Gericht | VG Cottbus 1. Kammer | Entscheidungsdatum | 10.04.2014 | |
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Aktenzeichen | VG 1 K 917/13 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 2 Abs. 1 S. 2 AusglLeistG, § 8 Abs 1 EntschG, § 349 Abs 1 LAG, § 48 Abs 1 VwVfG, § 48 Abs 2 S 1 VwVfG, § 48 Abs 2 S 2 VwVfG |
Die Festsetzung von Entschädigung bzw. Ausgleichsleistung durch das Amt zur Regelung offener Vermögensfragen ist rechtswidrig, wenn in diesem Zeitpunkt die nach Maßgabe des § 8 Abs. 1 Satz 1 EntschG in der bis zum 27. Mai 2011 geltenden Fassung (i.V.m. § 2 Abs. 1 Satz 2 AusglLeistG) anzurechnende Rückforderung von Lastenausgleich durch die Ausgleichsverwaltung noch nicht vollständig durch Bescheid geltend gemacht worden ist.
Trotz des Verbrauchs einer Teilsumme des bewilligten Ausgleichsleistungsbetrages durch Schenkung an einen Dritten steht einer Rücknahme des Bescheides über die Festsetzung der Ausgleichsleistung ein schutzwürdiges Vertrauen nicht entgegen, wenn sich der Adressat im Zeitpunkt der Zuwendung der Rechtswidrigkeit des Bescheides aufgrund einer Information der Behörde bewusst sein musste.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe 110 v.H. des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 v.H. des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Die Klägerin wendet sich gegen die teilweise Rücknahme der Gewährung von Ausgleichsleistungen und deren Rückforderung.
Die Klägerin ist die Rechtsnachfolgerin von Bernhard Friedrich Theodor C.. Dieser war Eigentümer des Rittergutes B., das Liegenschaften in G. und R. einschloss und eine Größe von ca. 930 ha hatte. Er verstarb am 28. April 1945 und wurde von seiner Ehefrau Elisabeth C. zu 1/4 und seinen Töchtern, der Klägerin und Dorothea C., zu je 3/8 beerbt. Im Zuge der Bodenreform wurde das Gut im September 1945 enteignet und zersiedelt. Elisabeth C. verstarb am 20. April 1949 und wurde durch ihre Töchter je zur Hälfte beerbt.
Mit einem am 13. Juni 1990 eingegangenen Schreiben vom 31. Mai 1990 beantragten die Klägerin und ihre Schwester beim Rat des Kreises Luckau die Rückübertragung des durch die Bodenreform entzogenen Grundbesitzes in B., R. und G. Diesen Antrag lehnte der inzwischen zuständige Beklagte mit bestandskräftigem Bescheid vom 9. September 1997 unter Hinweis auf § 1 Abs. 8 lit. a) VermG ab. Zugleich stellte er fest, dass die Klägerin und deren Schwester dem Grunde nach Anspruch auf Ausgleichsleistungen nach Maßgabe des Ausgleichsleistungsgesetzes hätten.
Nach Aufgreifen des Verfahrens zur Ausgleichsleistung im Mai 2007 teilte der Beklagte dem Ausgleichsamt der Hansestadt Lübeck mit Schreiben vom 26. Mai 2008 die gekürzte Bemessungsgrundlage nach § 7 EntschG für das entzogene landwirtschaftliche Vermögen in B., R. und G. mit. Unter dem 20. August 2008 erließ das Ausgleichsamt der Hansestadt Lübeck drei Rückforderungsbescheide zur Verrechnung. Mit diesen setzte es die Rückforderung für den der Klägerin entzogenen 3/8-Anteil am Vermögenswert auf 35.425,61 €, für den hälftigen Anteil der Klägerin am 1/4-Anteil der Elisabeth C. am Vermögenswert auf 15.362,10 € und für den hälftigen Anteil der Dorothea C. am 1/4-Anteil der Elisabeth C. am Vermögenswert auf 15.424,15 € fest. Das Ausgleichsamt übermittelte dem Beklagten diese Bescheide unter Hinweis auf deren Bestandskraft mit Schreiben vom 8. Oktober 2008. Zugleich wies es darauf hin, dass für das Rückforderungsverfahren für den 3/8-Anteil der Dorothea C. das Ausgleichsamt Hamburg zuständig sei, so dass der Rückforderungsbescheid zur Verrechnung von diesem Amt übersandt werde.
Am 14. November 2008 ist Dorothea C. verstorben und von der Klägerin allein beerbt worden.
Mit Bescheid vom 30. April 2009 stellte der Beklagte fest, dass der Klägerin und ihrer Schwester in Erbengemeinschaft ein Ausgleichsleistungsanspruch in Höhe von 118.108,42 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 37.794,69 € (insgesamt 155.903,11 €) zustehe. Von der nach Maßgabe der §§ 2, 3 und 7 EntschG i.V.m. § 2 Abs. 1 Satz 1 AusglLeistG ermittelten gekürzten Bemessungsgrundlage in Höhe von insgesamt 360.546,89 DM sei nach § 8 Abs. 2 EntschG der vom Lastenausgleichsamt bestandskräftig festgesetzte Rückforderungsbetrag in Höhe von 129.499,15 DM (= 66.211,86 €) abzuziehen, so dass nach Rundung ein Ausgleichsleistungsbetrag von 231.000,00 DM = 118.108,42 € verbleibe.
Nach einem Vermerk vom 15. September 2009 wies das Ausgleichsamt Lübeck den Beklagten telefonisch darauf hin, dass die Rückforderung von Hauptentschädigung durch das Ausgleichsamt Hamburg noch offen und im Bescheid vom 30. April 2009 nicht berücksichtigt worden sei. Die Sachbearbeiterin des Ausgleichsamtes habe mitgeteilt, dass sie am 8. September 2008 mit "einer RA'in L." gesprochen und angemerkt habe, dass vom Ausgleichsamt Hamburg auch noch ein Rückforderungsbescheid hinsichtlich des Anteils der Dorothea C. komme.
Der Beklagte teilte den Bevollmächtigten der Klägerin mit Schreiben vom 15. September 2009 mit, dass festgestellt worden sei, dass bei der Berechnung der Ausgleichsleistung die hinsichtlich des 3/8-Anteils der Dorothea C. gewährte Entschädigung nicht berücksichtigt worden sei. Es werde geprüft, ob der Bescheid vom 30. April 2009 teilweise nach § 48 VwVfG aufzuheben sei.
