttodifferenzbeträgen seit jeweiliger Fälligkeit der jeweiligen Monatsvergütung,
2. hilfsweise festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, das Vergleichsentgelt neu zu berechnen, das sich nach einem Bewährungsaufstieg in die Vergütungsgruppe I b ergeben hätte.
Das beklagte Land hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das beklagte Land hat die Ansicht vertreten, die Klage sei unzulässig, weil dem Vorprozess ein identischer Streitgegenstand zugrunde gelegen habe.
Weiter hat das beklagte Land die Ansicht vertreten, der begehrte Vergütungsanspruch nach der Entgeltgruppe 14 des TV-L seit dem 1. Oktober 2011 stehe der Klägerin nicht zu, weil sie vor Inkrattreten des TVÜ Länder am 1. November 2010 nicht in die Vergütungsgruppe I b BAT eingruppiert gewesen sei. Ein Anspruch auf Eingruppierung in die Vergütungsgruppe I b BAT im Wege des Bewährungsaufstiegs gemäß § 23 a BAT sei nicht gegeben gewesen, da die Klägerin zum maßgeblichen Zeitpunkt (1. November 2010) die erforderliche ununterbrochene Bewährungszeit (15 Jahre) nicht aufgewiesen habe. Die tarifliche Regelung des § 23 a S. 2 Nr. 3 d BAT verstoße nicht gegen höherrangiges Recht, was das Bundesarbeitsgericht bereits entschieden habe.
Schließlich hat das beklagte Land die Ansicht vertreten, die J. Berlin habe keine Hinweispflicht auf den völligen Wegfall der geleisteten Bewährungszeit der Klägerin bei Aushändigung des Merkblatts für Erziehungsurlaub am 2. August 2000 oblegen, da der Arbeitnehmer verpflichtet sei, sich selbst Kenntnisse des Tarifrechts zu verschaffen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des unstreitigen Sachverhaltes sowie des streitigen Vorbringens der Parteien I. Instanz wird gem. § 69 Abs. 2 ArbGG auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen. Ferner wird auf die erstinstanzlich eingereichten Schriftsätze der Parteien nebst den Anlagen Bezug genommen.
Durch ein Urteil vom 1. November 2012 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen ausgeführt, die Klage sei zulässig. Insbesondere stehe nicht die Rechtskraft der Entscheidung im Rechtsstreit 91 Ca 15524/06 entgegen, weil das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg durch das Urteil vom 5. Oktober 2007 den Hilfsantrag der Klägerin, der mit dem im vorliegenden Rechtsstreit geltend gemachten materiellen Anspruch identisch gewesen sei, als unzulässig abgewiesen habe mit der Begründung, die Vollendung des möglichen Bewährungsaufstiegs nach 15 Jahren habe zum Zeitpunkt der Entscheidung in der Zukunft – nämlich am 16. Oktober 2011 – gelegen. Dieser Zeitpunkt sei nunmehr abgelaufen, so dass der zur prozessualen Unzulässigkeit führende Umstand beseitigt sei und der Klage nunmehr das Prozessurteil nicht mehr entgegenstehe. Weiter hat das Arbeitsgericht ausgeführt, die vorliegende Klage sei unbegründet, weil es seit dem 1. November 2010 im Land Berlin keinen Bewährungsaufstieg mehr gegeben habe und die Bewährungszeit der Klägerin am 1. August 2011 auch nicht zur Hälfte erfüllt gewesen sei. Die Regelung in § 23 a Nr. 4 d BAT führe nicht zu einer nach § 7 Abs. 1, Abs. 2 AGG i. V. m. §§ 1, 3 Abs. 2 AGG untersagten mittelbaren Diskriminierung von Frauen, die Elternzeit in Anspruch nehmen. Das Bundesarbeitsgericht habe zu § 23 a Nr. 4 d BAT und zu § 17 Abs. 3 S. 2 TVÖD entschieden, dass die Hemmung der Bewährungszeit bzw. Stufenlaufzeit bei Inanspruchnahme von Elternzeit weder unmittelbar noch mittelbar geschlechtsdiskrimierende Wirkung entfalte. Regelungen, die für die Begründung von Ansprüchen danach differenzierten, ob das Arbeitsverhältnis ruhe oder nicht, seien rechtlich zulässig. Das Ruhen des Arbeitsverhältnisses rechtfertige objektiv eine Anspruchsminderung. Dies habe mit einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts nichts zu tun, auch wenn überwiegend Frauen davon betroffen seien. Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sei auf die ablaufvernichtende Rechtsfolge von länger als fünf Jahre andauernde Elternzeiten zu übertragen. Denn in beiden Fällen (ablaufhemmende Elternzeit bis zu fünf Jahren und ablaufvernichtende Elternzeit von mehr als fünf Jahren) knüpfe § 23 a Nr. 4 d BAT an dieselbe Voraussetzung – nämlich das Ruhen des Arbeitsverhältnisses – an. Nach der zitierten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sei dieser Anknüpfungspunkt ein objektives Kriterium, welches keinen Bezug zu einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts habe. Das objektive Kriterium des mit der Elternzeit fehlenden Zuwachses an Erfahrungswissen gelte im Fall der Elternzeit von mehr als fünf Jahren erst recht. Schließlich hat das Arbeitsgericht unter Bezugnahme auf das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin zum Aktenzeichen 91 Ca 15524/06 ausgeführt, ein Schadenersatzanspruch scheide aus, weil das beklagte Land mit der Übersendung des Merkblatts zum Erziehungsurlaub einen Vertrauenstatbestand im Sinne einer vollständigen Belehrung über alle Einzelheiten und Folgen des Erziehungsurlaubs nicht geschaffen habe. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Gegen dieses ihr am 29. November 2012 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit einem am 29. Dezember 2012 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese – nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 28. Februar 2013 – mit einem am 28. Februar 2013 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.
