Gericht | OLG Brandenburg 2. Zivilsenat | Entscheidungsdatum | 28.05.2013 | |
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Aktenzeichen | 2 U 13/08 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Die Berufung der Klägerin gegen das am 9. April 2008 verkündete Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Cottbus, Az. 5 O 72/05, wird zurückgewiesen und die weitergehende Klage abgewiesen.
Soweit die Klägerin die Berufung hinsichtlich der Rechts- und Steuerberatungskosten in Höhe von 202.843,00 € zurückgenommen hat, ist sie des eingelegten Rechtsmittels verlustig.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten des Revisionsverfahrens vor dem Bundesgerichtshof zum Az. III ZR 59/10 zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn der Beklagte nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
I.
Die Klägerin verlangt von dem beklagten Land Schadensersatz wegen der behaupteten Aberkennung ihrer umsatzsteuerrelevanten Unternehmereigenschaft bezüglich der Planung, Errichtung und des Betriebes eines Glaswerkes in G… durch die Finanzbehörden des beklagten Landes. Wegen der tatsächlichen Feststellungen und des Parteivorbringens in erster Instanz wird mit folgenden Ergänzungen Bezug genommen auf das angefochtene Urteil (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO):
Die Klägerin war Teil der sogenannten D…-Gruppe, die aus fünf GmbHs bestand, deren Gesellschafter weitgehend identisch waren. Wegen der Beteiligungsverhältnisse im Einzelnen wird Bezug genommen auf Seite 3 der Anlage K 28. Zur D…-Gruppe gehörte auch die D… Glas GmbH, die nach ihrer Sitzverlegung nach G… im Jahr 1994 in K… Glas GmbH umfirmierte.
Unter dem 26.01.1994 unterzeichnete der damalige Geschäftsführer der Klägerin, der Zeuge L…, einen Vermerk über ein Gespräch ihres geschäftsführenden Gesellschafters Dr. N… mit Vertretern der I… Bank … (I…) am 25.01.1994 (Anlagen K neu 19 und B II 10), wonach Dr. N… gegenüber der I… erklärt hatte, dass die Gesellschafter der Klägerin und der D… Glas GmbH (später K… Glas GmbH) vereinbart hätten, dass wegen der Schwierigkeiten der Klägerin mit der Treuhandanstalt und der deshalb fehlenden Bereitschaft der Banken, das Vorhaben der Klägerin zu finanzieren, die D… Glas GmbH an Stelle der Klägerin in G… investieren solle. Laut dem Vermerk baten beide Gesellschaften die I…, über einen zuvor gestellten Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Fördermitteln zunächst nicht zu entscheiden, sondern nur den Antrag der D… Glas GmbH zu bearbeiten.
Am 31.01.1994 meldete die D… Glas GmbH bei dem Handelsregister die Verlegung ihres Sitzes nach G… an.
Unter dem 10.02.1994 stellte die D… Glas GmbH bei der I… einen Antrag auf Bewilligung von Fördermitteln für die Errichtung eines Glaswerkes zur Herstellung von K…-Glas, der am 16.02.1994 bei der I… einging. Wegen der Einzelheiten des Antrags wird Bezug genommen auf die Anlagen K 31 und K 261.
Unter dem 30.06.1994 unterzeichneten der Zeuge Dr. N… für die Klägerin und die D… Glas GmbH sowie der Zeuge S…, letzterer mit dem Zusatz „i.V.“, für die T… GmbH einen „Generalunternehmervertrag“. Darin heißt es unter Vorbemerkung A4.: „Die Gesellschafter der [Klägerin] haben beschlossen, dass [die Klägerin] kein K…Glas-Werk bauen und dass [die Klägerin] ausschließlich die Durchführung des Sanierungsvertrages betreiben soll“. In Abschnitt B) vereinbarten die Vertragsparteien unter anderem, dass die Klägerin der D… Glas GmbH „die Leistungen und Lieferungen – ohne Sanierung – aus dem GU-Vertrag mit [der T… GmbH] zu den gleichen Konditionen wie zwischen [der T… GmbH] und [der Klägerin] vereinbart, zuzüglich einer Preiserhöhung von 5,75 % [überträgt]. [Die T… GmbH] stimmt dieser Übertragung zu“. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vertrages wird Bezug genommen auf Anlage B II 9. Dieser Vertrag wurde der I… im Rahmen des von der D… Glas GmbH betriebenen Fördermittelverfahrens vorgelegt ebenso wie eine Änderungsvereinbarung hierzu vom 30.01.1995 (Anlage B II 9 Bl. 3569f. d. A.).
Mit Beschluss vom 22.08.1994 (Anlage K 30) entschied der Landesförderausschuss über den Antrag der inzwischen in K… Glas GmbH umfirmierten D… Glas GmbH vom 10.02.1994. In dem Beschluss ist ausgeführt, dass die K… Glas GmbH in G… ein K…-Glas-Werk errichte, während die Klägerin die Sanierung der zu diesem Zweck erworbenen Grundstücke übernehme, die nicht Teil des Antrags sei. Wegen der Einzelheiten wird auf Seite 4 der Anlage K 30 Bezug genommen.
Die Klägerin behauptet, bereits ab Ende 1993 habe der Beklagte ihr gegenüber den Entzug der umsatzsteuerrechtliche Unternehmereigenschaft praktiziert, indem er die Vorsteuererstattung habe stocken lassen. Unstreitig ist, dass die letzte Vorsteuerauszahlung für 1993 auf die Umsatzsteuer-Voranmeldung der Klägerin für Oktober 1993, die am 22.11.1993 in Höhe von 6.455,86 DM bei dem Finanzamt geltend gemacht wurde, am 15.12.1993 erfolgte. Auf die am 08.02.1994 eingereichte Voranmeldung für Dezember 1993 über einen Vorsteuerüberhang von 288.514,40 DM und die gleichzeitig eingereichte Umsatzsteuerjahreserklärung für 1992, die einen Vorsteuerüberhang von 81.910,99 DM auswies, wurde keine Vorsteuer ausgezahlt.
Die Klägerin behauptet weiter, der Beklagte habe ihr erstmals in der Besprechung am 09.03.1994 im Finanzamt … und – bis auf eine Unterbrechung im September 1994 – anschließend dauerhaft die Unternehmereigenschaft und damit die Vorsteuerabzugsberechtigung definitiv abgesprochen. Deshalb seien sämtliche Investitionen in Errichtung und Betrieb einer K…Glas-Fabrik vorläufig eingestellt worden. Dies sei schließlich ursächlich für den Verlust des Unternehmens gewesen, weil mangels Umsätzen keine Einkünfte hätten erwirtschaftet werden können.
Der Generalunternehmervertrag vom 30.06.1994 sei nicht durchgeführt worden. Die K… Glas GmbH habe das Antragsverfahren auf Bewilligung von Fördermitteln als Treuhänderin für die Klägerin bis zum Abschluss der Ermittlungen gegen die Klägerin wegen des Verdachts des Betruges zu Lasten der Treuhandanstalt betreiben sollen. Nach Einstellung der Ermittlungen im Jahr 1995 sei die Treuhandkonstruktion als gegenstandslos betrachtet worden.
Die Klägerin behauptet, nachdem das Finanzamt den von der Klägerin geltend gemachten Staatshaftungsanspruch mit Bescheid vom 24.09.2001 abgelehnt und den Schadensersatzantrag zur weiteren Bearbeitung der Oberfinanzdirektion vorgelegt habe, habe der nunmehrige Mehrheitsgesellschafter der Klägerin, der Zeuge Dr. N…, den Schadensersatzanspruch unter anderem in Gesprächen auf der Ebene des Finanzministeriums und mit der Staatskanzlei sowie mit Abgeordneten des Landtages des beklagten Landes weiterverfolgt. In der Zeit von 2001 bis 2005 habe er den Anspruch mehrfach mit dem damaligen persönlichen Referenten des Ministerpräsidenten erörtert.
Unstreitig telefonierte Dr. N… am 04.06.2004 mit der für die Prüfung des Schadensersatzanspruchs zuständigen Abteilungsleiterin im Ministerium der Finanzen des Beklagten, die dabei erklärte, dass der Anspruch noch geprüft werde.
Die Klägerin behauptet in zweiter Instanz erstmals, der in Bezug auf die streitgegenständlichen Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 1992 bis 1995 ergangene Einspruchsbescheid vom 03.12.1996 sei ihr nicht wirksam bekanntgemacht worden und deshalb nichtig gemäß § 125 Abs. 1 AO. Sie ist der Ansicht, der Einspruchsbescheid sei auch inhaltlich sittenwidrig und damit nichtig gemäß § 125 Abs. 2 Nr. 4 AO mit der Folge, dass er die durch das Einspruchsverfahren bewirkte Hemmung der Verjährung nicht beendet habe.
Mit dem angegriffenen Urteil hat das Landgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, es könne dahinstehen, ob der Beklagte eine Amtspflicht verletzt habe, da etwaige Schadensersatzansprüche der Klägerin jedenfalls verjährt seien. Ein Anspruch aus § 1 Abs. 1 BbgStHG sei mit Ablauf des 06.01.1998 verjährt, weil die Klägerin nicht innerhalb eines Jahres nach Bestandskraft des Einspruchsbescheides vom 03.12.1996 einen Schadensersatzantrag gestellt habe. Die Verjährung habe spätestens am 07.01.1997 zu laufen begonnen. Die Klägerin habe es unterlassen, ihre Ansprüche bis zum Ablauf des 06.01.1998 zur Entscheidung durch den Beklagten zu stellen. Dass die streitgegenständlichen Umsatzsteuerbescheide jeweils unter dem Vorbehalt der Abänderung gemäß § 164 AO standen, habe die Verjährungsfrist nicht unterbrochen oder gehemmt.
Ein etwaiger Amtshaftungsanspruch aus § 839 Abs. 1 BGB i. V. m. Art. 34 GG sei spätestens mit Ablauf des 25.10.2000 verjährt. Hinsichtlich des Verjährungsbeginns und der fehlenden Unterbrechungswirkung des Vorbehalts nach § 164 AO gelte nichts Anderes als für den Anspruch aus § 1 Abs. 1 BbgStHG. Auch der Antrag der Klägerin vom 29.07.1999 auf Änderung der Einspruchsentscheidung und der Umsatzsteuerbescheide habe die laufende Verjährung nicht unterbrochen.
Die Klägerin könne schließlich gegen den Beklagten keine Ansprüche aus Art. 10 und 288 EGV (jetzt Art. 340 AEUV) geltend machen, da für derartige Ersatzansprüche allein die Bundesrepublik Deutschland passiv legitimiert sei.
Der Senat hat die Berufung nach Beweisaufnahme mit Urteil vom 26.02.2010 zurückgewiesen mit der Begründung, dass Ansprüche aus § 1 BbgStHG und § 839 BGB i. V. m. Art. 34 GG verjährt seien, wobei er sich im Wesentlichen auf dieselben Gründe stützte wie das Landgericht. Ein unionsrechtlicher Staatshaftungsanspruch bestehe ebenfalls nicht. Zwar sei ein solcher Anspruch nicht verjährt und könne sich auch gegen das beklagte Land richten. Jedoch liege der für einen solchen Anspruch erforderliche qualifizierte Verstoß gegen europäisches Gemeinschaftsrecht nicht vor.
Auf die hiergegen gerichtete Revision der Klägerin hat der Bundesgerichtshof das Urteil des Senats mit Urteil vom 12.05.2011, Az. III ZR 59/10, aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Oberlandesgericht zurückverwiesen. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass auf der Grundlage der Feststellungen des Senats zwar ein Anspruch nach § 1 BbgStHG verjährt sei. Die Verjährung eines Anspruchs aus § 839 BGB i. V. m. Art. 34 GG sei jedoch durch den Antrag auf Abänderung der Umsatzsteuerbescheide unterbrochen worden und könne durch Verhandlungen nach dem Erlass der Abänderungsbescheide im Januar 2001 gehemmt gewesen sein. Gleiches gelte für den unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch. Hierzu habe das Oberlandesgericht in dem Berufungsurteil jedoch keine ausreichenden Feststellungen getroffen. Außerdem habe das Oberlandesgericht sich nicht mit allen relevanten Gesichtspunkten für die Beurteilung der Frage auseinandergesetzt, ob das Verhalten des Beklagten als qualifizierter Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht anzusehen sei.
Die Klägerin hat im Berufungsrechtszug zunächst beantragt,
das Urteil des Landgerichts Cottbus vom 09.04.2008, Az. 5 O 72/05, aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 34.408.469,00 € zuzüglich Zinsen in Höhe von vier Prozent aus dem Betrag von 34.205.626,00 € für den Zeitraum vom 02.12.1996 bis zum 30.04.2000 und in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.06.2000 aus einem Betrag von 34.205.626,00 € und ab Rechtshängigkeit der Klage aus einem Betrag von 34.408.469,00 € zu zahlen.
Dabei berechnete sie die Klageforderung als Summe aus Rechts- und Steuerberatungskosten, fehlgeschlagenen Investitionen und entgangenem Gewinn. Nunmehr begehrt die Klägerin den Ersatz des Unternehmenswertes, den sie auf der Grundlage des Gutachtens einer Wirtschaftsprüfergesellschaft zum Stichtag 31.12.1994 mit 66.382.400,00 € beziffert. Darüber hinaus verlangt sie die Erstattung von Vorsteuerguthaben für die Jahre 1992 und 1993.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landgerichts Cottbus vom 09.04.2008, Az. 5 O 72/05, abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 66.382.400,00 € zuzüglich Zinsen in Höhe von vier Prozent aus 66.382.400,00 € für den Zeitraum vom 02.12.1996 bis 30.05.2000 und in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seitdem zu zahlen,
sowie
den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin Vorsteuerguthaben für 1992 in Höhe von 81.480,00 DM und für 1993 in Höhe von 323.137,38 DM nebst gesetzlichen Zinsen ab Antragstellung zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen und die weitergehende Klage abzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil unter Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrags. Ein unionsrechtlicher Haftungsanspruch bestehe nicht. Selbst wenn die Nichtanerkennung der Unternehmereigenschaft unzutreffend auf den so genannten Betrugs- beziehungsweise Missbrauchstatbestand gestützt worden sei, handele es sich allenfalls um einen einfachen, nicht aber um einen qualifizierten Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht. Bei der Klägerin habe sich im Übrigen allein das typische unternehmerische Risiko des Scheiterns einer entwicklungs- und investitionsintensiven Geschäftsidee verwirklicht, da sich noch in der Entwicklungsphase herausgestellt habe, dass sich die ursprüngliche Idee nicht rentabel in der Praxis umsetzen lasse und dementsprechend auch bis heute von keinem anderen Marktteilnehmer umgesetzt worden sei. Hilfsweise erklärt der Beklagte gegen einen Schadensersatzanspruch der Klägerin die Aufrechnung mit einer vermeintlichen Forderung aus säumigen Steuerschulden und Nebenleistungen in Höhe von 1.025.806,53 €. Auch gegen den in zweiter Instanz erstmals geltend gemachten Anspruch auf Erstattung des Vorsteuerguthabens wendet der Beklagte die Verjährung ein.
Der Senat hat vor dem Urteil vom 26.02.2010 Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen Dr. P… N…, Dr. H… K…, U… S…, Dr. A… Da…, K… E…, H… Fr… sowie der Zeuginnen I… Bl… und V… Ne…. Wegen des Ergebnisses dieser Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf das Sitzungsprotokoll vom 17.11.2009, Bl. 2080 bis 2092 der Akten. Nach der Zurückverweisung des Rechtsstreits hat der Senat außerdem Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen M… B…, J… Bo…, G… De…, G… L…, Hans-U… N…, Dr. P… N…, Dr. H… K…, I… Bl…, M… F…, V… Ne…, R… P… und N… U… sowie durch Vernehmung des Zeugen U… S… durch den Vorsitzenden als beauftragtem Richter. Wegen des Ergebnisses dieser Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf die Protokolle vom 14.08.2012, Bl. 3459 ff. der Akten, vom 07.12.2012, Bl. 3600 ff. der Akten und vom 18.12.2012, Bl. 3733 ff. der Akten.
Die Klägerin hat gerügt, dass der Senat unter Verstoß gegen das Jährlichkeitsprinzip besetzt worden sei, da der Vorsitz des Senats zum 01.10.2011 wechselte. Außerdem sei der jetzige Vorsitzende nicht in der Lage, den Vorsitz im erkennenden Senat ordnungsgemäß auszuüben, weil er diesem nur mit 10 % seiner Arbeitskraft zugewiesen ist.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen.
II.
A.
Der Senat ist zutreffend besetzt.