Das Ausgleichsamt der Freien und Hansestadt Hamburg teilte dem Beklagten auf dessen Anfrage unter dem 30. September 2009 mit, dass noch ein Rückforderungsverfahren für den in Rede stehenden Vermögenswert durchzuführen sei. Dorothea C. sei verstorben und nach Vorlage des Erbscheins werde ein Rückforderungsbescheid zur Verrechnung erstellt. Am 6. Oktober 2009 erließ das Ausgleichsamt Hamburg gegenüber der Klägerin einen Rückforderungsbescheid zur Verrechnung, mit dem es von der Hauptentschädigung, die für den 3/8-Anteil der Dorothea C. am Rittergut B. gewährt worden war, einen Betrag von 35.886,62 € zurückforderte. Unter demselben Datum leitete das Ausgleichsamt den Rückforderungsbescheid an den Beklagten weiter.
Der Beklagte wies die Bevollmächtigten der Klägerin mit Schreiben vom 27. Oktober 2009 darauf hin, dass der Klägerin nach seinen Berechnungen infolge des vorliegenden (noch nicht bestandskräftigen) Rückforderungsbescheides zur Verrechnung des Ausgleichsamtes Hamburg ein Ausgleichsleistungsanspruch in Höhe von 107.984,84 €, davon 81.806,70 € Ausgleichsleistung und 26.178,14 € Zinsen, zustehen würde. Der zu viel gezahlte Betrag in Höhe von insgesamt 47.918,27 €, davon 36.301,72 € Ausgleichsleistung und 11.616,55 € Zinsen, sei von der Klägerin an den Entschädigungsfonds zurückzuzahlen.
Das Ausgleichsamt Hamburg teilte dem Beklagten am 12. November 2009 mit, dass der Rückforderungsbescheid vom 6. Oktober 2009 mit Ablauf des 9. November 2009 bestandskräftig geworden sei.
Auf die Übersendung der beabsichtigten Entscheidung einer teilweisen Rücknahme des Bescheides vom 30. April 2009 und Rückforderung eines Betrages von 47.918,27 € erklärte die Klägerin mit anwaltlichem Schriftsatz vom 21. Dezember 2009, dass der Bescheid vom 30. April 2009 nur insoweit zurückgenommen werden dürfe, als er den Betrag von 120.736,11 € übersteige. Zurückgefordert werden könnten demnach nur 35.167,00 €. Sie habe im Vertrauen auf den Bestand des Verwaltungsakts von dem am 7. September 2009 ausgezahlten Betrag 12.751,88 € verbraucht. Sie habe 10.000,00 € an ihren Neffen C. als Anerkennung für seine Unterstützung und 2.751,88 € an ihre Bevollmächtigten zur Begleichung einer Kostenrechnung gezahlt. Mit Schriftsatz vom 3. Februar 2010 machte sie zudem geltend, dass auch hinsichtlich eines weiteren Betrages von 20.000,00 € ein Verbrauch gegeben sei. Sie habe 15.000,00 € für die Wohnungsauflösung ihrer Schwester und 5.000,00 € als Geschenk an "einen Herren", der ihre Schwester bis zu deren Tod gepflegt habe, ausgegeben.
Der Beklagte nahm mit Bescheid vom 25. Februar 2010 den Bescheid vom 30. April 2009 mit Wirkung für die Vergangenheit zurück, soweit er den Betrag von insgesamt 107.984,84 €, davon 81.806,70 € Ausgleichsleistung und 26.178,14 € Zinsen, überstieg und forderte den zu viel gezahlten Betrag in Höhe von insgesamt 47.918,27 €, davon 36.301,72 € Ausgleichsleistung und 11.616,55 € Zinsen, zurück. Der Bescheid vom 30. April 2009 sei rechtswidrig, soweit der vom Ausgleichsamt Hamburg mit Bescheid vom 6. Oktober 2009 festgesetzte Rückforderungsbetrag in Höhe von 70.188,13 DM unberücksichtigt geblieben sei. Als Ausgleichsleistung verbleibe danach ein Betrag von 160.000,00 DM. Einer Teilrücknahme stünden die Einschränkungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 VwVfG nicht entgegen. Vorliegend überwiege das öffentliche Interesse an einer Rücknahme gegenüber dem Vertrauen der Klägerin auf den Bestand des Verwaltungsaktes. Insbesondere sei die rechtswidrig zuerkannte Leistung nicht im Sinne des § 48 Abs. 2 Satz 1 VwVfG verbraucht. Die Begleichung der anwaltlichen Kostenrechnung stelle keinen Verbrauch dar. Ein Verbrauch sei nicht eingetreten, wenn beispielsweise Geldbeträge für Anschaffungen im entsprechenden Wert eingesetzt worden seien, die wertmäßig dem Vermögen zugeführt worden seien. So sei es auch bei einem Verbrauch für den eigenen Bedarf, wozu jedenfalls die Kosten für die Wohnungsauflösung zu rechnen seien. Letztlich seien damit nur Geldmittel für Ausgaben erspart geblieben, die notwendigerweise auch sonst angefallen wären. Bezüglich der Anerkenntniszahlung und des Geldgeschenkes gelte Ähnliches. Über die Hintergründe der Zahlungen und der finanziellen Verhältnisse der Klägerin sei jedoch nichts dargelegt worden. Allerdings sei vorliegend nur die teilweise Rücknahme des Bescheides und somit die nur teilweise Rückforderung des Gesamtbetrages zu berücksichtigen. Insoweit sei nichts dafür ersichtlich, dass diese Zahlungen nicht auch aus dem übergroßen Teilbetrag der rechtmäßig zuerkannten Ausgleichsleistung bestritten worden seien bzw. worden wären. Demgegenüber sei auch das öffentliche Interesse in Form des fiskalischen Interesses an der Vermeidung nicht gerechtfertigter öffentlicher Ausgaben und an der Rückführung erfolgter Leistungen zu berücksichtigen. Es liege in Zeiten knapper öffentlicher Gelder auf der Hand, dass das öffentliche Interesse an der teilweisen Rücknahme des Bescheides gegenüber dem Interesse der Klägerin am Fortbestand desselben überwiege. Insbesondere sei die Rückzahlung des rechtswidrig zuerkannten Betrages der Klägerin auch zumutbar und möglich. Der Bescheid wurde den Prozessbevollmächtigten der Klägerin gegen Empfangsbekenntnis am 4. März 2010 zugestellt.
