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Entscheidung 15 UF 105/19


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 3. Senat für Familiensachen Entscheidungsdatum 02.01.2020
Aktenzeichen 15 UF 105/19 ECLI ECLI:DE:OLGBB:2020:0102.15UF105.19.00
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den am 21. März 2019 verkündeten Beschluss des Amtsgerichts - Familiengerichts - Brandenburg an der Havel - 46 F 71/18 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Der Beschwerdewert wird auf 3.519 € festgesetzt.

Gründe

I.

Durch Beschluss vom 03.05.2019 - 46 FH 1017/18 - hat das Amtsgericht im vereinfachten Verfahren zur Unterhaltsfestsetzung den von der Antragstellerin an den Antragsgegner als Träger des Unterhaltsvorschusses zu zahlenden Kindesunterhalt auf insgesamt 2.427 € für die Zeit von Juli 2017 bis März 2018 und auf monatlich 100 % des Mindestunterhalts der 3. Altersstufe abzüglich des vollen Kindergeldes festgesetzt. Auf den Antrag der Antragstellerin hat das Amtsgericht durch den angefochtenen Beschluss vom 21.03.2019 den Beschluss vom 03.05.2019 dahin abgeändert, dass die Antragstellerin dem Antragsgegner keinen Kindesunterhalt schulde. Wegen der tatsächlichen Feststellungen und der Begründung wird auf den Beschluss vom 21.03.2019 Bezug genommen.

Gegen diese Entscheidung wendet sich der Antragsgegner mit der Beschwerde. Er macht geltend, dass schon die Voraussetzungen für eine rückwirkende Abänderung des Beschlusses vom 05.05.2018 nicht vorlägen, jedenfalls aber die Antragstellerin im Hinblick auf ihre gesteigerte Erwerbsobliegenheit zur Zahlung von Kindesunterhalt verpflichtet sei und sich nicht mit Erfolg auf ein deutlich höheres Einkommen des Vaters des Kindes berufen könne.

Der Antragsgegner beantragt sinngemäß,

unter Abänderung des angefochtenen Beschlusses den Abänderungsantrag für die Zeit vom 01.07.2017 bis zum 13.07.2018 abzuweisen.

Die Antragstellerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die gemäß §§ 58 ff. FamFG zulässige Beschwerde ist unbegründet. Zu Recht hat das Amtsgericht dem Abänderungsantrag stattgegeben. Denn eine Unterhaltspflicht der Antragstellerin bestand schon vom 01.07.2017 an nicht.

1.

Der Abänderungsantrag ist zulässig.

Das vorliegende Abänderungsverfahren nach § 240 FamFG ist am 23.08.2018 rechtshängig geworden (Bl. 23). Von dem Zeitpunkt an kann in jedem Fall Abänderung verlangt werden, § 240 Abs. 2 S. 1 FamFG. Dies würde sich hier aber praktisch nicht mehr auswirken, da der Antragsgegner die angefochtene Entscheidung nur noch für die Zeit bis einschließlich Juli 2018 angreift.

Eine rückwirkende Abänderung des abzuändernden Titels, des Beschlusses des Amtsgerichts vom 03.05.2018 - 46 FH 1017/18 - (Bl. 9), schon für die Zeit ab Juli 2017 setzt voraus, dass der Antrag auf Herabsetzung des Unterhalts innerhalb eines Monats nach Rechtskraft gestellt worden ist, § 240 Abs. 2 S. 1 FamFG. Davon ist hier auszugehen.

Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Amtsgerichts ist Rechtskraft des im vereinfachten Verfahren ergangenen Festsetzungsbeschlusses mit Ablauf des 08.06.2018 eingetreten (Bl. 143). Damit musste eine Antragstellung im Sinne von § 240 Abs. 2 S. 1 FamFG spätestens am Montag, dem 09.07.2018, erfolgen. Der Antrag der Antragstellerin ist per Telefax vorab am 09.07.2018 beim Amtsgericht eingegangen und damit anhängig geworden. Dass dieser Antrag mit einem Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe verbunden war, ist insoweit unschädlich. Es handelte sich nicht um ein isoliertes Verfahrenskostenhilfeverfahren. Denn nur dann, wenn ausdrücklich klargestellt wird, dass der Hauptsacheantrag nur unter der Bedingung gestellt werden soll, dass Prozesskostenhilfe (PKH) oder Verfahrenskostenhilfe (VKH) bewilligt wird, ist das Hauptsacheverfahren noch nicht als anhängig anzusehen (vgl. BGH, FamRZ 2005, 704; FamRZ 1996, 1142; FamVerf/Gutjahr, 2. Aufl., § 1 Rn. 37).

