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Entscheidung 5 U 152/08


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 5. Zivilsenat Entscheidungsdatum 29.11.2012
Aktenzeichen 5 U 152/08 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

1. Auf die Berufung und die Anschlussberufung wird das am 4. Juli 2008 verkündete Urteil des Landgerichts Potsdam teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, das vom Notar … in … beurkundete Angebot der Klägerin auf Abschluss eines Kaufvertrages vom 28. Februar 2007 (UR-Nr. 0347/2007) – wie aus der Anlage zum angefochtenen Urteil ersichtlich – betreffend eine Teilfläche von 1.841 qm des im Grundbuch von G… Blatt 251 gebuchten Grundstücks Gemarkung G…, Flur 1, Flurstück 37, anzunehmen.

Auf die Widerklage wird die Klägerin verurteilt, der Löschung des im Grundbuch von G… Blatt 251 in Abteilung II unter laufender Nummer 4 eingetragenen Besitzrechtsvermerkes zuzustimmen.

Im Übrigen wird die Widerklage abgewiesen.

2. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 90.000,00 € abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 500,00 € abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.

5. Der Gegenstandswert für das Berufungsverfahren wird auf 105.653,77 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Klägerin begehrt den Abschluss eines Grundstückskaufvertrages nach dem Verkehrsflächenbereinigungsgesetz (VerkFlBerG) betreffend eine Teilfläche von 1.841 qm des im Grundbuch von G… Blatt 251 gebuchten Grundstücks Gemarkung G…, Flur 1, Flurstück 37, die sie zur Nutzung eines teilweise auf dem Grundstück (teilweise auf der ihr gehörenden Nachbarparzelle 38, jetzt 613) errichteten Schulgebäudes benötige. Die Beklagte, die das mit einem Besitzrechtsvermerk belastete Grundstück im August 2005 durch Zuschlag in der Zwangsversteigerung erworben hat (Amtsgericht Potsdam – 3 K 204/98), hat im ersten Rechtszug widerklagend Nutzungsentschädigung aus Eigentümer-Besitzer-Verhältnis betreffend das Gebäude verlangt, nämlich (insoweit teilklagend aus 11.100,00 €) monatlich 8160,00 € für die Monate Januar bis Dezember 2004 und monatlich 11.100,00 € für die Monate Dezember 2005 und Dezember 2007, und das Nichtbestehen des im Grundbuch eingetragenen Besitzrechts geltend gemacht.

Wegen des Sach- und Streitstands im ersten Rechtszug und der dort gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (i. d. F. des Berichtigungsbeschlusses vom 29. Juli 2008) verwiesen.

Das Landgericht hat die Beklagte verurteilt, das notarielle Angebot vom 28. Februar 2007 des Notars … aus … (UR-Nr. 0347/2007), wie aus der Anlage zu dem Urteil ersichtlich, zum Abschluss eines Kaufvertrages für die in § 1 Nr. 3 der vorgenannten Urkunde bezeichnete Teilfläche von 1.814 m² des Grundstücks Gemarkung G…, Flur 1, Flurstück 37, eingetragen im Grundbuch von G… Blatt 251, anzunehmen. Auf die Widerklage hat die Kammer der Beklagten – unter Klageabweisung im Übrigen – Nutzungsentgelt für die Zeit ab schriftlicher Geltendmachung in dem Rechtsstreit Landgericht Potsdam – 1 O 35/02 – im Dezember 2001 in Höhe von 8 Prozent des zu beanspruchenden Kaufpreises für 14 Monate zugesprochen. Dem Erkenntnis hat das Landgericht eine Bereinigungslage nach dem VerkFlBerG zugrunde gelegt. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.

Gegen das ihr am 8. Juli 2008 zugestellte Urteil wendet sich die Beklagte mit ihrer am 8. August 2008 eingelegten und nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 31. Oktober 2008, einem Freitag und gesetzlichen Feiertag, am 3. November 2008 begründeten Berufung.

Die Beklagte rügt die „Aktivlegitimation“ der Klägerin mit der Begründung, die Nutzung des Gebäudes zu DDR-Zeiten als Poytechnische Oberschule setze sich nicht in der gegenwärtigen öffentlichen Nutzung als Grundschule und jedenfalls teilweise Kinderhort fort.