Die Klägerin hat am 1. April 2010 Klage beim Verwaltungsgericht Potsdam erhoben, das sich mit Beschluss vom 15. Oktober 2013 für örtlich unzuständig erklärt und das Verfahren an das erkennende Gericht verwiesen hat.
Zur Begründung trägt die Klägerin vor, der Bescheid vom 30. April 2009 sei nicht teilweise rechtswidrig gewesen, so dass eine Teilrücknahme nicht berechtigt sei. Nach § 8 EntschG wäre ein Abzug des vom Ausgleichsamt Hamburg nach den Vorschriften des Lastenausgleichsgesetzes festgesetzten Rückforderungsbetrages von 35.886,62 € vom Ausgleichsleistungsanspruch nur dann zulässig gewesen, wenn der Rückforderungsbescheid zur Verrechnung im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Ausgleichsleistungsbescheides bereits ergangen und bestandskräftig gewesen wäre. Dies sei allerdings nicht der Fall gewesen. Der Rückforderungsbescheid zur Verrechnung sei im Zeitpunkt seines Erlasses bereits auf andere Weise erledigt gewesen, da sie die festgesetzte Ausgleichsleistung schon erhalten gehabt habe. Die vom Gesetz vorausgesetzte Möglichkeit einer Verrechnung habe damit nicht mehr bestanden, sondern sei ins Leere gegangen. Selbst im Fall einer Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 30. April 2009 sei die Klage aufgrund des vorgetragenen Verbrauchs der Leistung im Sinne des § 48 Abs. 2 Satz 2 VwVfG begründet. Danach liege ein Wegfall der Bereicherung vor hinsichtlich 10.000,00 €, die sie ihrem Neffen geschenkt habe. Sie habe den Betrag in bar übergeben. Ein Wegfall der Bereicherung sei auch gegeben bezüglich 2.751,88 €, mit denen sie die Kosten ihrer anwaltlichen Vertretung im Ausgleichsleistungsverfahren beglichen habe. Diese Kosten seien ihr mit Rechnung vom 16. September 2009 berechnet und mit der an ihre Bevollmächtigten überwiesenen Ausgleichsleistungszahlung verrechnet worden.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 25. Februar 2010 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der teilweise zurückgenommene Bescheid vom 30. April 2009 sei rechtswidrig gewesen. Nach § 8 Abs. 1 Sätze 1 und 2, § 2 Abs. 1 Satz 2 EntschG sei er am 30. April 2009 nicht berechtigt gewesen, einen Entschädigungsbescheid zu erlassen, denn die von ihm von Gesetzes wegen zu berücksichtigende Rückforderung von Lastenausgleich sei zu diesem Zeitpunkt noch nicht vollständig festgesetzt gewesen.
Die Kammer hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen C.. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes, insbesondere des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen, wird auf die Gerichtsakte und den vom Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgang (Beiakten I und II) Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung.
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der angefochtene Bescheid des Beklagten vom 25. Februar 2010 ist sowohl rechtmäßig, soweit er den Bescheid vom 30. April 2009 mit Wirkung für die Vergangenheit teilweise zurücknimmt (s. hierzu unter 1.), als auch hinsichtlich der Rückforderung der zu viel geleisteten Ausgleichsleistungen und Zinsen (unter 2.) und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung [VwGO]).
1. Rechtsgrundlage der teilweisen Rücknahme des Ausgleichsleistungen zugunsten der Klägerin und ihrer Schwester festsetzenden Bescheides vom 30. April 2009 ist § 48 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) in der im maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheiderlasses geltenden Fassung der Bekanntmachung vom 23. Januar 2003 (BGBl. I S. 102), zuletzt geändert durch Gesetz vom 14. August 2009 (BGBl. I S. 2827), in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Satz 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Brandenburg (VwVfGBbg) vom 7. Juli 2009 (GVBl. I S. 262).
a. Gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Diese Tatbestandsvoraussetzung ist vorliegend erfüllt, denn der Bescheid des Beklagten vom 30. April 2009 war rechtswidrig.
Für das Merkmal der Rechtswidrigkeit im Sinne von § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG kommt es grundsätzlich darauf an, ob der Verwaltungsakt, dessen Rücknahme erfolgen soll, zum Zeitpunkt seines Erlasses einer Rechtsgrundlage entbehrte (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Januar 1969 - BVerwG 3 C 153.67 -, BVerwGE 31, 222, juris Rn. 14; BVerwG, Beschluss vom 7. Juli 2004 - BVerwG 6 C 24.03 -, BVerwGE 121, 226, juris Rn. 13; Meyer in Knack/Henneke, VwVfG, 9. Aufl. 2010, § 48 Rn. 35; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 14. Aufl. 2013, § 48 Rn. 57; Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 48 Rn. 49). Dies ist beim Bescheid des Beklagten vom 30. April 2009 der Fall.
Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes über staatliche Ausgleichsleistungen für Enteignungen auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage, die nicht mehr rückgängig gemacht werden können (Ausgleichsleistungsgesetz - AusglLeistG), im Zeitpunkt des Bescheides vom 30. April 2009 in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. Juli 2004 (BGBl. I S. 1665), zuletzt geändert durch Gesetz vom 22. September 2005 (BGBl. I S. 2809), werden Ausgleichsleistungen, auf die die Klägerin nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AusglLeistG, § 1 Abs. 8 lit. a) des Gesetzes zur Regelung offener Vermögensfragen (Vermögensgesetz - VermG) in Bezug auf das hier in Rede stehende Rittergut B. einschließlich der Liegenschaften in G. und R. unstreitig einen Anspruch hatte, nach den Bestimmungen der §§ 1 bis 8 des Gesetzes über die Entschädigung nach dem Gesetz zur Regelung offener Vermögensfragen (Entschädigungsgesetz - EntschG) - am 30. April 2009 in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. Juli 2004 (BGBl. I S. 1658), zuletzt geändert durch Gesetz vom 12. Juli 2006 (BGBl. I S. 1466) - bemessen und erfüllt.
