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Entscheidung 3 WF 1/12


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 5. Senat für Familiensachen Entscheidungsdatum 16.03.2013
Aktenzeichen 3 WF 1/12 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

Das Vergütungsfestsetzungsverfahren wird ausgesetzt.

Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Der Beschwerdewert wird auf zwischen 901 € und 1.200 € festgesetzt.

Gründe

I.

Durch Schlussurteil vom 8.9.2010 hat das Amtsgericht die Ehe des Antragsgegners geschieden. Das Urteil ist seit dem 12.10.2010 rechtskräftig. Durch Beschluss ebenfalls vom 8.9.2010 hat das Amtsgericht die Verfahrenswerte für die Ehescheidung auf 9.111,63 €, für die Folgesache über den Versorgungsausgleich auf 2.000 € und für die Folgesache über den Zugewinnausgleich auf 52.500 € festgesetzt.

Unter dem 27.10.2011 haben die Antragsteller, die den Antragsgegner im Ehescheidungsverfahren zunächst anwaltlich vertreten hatten, Vergütungsantrag gemäß § 11 RVG gestellt. Dabei haben sie eine 1,3 Verfahrensgebühr und eine 1,2 Terminsgebühr auf einen Gesamtgegenstandswert von 63.611,63 € angesetzt und sind nach Hinzusetzen einer Pauschale für Post- und Telekommunikation von 20 € und der Mehrwertsteuer von 19 % sowie nach Abzug geleisteter Zahlungen von 2.054,77 € zu einem festsetzenden Betrag von 1.309,96 € gelangt. Durch den angefochtenen Beschluss vom 23.11.2011 hat das Amtsgericht dem Antrag entsprochen.

Hiergegen wendet sich der Antragsgegner mit der sofortigen Beschwerde. Er macht geltend, die Terminsgebühr für die Folgesache über den Zugewinnausgleich dürfe, da die Antragsteller ihn insoweit nur in der Auskunftsstufe vertreten hätten, nicht auf einen Wert von 52.500 €, sondern auf einen Wert von nur 500 € berechnet werden.

II.

Die gemäß §§ § 11 Abs. 1 RPflG, 11 Abs. 2 Satz 3 RVG, 104 Abs. 3 Satz 1 ZPO zulässige sofortige Beschwerde führt zu der aus der Beschlussformel ersichtlichen Entscheidung. Das Amtsgericht hätte wegen der Folgesache über den Zugewinnausgleich nicht entsprechend dem Antrag der Antragsteller eine Terminsgebühr, bezogen auf einen Wert von 52.500 €, ansetzen dürfen. Mit Rücksicht auf das Bestreiten des von den Antragstellern angegebenen Gegenstandswertes durch den Antragsgegner ist das Vergütungsfestsetzungsverfahren gemäß § 11 Abs. 4 RVG auszusetzen.

1.

Wird der vom Rechtsanwalt angegebene Gegenstandswert von einem Beteiligten bestritten, ist das Verfahren gemäß § 11 Abs. 4 RVG auszusetzen, bis das Gericht hierüber entschieden hat, §§ 32, 33, 38 Abs. 1 RVG. So liegt der Fall hier.

a)

Bei Stufenanträgen erfolgt die Berechnung nach § 38 FamGKG bzw. nach § 44 GKG. Vorliegend findet, auch wenn es sich bei der Hauptsache um eine Familiensache gehandelt hat, die letztgenannte Vorschrift Anwendung. Denn das Verfahren in der Hauptsache ist vor dem 1.9.2009 eingeleitet worden, Art. 111 Abs. 1 FGG-RG.

