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Ausbildungsförderung; Bewilligungsbescheid; Rücknahme; Vermögensanrechnung; Forderung; Forderungsinhaber; Schulden; Schulgeld; Abzugsfähigkeit; ausbildungsförderungsrechtlicher Bedarf; besondere Kosten der Ausbildung; Härtefreibetrag; Geltendmachung im Bewilligungszeitraum; rechtliche Verpflichtung zur Leistung; Anspruch gegen die Eltern auf Freistellung; Unterhaltsanspruch; Ausbildungsunterhalt; Bedürftigkeit; Forderungsabtretung; rechtsmissbräuchliche Vermögensübertragung; Gegenleistung


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 6. Senat Entscheidungsdatum 26.04.2012
Aktenzeichen OVG 6 B 3.11 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 45 SGB 10, § 1 BAföG, § 11 Abs 1 BAföG, § 11 Abs 2 BAföG, § 27 Abs 1 Nr 2 BAföG, § 25 Abs 6 BAföG, § 28 Abs 3 BAföG, § 398 BGB, § 414 BGB, § 415 BGB, § 1601 BGB, § 1603 BGB, § 1610 Abs 2 BGB

Leitsatz

Schulden aus einer vertraglichen Verpflichtung des Auszubildenden zur Zahlung von Schulgeld sind grundsätzlich nach § 28 Abs. 3 Satz 1 BAföG vom Vermögen des Auszubildenden abzuziehen

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 14. Dezember 2010 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die Rückforderung von Ausbildungsförderung.

In der Zeit vom 1. September 2005 bis zum 15. August 2007 absolvierte die Klägerin eine Ausbildung zur Referentin für Gesundheitstourismus am SSI am Alex, Institut für Tourismus und Marketing in Berlin, für die sie ausweislich des Teilnahmevertrages vom 2. Mai 2005 Gebühren in Höhe von 9.030,40 Euro in monatlichen Raten von 376,27 Euro zu zahlen hatte. Für diese Ausbildung bewilligte ihr der Beklagte auf ihren Antrag vom 19. Mai 2005 mit Bescheid vom 19. August 2005 für den Zeitraum September 2005 bis August 2006 Ausbildungsförderung in Höhe von monatlich 116,00 Euro und auf ihren Antrag vom 29. Juni 2006 mit Bescheid vom 18. August 2006 für den Zeitraum von September 2006 bis August 2007 Förderleistungen in Höhe von monatlich 178 Euro.

Nachdem eine Anfrage zur Feststellung von Kapitalerträgen ergeben hatte, dass die Klägerin im Jahr 2005 Freistellungsaufträge in Höhe von 416,00 Euro ausgeschöpft hatte, legte sie Nachweise vor, denen zufolge sie zum 19. Mai 2005 über Fondsanteile des Fonds Berolina-Rent mit einem Wert von 4.022,10 Euro und ein Kontoguthaben auf ihrem Girokonto in Höhe von 1.260,00 Euro und zum 29. Juni 2006 über Anteile an einem LBB-Fond in Höhe von 3.239,62 Euro und ein Guthaben auf ihrem Girokonto in Höhe von 258,62 Euro verfügt hatte. Weiterhin reichte sie einen Depotkontoauszug der DekaBank zum 31. Dezember 2005 ein, dem zu entnehmen ist, dass sich Wertpapierbestände zweier weitere Investmentfonds - Deka ImmobilienEuropa und BerolinaCapital Sicherheit - in ihrem Depot befunden hatten, die zum 30. bzw. 31. März 2005 verkauft worden waren. Die Erlöse von insgesamt 11.091,03 Euro waren ihrem Girokonto gutgeschrieben worden. Zum weiteren Verbleib des Geldes erklärte die Klägerin, dass mit der Gothaer Versicherung ein Vertrag über eine Rentenversicherung abgeschlossen worden sei, für den sie 10.000,00 Euro eingezahlt habe. Da der Versicherungsvertrag widerrufen bzw. angefochten worden sei, sei das Geld auf ein Fremdgeldkonto ihres Prozessbevollmächtigten eingezahlt und von diesem am 13. Juni 2005 auf ein Konto der Eltern überwiesen worden.