Die Klägerin tritt dem angefochtenen Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags entgegen und ist der Ansicht, das Arbeitsgericht habe verkannt, dass eine mittelbare Diskriminierung gerade dadurch gekennzeichnet sei, dass nicht ausdrücklich an das Geschlecht angeknüpft werde. Da Elternzeit überwiegend von Frauen in Anspruch genommen werde, liege in nachteiligen Regelungen, die an die Elternzeit anknüpften, eine mittelbare Diskriminierung wegen des Geschlechts. Die mittelbare Diskriminierung im vorliegenden Fall sei nicht durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt. Der völlige Wegfall bereits erbrachter Bewährungszeiten wegen der Inanspruchnahme von Elternzeit unter Zusammenrechnung von zwei Zeiträumen, die jeder für sich genommen unschädlich gewesen wären, sei unzulässig. Insbesondere liege ein Verstoß gegen die Richtlinie 96/34/EG des Rates vom 3. Juni 1996 i. V. m. § 2 Nr. 6 der Rahmenvereinbarung über Elternurlaub (Anhang zur Richtlinie) vor, ebenso gegen § 5 Abs. 2 S. 1 der neu überarbeiteten Fassung der Rahmenvereinbarung (Richtlinie 2010/18/EU).
Hinsichtlich der behaupteten Schaffung eines Vertrauenstatbestandes durch das Merkblatt nimmt die Klägerin Bezug auf den erstinstanzlichen Vortrag.
Die Klägerin beantragt,
1. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin seit dem 01.10.2011 die Vergütung nach der Entgeltgruppe 14 des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) zu zahlen zzgl. Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gem. § 247 BGB aus den rückständigen Bruttodifferenzbeträgen seit jeweiliger Fälligkeit der jeweiligen Monatsvergütung,
2. hilfsweise
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, das Vergleichsentgelt der Klägerin neu zu berechnen mit der Maßgabe, dass die Klägerin nach einem Bewährungsaufstieg ab dem 01.10.2011 einzugruppieren war in die Vergütungsgruppe I b BAT.
Das beklagte Land beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Das beklagte Land verteidigt das angefochtene Urteil und ist der Ansicht, ein Anspruch auf Höhergruppierung in die Entgeltgruppe 14 bestehe nicht, weil der seit dem 1. November 2010 geltende TV-L einen § 23 a BAT entsprechenden Höhergruppierungsanspruch nicht vorsehe sondern allenfalls eine Erhöhung des Vergleichsentgelts.
Weiter ist das beklagte Land der Ansicht, auch der Hilfsantrag sei unbegründet, denn die Klägerin sei nicht zwischen dem 1. Dezember 2010 und dem 31. Oktober 2012 höher zu gruppieren gewesen, weil § 23 a S. 2 Nr. 4 d BAT als Rechtsfolge einer mehr als fünfjährigen Unterbrechung der Bewährungszeit durch Elternzeit den Neubeginn der Bewährungszeit nach Ende der letzten Elternzeit vorsehe. Diese Vorschrift verstoße weder gegen das europarechtliche Verbot der mittelbaren Diskriminierung noch gegen den verfassungsrechtlichen Gleichberechtigungsanspruch Diskriminierungsverbot aus Art. 3 Abs. 3 GG. Vorliegend fehle es schon an einem Vortrag der Klägerin zu Vergleichsgruppen. Ferner sei es sachgemäß, dass die Bewährungszeit ununterbrochen zurückzulegen sei. Die Dauer der Unterbrechung einer Tätigkeit spiele sehr wohl eine Rolle, wenn es um den Verlust von Fertigkeiten und Erfahrungen gehe. Es sei eine verständige und sachbezogene Erwägung, dass die Tarifparteien es als bewährungsschädlich angesehen hätten, wenn die Bewährungszeit durch ein langjähriges Ruhen des Arbeitsverhältnisses unterbrochen und die davor gezeigte Bewährung entwertet werde. Die Bewährungszeit sei von der Klägerin von vorneherein ununterbrochen zurückzulegen gewesen. Eine mehr als fünfjährige Unterbrechung durch ein Ruhen des Arbeitsverhältnisses infolge Elternzeit sei von vorneherein schädlich gewesen. Die Klägerin erleide nicht infolge der Elternzeit den Verlust einer Rechtsposition, sondern diese Rechtsfolge sei von vorneherein in der tariflichen Regelung des Bewährungsaufstiegs angelegt gewesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze vom 28. Februar 2013 und vom 8. April 2013 sowie auf das Sitzungsprotokoll vom 16. Mai 2013 Bezug genommen.
A
Die Berufung ist zulässig.
Sie ist gem. §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthaft und frist- und formgerecht im Sinne der §§ 66 Abs. 1 Satz 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG i. V. m. §§ 519, 520 ZPO eingelegt und begründet worden.
B
Die Berufung hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
I.
Die Klage ist hinsichtlich des Hauptantrages zulässig, aber unbegründet.
1.) Der Hauptantrag ist zulässig.
Die Klägerin hat eine im öffentlichen Dienst allgemein übliche Feststellungsklage erhoben, die gemäß § 256 Abs. 1 ZPO unbedenklich zulässig ist (vgl. z. B. BAG, 31.07.2002, 4 AZR 162/01, AP Nr. 292 zu §§ 22, 23 BAT 1975).
Soweit der Antrag auch die Verpflichtung zur Zahlung von Zinsen umfasst, ist der Antrag ebenfalls gemäß § 256 Abs. 1 ZPO zulässig (vgl. BAG, 21.07.1970, 4 AZR 106/69, NJW 1970, 1207).
2.) Der Hauptantrag ist unbegründet.
a) Die Klägerin hat gegen das beklagte Land keinen Anspruch auf Vergütung nach der Entgeltgruppe 14 des TV-L für die Zeit ab dem 1. Oktober 2011.
Der BAT fand und der TV-L findet unstreitig jedenfalls kraft arbeitsvertraglicher Vereinbarung auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung.
b) Die für die Eingruppierung der Tätigkeit der Klägerin bedeutsamen Tätigkeitsmerkmale der Anlage A (Entgeltordnung), gültig seit dem 1. Januar 2012, zum TV-L lauten:
Entgeltgruppe 14
1. Beschäftigte mit abgeschlossener wissenschaftlicher Hochschulbildung und entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Beschäftigte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben,
deren Tätigkeit sich durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus der Entgeltgruppe 13 heraushebt.
(Hierzu Protokollerklärung Nr. 1)
2. Beschäftigte mit abgeschlossener wissenschaftlicher Hochschulbildung und entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Beschäftigte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben,
deren Tätigkeit sich mindestens zu einem Drittel durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus der Entgeltgruppe 13 heraushebt.