Die Beklagte vertritt weiterhin die Auffassung, dass das Schulgebäude wesentlicher Bestandteil der Katasterparzelle 37 sei. Bereits ihr Rechtsvorgänger B… F… habe daher das Grundstück mit Schule im Jahre 1996 rechtsgeschäftlich lastenfrei erworben, da im Grundbuch seinerzeit keine Lasten eingetragen gewesen seien und ihr Rechtsvorgänger insbesondere im Hinblick darauf, dass die Klägerin auf ihr gemeindliches Vorkaufsrecht nach dem BauGB verzichtet habe, gutgläubig gewesen sei. Die Lastenfreiheit sei durch ihren rechtsgeschäftlichen Erwerb im Jahre 1997 perpetuiert worden. Bei dem im Januar 1999 eingetragenen Besitzrechtsvermerk handele es sich um einen Falscheintrag, weil sich dieser gemäß § 7 GGV auf die Sachenrechtsbereinigung bezogen habe. Jedenfalls sei ein Bereinigungsanspruch der Klägerin durch Beschlagnahme und Zuschlag von Grundstück (mit dem Gebäude als wesentlichem Bestandteil) untergegangen, da das Besitzmoratorium kein nach §§ 52, 91 ZVG bestehen bleibendes Recht darstelle. Darüber hinaus sei eine Bereinigungslage aufgrund des Verzichts der Klägerin auf ihr bauplanungsrechtliches Vorkaufsrecht ausgeschlossen.

Ferner meint die Beklagte, dass das notarielle Kaufvertragsangebot nicht hinreichend bestimmt sei. Kaufgegenstand sei nach dem Vertragstext die mit der Schule genutzte noch zu vermessende Teilfläche, deren Lage und Umfang sich allein aus § 4 Abs. 1 Nr. 1 VerkFlBerG ergeben solle. Lediglich zur zeichnerischen Darstellung sei auf eine der Niederschrift als Anlage beigefügte Flurkarte verwiesen worden, auf der die Teilfläche grün umrandet dargestellt und an den Eckpunkten mit den Buchstaben A, B, C, D, A markiert und mit einer Größe von ca. 1.841 m² ausgewiesen sei. Der Lageplan sei jedoch weder der Urkunde noch dem Urteil beigefügt. Auch habe das Landgericht dem Kaufpreis nicht den für 2001 ermittelten Bodenwert zugrunde legen dürfen, den die Beklagte nicht für den maßgeblichen Wertermittlungsstichtag März 2007 unstreitig gestellt habe, sondern der ausweislich des gerichtlichen Hinweises vom 2. Juli 2007 nicht schlüssig dargelegt gewesen sei. Gleichfalls sei von der Klägerin nicht schlüssig dargelegt worden, dass sie eine Teilfläche von 1.841 qm der Katasterparzelle 37 für die Nutzung des Schulgebäudes benötige, wofür vielmehr „allenfalls das nördliche Drittel des Flurstücks“ ausreiche. Auf einen Teil der Teilfläche (Anlage BK 6 gelb, 869 GA) habe die Klägerin zudem im Rahmen mit Vergleichsgesprächen mit der Beklagten verzichtet und „also“ die Nutzung dieser Teil-Teilfläche aufgegeben, so dass ein Bereinigungsanspruch insoweit „danach verwirkt“ sei. Eine Zuvielforderung der Klägerin sei nicht im Urteilsauspruch heilbar, da bei einer auf Abgabe einer Willenserklärung gerichteten Klage der Grundsatz der Antragsbindung uneingeschränkt Gültigkeit beanspruche (1935 ff. GA). Das Kaufvertragsangebot beinhalte zudem die Verpflichtung zur Verschaffung lastenfreien Eigentums, obwohl das Grundstück zum Zeitpunkt des Angebots rückübertragungsbelastet gewesen sei und der diesbezügliche Vermerk in Abteilung II des Grundbuchs erst im September 2007 gelöscht worden sei. Des Weiteren meint die Beklagte, dass sie die Übertragung lastenfreien Eigentums im Hinblick auf die in Abteilung III des Grundbuchs unter lfd. Nrn 7 und 8 eingetragenen Eigentümergrundschulden allenfalls insoweit schulde, als die Grundpfandrechte den ihr angebotenen Kaufpreis überstiegen. Schließlich sei der in Nr. I. 2. enthaltene Widerrufsvorbehalt zugunsten der Klägerin mit der gesetzlichen Regelung unvereinbar.

Darüber hinaus erhebt die Beklagte die Einrede aus § 3 Abs. 2 VerkFlBerG, die sie mit einem Herausgabeanspruch begründet, der vor Ablauf der in der Vorschrift genannten Frist fällig werde.

Hinsichtlich der Widerklage rügt die Beklagte, dass ihr das Landgericht anderes als beantragt zugesprochen habe, nämlich Nutzungsentgelt für das Grundstück statt für das Schulgebäude. Der letztgenannte Anspruch aus Eigentümer-Besitzer-Verhältnis werde im Kosteninteresse nur mehr für den Monat Dezember 2005 in Höhe von 11.100,00 € geltend gemacht.

Die Beklagte hat zunächst beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen

sowie widerklagend,

1.die Klägerin zu verurteilen, an sie eine Nutzungsentschädigung für den Monat Dezember 2005 in Höhe von 11.100,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28. Dezember 2007 zu zahlen,
2.festzustellen, dass ein Recht der Klägerin zum Besitz des Grundstücks H…straße/M…weg, Grundbuch von G… Blatt 251, Flurstück 37 der Flur 1 nicht besteht,
3.der Löschung des im Grundbuch von G… Blatt 251, Flurstück 37 der Flur 1, Abteilung II unter laufender Nummer 4 eingetragenen Besitzrechtsvermerkes zuzustimmen.