Fraglich ist aber, ob die bloße Anhängigkeit des Antrags in der Hauptsache am letzten Tag der Frist ausreicht. Dies wird von der herrschenden Meinung unter Hinweis darauf verneint, dass nach dem Willen des Gesetzgebers die Regelung inhaltlich dem früheren § 654 Abs. 2 S. 1 ZPO entsprechen sollte (so Keidel/Meyer-Holz, FamFG, 19. Aufl., § 240 Rn. 6; Wendl/Schmitz, Unterhaltsrecht, 10. Aufl., § 10 Rn. 129). In diesem Fall käme eine Fristwahrung durch bloße Anhängigmachung innerhalb der Frist nur dann in Betracht, wenn die Zustellung "demnächst" im Sinne von § 167 ZPO erfolgt (Keidel/Meyer-Holz, a.a.O., Rn. 7; FamVerf/Schael, a.a.O.,§ 1 Rn. 376).

Es wird allerdings auch die Auffassung vertreten, dass im Hinblick darauf, dass in § 240 Abs. 2 S. 2 FamFG von Anhängigkeit die Rede ist, auch im Rahmen von § 240 Abs. 2 S. 1 FamFG ausreichen soll, wenn der Antrag innerhalb der Frist beim Gericht anhängig gemacht worden ist (so Zöller/Lorenz, ZPO, 32. Aufl., § 42 FamFG Rn. 8). Dafür spreche auch der Wortlaut, wo lediglich von „Antragstellung“ die Rede sei.

Welcher der beiden Auffassungen zu folgen ist, kann hier dahinstehen. Denn auch wenn man sich der strengeren herrschenden Meinung anschlösse, wären die Voraussetzungen für eine rückwirkende Abänderung gegeben, da die Zustellung "demnächst" im Sinne von § 167 ZPO erfolgt ist.

Soweit es die Verjährungshemmung durch Verzögerung infolge eines PKH- bzw. VKH-Verfahrens betrifft, ist die gesonderte Regelung des § 204 Abs. 1 Nr. 14 BGB zu beachten. Danach kommt es auf die Veranlassung der Bekanntgabe des erstmaligen Antrags auf VKH-Gewährung an. Im isolierten Verfahren der PKH bzw. VKH kommt es schon dann zur Rückbeziehung, wenn die Klage mit ordnungsgemäßem Antrag und den Unterlagen nach § 117 Abs. 2 ZPO innerhalb der zu wahrenden Frist eingereicht wird, die Entscheidung in diesem Verfahren nicht aus Nachlässigkeit verzögert und unverzüglich nach der (positiven oder negativen) Entscheidung die Klageschrift zugestellt wird (Zöller/Greger, a.a.O., § 167 Rn. 15). Ginge man hier von einem isolierten VKH-Verfahren aus, wäre die Frist allerdings nicht gewahrt. Die Antragstellerin hat zwar in dem Telefax vom 09.07.2018 erklärt, zum Beleg der wirtschaftlichen Voraussetzungen sei eine VKH-Erklärung beigefügt. Diese ist aber nicht per Fax übermittelt worden, sondern lediglich mit dem normalen Schriftsatz, der erst am 10.07.2018 beim Amtsgericht eingegangen ist (Bl. 5). Hier aber ist – wie bereits ausgeführt - der Hauptsacheantrag unbedingt gestellt worden. Die Vorlage der VKH-Erklärung erst einen Tag später hat zu einer Verfahrensverzögerung nicht geführt. Schon am 18.07.2018 ist das VKH-Gesuch der Gegenseite übermittelt worden (Bl. 16). Am 15.08.2018 ist das VKH-Gesuch positiv beschieden worden (Bl. 18). Durch Verfügung vom selben Tag ist die Klagezustellung veranlasst worden, so dass es schon am 23.08.2018 zur Rechtshängigkeit kam (Bl. 24). Damit ist die Zustellung demnächst i.S.v. § 167 ZPO erfolgt.

