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Abgaben für Wasser- und Bodenverbände einschl. deren Umlage


Metadaten

Gericht VG Potsdam 6. Kammer Entscheidungsdatum 08.11.2012
Aktenzeichen VG 6 K 1408/09 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 78 WasG BB, § 80 Abs 2 WasG BB, § 28 aF WHG, § 39 nF WHG

Leitsatz

1. Der Umlageschuldner kann den konkreten Umlagesatz mit dem Einwand zur rechtlichen Prüfung stellen, bereits die Veranlagung der Gemeinde zum WBV-Beitrag sei rechtswidrig, weil die dafür geltenden Maßstäbe verfehlt worden seien.

2. Der Betrieb der Schöpfwerke gehört nicht zu den Aufgaben der Gewässerunterhaltung in Brandenburg.

3. Die Finanzierung des Betriebs der Schöpfwerke über die Beiträge aller Mitglieder ist daher grundsätzlich unzulässig.

Tenor

Die Bescheide des Beklagten vom 27. Juni 2008 in Gestalt der jeweiligen Widerspruchsbescheide vom 17. Juli 2009 werden aufgehoben.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung des Klägers abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen eine ihm auferlegte Gewässerunterhaltungsumlage für die Jahre 2004 bis 2007 betreffend die Beiträge der Gemeinden ..., ... und ... zum Wasser- und Bodenverband „... “.

Der Kläger ist seit November 2003 Eigentümer von Grundstücken, die mit einer Fläche 186.121 m² im Gebiet der Gemeinde ..., mit 17.749 m² im Gebiet der Gemeinde ... und mit 1.942.963 m² im Gebiet der Gemeinde ... liegen, die jeweils vom Beklagten vertreten werden und Mitglied des benannten Verbandes sind. Dieser zog die genannten Gemeinden zum Beitrag 2004 heran mit Bescheiden vom 6. Mai 2004 bei einem Satz von 5,88 €/ha, zum Beitrag 2005 mit Bescheiden vom 4. Januar 2005 bei einem Satz von 7,00 €/ha, zum Beitrag 2006 mit Bescheiden vom 17. Januar 2006 und zum Beitrag 2007 mit Bescheiden vom 13. Juni 2007.

Mit drei Bescheiden vom 26. April 2004 in der Fassung der Widerspruchsbescheide vom 4. Januar 2005 zog der Beklagte den Kläger zu Gewässerunterhaltungsgebühren für das Jahr 2004 heran. Die Bescheide wurden mit rechtskräftigem Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 18. Oktober 2007 – 9 K 357/05 – aufgehoben mit der Begründung, die ihnen zugrunde liegenden Satzungen der genannten Gemeinden vom 5. Februar, 9. Februar und 19. April 2004 seien unwirksam.

Mit den drei hier angegriffenen Bescheiden vom 27. Juni 2008 zog der Beklagte den Kläger zur Gewässerunterhaltungsumlage 2004 (ab Februar) bis einschließlich 2007 heran, und zwar hinsichtlich der Gemeinde ... in Höhe von 491,16 €, betreffend ... in Höhe von 46,83 € und hinsichtlich ... in Höhe von 5.048,06 €, bei einem Satz von jeweils 0,000588 €/m² für 2004 und im Übrigen von 0,000700 €/m². Der Kläger erhob Widerspruch mit der Begründung, die Verbandsversammlungen seien nicht beschlussfähig gewesen deshalb, weil nicht alle Mitglieder geladen worden seien; das Mitgliederverzeichnis liste nicht alle Mitglieder auf. Mit drei Widerspruchsbescheiden vom 17. Juli 2009 wies der Beklagte die Widersprüche zurück, dem Kläger zugegangen am 24. Juli 2011. Zur Begründung heißt es, der Verbandsbeitrag sei deshalb rechtmäßig beschlossen, weil der Verband alle ihm ausweislich der Mitgliederlisten bekannten Mitglieder geladen habe. Er dürfe auch den Jahresbeitrag am Jahresanfang erheben, da nur so seine Arbeitsfähigkeit zu gewährleisten sei.

Der Kläger hat am 23. August 2009 Klage erhoben. Er trägt vor, die Arbeit des Verbandes führe zu einer erheblichen Grundwasserabsenkung, die die Bestände seines Forstes schädigten, zumal dem Wald schon durch ein Wasserwerk Wasser entzogen werde. Der einheitliche Flächenmaßstab sei gleichheitswidrig, da nur die Landwirtschaft von der Verbandsarbeit profitiere; die gestaffelte Umlegung über die Grundsteuer sei gerechter. Der Verband lege außerdem Kosten nicht pflichtiger Arbeiten um.