Ungeachtet des Umstands, dass vorliegend viel dafür spricht, dass der Beklagte die nach § 7 EntschG vorzunehmende sogenannte Degression der Ausgleichsleistung im Bescheid vom 30. April 2009 auf der Grundlage der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteile vom 14. Juni 2007 - BVerwG 3 C 7.06 -, juris Rn. 13 ff., und vom 19. Mai 2005 - BVerwG 3 C 19.04 -, Buchholz 428.41 § 7 EntschG Nr. 2, juris Rn. 23) fehlerhaft zu gering angesetzt hat, erweist sich der die Ausgleichsleistung bewilligende Bescheid schon deshalb als rechtswidrig, weil der Beklagte nicht den vollständigen Betrag der von der Klägerin als Rechtsnachfolgerin ihrer Mutter und Schwester zur Verrechnung zurückzufordernden Lastenausgleichsleistung berücksichtigt hat.
Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 EntschG wird von der entsprechend § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 4 EntschG gekürzten Bemessungsgrundlage Lastenausgleich nach § 8 EntschG abgezogen. Die letztgenannte Vorschrift ist vorliegend in der bis zum 27. Mai 2011 geltenden Fassung anzuwenden. Die Änderung, die die Norm zum 28. Mai 2011 durch Art. 1 Nr. 3 des Gesetzes zur Beschleunigung der Zahlung von Entschädigungsleistungen bei der Anrechnung des Lastenausgleichs und zur Änderung des Aufbauhilfefondsgesetzes (ZEALG) vom 23. Mai 2011 (BGBl. I S. 920) erfahren hat, findet entsprechend § 8 Abs. 7 EntschG n.F. keine Berücksichtigung, da am 28. Mai 2011 seitens der Ausgleichsverwaltung bereits Bescheide (vom 20. August 2008 und 6. Oktober 2009) über die nach dem Gesetz über den Lastenausgleich (Lastenausgleichsgesetz - LAG) ermittelten Rückforderungsbeträge bekanntgegeben worden waren. Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 EntschG a.F. ist in den Fällen, in denen der Berechtigte nach § 2 Abs. 1 VermG oder sein Gesamtrechtsvorgänger für zu entschädigende Vermögenswerte Hauptentschädigung nach dem Lastenausgleichsgesetz erhalten hat, von der nach § 7 EntschG gekürzten Bemessungsgrundlage der von der Ausgleichsverwaltung nach den Vorschriften des Lastenausgleichsgesetzes bestandskräftig festgesetzte Rückforderungsbetrag abzuziehen.
Vorliegend hatten die Klägerin und ihre Schwester (auch für den geschädigten Erbanteil ihrer Mutter) durch die Ausgleichsverwaltung eine Hauptentschädigung nach den Vorschriften des Lastenausgleichsgesetzes erhalten. Dieser Lastenausgleich war nach der gesetzlichen Konzeption zwingend bei der Ermittlung der zu gewährenden Ausgleichsleistung mindernd zu berücksichtigen. Dass im Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides am 30. April 2009 mit den drei Rückforderungsbescheiden zur Verrechnung des Ausgleichsamtes Lübeck nur für einen Teil des zurückzufordernden Lastenausgleichs bestandskräftige (den 3/8-Anteil der Klägerin sowie den 1/4-Anteil ihrer Mutter betreffende) Bescheide über 129.499,15 DM (66.211,86 €) vorlagen, es hingegen für die Hauptentschädigung, die für den 3/8-Anteil ihrer Schwester geleistet worden war, noch keinen Rückforderungsbescheid gab, führt zur Rechtswidrigkeit der Festsetzung der Ausgleichsleistung. Der von der Klägerin vertretenen Auffassung, dass der Bescheid vom 30. April 2009 nicht rechtswidrig gewesen sei, soweit er die Hauptentschädigung für den 3/8-Anteil von Dorothea C. nicht berücksichtigte, weil es an einem "bestandskräftig festgesetzten Rückforderungsbetrag" insoweit gefehlt habe, kann nicht gefolgt werden. Zwar könnte dafür vordergründig der Wortlaut des § 8 Abs. 1 Satz 1 EntschG a.F. sprechen; indes würde dies die systematischen Zusammenhänge des Wiedergutmachungsrechts verkennen.
Das in der Bundesrepublik Deutschland vor der Wiedervereinigung geltende Wiedergutmachungsrecht in Form des Lastenausgleichs ging von Anfang an davon aus, dass lastenausgleichsrechtliche Entschädigungsleistungen bei einer späteren Rückgabe des weggenommenen Wirtschaftsgutes oder eines anderweitigen Schadensausgleichs einer Überprüfung zu unterziehen und rückabzuwickeln waren (vgl. BVerwG, Beschluss vom 6. Mai 1997 - BVerwG 3 C 38.96 -, Buchholz 427.3 § 349 LAG Nr. 2, juris Rn. 7; BVerwG, Urteil vom 19. Juni 1997 - BVerwG 3 C 10.97 -, BVerwGE 105, 110, juris Rn. 30; BVerwG, Urteil vom 28. Februar 2007 - BVerwG 3 C 40.06 -, Buchholz 427.3 § 349 LAG Nr. 12, juris Rn. 13). Gemäß § 342 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 LAG in der seit dem Zwanzigsten Gesetz zur Änderung des Lastenausgleichsgesetzes vom 15. Juli 1968 (BGBl. I S. 806) geltenden Fassung war das Lastenausgleichsverfahren zwingend wieder aufzunehmen, wenn nachträglich ein Schaden ganz oder teilweise ausgeglichen wurde. Vor dem Hintergrund der Vielzahl der nach der Wiedervereinigung infolge der Restitution von Vermögenswerten nach dem Vermögensgesetz oder der Gewährung von Entschädigungsleistungen anstehenden Verfahren zur Rückforderung gewährter Ausgleichsleistungen bei Schadensausgleich wurde mit Art. 3 Nr. 25 des Gesetzes über die nachträgliche Umstellung von Kontoguthaben, über die Tilgung von Anteilrechten an der Altguthaben-Ablösungs-Anleihe, zur Änderung lastenausgleichsrechtlicher Bestimmungen und zur Ergänzung des Gesetzes über die Errichtung der "Staatlichen Versicherung der DDR in Abwicklung" vom 24. Juli 1992 (BGBl. I S. 1389) mit dem Ziel einer Beschleunigung und Vereinfachung des Rückforderungsverfahrens die Regelung des § 349 LAG eingefügt (vgl. BT-Drs. 12/2170 S. 8; Kapinos, "Aktuelle Fragen zur Rückforderung von Lastenausgleich", IFLA 1995, 61; Geerts, "Überblick über das Rückforderungsverfahren nach § 349 LAG", IFLA 1994, 73); zugleich wurde mit § 342 Abs. 3 LAG die Wiederaufnahme des Lastenausgleichsverfahrens für die ab dem 1. Januar 1990 eingetretenen Schadensausgleichsfälle ausgeschlossen. Die Rückforderungsbestimmung des § 349 LAG dient der Verhinderung einer Doppelentschädigung zu Lasten öffentlicher Kassen (vgl. BVerfG, Urteil vom 22. November 2000 - 1 BvR 2307/94, 1 BvR 1120/95, 1 BvR 1408/95, 1 BvR 2460/95, 1 BvR 2471/95 -, BVerfGE 102, 254, juris Rn. 299). Sie beruht insgesamt auf der Erwägung, dass durch eine nachträgliche Beseitigung des Schadens - etwa in Form der Rückgabe der entzogenen Vermögensgegenstände - der Rechtsgrund für die Gewährung des Lastenausgleichs entfallen ist (vgl. BT-Drs. 12/2170 S.11). Es besteht kein Anlass, jemandem Leistungen zu belassen, die vom Staat als Ausgleich für einen inzwischen anderweitig ausgeglichenen und damit letztlich nicht mehr existenten Vermögensverlust erbracht worden sind. Es handelt sich um die Rückabwicklung einer Vermögensverschiebung, die sich im Nachhinein als nicht mehr gerechtfertigt erweist (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Juni 1997 - BVerwG 3 C 10.97 -, BVerwGE 105, 110, juris Rn. 19; BVerwG, Beschluss vom 6. September 2004 - BVerwG 3 B 20.04 -, juris Rn. 9).
