Gericht | Vergabekammer Potsdam | Entscheidungsdatum | 18.01.2011 | |
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Aktenzeichen | VK 66/10 | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen |
1. Der Nachprüfungsantrag wird verworfen.
2. Die Antragstellerin trägt die Kosten (Gebühren und Auslagen) des Verfahrens.
3. Die Gebühr für das Verfahren wird auf X.XXX,XX EUR festgesetzt und mit dem eingezahlten Kostenvorschuss verrechnet.
I.
Im Rahmen des Ausbaus der … und der stetigen Erweiterung des … wurden in einem 1. BA von … bis 2001 Maßnahmen der aktiven Datentechnik, des TK-Systems sowie des passiven …netzes (u.a. Kabeltiefbauarbeiten) mit einem Gesamtauftragswert von ca. X,X Mio. EUR realisiert.
Der Auftraggeber veröffentlichte im Zusammenhang mit der Durchführung des 2. BA die Vergabe des verfahrensgegenständlichen Auftrages am … 2010 auf der im Serviceportal des Landes Brandenburg eingerichteten Plattform – http://vergabemarktplatz.brandenburg.de. Für die Gesamtbaumaßnahme „…, …“, die im Jahre 2006 begonnen wurde, sind im Landeshaushalt als Gesamtkosten X,XX Mio. EUR veranschlagt. Der geschätzte Auftragswert für die ausgeschriebene Teilleistung beträgt XXX.XXX,XX EUR (brutto).
In Punkt b) der Bekanntmachung ist das Vergabeverfahren bezeichnet als „Öffentliche Ausschreibung, VOB/A“. Gegenstand der Ausschreibung ist gemäß Punkt d) der Bekanntmachung die „Ausführung von Bauleistungen“.
Nebenangebote waren gemäß Punkt j) der Bekanntmachung zugelassen.
Die Ausschreibung beinhaltet gemäß der Leistungsbeschreibung die Erneuerung der gesamten Sprachkommunikationstechnik für die … . Das bestehende TK-System soll homogen erneuert werden und somit den Anforderungen der Sprachkommunikationstechnik der nächsten acht bis zehn Jahre genügen. Es ist vorgesehen, das System als hybrides System mit einer Hauptanlage und vier Unteranlagen aufzubauen, Ziff. II.1 der Leistungsbeschreibung. Der Aufbau der Hauptanlage erfolgt in den vorgesehenen Technikräumen im zentralen Hörsaalgebäude. Hier befindet sich auch die noch bestehende Hauptanlage des vorhandenen Systems. Die vorhandene Technik einschließlich der vorhandenen Endgeräte ist, sofern eine Weiterverwendung mit einer verbundenen Gewährleistungsübernahme nicht möglich ist, zu entsorgen und in der entsprechenden LV-Position zu verpreisen. Teilweise soll eine Erweiterung des Fernmeldenetzes (OZ 07.) durch Anbindung weiterer Gebäude erfolgen.
Mit Schreiben vom … 2010 teilte der Auftraggeber der Antragstellerin mit, dass auf ihr Angebot kein Zuschlag erteilt werden könne, weil es nicht das wirtschaftlichste Angebot sei. Es werde das Nebenangebot der Firma … (…) beauftragt.
Auf Anfrage der Antragstellerin teilte der Auftraggeber die Angebotssummen der Hauptangebote mit. Die Antragstellerin hatte das preisgünstigste Hauptangebot abgegeben.
Die Antragstellerin beanstandete die Entscheidung des Auftraggebers mit anwaltlichem Schreiben vom … 2010. Das Nebenangebot des für den Zuschlag vorgesehenen Unternehmens sei wegen Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes auszuschließen. Der Auftraggeber habe der … nach den ihr vorliegenden Informationen vor der Abgabe des Nebenangebotes verschiedene Informationen, insbesondere hinsichtlich des Altbestandes, vor allem des Telefonbestandes, zur Kenntnis gebracht, ohne diese auch den anderen Bietern zur Verfügung zu stellen. Nur aufgrund des in unzulässiger Weise erlangten Wissensvorsprunges sei der … die Abgabe des Nebenangebotes möglich gewesen.
Mit Schreiben vom … 2010 teilte der Auftraggeber mit, dass er das Verfahren bereits vor Eingang des Rügeschreibens durch Zuschlagserteilung zum Abschluss gebracht habe. Die Antragstellerin verwies hierzu mit Schreiben vom … 2010 auf die §§ 101 a Abs. 1, 101 b Abs. 1 Nr. 1 GWB.