Der Kläger beantragt,

die Bescheide vom 27. Juni 2008 in Gestalt der jeweiligen Widerspruchsbescheide vom 17. Juli 2009 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er bestreitet eine Schädigung des klägerischen Waldes durch die Verbandsarbeit. Die Melioration des ... s habe schon im 18. Jahrhundert begonnen. Sie stelle ein komplexes System der Wasserhaltung und -ableitung dar, das die Landschaft seit langer Zeit maßgeblich präge.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte und auf den der Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

1.

Die ohne weiteres zulässige Klage ist begründet.

Die angegriffenen Bescheide des Beklagten vom 27. Juni 2008 in Gestalt der jeweiligen Widerspruchsbescheide vom 17. Juli 2009 sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Ihnen ermangelt es an einer tragfähigen Rechtsgrundlage.

Die den Bescheiden zugrunde gelegten Satzungen – die Satzung der Gemeinde ... zur Umlage der Verbandsbeiträge des Wasser- und Bodenverbandes „... “ ... vom 5. November 2007 (ABl. ... Nr. 12/2007 S. 14), die Satzung der Gemeinde ... zur Umlage der Verbandsbeiträge der Wasser- und Bodenverbände „... “ ... und „... “ ... vom 10. Dezember 2007 (ABl. ... Nr. 13/2007 S. 8) und schließlich die Satzung der Gemeinde ... zur Umlage der Verbandsbeiträge des Wasser- und Bodenverbandes „... “ ... vom 29. November 2007 (ABl. ... Nr. 13/2007 S. 17) – sind nichtig.

Ermächtigungsgrundlage für den Erlass der Satzungen ist § 2 Abs. 1 des Kommunalabgabengesetzes für das Land Brandenburg (KAG) in der Fassung des Gesetzes vom 29. Juni 2004 (GVBl. I Nr. 12/2004 S. 272) in Verbindung mit § 80 Abs. 2 BbgWG in der bis zum 1. Januar 2009 geltenden Fassung der Bekanntmachung vom 8. Dezember 2004 (GVBl. I Nr. 5/2005 S. 50). Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 KAG, der gemäß § 80 Abs. 2 Satz 3 BbgWG auch insoweit Anwendung findet, dürfen Abgaben nur aufgrund einer Satzung erhoben werden. Die Satzung muss nach Satz 2 der Vorschrift den Kreis der Abgabeschuldner, den die Abgabe begründenden Tatbestand, den Maßstab und den Satz der Abgabe sowie den Zeitpunkt ihrer Fälligkeit angeben.

Diesen gesetzlichen Maßstäben genügen die genannten Satzungen nicht. Sie bestimmen den Umlagesatz in rechtlich nicht mehr haltbarer Weise dadurch, dass sie den Beitragssatz in unverminderter Höhe einstellen.

Nach der ständigen obergerichtlichen Rechtsprechung, der auch die Kammer folgt, können die Umlageschuldner über die Einhaltung der Vorgaben des § 80 Abs. 2 BbgWG und § 2 KAG hinaus auch den konkreten Umlagesatz zur rechtlichen Prüfung stellen mit dem Einwand, bereits die Veranlagung der Gemeinde zum Verbandsbeitrag sei rechtswidrig, weil die dafür geltenden Maßstäbe verfehlt worden seien. Dieser Einwand wird auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Gemeinde den ihr gegenüber erlassenen Beitragsbescheid hat bestandskräftig werden lassen (vgl. VG Potsdam, Urteil vom 9. Mai 2012 – 6 K 2294/07 –, unter Hinweis auf OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 21. März 2012 – OVG 1 B 63.11 –; BVerwG, Urteil vom 11. Juli 2007 – 9 C 1.07 u. a. –, NVwZ 2008, 314).