2.

Der Abänderungsantrag ist begründet.

a) Allerdings war der Antragsgegner für den allein noch streitigen Zeitraum von Juli 2017 bis Juli 2018 grundsätzlich aktivlegitimiert, den Anspruch auf Kindesunterhalt geltend zu machen.

Es ist davon auszugehen, dass die Voraussetzungen für einen Anspruchsübergang bereits ab Juli 2017 gegeben sind. Denn für die Vergangenheit kann Unterhalt vom Leistungsträger gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 2 UVG bereits von dem Zeitpunkt an verlangt werden, in dem der in Anspruch genommene Elternteil von dem Antrag auf Unterhaltsleistung Kenntnis erhalten hat und darüber belehrt worden ist, dass er für den geleisteten Unterhalt nach dem UVG in Anspruch genommen werden kann. Auch wenn der Antragsgegner die Leistungen erst im Oktober 2017 rückwirkend ab 01.07.2017 erbracht und dies entsprechend der Antragstellerin auch erst unter dem 10.10.2017 mitgeteilt hat (Bl. 37), ergibt sich aus dem vorgerichtlichen Schreiben vom 14.08.2017 (Bl. 62), dass die Antragstellerin schon vorher angeschrieben worden ist. Der Antragsgegner hat hierzu unbestritten vorgetragen, die Antragstellerin sei mit Schreiben vom 17.07.2017, am 21.07.2017 zugestellt, angehört und gemäß § 6 UVG zur Auskunft über ihre Vermögensverhältnisse aufgefordert worden (Bl. 32). Damit kann davon ausgegangen werden, dass die Antragstellerin von dem Antrag auf Unterhaltsvorschuss Kenntnis erhalten hat und belehrt worden ist. Allerdings sieht § 7 Abs. 2 Nr. 2 UVG keine Rückwirkung auf den Monatsersten vor. Dies könnte dafür sprechen, dass rückständiger Unterhalt nicht – wie im Festsetzungsbeschluss bestimmt – schon ab 01.07.2017, sondern erst ab 21.07.2017 verlangt werden kann. Dies kann aber auf sich beruhen. Denn – wie noch zu zeigen ist – besteht ein Unterhaltsanspruch, der auf den Antragsgegner übergegangen sein könnte, überhaupt nicht.

b) Zutreffend ist das Amtsgericht schon in der mündlichen Verhandlung vom 18.10 2018 (Bl. 64) davon ausgegangen, dass die Antragstellerin die unstreitige Freistellungsvereinbarung mit dem Vater des Kindes dem Antragsgegner im Grundsatz nicht entgegenhalten kann. In diesem Zusammenhang macht die Antragstellerin zwar nachvollziehbar geltend, dass der Vater eigentlich gar nicht berechtigt gewesen sei, Unterhaltsvorschuss zu beantragen, was letztlich etwa ein Jahr nach Abschluss der Freistellungsvereinbarung geschehen ist. Doch diese fehlende Berechtigung, einen solchen Antrag zu stellen, bezieht sich wiederum allein auf das Verhältnis zwischen den Eltern. Dem UVG lässt sich nämlich ein Anspruchsausschluss für den Fall einer solchen Freistellungsvereinbarung zwischen den Eltern nicht entnehmen. Entsprechend war der Antragsgegner im Hinblick auf die gegebenen Voraussetzungen verpflichtet, Unterhaltsvorschuss zu leisten. Eine Rückforderung dem Vater gegenüber war entgegen der Auffassung der Antragstellerin (Bl. 146) nicht möglich. Wenn nun die Antragstellerin im Hinblick auf den Anspruchsübergang nach § 7 UVG vom Land erfolgreich auf Unterhaltszahlungen in Anspruch genommen werden könnte, müsste sie im Hinblick auf die Freistellungsvereinbarung ihrerseits Ersatz vom Vater des Kindes verlangen.

c) Die Freistellungsvereinbarung ist aber dennoch auch im vorliegenden Fall nicht unbeachtlich. Vielmehr hat sie Auswirkungen auf die gesteigerte Erwerbsobliegenheit, welche die Antragstellerin grundsätzlich nach § 1603 Abs. 2 BGB trifft.