(Hierzu Protokollerklärung Nr. 1)
3. Beschäftigte mit abgeschlossener wissenschaftlicher Hochschulbildung und entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Beschäftigte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben,
deren Tätigkeit sich dadurch aus der Entgeltgruppe 13 heraushebt, dass sie mindestens zu einem Drittel hochwertige Leistungen bei besonders schwierigen Aufgaben erfordert.
(Hierzu Protokollerklärung Nr. 1)
4. Beschäftigte mit abgeschlossener wissenschaftlicher Hochschulbildung und entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Beschäftigte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben,
denen mindestens drei Beschäftigte mindestens der Entgeltgruppe 13 durch ausdrückliche Anordnung ständig unterstellt sind.
(Hierzu Protokollerklärungen Nrn. 1 und 2)
Entgeltgruppe 13
Beschäftigte mit abgeschlossener wissenschaftlicher Hochschulbildung und entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Beschäftigte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben.
(Hierzu Protokollerklärung Nr. 1)
c) Dass die Klägerin die Voraussetzungen der Entgeltgruppe 14 erfüllt, behauptet die Klägerin im vorliegend Rechtsstreit nicht, sondern sie stützt ihren Anspruch auf einen Bewährungsaufstieg aus der Vergütungsgruppe II a der Anlage 1 a zum BAT in die Vergütungsgruppe I b Fallgruppe 2 der Anlage 1 a zum BAT nach 15-jähriger Bewährung.
Einen solchen Bewährungsaufstieg sehen die seit dem 1. November 2010 im Land Berlin gemäß dem Angleichungstarifvertrag Land Berlin vom 14. Oktober 2010 anwendbaren TV-L und TVÜ-Länder nicht vor (vgl. § 8 Abs. 1 und 2 TVÜ-Länder/Berlin).
Nach ihrem eigenen Vortrag war die Klägerin am 1. November 2010 nicht in die Vergütungsgruppe I b der Anlage 1 a zum BAT eingruppiert, so dass eine Überleitung in die Entgeltgruppe 14 gemäß Anlage 2 zu § 4 TVÜ-Länder Teil A nicht in Betracht kam.
II.
Die Klage ist hinsichtlich des Hilfsantrages zulässig, aber unbegründet.
1.) Der Hilfsantrag ist gemäß § 252 Abs. 1 ZPO zulässig, weil ein entsprechendes Feststellungsinteresse im Bereich des öffentlichen Dienstes unbedenklich gegeben ist. Das beklagte Land würde das Vergleichsentgelt der Klägerin zweifellos neu berechnen, wenn das Gericht eine entsprechende Verpflichtung feststellte.
2.) Der Hilfsantrag ist unbegründet.
Das beklagte Land ist nicht verpflichtet, das Vergleichsentgelt der Klägerin gemäß § 8 Abs. 2 TVÜ-Länder/Berlin i. V. m. § 5 TVÜ-Länder/Berlin mit der Maßgabe neu zu berechnen, dass die Klägerin nach einem Bewährungsaufstieg ab dem 1. Oktober 2011 in die Vergütungsgruppe I b der Anlage 1 a zum BAT eingruppiert war.
a) Die für den möglichen Anspruch der Klägerin maßgeblichen Vorschriften haben folgenden Wortlaut:
§ 8 TVÜ-Länder/Berlin vom 12. Oktober 2006 in der Fassung des Änderungstarifvertrages Nr. 2 vom 1. März 2009 lautet auszugsweise wie folgt:
§ 8 Bewährungs- und Fallgruppenaufstiege
(1)
……
(2)
1Beschäftigte, die aus dem Geltungsbereich des BAT / BAT-O in eine der Entgeltgruppen 2 sowie 9 bis 15 übergeleitet werden und
- die spätestens am 1. August 2011 bei Fortgeltung des bisherigen Tarifrechts die für eine Höhergruppierung erforderliche Zeit der Bewährung oder Tätigkeit zur Hälfte erfüllt haben,
- in der Zeit zwischen dem 1. Dezember 2010 und dem 31. Oktober 2012 höhergruppiert wären,
- bis zum individuellen Aufstiegszeitpunkt weiterhin eine Tätigkeit auszuüben haben, die diesen Aufstieg ermöglicht hätte, und
- bei denen zum individuellen Aufstiegszeitpunkt keine Anhaltspunkte vorliegen, die bei Fortgeltung des bisherigen Rechts einer Höhergruppierung entgegengestanden hätten,
erhalten ab dem Zeitpunkt, zu dem sie nach bisherigem Recht höhergruppiert wären, in ihrer bisherigen Entgeltgruppe Entgelt nach derjenigen individuellen Zwischen- beziehungsweise Endstufe, die sich ergeben hätte, wenn sich ihr Vergleichsentgelt (§ 5) nach der Vergütung aufgrund der Höhergruppierung bestimmt hätte. 2……
Vergütungsgruppe I b der Anlage 1 a zum BAT lautet auszugsweise wie folgt:
Vergütungsgruppe I b
……
2.
Angestellte, die nach mit dem Hinweiszeichen * gekennzeichneten Tätigkeitsmerkmalen in der Vergütungsgruppe II a eingruppiert sind, nach elfjähriger Bewährung in einer Tätigkeit der Vergütungsgruppe II a, wenn sie eine zweite Staatsprüfung abgelegt haben, im Übrigen nach fünfzehnjähriger Bewährung in einer Tätigkeit der Vergütungsgruppe II a. (Den Zeiten in Vergütungsgruppe II a stehen Zeiten gleich, die vor dem l. Januar 1966 in einer Tätigkeit der Vergütungsgruppe III zurückgelegt worden sind.
Der zweiten Staatsprüfung stehen gleich:
a) die Bestallung als Arzt,
b) die Hauptprüfung für Lebensmittelchemiker,
c) die zweite theologische Prüfung für evangelische Geistliche,
d) das Presbyteriatsexamen für katholische Geistliche.)