Zu den damit erheblichen Punkten gehört unter anderem der beitragswirksame Aufwand des Verbandes. Insoweit konnte die Kammer nicht die in anderen Verfahren gewonnene und damit gerichtsbekannte Tatsache unberücksichtigt lassen, dass der auch hier in Rede stehende Wasser- und Bodenverband „... “ auch den Betrieb der Schöpfwerke im Verbandsgebiet nicht den jeweils Begünstigten in Rechung gestellt, sondern allgemein über die Beiträge aller Mitglieder finanziert hat. Der hierin liegende Verstoß gegen die Bestimmungen der Verbandssatzung über die Beitragserhebung ist erheblich und beschwert über die Mitglieder auch die Umlageschuldner wie den Kläger.

Nach § 30 Abs. 2 der Verbandssatzung (AAnz. Nr. 41/1997 S. 990/995) verteilt sich die Beitragslast für die Gewässerunterhaltung auf die Mitglieder im Verhältnis der Flächeninhalte der zum Verbandsgebiet gehörenden Grundstücke. Für die übrigen Aufgaben des Verbandes erfolgt die Beitragsbemessung nach dem Vorteil, den die Mitglieder von der Erfüllung der Aufgabe haben.

Der Betrieb der Schöpfwerke gehört nicht zu den Aufgaben der Gewässerunterhaltung in diesem Sinn. Der entgegenstehenden Auffassung im Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 17. November 2010 (VG 10 K 294/10) vermag die Kammer sich nicht anzuschließen.

Die Satzung enthält keine Bestimmung des Begriffs der Gewässerunterhaltung. Er lässt sich insbesondere nicht der Aufgabenzuweisung in § 2 der Verbandssatzung entnehmen. Diese Vorschrift nennt auch Arbeiten außerhalb der Gewässerunterhaltung, darunter in Nr. 8 die „Herrichtung, Erhaltung und Pflege von Flächen, Anlagen und Gewässern zum Schutz des Naturhaushaltes, des Bodens und für die Landschaftspflege“, oder in Nr. 10 die „Durchführung von Arbeiten nach Auftrag durch das Landesumweltamt“.

Maßgeblich ist damit die gesetzliche Bestimmung des Umfangs der Gewässerunterhaltung.

Abschließende bundesrechtliche Vorgaben bestehen insoweit nicht.

§ 28 des Wasserhaushaltsgesetzes in der Fassung bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Neuregelung des Wasserrechts vom 31. Juli 2009 (BGBl. I Nr. 51/2009 S. 2585) am 1. März 2010 zählte in Abs. 1 Satz 1 zur Unterhaltung eines Gewässers seine Pflege und Entwicklung. Nach Satz 5 umfasste die Unterhaltung auch die Erhaltung eines ordnungsgemäßen Abflusses. Das erfordert – in Abgrenzung zum Ausbau – die Bewahrung und gegebenenfalls Wiederherstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes für den Wasserabfluss, das heißt die Erhaltung des wasserwirtschaftlichen status quo (Kotulla, Wasserhaushaltsgesetz, Stuttgart 2003, § 28 WHG Rdnr. 9; ders., LKV 1996 S. 356/357). Der ordnungsmäßige Zustand für den Wasserabfluss meint den ungehinderten, dem natürlichen Gefälle folgenden Ablauf des Wassers im Gewässerbett, das ihm nach den natürlichen Bodenverhältnissen gewöhnlich zufließt und bei normalem Zustand von Bett und Ufer aufgenommen werden kann. Dieser Abfluss wird regelmäßig dadurch sichergestellt, dass der Abflussquerschnitt uneingeschränkt erhalten bleibt. Die an der Erhaltung des Wasserabflusses ausgerichtete Unterhaltungspflicht beinhaltet alle Arbeiten an Gewässerbett und Ufer, die notwendig sind, damit das normalerweise dort befindliche Wasser ungehindert und gefahrlos abfließen kann (ders. ebd.; Czychowsi/Reinhardt, Wasserhaushaltsgesetz, 8. Aufl. 2003, § 28 WHG Rdnr. 23 ff.). Notwendig können hierbei werden Arbeiten wie das Beseitigen von Sandbänken, Schlamm- und Geröllablagerungen sowie von umgestürzten Bäumen und ähnlichen Abflusshindernissen, das Entkrauten und das Entfernen abgetrennter Pflanzen aus dem Gewässer, die Befestigung von Uferböschungen, das Mähen der Ufer sowie die Beseitigung von Bäumen und Sträuchern (Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 3. Aufl. 2004 Rdnr. 928; Czychowsi/Reinhardt ebd. Rdnr. 26).