Soweit sich die Besetzungsrüge der Klägerin darauf bezieht, dass mit dem Wechsel des Vorsitzenden zum 01.10.2011 gegen das Jährlichkeitsprinzip aus § 21e Abs. 1 Satz 2 GVG verstoßen worden sei, ist sie nicht begründet. Der Wechsel der Senatsbesetzung während des laufenden Jahres verstieß nicht gegen das Jährlichkeitsprinzip, weil die in § 21 e Abs. 3 Satz 1 GVG zugelassene Ausnahme des Wechsels eines Richters vorlag. Der aktuelle Vorsitzende wurde zum 01.10.2011 zum Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ernannt und an das Brandenburgische Oberlandesgericht versetzt. Der Vorsitz im Senat war bis dahin aufgrund des Präsidiumsbeschlusses vom 19.04.2011 mit einem Anteil von 5 % der Arbeitskraft vom Präsidenten des Oberlandesgerichts wahrgenommen worden, weil vier Senatsvorsitzende des Oberlandesgerichts, unter anderem der Vorsitzende des erkennenden Senats, in den Ruhestand getreten waren und deren Stellen zunächst nicht neu besetzt werden konnten. Mit der Ernennung des jetzigen Vorsitzenden konnte diesem der Vorsitz im erkennenden Senat übertragen werden. Mit dem Beschluss der Jahresgeschäftsverteilungspläne für 2012 und 2013 wäre ein Verstoß gegen das Jährlichkeitsprinzip im Übrigen geheilt.
Entgegen der Ansicht der Klägerin ist es auch nicht zu beanstanden, dass der Vorsitzende dem erkennenden 2. Zivilsenat durch die Jahresgeschäftsverteilungspläne für die Jahre 2011 bis 2013 nur mit 10 % seiner Arbeitskraft zugewiesen ist, während er mit den weiteren 90 % seiner Arbeitskraft den Vorsitz im 3. Zivilsenat führt. Nach den vom Großen Senat des Bundesgerichtshofs gesetzten Maßstäben ist ein Senat eines Oberlandesgerichts mit einem Vorsitzenden nur dann vorschriftsmäßig besetzt, wenn der Vorsitzende durch den Umfang seiner Tätigkeit im Senat einen richtungsgebenden Einfluss auf die Rechtsprechung des Senats ausübt. Dazu muss der Senatsvorsitzende mindestens 75 % der Aufgaben als Vorsitzender des Senats selbst wahrnehmen (vgl. BGH GS ZS, Beschluss vom 19. Juni 1962, Az. GSZ 1/61, zitiert nach Juris, dort Rn. 18). Dabei ist es nicht möglich, den Prozentsatz nach bestimmten Aufgaben des Vorsitzenden wie etwa der Zahl der mitentschiedenen Urteile zu spezifizieren oder zu klassifizieren (vgl. BGH GS ZS, a. a. O. Rn. 21 bis 23). Steht ein Vorsitzender einem Senat nur mit einem Bruchteil seiner Arbeitskraft zur Verfügung, etwa weil er außerdem Aufgaben in der Justizverwaltung oder in einem anderen Senat wahrnimmt, so kann das Präsidium dem soeben genannten Maßstab entsprechen, indem es den Geschäftsumfang des Senats dem Arbeitskraftanteil des Vorsitzenden anpasst (vg. BGH GS ZS, Beschluss vom 20. November 1967, Az. GSZ 1/67, NJW 1968, 501, 502).
Dies ist hier geschehen. Die dem Senat durch den Geschäftsverteilungsplan zugewiesenen richterlichen Geschäfte hatten im Jahr 2012 einen Umfang von etwa 0,6 Pensen. Dem Senat sind neben dem Vorsitzenden weitere vier Richter mit Arbeitskraftanteilen im Umfang von insgesamt 0,7 Pensen zugewiesen. Sämtliche Beisitzer des Senats sind neben ihrer Tätigkeit in der Rechtsprechung mit 80 bzw. 90 % ihrer Arbeitskraft in der Justizverwaltung eingesetzt. Der Vorsitzende nimmt die Geschäfte des Vorsitzenden des Senats in vollem Umfang wahr und ist daher in der Lage, mit seinem Arbeitskraftanteil von 10 % richtungsgebenden Einfluss auf die Rechtsprechung des Senats auszuüben.
B.
Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 517, 519, 520 ZPO).
Soweit die Klägerin seit der Sitzung am 18.12.2012 ihren Antrag nicht mehr auf den Ersatz fehlgeschlagener Investitionen und entgangenen Gewinns, sondern auf Ersatz des Unternehmenswertes gerichtet hat, stellt dies hinsichtlich des Klagegrundes keine Klageänderung im Sinne der §§ 263, 533 ZPO dar, da die Klägerin nur die Berechnung des aus demselben Sachverhalt resultierenden Schadens geändert hat, nicht aber den Streitgegenstand, denn der zur Begründung vorgetragene Lebenssachverhalt und auch die Art des begehrten Schadens sind unverändert (vgl. BGH Urteil vom 24.10.2005, AZ. II ZR 339/03, zitiert nach Juris, dort Rn. 16). Die der Schadensberechnung bisher zu Grunde gelegten fehlgeschlagenen Investitionen und der entgangene Gewinn sind nur unselbstständige Positionen des nun geltend gemachten Unternehmenswertes. Die auf der neuen Berechnung beruhende Erweiterung der Klageforderung ist gemäß § 264 Nr. 2 ZPO nicht als Klageänderung anzusehen.
Der aktuelle Klageantrag umfasst nicht mehr die bisher geltend gemachten Rechts- und Steuerberatungskosten in Höhe von 202.843,00 €, da sich der Klageantrag auf Zahlung von 66.382.400,00 € allein auf den behaupteten Unternehmenswert bezieht. Darauf hat der Senat die Klägerin im Beschluss vom 20.06.2012 hingewiesen. Soweit die Klägerin nachfolgend weiterhin nicht mehr die Verurteilung zum Ersatz von Rechts- und Steuerberaterkosten begehrt, ist ihr Antrag als teilweise Rücknahme der Berufung zu verstehen.
Soweit die Klägerin im Termin am 18.12.2012 darüber hinaus erstmals beantragt hat, den Beklagten zu verurteilen, an sie Vorsteuerguthaben für die Jahre 1992 und 1993 in Höhe von 81.480,00 DM bzw. 323.137,38 DM zu zahlen, handelt es sich um eine Klageänderung, die sachdienlich ist im Sinne des § 533 Nr. 1 2. Alt. ZPO, da über sie auf der Grundlage des bisherigen Sachvortrages entschieden werden kann. Der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten ist für diese Klageerweiterung gemäß Art. 34 Satz 3 GG eröffnet, weil das Begehren der Klägerin durch die von ihr behauptete Verletzung von Unionsrecht geprägt ist. Der geltend gemachte unionsrechtliche Staatshaftungsanspruch hat im vorliegenden Fall neben einem möglichen Primäranspruch auf Rückzahlung überzahlter Umsatzsteuer aus § 37 Abs. 2 AO eigenständiges Gewicht, weil dessen Verjährung in dem zu betrachtenden Zeitraum für die Klägerin günstigeren Regeln unterlag als die des steuerrechtlichen Rückzahlungsanspruchs, so dass die Klägerin ein besonderes Interesse an der Verfolgung gerade des Staatshaftungsanspruchs hat: Für den unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch galt bis zum 31.12.2001 die 30-jährige Verjährungsfrist gemäß § 195 BGB in der damaligen Fassung, während der Anspruch aus § 37 Abs. 2 AO bereits vor dem 01.01.2002 der vierjährigen Festsetzungsverjährungsfrist nach § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO unterlag.
C.
In der Sache haben die Berufung und die darüber hinausgehende Klage jedoch keinen Erfolg.
1.
Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Ersatz des Unternehmenswertes.
1.1
Insbesondere hat sie gegen den Beklagten keinen unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch. Nach dieser vom EuGH in ständiger Rechtsprechung aus dem Wesen der mit dem EG-Vertrag geschaffenen Rechtsordnung abgeleiteten Anspruchsgrundlage haben Bürger, die durch einen Verstoß eines Mitgliedstaates gegen europäisches Gemeinschaftsrecht geschädigt worden sind, einen Entschädigungsanspruch, wenn drei Voraussetzungen erfüllt sind: Die gemeinschaftsrechtliche Norm, gegen die verstoßen worden ist, bezweckt die Verleihung von Rechten an die Geschädigten, der Verstoß ist hinreichend qualifiziert, und zwischen diesem Verstoß und dem den Geschädigten entstandenen Schaden besteht ein unmittelbarer Kausalzusammenhang (vgl. nur EuGH Urteil vom 24.03.2009 - Rs. C-445/06, Danske Slagterier, Rn. 20, m. w. N.). Auf der Grundlage des nunmehr festgestellten Sachverhalts hat der Beklagte vor dem 30.06.1994 kein der Klägerin aufgrund des Rechts der Europäischen Union zustehendes Recht verletzt (dazu unten 1.1.1). Sofern der Beklagte nach dem 30.06.1994 zu Lasten der Klägerin qualifiziert gegen Unionsrecht verstoßen haben sollte – was hier offenbleiben kann -, wäre ein solcher Verstoß nicht ursächlich für den Verlust des auf die projektierte Errichtung und den Betrieb des Glaswerkes bezogenen Unternehmenswertes der Klägerin (dazu unten 1.1.2). Soweit die auf den Ersatz des Unternehmenswertes gerichtete Klageforderung die ursprüngliche Klageforderung von 34.408.469,00 € übersteigt, wäre ein möglicher Anspruch darüber hinaus verjährt (dazu unten 1.1.3).
1.1.1
Der Senat sieht sich nicht daran gehindert, abweichend von seinem aufgehobenen Urteil vom 26.02.2010 die Haftung des Beklagten auch für Handlungen in Betracht zu ziehen, die vor dem Erlass der Umsatzsteuerbescheide ab dem 03.02.1995 lagen. Dass es der Bundesgerichtshof in dem zurückverweisenden Urteil vom 12.05.2011, Az. III ZR 59/10, Rn. 44, als rechtsfehlerfrei bewertete, dass der Senat in seinem ersten Urteil festgestellt hatte, dass die Klägerin nur Schäden aus der Zeit nach dem Erlass des Steuerbescheides vom 03.02.1995 geltend mache, bzw. dass erstmals die Steuerbescheide, mit denen die Vorsteuererstattung abgelehnt wurde, Außenwirkung gegenüber der Klägerin entfalteten, steht dem nicht entgegen. Gemäß § 563 Abs. 2 ZPO ist der Senat an die rechtliche Beurteilung in dem zurückverweisenden Urteil des Bundesgerichtshofs nur insoweit gebunden, als sie der Aufhebung zu Grunde liegt. Dies kann nur Feststellungen erfassen, die das Revisionsgericht als rechtsfehlerhaft bezeichnet hat. Im Übrigen sind sämtliche Feststellungen erneut zu treffen (vgl. BGH Urteil vom 14.03.1985, Az. IX ZR 26/84, zitiert nach Juris, dort Rn. 19; Zöller-Heßler, 29. Auflage 2012, § 563 Rn. 3).
1.1.1.1
Es kann offenbleiben, ob der Beklagte gegen das Recht der Europäischen Union verstieß, indem er die Vorsteuererstattung seit Ende 1993 stocken ließ, wie die Klägerin meint.
Es erscheint bereits zweifelhaft, ob die Tatsache, dass das von der Klägerin am 22.11.1993 für den Monat Oktober 1993 angemeldete Vorsteuerguthaben nach drei Wochen am 15.12.1993 ausgezahlt wurde, gegen Unionsrecht verstieß, wie die Klägerin meint. Das hier betroffene Recht auf Vorsteuerabzug aus Art. 17 Abs. 1 und 2 Buchst. a i. V. m. Art. 4 Abs. 1 und 2 der Sechsten Richtlinie der Rates zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG vom 17.05.1977 (im Folgenden: Richtlinie) und der Grundsatz der Neutralität der Umsatzsteuer gebieten nicht die sofortige ungeprüfte Auszahlung der vom Steuerschuldner geltend gemachten Vorsteuerguthaben. Art. 18 Abs. 4 der Richtlinie gestattet den Mitgliedstaaten vielmehr, ein solches Guthaben auf den nachfolgenden Besteuerungszeitraum vorzutragen oder nach den von ihnen festgelegten Einzelheiten zu erstatten. Der Anspruch auf Auszahlung eines Vorsteuerguthabens entstand und entsteht gemäß § 168 Satz 2 AO erst mit der Zustimmung des Finanzamtes. Für diese Zustimmung ist keine Frist bestimmt. Nach der Rechtsprechung des BFH (vgl. Urteil vom 06.10.2005, Az. V B 140/05, zitiert nach juris, dort Rn. 21ff.) soll grundsätzlich eine Frist von sechs Monaten noch angemessen sein.
Dies kann hier jedoch dahinstehen. Selbst wenn man die Auszahlung des Vorsteuerguthabens mit der Klägerin als um zwei Wochen verspätet ansieht, lässt sich dies nicht als „praktizierter Entzug der Unternehmereigenschaft“ verstehen, wie die Klägerin meint, denn mit der Auszahlung des Guthabens wurde die Unternehmereigenschaft für den Besteuerungszeitraum anerkannt. Ein Verzögerungsschaden, der aus der vermeintlichen Verspätung der Auszahlung resultierte, ist nicht Gegenstand der Klage und auch nicht vorgetragen. Die verzögerte Auszahlung der Vorsteuer für den Monat Oktober 1993 kommt daher nicht als haftungsbegründende Handlung für den mit der Klage geltend gemachten Schaden in Betracht.
Soweit der Beklagte die von der Klägerin ab dem 08.02.1994 mit den Umsatzsteuererklärungen zunächst für 1992, Dezember 1993 und Februar 1994 beanspruchte Vorsteuer verzögert oder nicht auszahlte, gelten die vorstehenden Ausführungen zur Verzögerung entsprechend. Es kann hier darüber hinaus dahinstehen, ob die verzögerte oder unterbliebene Auszahlung der mit den genannten Steuererklärungen geltend gemachten Vorsteuer gegen Unionsrecht verstieß, weil sich aus dem Vortrag der Klägerin nicht ergibt, dass dies ursächlich geworden ist für den Verlust des hier geltend gemachten Unternehmenswertes (vgl. dazu im Einzelnen unten 1.1.2.2).
1.1.1.2
Dass der Beklagte im Jahr 1994 eine Umsatzsteuersonderprüfung bei der Klägerin durchführte, stellt keinen qualifizierten Verstoß gegen Unionsrecht dar und zwar auch dann nicht, wenn der Klägerin die Anordnung vom 23.02.1994 nicht zugestellt wurde, wie sie erstmals in zweiter Instanz nach Zurückverweisung der Sache behauptet. Dass eine Umsatzsteuersonderprüfung durchgeführt wurde, die vor dem 09.03.1994 begonnen hatte, war in erster Instanz nach dem eigenen Vortrag der Klägerin im Schriftsatz vom 19.03.2007, S. 15, unstreitig.
Keine Norm des Unionsrechts verbot oder verbietet eine Prüfung der Grundlagen der Besteuerung durch die Steuerbehörden des Mitgliedstaats. Die von der Klägerin am 08.02.1994 bei dem Finanzamt eingereichte Berichtigung der Umsatzsteuererklärung für das Jahr 1992, die an Stelle des mit der Umsatzsteuererklärung vom 16.07.1993 angemeldeten Vorsteueranspruchs in Höhe von 430,00 DM nachträglich einen solchen in Höhe von 81.910,99 DM auswies, und die gleichzeitig eingereichte Umsatzsteuervoranmeldung für Dezember 1993, die ein Vorsteuerguthaben in Höhe von 288.514,40 DM darlegte, boten auch ausreichenden Anlass für die Einleitung einer Sonderprüfung. Unerheblich ist, ob dem Finanzamt daneben auch Informationen der Treuhandanstalt über das strafrechtliche Ermittlungsverfahren gegen die Gesellschafter der Klägerin bzw. die bei der Treuhandanstalt eingereichten Rechnungen bzw. Rechnungsentwürfe der T… GmbH an die Klägerin aus dem Jahr 1993 vorlagen, denn beides hätte die Rechtmäßigkeit der Einleitung der Umsatzsteuersonderprüfung nicht beeinträchtigt.
Sofern der Klägerin die Einleitung der Sonderprüfung trotz des Absendevermerks auf der Anordnung vom 23.02.1994 nicht zugegangen sein sollte, wie sie behauptet, wäre die dann zunächst mangelnde Bekanntmachung jedenfalls unstreitig im Gespräch vom 09.03.1994 nachgeholt worden. Im Übrigen läge hierin kein qualifizierter Verstoß gegen Unionsrecht, weil dieses keine Regelungen zur Durchführung der Steuerprüfung enthielt bzw. enthält.
1.1.1.3
Der Beklagte hat nicht gegen Unionsrecht verstoßen, indem die Bediensteten des Finanzamtes … in dem Gespräch mit Vertretern der Klägerin am 09.03.1994 die Unternehmereigenschaft der Klägerin hinsichtlich der im Zusammenhang mit der Errichtung eines K…Glas-Werkes angemeldeten Umsätze in Frage stellten.
Hätten die Mitarbeiter des Beklagten in dem Gespräch die Unternehmereigenschaft bzw. die Vorsteuerabzugsfähigkeit der Klägerin hinsichtlich der Errichtung eines Glaswerkes kategorisch verneint, so könnte dies Art. 17 Abs. 1 und 2 Buchst. a i. V. m. Art. 4 Abs. 1 und 2 der Richtlinie verletzt haben. Bei Art. 17 Abs. 1 der Richtlinie handelt es sich um eine Norm, die dem Einzelnen konkrete Rechte verleiht im Sinne der Rechtsprechung des EuGH zum unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch, nämlich das Recht zum Vorsteuerabzug.