Für die Berechnung des Wertes eines Stufenantrags ist grundsätzlich nur einer der verbundenen Anträge und zwar der höhere maßgeblich. Dies gilt auch dann, wenn es nicht zur Verhandlung darüber kommt. Der höchste Gegenstandswert, der sich nach dem Zahlungsanspruch bemisst, ist stets maßgebend für die gerichtliche und die anwaltliche Verfahrensgebühr, während sich der Gegenstandswert für die Termins- und Beweisgebühr nach dem Wert derjenigen Verfahrensstufe richtet, in der diese Gebühren anfallen (Verfahrenshandbuch Familiensachen – FamVerf - /v. Swieykowski-Trzaska, 2. Auflage, § 1 Rn. 570; siehe auch OLG Zweibrücken, Beschluss vom 12.02.2007 – 5 WF 23/07, NJOZ 2007, 5395). Hat also ein die Terminsgebühr auslösender Termin im Rahmen eines Stufenverfahrens nur hinsichtlich der Auskunftsstufe stattgefunden, sind für das Verfahren zwei Werte festzusetzen, zum Einen hinsichtlich der Verfahrensgebühren der Wert nach dem höheren Zahlungsanspruch, zum Anderen hinsichtlich der Terminsgebühr der Wert nach der geringer anzusetzenden Auskunftsstufe (vgl. Horndasch, in: Scholz/Kleffmann/Motzer, Praxishandbuch Familienrecht, Stand Oktober 2011, R 46). Insoweit bemisst sich der Wert nach einem Bruchteil zwischen 1/4 und 1/10 des Wertes des Leistungsantrages (vgl. BGH, NJW 2000, 2347; Hahne/Munzig/Gutjahr, BeckOK FamFG, 4. Edition, § 61 Rn. 14a). Hinsichtlich des Leistungsanspruchs kommt es auf die Vorstellungen des Anspruchstellers an, wobei neben den Angaben in der Antragschrift selbst - insbesondere zur vorläufigen Gegenstandswertangabe - auch von Bedeutung sein kann, in welcher Höhe etwa vorprozessual ein Betrag angemahnt worden ist (vgl. FamVerf/v. Swieykowski-Trzaska, § 1 Rn. 569).

Im vorliegenden Fall haben die Antragsteller den Antragsgegner noch in der mündlichen Verhandlung vom 10.3.2010 vertreten. Danach endete die Bevollmächtigung durch den Antragsgegner. Mit Schriftsatz vom 5.5.2010 hat seine jetzige Verfahrensbevollmächtigte die Vertretung angezeigt.

Im Termin vom 10.3.2010 hat der Verfahrensbevollmächtigte der Ehefrau einen Stufenklageantrag hinsichtlich der Folgesache über den Zugewinnausgleich überreicht und insoweit den Antrag auf Auskunftserteilung gestellt. Diesen Antrag haben die Antragsteller für den Antragsgegner anerkannt. Mithin war Gegenstand des Termins vom 10.3.2010 hinsichtlich der Folgesache über den Zugewinnausgleich nur die Auskunftsstufe. Wegen der Terminsgebühr der Antragsteller bedarf es daher einer gesonderten Wertfestsetzung.

b)

Der Berücksichtigung eines geringeren Wertes für die Auskunftsstufe im Vergütungsfestsetzungsverfahren steht der Umstand, dass das Amtsgericht durch Beschluss vom 08.09.2010 den Wert für die Folgesache über den Zugewinnausgleich einheitlich auf 52.500,00 € festgesetzt hat, nicht entgegen. Denn eine Entscheidung in Bezug auf den Wert für die Auskunftsstufe liegt nicht vor.

aa)

Das Amtsgericht hat den Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt. Eine Änderung dieser Festsetzung ist nicht mehr möglich. Denn sie ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt, oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG. Das Schlussurteil des Amtsgerichts, durch das die Ehe der Eheleute geschieden worden ist, ist nach dem Vermerk des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 13.1.2011 am 12.10.2010 rechtskräftig geworden. Mithin endete die Sechsmonatsfrist am 12.4.2011 und damit noch, bevor die Antragsteller den Vergütungsantrag überhaupt gestellt haben.

bb)

Ob die Festsetzung durch das Gericht gemäß § 32 Abs. 1 RVG auch für die Anwaltsgebühren maßgebend ist, hat der Rechtspfleger im Festsetzungsverfahren zu überprüfen (Fraunholz, in: Riedel/Sußbauer, RVG, 9. Auflage, § 11 Rn. 30). Führt die Überprüfung zur Maßgeblichkeit der gerichtlichen Wertfestsetzung auch für die Anwaltsgebühren, so besteht eine Bindung im Vergütungsfestsetzungsverfahren. Ist der gerichtlich festgesetzte Wert dagegen nicht maßgeblich, so ist das Verfahren bei Bestreiten des angegebenen Gegenstandswertes nach § 11 Abs. 4 RVG auszusetzen, bis eine gerichtliche Entscheidung über den maßgeblichen Wert erfolgt ist. So liegt der Fall hier.