Nunmehr sieht § 39 Abs. 1 WHG n. F. vor, dass die Unterhaltung eines oberirdischen Gewässers seine Pflege und Entwicklung als öffentlich-rechtliche Verpflichtung umfasst. Zur Gewässerunterhaltung gehören unter anderem die Erhaltung des Gewässerbettes, auch zur Sicherung eines ordnungsgemäßen Wasserabflusses (Nr. 1) und die Erhaltung des Gewässers in einem Zustand, der hinsichtlich der Abführung oder Rückhaltung von Wasser, Geschiebe, Schwebstoffen und Eis den wasserwirtschaftlichen Bedürfnissen entspricht (Nr. 5). Diese Vorschriften konkretisieren den Umfang der Unterhaltung unter weitgehender Übernahme entsprechender Vorgaben in den meisten Landeswassergesetzen und unter Rückgriff auf § 28 WHG a. F. (BT-Drs. 16/12275 S. 63). Im Hinblick auf die notwendigen Arbeiten zur Sicherung eines ordnungsgemäßen Wasserabflusses gelten die zu § 28 WHG entwickelten Maßstäbe folglich im Wesentlichen fort (vgl. Czychowsi/Reinhardt, Wasserhaushaltsgesetz, 10. Aufl. 2010, § 39 WHG Rdnr. 29 ff.51 ff.).

Der Katalog der zur Gewässerunterhaltung gehörenden Tätigkeiten nach § 39 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 bis 5 WHG n. F. ist indes nicht abschließend. Er bestimmt insofern nur einen Kernbestand von Unterhaltungsmaßnahmen, bei denen auch und gerade auf Grund der durch die Wasserrahmenrichtlinie deutlich gewachsenen Bedeutung der Gewässerunterhaltung ein Bedürfnis für eine bundeseinheitliche Regelung besteht. Soweit das Landesrecht weitergehende Unterhaltungsverpflichtungen vorsieht, bleiben diese unberührt (BT-Drs. 16/12275 S. 63; Czychowsi/Reinhardt ebd. Rdnr. 75; Breuer ebd. Rdnr. 31; ebenso zu § 28 WHG a. F. BVerwG, Beschluss vom 17. November 2009 – 7 B 14/09 –, NVwZ 2010, 267). Mit Blick auf Schöpfwerke und andere Anlagen, die der Abführung des Wassers dienen, haben die Länder Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Sachsen-Anhalt hiervon Gebrauch gemacht. Nach § 22 des Bremischen Wassergesetzes (vormals § 98 Abs. 2 Satz 2 BremWG) gehören zur Gewässerunterhaltung im Sinne von § 39 Abs. 1 Satz 1 WHG n. F. auch die Erhaltung eines ordnungsgemäßen Abflusses und die Unterhaltung und der Betrieb der hierfür erforderlichen Anlagen. Dem entspricht § 62 des Landeswassergesetzes Mecklenburg-Vorpommern (vormals § 62 Abs. 1 Nr. 7 LWaG; hierzu OVG Greifswald, Beschluss vom 8. Juni 2009 – 1 M 160/08 –, NordÖR 2009, 315). Nach § 52 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 des Wassergesetzes für das Land Sachsen-Anhalt (vormals § 102 Abs. 2 Satz 2 WG LSA) gehören zu den Maßnahmen der Gewässerunterhaltung insbesondere auch die Unterhaltung und der Betrieb der Anlagen, die der Abführung des Wassers dienen (siehe auch OVG Magdeburg, Urteil vom 18. Januar 2001 – 1 L 25/00 –, LKV 2001, 413 = ZfW 2002, 113). Entsprechendes sieht § 61 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 des Niedersächsischen Wassergesetzes (vormals § 98 Abs. 2 Nr. 4 NWG) vor (hierzu OVG Lüneburg, Urteil vom 10. Dezember 2008 – 13 LC 171/06 –, ZfW 2010, 63).

Dem Brandenburgischen Landesrecht fehlt eine entsprechende Vorschrift. § 78 BbgWG in der Fassung des Gesetzes vom 19. Dezember 2011 (GVBl. I Nr. 33/2011 S. 1/19) bestimmt den Begriff und damit auch den Umfang der Gewässerunterhaltung nicht abweichend vom Bundesrecht (LT-Drs. 5/3021 S. 75). Er beschränkt sich nunmehr auf die Vorgabe, die Gewässerunterhaltung sei nach Maßgabe der von der obersten Wasserbehörde eingeführten Richtlinie und unter Beachtung der Ergebnisse der Gewässerschauen durchzuführen.