Es erscheint möglich, dass die unrichtige Mitteilung von Mitarbeitern eines Finanzamtes gegenüber dem Steuerpflichtigen, er sei nicht als Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuerrechts zu betrachten, dieses Recht verletzen kann. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs können unrichtige Feststellungen eines Betriebsprüfers, die im Rahmen einer Steuerprüfung dem Steuerpflichtigen mitgeteilt werden, eine Amtspflicht verletzen (vgl. BGH NJW 1987, 434). Dabei ist jedoch auch die Funktion der Prüfungsfeststellungen zu berücksichtigen. Sie stellen keine abschließende Würdigung dar wie der Prüfungsbericht, sondern sollen dem Steuerpflichtigen Gelegenheit geben, die Prüfung durch eigene Stellungnahmen während des Verfahrens zu beeinflussen. Der Prüfer darf daher zwar keine erkennbar falschen Feststellungen treffen, die den Steuerpflichtigen absehbar zu im Ergebnis nicht notwendigen Reaktionen veranlassen. Andererseits müssen Prüfungsfeststellungen weder auf bis ins letzte getriebenen Ermittlungen beruhen, noch gilt für sie der Grundsatz, dass im Zweifelsfall der Sachverhalt zu Gunsten des Steuerpflichtigen festzustellen ist (vgl. BGH a. a. O.). In diesem Rahmen erscheint es denkbar, dass die unrichtige Mitteilung an den Steuerpflichtigen, er sei nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt, auch das gemeinschaftsrechtliche Recht auf Vorsteuerabzug aus Art. 17 Abs. 1 und 2 Buchst. a i. V. m. Art. 4 Abs. 1 und 2 der Richtlinie verletzt.
Dies muss hier jedoch nicht abschließend entschieden werden, denn ein Verstoß gegen die Richtlinie wäre nach den vorstehenden Maßstäben nicht bereits anzunehmen, wenn die Finanzbeamten der Klägerin im Rahmen der Steuerprüfung Gelegenheit zur Stellungnahme zu ihren Zweifeln an der Unternehmereigenschaft gaben. Ein Verstoß gegen die Richtlinie käme allenfalls in Betracht, wenn die Mitarbeiter des Beklagten auf der Grundlage unzureichender Feststellungen die Unternehmereigenschaft bzw. die Vorsteuerabzugsfähigkeit der Klägerin hinsichtlich der Errichtung des Glaswerks in einer Form verneint hätten, die der Klägerin vom objektiven Empfängerhorizont als endgültig erscheinen musste, und ihr so das durch die Richtlinie gewährte Recht auf Vorsteuerabzug versagten.
Ihre dahingehende Behauptung im Schriftsatz vom 24.02.2012, Rn. 10, die Mitarbeiter des Finanzamtes … hätten in dem Gespräch am 09.03.1994 unmissverständlich verlautbart, dass die Klägerin bei der Fertigstellung und dem Betrieb der K… Glas Fabrik kein Unternehmen und nicht vorsteuerabzugsberechtigt sei, hat die Klägerin jedoch nicht beweisen können.
Entgegen der Ansicht der Klägerin war ein solcher Inhalt der Besprechung am 09.03.1994 in erster Instanz nicht unstreitig. In erster Instanz hatte die Klägerin insoweit nur vorgetragen, sie habe in der Besprechung am 09.03.1994 feststellen müssen, dass „der Beklagte offensichtlich fest entschlossen“ gewesen sei, ihr die Unternehmereigenschaft abzusprechen (vgl. Schriftsatz vom 04.10.2006, Bl. 510 f. d. A.). Damit war nach den oben genannten Maßstäben ein haftungsbegründendes Verhalten der Mitarbeiter des Finanzamtes nicht dargelegt, denn es wurde nur ihre vermutete innere Einstellung vorgetragen. Da es in erster Instanz nicht auf diesen Inhalt des Gesprächs ankam, war der nun konkretisierte Vortrag der Klägerin zum Inhalt des Gesprächs noch in zweiter Instanz zuzulassen, ist jedoch von dem Beklagten substanziiert bestritten.
Kein von der Klägerin zum Beweis der Behauptung benannter Zeuge hat sie bestätigt. Die Zeugen Dr. N…, S… und L…, die für die Klägerin an dem Gespräch teilnahmen, bekundeten in den Vernehmungen am 14.08.2012 bzw. 07.12.2012 übereinstimmend, dass es in dem Gespräch vor dem Hintergrund der beantragten Erstattung von Vorsteuer um die Plausibilität bzw. die Nachvollziehbarkeit von Rechnungen und die Wirksamkeit einer Abtretungserklärung gegangen sei. Der Zeuge Dr. N… berichtete zwar auch, dass in dem Gespräch der Begriff „Unternehmereigenschaft“ verwendet worden sei, von dem er zuvor so noch nie gehört gehabt habe. Er sagte jedoch nicht aus, dass die Mitarbeiter des Finanzamtes der Klägerin die Unternehmereigenschaft oder die Vorsteuerabzugsfähigkeit grundsätzlich abgesprochen hätten. Auch seine auf den Vorhalt seines Gesprächsvermerks erfolgte Aussage „die Vorsteuerabzugsberechtigung ist die eine Sache, aber nach meinem Verständnis hatte man uns die Unternehmereigenschaft aberkannt“, gibt zwar das Verständnis des Zeugen von dem Gesprächsinhalt wieder, nicht aber entsprechende Äußerungen der Mitarbeiter des Finanzamtes.
Dies korrespondiert mit der Aussage des Zeugen Dr. N… in der Vernehmung vor dem Senat am 17.11.2009, die Zeugin P… habe den Vertretern der Klägerin in dem Gespräch vorgehalten, Rechnungen seien nicht plausibel und Abtretungsanzeigen seien unwirksam. Dass der Zeuge auch in jener Vernehmung nur die Zweifel des Finanzamtes an Rechnungen und der Abtretungsanzeige erwähnte, ist ein Indiz dafür, dass diese Zweifel der wesentliche Inhalt der Äußerungen der Mitarbeiter des Finanzamtes waren. Hätten sie der Klägerin die Unternehmereigenschaft oder die Vorsteuerabzugsberechtigung grundsätzlich abgesprochen, so wäre dies aus Sicht des Zeugen weit bedeutender gewesen als die Zweifel am Inhalt einzelner Rechnungen und Abtretungserklärungen, so dass zu erwarten gewesen wäre, dass er dies als die entscheidende Aussage der Mitarbeiter des Finanzamtes berichtet hätte.
Der Zeuge Dr. N… ist als Mehrheitsgesellschafter der Klägerin, als treibende Kraft hinter dem Projekt der Errichtung eines K…Glas-Werkes und als Kreditgeber der Klägerin erkennbar in erheblichem Maß persönlich an einem für die Klägerin positiven Ausgang des Verfahrens interessiert. Dies hat er auch dadurch deutlich gemacht, dass er unter anderem mit Schreiben vom 05.12.2012 (Anlage zum Schriftsatz der Klägerin vom 11.12.2012, Bl. 3628 ff. d. A) dem Zeugen F… die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen ihn angekündigt hat für den Fall, dass der Zeuge F… in seiner Vernehmung durch den Senat im Termin am 18.12.2012 nicht den Sachverhalt bezeugte, den der Zeuge Dr. N… für richtig hält. Wenn Dr. N… trotz dieses erkennbaren Willens, die Sachaufklärung durch das Gericht in seinem Sinne zu beeinflussen, sich bei seiner Vernehmung selbst nicht an Äußerungen der Finanzbeamten in dem Gespräch am 09.03.1994 erinnern konnte, mit denen jene der Klägerin grundsätzlich die Unternehmereigenschaft oder die Vorsteuerabzugsfähigkeit abgesprochen hätten, so ist dies ein gewichtiges Indiz dafür, dass keine solchen Äußerungen gefallen sind.
Auch der Zeuge L… berichtete keine solchen Äußerungen, sondern führte ebenfalls aus, dass die Mitarbeiter des Finanzamtes bezweifelt hätten, dass die ihnen vorliegenden Rechnungen mit Leistungen untersetzt gewesen seien.
Der Zeuge S… beschrieb die Äußerungen der damaligen Vorsteherin des Finanzamtes, der Zeugin P…, dahingehend, dass sie das Konzept und das Produkt der Klägerin auf der Grundlage der dem Finanzamt vorliegenden Rechnungen angezweifelt habe. Eine Äußerung der Mitarbeiter des Finanzamtes, dass der Klägerin die Unternehmereigenschaft abgesprochen werde, hat auch er nicht berichtet. Zwar sagte der Zeuge S… aus, dass der Zeuge Dr. N… auf der Rückfahrt von dem Gespräch gesagt habe, dass „die T… [GmbH] erst einmal die Sache stoppen müsse“, weil „quasi die Unternehmereigenschaft aberkannt sei“. Diese Aussage ist ein Anhaltspunkt dafür, dass der Zeuge Dr. N… die Äußerungen der Finanzbeamten dahingehend verstanden hat, dass der Klägerin die Unternehmereigenschaft abgesprochen wurde. Dies belegt jedoch nicht, dass sich die Finanzbeamten auch in einer Weise geäußert haben, die vom objektiven Empfängerhorizont in dieser Weise zu verstehen war.
Die Vernehmung des Zeugen S… durch den beauftragten Richter war entgegen der Ansicht der Klägerin zulässig. Insbesondere waren zum Zeitpunkt der Beauftragung des Vorsitzenden mit der Vernehmung keine einander im Kern widersprechenden Aussagen zu erwarten und haben sich auch nachträglich keine solchen Widersprüche ergeben, die eine Vernehmung des Zeugen durch den gesamten Senat erforderlich gemacht hätten. Tatsächlich hat er den Inhalt des Gesprächs wie dargestellt im Wesentlichen übereinstimmend mit den Zeugen Dr. N… und L… sowie mit den übrigen als Zeugen vernommenen Teilnehmern des Gesprächs geschildert.
Die von Teilnehmern des Gesprächs gefertigten Aufzeichnungen über den Inhalt des Gesprächs am 09.03.1994 belegen ebenfalls nicht, dass der Klägerin in dem Gespräch die Unternehmereigenschaft bzw. die Vorsteuerabzugsfähigkeit grundsätzlich aberkannt wurde.
In seinem Gesprächsvermerk vom 10.03.1994 über das Gespräch am 09.03.1994 (Anlage K 104) hat der Zeuge Dr. N… festgehalten, dass die Zeugin P… das Konzept der Klägerin bezweifelt, die vorliegenden Rechnungen für nicht nachvollziehbar und eine Abtretungserklärung für unwirksam gehalten habe. Dass grundsätzliche Zweifel an der Vorsteuerabzugsberechtigung oder Unternehmereigenschaft der Klägerin geäußert worden seien, hat er nicht notiert. Die Zeugin Bl…, die an den Gespräch für das Finanzamt teilnahm, hat in dem von der Klägerin vorgelegten Gesprächsprotokoll vom 09.03.1994 (Anlage K 103) ebenfalls keine Zweifel des Finanzamtes an der Unternehmereigenschaft notiert, sondern festgehalten, dass die Zeugin P… Zweifel an der Nachvollziehbarkeit der Rechnungen geäußert und Darlegungen zu den Leistungen sowie erkennbare Tätigkeiten gefordert habe. Da diese Vermerke während des Gesprächs bzw. am Tag danach gefertigt wurden und in dem hier relevanten Kern übereinstimmen, sind sie ein gewichtiges Indiz dafür, dass die Unternehmereigenschaft und die grundsätzliche Berechtigung der Klägerin zum Vorsteuerabzug kein erwähnenswerter Gegenstand der Besprechung war und dass sie sich vor allem darum drehte, dass die den bisherigen Steuererklärungen zu Grunde liegenden Leistungen für das Finanzamt nicht nachvollziehbar waren.
Schließlich lässt sich auch aus den Aussagen der weiteren von der Klägerin benannten Zeugen J… Bo…, G… De…, Dr. J… K… und H… N… nicht die Überzeugung gewinnen, dass die Finanzbeamten der Klägerin in dem Gespräch am 09.03.1994 grundsätzlich die Vorsteuerabzugsfähigkeit abgesprochen haben. Sämtliche dieser Zeugen waren nicht bei dem Gespräch anwesend und konnten nur berichten, dass ihnen Dr. N… in zeitlicher Nähe zu dem Gespräch erzählt habe, dass das Finanzamt der Klägerin die Unternehmereigenschaft aberkannt habe. Dass der Zeuge Dr. N… dies den genannten Zeugen so berichtete, obwohl er weder in seinen Vernehmungen durch den Senat noch in seinem Gesprächsvermerk vom 10.03.1994 eine entsprechende Erklärung der Finanzbeamten schilderte, legt nahe, dass es sich um eine Schlussfolgerung des Zeugen handelte, die er aus seinem Gesamteindruck von dem Gespräch und dem für ihn bis dahin in diesem Zusammenhang unbekannten Begriff „Unternehmereigenschaft“ zog. Nach eigener Aussage fühlte er sich durch die für ihn nicht nachvollziehbaren Zweifel an dem Konzept und dem Produkt der Klägerin sowie durch die aus seiner Perspektive unverständlichen Zweifel an der Wirksamkeit einer Abtretungserklärung an Situationen erinnert, die er während seiner Tätigkeit in Fernost erlebt hatte, „wenn klar wurde, dass man kaputt gemacht werden sollte“. Darauf, dass er aufgrund der Äußerungen der Finanzbeamten das gesamte Projekt in grundsätzlicher Weise in Frage gestellt sah, deutet auch hin, dass er sich im Verlauf des Gesprächs nach Aussage der übrigen Teilnehmer – der Zeugen L…, S…, Bl…, Ne…, P… und U… – sehr erregte und laut wurde. Nach Angabe der Zeugen Ne…, P… und U… stand er zwischenzeitlich auf und stieß zur Untermauerung seiner Worte mehrmals einen Stuhl auf den Boden. Schließlich verließ er nach eigenen Worten „unter Protest“ das Finanzamt.
Dass der Zeuge so heftig reagierte, lässt sich vor dem Hintergrund, dass sich die Zweifel der Finanzbeamten nach seiner eigenen Aussage nur auf die Nachvollziehbarkeit von Rechnungen und der ihnen zu Grunde liegenden Leistungen sowie auf die Wirksamkeit einer Abtretungserklärung bezogen, so erklären, dass er aufgrund seiner früheren Erfahrungen in Fernost das Gefühl hatte, die Klägerin solle aus ihm nicht nachvollziehbaren Gründen „kaputt gemacht werden“. Von seinem so geprägten persönlichen Empfängerhorizont mag er geschlussfolgert haben, dass die Finanzbeamten der Klägerin die Unternehmereigenschaft absprechen wollten, auch wenn deren Erklärungen von dem maßgeblichen objektiven Empfängerhorizont so nicht zu verstehen waren.
Vor diesem Hintergrund lässt sich aus der Tatsache, dass der Steuerberater der Klägerin, der Zeuge Dr. K…, im Schreiben an das Finanzamt … vom 25.04.1994 (Anlage B 52) erläuterte, dass die Unternehmereigenschaft der Klägerin gegeben sei, nicht darauf schließen, dass die Finanzbeamten der Klägerin am 09.03.1994 die Unternehmereigenschaft abgesprochen hatten. Sein Schreiben beruhte – wie der Zeuge in seinen Vernehmungen selbst ausgeführt hat - auf der Information durch Herrn Dr. N… und damit auf dessen Verständnis vom Inhalt des Gesprächs am 09.03.1994. Entsprechendes gilt für das Schreiben des Zeugen Dr. N… an die Oberfinanzdirektion … vom 15.07.1994 (Anlage K 61).
Dass das Finanzamt schließlich im Ergebnis der Umsatzsteuersonderprüfung in der Schlussbesprechung am 10.11.1994 die Unternehmereigenschaft „im Moment“ (vgl. Seite 5 des Protokolls der Schlussbesprechung bzw. Seite 4 der Abschrift, beides Anlage K neu 8) verneinte und schließlich im Bericht über die Umsatzsteuersonderprüfung vom 01.12.1994 unter Tz. 10 (vgl. Anlage K 49) „nach Prüfung der vorgelegten Unterlagen und der sich darstellenden Gegebenheiten“ feststellte, dass die Klägerin nicht Unternehmer im Sinne des § 2 UStG sei, lässt ebenfalls nicht den Schluss zu, dass die Unternehmereigenschaft bereits in der Besprechung am 09.03.1994 verneint wurde.
Soweit sich der Prozessbevollmächtigte der Klägerin im Schriftsatz vom 09.08.2012, Rn. 23, selbst als Zeugen für das Gespräch vom 09.03.1994 und dessen Ursächlichkeit für die behauptete Einstellung der Investitionen benannt hat, war diesem Beweisantritt nicht nachzugehen. Der Beweisantritt ist unzulässig, weil er auf eine Ausforschung gerichtet ist. Nach eigener Darstellung kennt der Prozessbevollmächtigte den Sachverhalt nur aus unabhängigen Erörterungen mit „zahlreichen Beteiligten“ sowie dem Studium von Akten. Welche konkreten Tatsachen er aus eigener Wahrnehmung bezeugen kann, hat er nicht vorgetragen.