Mit Schriftsatz vom 14. Oktober 2009 hat die Beklagte ihren Widerklageantrag zu 1. dahingehend erweitert,

die Klägerin zu verurteilen, an sie eine weitere Nutzungsentschädigung für die Monate Januar und November 2007 in Höhe von 22.200,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14. Oktober 2009 zu zahlen.

Mit Schriftsatz vom 8. Dezember 2011 hat die Beklagte ihre Widerklage erneut dahingehend erweitert,

4.festzustellen, dass der Zuschlagsbeschluss des Amtsgerichts Potsdam vom 22. August 2005 zum Aktenzeichen 3 K 204/98 das auf dem Zuschlagsobjekt: Stammgrundstück „An der H…straße“ in der Gemarkung G…, Grundbuch von G… 251, Flurstück 37, Flur 1 befindliche Schulgebäude als bewerteter und wesentlicher Bestandteil erfasst, der Beklagten als Ersteherin das gesamte Schulgebäude zu Eigentum zugeschlagen wurde und dieser rechtskräftige Beschluss die Klägerin als am Zwangsversteigerungsverfahren Beteiligte und Gerichte bindet,
5.sowie hilfsweise für den Fall der Zurückweisung der Klage, festzustellen, dass der Bereinigungsanspruch der Klägerin nach dem VerkFlBerG durch Zuschlagsbeschluss des Amtsgerichts Potsdam vom 22. August 2005 zum Aktenzeichen 3 K 204/98 erloschen ist und der Klägerin kein Erwerbsrecht nach § 3 Abs. 1 VerkFlBerG zusteht,

und den Widerklageantrag zu 2. dahingehend konkretisiert,

festzustellen, dass der Klägerin seit der Rechtskraft des Zuschlagsbeschlusses des Amtsgerichts Potsdam vom 22. August 2005 zum Aktenzeichen 3 K 204/98 kein Besitzrecht nach § 9 Abs. 1 VerkFlBerG und auch sonst kein Recht zum Besitz des Grundstücks „An der H…straße“, Grundbuch von G… 251, Flurstück 37, Flur 1 zusteht.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen,

die im zweiten Rechtszug erweiterte Widerklage abzuweisen

und im Wege der – vor Ablauf der ihr gesetzten Frist zur Berufungserwiderung eingelegten – Anschlussberufung die Widerklage abzuweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Anschlussberufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil, soweit mit ihm nach ihrem Klageantrag erkannt worden ist, unter Bezugnahme auf es und unter Wiederholung und Vertiefung ihres Vorbringens im ersten Rechtszug. Die Anschlussberufung begründet die Klägerin damit, dass die Beklagte Nutzungsentgelt nur für das Schulgebäude beansprucht habe. Nutzungsentgeltzahlungen für die Nutzung des streitbefangenen Grundstückteils habe sie – wie zwischen den Parteien unstreitig ist – gemäß der Aufstellung Seite 3 der Anschlussberufungsschrift geleistet. Der in dem Widerklageantrag zu 4. (Feststellung des Eigentums an dem Schuldgebäude) enthaltenen Klageerweiterung hat die Klägerin widersprochen.

Der Senat hat zur Frage der Ortsüblichkeit der genutzten Fläche und zur Höhe des Kaufpreises Sachverständigenbeweis erhoben (Beschlüsse v. 29. April 2010, 1221 GA, und 1. März 2011, 1373 GA, Weisung v. 1. März 2012, 1867 f. GA). Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme, die die Beklagte u. a. als unzulässige Ausforschung rügt, wird auf das Gutachten des Sachverständigen S… vom 14. Mai 2012 verwiesen, das sich der Senat zudem mündlich hat erläutern lassen (Protokoll v. 12. September 2012, 1967 ff. GA). Schließlich hat der Senat das Schulgebäude und die streitbefangenen Grundstücke gemäß Beschluss vom 12. September 2012 (1973 GA) in Augenschein genommen, was die Beklagte ebenfalls als verfahrensfehlerhaft rügt. Wegen des Ergebnisses des Augenscheins wird auf das Sitzungsprotokoll vom 15. Oktober 2012 verwiesen (2014 ff. GA).

II.

1. Die Zulässigkeit von Berufung und Anschlussberufung unterliegt keinen Bedenken.

2.

a)

Die Klage ist begründet.

aa) Die Klägerin kann von der Beklagten dem Grunde nach den Verkauf einer Teilfläche der Katasterparzelle 37 an sich verlangen (§ 3 Abs. 1 Satz 1 VerkFlBerG).