Der Gesetzgeber hat die Form der Rückabwicklung des Lastenausgleichs jedoch differenziert ausgestaltet. Während diese im Regelfall des § 349 LAG durch Erlass eines "klassischen" Rückforderungsbescheides erfolgt, der auch ein Leistungsgebot umfasst, gilt dies nach § 349 Abs. 1 Satz 3 LAG in der hier relevanten, am 30. April 2009 geltenden Fassung nicht, soweit andere gesetzliche Vorschriften vorsehen, dass Entschädigungsleistungen oder sonstige Ausgleichszahlungen wegen gewährter Ausgleichsleistungen gekürzt werden oder dass hierfür bei Rückgabe des betreffenden Vermögenswertes eine Abgabe zu entrichten ist; in diesen Fällen entfällt eine Rückforderung. Eine derartige andere gesetzliche Vorschrift ist § 8 Abs. 1 EntschG, der für die Ermittlung des zu verrechnenden Hauptentschädigung-Rückforderungsbetrages auf § 349 LAG zurückverweist, womit gewährleistet ist, dass die Rückforderung der Hauptentschädigung bei Restitution nach dem Vermögensgesetz und der Abzug dieser Leistung von der nach § 7 EntschG gekürzten Bemessungsgrundlage bei der Wiedergutmachung in Geldeswert nach den gleichen Vorschriften erfolgen (vgl. BVerfG, Urteil vom 22. November 2000 - 1 BvR 2307/94, 1 BvR 1120/95, 1 BvR 1408/95, 1 BvR 2460/95, 1 BvR 2471/95 -, BVerfGE 102, 254, juris Rn. 300; vgl. auch zum Verhältnis von § 349 LAG und § 8 EntschG: BVerwG, Beschluss vom 10. Juli 2008 - BVerwG 3 B 97.07 -, ZOV 2008, 264, juris Rn. 8; VG Lüneburg, Gerichtsbescheid vom 24. Januar 2006 - 3 A 58/05 -, juris Rn. 7 f.). Damit wird vor allem auch vermieden, auf der einen Seite frühere staatliche Leistungen des Lastenausgleichsgesetzes (ggf. mit einem Ausfallrisiko zulasten des Entschädigungsfonds [vgl. § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 10 EntschG]) zurückfordern und auf der anderen Seite Entschädigungs- und Ausgleichsleistungen auszahlen zu müssen (vgl. Fraude, "Die Verfahrensproblematik der Rückforderung des Lastenausgleichs im EALG-Verfahren", VIZ 1997, 270 [272]).
Diese Regelungssystematik führt dazu, dass die Verrechnung nach § 8 Abs. 1 EntschG im vorliegenden Fall der einzige Weg zur Rückabwicklung der erhaltenen Hauptentschädigung nach Gewährung des Schadensausgleichs darstellt. Unterbliebe eine gebotene Anrechnung des Lastenausgleichs nach § 8 Abs. 1 EntschG, wäre insbesondere eine Heilung dieses Fehlers durch isolierte Rückforderung durch die Bestimmung des § 349 Abs. 1 Satz 3 LAG a.F., die allein darauf abstellt, ob eine Verrechnung gesetzlich vorgesehen ist, nicht aber darauf, ob diese im konkreten Fall tatsächlich erfolgt (ist), ausgeschlossen (vgl. Gallenkamp, "Rückforderung von Lastenausgleich", IFLA 1999, 133 [135]). Wegen § 342 Abs. 3 LAG stünde auch ein Rückgriff auf eine Wiederaufnahme des Lastenausgleichsverfahrens nach § 342 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 LAG nicht zur Verfügung.
Aus dem Vorstehenden lässt sich ableiten, dass der Anspruch des Berechtigten auf Entschädigung nach dem Entschädigungsgesetz bzw. Ausgleichsleistung nach dem Ausgleichsleistungsgesetz von vornherein nur in einem um den zurück zu gewährenden Lastenausgleich verminderten Umfang angefallen ist, so dass eine Festsetzung von Entschädigung bzw. Ausgleichsleistung, der die Berücksichtigung der Lastenausgleichsrückforderung ganz oder teilweise unterlässt, rechtswidrig ist.