Mit Bescheiden vom 20. März 2008 hob der Beklagte die Bewilligungsbescheide vom 19. August 2005 und vom 18. August 2006 auf, lehnte die Anträge auf Bewilligung von Ausbildungsförderung wegen anzurechnenden Vermögens ab und forderte einen Betrag in Höhe von 3.528,00 Euro zurück. Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein, den der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 23. Oktober 2008 zurückwies. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, die 10.000,00 Euro aus der Auflösung der Rentenversicherung seien der Klägerin weiterhin zuzurechnen, denn sie habe das Geld rechtsmissbräuchlich, da ohne Gegenleistung an ihre Eltern übertragen.

Die Klägerin hat am 4. Dezember 2008 Klage erhoben. Sie hat vorgetragen: Sie sei zwar Inhaberin der Fonds gewesen, die Beträge, mit denen diese gespeist worden seien, seien aber durch ihre Eltern aufgebracht worden, denen letztlich der größte Teil des Geldes wieder zugeflossen sei. Eine rechtsmissbräuchliche Übertragung von Vermögenswerten liege nicht vor; diese hätten ihr zu keinem Zeitpunkt zugestanden. Selbst wenn der Betrag in Höhe von 10.000,00 Euro ihr jemals zugestanden hätte, könne nicht von einer unentgeltlichen Vermögensübertragung gesprochen werden, denn ihre Eltern hätten entsprechend einer zwischen ihnen getroffenen Absprache die monatlichen Gebühren in Höhe von 376,27 Euro, insgesamt einen Betrag in Höhe von 9.030,40 Euro für ihre Ausbildung übernommen, ohne hierzu verpflichtet gewesen zu sein.

Das Verwaltungsgericht hat der Klage mit im Wege der schriftlichen Entscheidung ergangenem Urteil vom 14. Dezember 2010 zum überwiegenden Teil stattgegeben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Der Bewilligungsbescheid vom 19. August 2005 sei rechtswidrig, soweit mit ihm eine höhere Ausbildungsförderung als 35,03 Euro monatlich bewilligt worden sei. Bei der Vermögensberechnung zu Mai 2005 sei die Forderung der Klägerin gegen die Gothaer Versicherung in Höhe von 10.000,00 Euro zu berücksichtigen, denn der Klägerin als Versicherungsnehmerin und Vertragspartnerin habe nach Anfechtung bzw. Widerruf ihres Antrags auf Abschluss eines Versicherungsvertrages der Rückzahlungsanspruch zugestanden. Von dem Vermögen sei aber das Schulgeld in Höhe von 9.030,40 Euro als Schuld abzuziehen. Da nicht erforderlich sei, dass mit der Geltendmachung im Bewilligungszeitraum zu rechnen sei, sei der Gesamtbetrag in Abzug zu bringen. Gründe für eine einschränkende Auslegung von § 28 Abs. 3 Satz 1 BAföG dahingehend, dass Schulden zur Leistung von Schulgeld nicht erfasst sind, seien nicht ersichtlich. Der Bewilligungsbescheid vom 18. August 2006 sei rechtmäßig und könnte nicht aufgehoben werden, denn das berücksichtigungsfähige Vermögen der Klägerin liege unter der Freibetragsgrenze. Dem Vermögen sei von dem Geld, das ihren Eltern aus der Rückzahlung der Gothaer Versicherung angewiesen worden sei, ein Teil zuzurechnen, denn insoweit sei von einer rechtswidrigen Vermögensübertragung auszugehen. Soweit die Eltern der Klägern für diese das Schulgeld gezahlt hätten, ohne hierzu verpflichtet gewesen zu sein, liege allerdings keine rechtsmissbräuchliche Übertragung vor, da der Klägerin mit der Befreiung von ihrer Verbindlichkeit gegenüber dem Institut eine Gegenleistung zugeflossen sei. Die fortbestehende Verpflichtung der Klägerin zur Zahlung des Schulgeldes in Höhe von noch 5.264,70 Euro sei von ihrem Vermögen in Abzug zu bringen.