(Hierzu Protokollnotiz Nr. 12)
§ 23 a BAT lautet wie folgt:
§ 23a Bewährungsaufstieg im Bereich des Bundes und im Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder
Der Angestellte, der ein in der Anlage 1 a mit dem Hinweiszeichen * gekennzeichnetes Tätigkeitsmerkmal erfüllt, ist nach Erfüllung der vorgeschriebenen Bewährungszeit höhergruppiert. Für die Erfüllung der Bewährungszeit gilt folgendes:
1. Das Erfordernis der Bewährung ist erfüllt, wenn der Angestellte während der vorgeschriebenen Bewährungszeit sich den in der ihm übertragenen Tätigkeit auftretenden Anforderungen gewachsen gezeigt hat. Maßgebend ist hierbei die Tätigkeit, die der Vergütungsgruppe entspricht, in der der Angestellte eingruppiert ist.
2. In den Fällen des § 23 beginnt die Bewährungszeit in der Vergütungsgruppe, aus der der Angestellte im Wege des Bewährungsaufstiegs aufrücken kann, an dem Tage, von dem an er auf Grund dieser Vorschrift in dieser Vergütungsgruppe eingruppiert ist.
3. Die vorgeschriebene Bewährungszeit braucht nicht bei demselben Arbeitgeber zurückgelegt zu sein. Sie kann auch zurückgelegt sein bei
a) anderen Arbeitgebern, die vom BAT/BAT-O erfasst werden,
b) Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts, die den BAT/BAT-O oder einen Tarifvertrag wesentlich gleichen Inhalts anwenden.
Maßgebend dafür, ob die in Buchstaben a und b genannten Arbeitgeber vom BAT/BAT-O erfasst werden bzw. einen Tarifvertrag wesentlich gleichen Inhalts anwenden, ist der Einstellungstag des Angestellten.
4. Die Bewährungszeit muss ununterbrochen zurückgelegt sein. Unterbrechungen von jeweils bis zu sechs Monaten sind unschädlich; unabhängig hiervon sind ferner unschädlich Unterbrechungen wegen
a) Ableistung des Grundwehrdienstes, des zivilen Ersatzdienstes nach dem Gesetz über den zivilen Ersatzdienst und des Zivildienstes nach dem Zivildienstgesetz,
b) Arbeitsunfähigkeit im Sinne des § 37 Abs. 1 bzw. § 71 Abs. 1,
c) der Schutzfristen und des Mutterschaftsurlaubs nach dem Mutterschutzgesetz,
d) Elternzeit nach dem Bundeserziehungsgeldgesetz und sonstiger Beurlaubung zur Kinderbetreuung bis zu insgesamt fünf Jahren,
e) einer vom Wehrdienst befreienden Tätigkeit als Entwicklungshelfer bis zu zwei Jahren.
Die Zeiten der Unterbrechung, mit Ausnahme
a) eines Urlaubs nach den §§ 47 bis 49 und nach dem SGB IX,
b) eines Sonderurlaubs nach § 50 Abs. 1 in der bis zum 31. August 1995 geltenden Fassung,
c) einer Arbeitsbefreiung nach § 52,
d) einer Arbeitsunfähigkeit im Sinne des § 37 Abs. 1 bzw. § 71 Abs. 1 bis zu 26 Wochen, in den Fällen des § 37 Abs. 4 Unterabs. 3 bzw. § 71 Abs. 2 Unterabs. 3 bis zu 28 Wochen,
e) der Schutzfristen nach dem Mutterschutzgesetz,
werden auf die Bewährungszeit jedoch nicht angerechnet.
b) Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Neuberechnung des Vergleichsentgelts. Am 1. August 2011 hatte die Klägerin die Bewährungszeit von 15 Jahren zwar zur Hälfte erfüllt: In Höhe von rund 7 Jahren und 9 Monaten, gerechnet ab dem 23. Oktober 2003, dem Ende der zweiten Elternzeit. Die Klägerin wäre bei Fortgeltung des BAT jedoch nicht in der Zeit zwischen dem 1. Dezember 2010 und dem 31. Oktober 2012 in der Vergütungsgruppe I b der Anlage 1 a zum BAT eingruppiert gewesen, weil die 15-jährige Bewährungszeit, gerechnet ab dem 23. Oktober 2003 frühestens mit Ablauf des 22. Oktober 2018 erfüllt gewesen wäre.
Gemäß § 23 a BAT begann die Bewährungszeit der Klägerin am 23. Oktober 2003 zu laufen, weil die zuvor am 15. April 1991 begonnene Bewährungszeit unterbrochen worden war. Gemäß § 23 a S. 2 Nr. 4 S. 1 BAT muss die Bewährungszeit jedoch ununterbrochen zurückgelegt worden sein. Ausnahmen hiervon bilden Unterbrechungen von jeweils bis zu sechs Monaten und u. a. Elternzeit bis zu insgesamt fünf Jahren (§ 23 a S. 2 Nr. 4 d BAT). Die Klägerin war insgesamt fünf Jahre und sechs Monate in Elternzeit.
c) Die Klägerin wird durch § 23 a BAT nicht wegen ihres Geschlechtes diskriminiert. Diese Bestimmung entfaltet weder unmittelbar noch mittelbar geschlechtsdiskriminierende Wirkung.
aa) § 23 a S. 2 Nr. 4 d BAT enthält keine unmittelbar diskriminierende Wirkung. Denn die Norm knüpft nicht an das Geschlecht sondern an die Elternzeit an, die gemäß § 15 Abs. 1 S. 1 BEEG von Männern und Frauen in Anspruch genommen werden kann (vgl. entsprechend BAG, 27.01.2011, 6 AZR 526/09, NZA 2011, 1361 zu § 17 Abs. 3 S. 2 HS 2 TVöD-AT).
bb) § 23 a S. 2 Nr. 4 d BAT führt auch nicht zu einer nach §§ 7 Abs. 1, 2 AGG i. v. m. §§ 1, 3 Abs. 2 AGG untersagten mittelbaren Diskriminierung von Frauen, die Elternzeit in Anspruch nehmen.
(1) Die Klägerin hat eine mittelbare Diskriminierung bereits nicht hinreichend dargelegt.