Die Beklagte ist Eigentümerin des Grundstücks, das seit dem 9. Mai 1945 und vor dem 3. Oktober 1990 für die Erfüllung einer Verwaltungsaufgabe (Polytechnische Oberschule) tatsächlich in Anspruch genommen wurde (§ 3 Abs. 1 Satz 1 VerkFlBerG). Es ist zudem vor dem 3. Oktober 1990 mit einem Schulgebäude bebaut worden (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VerkFlBerG). Da allein auf die tatsächliche Nutzung abzustellen ist, sind die Eigentumsverhältnisse an dem Gebäude und die rechtliche Qualität der Inanspruchnahme unerheblich (Matthiessen NJW 2002, 114, 115; NJ 2002, 367, 368).

Das Grundstück diente bei Inkrafttreten des VerkFlBerG gemäß Art. 4 des GrundRBerG am 1. Oktober 2001 und dient auch heute noch der Erfüllung einer Verwaltungsaufgabe. Hierfür ist es ohne Belang, dass das Gebäude im Folgenden als Grundschule genutzt wurde und wird. Für den Bereinigungsanspruch ist ein Wechsel der Art der öffentlichen Nutzung unschädlich, wenn es nur bei einer öffentlichen Nutzung bleibt (Matthiessen: in Kimme, Offene Vermögensfragen, § 1 VerkFlBerG Rdnr. 10).

Die Beklagte kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, das Grundstück lastenfrei erworben zu haben. Das Verkehrsflächenbereinigungsgesetz verpflichtet einschränkungslos den jeweiligen Eigentümer (allg. A., statt vieler Salzig NotBZ 2007, 164, 173 mwNachw.), so dass die Beklagte zur Annahme des Kaufangebots verpflichtet ist. Ein lastenfreier Eigentumserwerb findet – anders als bei der Regelung des § 111 SachenRBerG – weder bei rechtsgeschäftlichem Erwerb noch bei einem solchen im Wege der Zwangsversteigerung statt (Böhringer VIZ 2002, 193, 195; Matthiessen a.a.O., § 3 VerkFlBerG Rdnr. 5; Wittmer, in: Eickmann [Hrsg.], Sachenrechtsbereinigung, § 3 VerkFlBerG Rdnr. 12 c; unklar Stavorinus NotBZ 2001, 349, einerseits 352, anderseits 372). Der Gesetzgeber des GrundRBerG hat darauf verzichtet, die schuldrechtliche Verpflichtung des jeweiligen Grundstückeigentümers zur Bereinigung (§ 14 Abs. 1 Satz 1 SachenRBerG, § 3 Abs. 1 Satz 1 VerkFlBerG) im Interesse des Verkehrsschutzes zu beschränken (Böhringer a. a. O., 195 Fn. 11; Matthiessen a. a. O.). Als schuldrechtliches Recht gehört das Erwerbsrecht auch nicht zu den Rechten, die nach § 52 Abs. 1, § 90 Abs. 1 ZVG mit Zuschlag in der Zwangsversteigerung erlöschen. Erst nach Ausübung des Erwerbsrechts ist – wie sich aus § 7 Abs. 2 Satz 1 VerkFlBerG ergibt – die lastenfreie Übertragung des Grundstücks und dessen Erlöschen durch Zuschlag in der Zwangsversteigerung möglich (Böhringer a. a. O., 195 f.).

Die Nichtausübung eines gemeindlichen Vorkaufsrechts im Jahr 1996, als der Rechtsvorgänger der Beklagten das Grundstück erwarb, stellt keinen Verzicht auf das erst später begründete Recht aus dem VerkFlBerG dar. Dieser Umstand führt auch nicht zu einer Verwirkung des Erwerbsrechts. Die Klägerin, für die durch das SachenRÄndG vom 21. September 1994 in Art. 233 § 2a Abs. 9 EGBGB ein eigenständiger Moratoriumstatbestand geschaffen worden war (BGH VIZ 1996, 520, 521), durfte abwarten, wie der Gesetzgeber die Inanspruchnahme privater Grundstücke durch staatliche Stellen der DDR für öffentliche Zwecke, deren Regelung in § 2 Abs. 1 Nr. 4 SachenRBerG ausdrücklich von der Sachenrechtsbereinigung ausgenommen war, bereinigen wird. Beide Vorschriften gehen erkennbar davon aus, dass die Überführung der in der Zeit der DDR begründeten öffentlichen Sachherrschaft in die Formen des geltenden Rechts einem besonderen Gesetz vorbehalten ist (BGH a. a. O. unter Verweis die Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses des BT, BT–Dr 12/7425, S. 60), so dass schutzwürdiges Vertrauen in die Nichtgeltendmachung dieser gesetzlich noch zu begründenden Rechte nicht entstehen konnte. Das Erwerbsrecht der Klägerin ist auch nicht hinsichtlich der Teil-Teilfläche verwirkt, die südlich an die in westlicher Richtung gedachte Verlängerung der südlichen Grenze der Katasterparzelle 613 anschließt (Anlage BK 6 gelb, 869 GA). Ein etwaig im Rahmen von Vergleichsgesprächen in Aussicht gestellter Verzicht auf diese Teil-Teilfläche, den die Klägerin in Abrede gestellt hat, vermochte einen dahingehenden Vertrauensbestand solange nicht zu begründen, als es nicht zu einer vergleichsweisen Einigung der Parteien gekommen ist. Für die Schaffung eines außerhalb dieser Vergleichsgespräche begründeten Vertrauenstatbestands bieten die insoweit von der Beklagten beigebrachten Unterlagen keine belastbaren Anhaltspunkte. Bauplanungs- oder bauordnungsrechtliche Erklärungen der Klägerin (BK 34 und 38) berühren ihr Erwerbsrecht nicht.