Da die Klägerin ihre Behauptung zum Inhalt des Gesprächs vom 09.03.1994 durch die von ihr benannten Beweismittel bereits nicht beweisen konnte, kommt es auf die Aussagen der gegenbeweislich vernommenen Zeugen nicht an. Allerdings erklärten auch die Zeuginnen P…, Ne… und Bl… sowie der Zeuge U… als Teilnehmer des Gesprächs, dass es bei dem Gespräch um die Nachvollziehbarkeit von Rechnungen gegangen sei. Die Frage der Unternehmereigenschaft ist nach der Erinnerung der Zeugen U… und P… dabei nur am Rande thematisiert worden.
Unerheblich ist, welche Rechnungen den Finanzbeamten vor oder während des Gesprächs am 09.03.1994 vorlagen, denn aus dem Inhalt der Rechnungen kann sich nicht ergeben, dass die Finanzbeamten der Klägerin die Vorsteuerabzugsfähigkeit grundsätzlich abgesprochen haben.
Die Rüge der Klägerin, der Senat habe ihr rechtliches Gehör dadurch verletzt, dass er ihr auch auf ausdrückliche Nachfrage den Sinn der Beweisaufnahme nicht erläutert habe, ist unbegründet. Der Senat hat bereits in der mündlichen Verhandlung am 24.01.2012 erläutert, dass Voraussetzung des geltend gemachten Anspruchs sei, dass eine Verletzungshandlung festgestellt werde, und hat die nach dem Vortrag der Klägerin in Betracht kommenden Handlungen in den der Beweisaufnahme vorangegangenen mündlichen Verhandlungen mit den Prozessbeteiligten erörtert, darunter auch das Gespräch vom 09.03.1994. Daraufhin hat die Klägerin selbst mit Schriftsatz vom 24.02.2012 die oben genannte Behauptung unter Beweis gestellt. Auf die Bekundung des Klägervertreters im Termin am 26.02.2013, dass er noch immer nicht verstehe, weshalb die Beweisaufnahme durchgeführt worden sei, hat ihm der Senat erläutert, dass die Klägerin mit ihrem Vortrag zu dem Inhalt des Gesprächs vom 09.03.1994 eine haftungsbegründende – sozusagen „deliktische“ - Handlung behauptet habe, die durch die Beweisaufnahme aufzuklären gewesen sei. Der anwesende Liquidator der Klägerin hat diese Erläuterung auch verstanden.
1.1.1.4
Als weitere haftungsbegründende Handlungen des Beklagten kommen die Verneinung der umsatzsteuerrechtlichen Unternehmereigenschaft der Klägerin durch die Finanzbeamten in der Schlussbesprechung zur Umsatzsteuersonderprüfung am 10.11.1994, im Abschlussbericht zur Umsatzsteuersonderprüfung vom 01.12.1994, in den darauf beruhenden Umsatzsteuerbescheiden für die Jahre 1992, 1993 und 1994 vom 03. und 17.02.1995, 28.02., 26.04., 06.06. und 09.07.1996 sowie im Einspruchsbescheid vom 03.12.1996 in Betracht. Es kann hier jedoch dahinstehen, ob eine dieser Handlungen qualifiziert gegen das Recht der Europäischen Union verstieß, denn aus den im Folgenden unter 1.1.2 darzulegenden Gründen lässt sich ihre unmittelbare Kausalität für den geltend gemachten Schaden nicht feststellen.
1.1.2
Unabhängig davon, ob die unter 1.1.1 erörterten Handlungen des Beklagten in qualifizierter Weise gegen Unionsrecht verstießen, waren sie jedenfalls nicht unmittelbar kausal für den Verlust des hier geltend gemachten Unternehmenswertes.
In Bezug auf das Erfordernis eines unmittelbaren Kausalzusammenhangs hat das nationale Gericht nach ständiger Rechtsprechung des EuGH grundsätzlich zu prüfen, ob sich der behauptete Schaden mit hinreichender Unmittelbarkeit aus dem Verstoß des Mitgliedstaats gegen das Unionsrecht ergibt (EuGH Urteil vom 20. Oktober 2011, Rs. C-94/10 Danfoss und Sauer-Danfoss Rn. 34). Aufgrund der Parallelität des Haftungstatbestandes zu der in Art. 340 AEUV (früher Art. 288 EGV bzw. Art. 215 EWGV) geregelten Haftung der Union für Handlungen der Gemeinschaftsorgane lässt sich die Rechtsprechung des EuGH zu jener Vorschrift zur Konkretisierung des gemeinschaftsrechtlichen Haftungstatbestandes heranziehen (vgl. EuGH Urteil vom 05.03.1996, verb. Rs. C-46/93 und C-48/93, Brasserie du Pêcheur und Factortame, Rn. 42 ; umgekehrt Ruffert in Callies/Ruffert, EUV/EGV, 3. Auflage 2007, Rn. 23 zu Art. 288 EGV). Danach muss die Klägerin den Nachweis führen, dass gerade das rechtswidrige Handeln den Schaden verursacht hat (vgl. EuG Urteil vom 18.09.1995, Rs. T-168/94 Blackspur Rn. 50; Gellermann in Streinz, EUV/EGV, 2003, Art. 288 EGV Rn. 49 und 27). Nicht jede noch so entfernte Folge des rechtswidrigen Verhaltens verpflichtet zum Schadensersatz (vgl. EuGH Urteil vom 04.10.1979 Rs. C-64/76 u. a. Duortier frères u. a. Rn. 21; Gellermann a.a.O.). Insofern gleicht der vom EuGH verwendete Begriff der unmittelbaren Kausalität weitgehend der sogenannten Adäquanztheorie, wonach das haftungsbegründende Ereignis bei einem gewöhnlichen Verlauf nach der Prognose eines erfahrenen Beobachters geeignet sein muss, den Schaden herbeizuführen (vgl. Ossenbühl/Cornils, Staatshaftungsrecht, 6. Auflage 2012, 15. Teil III 2.d) i. V. m. 17. Teil III 2. d); Gellermann a.a.O. Rn. 27; Oppermann/Classen/Nettesheim, Europarecht, 4. Auflage 2009, § 15 Rn.9). Der Schaden darf sich jedoch auch nicht auf die eigene Unternehmensführung des Anspruchstellers zurückführen lassen können (vgl. Ruffert a. a. O. und EuGH Urteil vom 17.12.1981 in den verb. Rs. C-197 bis 200/80, 243/80, 245/80 und 247/80 Ludwigshafener Walzmühle Rn. 52). Da die Klägerin darlegungs- und beweisbelastet ist für die unmittelbare Ursächlichkeit des rechtswidrigen Verhaltens für den Schaden, gehen Zweifel zu ihren Lasten.
Der Senat kann auf der Grundlage des unstreitigen und eigenen Vortrags der Klägerin nicht feststellen, dass die Klägerin ab dem 30.06.1994 das Vorhaben zur Errichtung eines Glaswerkes in G… weitergeführt hat.
1.1.2.1
Eine tatsächliche Vermutung dahingehend, dass die Nichtanerkennung der Unternehmereigenschaft ursächlich war für die Insolvenz der Klägerin, besteht entgegen der Ansicht der Klägerin im vorliegenden Fall nicht. Auch der Senat betrachtet es als offenkundig und damit gemäß § 291 ZPO nicht beweisbedürftig, dass ein Unternehmen, dem der Vorsteuerabzug für Umsätze aus seiner Geschäftstätigkeit verweigert wird, zusätzliche Kosten in Höhe der Umsatzsteuer zu tragen hat, was seine Liquidität und die Wirtschaftlichkeit seiner Tätigkeit beeinträchtigt. Die von der Klägerin angebotenen Zeugen und Sachverständigen für diesen grundsätzlichen Zusammenhang waren schon deshalb nicht zu vernehmen.
Es kann dahinstehen, ob dieser Zusammenhang auch einen Beweis des ersten Anscheins dafür begründet, dass eine schließlich eingetretene Insolvenz durch die Versagung des Vorsteuerabzugs (mit-) verursacht ist. Jedenfalls wäre ein solcher Anscheinsbeweis im vorliegenden Fall durch den eigenen Vortrag der Klägerin und die unstreitigen Umstände erschüttert, denn danach hatte die Klägerin ihr Vorhaben spätestens am 30.06.1994 aufgegeben.
Aus dem eigenen Vortrag der Klägerin und dem unstreitigen Sachverhalt ergibt sich nämlich, dass die Gesellschafter der D… Glas GmbH – die im Wesentlichen identisch waren mit den Gesellschaftern der Klägerin - im Januar 1994 und damit schon vor Bekanntwerden der Zweifel des Finanzamtes an der Vorsteuerabzugsberechtigung der Klägerin beschlossen hatten, dass nicht die Klägerin, sondern die D… Glas GmbH, die spätere K… Glas GmbH (im Folgenden nur noch: K… Glas GmbH), das Glaswerk errichten sollte, während sich die Klägerin darauf beschränken sollte, das Grundstück des Glaswerks zu sanieren. Dies ist festgehalten in dem von der Klägerin selbst als Anlage K neu 19 vorgelegten Vermerk vom 26.01.1994 über das Gespräch des Zeugen Dr. N… mit Vertretern der I… am 25.01.1994. Als Grund für diese Entscheidung ist in dem Vermerk angegeben, dass die Banken aufgrund der Schwierigkeiten mit der Treuhandanstalt nicht mehr bereit seien, das Vorhaben der Klägerin zu finanzieren.
In Übereinstimmung mit diesem Vermerk stellte die K… Glas GmbH unter dem 10.02.1994 bei der I… den Antrag auf Bewilligung von Fördermitteln für die Errichtung einer Betriebsstätte zur Herstellung von K…Glas. In Anlage 6 zu dem Antrag (Anlage K 261, Bl. 3294ff. d. A.) ist ausgeführt, dass die K… Glas GmbH als Investorin (Bl. 3294 d. A.) mit Unterstützung der anderen Firmen der D…-Gruppe die Investitionen durchführen werde (Bl. 3296 d. A.).
Schließlich übertrug die Klägerin mit dem zwischen der T… GmbH, der Klägerin und der K… Glas GmbH geschlossenen Generalunternehmervertrag vom 30.06.1994 (Anlage B II 9) sämtliche Ansprüche gegen die T… GmbH sowie ihre Verbindlichkeiten gegenüber der T… GmbH im Zusammenhang mit der Errichtung des Glaswerkes und der Entwicklung von K…Glas auf die K… Glas GmbH, mit Ausnahme derjenigen, die die Sanierung des Grundstücks betrafen. Diese dreiseitige Vereinbarung hatte rechtlich zur Folge, dass die K… Glas GmbH hinsichtlich der Errichtung des K…Glas-Werkes an die Stelle der Klägerin trat. In der Vorbemerkung zu dem Vertrag ist unter A.4) ausdrücklich festgehalten, dass „die Gesellschafter der [Klägerin] beschlossen [haben], dass [die Klägerin] kein K…Glas-Werk bauen und dass [die Klägerin] ausschließlich die Durchführung des Sanierungsvertrages betreiben soll“. In Abschnitt B) des Vertrages ist vereinbart, dass die Klägerin sämtliche Rechte gegenüber der T… GmbH aus dem Generalunternehmervertrag vom 08.07.1993 sowie aus der Lizenz- und Liefervereinbarung vom 24.01.1994 an die K… Glas GmbH abtrat.
Dies erschüttert einen möglichen Anscheinsbeweis hinsichtlich der Ursächlichkeit der Versagung des Vorsteuerabzugs, denn bis zum 30.06.1994 hatte der Beklagte der Klägerin den Vorsteuerabzug nicht versagt, sondern prüfte nur die Berechtigung zum Vorsteuerabzug. Mit dem Vertrag vom 30.06.1994 hat die Klägerin die ihr aufgrund des Generalunternehmvertrages vom 08.07.1993 und der Lizenz- und Liefervereinbarung vom 24.01.1994 zur Verfügung stehenden Mittel zur Errichtung einer K…Glas-Fabrik auf die K… Glas GmbH übertragen und beschränkte sich auf die Sanierung des Grundstücks. Hinsichtlich dieser Sanierungstätigkeit aber wurde ihre Vorsteuerabzugsfähigkeit durch den Beklagten nicht bezweifelt. Soweit der Beklagte der Klägerin nach dem 30.06.1994 die Vorsteuerabzugsfähigkeit hinsichtlich ihrer Tätigkeit zur Errichtung des K…Glas-Werkes zu Unrecht versagt haben sollte, hätte dies den Vorsteuerabzug für ihre nach dem 30.06.1994 verbliebene Tätigkeit nicht behindert.
Auch soweit die Klägerin – wie sie vorträgt – nach dem Generalunternehmervertrag vom 30.06.1994 das Glaswerk im Auftrag der K… Glas GmbH und gemeinsam mit der T… GmbH hätte errichten sollen, lässt sich nicht feststellen, dass die Versagung der Vorsteuerabzugsfähigkeit für die Errichtung des Glaswerkes ihre nach dem 30.06.1994 verbliebene Tätigkeit betroffen hätte. Die Klägerin hat hierzu schon nicht vorgetragen, welche Tätigkeiten sie im Zusammenhang mit der Errichtung des Glaswerks im Auftrag der K… Glas GmbH hätte übernehmen sollen. Aus dem Text des Generalunternehmervertrages ergibt sich dies ebenfalls nicht. Dass die K… Glas GmbH unter Nr. 1 des Vertrages den Auftrag für die Planung, Lieferung, Montage und Inbetriebnahme einer K…Glas-Fabrik an „T…/[Klägerin]“ erteilte und der Auftragnehmer in den weiteren Vertragsklauseln stets in dieser Form bezeichnet ist, lässt für sich zunächst nicht erkennen, welche Leistungen die Klägerin erbringen sollte. Nach der klaren Formulierung unter A4. sollte die Klägerin allerdings gerade kein Glaswerk errichten, sondern „ausschließlich die Durchführung des Sanierungsvertrages betreiben“. Unter Berücksichtigung dieser Vorbemerkung lässt sich der Auftrag dahingehend verstehen, dass die K… Glas GmbH die Klägerin damit beauftragte, im Zusammenhang mit der Errichtung der K…Glas-Fabrik die Grundstückssanierung durchzuführen.
Die Nichtanerkennung der Unternehmereigenschaft der Klägerin hinsichtlich der Umsätze zur Errichtung eines Glaswerks betraf die Klägerin auch nicht als Treugeberin der K… Glas GmbH. Die K… Glas GmbH war nicht Treuhänderin der Klägerin hinsichtlich der Errichtung des Glaswerks. Der Vortrag der Klägerin, dass die K… Glas GmbH das Fördermittelverfahren bis zum Abschluss des gegen die Klägerin anhängigen strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens im Rahmen eines Treuhandverhältnisses für die Klägerin habe betreiben sollen, findet entgegen der Darstellung der Klägerin im Schriftsatz vom 04.02.2013, Rn. 23, im Inhalt des Generalunternehmervertrages vom 30.06.1994 (Anlagen K 262 und B II 9) keine Bestätigung.
Treuhandverhältnisse sind dadurch gekennzeichnet, dass die dem Treuhänder nach außen eingeräumte Rechtsmacht im Innenverhältnis zum Treugeber durch eine schuldrechtliche Treuhandabrede beschränkt ist. In Fällen so genannter fiduziarischer Treuhand verliert der Treugeber mit der Vollrechtsübertragung zwar seine Verfügungsmacht, der Treuhänder bleibt aber schuldrechtlich gebunden, das Eigentumsrecht nur nach Maßgabe der Treuhandvereinbarung auszuüben, und ist nach Erledigung des Treuhandzwecks zur Rückübereignung des Treuguts verpflichtet (vgl. BGH NJW 2004, 1382, 1383).
Der Generalunternehmervertrag enthält keine derartige Beschränkung der Rechtsmacht der K… Glas GmbH zu Gunsten der Klägerin.
Eine ausdrückliche Vereinbarung dahingehend, dass die K… Glas GmbH diese Rechte nur als Treuhänderin der Klägerin übernehme, findet sich in dem Vertrag nicht. Auch enthält der Vertrag keine Vereinbarungen, die deutlich werden ließen, dass die K… Glas GmbH im Interesse der Klägerin tätig werden sollte. So war weder vereinbart, dass die K… Glas GmbH die K…Glas-Fabrik auf Rechnung der Klägerin errichten sollte, noch, dass sie der Klägerin die Ergebnisse ihrer Tätigkeit zu übereignen habe. Auch ist weder ein Entgelt noch eine Risikofreistellung für die treuhänderische Tätigkeit der K… Glas GmbH vereinbart. Vielmehr sollte die K… Glas GmbH laut Abschnitt B) und Nr. 3 des Generalunternehmervertrages für die aufgrund der abgetretenen Ansprüche von der T… GmbH zu erbringenden Leistungen einen Preisaufschlag von 5,75 % zahlen.
Auch aus sonstigen Umständen ergibt sich nicht, dass die K… Glas GmbH das Glaswerk als Treuhänderin der Klägerin errichten sollte. Weder im Gesprächsvermerk vom 26.01.1994 (Anlage K neu 19) noch in dem Fördermittelantrag der K… Glas GmbH vom 10.02.1994 (Anlagen K 31 und K 261) ist ein solches Treuhandverhältnis erwähnt. In dem auf den Fördermittelantrag zurückgehenden Beschluss des Landesförderausschusses vom 22.08.1994 (Anlage K 30) ist allein die K… Glas GmbH als Antragstellerin und Investorin genannt und beschrieben, dass die Klägerin das Grundstück sanieren solle. Dass die Bewilligung der Fördermittel in dem Beschluss von der Einstellung des Ermittlungsverfahrens gegen die Gesellschafter der Klägerin abhängig gemacht wurde, beruht erkennbar nicht auf einem zu Grunde liegenden Treuhandverhältnis, sondern auf der personellen Identität mit den Gesellschaftern der K… Glas GmbH.