Der Beklagte hat gegen das Urteil die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt er vor: Es sei fraglich, ob die Verpflichtung der Klägerin zur Zahlung des Schulgeldes eine abzugsfähige Schuld darstelle, denn ihre Eltern hätten von Anfang an zugesagt, diese Kosten zu übernehmen, es sei auch nicht ersichtlich, wie die Klägerin einen monatlichen Betrag von 376,27 Euro hätte aufbringen können. Dass eine Vereinbarung darüber bestanden habe, dass die Klägerin das Geld später zu erstatten habe, sei nicht vorgetragen. Demgemäß sei insoweit von Schenkungen oder verdeckten Unterhaltsleistungen der Eltern auszugehen; dies sei auch durchaus üblich. Die Klägerin selbst habe das Schulgeld nicht als eigene Schuld in ihren BAföG-Anträgen angegeben. Ein Abzug des geschuldeten Schulgeldes vom Vermögen des Auszubildenden würde zu einem Wertungswiderspruch zu § 25 Abs. 6 BAföG führen; Auszubildende, die selbst Vertragspartner des Ausbildungsvertrages seien, bei denen das Schulgeld aber von den Eltern gezahlt würde, würden besser gestellt als solche, bei denen die Eltern Schuldner des Schulgeldes seien und demgemäß nur einen Härtefreibetrag beantragen könnten. Darüber hinaus bestehe eine Weisung der zuständigen Senatsverwaltung für Bildung, Wissenschaft und Forschung, keine Minderung des Vermögens im Hinblick auf Schulgeld vorzunehmen, weil dies der gesetzgeberischen Intention zuwiderlaufe, keine Ausbildungsförderung für Schulgeldkosten zu leisten. Ferner habe das Verwaltungsgericht eine doppelte Anrechnung des Schulgeldes vorgenommen, es hätte aber nur der im jeweiligen Bewilligungszeitraum zu zahlende Anteil des Schulgeldes Berücksichtigung finden dürfen. Auch hätte im zweiten Bewilligungszeitraum der volle Betrag des auf die Eltern übertragenen Vermögens in Ansatz gebracht werden müssen, ein Abzug des von den Eltern bereits gezahlten Schulgeldes sei nicht gerechtfertigt.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 14. Dezember 2010 zu ändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie trägt im Wesentlichen vor: Das Verwaltungsgericht habe zutreffend begründet, dass der von der Gothaer Versicherung gezahlte Betrag ihrem Vermögen zuzurechnen sei. Es habe auch zu Recht entschieden, dass die Ausbildungskosten von ihrem Vermögen in Abzug zu bringen seien. Ihre Eltern hätten gegenüber der Ausbildungseinrichtung keine Zahlungsverpflichtung übernommen. Es sei unzutreffend, dass lediglich in dem Fall, dass sie mit ihren Eltern eine Rückzahlung der für das Schulgeld verauslagten Kosten vereinbart hätte, ein Abzug von ihrem Vermögen in Betracht komme. Ferner gebe es keinen anerkannten Erfahrungssatz, dass Eltern für gewöhnlich die Ausbildung ihrer Kinder finanzierten. Ihre Eltern hätten das Schulgeld darüber hinaus aus Vermögen bezahlt, das der Klägerin zuzurechnen sei, letztlich habe sie es also selbst gezahlt.

Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung die Klägerin informatorisch befragt und ihre Eltern als Zeugen vernommen. Hinsichtlich des Ergebnisses der Befragung und der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt des Protokolls der mündlichen Verhandlung verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des Verwaltungsvorgangs des Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung, mit der sich der Beklagte gegen das erstinstanzliche Urteil wendet, soweit das Verwaltungsgericht der Klage stattgegeben hat, ist zulässig, aber unbegründet. Die Rücknahme- und Rückforderungsbescheide vom 20. März 2008 sind, soweit sie noch Gegenstand des Berufungsverfahrens sind, rechtswidrig und verletzen insoweit die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Rechtsgrundlage für die Rücknahme der Bewilligungsbescheide ist § 45 Abs. 1 SGB X. Hiernach darf ein begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, zurückgenommen werden, wenn er rechtswidrig ist und sich der Begünstigte nach Maßgabe des § 45 Abs. 2 SGB X nicht auf Vertrauensschutz berufen kann. Die Voraussetzungen für eine vollständige Rücknahme der Bewilligungsbescheide wegen der Anrechnung von Vermögen der Klägerin lagen nicht vor, weil die zurückgenommenen Bescheide, soweit sie noch Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sind, nicht rechtswidrig sind.

