I.
Der Beteiligte zu 1) ist eingetragener Eigentümer des verfahrensgegenständlichen Grundstücks. Am 11.07.2008 schloss er mit den Beteiligten zu 2) und 3), seinen Töchtern, vor dem Notar … zur Urkunden-Nr. 770/2008 einen notariellen „Übertragungsvertrag mit GbR-Gründung“. Gegenstand des Vertrages sollte sein, dass der Beteiligte zu 1) das Grundstück in einer aus den Beteiligten bestehende GbR einbringt und die Beteiligten zu 2) und 3) hierdurch eine Zuwendung im Wege der vorweggenommenen Erbfolge erhalten. Der Beteiligte zu 1) soll allerdings ein Nießbrauchsrecht sowie gleichzeitig ein Wohnungsrecht an dem Grundstück behalten. Dahingehend regelt der notarielle Vertrag unter anderem folgendes:
„§ 2 auflösend bedingter Nießbrauch
Der Veräußerer behält sich für sich als Berechtigten auf Lebensdauer das unentgeltliche Nießbrauchsrecht an dem Vertragsbesitz vor. Für den Inhalt des Nießbrauchsrechts gelten die gesetzlichen Bestimmungen mit der Maßgabe, dass dem Nießbraucher Ausbesserungen und Erneuerungen auch insoweit obliegen, als sie die gewöhnliche Unterhaltung der Sache überschreiten. … Das Nießbrauchsrecht entfällt im Sinne einer auflösenden Bedingung automatisch, wenn der Berechtigte nicht mehr Gesellschafter der vorgenannten Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist. … Der Erwerber bestellt zu Gunsten des Veräußerers das auflösend bedingte Nießbrauchsrecht mit dem vorgenannten Inhalt. Die Beteiligten bewilligen und beantragen die Eintragung des auflösend bedingten Nießbrauchsrechts nebst Löschungsgrund in das Grundbuch.
§ 3 Wohnungsrecht
Der Erschienene zu 1. behält sich an dem übertragenen Grundstück zudem und im Rang vor seinem eigenen Nießbrauch ein Wohnungsrecht für sich selbst vor. Dieses besteht in dem Recht der ausschließlichen Benutzung aller Räume des auf dem oben genannten Grundstück befindlichen Einfamilienhauses mit Ausnahme der Einliegerwohnung - unter Ausschluss des Eigentümers - und dem Recht auf Mitbenutzung der zum gemeinsamen Gebrauch der Hausbewohner bestimmten Anlagen, Einrichtungen und Räume, insbesondere von Garten.
Die Beteiligten bewilligen und beantragen die Eintragung des Wohnungsrechtes an dem o.g. Grundstück zu Gunsten der Berechtigten im Rang nach der bereits eingetragenen Grundschuld aber im Rang vor dem Nießbrauch im Grundbuch mit dem Vermerk, dass zur Löschung der Nachweis des Todes des Berechtigten genügen soll. … Eine Übertragung der Ausübung des Wohnungsrechts ist dem Berechtigten nicht gestattet, eine Vermietung oder Untervermietung somit nicht möglich. …“
Unter dem 15.05.2009 beantragten die Beteiligten beim Amtsgericht Frankfurt (Oder) durch ihren Bevollmächtigten unter Bezugnahme auf den beigefügten Überlassungsvertrag vom 11.07.2008 zur einheitlichen Vollziehung gemäß § 16 Abs. 2 GBO die Umschreibung des Eigentums auf den Erwerber sowie die Eintragung des Wohnungsrechtes gemäß § 3 des Vertrages und im Rang danach die Eintragung des auflösend bedingten Nießbrauchsrechts nebst Löschungsgrund gemäß § 2 des Vertrages.
Mit Zwischenverfügung vom 10. 9. 2009 wies das Amtsgericht die Beteiligten unter anderem darauf hin, dass es für die Eintragung eines Wohnungsrechts zusätzlich zu einem Nießbrauch desselben Berechtigten an einem rechtlich geschützten Interesse fehle. Dem widersprachen die Beteiligten mit Schreiben vom 23.9.2009 und verwiesen darauf, dass sich das Wohnungsrecht auf das Einfamilienhaus ohne die vermietete Einliegerwohnung beziehe, mit dem Nießbrauch dagegen die Vermieterstellung des Veräußerers an der Einliegerwohnung erhalten bleiben solle.
Mit weiterer Zwischenverfügung vom 07.10.2009 bekräftigte das Amtsgericht nochmals seine Rechtsauffassung zur fehlenden Eintragungsfähigkeit. Der Berechtigte könne durch das unbeschränkte Nießbrauchrecht bereits alle Nutzungen ziehen.
Mit Beschluss vom 11.11.2009 hat das Amtsgericht sodann den Eintragungsantrag vom 19.5.2009 unter Hinweis auf eine fehlende Eintragungsfähigkeit eines Wohnungsrechtes und eines Nießbrauchrecht für denselben Berechtigten zurückgewiesen. Mit Schriftsatz vom 07.01.2010 haben die Beteiligten gegen diesen Beschluss Beschwerde eingelegt. Sie führen u.a. ergänzend aus, dass der Nießbrauch im Gegensatz zu einem Wohnungsrecht, dessen Übertragbarkeit nicht gestattet ist, pfändbar sei. Das Amtsgericht - Grundbuchamt - hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache der Kammer zur Entscheidung vorgelegt.
II.
Die Beschwerde der Beteiligten gegen den Beschluss vom 11.11.2009 ist gemäß § 11 Abs. 1 RPflG i. V. m. § 71 GBO statthaft und auch im Übrigen zulässig.