Die Ausschlussfrist nach § 8 Abs. 1 VerkFlBerG ist gewahrt. Das Erwerbsrecht der Klägerin wurde mit Übersendung des notariellen Vertragsangebotes vom 28. Februar 2007 mit Zugang am 9. März 2007 rechtzeitig vor Ablauf der Ausschlussfrist (30. Juni 2007) ausgeübt (§ 3 Abs. 1 Satz 2 VerkFlBerG). Dass sich die Klägerin in Nr. I. 2. den Widerruf ihres Angebots vorbehalten hat, so die Beklagte es nicht bis zum 31. August 2007 angenommen hat, steht dessen Gültigkeit solange nicht entgegen, wie diese das Angebot nicht widerrufen hat (vgl. Schmidt-Räntsch ZfIR 2006, 385, 390 f.). Die Annahme war der Beklagten im Übrigen trotz des vorbehaltenen Widerrufs zumutbar, da sie ihn selbst durch die Annahme hätte zu Fall bringen können.

Das Angebot ist ferner hinreichend bestimmt. Hierzu zählt die Bestimmtheit bzw. Bestimmbarkeit des Kaufgegenstandes, insbesondere bei der Veräußerung einer noch unvermessenen Grundstücksteilfläche. Welche Anforderungen insoweit zu stellen sind, ist im Einzelnen umstritten. Während eine Meinung eine bloße Bezugnahme auf § 4 Abs. 1 Nr. 1 bzw. Nr. 2 VerkFlBerG für ausreichend ansieht (Stavorinus a. a. O., 362), hält es eine andere Auffassung für erforderlich, dass die unvermessene Grundstücksteilfläche eindeutig und unzweifelhaft bezeichnet wird; die Teilfläche müsse nach den vertraglichen Festlegungen eindeutig ermittelbar sein (Matthiessen a. a. O., § 3 VerkFlBerG Rdnr. 10 f.; s. auch Schmidt-Räntsch a. a. O., 391). Der Senat hält die letztgenannte Ansicht für zutreffend (OLGR Brandenburg 2008, 640 = ZOV 2008, 153, juris Rdnr. 33), doch bedarf der Meinungsstreit hier letztlich keiner Entscheidung, da auch den „strengeren“ Anforderungen der letztgenannten Ansicht hier Genüge getan worden ist. Die zu veräußernde Teilfläche ist im notariellen Angebot hinreichend genau bezeichnet.

Nach allgemeiner Ansicht genügt es für die hinreichende Bestimmtheit der Bezeichnung noch unvermessener Teilflächen und die damit verbundene schuldrechtliche Wirksamkeit eines Grundstückskaufvertrages, wenn die Teilfläche in einem maßstabgerechten Lageplan deutlich erkennbar und zweifelsfrei bestimmbar eingezeichnet und dieser Plan ordnungsgemäß zum Bestandteil der Vertragsurkunde genommen worden ist (vgl. BGHZ 150, 334, 339 f.; WM 1980, 1013, 1014; NJW-RR 1999, 1030; NJW-RR 2004, 735). Diesen Vorgaben ist vorliegend nicht genügt. Denn in der Anlage zum Kaufvertragsangebot der Klägerin ist die Teilfläche nicht maßstabsgerecht eingezeichnet und die Anlage lässt einen solchen Maßstab auch nicht unter Berücksichtigung des übrigen Urkundeninhaltes erkennen, da sie ausweislich des Angebots „lediglich zur zeichnerischen Darstellung“ dient (§ 1 Nr. 3 des Kaufvertrages). Dies schadet hier jedoch letztlich nicht. Entscheidend ist nämlich die eindeutige Bestimmbarkeit der unvermessenen Teilfläche, die Kaufgegenstand sein soll (BGHZ 150, 334, 338). Hierzu genügt es, wenn die Vertragsparteien Einigkeit über Größe, Lage und Zuschnitt der Teilfläche entsprechend einer zeichnerischen – nicht notwendig maßstabsgerechten – Darstellung in einem der notariellen Vertragsurkunde beigefügten Plan und über die spätere Konkretisierung der Fläche durch eine genaue Grenzziehung erzielt haben und dieser Wille in der Urkunde seinen Niederschlag gefunden hat (BGHZ 150, 334, 339 f.; NJW-RR 2004, 735). Maßgeblich ist sonach, ob die vertragsgegenständliche Teilfläche eindeutig identifizierbar ist und dies in der Vertrags- bzw. Angebotsurkunde hinreichend klar zum Ausdruck kommt. Diesem Erfordernis ist vorliegend Genüge getan. Denn aus der Anlage zum Angebot der Klägerin ergibt sich unzweifelhaft, dass sich die Teilfläche mit der nördlichen, westlichen und östlichen Katastergrenze des Flurstücks 37 deckt. Lediglich in südlicher Richtung soll die Teilfläche hinter der Katastergrenze zurückbleiben. Da die südliche Grenze der neu zu bildenden Katasterparzelle ebenfalls in einer Gerade zwischen westlicher und östlicher Katastergrenze verlaufen soll, lässt sich ihr Verlauf für schuldrechtliche Zwecke hinreichend genau anhand der Flächenangabe von ca. 1.841 qm ermitteln (vgl. auch Senat, Urteil v. 24. Mai 2012 - 5 U 71/11).

Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 VerkFlBerG i. V. m. §§ 62 bis 64 SachenRBerG kann die Klägerin die Übertragung des Eigentums frei von dinglichen Rechten Dritter verlangen. Insoweit entsprechen die Regelungen in § 3 des Vertragsangebotes den Vorgaben des VerkFlBerG. Der in Abt. II Nr. 7 eingetragene Vermerk dahingehend, dass Rückübertragungsansprüche des A… F… bzw. von dessen Rechtsnachfolgern durch den Zuschlag vom 22. August 2005 nicht erloschen seien, stellt keine Last in diesem Sinne dar. Davon abgesehen ist der Vermerk dem eigenen Vorbringen der Beklagten zufolge im September 2007 gelöscht worden. Das Angebot der Klägerin widerspricht im Hinblick auf die in Abteilung III des Grundbuchs gebuchten Eigentümergrundschulden auch nicht § 7 Abs. 1 Satz 2 VerkFlBerG. Nach dieser Vorschrift muss der Inhaber dinglicher Rechte, die einen Anspruch auf Zahlung oder Befriedigung aus dem Grundstück gewähren, auf seine Rechte nur insoweit verzichten, als sie aus dem zu zahlenden Kaufpreis nicht befriedigt werden können. Zu diesen Rechten gehört die Eigentümergrundschuld gemäß § 1197 Abs. 1 BGB indes nicht.

Das Erwerbsrecht der Klägerin ist nicht einredebehaftet. Die gegenteilige Auffassung der Beklagten beruht auf der Annahme, ihr stünde ein Herausgabeanspruch gegen die Klägerin zu, der vor Ablauf der in § 3 Abs. 2 VerkFlBerG genannten Frist fällig werde. Da der Klägerin aber ein Erwerbsrecht zusteht, ist ein solcher Herausgabeanspruch durch § 9 Abs. 1 Satz 4 VerkFlBerG und zusätzlich durch den Grundsatz ausgeschlossen, dass treuwidrig handelt, wer etwas herausverlangt, das er umgehend zurückzugewähren hätte (§ 242 BGB: dolo agit, qui petit, quod statim redditurus est).

bb) Das Erwerbsrecht der Klägerin erstreckt sich gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 1 VerkFlBerG auf die von ihr beanspruchte Teilfläche. Denn diese Fläche ist für die zweckentsprechende Nutzung eines Gebäudes der entsprechenden Art ortsüblich. Dies steht im Ergebnis der Beweisaufnahme zur Überzeugung des Senats fest, deren Zulässigkeit die Beklagte zu Unrecht rügt, weil der Vortrag der Klägerin schon in der Klageschrift sinngemäß die Tatsachenbehauptung der Ortsüblichkeit enthält, die das Recht als entstanden erscheinen lässt (vgl. nur BGH NJW-RR 2003, 69, 70 m. w. Nachw.).