Gemäß § 11 Abs. 1 BAföG wird Ausbildungsförderung für den Lebensunterhalt und die Ausbildung gewährt. Nach Absatz 2 der Vorschrift sind auf den Bedarf Einkommen und Vermögen des Auszubildenden anzurechnen. Die Anrechnung des Vermögens richtet sich nach den §§ 26 ff. BAföG. Als Vermögen gelten gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 BAföG sowohl alle beweglichen und unbeweglichen Sachen als auch alle Forderungen und sonstigen Rechte. Ausgenommen sind hiervon nach § 27 Abs. 1 Satz 2 BAföG lediglich solche Gegenstände, die der Auszubildende aus rechtlichen Gründen nicht verwerten kann. Die Wertbestimmung des Vermögens richtet sich nach § 28 BAföG. Nach Absatz 2 der Vorschrift ist der Wert des Vermögens im Zeitpunkt der Antragstellung maßgebend. Von dem Vermögen sind gemäß § 28 Abs. 3 Satz 1 BAföG die zum Stichtag bestehenden Schulden und Lasten abzuziehen. Veränderungen zwischen Antragstellung und Ende des Bewilligungszeitraums bleiben unberücksichtigt (§ 28 Abs. 4 BAföG).

1. Der Bewilligungsbescheid vom 19. August 2005 ist, soweit er noch Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist, rechtmäßig.

a) Zum 19. Mai 2005 verfügte die Klägerin über ein Vermögen von insgesamt 15.282,10 Euro. Ein auf ihren Namen geführtes Depot wies Fondsanteile des Fonds Berolina-Rent mit einem Wert von 4.022,10 Euro auf (Bestandsmitteilung Deka-Bank vom 22. November 2007, VV Bl. 40) und der Kontostand ihres Girokontos betrug 1.260,00 Euro (Bescheinigung Berliner Sparkasse vom 6. Dezember 2007, VV Bl. 41). Das Verwaltungsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass auch die Forderung gegen die Gothaer Versicherung auf Rückzahlung der eingezahlten 10.000,00 Euro dem Vermögen der Klägerin zuzurechnen ist; die Klägerin hat dies im Berufungsverfahren nicht mehr bestritten. Der Rückforderungsanspruch stand der Klägerin zu, denn sie war Vertragspartnerin der Gothaer Rechtsschutzversicherung und hatte eine entsprechende Summe bei der Versicherung eingezahlt, konnte demgemäß nach Anfechtung ihres Antrags auf Abschluss des Versicherungsvertrages das Geld herausverlangen. Es ist unerheblich, dass das bei der Versicherung eingezahlte Geld aus der Veräußerung von Fondsanteilen stammte, die zwar auf den Namen der Klägern angelegt, aber nach Angaben der Klägerin und ihrer Eltern mit Geldern ihrer Eltern erworben worden waren. Forderungsinhaber gegenüber der Bank ist nicht der Einzahlende, sondern regelmäßig der Kontoinhaber (vgl. BVerwG, Urteil vom 4. September 2008 - 5 C 30.07 -, BVerwGE 132, 10, Rn. 15 bei juris). Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin mit ihren Eltern eine Treuhandvereinbarung dahingehend abgeschlossen hätte, dass das Geld nach wie vor ihren Eltern zustehen solle, liegen nicht vor.

b) Von dem Vermögen der Klägerin sind gemäß § 28 Abs. 3 Satz 1 BAföG die zum Zeitpunkt der Antragstellung bestehenden Schulden gegenüber ihrer Ausbildungsstätte in Höhe von 9.030,40 Euro abzuziehen.

aa) Entgegen der Auffassung des Beklagten sind Schulden, die aus einer vertraglichen Verpflichtung des Auszubildenden zur Zahlung von Schulgeld resultieren, nach § 28 Abs. 3 BAföG abzugsfähig.

Der Wortlaut der Vorschrift gibt nichts dafür her, dass derartige Verbindlichkeiten nicht von ihr erfasst sein könnten. Gemäß § 28 Abs. 3 Satz 2 BAföG sind lediglich Darlehen nach diesem Gesetz von einem Abzug ausgenommen, weitere Einschränkungen enthält diese Regelung nicht.