Berechnen sich die Gebühren in einem gerichtlichen Verfahren nicht nach dem für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert oder fehlt es an einem solchen Wert, setzt das Gericht des Rechtszuges den Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit auf Antrag durch Beschluss selbstständig fest, § 33 Abs. 1 RVG. Die Anwaltsgebühren berechnen sich insbesondere dann nicht nach dem für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert, wenn sich die anwaltliche und die gerichtliche Tätigkeit nicht auf denselben Gegenstand beziehen (Fraunholz, a.a.O., § 33 Rn. 5; Hartmann, Kostengesetze, 41. Auflage, § 33 RVG Rn.5). Hierher gehört insbesondere der Fall, dass von miteinander verbundenen Ansprüchen für den Streit- bzw. Verfahrenswert hinsichtlich der Gerichtsgebühren nur der höhere Anspruch maßgebend ist, der Anwalt aber (auch) mit dem niedrigeren der beiden Ansprüche befasst war (E. Schneider, in: N.Schneider/Wolf, RVG, 6. Auflage, § 33 Rn. 16; Hartmann, a.a.O., § 33 RVG Rn. 5). Dies betrifft insbesondere die Fälle der §§ 48 Abs. 3, 44 GKG und §§ 33 Abs. 1 Satz 2, 38 FamGKG, mithin auch Stufenanträge, in denen der Rechtsanwalt – wie hier – nur hinsichtlich der Auskunftsstufe tätig geworden ist. Denn für die Gerichtsgebühren bedurfte es keiner gesonderten Festsetzung eines geringeren Wertes für die Auskunftsstufe.

cc)

Mithin ist das Festsetzungsverfahren gemäß § 11 Abs. 4 RVG auszusetzen, bis die Richterin am Amtsgericht auf Antrag der Antragsteller gemäß § 33 Abs. 1 RVG über den Wert für die Auskunftsstufe entschieden hat (vgl. Römermann, in: Hartung/Römermann/Schons, Praxiskommentar zum RVG, § 11 Rn. 119; N. Schneider, in: N. Schneider/Wolf, a.a.O., § 11 Rn. 167). Die Aussetzung kann auch noch im Beschwerdeverfahren erfolgen (Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt, RVG, 19. Auflage, § 11 RVG Rn. 253; vgl. auch Hartmann, a.a.O., § 11 RVG Rn. 48).

c)

Eine nur teilweise Aussetzung des Vergütungsfestsetzungsverfahrens, etwa nur hinsichtlich der streitigen Terminsgebühr, scheidet vorliegend aus.

Allerdings wird vertreten, dass das Verfahren nur insoweit auszusetzen sei, als die beantragte Festsetzung der Vergütung von dem streitigen Gegenstandswert abhinge (Fraunholz, a.a.O., § 11 Rn. 31). Demgegenüber wird auch die Auffassung vertreten, dass, wenn eine Klärung der Wertfrage zu erwarten ist, die Entscheidung insgesamt zurückzustellen sei, bis die Wertfrage geklärt sei, um widersprüchliche Entscheidungen und Mehrkosten durch mehrere Beschlüsse zu vermeiden (Müller-Rabe, a.a.O., § 11 RVG Rn. 254). Welcher diese Auffassungen zu folgen ist, kann vorliegend dahinstehen. Selbst wenn man eine teilweise Festsetzung bei gleichzeitiger Aussetzung des Verfahrens hinsichtlich der streitigen Terminsgebühr in Betracht zöge, könnte eine Festsetzung nicht erfolgen. Denn ließe man die von den Antragstellern mit 1.347,60 € in Ansatz gebrachte Terminsgebühr außen vor, ergäbe sich unter Berücksichtigung der bereits geleisteten Zahlung von 2.054,77 € kein festzusetzender Betrag mehr.

2.

Für zukünftige Verfahren wird das Amtsgericht darauf hingewiesen, dass die Abhilfeentscheidung nach Eingang der sofortigen Beschwerde im vorliegenden Fall unzureichend war. Eine gerichtsinterne Verfügung dahin, dass der Beschwerde nicht abgeholfen werde, reicht insoweit nicht aus.

Aus § 572 Abs. 1 ZPO ergibt sich die Pflicht des erstinstanzlichen Gerichts, darüber zu entscheiden, ob der Beschwerde abgeholfen wird. Diese Entscheidung hat durch Beschluss zu erfolgen, der den Beteiligten zur Kenntnis zu geben ist (vgl. Zöller/Heßler, ZPO, 29. Auflage § 572 Rn. 10). In der Abhilfeentscheidung hat grundsätzlich eine Auseinandersetzung mit dem Beschwerdevorbringen zu erfolgen (Zöller/Heßler, a.a.O., § 572 Rn. 11; siehe auch FamVerf/Gutjahr, § 1 Rn. 88 f.).

3.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 11 Abs. 2 Satz 4, 6 RVG (vgl. auch von Seltmann, in: Lüttje/von Seltmann, BeckOK RVG, 17. Edition, § 11 Rn. 76).