Der gesteigert unterhaltspflichtige Elternteil muss grundsätzlich auf eigene Aus- und Fortbildungswünsche verzichten. Dies gilt vor allem dann, wenn der Unterhaltspflichtige bereits über eine Berufsausbildung verfügt und ihm die Erwerbsmöglichkeiten in dem erlernten Beruf, wenn auch möglicherweise nach einem zumutbaren Ortswechsel, eine ausreichende Lebensgrundlage bieten. Dann muss er in der Regel die angestrebte zusätzliche Ausbildung so lange verschieben, bis die Kinder nicht mehr unterhaltsbedürftig sind. Kinder müssen zwar eine Weiterbildung des Unterhaltspflichtigen hinnehmen, wenn ihr Existenzminimum, das ist der Mindestunterhalt, gesichert ist (Wendl/Klinkhammer, a.a.O., § 2 Rn. 371). Ist der Elternteil jedoch nicht in der Lage, den Mindestunterhalt zu zahlen, muss er insbesondere auch auf eine Umschulung verzichten und stattdessen eine Erwerbstätigkeit aufnehmen, welche den Mindestunterhalt des Kindes sichert (OLG Brandenburg - 1. Familiensenat -, Beschluss vom 23.07.2003 - 9 UF 111/03, NJOZ 2004, 4500).

Diese strengen Grundsätze sind im vorliegenden Fall aber nicht anzuwenden. Wenn der Vater Unterhaltsvorschuss erst ein Jahr nach der Freistellungsvereinbarung beantragt hat und die Antragstellerin somit erst im Juli 2017 mit der Unterhaltsforderung konfrontiert worden ist, war sie auch im Rahmen der gesteigerten Erwerbsobliegenheit nicht gehalten, die bereits ein Jahr zuvor begonnene Umschulung zu beenden, sondern konnte auch unterhaltsrechtlich unschädlich diese noch bis zum Abschluss ein Jahr später weiter absolvieren.

Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass im Juli 2017 noch nicht absehbar war, dass der Sohn etwa zeitgleich mit der Beendigung der Umschulung wieder in den Haushalt der Antragstellerin zurückkehren würde mit der Folge, dass von da an wieder der Vater barunterhaltspflichtig war. Die Antragstellerin musste also im Juli 2017, erstmals mit dem Unterhaltsvorschussbegehren und dem Anspruchsübergang konfrontiert, davon ausgehen, ihrem Sohn zumindest bis zu dessen Volljährigkeit, also bis zum 01.08.2020, barunterhaltspflichtig zu sein. Der Abschluss der Umschulungsmaßnahme im Sommer 2019 mit entsprechend besseren Verdienstmöglichkeiten hätte ihr die Zahlung jedenfalls des Mindestunterhalts für das letzte Jahr der Minderjährigkeit des Sohnes ermöglicht.

Nach alledem durfte die vom Arbeitsamt geförderte Umschulung in diesem Fall ausnahmsweise auch nach unterhaltsrechtlichen Maßstäben beendet werden. Auf die Frage, inwieweit diese Umschulung durch den Bandscheibenvorfall, den die Antragstellerin behauptet hat, veranlasst war, kommt es daher nicht an. Insoweit trifft es zwar zu, dass die Antragstellerin trotz Bestreitens des Antragsgegners einen Nachweis über diesen Bandscheibenvorfall nicht vorgelegt hat. Allein der einigermaßen substantiierte Vortrag zu den Auswirkungen des Bandscheibenvorfalls (Bl. 68), auf den die Antragstellerin im Beschwerdeverfahren (Bl. 194) Bezug genommen hat, reicht dann nicht aus, wenn die Gegenseite ausdrücklich bestreitet, dass eine solche Erkrankung überhaupt gegeben hat. Aber das kann auf sich beruhen.