Das Verwaltungsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass auch Sinn und Zweck der Vorschrift gegen eine solche Beschränkung sprechen. Sinn der Regelung ist, dem Auszubildenden vorerst den Einsatz von Vermögen nicht abzuverlangen, das zur Deckung des ausbildungsförderungsrechtlichen Bedarfs nicht zur Verfügung steht (vgl. BVerwG, Urteil vom 4. September 2008 - 5 C 30.07 -, a.a.O., Rn. 22 bei juris). Schulgelder sind keine Ausbildungskosten, die durch den ausbildungsförderungsrechtlichen Bedarfssatz gedeckt werden. Gemäß § 1, § 11 Abs. 1 BAföG wird Ausbildungsförderung zwar für den Lebensunterhalt und die Ausbildung geleistet. Wie sich aus der Regelung des § 23 Abs. 5 BAföG in der Fassung des 18. Änderungsgesetzes vom 17. Juli 1996 (BGBl. S. 1006) ergibt, der zufolge zur Vermeidung unbilliger Härten über die Freibeträge vom Einkommen des Auszubildenden hinaus auf Antrag zur Deckung besonderer Kosten der Ausbildung ein weiterer Teil des Einkommens anrechnungsfrei gestellt werden kann, werden aber nicht sämtliche Ausbildungskosten vom Grundbedarf erfasst. Hiervon nicht abgedeckte besondere Kosten der Ausbildung sind, wie der Begründung des Entwurfs des 18. Änderungsgesetzes zu entnehmen ist, etwa Schulgelder und Studiengebühren (BT-Drs. 13/4246 S. 22 zu Nr. 19 Buchst. d des Gesetzentwurfs, vgl. auch OVG Berlin, Urteil vom 18. Januar 2001 - OVG 6 B 120.96 -, NVwZ-RR 2002, 118, Rn. 34 bei juris; OVG Lüneburg, Beschluss vom 19. August 2010 - 4 LC 757/07 -, NdsVBl 2010, 369, Rn. 22 bei juris; Humborg in Rothe/Blanke, BAföG, Stand März 2011, § 23 Rn. 53). Sofern der Auszubildende somit sein Vermögen für die Begleichung dieser Kosten einsetzen muss, steht es ihm nicht zur Deckung seines ausbildungsförderungsrechtlichen Bedarfs zur Verfügung.

Entgegen der Auffassung des Beklagten besteht auch kein Wertungswiderspruch zu § 25 Abs. 6 BAföG, dem zufolge Eltern, Ehegatte und Lebenspartner des Auszubildenden zur Vermeidung unbilliger Härten durch Schulgeldzahlungen im Rahmen der Einkommensberechnung lediglich einen Härtefreibetrag beantragen können. Der Beklagte verkennt insoweit, dass zum einen auch der Auszubildende selbst im Hinblick auf sein Einkommen darauf verwiesen ist, für von ihm zu zahlende Schulgelder gemäß § 23 Abs. 5 BAföG einen Härtefreibetrag geltend zu machen und dass zum anderen das Vermögen von Eltern, Ehegatten und Lebenspartnern - anders als das des Auszubildenden - bei der Bewilligung von Ausbildungsförderung gänzlich außer Betracht bleibt.

Soweit der Beklagte unter Verweis auf ein Schreiben der Senatsverwaltung für Bildung, Wissenschaft und Forschung vom 11. August 2003 (GA Bl. 80), mit dem die Ämter für Ausbildungsförderung angewiesen wurden, Schulgelder oder sonstige Ausbildungskosten nicht gemäß § 28 Abs. 3 BAföG vermögensmindernd zu berücksichtigen, vorträgt, der Gesetzgeber habe durch die Streichung zusätzlicher Leistungen für Schulgelder und Studiengebühren in der Härtefallverordnung verhindern wollen, dass Ausbildungsförderung für Schulgeldkosten geleistet werde, rechtfertigt dies keine andere Beurteilung. Die Streichung von Zusatzleistungen erlaubt nicht den Schluss, dass auch eine Berücksichtigung von aus einem Ausbildungsvertrag resultierenden Verbindlichkeiten im Rahmen der Vermögensermittlung ausgeschlossen sein soll, zumal § 28 Abs. 3 BAföG eine entsprechende Einschränkung nicht enthält.

bb) Einer Berücksichtigung der gesamten Schulden steht nicht entgegen, dass sie nicht vollständig innerhalb des ersten Bewilligungszeitraums fällig wurden. Nach § 28 Abs. 3 Satz 1 BAföG sind die im Zeitpunkt der Antragstellung „bestehenden Schulden und Lasten“ abzuziehen. Eine Beschränkung darauf, dass nur diejenigen Verbindlichkeiten als Schulden zu berücksichtigen sind, mit deren Geltendmachung im Bewilligungszeitraum zu rechnen ist, ist dem Gesetzeswortlaut nicht zu entnehmen. In systematischer Hinsicht spricht gegen diese Auslegung, dass andernfalls der in § 28 Abs. 3 Satz 2 BAföG geregelte Ausschluss der Anrechnung von Darlehen nach diesem Gesetz nicht erforderlich gewesen wäre, weil diese regelmäßig erst nach Ablauf des Bewilligungszeitraums zurückzuzahlen sind. Auch Sinn und Zweck des § 28 Abs. 3 BAföG lassen diesen Schluss nicht zu, weil es im Rahmen der nach § 28 BAföG vorgesehenen „Vermögenssaldierung“ unerheblich ist, ob der Auszubildende eine bestehende Schuld während der Ausbildung aus vorhandenem Vermögen tilgt oder dies auf einen Zeitpunkt nach dem Abschluss seiner Ausbildung verschiebt (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 4. September 2008, a.a.O., Rn. 19 ff).