Der Auftraggeber wies mit weiterem Schreiben vom … 2010 darauf hin, dass es sich bei dem in Rede stehenden Vergabeverfahren nicht um ein Offenes Verfahren gemäß § 3 a Abs. 1 Nr. 1 VOB/A, sondern um eine Öffentliche Ausschreibung nach § 3 Abs. 1 VOB/A handle. Infolgedessen sei für die Anwendung der Regelungen der Vorschriften des GWB kein Raum.
Mit ihrem Schreiben vom … 2010 hielt die Antragstellerin ihre Forderung, das Nebenangebot der … auszuschließen, auch unter Hinweis auf die Rechtsprechung, wonach der Ausschluss von Nebenangeboten wegen eines Verstoßes gegen Art. 24 Abs. 1 der EU-Richtlinie 2004/18/EG (VKR) schon dann erforderlich sei, wenn – wie hier – der Preis alleiniges Zuschlagskriterium sei, aufrecht.
Mit weiterem Schreiben vom … 2010 beanstandete die Antragstellerin, die Wahl des Vergabeverfahrens sei unzutreffend erfolgt, da es sich hier nicht um die Vergabe von Bauleistungen im Sinne des § 1 VOB/A handle. Veritable Bauleistungen seien nach der Leistungsbeschreibung nicht vorgesehen und die Beschaffung einer TK-Anlage stelle nach der Rechtsprechung nicht stets eine Bauleistung dar.
Die Antragstellerin hat mit anwaltlichem Schriftsatz vom … 2010 einen Nachprüfungsantrag bei der Vergabekammer des Landes Brandenburg gestellt und diesen im Wesentlichen mit dem Vorbringen ihres Rügeschreibens begründet. Ergänzend trägt sie vor, Gegenstand des Auftrages seien gerade nicht bauliche Veränderungen, sondern die Lieferung, Inbetriebnahme und Wartung einer neuen Telekommunikationsanlage auf dem …gelände, also die Erneuerung/Modernisierung des Kommunikationssystems. Unter diesen Voraussetzungen sei die Annahme eines Bauauftrages schlicht fehlerhaft. In Ermangelung von Trockenbau-, Metallbau-, Putz-, Maler- und/oder Bodenbelagsarbeiten sowie Tiefbauarbeiten scheide eine Vergleichbarkeit mit der Entscheidung der VK Brandenburg, Beschluss vom 26. November 2003 – VK 72/03, aus. Die zu verlegenden Kabel würden in bereits vorhandene Leerrohre nur eingelegt oder es werde auf die bereits vorhandene Verkabelung zurückgegriffen und nur eine Steckverbindung geschaffen. Das Vorliegen einer Baumaßnahme könne hier auch nicht allein aufgrund von Fragen der Funktionsfähigkeit der baulichen Anlage bejaht werden. Gegen die Annahme eines Bauauftrages spreche zudem, dass das ausgeschriebene Telekommunikationssystem von der baulichen Anlage auch ohne Beeinträchtigung der Vollständigkeit oder Benutzbarkeit der in Rede stehenden Leistungen abgetrennt werden könne.
Die Antragstellerin beantragt,
1. die Unwirksamkeit des Zuschlages zugunsten der Beizuladenden festzustellen,
2. den Auftraggeber zu verpflichten, den Zuschlag der Antragstellerin zu erteilen,
3. hilfsweise, dem Auftraggeber unter Bezeichnung der Rechtsverletzungen aufzugeben, das Vergabeverfahren unter Beachtung der Auffassung der Vergabekammer fortzusetzen,
4. höchst hilfsweise, die streitgegenständliche Ausschreibung aufzuheben,
5. die Beiziehung der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin für notwendig zu erklären,
6. dem Auftraggeber die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen,
7. Akteneinsicht.
Der Auftraggeber beantragt,
die von der Antragstellerin gestellten Anträge kostenpflichtig abzulehnen.
Hauptgegenstand der ausgeschriebenen Leistung sei nicht die Lieferung von Hard- und Software. Vielmehr liege das Hauptaugenmerk neben der Lieferung der Endgeräte auf deren Montage und nutzerspezifischen Installation sowie Konfiguration (Einbindung vorhandener analoger Nutzer) ins vorhandene Netz als auch auf der Herstellung der notwendigen Stromversorgung und der teilweisen Erweiterung des vorhandenen Fernmeldenetzes durch Verkabelung weiterer Gebäude (zur An- und Einbindung) in das bestehende Gesamtfernmeldenetz der … . Abzustellen bei der Beurteilung sei auf das Hauptinteresse des Auftraggebers und den sachlichen Schwerpunkt des Vertrages. Diese liege keinesfalls vornehmlich in der Warenbeschaffung an sich, sondern im Bereich der Installation. Soweit die Antragstellerin behaupte, in ihren Rechten verletzt zu sein, weil der Auftrag nicht auf der Grundlage der VOL/A EG ausgeschrieben wurde, sei dieser Umstand für die Antragstellerin bereits aus den Vergabeunterlagen selbst erkennbar gewesen. Die Antragstellerin habe zudem nicht darlegen können, dass die Nichtanwendung der VOL/A EG ihre Chancen auf Zuschlagserteilung nachteilig beeinflusst habe.