Soweit § 8 Abs. 1 Satz 1 EntschG die Verrechnung mit der Bestandskraft des Rückforderungsbescheides der Ausgleichsverwaltung verknüpft, kommt dem vor dem dargestellten Hintergrund lediglich die Bedeutung einer konsequenten Umsetzung der in der Vorschrift angelegten Arbeitsteilung zu. Die für die Gewährung der Entschädigung bzw. Ausgleichsleistung zuständigen (Landes-)Ämter zur Regelung offener Vermögensfragen sollen von der Ermittlung der konkreten Höhe der zu berücksichtigenden Rückforderung von Hauptentschädigung befreit werden; dies obliegt vielmehr der mit der Materie (gerade auch den Rückforderungsfragen im Zusammenhang mit § 349 LAG) vertrauten und auch über die notwendigen Lastenausgleichsakten verfügenden Ausgleichsverwaltung. Das Entschädigungs- bzw. Ausgleichsleistungsverfahren soll (ebenso wie die hierüber ggf. geführten gerichtlichen Verfahren) von einem Streit über die Höhe der Rückforderung frei gehalten werden. Erst wenn der Rückforderungsbescheid (ggf. auch nach einer gerichtlichen Auseinandersetzung) bestandskräftig ist und somit der Rückforderungsbetrag feststeht, erfolgt die konkrete Berechnung/Verrechnung durch die Vermögensämter. Das ändert aber nichts an deren Verpflichtung, die gesetzlich gebotene Rückabwicklung des gewährten Lastenausgleichs, von dem sie in der Regel durch die nach § 317 Abs. 2 LAG vorgeschriebene Information der Ausgleichsverwaltung Kenntnis haben, zu berücksichtigen und die Entschädigung bzw. Ausgleichsleistung erst dann festzusetzen, wenn die Höhe der gesamten zurückzufordernden Hauptentschädigung feststeht.
Ausgehend von diesen Erwägungen war im vorliegenden Fall nach den bestandskräftigen Bescheiden der Ausgleichsämter Lübeck und Hamburg vom 20. August 2008 und 6. Oktober 2009 ein Rückforderungsbetrag in Höhe von insgesamt 199.687,28 DM (129.499,15 DM und 70.188,13 DM) zu verrechnen. Die dem angefochtenen Bescheid vom 25. Februar 2010 zugrunde gelegte Berechnung des Beklagten zur Ermittlung des zurückzunehmenden Teils des Bescheides vom 30. April 2009 hinsichtlich der Ausgleichsleistung und Zinsen begegnet auf dieser Basis keine Einwänden.
b. Der teilweisen Rücknahme des Bescheides vom 30. April 2009 in dem vom Beklagten im Bescheid vom 25. Februar 2010 zugrunde gelegten Umfang stehen die Einschränkungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 VwVfG nicht entgegen, wonach ein begünstigender Verwaltungsakt, der hier mit der Gewährung von Ausgleichsleistungen unzweifelhaft gegeben ist, nur unter den Einschränkungen des § 48 Abs. 2 bis 4 VwVfG zurückgenommen werden darf. Einschlägig von diesen ist vorliegend § 48 Abs. 2 VwVfG. Danach darf ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, wenn er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat (Nr. 1), den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren (Nr. 2) oder die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte (Nr. 3).
aa. Es kann vorliegend dahinstehen, ob vorliegend von einem Ausschluss eines schutzwürdigen Vertrauens der Klägerin auf der Grundlage des § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 VwVfG ausgegangen werden könnte. Auch angesichts der Erfordernisses, dass die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis zum Zeitpunkt des Erlasses des zurückzunehmenden Verwaltungsaktes vorgelegen haben muss (J. Müller in Bader/Ronellenfitsch, BeckOK-VwVfG, Stand: 1. Januar 2014, § 48 Rn. 80; Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 48 Rn. 159; Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 48 Rn. 121) und sich diese zudem konkret auf die Rechtswidrigkeit, nicht allein die diese begründende tatsächliche Situation beziehen muss (BVerwG, Urteil vom 22. September 1993 - BVerwG 2 C 34.91 -, Buchholz 316 § 48 VwVfG Nr. 78, juris Rn. 20; Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 48 Rn. 122; J. Müller in Bader/Ronellenfitsch, BeckOK-VwVfG, § 48 Rn. 79; Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 48 Rn. 162; Kastner in HK-VerwR, VwVfG § 48 Rn. 48), könnten sich Anhaltspunkte hierfür immerhin aus dem im Verwaltungsvorgang zu findenden Vermerk vom 15. September 2009 ergeben, nach dem die Prozessbevollmächtigten der Klägerin, deren Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis sich die Klägerin zurechnen lassen müsste (vgl. Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 48 Rn. 164; Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 48 Rn. 123; Kastner in HK-VerwR, 3. Aufl. 2010, VwVfG § 48 Rn. 48), bereits im September 2008 durch das Ausgleichsamt Lübeck darauf hingewiesen worden seien, dass auch eine Rückforderung von Lastenausgleich durch das Ausgleichsamt Hamburg erfolgen werde. Indes bedarf dies keiner weiteren Vertiefung und daher auch keiner weitergehenden Sachaufklärung oder Beweiserhebung, da auch ungeachtet dessen ein schutzwürdiges Vertrauen der Klägerin in den Bestand des Bescheides vom 30. April 2009 nicht bejaht werden kann.
bb. Hinsichtlich der von der Klägerin im anwaltlichen Schriftsatz vom 3. Februar 2010 geltend gemachten Ausgaben in Höhe von 15.000,00 € für die Auflösung der Wohnung ihrer verstorbenen Schwester und in Höhe von 5.000,00 € für eine Zuwendung an einen Herren, der ihre Schwester gepflegt habe, kann ein der Rücknahme entgegenstehendes, auf einen Verbrauch gestütztes schutzwürdiges Vertrauen nicht angenommen werden. Dagegen spricht schon die fehlende Substanz des klägerischen Vorbringens zu den allein aus ihrer Sphäre herrührenden Umständen. Es bleibt insbesondere völlig unklar, wann und an wen die jeweiligen Zahlungen erfolgt sein sollen, wie sich insbesondere daran zeigt, dass der "pflegende Herr" gänzlich anonym bleibt. Ebenso fehlt jeder Nachweis über den tatsächlichen Vollzug der behaupteten Zahlungen. Auch wurden keine Verträge über die Wohnungsauflösung vorgelegt. Eine ihr obliegende Substantiierung des Vorbringens (vgl. zur Mitwirkungslast des Begünstigten hinsichtlich der das Vertrauen begründenden Tatsachen: Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 48 Rn. 112; J. Müller in Bader/Ronellenfitsch, BeckOK-VwVfG, § 48 Rn. 121) hat die Klägerin weder angesichts der mehrfachen Hinweise des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 3. Januar 2011 und 12. Juli 2011 noch im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 13. Juni 2013 vor dem Verwaltungsgericht Potsdam und der Verhandlung vor der erkennenden Kammer - trotz entsprechender Ausführungen des Gerichts im Rahmen der Erörterung - geleistet.