cc) Die Klägerin war auch rechtlich verpflichtet, das Schulgeld zu zahlen. Anhaltspunkte dafür, dass der zwischen der Klägerin und dem Ausbildungsinstitut geschlossene Teilnahmevertrag, in dem sich die Klägerin zur Zahlung des Schulgeldes verpflichtet hatte, nicht wirksam wäre, liegen nicht vor. Wie das Verwaltungsgericht ausgeführt hat, ist ferner nicht ersichtlich, dass die Klägerin oder das Ausbildungsinstitut mit ihren Eltern eine Schuldübernahme i.S.d. §§ 414 f. BGB vereinbart hätte.

Die Klägerin hatte des weiteren entgegen der Auffassung des Beklagten keinen Anspruch gegen ihre Eltern auf Freistellung von dieser Verbindlichkeit.

Es bestand keine rechtliche Verpflichtung der Eltern, die Ausbildungskosten der Klägerin im Wege des Ausbildungsunterhalts zu übernehmen. Zwar haben volljährige Kinder aus § 1601, § 1610 Abs. 2 BGB grundsätzlich einen Anspruch auf Ausbildungsunterhalt, der die Kosten einer angemessenen Berufsausbildung umfasst. Unterhaltsberechtigt ist aber nur derjenige, der außerstande ist, sich selbst zu unterhalten (§ 1603 Abs. 1 BGB). Hierbei ist auch vorhandenes Vermögen einzusetzen, wobei volljährige Kinder, wie sich aus der insoweit abweichenden Regelung des § 1603 Abs. 2 BGB für minderjährige Kinder ergibt, nicht lediglich die Erträge, sondern auch den Stamm ihres Vermögens einzusetzen haben. Da die Klägerin, wie oben ausgeführt, über ein Vermögen in Höhe von 15.282,10 Euro verfügte, war sie mithin nicht bedürftig, sondern verfügte über die Mittel, ihre Ausbildung im Bewilligungszeitraum selbst zu finanzieren.