Mit Verfügung des Vorsitzenden vom … 2011 wurde die Entscheidungsfrist bis zum … 2011 verlängert.
Auf die Vergabeakten sowie die eingereichten Schriftsätze der Beteiligten wird ergänzend Bezug genommen.
II.
Der Nachprüfungsantrag ist unzulässig.
Die Vergabekammer ist für die streitgegenständliche Auftragsvergabe nicht zuständig. Der Anwendungsbereich des 4. Teils des GWB gemäß § 100 Abs. 1 GWB i.V.m. § 127 Nr. 1 GWB, § 2 Nr. 3 VgV ist nicht eröffnet.
Nach § 100 Abs. 1 GWB ist der 4. Teil dieses Gesetzes nur für Aufträge anzuwenden, die die durch Rechtsverordnung nach § 127 GWB festgelegten Auftragswerte erreichen oder überschreiten. Die Bestimmung des maßgeblichen Schwellenwertes, um ein Nachprüfungsverfahren einleiten zu können, hängt davon ab, welche Leistung Gegenstand des zu vergebenden Auftrages ist. Bei öffentlichen Bauaufträgen gemäß § 99 Abs. 3 GWB beträgt der Schwellenwert nach § 2 Nr. 3 VgV 4.845.000,00 EUR.
Während bei der Ermittlung der Anwendungsschwellen für Liefer- und Dienstleistungsaufträge prinzipiell auf den Wert des einzelnen zu vergebenden Auftrages abgestellt wird und eine Zusammenfassung nur bei laufzeitbestimmten Verträgen infrage kommt, ist Anknüpfungspunkt im Baubereich der Gesamtauftragswert des zu realisierenden Projektes. Dabei sind die Aufträge einzurechnen, die in demselben technischen und wirtschaftlichen Zusammenhang stehen (Kulartz, VOB/A, Marx, § 1 a Rn. 60).
Demzufolge liegt der Gesamtauftragswert für den 2. BA nach der Schätzung des Auftraggebers bei ca. X,XX Mio. EUR und damit unterhalb des festgelegten Schwellenwertes für Bauaufträge.
Ein funktionaler und auch zeitlicher Zusammenhang mit dem im Jahr 2001 abgeschlossenen 1. BA besteht nicht, weil die im Jahr 2006 begonnenen Maßnahmen des 2. BA weder technisch noch wirtschaftlich von dem bereits abgeschlossenen Projekt abhängen. Deshalb sind die jeweiligen Auftragswerte des 1. BA und 2. BA für die Berechnung des Schwellenwertes nicht zusammenzurechnen (Lauser in: jurisPK-VergR, § 3 VgV Rn. 22 – 26).
Darüber hinaus handelt es sich auch bei dem streitgegenständlichen Teilauftrag entgegen der Auffassung der Antragstellerin um einen Bauauftrag gemäß § 99 Abs. 3 GWB. Der geschätzte Auftragswert liegt mit rund XXX.XXX,XX EUR (brutto) unterhalb des für Bauaufträge maßgeblichen Schwellenwertes.
Gemäß § 99 Abs. 3 GWB sind Bauaufträge Verträge über die Ausführung oder die gleichzeitige Planung und Ausführung eines Bauvorhabens oder eines Bauwerkes für den öffentlichen Auftraggeber, das Ergebnis von Tief- oder Hochbauarbeiten ist und eine wirtschaftliche oder technische Funktion erfüllen soll, oder einer dem Auftraggeber unmittelbar zugute kommenden Bauleistung durch Dritte gemäß den vom Auftraggeber genannten Erfordernissen. Im Zentrum des Bauauftrages stehen jedenfalls Arbeiten, die auf eine bauliche Anlage bezogen sind. Das folgt aus Art. 1 Abs. 2 b) der Richtlinie 2004/18/EG, der auf die im Anhang I genannten Tätigkeiten verweist. Zu den Bauleistungen gehört hiernach die Klasse 45.31 – Elektroinstallation, die die Installation von Kommunikationssystemen umfasst.