d) Somit genügt es nach Auffassung des Senats, dass die Antragstellerin im Hinblick auf die abgeschlossene Freistellungsvereinbarung mit dem Vater - durch das Arbeitsamt gefördert – die Umschulung durchlaufen wollte und letztlich auch durchlaufen hat. Das hat zur Folge, dass ihr unterhaltsrechtlich tatsächlich nur ein Betrag von 838,20 € ( Arbeitslosengeld I) zur Verfügung stand. Denkbar wäre allenfalls, ihr noch fiktiv Einkommen aus Nebentätigkeiten zuzurechnen. Dieses wäre aber nur in einer Höhe von 165 € anrechnungsfrei, § 155 SGB III. Damit würde sich das Einkommen der Antragstellerin auf max. 1.003,20 € erhöhen. Schon damit würde sich angesichts eines notwendigen Selbstbehalts von jedenfalls 880 € keine volle Leistungsfähigkeit ergeben. Darüber hinaus ist zu beachten, dass dann, wenn das unterhaltsrelevante Einkommen überwiegend nicht auf einer Erwerbstätigkeit beruht, in Betracht kommen kann, dem Unterhaltspflichtigen einen Selbstbehalt zu belassen, der sich zwischen dem ihm im Regelfall zu belassenden Selbstbehalt für Nichterwerbstätige und dem Selbstbehalt für Erwerbstätige bewegt (BGH, Urteil vom 9. 1. 2008 - XII ZR 170/05, NJW 2008, 1373 Rn. 29). Das könnte hier dafür sprechen, angesichts der überhaupt anrechnungsfreien 165 € fiktiven Nettoeinkommens den Selbstbehalt so anzuheben, dass sich nicht allein durch die Erwerbstätigkeit eine Leistungsfähigkeit ergibt, also von einem Selbstbehalt von rund 1.003 € und damit um 123 € über dem notwendigen Selbstbehalt für Nichterwerbstätige auszugehen. Dies bedarf aber keiner abschließenden Entscheidung.

e) Eine Unterhaltspflicht der Antragstellerin entfällt jedenfalls mit Rücksicht auf das deutlich höhere Einkommen des Vaters des Kindes.

Im Hinblick auf § 1603 Abs. 2 S. 3 BGB kommt auch der betreuende Elternteil als anderer unterhaltspflichtiger Verwandter in Betracht, wenn dieser in der Lage ist, unter Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen neben der Betreuung des Kindes auch dessen Barunterhalt ohne Gefährdung des eigenen angemessenen Selbstbehalts aufzubringen. Um die Regel der Gleichwertigkeit von Bar- und Betreuungsunterhalt (§ 1606 Abs. 3 S. 2 BGB) dabei nicht ins Leere laufen zu lassen, setzt die anteilige oder vollständige Haftung des betreuenden Elternteils für den Barunterhalt des minderjährigen Kindes zusätzlich voraus, dass ohne die Beteiligung des betreuenden Elternteils am Barunterhalt ein erhebliches finanzielles Ungleichgewicht zwischen den Eltern entstehen würde (BGH, Beschluss vom 10. 7. 2013 − XII ZB 297/12, NJW 2013, 2897 Rn. 26). Nach diesen Maßstäben kann die Barunterhaltspflicht des nicht betreuenden Elternteils entfallen oder sich ermäßigen, wenn er zur Unterhaltszahlung nicht ohne Beeinträchtigung seines eigenen angemessenen Unterhalts in der Lage wäre. Kann der barunterhaltspflichtige Elternteil demgegenüber auch bei Zahlung des vollen Kindesunterhalts seinen angemessenen Selbstbehalt noch verteidigen, wird eine vollständige oder anteilige Haftung des betreuenden Elternteils für die Aufbringung des Barunterhalts nur in wenigen, besonderen Ausnahmefällen in Betracht kommen (BGH, a.a.O., Rn. 27). Wenn der betreuende Elternteil etwa über das Dreifache der unterhaltsrelevanten Nettoeinkünfte des an sich barunterhaltspflichtigen Elternteils verfügt, nähert sich die Einkommensdifferenz einer Grenze, an der es unter gewöhnlichen Umständen der Billigkeit entsprechen kann, den betreuenden Elternteil auch den Barunterhalt für das Kind in voller Höhe aufbringen zu lassen (BGH, a.a.O., Rn. 29).

