Gericht | LSG Berlin-Brandenburg 13. Senat | Entscheidungsdatum | 21.09.2011 | |
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Aktenzeichen | L 13 SB 136/11 B PKH | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 172 SGG, § 124 ZPO |
Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss desSozialgerichts Neuruppin vom 11. Juli 2011 aufgehoben.
Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.
I.
Der Kläger wendet sich gegen die Aufhebung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) wegen säumiger Ratenzahlung.
In einem zwischenzeitlich erledigten Hauptsacheverfahren vor dem Sozialgericht (SG) Neuruppin hat der Kläger Ansprüche nach dem Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) geltend gemacht. Mit Beschluss vom 21. Mai 2010 bewilligte ihm das SG unter Beiordnung seiner Verfahrensbevollmächtigten PKH und setzte eine monatliche Ratenzahlung in Höhe von 45,00 Euro, erstmals zu zahlen ab 1. Juli 2010 fest.
Einen unter Verweis auf den Bezug von Arbeitslosengeld II am 10. Juni 2010 gestellten Abänderungsantrag lehnte das SG mit Beschluss vom 20. Juli 2010 ab.
Am 9. Februar 2011 beantragte der Kläger erneut die PKH-Bewilligung dahingehend abzuändern, als das er keine Ratenzahlung zu leisten habe. Zur Begründung verwies er darauf, dass er ab 1. Januar 2011 nur noch Arbeitslosengeld II ohne jegliche Zuschläge erhalte. Das SG teilte dem Kläger mit Schreiben vom 5. April 2011 mit, dass eine Abänderung des Beschlusses vom 20. Juli 2010 nicht beabsichtigt sei, da die Überprüfung keine Änderung rechtfertige. Mit einem ebenfalls vom 5. April 2011 datierenden, an den Kläger gerichteten Schreiben der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle wurde der Kläger unter Verweis auf § 124 Nr. 4 Zivilprozessordnung (ZPO) aufgefordert, die seit Januar 2011 ausstehenden Raten zu zahlen. Der Kläger ersuchte mit Schreiben vom 7. April 2011 um Entscheidung über den Abänderungsantrag. Ratenzahlungen leistete er nicht.
Das SG hob mit Beschluss vom 11. Juli 2011 gestützt auf § 124 Nr. 4 ZPO den PKH-Beschluss vom 21. Mai 2010 auf. Dagegen hat der Kläger am 5. August 2011 Beschwerde zum Landessozialgericht eingelegt.
II.
Die gemäß § 172 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte, insbesondere nicht nach § 172 Abs. 3 Nr. 3 SGG ausgeschlossene Beschwerde (vgl. Landessozialgericht -LSG- Baden-Württemberg, Beschluss vom 1. Oktober 2009 -L 11 R 898/09 PKH B- sowie LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 16. Juni 2008 - L 5 B 163/08 AS -; jeweils zitiert nach Juris) ist begründet. Das SG hat die Bewilligung von PKH in dem angefochtenen Beschluss vom 11. Juli 2011 zu Unrecht aufgehoben.
Gemäß § 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 124 Nr. 4 ZPO kann das Gericht die Bewilligung der PKH aufheben, wenn die Partei länger als drei Monate mit der Zahlung einer Monatsrate im Rückstand ist. Diese Voraussetzung lag zwar zum Zeitpunkt der Entscheidung des Sozialgerichts vor. Die Aufhebung der Bewilligung von PKH wegen säumiger Ratenzahlung setzt jedoch weiter voraus, dass die Nichtzahlung der Raten schuldhaft erfolgte. Die Bewilligung von PKH darf mithin nicht aufgehoben werden, wenn die Nichtzahlung der Raten nicht auf einem Verschulden des Bedürftigen beruht (vgl. Bundesgerichtshof -BGH-, Beschluss vom 9. Januar 1997 -IX ZR 61/94-, bei Juris). Die vom Kläger geltend gemachte (weitere) Verschlechterung seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ab 1. Januar 2011 steht danach der Aufhebung der bewilligten PKH entgegen. Denn der Kläger ist unverschuldet mit der Ratenzahlung in Rückstand geraten.
Ausweislich der aktenkundigen Bescheide des Landkreises Ostprignitz-Ruppin / Kommunales Jobcenter vom 21. Dezember 2010, 1. März 2011 und 16. April 2011 bezog der Kläger ab 1. Januar 2011 lediglich Arbeitslosengeld II in Höhe des Regelsatzes von 359,00 Euro zuzüglich seiner Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 262,68 Euro, ab April 2011 unter Anrechnung einer teilweisen Erwerbsminderungsrente in Höhe von monatlich 406,70 Euro bereinigt um die Versicherungspauschale von 30,00 Euro und ab Mai 2011 unter Berücksichtigung eines erhöhten Regelsatzes von 364,00 Euro. Der Kläger verweist bereits in seinem vom SG bislang nicht (förmlich) durch Beschluss beschiedenen Abänderungsantrag vom 9. Februar 2011 zutreffend darauf, dass die vom Jobcenter ferner gewährten Beiträge für die Kranken- und Pflegeversicherung, welche zudem vom Jobcenter direkt an die Versicherung abgeführten werden, zu Unrecht als einkommenserhöhend berücksichtigt worden sind. Denn gemäß § 115 Abs. 1 Nr. 1a) ZPO i. V. m. § 82 Abs. 2 Nr. 2 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) sind die Sozialversicherungsbeiträge vom Einkommen abzusetzen. Von den mithin der Sicherung des Existenzminimums dienenden Einnahmen von monatlich 621,68 Euro für Januar bis März 2011, 651,68 Euro für April 2011 und 656,68 Euro ab Mai 2011 war der Kläger (unverschuldet) nicht in der Lage die festgesetzten monatlichen Raten in Höhe von 45,00 Euro zu begleichen. Unter Berücksichtigung seiner Einkommensverhältnisse ergibt sich gemäß § 115 Abs. 1 und 2 ZPO kein eine Ratenzahlung rechtfertigendes Einkommen.
Da nach alledem bereits die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Aufhebung der Bewilligung von PKH gemäß § 124 Nr. 4 ZPO nicht vorlagen, kann dahinstehen kann, dass die im Ermessen des Gerichts stehende Aufhebung auch ermessensfehlerhaft sein dürfte. Unabhängig von der offenen Bescheidung des Abänderungsantrages vom 9. Februar 2011 sind dem angefochtenen Beschluss keine Ermessenserwägungen zu entnehmen.
Bei dieser Sachlage bedurfte es keiner Klärung, ob die an den Kläger persönlich gerichtete Zahlungsaufforderung der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 5. April 2011 als eine rechtswirksame Anhörung angesehen werden kann und ein derartiger Verfahrensfehler im Rahmen des Beschwerdeverfahrens geheilt werden könnte.
Das Sozialgericht dürfte nach Aufhebung des angefochtenen Beschlusses vom 11. Juli 2011 nunmehr unter Berücksichtigung der tatsächlichen Einkommensverhältnisse des Klägers gemäß § 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 120 Abs. 4 ZPO über den Abänderungsantrag vom 9. Februar 2011 zu entscheiden haben.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sind gemäß § 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 127 Abs. 4 ZPO nicht zu erstatten.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).