Nach § 78 BbgWG in der für den streitgegenständlichen Zeitraum maßgeblichen Fassung der Bekanntmachung vom 8. Dezember 2004 (GVBl. I Nr. 5/2005 S. 50) ist es Aufgabe der Gewässerunterhaltung, die Funktionsfähigkeit des Gewässerbetts einschließlich der Ufer bis zur Böschungsoberkante zu erhalten bzw. wieder herzustellen. Zur Gewässerunterhaltung gehören, auch im Hinblick auf die ökologische und landeskulturelle Funktion der Gewässer, insbesondere die Erhaltung und Wiederherstellung eines heimischen Pflanzen- und Tierbestandes in naturnaher Artenvielfalt; die Erhaltung und Verbesserung des Selbstreinigungsvermögens, soweit nicht andere dazu verpflichtet sind; die Freihaltung, Reinigung und Räumung des Gewässerbetts und der Ufer, soweit es dem Umfang nach geboten ist; die Freihaltung des Gewässers und seiner Ufer von Schädlingen, sowie die Entnahme fester Stoffe aus dem Gewässer oder von seinem Ufer, soweit es im öffentlichen Interesse erforderlich ist. Der Gesetzgeber wollte damit ausdrücklich die Kohärenz mit § 28 WHG a. F. herstellen (LT-Drs. 3/7218 S. 17 und 46 f.), also keine weitergehenden Anforderungen stellen als im Bundesrecht vorgesehen.

Dies entspricht im Wesentlichen der ursprünglichen Fassung des Gesetzes vom 13. Juli 1994 (GVBl. I Nr. 22/1994 S. 302/325 f.). Auch dieses bezog sich zum Umfang der Gewässerunterhaltung bereits weitgehend auf § 28 WHG, sah es aber als geboten an, die Aufgaben der Gewässerunterhaltung unter Berücksichtigung der Landesbesonderheiten zu präzisieren. Das erfordere, die Gewässerunterhaltung nicht nur innerhalb der Uferlinien eines Gewässers durchzuführen, sondern auch auf dem Ufer bis zur Böschungsoberkante. Zudem müsse zur Unterhaltung auch die Erhaltung und Wiederherstellung eines angemessenen heimischen Pflanzen- und Tierbestandes in naturnaher Artenvielfalt gehören (LT-Drs. 1/2769 S. 73 und 167).

Der von der Gesetzesbegründung mithin nicht erwähnte Schöpfwerksbetrieb war im Folgenden häufiger Gegenstand politischer Diskussion und parlamentarischer Beratung. So richtete die Abgeordnete Fiebiger (PDS-LL) bereits im November 1992 eine Kleine Anfrage betreffend den Schöpfwerksbetrieb an die Landesregierung. Diese antwortete dahingehend, dass der Betrieb von den natürlichen Gegebenheiten wie auch der Wassermenge abhinge. Deshalb müsse in jedem Falle standortbezogen durch alle von einem Schöpfwerk Bevorteilten im Territorium über den Zeitpunkt und die Dauer des Betriebes entschieden werden. Die Gewässerunterhaltungsverbände seien fachlich in der Lage, den Betrieb der Schöpfwerke zu übernehmen. Die hierbei entstehenden Kosten seien von denjenigen zu tragen, die dabei Vorteile erzielen. Sie müssten den Betrieb der Schöpfwerke wie die erforderliche anteilige Finanzierung in enger Zusammenarbeit mit den Gewässerunterhaltungsverbänden abstimmen (LT-Drs. 1/1381).

Eine Kleine Anfrage des Abgeordneten Thierbach (SPD) vom Juli 1995 wies darauf hin, dass das Betreiben von Schöpfwerken im Land Brandenburg in vielen Regionen zwingend erforderlich sei und im Allgemeininteresse liege. Noch immer stehe der Schöpfwerksbetrieb aber vor erheblichen Problemen, gerade im – hier betroffenen – Gebiet der unteren Havel, insbesondere des Rhin- und Havelluchs. Die Eigentumsverhältnisse seien oft ungeklärt und die Betriebs-, Instandhaltungs- und Instandsetzungskosten hoch, worauf der Bauernverband des Landkreises Havelland immer wieder aufmerksam gemacht habe. Die Frage nach der Zuständigkeit für die Schöpfwerke an Gewässern II. Ordnung beantwortete die Landesregierung dahingehend, dass ihre Unterhaltung, d. h. die Erhaltung der baulichen Substanz in einem ordnungsgemäßen Zustand, dem jeweiligen Gewässerunterhaltungsverband obliege. Diese umfasse jedoch nicht den Betrieb der Anlage. Dieser obliege dem zivilrechtlich zum Betreiben der Anlage Befugten, der die Kosten nach dem Vorteilsmaßstab auf die Bevorteilten umlegen könne (LT-Drs. 2/1570).