Gegenstand der streitgegenständlichen Ausschreibung ist jedoch keine ausschließliche Lieferverpflichtung. Nach der Leistungsbeschreibung werden Montage-, Installations- und Anschluss- sowie nutzerspezifische Arbeiten (vgl. zum Beispiel OZ 01. – 01.001, 01.006, 01.011/12), Erweiterungsarbeiten (OZ 07.) und Demontagearbeiten (OZ 08.001) verlangt. Hierzu sind die gelieferten Gegenstände in die vorhandenen baulichen Verhältnisse zu integrieren, vor Ort einzubauen oder zu montieren. Sie haben auf die betroffenen Bauwerke (…) bezogene Be- und Verarbeitung zum Gegenstand und stehen in einem hinreichend engen funktionalen Zusammenhang mit der Instandhaltung und Änderung der Bauwerke. Entscheidend ist auch, dass das ausgeschriebene Kommunikationssystem für den bestimmungsgemäßen Bestand der …, also zur Gewährleistung eines dem Stand der Technik entsprechenden …betriebes erforderlich und von großer Bedeutung ist.
Auch die Überschreitung des maßgeblichen Schwellenwertes unterstellt, wäre die Antragstellerin mit ihrem Vortrag zur Wahl der Vergabeart präkludiert. Die Antragstellerin hat insoweit ihre Rügeobliegenheit gemäß § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 bzw. Nr. 3 GWB verletzt.
Gemäß § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 bzw. Nr. 3 GWB ist der Nachprüfungsantrag unzulässig, soweit der Antragsteller Verstöße gegen Vergabevorschriften, die aufgrund der Bekanntmachung (Nr. 2) oder in den Verdingungsunterlagen (Nr. 3) erkennbar sind, nicht spätestens bis zum Ablauf der in der Bekanntmachung benannten Frist zur Angebotsabgabe oder zur Bewerbung gegenüber dem Auftraggeber rügt. Insoweit ist auf die Erkenntnismöglichkeiten eines sorgfältigen und gewissenhaften Durchschnittsbieters abzustellen.
Bereits aus der Vergabebekanntmachung vom … 2010 ergab sich eindeutig und unmissverständlich, dass der Auftraggeber einen Bauauftrag auf der Grundlage der VOB/A ausgeschrieben hatte. So bezeichnete er das Vergabeverfahren als „Öffentliche Ausschreibung, VOB/A“, die Art des Auftrages als „Ausführung von Bauleistungen“. Spätestens aus den Verdingungsunterlagen ergab sich diese Einordnung, denn der Auftraggeber hatte darauf hingewiesen, dass das Vergabeverfahren „… nach der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistung, Teil A „Allgemeine Bestimmung für die Vergabe von Bauleistungen“ (VOB/A, Abschnitt 1)“ als Öffentliche Ausschreibung erfolgt.
Da die mit dem Nachprüfungsantrag vorgetragene fehlerhafte Wahl der Vergabeart für die Antragstellerin bereits aus der Vergabebekanntmachung, spätestens aus den Verdingungsunterlagen erkennbar war, hätte sie diesen Vergaberechtsverstoß entsprechend § 107 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 bzw. Nr. 3 GWB bis zum Ablauf der Frist zur Angebotsabgabe gegenüber dem Auftraggeber rügen müssen. Das war hier nicht der Fall.
Infolgedessen ist die Antragstellerin nicht nur hinsichtlich dieses Vergaberechtsverstoßes präkludiert, sondern auch mit ihrem weiteren, damit bestimmungsgemäß zusammenhängenden Vorbringen ausgeschlossen. Die Präklusion erfasst sämtliche Beanstandungen, die mit der Wahl der Verfahrensart zusammenhängen (vgl. KG, Beschluss vom 17. Oktober 2002 – 2 KartVerg 13/02). Dies ist die Konsequenz daraus, dass zum einen das Erreichen eines bestimmten Schwellenwertes grundlegende Voraussetzung für den Zugang zu den Vergabekammern ist (§§ 100 Abs. 1, 127 GWB), zum anderen die Einschätzung des für den Schwellenwert maßgeblichen Auftragswertes direkt oder auch unmittelbar Gegenstand eines der Präklusion des § 107 Abs. 3 GWB unterliegenden Vergabeverstoßes sein kann.