(a) Für die Annahme einer mittelbaren Benachteiligung iSd. § 3 Abs. 2 AGG ist nicht zwingend ein statistischer Nachweis erforderlich, dass Träger eines der Merkmale des § 1 AGG zahlenmäßig wesentlich stärker von einer Vorschrift benachteiligt werden als Personen, bei denen dieses Merkmal nicht vorliegt. Mittelbare Diskriminierungen können statistisch nachgewiesen werden, können sich aber auch aus anderen Umständen ergeben. Eine derartige Auslegung des § 3 Abs. 2 AGG entspricht dem unionsrechtlichen Gebot des effet utile. Eine mittelbare Diskriminierung ist danach gegeben, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften ihrem Wesen nach geeignet sind, Personen oder Personengruppen aus den in § 1 AGG genannten Gründen in besonderer Weise zu benachteiligen. Dies kann der Fall sein, wenn Vorschriften im wesentlichen oder ganz überwiegend Personen, die eines der verpönten Merkmale erfüllen, betreffen, wenn sie an Voraussetzungen knüpfen, die von Personen, die von § 1 AGG nicht erfasst sind, leichter erfüllt werden oder wenn sich die Tatbestandsvoraussetzungen einer Norm besonders zum Nachteil von Personen, für die ein Merkmal des § 1 AGG gilt, auswirken (vgl. BAG, 27.01.2011, 6 AZR 526/09 aaO).
(b) Zur Feststellung dieser Voraussetzungen sind Vergleichsgruppen zu bilden, die dem persönlichen Geltungsbereich der Differenzierungsregel entsprechend zusammengesetzt sind. Bei Tarifverträgen ist deshalb auf den gesamten Kreis der von der fraglichen Bestimmung erfassten Normunterworfenen abzustellen. Der Gesamtheit der Personen, die von der Regelung erfasst werden, ist die Gesamtheit der Personen gegenüber zu stellen, die durch die Regelung benachteiligt werden. Im Vergleich dieser Gruppen ist zu prüfen, ob die Träger eines Merkmals des § 1 AGG im oben genannten Sinn besonders benachteiligt sind (vgl. BAG aaO).
(2) Die Klägerin hat nicht dargelegt, dass durch § 23 a BAT weibliche Beschäftigte, die Elternzeit in Anspruch nehmen, im Vergleich zu anderen Beschäftigten, bei denen Unterbrechungen in der tatsächlichen Tätigkeit zu einem Neubeginn der Bewährungszeit führt, in besonderer Weise nachteilig betroffen sind.
§ 23 a S. 2 Nr. 4 BAT erfasst nicht nur weibliche Beschäftigte, die Elternzeit nehmen, sondern unabhängig von ihrem Geschlecht alle Beschäftigten, die ihre Tätigkeit länger als sechs Monate unterbrechen, es sei denn, es liegt einer der weiteren Ausnahmetatbestände vor (Grundwehrdienst, ziviler Ersatzdienst, bestimmte Arbeitsunfähigkeitszeiten, Mutterschutz, bestimmte Entwicklungshelfertätigkeiten).
Es ist nicht erkennbar, dass weibliche Beschäftigte, die Elternzeit beanspruchen, deutlich stärker durch einen Neubeginn der Bewährungszeit betroffen werden als der übrige von § 23 a S. 1 und S. 2 Nr. 4 BAT betroffene Personenkreis (vgl. auch BAG, 24.11.1993, 10 AZR 704/92, NZA 1994, 423).
(3) Die Regelungen des § 23 a S. 1 und S. 2 Nr. 4 BAT führen aber auch dann nicht zu einer unzulässigen mittelbaren Geschlechterdiskriminierung, wenn nur auf die von § 23 a S. 2 Nr. 4 d BAT erfasste Teilgruppe der Beschäftigten, die Elternzeit beanspruchen, abgestellt wird.
(a) Zunächst ist schon zweifelhaft, ob eine mittelbare Diskriminierung überhaupt vorliegen kann. Denn nicht die Regelung in § 23 a S. 2 Nr. 4 BAT führt dazu, dass mehr Frauen als Männer betroffen sind. Vielmehr ist der „schädlichen“ Unterbrechung der Bewährungszeit ein Schritt vorgeschaltet, nämlich die Entscheidung der Eltern – Alleinerziehende außer Betracht gelassen -, wer von ihnen Elternzeit nimmt und in welchem Umfang die Elternzeit genommen werden soll. Diese Entscheidungen sind für die Unterbrechung der Bewährungszeit kausal, nicht aber die Tarifnorm als solche (so BAG, 18.06.1997, 4 AZR 647/95, NZA 1998, 267).
(b) Des Weiteren ist zweifelhaft, ob im Anwendungsbereich des BAT tatsächlich der Anteil der weiblichen Arbeitnehmer, die Elternzeit beanspruchen, deutlich stärker, sei es überproportional häufig oder materiell besonders gravierend, durch eine „schädliche“ Unterbrechung der Bewährungszeit, also durch eine mehr als fünfjährige Unterbrechung, betroffen werden, als der Anteil der männlichen Arbeitnehmer.
Die Klägerin hat sich in der ersten Instanz auf Zahlen der Jahre 2008 und 2009 berufen, die sich aus einer Erklärung des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 4. März 2010 ergeben sollen. Danach war der Anteil der Frauen erheblich höher als der Anteil der Männer, die in Elternzeit waren. Diese Zahlen beziehen sich jedoch auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland und nicht auf den Anwendungsbereich des BAT. Es ist keinesfalls lebensfremd anzunehmen, dass der Anteil der im öffentlichen Dienst beschäftigten Männer, die Elternzeit nehmen erheblich höher sein dürfte als in der Privatwirtschaft. Denn, wie die Regelungen im BAT zeigen, gab es im öffentlichen Dienst Beförderungen allein durch Ableistung einer Bewährungszeit, die durch eine Elternzeit von insgesamt fünf Jahren als nicht unterbrochen angesehen wurde.
(c) Selbst wenn zu Gunsten der Klägerin davon auszugehen ist, dass nach wie vor im öffentlichen Dienst erheblich mehr weibliche als männliche Arbeitnehmer in Elternzeit gehen und dass die Dauer der von Männern genommenen Elternzeit deutlich kürzer ist als von Frauen, liegt eine unzulässige mittelbare Geschlechterdiskriminierung nicht vor.