Im Mai 1997 fragte der Abgeordnete Helm (CDU) die Landesregierung, welche Überlegungen sie anstelle, „um das Problem der Schöpfwerke im Lande endlich einer Klärung zuzuführen“. Der zuständige Landesumweltminister antwortete, sein Haus habe schon ca. drei Jahre zuvor den Wasser- und Bodenverbänden empfohlen, den Betrieb und die Unterhaltung der Schöpfwerke an Gewässern II. Ordnung als freiwillige Aufgabe zu übernehmen. Viele Verbände seien dem gefolgt; andere hätten dagegen Schwierigkeiten erfahren, die erforderlichen zivilrechtlichen Absprachen zu treffen. Wie sich auch aus dem Rundschreiben seines Hauses vom 21. Juli 1996 ergebe, sei ein solcher Vertrag erforderlich und seien die durch den Betrieb der Anlage entstehenden Kosten grundsätzlich nach dem Vorteilsprinzip auf die Bevorteilten umzulegen. Ob eine weitergehende Regelung notwendig sei, eventuell im Rahmen des Änderungsgesetzes zum Wassergesetz, werde sein Haus dem Landtag nach der Sommerpause mitteilen (LT-Prot. 2/61 S. 5178 f.).

Die im Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Änderung des Brandenburgischen Wassergesetzes (LT-Drs. 2/3372) noch nicht angesprochene Frage des Schöpfwerksbetriebes war zentrales Thema in der Anhörung und Beratung innerhalb der beteiligten Ausschüsse. Der Landkreistag etwa wies in seiner Stellungnahme darauf hin, dass eine sachgerechte Regelung für den Betrieb und die Instandhaltung der Pump- und Schöpfwerke notwendig sei. Von der Funktionsfähigkeit dieser Anlagen hänge die sachgerechte Entwässerung weiter Landstriche ab. Die Schöpfwerke seien, oftmals noch aus DDR-Zeiten, zwar vorhanden. Von ihrer Inbetriebnahme sei aber oft wegen der erheblichen Betriebskosten abgesehen worden, teils aber auch, weil die Eigentumsverhältnisse ungeklärt seien. Er regte daher an, die Unterhaltung und den Betrieb der Anlagen, die der Abführung des Wassers dienen, den Wasser- und Bodenverbänden dadurch zu überantworten, dass § 78 Satz 3 BbgWG über den Umfang der Gewässerunterhaltung um eine entsprechende Nr. 6 ergänzt wird (Ausschussprotokoll 2/645 vom 7. Februar 1997 S. 13/18 f.). Der Vorschlag des Landesbauernverbandes ging in die gleiche Richtung, sprach sich aber für eine Kostentragung der Bevorteilten aus (ebd. S. 55/57). Der Städte- und Gemeindebund befürwortete demgegenüber eine Förderung der Wasser- und Bodenverbände, die Schöpfwerke betreiben (ebd. S. 25/28). Auch der Landeswasserverbandstag sprach sich dafür aus, dass die Wasser- und Bodenverbände „Anlagen an, in, über und unter den Gewässern“ mit Zustimmung der Eigentümer nach ihrem Ermessen betreiben können; die Kosten sollten die Verursacher bzw. Bevorteilten tragen (ebd. S. 31 f.).

Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Raumordnung erläuterte in der Beschlussempfehlung und dem Bericht vom 17. Dezember 1997 zur vorgeschlagenen Änderung des § 81 BbgWG, der Betrieb der Schöpfwerke habe in den Beratungen einen besonderen Schwerpunkt dargestellt. Im Laufe sehr intensiver Beratungen hätten sich alle Fraktionen in entsprechenden Änderungsanträgen dafür ausgesprochen, dass „über die Maßnahmen der Gewässerunterhaltung hinaus auch der Betrieb von Schöpfwerken durch das Land gefördert werden solle, wenn dieser Betrieb dem Allgemeinwohl dient“ (LT-Drs. 2/4744 S. 24).