cc. Ein schutzwürdiges Vertrauen der Klägerin auf den Bestand des Bescheides vom 30. April 2009 kann auch nicht hinsichtlich des Betrages von 2.751,88 € angenommen werden, mit dem die Klägerin Kosten ihrer Bevollmächtigten beglichen hat. Sie beruft sich zu Unrecht auf die Regelung des § 48 Abs. 2 Satz 2 VwVfG. Denn insoweit liegt ein Verbrauch im Sinne dieser Bestimmung nicht vor. Ein Verbrauch ist in Anlehnung an die Kriterien für eine Entreicherung nach § 818 Abs. 3 BGB (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Januar 1993 - BVerwG 2 C 15.91 -, Buchholz 239.2 § 49 SVG Nr. 4, juris Rn. 11) jede Form der Nutzung, die nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten eine Minderung des Bestands oder der Substanz des auf Grund des Verwaltungsaktes Erhaltenen zur Folge hat sowie jede Abnutzung oder sonstige Form der Entwertung (Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 48 Rn. 107; Kastner in HK-VerwR, VwVfG § 48 Rn. 50). Dies ist unter anderem dann zu verneinen, wenn Geldbeträge für Anschaffungen in entsprechendem Wert eingesetzt werden, die wertmäßig noch im Vermögen des Begünstigten vorhanden sind, oder sich dieser mit dem aufgrund des Verwaltungsaktes erhaltenen Geld von bestehenden Verbindlichkeiten befreit (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Januar 1993 - BVerwG 2 C 15.91 -, Buchholz 239.2 § 49 SVG Nr. 4, juris Rn. 12; Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 48 Rn. 142; J. Müller in Bader/Ronellenfitsch, BeckOK-VwVfG, § 48 Rn. 63; Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 48 Rn. 107; zu § 818 Abs. 3 BGB: BGH Urteil vom 17. Januar 2003 - V ZR 235/02 -, NJW 2003, 3271, juris Rn. 7; BGH, Urteil vom 18. April 1985 - VII ZR 309/84 -, NJW 1985, 2700, juris Rn. 7; Lorenz in Staudinger, BGB, Stand: 2007, § 818 Rn. 35; Schwab in Münchener Kommentar BGB, 6. Aufl. 2013, § 818 Rn. 169). Ein solcher Fall der Schuldentilgung ist hier gegeben, denn die Forderung der Bevollmächtigten beruhte auf der nicht in kausalem Zusammenhang mit dem Bescheid vom 30. April 2009 erfolgten Beauftragung. Der Vergütungsanspruch war somit bereits im Grundsatz weit vor dem Erlass des fraglichen Bescheides entstanden und von der Klägerin ob mit oder ohne Gewährung der Ausgleichsleistung zu erfüllen gewesen.
Auch kann die Mandatierung der Bevollmächtigten, die der Forderung von 2.751,88 € zugrunde lag, nicht unter dem Gesichtspunkt einer nicht oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig zu machenden Vermögensdisposition ein schutzwürdiges Vertrauen begründen. Dagegen spricht jedenfalls, dass diese Beauftragung der Anwälte keine Betätigung des Vertrauens auf den Bestand der Gewährung der Ausgleichsleistung vom 30. April 2009 darstellen kann, da sie ausweislich der im Verwaltungsvorgang vorliegenden Vollmacht vom 9. April 2008 weit vor dem Erlass dieses Bescheides erfolgt ist (vgl. zu fehlendem Vertrauensschutz vor Erlass des Verwaltungsakts: Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 48 Rn. 97; J. Müller in Bader/Ronellenfitsch, BeckOK-VwVfG, § 48 Rn. 57; Kastner in HK-VerwR, VwVfG § 48 Rn. 43; s. auch BVerwG, Urteil vom 28. Februar 1975 - BVerwG IV C 77.74 -, BVerwGE 48, 87, juris Rn. 27).
dd. Auch bezüglich der von der Klägerin geltend gemachten Schenkung von 10.000,00 € an ihren Neffen, den Zeugen C., kann im Ergebnis ein schutzwürdiges Vertrauen nicht angenommen werden.
Die Kammer muss allerdings angesichts der Unterlagen, welche die Prozessbevollmächtigten der Klägerin - in radikaler Abkehr von ihrem bisherigen Vortrag, die Klägerin habe dem Zeugen C. den Betrag "bar übergeben" - erstmals in der mündlichen Verhandlung vom 10. April 2014 in das Verfahren eingeführt haben, davon ausgehen, dass die Bevollmächtigten auf die briefliche Anweisung der Klägerin vom 3. September 2009 am 16. September 2009 10.000,00 € auf das Konto des Zeugen zur unbaren Zahlung angewiesen haben, die am Dienstag, den 22. September 2009 gebucht wurden.
Selbst wenn man mit dieser Zahlung einen Verbrauch der entsprechenden Summe im Sinne des § 48 Abs. 2 Satz 2 VwVfG annehmen würde, folgt daraus vorliegend aber kein schutzwürdiges Vertrauen. Nach der Bestimmung des § 48 Abs. 2 Satz 2 VwVfG begründet ein Verbrauch der gewährten Leistung ein schutzwürdiges Vertrauen nur in der Regel, so dass auch ein Verbrauch in bestimmten Fallkonstellationen keinen Vorrang des Vertrauensschutzes zur Folge haben kann (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 48 Rn. 105/106; Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 48 Rn. 146; J. Müller in Bader/Ronellenfitsch, BeckOK-VwVfG, § 48 Rn. 62; Meyer in Knack/Henneke, VwVfG, § 48 Rn. 101). Dies ist unter anderem bei Besonderheiten im Hinblick auf das Verhalten des Betroffenen beim Verbrauch in Betracht zu ziehen, etwa wenn er die empfangenen Leistungen verbraucht hat, obwohl er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes (außerhalb des für § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 VwVfG maßgeblichen Zeitpunktes) kannte oder hätte kennen müssen, ohne grob fahrlässig zu handeln (vgl. Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 48 Rn. 146; Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 48 Rn. 105/106). Vorliegend ist der Verbrauch in Form der Minderung des Vermögensstandes der Klägerin erst mit der am 22. September 2009 erfolgten Überweisung erfolgt (auf die den Bevollmächtigten mit dem Schreiben vom 3. September 2009 erteilte Anweisung kann wegen deren jederzeitiger Widerrufbarkeit ebenso wenig abgestellt werden, wie auf die vorangegangenen Schenkungsversprechen der Klägerin an den Zeugen, da diese vor Vollzug der Zahlung wegen des Formmangels nach § 518 BGB i.V.m. § 125 BGB unwirksam waren). Zu diesem Zeitpunkt aber musste ihr unter Berücksichtigung der Zurechnung der Kenntnis ihrer Vertreter die Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 30. April 2009 aufgrund des an ihre Bevollmächtigten gerichteten Schreibens des Beklagten vom 15. September 2009 bewusst sein.