Bereits die Feststellungen des Sachverständigen legen nahe, dass die beanspruchte Teilfläche für die zweckentsprechende Nutzung des Schulgebäudes ortsüblich ist. Der Sachverständige hat im methodischen Ausgangspunkt zutreffend die benötigte Fläche anhand der Schülerzahl ermittelt, auf die das Gebäude ausgelegt ist (zweckentsprechende Nutzung, S. 11 ff. Sachverständigengutachten, einer ein- bis zweizügigen Schule mit wenigstens 150 Schülern, S. 16 Sachverständigengutachten). Zu Unrecht rügt die Beklagte, dass der Sachverständige die Ortsüblichkeit insoweit anhand „gesetzlicher Vorschriften“ ermittelt habe. Bei den vom Sachverständigen herangezogenen Raumprogrammempfehlungen der obersten Landesbehörde handelt es sich um Verwaltungsvorschriften, denen sich Mindestanforderungen für vergleichbare Einrichtungen entnehmen lassen. Es handelt sich nicht – wie die Beklagte meint – um einen „krassen Fehlschluss“ vom Sollen auf das Sein, sondern um die Heranziehung einer Indiztatsache zur Ermittlung der Ortsüblichkeit. Das ist auch deshalb methodisch nicht zu beanstanden, weil mit § 4 Abs. 1 Nr. 1 VerkFlBerG „auf die in Artikel 233 § 4 Abs. 3 Satz 3 EGBGB festgelegten Maßstäbe zurückgegriffen“ wird (BT-Drucks. 14/6204 S. 17). Mit dieser Vorschrift hat der Gesetzgeber anerkannt, dass Rechtsvorschriften zur Ermittlung der Ortsüblichkeit herangezogen können. Denn Artikel 233 § 4 Abs. 3 Satz 3 EGBGB knüpft daran an, dass das Nutzungsrecht bei Eigenheimen gemäß der Durchführungsbestimmung zur Eigenheimverordnung vom 18. August 1987 auf eine Grundstücksfläche von maximal 500 qm erstreckt werden konnte (Böhringer, in: Eickmann [Hrsg.], Sachenrechtsbereinigung, Artikel 233 § 4 EGBGB Rdnr. 45). Dem heuristischen Wert von Normvorgaben zur Ermittlung von Vergleichsgegebenheiten (Ortsüblichkeit) tut keinen Abbruch, dass Eigenheime in aller Regel kein Gegenstand der Verkehrsflächenbereinigung sind, da die in Artikel 233 § 4 Abs. 3 Satz 3 EGBGB enthaltene Aussage in methodischer Hinsicht verallgemeinerungsfähig ist. Die den Raumprogrammempfehlungen hiernach zukommende Indizwirkung ist nicht erschüttert. Es ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass sich auf dem Gebiet der Gemeinde, des Landkreises oder dem benachbarter Landkreise Schulgrundstücke befinden, deren Größe die Vorgaben der Raumprogrammempfehlungen unterschreitet.

Zwar hat der Sachverständige bei der Gegenüberstellung der bei zweckentsprechender Nutzung benötigten und der beanspruchten Fläche weitere Gebäude (Hort und Kita) auf der angrenzenden Katasterparzelle 611 einbezogen, über die die Flurstücke 37 und 613 und damit das Schulgebäude wegemäßig erschlossen sind (S. 15 ff. Sachverständigengutachten). Unter Einbeziehung von Kita und Hort einerseits und dem Flurstück 611 andererseits steht nach den Feststellungen des Sachverständigen einer Außenfläche von insgesamt gut 5.800 qm ein Gesamtaußenflächenbedarf von knapp 5.800 qm gegenüber. Wie der Sachverständige mündlich insbesondere anhand des Lageplans S. 37 des Gutachtens überzeugend erläutert hat, wäre der Flächenbedarf für die zweckentsprechende Nutzung der Schule allein durch das Flurstück 613 und die beanspruchte Teilfläche des Flurstücks 37 jedoch noch weniger zu decken. Ein Außenflächenbedarf von 4.045 qm könnte in diesem Fall nur zu maximal 3.362 qm gedeckt werden, nämlich zu 1.521 qm aus dem Flurstück 613 und zu 1.841 qm aus der beanspruchten Teilfläche des Flurstücks 37, wobei noch Abzüge für die Standfläche des Gebäudes und nicht anders nutzbare Erschließungsflächen vorgenommen werden müssten (vgl. S. 20 f. des Sachverständigengutachtens).

Restzweifel daran, ob die beanspruchte Teilfläche zur zweckentsprechenden Nutzung des Schulgebäudes ortsüblich ist, hat die Einnahme des Augenscheins der streitbefangenen Grundstücke ausgeräumt. Die gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 ZPO angeordnete Einnahme des Augenscheins, die die Beklagte für unzulässig erachtet, rechtfertigt sich zwanglos aus dem Bedürfnis zur Überprüfung der sachverständig festgestellten Befundtatsachen. Darüber hinaus verkennt die Beklagte, dass sowohl der Begriff der zweckentsprechenden Nutzung als auch der der Ortsüblichkeit ein Wertungsmoment enthält, das der gleichsam mathematisch exakten, idealiter also auf den Quadratmeter genauen Konkretisierung dieser Rechtsbegriffe entgegensteht (vgl. BGH NJW 1992, 2019). Denn es versteht sich von selbst, dass – wie der Sachverständige zudem mündlich erläutert hat – auch Schulgebäude gleicher Bauart und Größe nicht ohne Rücksicht auf die örtlichen Gegebenheiten realisiert werden konnten, weswegen davon ausgegangen werden muss, dass ihnen nicht stets jeweils gleich große Flächen nutzbar gemacht worden sind.