Auch im Plenum wurde die Frage des Schöpfwerksbetriebes vor der Änderung des Brandenburgischen Wassergesetzes am 19. Dezember 1997 intensiv erörtert. Nach dem Abgeordneten Stöcker (CDU; LT-Prot 2/76 S. 6304 f.) und der Abgeordneten Seidel (SPD; LT-Prot 2/76 S. 6306) sowie dem Abgeordneten Prof. Dr. Gonnermann (PDS) sprach der zuständige Fachminister Platzeck die Frage mit folgenden Worten an (LT-Prot. 2/76 S. 6308/6309):

„Ich will […] zu dem Thema Schöpfwerke nur noch deutlich machen, dass der Versuch einiger Bundesländer, den Betreib von Schöpfwerken der Gewässerunterhaltung gleichzusetzen, […] als gescheitert angesehen werden darf. Ich halte den nunmehr gefundenen Kompromiss zu den Schöpfwerken für einen sehr guten Kompromiss. Diese Regelung, die gerade nicht auf Zwangslösungen setzt, ist zukunftsfähig und wird es auch bleiben.“

Besonders diese Zusammenfassung der gesetzgeberischen Motivation macht für die Kammer nach der dargestellten Genese des § 81 Abs. 2 BbgWG den Willen des Landesgesetzgebers deutlich. Er hat sich nach langer und intensiver Diskussion und Anhörung zahlreicher Beteiligter ganz offensichtlich bewusst gegen das in anderen Ländern entwickelte Modell entschieden, den Schöpfwerksbetrieb und seine Finanzierung dadurch sicherzustellen, dass er zur Gewässerunterhaltung gezählt wird. Einen entsprechenden Änderungsvorschlag, der in der Anhörung formuliert wurde, hat er nicht aufgegriffen. Stattdessen hat er, dem Wunsch des Wasserverbandstags folgend, sich für eine Regelung entschieden, die „nicht auf Zwangslösungen setzt“. Die gewässerunterhaltungspflichtigen Wasser- und Bodenverbände sollen nicht zum Betrieb verpflichtet sein. Sie sollen vielmehr Landeszuschüsse zur (teilweisen) Deckung der Betriebskosten erhalten (so ausdrücklich Loger/Nögel, Brandenburgisches Wasserrecht, 1998, § 81 BbgWG Rdnr. 2).

Die Kammer ist sich bewusst, dass dieser finanzielle Anreiz eventuell unzureichend sein oder werden kann, um die erstrebte Sicherung des Schöpfwerksbetriebes zu erreichen, mit den entsprechenden Folgen für die Gewässerunterhaltung als Ganzes, jedenfalls in einzelnen Gebieten des Landes (hierzu vgl. VG Potsdam, Urteil vom 17. November 2010 – VG 10 K 294/10 –). Der gesetzgeberische Wille ist aber zu respektieren.

Die durch den Betrieb der Schöpfwerke dem Verband entstehenden, über den allgemeinen Flächenbeitrag finanzierten Kosten waren hier auch erheblich. Sie überschritten die Geringfügigkeitsschwelle jedenfalls, ohne dass diese abschließend bestimmt werden müsste. Nach den Angaben des Verbandsgeschäftsführers in seiner Zeugeneinvernahme vom 11. Oktober 2012 im Verfahren VG 6 K 1265/09 erwuchsen dem Verband aus dem Betrieb der Schöpfwerke in den hier streitgegenständlichen Jahren durchschnittliche Kosten von jeweils 245.000 €, die nur gut zur Hälfte vom Land bezuschusst wurden. Der übrige Teil wurde aus den allgemeinen Flächenbeiträgen finanziert, die der Verband jährlich in einem Umfang von etwa 1.200.000 € vereinnahmt. Diese Erkenntnis wurde den Beteiligten des hiesigen Verfahrens eröffnet. Sie hatten Gelegenheit zur Stellungnahme, und zogen hierbei die Richtigkeit der Angaben nicht in Zweifel.

2.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 154 Abs. 1 und 167 VwGO sowie §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 1 und 2 sowie 711 ZPO.

Die Zulassung der Berufung beruht auf § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO. Der Umfang der Gewässerunterhaltungspflicht nach Brandenburger Landesrecht hat grundsätzliche Bedeutung.