Dem steht die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes vom 11. Oktober 2007 (Rs. C-241/06) nicht entgegen. Im durch den EuGH zu entscheidenden Fall durfte dem Bieter der Zugang zu den Nachprüfungsinstanzen nicht mit dem Argument verwehrt werden, er habe es versäumt, eine mögliche Überschreitung des Schwellenwertes zu rügen, wenn der Auftraggeber in der Bekanntmachung einer nationalen Ausschreibung und auf weitere Nachfrage des Bieters das Auftragsvolumen und damit die Überschreitung des maßgeblichen Schwellenwertes nicht ausreichend publiziert hat. Die Präklusionsvorschrift des § 107 Abs. 3 GWB (a.F.) war aufgrund des Fehlens konkreter Angaben in der Vergabebekanntmachung aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes nicht auf sämtliche vermeintliche (weitere) Verstöße anzuwenden. Im vorliegenden Fall hingegen waren der von der Antragstellerin behauptete Fehler bei der rechtlichen Einordnung des Auftrages und die Folgen für das Vergabeverfahren aufgrund der Bekanntmachung bei Anwendung eines subjektiven Sorgfaltsmaßstabes zu erkennen.
Nach alledem ist es der Antragstellerin auch verwehrt, sich auf eine Verletzung der Wartepflicht nach § 101 a Abs. 1 GWB mit der Rechtsfolge des § 101 b Abs. 1 Nr. 1 GWB zu berufen.
Gemäß § 112 Abs. 1 Satz 3 GWB konnte die Vergabekammer aufgrund der Unzulässigkeit des Nachprüfungsantrages ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
III.
Der Antrag auf Akteneinsicht durch die Antragstellerin gemäß § 111 Abs. 1 GWB ist abzulehnen. Das Akteneinsichtsrecht ist nur in dem Umfang gegeben, in dem es zur Durchsetzung der Rechte der Antragstellerin aus § 97 Abs. 7 GWB erforderlich ist. Das ist bei einem unzulässigen Nachprüfungsantrag nicht der Fall (VK Brandenburg, Beschluss vom 19. März 2003 – VK 5/03; Beschluss vom 25. Februar 2005 – VK 4/05).
IV.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 128 Abs. 3 Satz 1 GWB. Danach hat ein Beteiligter die Kosten zu tragen, soweit er im Verfahren unterliegt.
Die Vergabekammer hält die Festsetzung der Mindestgebühr von X.XXX,XX EUR gemäß § 128 Abs. 2 Satz 1 GWB bei Abwägung des Aufwandes einerseits und der wirtschaftlichen Bedeutung des dem Vergabeverfahren zugrunde liegenden Auftrages für die Antragstellerin andererseits für angemessen, zumal keine Beiladung erfolgt ist und eine mündliche Verhandlung nicht stattgefunden hat.
V.
Gegen die Entscheidung der Vergabekammer ist die sofortige Beschwerde zulässig. Sie ist schriftlich innerhalb einer Frist von zwei Wochen, die mit der Zustellung der Entscheidung beginnt, beim Brandenburgischen Oberlandesgericht, Gertrud-Piter-Platz 11, 14770 Brandenburg, einzulegen.
Die sofortige Beschwerde ist zugleich mit ihrer Einlegung zu begründen. Die Beschwerdebegründung muss die Erklärung enthalten, inwieweit die Entscheidung der Vergabekammer angefochten und eine abweichende Entscheidung beantragt wird, und die Tatsachen und Beweismittel angeben, auf die sich die Beschwerde stützt.
Die Beschwerdeschrift muss durch einen Rechtsanwalt unterschrieben sein. Dies gilt nicht für Beschwerden von juristischen Personen des öffentlichen Rechts (§ 117 Abs. 3 GWB).
Mit der Einlegung der Beschwerde sind die anderen Beteiligten des Verfahrens vor der Vergabekammer vom Beschwerdeführer durch Übermittlung einer Ausfertigung der Beschwerdeschrift zu unterrichten (§ 117 Abs. 4 GWB).
Die sofortige Beschwerde hat aufschiebende Wirkung gegenüber der Entscheidung der Vergabekammer. Die aufschiebende Wirkung entfällt zwei Wochen nach Ablauf der Beschwerdefrist. Hat die Vergabekammer den Antrag auf Nachprüfung abge-lehnt, so kann das Beschwerdegericht auf Antrag des Beschwerdeführers die auf-schiebende Wirkung bis zur Entscheidung über die Beschwerde verlängern (§ 118 Abs. 1 GWB).
Gemäß § 6 Abs. 1 der Geschäftsordnung der Vergabekammern des Landes Brandenburg vom 26. Mai 2009, Amtsblatt für Brandenburg S. 1225, ist die Unterzeichnung des Beschlusses durch den ehrenamtlichen Beisitzer nicht erforderlich.