Unerheblich ist der Vortrag der Klägerin, der Generalunternehmervertrag vom 30.06.1994 habe nur einen Teil der für G… geplanten K…Glas-Anlage betroffen, der vom Förderantrag der K… Glas GmbH umfasst gewesen sei, während der von dem Förderantrag der Klägerin vom 27.12.1993 umfasste Teil der Anlage nicht Gegenstand des Generalunternehmervertrages gewesen sei. Denn aus diesem erstmals im Schriftsatz vom 25.02.2013 erhobenen Vortrag lässt sich unter Berücksichtigung der vorgelegten Verträge nicht schließen, dass die Klägerin nach dem 30.06.1994 die Errichtung auch nur dieses Teils des Glaswerkes noch weiterverfolgte. Die Klägerin trägt vor, sie habe zwei Anlagen mit einer Gesamtkapazität von jährlich 200.000 Tonnen K…Glas errichten wollen. Mit dem Lizenz- und Liefervertrag vom 24.01.1994 (Anlage K 38) veräußerte sie jedoch nach eigenem Vortrag „die sachlich, räumlich und zeitlich unbeschränkte ausschließliche, weiter übertragbare Lizenz an dem Verfahren, dem dazugehörigen Know How, sowie an allen Rechten aus Handelsnamen“ etc. zur Herstellung von „K…Glas, einem Kunstbims“ an die T… GmbH. Nach § 1 des Vertrages behielt sie allein das Recht, das Verfahren, Know How und die Rechte „Im Zuge der Realisierung des Projektes K…Glas-Werk G…“ dafür zu nutzen, jährlich maximal 66.000 Tonnen Kunstbims am Standort G… zu produzieren und zu vertreiben, wobei die für die T… GmbH zur Lieferung an BI… zu produzierenden Mengen darin schon enthalten sein sollten. Der vereinbarte Preis von 1,5 Mio DM ist nach dem Vortrag der Klägerin auch gezahlt worden. In dem Generalunternehmervertrag vom 30.06.1994 (Anlage B II 9) trat die Klägerin unter Abschnitt B) die ihr aus dem Vertrag mit der T… GmbH über die Rechte an der Entwicklung des Produktes K…Glas zustehenden Rechte ohne Einschränkung an die K… Glas GmbH ab. Die T… GmbH stimmte der Abtretung zu. Selbst wenn die Klägerin geplant hätte, zwei Anlagen mit einer Gesamtkapazität von 200.000 Tonnen zu errichten, so hatte sie sich bereits durch den Lizenz- und Liefervertrag vom 24.01.1994 rechtlich die Möglichkeit genommen, ein Glaswerk für die Produktion von mehr als 66.000 Tonnen K…Glas jährlich zu errichten und mehr als diese Menge zu produzieren und hatte schließlich selbst dieses Recht mit dem Generalunternehmervertrag vollständig an die K… Glas GmbH abgetreten. Die von der Klägerin schon nicht vorgetragene Möglichkeit, dass die T… GmbH der Klägerin zu einem späteren Zeitpunkt eine Unterlizenz erteilt hätte, die ihr die Produktion in dem angegebenen Umfang erlaubt hätte, hat hier außer Betracht zu bleiben, weil sie rein theoretisch ist.
Der Generalunternehmervertrag vom 30.06.1994 ist auch wirksam geschlossen und nicht aufgehoben worden.
Soweit der Zeuge Dr. N… in der Vernehmung am 14.08.2012 erklärte, er habe den Vertrag nicht mit den anderen Gesellschaftern besprochen, begründet dies keine Zweifel an der Wirksamkeit des Vertrages. Dr. N… war alleinvertretungsberechtigter geschäftsführender Gesellschafter der Klägerin. Der Zeuge S… bekundete darüber hinaus, dass der Zeuge Dr. N… bei Gesellschafterbeschlüssen jeweils in Vollmacht der anderen Gesellschafter gehandelt habe, bei denen es sich im Übrigen um Mitglieder seiner Familie handelte. Der einzige Gesellschafter der Klägerin, der nicht auch Gesellschafter der K… Glas GmbH war, war der Zeuge S…, der den Vertrag mit unterzeichnet hat, wenn auch „i.V.“ für die T… GmbH. Wäre er nicht einverstanden gewesen mit dem Vertrag, wäre zu erwarten gewesen, dass er an dem Vertragsschluss nicht mitwirkte. Darüber hinaus hat der Zeuge S… die Änderungsvereinbarung vom 30.01.1995 zum Generalunternehmervertrag für die Klägerin und die K… Glas GmbH unterzeichnet, während Dr. N… für die T… GmbH unterzeichnete. Damit dokumentierten die Zeugen jeweils als Geschäftsführer der von ihnen vertretenen Gesellschaften, dass sie den Generalunternehmervertrag für gültig hielten.
Unerheblich ist der Vortrag der Klägerin, der Generalunternehmervertrag sei nur „pro forma“ und „auf dem Papier“ geschlossen worden, tatsächlich habe selbstverständlich die Klägerin die Investitionen vornehmen sollen. Vor dem Hintergrund ihres weiteren Vortrags ist diese Darstellung nämlich nicht dahingehend zu verstehen, dass der Generalunternehmervertrag ein Scheingeschäft im Sinne des § 117 BGB und damit rechtlich wirkungslos sein sollte. Voraussetzung für den Erfolg des Fördermittelantrages war, dass die K… Glas GmbH als Antragstellerin auch in der Lage war, die zu fördernde Investition – die Errichtung eines K…Glas-Werkes - durchzuführen. Voraussetzung dafür war wiederum, dass die K… Glas GmbH über die bis dahin bei der Klägerin und der T… GmbH liegenden Rechte am K…Glas-Verfahren und das Know How über das K…Glas-Verfahren verfügen konnte. Dies war die rechtliche Wirkung des Generalunternehmervertrages vom 30.06.1994. Für das nach dem Vortrag der Klägerin von den vertragschließenden Personen verfolgte wirtschaftliche Ziel – die Bewilligung der Fördermittel - kam es auf die Rechtswirksamkeit des Generalunternehmervertrages an.
Dass die zuständige Sachbearbeiterin der I… nach der Aussage des Zeugen Dr. N… einen bestimmten Inhalt des Vertrages verlangt hatte und der Vertrag vom 30.06.1994 ebenso wie die Änderungsvereinbarung vom 30.01.1995 der I… im Rahmen des Fördermittelverfahrens vorgelegt wurden (vgl. für den Vertrag vom 30.06.1994 den Vermerk der I… vom 13.01.1995, Anlage K 98), ist ein weiteres Indiz dafür, dass der Vertrag jedenfalls nach dem Willen der Antragstellerin, der K… Glas GmbH, unbeschränkt Wirkung entfalten sollte.
Unerheblich ist der Vortrag der Klägerin, niemand – weder der Beklagte, noch die I… noch die beteiligten Gesellschaften der D…-Gruppe - habe gewollt, dass die K… Glas GmbH dauerhaft zusammen mit der Klägerin oder allein die Rolle der Projektgesellschaft übernehme, denn ein solcher Wille berührte die Wirksamkeit des Generalunternehmervertrages vom 30.06.1994 nicht. Jedenfalls für die Dauer des Fördermittelverfahrens kam es den Beteiligten darauf an, dass die K… Glas GmbH die Voraussetzungen für die Förderung erfüllte. Hierzu musste sie in der Lage sein, das zu Grunde liegende Investitionsvorhaben durchzuführen, wozu sie erst der Vertrag vom 30.06.1994 befähigte.
Dass der Vertrag vom 30.06.1994 in dem Beschluss des Landesförderausschusses vom 22.08.1994 nicht erwähnt ist, ist kein Indiz dafür, dass der wirksame Abschluss des Vertrages keine Voraussetzung für die Förderung war. Aus dem Beschluss ist nämlich auch nicht ersichtlich, dass der Landesförderausschuss darüber informiert war, dass das Investitionsvorhaben bereits Gegenstand des Generalunternehmervertrages vom 08.07.1993 und der Liefer- und Lizenzvereinbarung vom 24.01.1994 zwischen der Klägerin und der T… GmbH war. In dem Förderantrag vom 10.02.1994 sind diese Vertragsverhältnisse nicht erwähnt. Ohne Kenntnis von diesen Vertragsverhältnissen bestand für den Landesförderausschuss jedoch kein Anlass, die Förderung davon abhängig zu machen, dass der K… Glas GmbH die erforderlichen Rechte übertragen wurden. Dass die K… Glas GmbH – auch rechtlich - in der Lage wäre, das Investitionsvorhaben durchzuführen, war jedoch auch ohne ausdrückliche Forderung eines Nachweises Voraussetzung für die Förderung.
Soweit die Klägerin behauptet, der Generalunternehmervertrag vom 30.06.1994 sei nicht durchgeführt worden, ist dies unbeachtlich, denn die in dem Vertrag vereinbarte Abtretung der Ansprüche der Klägerin aus dem Generalunternehmervertrag mit der T… GmbH an die K… Glas GmbH bedurfte keiner weiteren Durchführung. Mit der durch die Unterzeichnung dokumentierten Einigung über die Abtretung bzw. die Schuldübernahme trat die K… Glas GmbH an die Stelle der Klägerin, vgl. § 398 S. 2 und §§ 414, 415 Abs. 1 BGB. Dass die T… GmbH anschließend möglicherweise keine Leistungen für die K… Glas GmbH erbrachte und jene keine Zahlungen an die T… GmbH leistete, änderte nichts an der rechtlichen Wirksamkeit der Abtretung und der Schuldübernahme.
Die Äußerung des Zeugen Dr. N… im Rahmen seiner Vernehmung am 14.08.2012, der Zeuge S… und er hätten den von ihnen unterzeichneten Generalunternehmervertrag vom 30.06.1994 als „Larifari“ angesehen, ist vor diesem Hintergrund auch nicht so zu verstehen, dass sie dem Vertrag keine rechtliche Wirkung beimessen wollten. Da sich die Übertragung der Rechte und Pflichten auf die K… Glas GmbH aus Sicht von Herrn Dr. N… aufgrund der weitgehenden Identität der Gesellschafter wirtschaftlich als Verschiebung „von der linken in die rechte Tasche“ darstellte, ist die Bezeichnung als „Larifari“ vielmehr dahingehend zu verstehen, dass der Vertrag aus seiner Sicht keine wirtschaftlichen Konsequenzen hatte und deshalb insoweit unbedeutend war.
Auch aus sonstigen Umständen ergibt sich nicht, dass der Vertrag vom 30.06.1994 nicht dem Willen der Vertragsparteien entsprach.
Dass es aus wirtschaftlicher Perspektive unbedeutend war, ob die Klägerin oder die K… Glas GmbH das Glaswerk errichtete, ergibt sich im Übrigen aus dem Generalunternehmervertrag vom 08.07.1993 und der Liefer- und Lizenzvereinbarung vom 24.01.1994. Im Ergebnis dieser Verträge beschränkte sich die Tätigkeit der Klägerin neben der Sanierung des Grundstücks bis zur Inbetriebnahme der zu errichtenden Glasfabrik auf die Genehmigung des von der T… GmbH zu leistenden „basic engineering“, die Freigabe einzelner Planungs- und Bauabschnitte und die Bezahlung der von der T… GmbH zu stellenden Rechnungen. Sämtliche Planungs- und Entwicklungstätigkeiten sowie die Errichtung und Inbetriebnahme des Werkes selbst sollten in ihrem Auftrag durch die T… GmbH vorgenommen werden. Die T… GmbH verfügte auch über das nach dem Generalunternehmervertrag vom 08.07.1993 geheimzuhaltende Know How. Dementsprechend hat auch der Zeuge F… erklärt, dass die von ihm geleiteten Tätigkeiten der T… GmbH für die Entwicklung des K…Glas-Verfahrens unbeeinflusst von den Schwierigkeiten der Klägerin mit der Treuhandanstalt und dem Finanzamt fortgesetzt wurden. Die maßgebliche Rolle der T… GmbH wird auch bestätigt durch die Aussage des Zeugen Dr. N…, dass die Klägerin nach dem Generalunternehmervertrag nicht mehr in der Lage gewesen sei, allein zu bestimmen, ob sie die bei der T… GmbH bestellten Leistungen abrufen wolle. Vielmehr habe er als Geschäftsführer der T… GmbH beschlossen, die Leistungen bis zur Klärung der Vorsteuerabzugsfähigkeit der Klägerin auf Eis zu legen.
Unter diesen Umständen stellte es sich als wirtschaftlich unproblematisch dar, die Klägerin als Abnehmer der Leistungen der T… GmbH mit dem Generalunternehmervertrag vom 30.06.1994 durch die K…Glas GmbH auszutauschen bzw. das Projekt mit den Worten des Zeugen Dr. N… „von der linken in die rechte Tasche“ zu verschieben.
Soweit die Klägerin argumentiert, es sei wirtschaftlich unsinnig gewesen, die Tätigkeiten zur Planung, Errichtung und zum Betrieb des Glaswerkes dauerhaft auf die K… Glas GmbH zu übertragen, weil dann das von der Klägerin bereits gesammelte Know How verloren gegangen wäre, folgt schon aus ihrem eigenen Vortrag, dass dies nicht der Fall gewesen wäre. Ausweislich der von der Klägerin als Anlage K neu 23 (Bl. 3894) vorgelegten Arbeitsverträge hatte die Klägerin seit 1993 neben dem Geschäftsführer Herrn L… fünf festangestellte Mitarbeiter, davon seit Januar 1993 drei Schlosser und seit Oktober 1993 zwei Buchhalterinnen, die – neben freien Mitarbeitern und Fremdfirmen – damit befasst gewesen seien, das Betriebsgelände für die Installation der neuen Öfen und die Großproduktion vorzubereiten. Da unstreitig ist, dass die Klägerin im Jahr 1993 damit begann, das Grundstück des ehemaligen Glaswerks in G… zu entrümpeln und zu sanieren, während die Versuche zur Herstellung von Blähglas nicht in G… stattfanden, bevor die T… GmbH im Jahr 1995 eine Pilotanlage in G… errichtete, ist nicht ersichtlich, dass diese Mitarbeiter ein über die Grundstückssanierung hinausreichendes Know How gesammelt hatten. Nach der Darstellung im Vorwort zu dem Generalunternehmervertrag der Klägerin mit der T… GmbH vom 08.07.1993 (Anlage K 17, Seite 2 oben) hatten vielmehr die T… GmbH, die D… Glas GmbH und die D… Umwelttechnologie GmbH das Produkt K…Glas bereits entwickelt und den Markt erschlossen. Um die Kontrolle über ihr Know How zu behalten, sollte die T… GmbH die Produktionsanlagen selbst oder in Zusammenarbeit mit der D… (K…) Glas GmbH und der D… Umwelttechnologie GmbH planen, liefern und montieren (Anlage K 17 a. a. O.). Die Klägerin sollte daran nach dem Vertragstext nicht teilnehmen.
Auch die Vereinbarung über die Zusammenarbeit mit der BI…-Gruppe vom 15./22.12.1993 (Anlage K11) ist kein Indiz dafür, dass gerade die Klägerin das Glaswerk errichten und betreiben wollte. Die Vereinbarung verpflichtete oder berechtigte nicht speziell die Klägerin, sondern war von der T… GmbH für die in der Vereinbarung nicht näher beschriebene „D…-Gruppe“ abgeschlossen worden. So ist auch in der Lizenz- und Liefervereinbarung zwischen der T… GmbH und der Klägerin vom 24.01.1994 die T… GmbH als Vertragspartnerin der BI… bezeichnet (vgl. Seite 2 a. E. der Anlage K 38). Sofern man mit der Klägerin in der Vereinbarung mit BI… einen über eine Absichtsbekundung hinausgehenden Liefervertrag sehen will, war es demnach unerheblich, ob die daraus resultierenden Lieferverpflichtungen der „D…-Gruppe“ von der Klägerin oder der K… Glas GmbH erfüllt wurden.
Dass die Klägerin und die T… GmbH noch unter dem 24.01.1994 eine Lizenz- und Liefervereinbarung (Anlage K 38) schlossen, in der sich die Klägerin zur Lieferung von K…Glas an die T… GmbH aus dem von ihr zu errichtenden Werk in G verpflichtete, ist ebenfalls kein gewichtiges Indiz dafür, dass die Klägerin weiter beabsichtigte, ein Glaswerk zu errichten. In dem Generalunternehmervertrag vom 30.06.1994 trat die Klägerin auch die Rechte aus der Lizenz- und Liefervereinbarung an die K… Glas GmbH ab.
Der wirksam geschlossene Vertrag ist auch nicht rückgängig gemacht worden.
Unbeachtlich ist insoweit der Vortrag der Klägerin, der Generalunternehmervertrag vom 30.06.1994 sei jedenfalls nach der Einstellung der strafrechtlichen Ermittlungen mit Bescheid der Generalstaatsanwaltschaft München vom 26.06.1995 Anfang Juli 1995 als „gegenstandslos betrachtet“ worden.