Soweit es das Einkommen des Vaters betrifft, ist jedenfalls von einem Betrag von 2.742,27 € auszugehen (Bl. 129). Nach Abzug von 5 % für berufsbedingte Aufwendungen verbleiben noch 2.605 €. Höhere Fahrtkosten als 5 % sind schon deshalb nicht gerechtfertigt, weil für den Vater, was die Antragstellerin auch moniert hat, eine Steuererstattung nicht angegeben worden ist. Weiter ist anzunehmen, dass sich Wohnvorteil und Hauskreditraten gegenseitig aufheben, also eine Kreditrate in diesem Zusammenhang nicht abzusetzen ist. Auf die Anschaffung der Immobilie zusammen mit seiner jetzigen Lebensgefährtin kann er sich insoweit nicht berufen. Entweder es ist vom vollen Wohnwert die volle Kreditrate abzuziehen oder aber vom hälftigen Wohnwert nur die hälftige Kreditrate. Von einer Kostenaufhebung ist angesichts einer Kreditrate von etwa 1.200 € und einer Wohnfläche von 250 m² auf jeden Fall auszugehen. Nach Abzug der hälftigen Raten auf den weiteren (ehebedingten) Kredit verbleiben noch 2.437 €.

Damit stellt sich das tatsächliche Einkommen des Vaters auf rund das Dreifache des in diesem Zusammenhang allein maßgeblichen tatsächlichen Einkommens der Antragstellerin, die nur 838,20 € zur Verfügung hat. Dies rechtfertigt, da die Antragstellerin ihren angemessenen Selbstbehalt bei weitem nicht verteidigen kann, die rechtliche Beurteilung, dass allein der Vater für das Kind barunterhaltspflichtig ist. Denn der angemessene Selbstbehalt ist für die Antragstellerin selbst dann nicht gewahrt, wenn man diesen nicht mit 1.300 €, sondern etwa lediglich mit 1.100 € (abzgl. 200 € wegen Nichterwerbstätigkeit, vgl. Nummer 21.2. der Unterhaltsleitlinien des Brandenburgischen Oberlandesgerichts) ansetzt (vgl. insoweit auch BGH, Beschluss vom 16.10.2019 - XII ZB 341/17, BeckRS 2019, 28020).

f) Nur der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass es entgegen der Auffassung des Antragsgegners nicht widersprüchlich ist, wenn die Antragstellerin ab Juli bzw. August 2018 den Vater wieder auf Kindesunterhalt in Anspruch nimmt. Denn die von ihr behauptete Freistellungsvereinbarung bezog sich gerade auf die Situation, dass der Vater ein deutlich höheres Einkommen als sie hatte, so dass für ihn die Freistellungsvereinbarung wirtschaftlich ohne weiteres akzeptabel war. Ganz anders verhält es sich, wenn der Junge wieder in den Haushalt der Mutter wechselt. Dass auch der Vater in einer solchen Situation hätte freigestellt werden sollen, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

3.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 243 FamFG.

Da der Antragsgegner mit seinem Rechtsmittel vollständig unterlegen ist kommt es nicht darauf an, dass die ursprüngliche Beschwerde (Bl. 153) nicht auf die Zeit bis zum erneuten Obhutswechsel des Kindes in den Haushalt der Mutter im Juli 2018 beschränkt war und erst mit der Beschwerdebegründung (Bl. 165) eine solche Beschränkung erfolgt ist. Die durch die zunächst uneingeschränkte Beschwerdeeinlegung entstandenen Kosten hätte auch bei Erfolg des Rechtsmittels in jedem Fall der Antragsgegner tragen müssen.

Gegen diesen Beschluss ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.