Sie hat auch in der Sache Erfolg.
Das Grundbuchamt durfte die beantragte Eintragung nicht unter Hinweis darauf ablehnen, dass es an einem Rechtsschutzbedürfnis für die Eintragung eines Wohnungsrechtes gemäß § 1093 BGB zusätzlich zu einem Nießbrauch für denselben Berechtigten fehle.
Es ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten, ob für einen Nießbrauchsberechtigten ein rechtlich geschütztes Interesse besteht, zusätzlich zu seinem Nießbrauch ein Wohnungsrecht für sich im Grundbuch eintragen zu lassen. Die wohl überwiegende Meinung lehnt dies unter Hinweis darauf, dass der Berechtigte eines Nießbrauchs durch die Eintragung eines zusätzlichen Wohnungsrechts keine bessere Rechtsstellung erwerbe und das Grundbuch von überflüssigen Eintragungen im Interesse der Übersichtlichkeit freizuhalten sei, ab (OLGR Frankfurt 2008, 789; OLG Hamm FGPrax 1997, 168; Palandt/Bassenge, BGB, 69. Aufl., § 1093, Rdn. 1; Münchener Kommentar - Pohlmann, BGB, § 1060 Rdn. 1, 5. Aufl.; Demharter, GBO, 25. Aufl., Anhang zu § 44, Rdn. 28). Andererseits wird vertreten, dass die gleichzeitige Bestellung eines Nießbrauches und eines Wohnungsrechtes möglich sei, da dies gesetzlich nicht ausgeschlossen ist und bereits mit einer denkbaren Löschung oder Rangänderung des „umfassenden“ Nießbrauchsrechts oder dem Inhalt schuldrechtlicher Kausalgeschäfte das Wohnungsrecht von Relevanz sein kann (Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 14. Aufl., Rdn. 1237 Ziff. 10; Staudinger - Frank, BGB, § 1060 Rdn. 1, Stand 2009).
Die Kammer folgt der letztgenannten Auffassung. Es ist zwar nicht zu verkennen, dass der Nießbrauch gemäß § 1030 Abs. 1 BGB grundsätzlich das umfassende Recht gewährt, die gesamten Nutzungen in Form von Sach- und Rechtsfrüchten sowie Gebrauchsvorteilen zu ziehen, womit auch alle Rechte erfasst sind, welche dem Nießbraucher als Inhaber eines Wohnungsrechtes zustehen. Allerdings besteht dennoch, entsprechend der Auffassung der Beteiligten, ein entscheidender Unterschied zwischen Nießbrauch und Wohnungsrecht in der Frage der Pfändbarkeit dieser Rechte. Eine Pfändbarkeit des Wohnungsrechts nach § 1093 BGB besteht gemäß § 857 Abs. 3 ZPO nämlich nur dann, wenn seine Ausübung einem anderen überlassen werden kann. Da das Wohnungsrecht bereits kraft Gesetzes nach § 1092 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht übertragbar ist, ist es also nur dann gemäß § 857 Abs. 3 ZPO pfändbar, wenn die Überlassung ausnahmsweise gestattet ist, § 1092 Abs. 1 Satz 2 BGB (vgl. AG Köln WuM 2003, 341). Dagegen kann der Nießbrauch bereits kraft Gesetzes gemäß § 1059 S. 2 BGB einem anderen überlassen werden, so dass er uneingeschränkt gemäß § 857 Abs. 3 ZPO pfändbar ist, wobei die Pfändbarkeit auch nicht durch einen vertraglichen Ausschluss der Überlassung der Nießbrauchsausübung umgangen werden kann (BGHZ 95, 99). Dabei kommt es vor allem auch in Betracht, dass im Rahmen der Pfändung des Nießbrauchs gemäß § 857 Abs. 4 ZPO eine gerichtliche Anordnung getroffen wird, welche den Berechtigten verpflichtet, dass Grundstück zu räumen (vgl. näher BGH NJW 2006, 1124). Konkret ist der Nießbrauchberechtigte im Gegensatz zum Inhaber eines nicht übertragbaren Wohnrechtes also nicht abschließend davor geschützt, dass im Rahmen der Zwangsvollstreckung eine Räumung erfolgt. Die Kammer hält dies für einen entscheidenden Unterschied, welcher bereits in der gesetzlichen Ausgestaltung der jeweiligen Rechte angelegt ist. Allein aus diesem Umstand folgt jedenfalls dann ein schutzwürdiges Interesse des Berechtigten an der gleichzeitigen Eintragung eines erstrangigen Wohnrechtes und eines zweitrangigen Nießbrauchs, wenn das Wohnrecht - wie hier im notariellen Vertrag vereinbart - nicht übertragbar und damit der Pfändung nicht unterworfen ist. Im Übrigen haben die Beteiligten auch in nachvollziehbarer Weise dargelegt, dass mit dem Nießbrauch die Vermieterstellung des Beteiligten zu 1) hinsichtlich der vermieteten Einliegerwohnung gewährleistet werden soll, was wiederum allein mit einem zu seinen Gunsten bestellten Wohnungsrecht auch nicht möglich wäre. Es besteht deshalb hier ein hinreichendes Interesse, sowohl einen Nießbrauch, als auch ein Wohnungsrecht zu Gunsten des Beteiligten zu 1) im Grundbuch einzutragen.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst: Da die Beschwerde Erfolg hat, fallen Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren nicht an (§ 131 Abs. 1 KostO). Eine Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten ist nicht veranlasst, § 13 a Abs. 1 FGG.
Die Geschäftswertfestsetzung folgt aus § 131 Abs. 2 KostO i. V. m. § 30 KostO.