Die mit dem Vertragsschluss vollzogene Abtretung der Ansprüche gegen die T… GmbH und die Schuldübernahme durch die K… Glas GmbH verloren nicht dadurch ihre Wirkung, dass die Gesellschafter und/oder Geschäftsführer der drei Gesellschaften den Vertrag innerlich als gegenstandslos betrachteten. Die - weitgehende - Identität der Gesellschafter der drei Gesellschaften machte eine Einigung über die Rückabwicklung nicht entbehrlich, denn die Gesellschaften waren selbstständige juristische Personen. Die Gesellschafter hatten die rechtliche Selbstständigkeit dieser Gesellschaften bewusst genutzt, um das Fördermittelverfahren von dem Rechtsstreit der Klägerin mit der Treuhandanstalt zu trennen.
Darüber hinaus wurde das Fördermittelverfahren bis zur endgültigen Ablehnung des Förderantrages durch den Bescheid der I… vom 26.08.1996 weiter durch die K… Glas GmbH betrieben, ohne dass der I… gegenüber erklärt worden wäre, der Generalunternehmvertrag vom 30.06.1994 sei gegenstandslos. Da die K… Glas GmbH als die in dem Förderantrag angegebene Investorin über die Rechte betreffend das K…Glas-Verfahren verfügen musste, um die zu fördernde Investition zu tätigen, hatten die Beteiligten objektiv ein Interesse am Fortbestand des Generalunternehmervertrages jedenfalls für die Dauer des Fördermittelverfahrens.
Unter diesen Umständen reichte die nicht nach außen getretene behauptete innere Überzeugung der benannten Zeugen Dr. N…, S… und B…, dass der Generalunternehmervertrag gegenstandslos sei, für eine konkludente Rückübertragung der mit dem Vertrag vom 30.06.1994 abgetretenen Ansprüche nicht aus. Tatsächliche Anhaltspunkte, aus denen der Wille aller drei Vertragsparteien sichtbar würde, den Generalunternehmervertrag vom 30.06.1994 rückgängig zu machen, hat die Klägerin nicht vorgetragen. Die benannten Zeugen mussten daher nicht vernommen werden.
Aus dem Verhalten der drei Vertragspartner nach der Änderungsvereinbarung vom 30.01.1995 (Anlage B II 9) lässt sich ebenfalls nicht schließen, dass der Generalunternehmervertrag vom 30.06.1994 rückgängig gemacht wurde. Insbesondere ist kein Verhalten der K… Glas GmbH vorgetragen, das sich dahingehend verstehen ließ, dass sie die Rechte aus dem Vertrag auf die Klägerin zurückübertragen wollte. Vielmehr ist unstreitig, dass keine der drei Vertragsparteien - und damit auch nicht die K… Glas GmbH - den Vertrag bis zur Ablehnung des Fördermittelantrags gegenüber der I… für aufgehoben erklärte.
Die Pilotanlage für die Herstellung von K…Glas, die den Finanzbeamten am 19.06.1995 in G… vorgeführt wurde, war ausweislich des Schreibens der T… GmbH an das Ministerium der Finanzen vom 01.03.1995 (Anlage K 25) im Auftrag der T… GmbH errichtet und von ihr bezahlt worden. Dass die K… Glas GmbH daran beteiligt gewesen wäre, ist nicht vorgetragen.
Die Versuchsproduktion von K…Glas am Standort W…, die die Klägerin der BI… GmbH bzw. der Si… AG mit Rechnungen vom 17.08. bzw. 15.11.1995 (Anlagen K 91) – mit Mehrwertsteuer – in Rechnung stellte, erfolgte aufgrund von Schriftverkehr zwischen der Klägerin, der T… GmbH und den Auftraggebern. Ein Wille der daran nicht beteiligten K… Glas GmbH lässt sich daraus nicht ablesen.
Soweit die Klägerin unter dem 20.03.1996 eine Joint-Venture-Vereinbarung mit der DY… Umweltschutztechnik GmbH (Anlage K 178) unterzeichnete, waren daran weder die K… Glas GmbH noch die T… GmbH beteiligt. Darüber hinaus bezog sich die Vereinbarung schon nach ihrem Wortlaut nicht auf die Errichtung eines K…Glas-Werkes, sondern auf die gemeinsame Durchführung des „Sanierungsvorhabens für das Grundstück ‚Glaswerk G…’“. Dies entsprach der in dem Generalunternehmervertrag vom 30.06.1994 festgehaltenen Entscheidung, dass sich die Klägerin ausschließlich auf die Sanierung beschränken sollte.
Auch die Tatsache, dass die T… GmbH mit dem durch den Zeugen Dr. N… unterzeichneten Schreiben vom 22.11.1996 die Erfüllung des Liefer- und Lizenzvertrages und des Generalunternehmervertrages vom 08.07.1993 gegenüber der Klägerin – statt gegenüber der K… Glas GmbH – ablehnte (Anlage K 58), belegt nicht, dass der Generalunternehmervertrag vom 30.06.1994 rechtswirksam rückgängig gemacht worden war. Grund dafür, dass der Zeuge Dr. N… das Schreiben vom 22.11.1996 an den ehemaligen Vertragspartner richtete, kann auch gewesen sein, dass der Zeuge Dr. N… die rechtliche Wirksamkeit des von ihm als unbedeutend („Larifari“) betrachteten Generalunternehmervertrages vom 30.06.1994 falsch einschätzte und meinte, dass seine nach außen nicht manifestierte Absicht, den Vertrag nicht durchführen zu wollen, ausreichte, um ihn gegenstandslos werden zu lassen, wie die Klägerin vorträgt.
1.1.2.2
Aus dem Vortrag der Klägerin und den vorliegenden Unterlagen ist auch nicht ersichtlich, dass die Versagung des Vorsteuerabzugs hinsichtlich der für die Jahre 1992 und 1993 sowie für Februar 1994 angemeldeten Vorsteuer unmittelbar ursächlich gewesen ist für die Insolvenz der Klägerin.
Insbesondere hat sie nicht dargelegt, dass die in den Jahren 1995 und 1996 ergangenen Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 1992 bis 1994 als solche die Liquidität der Klägerin in einem Maß beeinträchtigt haben, das ihre Gesamtvollstreckungsreife begründete. Unstreitig hat der Beklagte die Vollziehung der Steuerbescheide ausgesetzt. In den Bilanzen zu den Stichtagen 31.12.1994, 1995 und 1996 (Anlagen B 15 bis 17) hat die Klägerin auch keine Rückstellungen für die resultierende Steuerschuld gebildet, was dagegen spricht, dass sie ihre Liquidität durch die aufgrund des Berichts über die Umsatzsteuersonderprüfung vom 01.12.1994 (Anlage K 49) drohende Nachforderung in Höhe von 3.496.578,19 DM an unberechtigt einbehaltener Vorsteuer für den Zeitraum 1992 bis Februar 1994 gefährdet oder beeinträchtigt sah. Auch unter Nr. 3 der Erläuterung zu der Bilanz zum Stichtag 31.12.1996 (Anlage B 17) begründet die Klägerin ihre mangelnde Liquidität nicht mit drohenden Steuernachzahlungen für den genannten Zeitraum, sondern mit der Verurteilung zur Zahlung von 1,6 Mio DM an die Treuhandanstalt, der Kündigung der Liefer- und Lizenzvereinbarung und des Generalunternehmervertrages durch die T… GmbH und damit, dass aufgrund der Nichtdurchführung des Investitionsvorhabens nicht erstattbare Vorsteuern in Höhe von ca. 900.000 DM zu passivieren gewesen seien.
Soweit die Klägerin (S. 26 f. der Klageschrift) vortrug, dass die Aberkennung der Unternehmereigenschaft „unmittelbar“ zu außerplanmäßigen Mehrkosten im Umfang von 58.000.500,00 DM geführt habe, trifft dies auf sie nicht zu, weil sie – wie oben unter 1.1.2.1 dargestellt – jedenfalls zu dem Zeitpunkt, als das Finanzamt den Vorsteuerabzug für die den Vorsteueranmeldungen zu Grunde liegenden Zeiträume versagte, das Vorhaben aufgegeben und in Abschnitt B) des Generalunternehmervertrages vom 30.06.1994 mit Zustimmung der T… GmbH sämtliche Zahlungsverpflichtungen aus dem Generalunternehmervertrag vom 08.07.1993 auf die K… Glas GmbH übertragen hatte.
1.1.3
Unabhängig davon, ob ein unionsrechtlicher Staatshaftungsanspruch besteht, wäre er jedenfalls hinsichtlich der über 34.408.469,00 € hinausgehenden Klageforderung verjährt.
Entgegen der Ansicht der Klägerin ist es dem Beklagten nicht verwehrt, sich auf die Einrede der Verjährung zu berufen. Auch wenn das haftungsbegründende Verhalten des Beklagten bewusst sittenwidrig, böswillig und rechtsstaatswidrig gewesen wäre, wie die Klägerin meint, stünde dies der Verjährungseinrede nicht entgegen. Die Verjährung des unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs richtet sich mangels einer unionsrechtlichen Regelung nach nationalem Recht (vgl. EuGH Urteil vom 24.03.2009 in der Rs. C-445/06 – Danske Slagterier – Rn. 31f.).
Gemäß § 194 Abs. 1 BGB unterliegen grundsätzlich sämtliche Ansprüche der Verjährung. Die auf den unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch anzuwendenden Verjährungsvorschriften des deutschen Rechts für deliktische Schadensersatzansprüche differenzieren nicht nach dem Maß des Verschuldens des Schädigers bei der Zufügung des Schadens oder nach dem Unrechtsgehalt der schädigenden Handlung, so dass etwa Ansprüche aus § 826 Satz 1 BGB wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung denselben Verjährungsregeln unterliegen wie Ansprüche wegen einer nur leicht fahrlässigen Schädigung gemäß § 823 Abs. 1 BGB.
Auch die Grundsätze von Treu und Glauben (§ 242 BGB) führen nicht dazu, dass dem Schädiger gegen einen aus einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung resultierenden Schadensersatzanspruch die Einrede der Verjährung von vornherein versagt wäre, wie die Klägerin meint, denn in einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung liegt kein treuwidriges Verhalten des Schädigers hinsichtlich der Verjährung des durch die Schädigung begründeten Ersatzanspruchs.
Entgegen der Ansicht der Klägerin muss die Frage, ob der unionsrechtliche Staatshaftungsanspruch dahingehend auszulegen ist, dass er der Einrede der Verjährung durch den Schädiger entgegenstehe, wenn der Schaden vorsätzlich verursacht und die nationale Rechtslage zur Berechnung des Schadens nicht hinreichend vorhersehbar sei, nicht im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens gemäß Art. 267 Abs. 1 Buchst. a) AEUV dem EuGH vorgelegt werden, denn die Frage lässt sich auf der Grundlage der oben zitierten Rechtsprechung des EuGH bereits beantworten. Nach der Doktrin vom „acte clair“ kann ein Vorabentscheidungsersuchen dann unterbleiben, wenn die richtige Auslegung des Unionsrechts derart offenkundig ist, dass für vernünftige Zweifel keinerlei Raum bleibt (st. Rspr. des EuGH, z.B. Urteil vom 15.09.2005 Rs. C-495/03 – Intermodal Transports – Rn. 33, zitiert nach juris). Das ist hier der Fall. Gemäß der zitierten Rechtsprechung bestimmen sich die Folgen des Schadensersatzanspruchs nach nationalem Recht, mit der Maßgabe, dass die im Schadensersatzrecht der einzelnen Mitgliedstaaten festgelegten materiellen und formellen Voraussetzungen nicht ungünstiger sein dürfen als bei ähnlichen Klagen, die nur nationales Recht betreffen (Grundsatz der Gleichwertigkeit), und nicht so ausgestaltet sein dürfen, dass sie es praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren, die Entschädigung zu erlangen (Grundsatz der Effektivität) (vgl. EuGH a. a. O.). Da die Einrede der Verjährung in der genannten Konstellation auch gegen Schadensersatzansprüche nach deutschem Recht erhoben werden kann, ist der Grundsatz der Gleichwertigkeit gewahrt. Auch wird die Verwirklichung des unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs durch die Zulassung der Einrede der Verjährung nicht übermäßig erschwert, auch wenn der Schaden vorsätzlich zugefügt und die Berechnung des Schadens nach nationalem Recht nicht hinreichend vorhersehbar ist. Die Grundsätze der Gleichwertigkeit und der Effektivität des Gemeinschaftsrechts besagen nicht, dass der Geschädigte von einem Prozessrisiko freizustellen ist, das auch jeden Geschädigten träfe, der einen Anspruch allein nach nationalem Recht einklagt. Zweifel an der Auslegung des Unionsrechts bestehen insoweit nicht.
Wenn die genannten Handlungen des Beklagten in der Zeit vom 10.11.1994 bis 03.12.1996 einen unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch der Klägerin begründeten, galt für den Anspruch zunächst die 30-jährige Verjährungsfrist aus § 195 BGB a. F. (vgl. BGH Urteil vom 04.06.2009, Az. III ZR 144/05, zitiert nach Juris, dort Rn. 38ff.). Unabhängig davon, ob man einen Verstoß gegen Unionsrecht bereits in den in der Schlussbesprechung vom 10.11.1994 getätigten Äußerungen der Finanzbeamten oder erst in dem Einspruchsbescheid vom 03.12.1996 sieht, lief die 30-jährige Verjährungsfrist jedenfalls bis zum 31.12.2001.
Unerheblich ist in diesem Zusammenhang der Einwand der Klägerin, der Einspruchsbescheid sei nichtig gewesen und habe daher die Verjährungsfrist nicht in Lauf setzen können.
Soweit die Klägerin erstmals in zweiter Instanz vorträgt, der Einspruchsbescheid sei ihr nicht wirksam bekannt gegeben worden, weil er nur dem nicht empfangsbevollmächtigten Steuerberater, dem Zeugen Dr. K…, zugegangen sei, ist dieser Vortrag vom Beklagten im Schriftsatz vom 27.04.2009 (Bl. 1757 ff.) bestritten worden und gemäß § 531 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht zuzulassen. Der Gesichtspunkt der Wirksamkeit des Einspruchsbescheides war bereits Gegenstand der Erörterungen in erster Instanz, ohne dass die Klägerin zur angeblich mangelnden Bekanntgabe vorgetragen hätte. Soweit die Klägerin meint, der Einspruchsbescheid sei inhaltlich sittenwidrig und deshalb gemäß § 125 Abs. 2 Nr. 4 AO nichtig, kommt es darauf hier nicht an, denn die rechtliche Wirksamkeit des Einspruchsbescheides war keine Voraussetzung für den Beginn der Verjährung des hier geltend gemachten Staatshaftungsanspruchs auf Ersatz des Unternehmenswertes. Die Verjährung des Staatshaftungsanspruchs begann gemäß § 198 Satz 1 BGB in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung mit der Entstehung des Anspruchs. Nach dem eigenen Vortrag der Klägerin will sie in der Weise geschädigt worden sein, dass ihr durch die - unter anderem - in dem Einspruchsbescheid enthaltene Verlautbarung, sie sei hinsichtlich der beabsichtigten Investitionen nicht als Unternehmer anzusehen, ein wirtschaftliches Risiko aufgebürdet worden sei, das zum Verlust ihres Unternehmens geführt habe. Die schadensverursachende Wirkung dieser Verlautbarungen wäre nicht abhängig gewesen von der rechtlichen Wirksamkeit des Einspruchsbescheides, sondern allein Folge der tatsächlichen Wirkung der Mitteilung, sie sei nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt. Der Staatshaftungsanspruch wäre daher entstanden, sobald aufgrund der Verlautbarungen ein Schaden eingetreten war. Dabei kann dahinstehen, ob dies bereits der Fall war, als die Klägerin am 02.12.1996 das Gesamtvollstreckungsverfahren beantragte oder erst am 19.03.1997, als der Beschluss des Amtsgerichts vom 05.03.1997, durch den der Antrag mangels Masse zurückgewiesen wurde, gemäß § 20, § 1 Abs. 3 GesO, § 577 Abs. 2 ZPO a. F. rechtskräftig wurde. In ersterem Fall hätte die Verjährungsfrist mit dem 02.12.1996 begonnen, im letzteren mit dem 19.03.1997. In beiden Fällen lief die Verjährungsfrist, bis sie durch den Antrag der Klägerin vom 29.07.1999 (Anlage K 69) auf Abänderung des Einspruchsbescheides gemäß § 164 Abs. 2 AO analog § 209 Abs. 1, § 211 BGB a. F. unterbrochen wurde. Mit Zugang der Änderungsbescheide vom 10.01. und 31.01.2001 (Anlagen K 73 und K 74) hätte sie erneut zu laufen begonnen. Aufgrund der Reform des Schuldrechts wandelte sich die dreißigjährige Verjährungsfrist gemäß Art. 229 § 6 Abs. 4 BGB mit dem 01.01.2002 in die dreijährige Verjährungsfrist des § 195 BGB n. F. um. Sie hätte mit dem 01.01.2002 begonnen und mit Ablauf des 31.12.2004 geendet. Sie war jedoch bereits seit dem 03.11.2000 durch Verhandlungen analog § 852 Abs. 3 BGB a. F. gehemmt.