(aa) Das Verbot mittelbarer Diskriminierung ist eine besondere Ausprägung des allgemeinen Gleichheitssatzes, wonach gleiche Sachverhalte nicht ohne sachlichen Grund ungleich behandelt werden dürfen. Eine mittelbare Diskriminierung kann daher nur vorliegen, wenn die benachteiligten und die begünstigten Personen vergleichbar sind. Die Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnisse während der Elternzeit unter Suspendierung der wechselseitigen Hauptpflichten ruhen, und die aktiven Beschäftigten sind grundsätzlich nicht vergleichbar. Die Elternzeit darf darum bei Entgeltbestandteilen, die auf das aktive Arbeitsverhältnis abstellen, anspruchsmindernd berücksichtigt werden (BAG, 27.01.2011, 6 AZR 526/09, NZA 2011, 1361 m. w. N.).
(bb) Die Ableistung der ununterbrochenen erforderlichen Bewährungszeit ist Anspruchsvoraussetzung für eine Eingruppierung in die Vergütungsgruppe I b Fallgruppe 2 der Anlage 1 a zum BAT. Dies hat zur Folge, dass nach einer Unterbrechung der Bewährungszeit diese erneut beginnt. Damit knüpft § 23 a BAT in rechtlich zulässiger Weise an den Erfahrungsgewinn im aktiven Arbeitsverhältnis an. Der Bewährungsaufstieg soll die gewonnene Berufserfahrung honorieren. Die Tarifvertragsparteien sind davon ausgegangen, dass die Arbeitnehmer bei Ausübung der ihnen übertragenen Tätigkeit laufend Kenntnisse und Erfahrungen sammeln, welche die Arbeitsqualität und –quantität verbessern. Erfahrungswissen kann auch nach längerer Dauer des Arbeitsverhältnisses noch wachsen. Diese Annahme einer Produktivitätssteigerung durch Erfahrungswissen entspricht der Lebenserfahrung und steht im Einklang mit der Rechtsprechung des EUGH, wonach Berufserfahrung Arbeitnehmer befähigt, ihre Arbeit besser zu verrichten (vgl. z. B. BAG, 21.05.2008, 5 AZR 187/07, NZA 2008, 955 und BAG, 27.01.2011, 6 AZR 526/09, NZA 2011, 1361 m. w. N.).
Die Annahme der Tarifvertragsparteien, dass ein Arbeitnehmer, der seine Tätigkeit länger als sechs Monate unterbricht, seine gesammelten Kenntnisse und Erfahrungen teilweise wieder verliert, ist gerechtfertigt, denn nur eine kontinuierliche Arbeit gewährleistet zumindest gleichbleibende Leistungen und die Vertiefung der Kenntnisse und Erfahrungen, so dass langfristig von einer Leistungssteigerung ausgegangen werden kann.
Hinzu kommt, dass es in Zeiten der Unterbrechung der geschuldeten Tätigkeit an der Eingliederung des Arbeitnehmers in die betriebliche Organisation fehlt, die essentiell für die von den Tarifvertragsparteien angenommene Verbesserung von Arbeitsqualität und –quantität ist (vgl. BAG, 27.01.2011, 6 AZR 526/09, NZA 2011, 1361).
Die Tarifvertragsparteien haben allerdings dem Wehr- oder Zivildienst und der Elternzeit eine besondere Bedeutung beigemessen und insoweit weitaus längere Zeiträume als sechs Monate für unschädlich erklärt; im Fall der Elternzeit insgesamt fünf Jahre. Dieser Umstand rechtfertigt eine unterschiedliche Berücksichtigung der Normierung der Voraussetzungen für den Ablauf der Bewährungszeit (vgl. BAG, 18.06.1997, 4 AZR 647/95, NZA 1998, 267).
Entgegen der Ansicht der Klägerin ist die Zusammenfassung verschiedener Zeiträume zu insgesamt fünf Jahren sachlich gerechtfertigt. Ausgehend von der berechtigten Annahme, dass für die Bewährungszeit schon Unterbrechungen von mehr als sechs Monaten schädlich sind, spielt es für die Unterbrechung durch Elternzeit keine Rolle, ob diese beispielsweise dreimal 2 Jahre, nahtlos 5 ½ Jahre oder wie im vorliegenden Fall 2 Jahre und 10 Monate und nach 9 Monaten erneut 2 Jahre und 7 Monate umfasste. In allen Fällen sind die vor der Elternzeit gesammelten Kenntnisse und Erfahrungen durch verhältnismäßig lange oder mehrere kürzere, aber insgesamt mehr als 5 Jahre dauernden Unterbrechungen nicht mehr derart präsent wie bei Arbeitnehmern, die kontinuierlich ihre Arbeitsleistungen erbracht haben. Dasselbe gilt auch für eine zwischen zwei Elternzeiten geleistete Tätigkeit. Auch die dort gesammelten Kenntnisse und Erfahrungen geraten während der folgenden Elternzeit allmählich wieder in Vergessenheit.
Hierbei ist es unerheblich, ob sich ein Arbeitnehmer während der Elternzeit möglicherweise weiterbildet oder sich mit berufsspezifischen Themen befasst. Auch in solchen Fällen fehlt es an der Eingliederung des Arbeitnehmers in die betriebliche Organisation, die essentiell für die von den Tarifvertragsparteien angenommene Verbesserung von Arbeitsqualität und –quantität ist (vgl. BAG, 27.01.2011, 6 AZR 526/09, NZA 2011, 1361).
cc) Allerdings wäre die Gleichstellung der Beschäftigten, deren Arbeitsverhältnis wegen der Inanspruchnahme von Elternzeit droht, und der aktiven Beschäftigten anzunehmen, wenn es Vorschriften gäbe, die bei einer Fortsetzung der Berufstätigkeit nach Beendigung der Elternzeit ungeachtet des grundsätzlichen Unterschiedes zwischen ruhendem und aktivem Arbeitsverhältnis die Fiktion des Erwerbs von Berufungserfahrung während der Elternzeit geböten. Derartige Bestimmungen finden sich jedoch weder im unions- noch im nationalen Recht (BAG, 27.01.2011, 6 AZR 526/09, NZA 2011, 1361 mit ausführlicher Begründung).
d) Eine Anrechnung von Zeiten der Arbeitstätigkeit, die vor der Beendigung der letzten Elternzeit lagen, wenn der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin insgesamt über 5 Jahre Elternzeit beansprucht hat, auf die Bewährungszeiten nach den Regelungen des BAT ist auch unionsrechtlich nicht geboten.