Anhaltspunkte dafür, dass die Eltern sich verpflichtet hätten, trotz Fehlens eines entsprechenden Unterhaltsanspruchs die Ausbildungskosten der Klägerin aus eigenen Mitteln und ohne Gegenleistung der Klägerin zu tragen, liegen ebenfalls nicht vor. Die Klägerin und ihre Eltern haben in der mündlichen Verhandlung vielmehr übereinstimmend bekundet, dass sie darüber einig waren, dass das Geld aus der Rückforderung gegen die Gothaer Versicherung für die Begleichung des Schulgeldes eingesetzt werden solle. Die Klägerin hat vorgetragen, dass für sie der Besuch der Schule nur in Betracht gekommen sei, weil der Vertrag mit der Gothaer Versicherung rückabgewickelt worden sei; ihre Eltern hätten die Zahlung des Schulgeldes nur übernommen, weil das Geld aus diesem Vertrag an sie zurücküberwiesen worden sei. Ihre Mutter hat angegeben, sie, ihr Ehemann und ihre Tochter hätten sich darauf geeinigt, dass das Geld für die Schulgeldzahlungen eingesetzt werden solle; auf Grund ihres Einkommens hätten sie ohne dieses Geld ihrer Tochter diese Ausbildung nicht ermöglichen können. Auch der Vater der Klägerin hat bekundet, dass sie sich zu dritt darauf verständigt hätten, das von der Versicherung zurücküberwiesene Geld zur Zahlung des Schulgeldes zu verwenden; ohne dieses Geld hätte seine Tochter die Ausbildung nicht machen können. Diese Aussagen sind ungeachtet des Umstandes, dass die Angaben der Klägerin und der Zeugen in anderen Punkten, etwa der Herkunft des Geldes oder den Umständen des Abschlusses des Rentenversicherungsvertrages, teilweise voneinander abweichen und beide Zeugen sich nicht mehr daran erinnern konnten, dass das Geld zunächst in Fondsanteile auf den Namen der Klägerin investiert war, insoweit glaubhaft. Sie stehen in Übereinstimmung mit dem erstinstanzlichen Vortrag der Klägerin. Darüber hinaus erscheint eine solche Vereinbarung angesichts der finanziellen Verhältnisse der Familie auch plausibel. Der Vater der Klägerin verfügt als selbständiger Taxifahrer lediglich über geringe Einnahmen; wie den in den Verwaltungsvorgängen enthaltenen Steuerbescheiden zu entnehmen ist, beliefen sich seine Bruttoeinnahmen im Jahr 2003 auf 7.680,00 Euro und im Jahr 2004 auf lediglich 4.681,00 Euro. Die Mutter der Klägerin, Verwaltungsangestellte, hatte in diesen Jahren Bruttoeinkünfte in Höhe von 20.397,00 Euro bzw. 19.699,00 Euro. Bei dieser Sachlage erscheint es nachvollziehbar, dass die Eltern zusätzliche monatliche Belastungen in Höhe von 376,27 Euro aus ihren Einkünften nicht hätten finanzieren können. Hinweise darauf, dass sie über Vermögen verfügten, aus dem sie das Schulgeld hätten zahlen können, sind nicht erkennbar. Der Umstand, dass die Klägerin die Verpflichtung zur Zahlung von Schulgeld nicht unter der Rubrik „Schulden und Lasten“ in ihrem Antrag auf Ausbildungsförderung aufgeführt hat, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Die Klägerin und die Zeugen haben übereinstimmend angegeben, sie seien davon ausgegangen, dass das von der Versicherung zurückgeforderte Geld nicht der Klägerin, sondern ihren Eltern zustehe und deshalb an sie weitergeleitet werden sollte. Da aus diesem Geld das Schulgeld gezahlt werden sollte, erscheint es nachvollziehbar, dass die Klägerin diese Belastung nicht als eigene Verpflichtung bewertet hat.

c) Nach weiterem Abzug des Freibetrages von 5.200,00 Euro (§ 29 Abs. 1 Nr. 1 BAföG) verfügte die Klägerin demnach lediglich über anrechenbares Vermögen in Höhe von (4.022,10 Euro Fondsanteile + 1.260,00 Euro Kontostand + 10.000,00 Euro Rückforderung – 9.030,40 Euro Schulgeldschulden – 5.200,00 Euro Freibetrag =) 1.051,70 Euro, was einen monatlichen Anrechnungsbetrag (§ 30 BAföG) in Höhe von 87,64 Euro ergibt. Hinzuzurechnen ist das in den Bescheiden vom 19. August 2005 und 20. März 2008 (Bescheid Nr. 1) ausgewiesene, gemäß §§ 24 f. BAföG anrechenbare Einkommen der Eltern in Höhe von monatlich 69,33 Euro. Nach Abzug dieser Anrechnungsbeträge von dem monatlichen Bedarfssatz in Höhe von 192,00 Euro (vgl. § 12 Abs. 1 Nr. 1 BAföG in der Fassung vom 19. März 2003) errechnet sich der auch vom Verwaltungsgericht zu Grunde gelegte Anspruch auf Ausbildungsförderung in Höhe von monatlich 35,03 Euro.

d) Sollte davon auszugehen sein, dass die Klägerin bereits vor der Beantragung von Ausbildungsförderung gemäß § 398 BGB ihren Rückforderungsanspruch gegen die Gothaer Versicherung an ihre Eltern abgetreten hat, würde dies ebenfalls zu keinem anderen Ergebnis führen. In diesem Fall wäre der Rückforderungsanspruch lediglich noch in Höhe von 969,60 Euro dem Vermögen der Klägerin zuzurechnen.

Zwar werden Vermögenswerte, die ein Auszubildender rechtsmissbräuchlich auf einen Dritten übertragen hat, unabhängig von der bürgerlich-rechtlichen Wirksamkeit der Vermögensübertragung weiterhin dem Vermögen des Auszubildenden zugerechnet. Ein Auszubildender handelt rechtsmissbräuchlich, wenn er, um eine Anrechnung seines Vermögens zu vermeiden, dieses unentgeltlich an einen Dritten überträgt, anstatt es für seinen Lebensunterhalt und seine Ausbildung einzusetzen. Dies gilt auch dann, wenn der Auszubildende sein Vermögen an seine Eltern oder einen Elternteil überträgt, ohne eine Gegenleistung zu erhalten (vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Januar 1983 - 5 C 103.80 -, DVBl 1983, 846, Rn. 24 bei juris).