Der Schriftsatz der Klägerin vom 03.11.2000, mit dem sie gegenüber dem Finanzamt C… ihren Schadensersatzanspruch nach dem BbgStHG dem Grunde nach geltend machte, setzte verjährungshemmende Verhandlungen im Sinne der vor dem 01.01.2002 geltenden Rechtsprechung zu § 852 Abs. 3 BGB a. F. – auch – über den unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch in Gang.
Für eine verjährungshemmende Verhandlung in diesem Sinne genügt jeder Meinungsaustausch über den Schadensfall zwischen dem Berechtigten und dem Verpflichteten, sofern nicht sofort und eindeutig jeder Ersatz abgelehnt wird. Verhandlungen schweben schon dann, wenn der in Anspruch Genommene Erklärungen abgibt, die dem Geschädigten die Annahme gestatten, der Verpflichtete lasse sich auf Erörterungen über die Berechtigung von Schadensersatzansprüchen ein. Nicht erforderlich ist, dass dabei eine Vergleichsbereitschaft oder eine Bereitschaft zum Entgegenkommen signalisiert wird (BGH NJW 2007, 587 m. w. N.). Als Verhandlung in diesem Sinn kann der Zwischenbescheid des Finanzamtes C… vom 24. September 2001 (K 77) gesehen werden, in dem zwar die Ansicht vertreten wurde, dass ein Schadensersatzanspruch nach § 1 BbgStHG nicht bestehe, gleichzeitig jedoch mitgeteilt wurde, dass die Sache der Oberfinanzdirektion zur Prüfung vorgelegt werde. Die Mitteilung aus dem Zwischenbescheid, dass der Anspruch durch die Oberfinanzdirektion geprüft werde, ließ die Annahme zu, dass sich der Beklagte auf eine Erörterung von Schadensersatzansprüchen einließ. Bei schwebenden Vergleichsverhandlungen wirkt die Hemmung auf den Zeitpunkt der ersten Geltendmachung des Anspruchs zurück (OLG Hamm NJW-RR 1998, 101, 102), d. h. hier auf den Zeitpunkt des Zugangs des Schadensersatzantrages vom 03.11.2000.
Diese Annahme war erst nach Zugang des Bescheides vom 24.08.2004 nicht mehr berechtigt, denn bis dahin dauerte die Prüfung des Beklagten an und hatte dieser die Haftung auch nicht endgültig abgelehnt. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang der Vortrag der Klägerin, der Bescheid vom 24.08.2004 sei nichtig, da er inhaltlich sittenwidrig sei und darüber hinaus das Ministerium der Finanzen nicht zuständig gewesen sei für die endgültige Entscheidung über den Antrag vom 03.11.2000. Entscheidend für die Beendigung der durch die Verhandlungen bewirkten Hemmung ist allein die in dem Bescheid enthaltene tatsächliche Erklärung, dass der Beklagte den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch endgültig ablehne. Zu dieser Erklärung war das Ministerium der Finanzen aufgrund der allgemeinen Zuständigkeitsregelungen befugt.
Selbst wenn man davon ausgeht, dass die Klägerin die Verhandlungen nach dem Empfang des Schreibens des Finanzamtes C… vom 24.09.2001 „einschlafen“ ließ, indem sie zunächst nichts unternahm, wäre der Ablauf der Verjährungsfrist so lange gehemmt gewesen, dass sie nicht vor Eingang der Klage bei Gericht am 23.08.2005 ablief. Lassen die Parteien die Verhandlungen einschlafen, dann endet die Hemmung in dem Zeitpunkt, in dem nach Treu und Glauben mit einer weiteren Handlung zu rechnen gewesen wäre (vgl. BGH NJW 2009, 1806, 1807; Palandt-Ellenberger, 72. Auflage 2013, § 203 Rn. 4). Es kann hier jedoch dahinstehen, nach welchem Zeitraum die Klägerin nach Treu und Glauben hätte tätig werden müssen, obwohl ihr mitgeteilt worden war, dass sie von der OFD „unaufgefordert Bescheid“ erhalte. Selbst wenn man den für die Klägerin ungünstigsten Fall annimmt, dass sie noch am 24.09.2001 hätte tätig werden müssen und damit die Hemmung an jenem Tag endete, wäre die Hemmung jedenfalls mit dem unstreitigen Telefonat des Herrn Dr. N… mit der zuständigen Abteilungsleiterin im MdF am 04.06.2004 erneut eingetreten. In dem Telefonat zwischen Herrn Dr. N… als dem Mehrheitsgesellschafter der Klägerin und der Abteilungsleiterin 3 – Steuern – im MdF, Frau No…, am 04.06.2004 gab letztere ausweislich des Telefonvermerks von Herrn Dr. N… (Anlage K 212) ebenfalls nicht zu verstehen, dass der Anspruch endgültig abgelehnt werde, sondern erklärte, dass sich der Beklagte noch in der Prüfung befinde. Die Verhandlung und damit die Hemmung endeten dann mit dem Zugang des endgültig die Haftung ablehnenden Bescheides vom 24.08.2004, dessen Zeitpunkt mangels konkreten Vortrags der darlegungsbelasteten Klägerin zum Zeitpunkt des Zugangs auf den 24.08.2004 zu bestimmen ist. Damit wäre die Verjährung zunächst vom 03.11.2000 bis zum 24.09.2001, also zehn Monate und 21 Tage gehemmt gewesen und weitere zwei Monate und 20 Tage vom 04.06. bis zum 24.08.2004, insgesamt 13 Monate und zehn Tage. Gemäß § 213 BGB verlängerte sich die mit dem 31.12.2004 endende Verjährungsfrist um diesen Zeitraum, d. h. bis zum 10.02.2006. Sie wurde jedoch ab dem Zeitpunkt des Eingangs der Klageschrift bei Gericht am 24.08.2005 erneut gehemmt gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB i. V. m. §§ 253 Abs. 1 und 167 ZPO.
Die Hemmung erfasste auch Ansprüche, die auf anderen Anspruchsgrundlagen beruhen als § 1 BbgStHG einschließlich des unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs, denn grundsätzlich ist davon auszugehen, dass alle Ansprüche geltend gemacht werden sollen, die sich für den Gläubiger aus dem zugrundeliegenden Lebenssachverhalt ergeben können (vgl. Palandt-Ellenberger, 72. Auflage 2013, § 203 Rn. 3). Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach strenge Anforderungen zu stellen sind an die Annahme, dass sich verjährungshemmende Verhandlungen ausnahmsweise nur auf einen abtrennbaren Teil der gesamten Ansprüche beziehen sollen (BGH NJW 1998, 1142), muss erst recht gelten für die Annahme, dass nur über eine von mehreren alternativen Anspruchsgrundlagen verhandelt werden soll.
Gegen eine Erstreckung auf andere Anspruchsgrundlagen als § 1 BbgStHG spricht auch nicht, dass der Antrag vom 03.11.2000 seinem Wortlaut nach ausdrücklich auf die Geltendmachung von Ansprüchen aus § 1 BbgStHG gerichtet war. Dies war erkennbar der Tatsache geschuldet, dass die Klägerin das Vorverfahren nach § 5 BbgStHG einleiten wollte, was durch eine ausdrückliche Benennung der Anspruchsgrundlage bewirkt werden sollte. Dass sie Ansprüche aus anderen Anspruchsgrundlagen damit nicht geltend machen wollte, lässt sich daraus deshalb nicht schließen. Dass sich der Zwischenbescheid vom 24.09.2001 inhaltlich nur mit den Voraussetzungen eines Anspruchs nach § 1 BbgStHG auseinandersetzte, führt ebenfalls nicht dazu, dass sich die durch die Verhandlungen begründete Hemmung nur auf diese Anspruchsgrundlage beschränkte, denn der Zwischenbescheid lässt sich nicht so verstehen, dass jede Verhandlung über Ansprüche aus anderen Anspruchsgrundlagen endgültig abgelehnt wurde.
Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs im Urteil vom 10.04.2003, Az. III ZR 38/02 (zitiert nach juris, dort Rn. 37-39), wonach die ausdrückliche Geltendmachung eines Anspruchs aus § 839 Abs. 1 BGB i. V. m. Art. 34 GG durch eine anwaltlich vertretene Partei die Verjährung eines Anspruchs nach § 1 BbgStHG nicht hemmt, ist auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar. Der Bundesgerichtshof hat in jenem Fall argumentiert, dass die Geltendmachung eines Anspruchs aus § 839 Abs. 1 BGB i. V. m. Art. 34 GG nicht so zu verstehen sei, dass auch ein Anspruch geltend gemacht werden solle, der – wie der Anspruch nach § 1 BbgStHG - erst vergleichsweise „umständlich und zeitraubend“ nach einem Vorverfahren zu realisieren sei. Diese Argumentation trifft den hier vorliegenden umgekehrten Fall gerade nicht. Daraus, dass hier das aufwändigere Verfahren gewählt worden war, lässt sich nicht schließen, dass damit die weniger aufwändig geltend zu machenden Ansprüche aus anderen Anspruchsgrundlagen nicht verfolgt werden sollten.
Die durch die Klageerhebung am 24.08.2005 bewirkte Hemmung der Verjährung erstreckte sich allerdings nur auf die mit der Klage geltend gemachte Klageforderung in Höhe von 34.408.469,00 €. Hinsichtlich der darüber hinausgehenden Klageerweiterung wurde die laufende Verjährungsfrist nicht durch die Klageerhebung gehemmt im Sinne des § 204 Abs. 1 Nr.1 BGB. Nimmt man zu Lasten der darlegungsbelasteten Klägerin an, dass die mit dem Antrag vom 03.11.2000 eingeleiteten Verhandlungen entsprechend den Ausführungen zu 1.1.3 nur bis zum Zugang des Bescheides vom 24.09.2001 und anschließend noch einmal vom 04.06.2004 bis zum 24.08.2004 hemmten, so wäre die Verjährungsfrist nach der unter 1.1.3 dargestellten Berechnung mit dem 10.02.2006 abgelaufen. Selbst wenn man zu Gunsten der Klägerin annimmt, dass die Verjährung ab dem Antrag vom 03.11.2000 durchgehend bis zum Zugang des Bescheides vom 24.08.2004 gehemmt gewesen wäre, so hätte die dreijährige Verjährungsfrist mit diesem Tag begonnen und wäre mit dem 24.08.2007 abgelaufen. Sie konnte durch die Klageerweiterung im Schriftsatz vom 12.03.2012 nicht mehr gehemmt werden.
Der von der Klägerin im Schriftsatz vom 12.03.2012 unter Rn. 21 zitierte Aspekt der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH Urteil vom 09.01.2008, Az. XII ZR 33/06, NJW-RR 2008, 521, 522 a. E.) ist hier nicht anwendbar. Nach jener Entscheidung erstreckt sich die für einen bezifferten Zahlungsantrag eingetretene Hemmung der Verjährung ausnahmsweise auch auf den weitergehenden und vom bisherigen prozessualen Leistungsantrag noch nicht erfassten Anspruchsteil, wenn mit der Klage bereits ein bestimmter materiell-rechtlicher Anspruch in vollem Umfang - wenn auch in seiner Bezifferung nicht erschöpfend - geltend gemacht wird und sich Umfang und Ausprägung des Klageanspruchs ändern, nicht aber der Anspruchsgrund. Die Klägerin hat im vorliegenden Rechtsstreit jedoch den eingeklagten materiell-rechtlichen Anspruch von vornherein nicht in vollem Umfang geltend gemacht. Bereits in der Klageschrift vom 23.08.2005 hat sie auf Seite 38 formuliert, dass sie einen Schadensersatzanspruch „von zunächst“ 34.408.469,00 € gegen den Beklagten habe, nachdem sie ihren Schaden im Schreiben an das Finanzamt C… vom 13.08.2001 (Anlage K 76) noch auf 358.495.428,00 DM beziffert hatte. Auf Seite 53 der Klageschrift hat sie ausgeführt, dass sie sich ausdrücklich vorbehalte, einen höheren Gewinnausfall geltend zu machen und die bezifferte Klageforderung als Mindestschaden bezeichnet. Im Schriftsatz vom 04.10.2006 auf Seite 32 hat sie nochmals ausdrücklich erklärt, dass ihr tatsächlicher Schaden weit über den geltend gemachten ca. 34 Millionen Euro liege und sie sich „bewusst dafür entschieden hat, nur einen Teilbetrag einzuklagen“. Auf den folgenden Seiten jenes Schriftsatzes hat sie ihren Schaden alternativ auf der Grundlage des Unternehmenswertes berechnet und sich zur Begründung der Klageforderung von ca. 34 Millionen Euro hilfsweise auf den nach damaliger Berechnung bei ca. 62 Millionen Euro liegenden Unternehmenswert gestützt. Damit hat die Klägerin deutlich gemacht, dass sie bewusst nur den auf 34.408.469,00 € bezifferten Teil ihres Schadens eingeklagt hat. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erstreckt sich die Hemmung der Verjährung durch die Klageerhebung in einem solchen Fall gerade nicht auf den mit der Klage nicht geltend gemachten Teil eines Anspruchs (vgl. BGH a. a. O.; NJW-RR 2008, 521, 523; NJW 2002, 2167 f.).
1.2
Ein Anspruch der Klägerin aus § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB i. V. m. Art. 34 GG auf Ersatz des Unternehmenswertes besteht nicht, weil die denkbaren Amtspflichtverletzungen nicht ursächlich waren für den geltend gemachten Schaden (1.2.1). Hinsichtlich der die ursprüngliche Klageforderung von 34.408.469,00 € übersteigenden Klageerweiterung ist auch dieser Anspruch jedenfalls verjährt (1.2.2).
1.2.1
Es lässt sich nicht feststellen, dass Mitarbeiter des Beklagten vor dem 30.06.1994 eine ihnen der Klägerin gegenüber obliegende Amtspflicht verletzten.
Ein schadensrelevantes Stocken der Vorsteuererstattung vor Einreichung der Umsatzsteuererklärung für 1992 am 08.02.1994 hat die Klägerin schon nicht ausreichend dargelegt, vgl. oben 1.1.1.1.
Die Einleitung der Umsatzsteuersonderprüfung als solche verletzte aus den oben unter 1.1.1.2 genannten Gründen keine Amtspflicht. Soweit die Klägerin geltend macht, dass die Sonderprüfung verzögert durchgeführt worden sei, kann dies hier dahinstehen, denn die Klägerin macht mit der Klage keinen Verzögerungsschaden geltend.
Auch in dem Gespräch vom 09.03.1994 verletzten die Mitarbeiter des Beklagten keine Amtspflichten. Die Klägerin konnte nicht beweisen, dass sich die Mitarbeiter des Beklagten in dem Gespräch gegenüber den Vertretern der Klägerin in pflichtwidriger Art geäußert haben. Die von den Zeugen geschilderten Äußerungen, dass die ihnen vorliegenden Rechnungen nicht nachvollziehbar seien, bewegten sich im Rahmen des Zulässigen. Insoweit wird auf die Ausführungen zu oben 1.1.1.3 Bezug genommen.
Hinsichtlich der nach dem Abschluss des Generalunternehmervertrages vom 30.06.1994 vorgenommenen Handlungen des Beklagten kann dahinstehen, ob es sich um Amtspflichtverletzungen handelte, denn sie sind aus den oben unter 1.1.2 genannten Gründen nicht ursächlich geworden für den Verlust des Unternehmens.
1.2.2
Unabhängig davon, ob ein Amtshaftungsanspruch besteht, ist er jedenfalls hinsichtlich der die ursprüngliche Klageforderung von 34.408.469,00 € übersteigenden Klageerweiterung verjährt.
Gemäß § 852 Abs. 1 BGB a. F. begann die Verjährung mit der Kenntnis der Klägerin von dem Schaden und dem Schädiger. Es kann dahinstehen, ob der Klägerin der Schaden bereits mit der Stellung des Antrags auf Gesamtvollstreckung am 02.12.1996 oder erst mit der rechtskräftigen Ablehnung der Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens am 19.03.1997 bekannt war, denn dies hat auf die Entscheidung über die Verjährung im Ergebnis keinen Einfluss.
Die Verjährungsfrist von drei Jahren gemäß § 852 Abs. 1 1. Alt. BGB a. F. hätte mit Ablauf des 02.12.1999 oder des 19.03.2000 geendet.
Soweit es um Schäden geht, die auf der Festsetzung für die Veranlagungsjahre 1994 und 1995 beruhen, wurde die Verjährung jedoch analog § 209 Abs. 1, § 211 BGB a. F. durch den Abänderungsantrag nach § 164 Abs. 2 Satz 2 AO vom 29.07.1999 bis zum Erlass der Änderungsbescheide vom 10. und 31.01.2001 unterbrochen (vgl. BGH III ZR 59/10 in dieser Sache). Die dreijährige Verjährungsfrist aus § 852 Abs. 1 BGB a. F. hätte daher gemäß § 217 BGB a. F. mit dem Zugang dieser Bescheide erneut zu laufen begonnen. Allerdings war der Ablauf der Verjährungsfrist zu diesem Zeitpunkt entsprechend der Rechtsprechung zu § 204 Abs. 2 Satz 2 BGB analog gehemmt durch die mit dem Schriftsatz vom 03.11.2000 eingeleiteten Verhandlungen. In Höhe der ursprünglichen Klageforderung von 34.408.469,00 € wurde die Verjährungsfrist durch die Klageerhebung am 24.08.2005 erneut gehemmt. Hinsichtlich der darüber hinausgehenden Klageerweiterung lief sie jedoch mit dem 10.02.2006, spätestens mit dem 24.08.2007 ab. Die Ausführungen zu oben 1.1.3 gelten entsprechend.