§ 5 Nr. 2 der Neufassung der Rahmenvereinbarung über Elternurlaub aus dem Jahr 2009 im Anhang der Richtlinie 2010/18/EU des Rates vom 18. März 2010 zur Durchführung der von BUSINESSEUROPE, UEAPME, CEEP und EGB geschlossenen überarbeiteten Rahmenvereinbarung über den Elternurlaub und zur Aufhebung der Richtlinie 96/34/EG und der davor geltende § 2 Nr. 6 der Rahmenvereinbarung über Elternurlaub im Anhang zur Richtlinie 96/34/EG des Rates vom 3. Juni 1996 zu der von UNICE, CEEP und EGB geschlossenen Rahmenvereinbarung über Elternurlaub bestimmen wortgleich folgendes:
„Die Rechte, die Arbeitnehmer zu Beginn des Elternurlaubs erworben hatte oder dabei war zu erwerben, bleiben bis zum Ende des Elternurlaubs bestehen. Im Anschluss an den Elternurlaub finden diese Rechte mit den Änderungen Anwendung, die sich aus einzelstaatlichen Rechtsvorschriften, Tarifverträgen oder Gepflogenheiten ergeben.“
Der Zweck dieser Bestimmung besteht darin zu verhindern, dass aus dem Arbeitsverhältnis abgeleitete Rechte, die der Arbeitnehmer erworben hat oder dabei ist zu erwerben und über die er zum Zeitpunkt des Antritt eines Elternurlaubs verfügt, verloren gehen oder verkürzt werden, und zu gewährleisten, dass sich der Arbeitnehmer im Anschluss an den Elternurlaub im Hinblick auf diese Rechte in derselben Situation befindet, wie vor diesem Urlaub (vgl. EUGH, 22.10.2009, C-116/08, zitiert aus juris).
Aus diesen Bestimmungen folgt nicht, dass Beschäftigte nach ihrer Rückkehr aus der Elternzeit Anspruch auf Gleichstellung mit den Beschäftigten haben, die durch ihre aktive Tätigkeit Berufserfahrung gewonnen haben (vgl. BAG, 27.01.2011, 6 AZR 526/09, NZA 2011, 1361).
Wie oben bereits dargelegt wurde, ist Voraussetzung für den tarifvertraglichen Anspruch auf Höhergruppierung der Ablauf einer ununterbrochenen Bewährungszeit, wobei die Tarifvertragsparteien als Ausnahme u. a. eine unschädliche Unterbrechung durch eine Elternzeit von insgesamt 5 Jahren geregelt haben. Somit besteht während der Arbeitstätigkeit vor Beginn der Elternzeit keine unverfallbare Anwartschaft auf einen Bewährungsaufstieg, sondern die Anerkennung der Arbeitstätigkeit als Zeit der Bewährung steht von Anfang an unter der Bedingung, dass diese nicht unterbrochen wird – mit Ausnahme der geregelten Ausnahmetatbestände.
Hinzu kommt, dass die Regelung in § 23 a S. 2 Nr. 4 d BAT den Bewährungsaufstieg des Arbeitnehmers, der insgesamt mehr als 5 Jahre in Elternzeit war, nicht verwehrt sondern nur verzögert hat. Es ging nicht um das „ob“ des Bewährungsaufstiegs sondern um dessen „wann“ (vgl. entsprechend BAG, 27.01.2011, 6 AZR 526/09, NZA 2011, 1361 zum Stufenaufstieg nach § 17 Abs. 3 S. 2 TVöD-AT).
Dass es im vorliegenden Fall nicht mehr zum Bewährungsaufstieg der Klägerin in die Vergütungsgruppe I b der Anlage 1 a zum BAT kommen kann, liegt nicht in § 23 a BAT begründet sondern in der Tatsache, dass die Tarifvertragsparteien die Regelungen des BAT durch ein vollständig neues Tarifwerk, u. a. durch den TV-L, abgelöst haben. Dieser kam im Land Berlin durch den Tarifvertrag zur Angleichung des Tarifrechts des Landes Berlin an das Tarifrecht der Tarifgemeinschaft Deutscher Länder vom 14. Oktober 2010 zum 1. November 2010 zur Anwendung.
Wie oben unter I. 2.c) bereits ausgeführt wurde, ist im Anwendungsbereich des TV-L ein Bewährungsaufstieg nicht vorgesehen. Von den Überleitungsregelungen des § 4 TVÜ-Länder und den Regelungen des § 8 TVÜ-Länder bezüglich der Höhergruppierungen sind nicht nur die Arbeitnehmer betroffen, die in Elternzeit waren, sondern sämtliche Arbeitnehmer.