Abgesehen davon hat die Klägerin schon nicht vermocht nachzuweisen, dass die Zuwendung des Betrages von 10.000,00 € an den Zeugen überhaupt Ausdruck ihres Vertrauens in den Bestand des Bescheides vom 30. April 2009 war. Da es hier lediglich um eine Teilrücknahme geht, könnte dies nur dann angenommen werden, wenn sich feststellen ließe, dass die Klägerin diese Zuwendung unterlassen hätte, wenn die Ausgleichsleistung in einem geringeren Umfang als 155.903,11 € festgesetzt worden wäre. Das jedoch ist nicht der Fall. Ihre diesbezügliche Behauptung, die sich ohnehin lediglich in einer nur dürftig substantiierten Formulierung im Beweisantrag vom 13. Juni 2013 findet, kann auch im Ergebnis der von der Kammer durchgeführten Beweisaufnahme nicht zur Überzeugung des Gerichts (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) als bestätigt betrachtet werden.
Die Kammer lässt offen, ob die Aussage des Zeugen als glaubhaft zu bewerten ist, soweit er ausgeführt hat, dass ihm die Klägerin erklärte habe, er solle den Betrag von 10.000,00 € erhalten, "wenn die volle Summe kommt". Zweifel insoweit könnten sich diesbezüglich - nicht zuletzt unter Berücksichtigung des verwandtschaftlichen und nach den Angaben des Zeugen auch tatsächlich engen Verhältnisses zwischen der Klägerin und dem Zeugen - darauf gründen, dass er wiederholt auffällig eine "volle Summe" angeführt hat und die Betonung dieser Formulierung einer eher dürftigen Einordnung gegenübersteht, was damit letztlich erfasst werden sollte. Was die Klägerin im Zeitpunkt der entsprechenden Äußerungen unter der "vollen Summe" verstanden haben will, ist nicht deutlich geworden.
Aber auch wenn man die Aussage des Zeugen zugrunde legte, vermag sie jedenfalls nicht das zu belegen, wofür sie angeführt wurde. Denn nach den Angaben des Zeugen hatte die Klägerin die Zusage der Zuwendung an ihn im Jahr 2007 oder 2008 gemacht und in den Zusammenhang mit dem an ihre Schwester Dorothea C. abzuführenden Teil der zu erwartenden Ausgleichsleistung sowie Aufwendungen auf ihr Haus und für ein Auto gestellt. Selbst wenn man dies dahingehend interpretierte, dass der Zeuge die genannte Summe nur erhalten sollte, sofern die tatsächlich gewährte Ausgleichsleistung diese Posten zu decken imstande wäre, ist damit der hier erforderliche Vertrauenstatbestand bei der Klägerin für den Zeitpunkt der Zahlung im September 2009 nicht belegt. Denn in diesem Zeitpunkt (nichts anderes würde auch für den Bescheiderlass am 30. April 2009 gelten) hatten sich die Umstände im Verhältnis zu den 2007/2008 erfolgten Erklärungen angesichts des Todes der Dorothea C. und der Stellung der Klägerin als deren Alleinerbin wesentlich geändert, weil ihr ein sehr viel größerer Betrag als (möglicherweise) erwartet zugeflossen ist. Es kann daher nicht ohne weitere Anhaltspunkte, die hier indes weder von der Klägerin angeführt worden sind noch sonst ersichtlich sind, aus den früheren Äußerungen darauf geschlossen werden, dass die Klägerin von einer Zuwendung an den Zeugen gänzlich abgesehen hätte, wenn ihr statt des Betrages von 155.903,11 € lediglich eine Summe von 107.984,84 € bewilligt worden wäre.
c. Die Rücknahmeverfügung vom 25. Februar 2010 begegnet auch im Hinblick auf die Ausübung des nach § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG dem Beklagten eröffneten Ermessens im Rahmen der gerichtlichen Prüfung nach § 114 Satz 1 VwGO keinen Bedenken. Weder hat der Beklagte mit seiner Verfügung die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten noch hat er von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht. Der Beklagte hat ausweislich seiner Begründung im Bescheid vom 25. Februar 2010 das Ermessen erkannt und ausgeübt, wie sich (jedenfalls, wenn auch knapp) aus den Ausführungen auf Seite 7 des Bescheides mit dem Hinweis auf das Überwiegen des öffentlichen Interesses an der teilweisen Rücknahme und auf die Möglichkeit und Zumutbarkeit einer Rückzahlung des rechtswidrig zuerkannten Betrages für die Klägerin ergibt.
d. Die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG ist unzweifelhaft gewahrt.
2. Die Rückforderung des Betrages von 47.918,27 € findet ihre Rechtsgrundlage in § 49a Abs. 1 Sätze 1 und 2 VwVfG i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 VwVfGBbg, wonach erbrachte Leistungen zu erstatten sind, soweit ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen geworden ist, und die zu erstattende Leistung durch schriftlichen Verwaltungsakt festzusetzen ist. Ein fehlerhaftes Vorgehen des Beklagten ist insoweit weder von der Klägerin geltend gemacht worden noch sonst ersichtlich. Insbesondere ist nach den vorstehenden Ausführungen nicht von einer (teilweisen) Entreicherung im Sinne des § 818 Abs. 3 BGB i.V.m. § 49a Abs. 2 Satz 1 VwVfG auszugehen.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.
Die Entscheidung über die Nichtzulassung der Revision beruht auf § 135, § 132 Abs. 2 VwGO.