1.3
Ein möglicher Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten aus § 1 BbgStHG auf Ersatz des Unternehmenswertes bestand schon dem Grunde nach nicht (dazu unten 1.3.1), wäre im Übrigen jedoch auch verjährt (dazu unten 1.3.2).
1.3.1
Der Anspruch der Klägerin aus § 1 BbgStHG auf Ersatz des Unternehmenswertes besteht schon dem Grunde nach nicht, weil keine rechtswidrige Handlung im Sinne des § 1 Abs. 1 BbgStHG den Verlust des Unternehmens der Klägerin verursacht hat. Auf die Ausführungen zu oben 1.2.2, die hier entsprechend gelten, wird Bezug genommen.
1.3.2
Die Verjährung begann gemäß § 4 Abs. 2 BbgStHG frühestens mit der Schlussbesprechung zur Umsatzsteuersonderprüfung am 10.11.1994 und spätestens mit der Rechtskraft der Zurückweisung des Antrags auf Gesamtvollstreckung mangels Masse am 19.03.1997, denn spätestens ab diesem Zeitpunkt hatte die Klägerin Kenntnis von den von ihr geltend gemachten Verletzungshandlungen, dem behaupteten Schaden und der von ihr behaupteten Verursachung durch Mitarbeiter des Beklagten. Die Verjährungsfrist betrug gemäß § 4 Abs. 1 BbgStHG ein Jahr und lief daher spätestens mit dem 05.03.1998 ab.
Der Ablauf der Frist wurde weder durch die Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs im Sinne von § 5 BbgStHG noch durch Verhandlungen im Sinne des § 852 Abs. 3 BGB gehemmt.
Die Klägerin hat schon nicht schlüssig vorgetragen, dass sie in dem hier relevanten Zeitraum vom 10.11.1994 bis 05.03.1998 einen Antrag auf Schadensersatz im Sinne des § 5 BbgStHG gestellt hätte. Ein verjährungshemmender Antrag auf Schadensersatz im Sinne des § 5 BbgStHG setzt nach dem Wortsinn und dem allgemeinen Verwaltungsverfahrensrecht das – mündliche, schriftliche oder konkludente - Verlangen an eine Behörde voraus, über den Ersatz eines aus einem bestimmten Sachverhalt resultierenden Schadens zu entscheiden (vgl. Herbst/Lühmann, Die Staatshaftungsgesetze der neuen Länder, 1997, S. 368 ff.). Dabei muss weder die Anspruchsgrundlage bezeichnet sein, noch muss für die Behörde erkennbar sein, dass das Vorverfahren nach § 5 BbgStHG eingeleitet werden soll. Nicht ausreichend ist allerdings die bloße Ankündigung, dass ein Verhalten der Behörde zu Schadensersatzansprüchen führen werde oder der Hinweis, dass durch ein Handeln der Behörde ein Schaden entsteht. Maßgeblich ist, dass die Erklärung vom objektiven Empfängerhorizont der Behörde so zu verstehen ist, dass der Erklärende eine Entscheidung über den geltend gemachten Schadensersatzanspruch erwartet.
Mit ihrer Behauptung im Schriftsatz vom 04.10.2006, S. 12, sie habe, als sie in der Schlussbesprechung zur Umsatzsteuersonderprüfung am 10.11.1994 erkannte, dass der Beklagte eine positive Entscheidung weiter verweigerte, noch in der Schlussbesprechung „erneut Schadensersatz geltend gemacht“ und darauf hingewiesen, dass weiterer Schaden entstehe, wenn der Beklagte weiterhin die Unternehmereigenschaft der Klägerin nicht anerkenne, hat die Klägerin unter Berücksichtigung ihres weiteren Vortrags schon einen auf die hier verfolgten Schäden bezogenen Schadensersatzantrag im Sinne des § 5 BbgStHG nicht schlüssig vorgetragen. Wenn die Vertreter der Klägerin im Rahmen der Schlussbesprechung erklärten, sie „machten Schadensersatz geltend“, so stellte sich dies vom objektiven Empfängerhorizont als Versuch dar, die Finanzbeamten durch die Androhung von Konsequenzen zu einer Änderung ihrer Ansicht zur Unternehmereigenschaft der Klägerin zu bewegen, nicht aber als Aufforderung, über einen Schadensersatzanspruch der Klägerin zu entscheiden. Dem entspricht es, dass in dem von der Klägerin als Anlage K neu 8 vorgelegten Stichwortprotokoll der Finanzverwaltung zwar festgehalten ist, dass die Vertreter der Klägerin von zwei Jahren Verzögerung durch Produktionsausfall gesprochen haben und außerdem erklärt haben, dass dann, wenn das Finanzamt an seiner Auffassung festhalte, dass die Klägerin kein Unternehmer sei, „Herr Dr. N… … Konkurs anfallen lassen“ müsse und dass auch nachfolgende Unternehmen Konkurs anmelden müssten, woran das Finanzamt Schuld sei, wenn es negativ entscheide. Ein Verlangen, über den Ersatz des Unternehmenswertes oder auch nur der durch die in der Besprechung am 10.11.1994 vertretene Haltung verursachten Schäden zu entscheiden, ist in dem Protokoll nicht dokumentiert. In dem als Anlage K 62 vorgelegten Schreiben des Steuerberaters Dr. K… vom 25.11.1994, in dem dieser den Inhalt der Schlussbesprechung erörtert, ist ein Schadensersatzverlangen nicht erwähnt.
Nichts anderes ergibt sich aus dem ebenfalls zur Akte gereichten Vermerk des Zeugen Dr. N… vom 13.11.1994 (Anlage K 115), in dem er festhielt: „[Dr. N…] erinnerte daran, dass [die Klägerin] bereits am 09.03.1994 Schadensersatz geltend gemacht habe und bekräftigte dieses Verlangen. Er wies darauf hin, dass der anfänglich kleine Schaden sich in der Zwischenzeit vergrößert habe und sich noch weiter vergrößern werden. Das FA bezog dazu keine Position“. Auch daraus lässt sich jedoch nicht entnehmen, dass der Zeuge Dr. N… im Rahmen der Besprechung am 10.11.1994 von dem Finanzamt verlangt hat, über den Ersatz des von ihm gesehenen Schadens zu entscheiden. Im Kontext des Abschlussgesprächs, bei dem es um das Ergebnis der Sonderprüfung ging, konnte diese Erklärung aus der Sicht der Finanzbehörden nur als Ankündigung allgemeiner Natur verstanden werden, Schadensersatzforderungen zukünftig geltend zu machen, falls sie nicht in seinem Sinne entscheiden würden. Dies erfüllt nicht die oben genannten Anforderungen an ein Schadensersatzverlangen.
Das Schreiben der T… GmbH vom 13.01.1995 an das Ministerium für Wirtschaft, Mittelstand und Technologie (Anlage K 64) enthält keinen Antrag der Klägerin im Sinne des § 5 BbgStHG. Soweit es darin heißt (Seite 2 a. E.): „Es hat nämlich den Anschein, dass sich das Finanzamt zur Durchsetzung der Ziele der T… missbrauchen lässt. In diesem Falle müssten wir das Land für den Schaden (unmittelbar notwendiger Konkurs aller 4 Firmen der Gruppe), der sich aus dieser rechtlich m. E. unhaltbaren Position des Finanzamtes … ergibt, haftbar machen“, ist dies schon dem Wortlaut nach nicht als Antrag auf Ersatz eines bereits eingetretenen Schadens, sondern als Ankündigung zukünftiger Schadensersatzforderungen zu verstehen. Darüber hinaus ist das Schreiben nicht im Namen der Klägerin verfasst.
Soweit die Klägerin mit dem Schriftsatz vom 04.08.2008 auf Seite 13 behauptet, der Zeuge Dr. N… habe in dem Gespräch mit Mitarbeitern des Finanzamtes am 19.06.1994 „abermals auf den Schaden hin[gewiesen], der bereits entstanden war und auf die noch größeren Schäden, die bei weiteren rechtswidrigen Hürden entstehen würden und machte insoweit erneut Schadensersatz geltend“, ist auch damit entsprechend den vorstehenden Ausführungen ein Schadensersatzverlangen im Sinne des § 5 BbgStHG nicht schlüssig vorgetragen, weil sich daraus keine Aufforderung an die Behörde ergibt, über ein bestimmtes Schadensersatzbegehren zu entscheiden. Abweichend von der Ansicht des Senats in seiner früheren Besetzung sieht der Senat diese Behauptung daher als nicht beweiserheblich an.
Durch den Antrag vom 29.07.1999 auf Abänderung der Ausgangsbescheide sowie durch eventuelle Verhandlungen nach dem19.03.1998 konnte die Verjährungsfrist nicht mehr gehemmt oder unterbrochen werden, weil sie bereits abgelaufen war.
Aus demselben Grund konnte der Antrag vom 03.11.2000 auf Schadensersatz nach dem Staatshaftungsgesetz den Ablauf der Verjährungsfrist nicht mehr hemmen. Die Ansicht der Klägerin, der Bescheid des Finanzministeriums vom 24.08.2004, mit dem der Anspruch abgelehnt wurde, habe die Hemmung der Verjährung nicht beenden können, weil er nichtig sei, geht daher fehl.
1.4
Die Klägerin hat gegen den Beklagten auch keinen Anspruch wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung aus § 826 Satz 1 BGB, denn diese Norm ist im Anwendungsbereich der spezielleren Vorschrift des § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht anwendbar (vgl. Staudinger-Oechsler, Neubarb. 2009, § 826 Rn. 138).
2.
Die Klage auf Auszahlung eines vermeintlichen Vorsteuerguthabens für die Jahre 1992 und 1993 hat ebenfalls keinen Erfolg.
2.1
Soweit die Klage auf den Anspruch auf Erstattung der Vorsteuer aus § 37 Abs. 2 AO gestützt ist, ist sie unbegründet.
Der Senat hat den Rechtsstreit gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 GVG unter allen rechtlichen Gesichtspunkten zu entscheiden, so dass auch der Anspruch nach § 37 Abs. 2 AO zu prüfen war.
Die Leistungsklage auf Auszahlung des vermeintlichen Vorsteuerguthabens ist unbegründet, weil es an der Feststellung eines vom Finanzamt des Beklagten zu erfüllenden Erstattungsanspruchs durch einen Verwaltungsakt fehlt. Eine auf Zahlung gerichtete Leistungsklage kann jedoch nach dem Steuerverfahrensrecht nur dann Erfolg haben, wenn aufgrund eines abgeschlossenen Verwaltungsverfahrens der geltend gemachte Anspruch durch Verwaltungsakt festgestellt ist und nur seine Erfüllung im Sinne des § 218 Abs. 1 AO noch aussteht (vgl. BFH Urteil vom 30.11.1999, Az. VII R 97/98, zitiert nach juris, dort Rn. 31, m. w. N.). Daran fehlt es.
§ 227 AO erlaubt dem Senat nicht, der Klägerin aus Gründen der Billigkeit einen Erstattungsanspruch zuzusprechen, denn die Billigkeitsentscheidung ist Gegenstand eines eigenen Verfahrens, das die Klägerin bisher nicht durchgeführt hat, so dass eine entsprechende Entscheidung der Finanzbehörden noch nicht ergangen ist. Deshalb kann der Senat im vorliegenden Rechtsstreit nicht über die Billigkeit der Erstattung entscheiden (vgl. BFH Urteil vom 01.10.1997, Az. X R 149/94, zitiert nach juris, dort Rn. 33).
2.2
Es kann dahinstehen, ob der Klägerin ein unionsrechtlicher Staatshaftungsanspruch auf Erstattung des Vorsteuerguthabens zusteht, denn er wäre jedenfalls verjährt im Sinne des § 194 Abs. 1 BGB.
Auch hier kann offenbleiben, ob der Einspruchsbescheid vom 03.12.1996 nichtig ist im Sinne des § 124 Abs. 3 AO.
Wäre er nichtig, so bestünde ein Staatshaftungsanspruch schon nicht, denn dann wäre noch nicht unanfechtbar über die Anträge auf Vorsteuererstattung entschieden. Damit läge kein ersatzfähiger Schaden in Form des Ausfalls des Erstattungsanspruchs vor, da der Ausfall noch nicht feststünde.
Wäre der Einspruchsbescheid wirksam, so hätte die Verjährungsfrist mit dem Eintritt der formellen Bestandskraft des Einspruchsbescheides am 07.01.1997 begonnen, denn spätestens damit wäre der von der Klägerin geltend gemachte Schaden in Form des Ausfalls der Vorsteuererstattung für 1992 und 1993 entstanden im Sinne des § 198 Abs. 1 BGB a. F. Da der Anspruch auf Erstattung der Vorsteuer nicht von der Klage vom 23.08.2005 umfasst war, wurde die Verjährungsfrist für diesen Anspruch nicht durch die Klageerhebung gehemmt und wäre mit dem 10.02.2006 abgelaufen. Die Ausführungen zu 1.1.3 gelten hierfür entsprechend.
2.3
Auch ein Amtshaftungsanspruch der Klägerin nach § 839 Abs. 1 BGB i. V. m. Art. 34 GG wäre verjährt.
Nur, wenn der Einspruchsbescheid wirksam wäre, wäre der Klägerin ein Schaden in Form des Ausfalls des Erstattungsanspruchs entstanden. Als Amtspflichtverletzung, die zum Verlust des von der Klägerin geltend gemachten Vorsteuerguthabens geführt haben könnte, kämen auch hier nur die Steuerbescheide vom 15.04. und 06.06.1996 sowie der Einspruchsbescheid vom 03.12.1996 in Betracht. Andere mögliche amtspflichtwidrige Handlungen des Beklagten hinsichtlich des genannten Vorsteuerguthabens hat die Klägerin nicht vorgetragen. Die nach § 852 Abs. 1 BGB a. F. dreijährige Verjährungsfrist hätte daher mit der formellen Bestandskraft des Einspruchsbescheides am 07.01.1997 begonnen und regulär mit dem 06.01.2000 geendet.
Es kann dahinstehen, ob die Verjährungsfrist auch für den Anspruch auf Ersatz des Vorsteuerguthabens für 1992 und 1993 durch den auch auf sie bezogenen Abänderungsantrag nach § 164 Abs. 2 Satz 2 AO vom 29.07.1999 analog §§ 209, 211 BGB a. F. bis zum Erlass der Änderungsbescheide vom 10. und 31.01.2001 unterbrochen wurde, obwohl die Festsetzungsfrist nach § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO bereits abgelaufen war. Selbst wenn der Abänderungsantrag den Ablauf der Verjährungsfrist unterbrach, wäre der Anspruch jedenfalls mit Ablauf des 24.08.2007 verjährt. Die Ausführungen zu oben 1.2.2 gelten hierfür entsprechend. Die Verjährungsfrist konnte durch die Klageerhebung im Termin am 18.12.2012 nicht mehr gehemmt werden.
2.4
Ein Anspruch der Klägerin auf Ersatz des Vorsteuerguthabens aus § 1 BbgStHG wäre aus den unter 2.2 und 2.3 genannten Gründen nur entstanden, wenn der Einspruchsbescheid wirksam wäre. Dann wäre der Anspruch jedoch verjährt.
Die zunächst mit dem Zugang der Steuerbescheide vom 15.04. und 06.06.1996 in Lauf gesetzte Verjährungsfrist wäre analog § 209 Abs. 1, § 211 BGB a. F. durch Einlegung des Einspruchs bis zum Eintritt der Bestandskraft des Einspruchsbescheides unterbrochen worden und hätte mit dem 07.01.1997 erneut zu laufen begonnen. Sie wäre gemäß § 4 Abs. 1 BbgStHG mit dem 06.01.1998 abgelaufen. Tatsachen, die die Verjährungsfrist in der Zeit vom 07.01.1997 bis zum 06.01.1998 hätten hemmen können, hat die Klägerin nicht vorgetragen.
C.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO, denn es war keine klärungsbedürftige Frage zu entscheiden, deren Auftreten in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen zu erwarten ist und die deshalb das Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (vgl. BGH NJW 2002, 3029). Auch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des Revisionsgerichts im Sinne des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO. Die vorliegende Entscheidung beruht vielmehr auf der Anwendung bereits geklärter Rechtssätze auf die konkreten Umstände des Einzelfalls.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1 und 516 Abs. 3 ZPO. Die Kosten des Revisionsverfahrens vor dem Bundesgerichtshof waren der Klägerin aufzuerlegen, weil sie mit der Klage unterlegen ist.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
III.
Der Streitwert für den Berufungsrechtszug wird festgesetzt auf 34.408.469,00 € bis zum 13.03.2012, auf 66.382.400,00 € seitdem bis zum 17.12.2012 und auf 66.589.277,58 € seitdem. Da die Klägerin den auf die Erstattung der Vorsteuer für 1992 und 1993 gerichteten Antrag im Schriftsatz vom 12.03.2012 zwar sinngemäß ankündigte, ihn jedoch erst in der Sitzung 18.12.2012 formulierte, erhöhte sich der Streitwert um den Betrag der Vorsteuer erst ab diesem Zeitpunkt.