Bei der Bewertung der von den Tarifvertragsparteien ausgehandelten Regelungen zur Überleitung der Angestellten aus dem BAT in den TVöD sowie zu deren endgültiger Eingliederung in die neue Entgeltstruktur sowie der Entgeltstruktur des TVöD selbst ist zu berücksichtigen, dass die Findung des nach dem TVöD zu zahlenden Entgelts und die Überleitung der bereits Beschäftigten in das neue Vergütungssystem ein überaus komplexer Vorgang war. Im TVöD ist nicht nur das bisherige Vergütungssystem mit seinen an die beamtenrechtliche Alimentation angelehnten, vom Lebensalter, vom Familienstand und von der Kinderzahl abhängigen Vergütungsbestandteilen, das zudem einen Aufstieg in die nächsthöhere Lohn-/Vergütungsgruppe auch ohne Tätigkeitswechsel vorsah, aufgegeben und durch eine Leistungsaustauschbeziehung ersetzt worden, die ausschließlich von der wahrgenommenen Aufgabe, Berufserfahrung und individuellen Leistungen abhängt. Zugleich wurden auch die bisher unterschiedlich ausgestalteten Vergütungsstrukturen von Arbeitern und Angestellten aufgelöst. Dafür mussten die bisher 17 Lohngruppen der Arbeiter und 18 Vergütungsgruppen der Angestellten, insgesamt also 35 Gruppen, in den 15 Entgeltgruppen des TVöD zusammengefasst werden. Das unterschiedlich hohe Entgeltniveau von Arbeitern und Angestellten musste dabei ebenso vereinheitlicht werden wie die unterschiedlich hohe Vergütung der Angestellten im Bereich der VKA und des Bundes. Aus den bis zu 15 Lebensaltersstufen der Grundvergütung wurden fünf bis sechs an Berufserfahrung anknüpfende Entgeltstufen. Schließlich wurde auch eine Vielzahl von Tarifverträgen, die das Entgelt einzelner Beschäftigungsgruppen des öffentlichen Dienstes höchst differenziert und mit vielen Verästelungen bis ins Detail regelten, zusammengeführt. Schlussendlich wurde das Vergütungsniveau strukturell verändert: Das Entgeltniveau jüngerer Arbeitnehmer wurde angehoben, das älterer abgesenkt. Die neue Entgelttabelle des TVöD ist dabei das Ergebnis von Einzelberechnungen für jede Entgeltgruppe, ohne dass sich ihr eine systematische Struktur entnehmen ließe. Angesichts dieser Komplexität der von den Tarifvertragsparteien gewählten Regelungsaufgabe war es unmöglich, eine Entgeltstruktur zu schaffen, die keine Nachteile für einzelne Beschäftigte oder Beschäftigtengruppen gegenüber dem bisherigen Tarifrecht mit sich brachte. Ebenso wenig war es möglich zu verhindern, dass einzelne Beschäftigtengruppen nach der Überleitung in den TVöD von der neuen Entgeltstruktur mehr oder zu früheren Zeitpunkten profitierten als andere Gruppen. Die Tarifvertragsparteien mussten bei der Schaffung der neuen Entgeltstruktur ebenso wie bei der Überleitung in das neue System sowie deren Abschluss generalisieren, pauschalieren und typisieren, ohne dabei jeder Besonderheit des Einzelfalls gerecht werden zu können. Bei der Regelung von Massenerscheinungen, wie es die Schaffung der neuen Entgeltstruktur, die Überleitung der Beschäftigten in den TVöD und deren endgültige Eingliederung in die neue Struktur war, liegt es in der Natur der Sache, dass es zu Randunschärfen kommt und die Regelung nicht jedem Einzelfall gerecht werden kann (vgl. BAG, 08.12.2011, 6 AZR 319/09, NZA 2012, 275 m.w.N.).
e) Ein Anspruch der Klägerin auf Neuberechnung des Vergleichsentgelts folgt auch nicht als Schadensersatzanspruch aus §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 249 Abs. 1 BGB.
Zur Begründung wird zunächst auf die zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils im ersten Absatz auf Seite 8 Bezug genommen. Zu diesen Ausführungen hat die Klägerin in der Berufungsbegründung nicht Stellung genommen sondern lediglich ausgeführt, sie nehme insbesondere auch hinsichtlich der Schaffung eines Vertrauenstatbestandes durch das Merkblatt auf den erstinstanzlichen Vortrag Bezug.
Eine schuldhafte Pflichtverletzung des beklagten Landes durch die Übersendung des Merkblattes für Erziehungsurlaub mit Schreiben vom 2. August 2000 an die Klägerin ist nicht erkennbar.
aa) Aus dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) und seit dem Inkrafttreten des § 241 Abs. 2 BGB aus dieser Norm können sich zwar Hinweis- und Aufklärungspflichten ergeben, denn der jeder Partei zuzubilligende Eigennutz findet seine Grenze an dem schutzwürdigenden Lebensbereich des Vertragspartners. Die vertraglichen Schutz- und Fürsorgepflichten dürfen jedoch nicht überspannt werden. Jeder Vertragspartner hat grundsätzlich selbst für die Wahrnehmung seiner Interessen zu sorgen. Hinweis- und Aufklärungspflichten beruhen auf den besonderen Umständen des Einzelfalles und sind das Ergebnis einer umfassenden Interessenabwägung (vgl. z. B. BAG, 11.12.2001, 3 AZR 339/00, NZA 2002, 1150 und BAG, 14.07.2005, 8 AZR 300/04, NZA 2005, 1298).
bb) Im vorliegenden Fall war das beklagte Land nicht verpflichtet, die Klägerin darauf hinzuweisen, dass die zweite Elternzeit vom 27. Februar 2001 bis zum 22. Oktober 2003 dazu führen würde, dass die Bewährungszeit erneut zu laufen beginnen werde. Denn diese Rechtsfolge war ausdrücklich in dem jederzeit zugänglichen BAT geregelt, dort unmissverständlich in § 23 a S. 2 Nr. 4 d. Es war der Klägerin durchaus zumutbar, sich vor Beantragung der zweiten Elternzeit selbst darüber zu informieren, welche Rechtsfolgen sich hieraus ergeben könnten. Bei der Klägerin handelte es sich schon damals um eine qualifizierte Angestellte in einer Tätigkeit nach der Vergütungsgruppe II a der Anlage 1 a zum BAT. Das von dem beklagten Land übersandte Merkblatt stellte erkennbar ein allgemein gehaltenes Informationsblatt über Erziehungsurlaub gemäß §§ 15 ff. BErzGG dar und enthielt den Hinweis, dass der Erziehungsurlaub ein Urlaub ohne Fortzahlung der „Bezüge“ sei und dass Anrechnungen auf vorgeschriebene Zeiten für Anstellung, Beförderung und Probezeit ausgeschlossen seien. Diese Angaben sind zutreffend. Das beklagte Land war nicht verpflichtet, in dem Merkblatt Hinweise auf Rechtsfolgen für die Fälle aufzunehmen, in denen ein Elternteil mehrmals Elternzeit nimmt. Entgegen der erstinstanzlich geäußerten Ansicht der Klägerin hat das beklagte Land in dem Merkblatt auch nicht „einfach einen ganz wesentlichen Teil der Regelung“ verschwiegen. Denn das Merkblatt war offensichtlich für die Beantragung von Erziehungsurlaub für ein Kind konzipiert und enthielt keinerlei Ausführungen zu Fällen der in Anspruch genommenen Elternzeit für verschiedene Kinder.
C.
I.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
II.
Die Revision wurde gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zugelassen.