In Höhe der Schulgeldkosten wäre indes keine rechtsmissbräuchliche Vermögensübertragung anzunehmen. Wie oben dargelegt, haben die Eltern und die Klägerin sich dahingehend geeinigt, dass das Geld zur Begleichung der entstehenden Schulgeldkosten eingesetzt werden soll. Die Klägerin hätte also als Gegenleistung für die Abtretung des Anspruchs aus der Rückforderung in Höhe von 10.000,00 Euro eine Verpflichtung ihrer Eltern zur Übernahme dieser Kosten in Höhe von 9.030,40 Euro erlangt. Darauf, dass die Eltern der Klägerin zu diesem Zeitpunkt noch keine Leistungen an den Ausbildungsträger erbracht hatten, die Schulden der Klägerin also noch in voller Höhe bestanden, kommt es bei dieser Sachlage nicht an (anders das Verwaltungsgericht, vgl. S. 12 des Urteilsumdrucks).

Demgemäß hätte die Klägerin auch in diesem Fall über anrechenbares Vermögen in Höhe von (4.022,10 Euro Fondsanteile + 1.260,00 Euro Girokonto + 969,60 Euro Rest aus Rückforderung = 6.251,60 Euro – 5.200,00 Euro Freibetrag =) 1.051,60 Euro verfügt, was, wie oben unter c) dargelegt, zu einem Anspruch auf Ausbildungsförderung in Höhe von monatlich 35,03 Euro geführt hätte.

2. Der Bewilligungsbescheid vom 18. August 2006 ist nicht rechtswidrig und kann demgemäß nicht aufgehoben werden.

a) Zum Zeitpunkt der Antragstellung am 29. Juni 2006 verfügte die Klägerin unstreitig über Anteile an einem LBB-Fond in Höhe von 3.239,62 Euro und ein Guthaben auf ihrem Girokonto in Höhe von 258,62 Euro (Bescheinigung Sparkasse von 6. Dezember 2007), insgesamt 3.498,24 Euro. Dieser Summe ist von der Rückzahlung der Gothaer Versicherung in Höhe von 10.000,00 Euro, die die Klägerin im Juni 2005 an ihre Eltern hat überweisen lassen, lediglich ein Betrag in Höhe von 969,60 Euro hinzuzurechnen. Nur insoweit stellte die Übertragung des Geldes auf ihre Eltern eine rechtsmissbräuchliche Vermögensverfügung dar. Wie bereits zur Frage einer Abtretung des Rückübertragungsanspruchs oben unter 1.d) ausgeführt, stellt sich die Vermögensübertragung, soweit die Klägerin als Gegenleistung eine Verpflichtung ihrer Eltern zur Zahlung des Schulgeldes in Höhe von 9.030,40 Euro erlangt hat, nicht als rechtsmissbräuchlich dar.

b) Das somit der Klägerin zuzurechnende Vermögen von (3.239,62 Euro Fondsanteile + 258,62 Euro Kontoguthaben + 969,60 Euro Rest aus Rückforderung =) 4.467,84 Euro unterschreitet den gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 BAföG anrechnungsfrei bleibenden Freibetrag in Höhe von 5.200,00 Euro, so dass kein den Anspruch der Klägerin auf Ausbildungsförderung minderndes Vermögen verbleibt. Nach Abzug des mit Bescheiden vom 18. August 2006 und 20. März 2008 (Bescheid Nr. 2) ausgewiesenen, gemäß § 24 f BAföG anrechenbaren Einkommens der Eltern in Höhe von monatlich 13,66 Euro von dem monatlichen Bedarfssatz in Höhe von 192,00 Euro (vgl. § 12 Abs. 1 Nr. 1 BAföG in der Fassung vom 19. März 2003) ergibt sich unter Berücksichtigung der nach § 51 Abs. 3 BAföG durchzuführenden Abrundung der in dem Bescheid vom 18. August 2006 ausgewiesene Förderbetrag von 178,00 Euro.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 10, § 711 ZPO. Die Revision war gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen, weil die Frage, ob Schulgelder gemäß § 28 Abs. 3 Satz 1 BAföG als Schulden von dem Vermögen des Auszubildenden in Abzug zu bringen sind, grundsätzliche Bedeutung aufweist.