Die Einnahme des Augenscheins hat keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die von dem Sachverständigen von der Ist-Außenfläche in Abzug gebrachten Flächen insbesondere für die Erschließung des Schulgebäudes zu groß bemessen wären. Der nördliche Bereich des Flurstücks 613 wird überwiegend von dem Heizhaus beansprucht. Eine geschlossene Pausenfreifläche ist auch im nördlichen Teil der Katasterparzelle 37 nicht vorhanden, auf dem sich augenscheinlich älterer Baumbestand und Fahrradabstellplätze befinden und der überdies der Zuwegung zur nördlichen Grundstücksgrenze dient. Die östlich der Sporthalle gelegene Spiel- und Sportfläche (mit Basketballkorb und Torwand) befindet sich ausweislich der dem Sachverständigengutachten beigefügten Lagepläne zumindest großenteils auf dem Flurstück 611 und ist bereits für eine lediglich einzügige Grundschule mit wenigstens 150 Schülern offensichtlich unzureichend. Nennenswerte Erweiterungsmöglichkeiten unter Einbeziehung der nördlich angrenzenden Flurstücke 74 und 708 bestehen nicht, zumal diese augenscheinlich, wie von der Klägerin im Termin vom 12. September 2012 auch vorgetragen, als öffentliche Verkehrsfläche genutzt werden. Die westlich des Schulgebäudes auf dem Flurstück 37 und östlich desselben auf dem Flurstück 613 vorhandenen Flächen werden für die Erschließung benötigt. Ausweislich des Lageplans Seite 37 des Gutachtens reicht die über die Gebäudeflucht gebaute Eingangstreppe bis an die östliche Grenze des Flurstücks 611 heran. Anhaltspunkte dafür, dass der westlich parallel zum Schulgebäude verlaufende Weg „überdimensioniert“ ist, wie die Beklagte meint, hat die Ortsbesichtigung nicht ergeben. Entlang der östlichen Grenze der Katasterparzelle 613 verlaufen Fernwärmeleitungen, so dass auch diese Fläche für eine Pausennutzung ausscheidet. Zur Spiel- und Sportnutzung stehen daher im wesentlichen nur noch die südlich des Schulgebäudes belegenen Teile der Katasterparzellen 613 und 37 zur Verfügung. Als solche werden sie augenscheinlich auch genutzt, wie die vorhandenen Sport- und Spielgerätschaften namentlich auf dem beanspruchten Flächenteil des Flurstücks 37, der südlich einer gedachten westlichen Verlängerung der südlichen Grenze des Flurstücks 613 liegt, belegen (Spielzeugtore und –torwand, Gurtband, sog. Slackline). Der vorhandene Bewuchs hindert diese Nutzung nicht, wie die durch dauerhaftes Betreten entstandenen Trampelpfade beweisen (die insbesondere auch aus dem auf Bitte des Beklagtenvertreters gefertigten Lichtbild ersichtlich sind). Nach allem erscheint dem Senat die schon für die zweckentsprechende Nutzung einer einzügigen Grundschule mit wenigstens 150 Schülern von der Katasterparzelle 37 beanspruchte Außenfläche durchaus knapp bemessen. Jedenfalls ist nicht ansatzweise erkennbar, wie der Betrieb der Grundschule ohne Inanspruchnahme dieser Fläche aufrechterhalten werden könnte.

cc) Der der Beklagten geschuldete Ankaufspreis liegt mit (1841 x 24 =) 44.184,00 € unter dem angebotenen Kaufpreis von 65.262,65 €. Gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 VerkFlBerG ist der Bodenwert für nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VerkFlBerG genutzte Grundstücke in der Weise zu bestimmen, dass von dem nach § 19 Abs. 2 Satz 2 des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes ermittelten Wert des baureifen Grundstücks ein Betrag von einem Drittel abzuziehen ist. Der Verkehrswert im Sinne des § 194 BauGB, der sich ergeben würde, wenn das Grundstück unbebaut wäre, beträgt, wie der Sachverständige nach den Bodenrichtwerten (§ 6 Abs. 2 Satz 2 VerkFlBerG i. V. m. § 19 Abs. 5 SachenRBerG) und diese bestätigend im Vergleichswertverfahren ermittelt hat, 80,00 € je qm. Davon hat der Sachverständige einen nachvollziehbar begründeten Abschlag von 10 % gemacht, der dem ungünstigen Zuschnitt des Grundstücks geschuldet ist (vgl. § 6 Abs. 2 Satz 2 VerkFlBerG i. V. m. § 19 Abs. 5 Nr. 2 SachenRBerG). Daraus errechnet sich gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 VerkFlBerG – von den Parteien weder rechnerisch noch inhaltlich in Frage gestellt – ein Bodenwert von (72,00 – [72 x 1/3 =] 24,00 =) 48,00 € je qm, so dass der Ankaufspreis gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 VerklBerG 24,00 € je qm beträgt.

b)

Die Beklagte hat Anspruch auf Nutzungsentgelt nur nach Maßgabe des § 9 Abs. 1 Satz 1 VerkFlBerG, weil die Klägerin im streitgegenständlichen Zeitraum gemäß § 9 Abs. 1 Satz 4 VerkFlBerG zum Besitz berechtigt war (Widerklageantrag zu 1. und Anschlussberufung). Dabei ist die im zweiten Rechtszug erfolgte Erweiterung des Widerklageantrags zu 1. auf die Monate Januar und November 2007 zulässig, weil auf Grundlage des bisherigen Tatsachenvortrages entscheidbar und sachdienlich (§ 533 ZPO), zumal die Pflicht zur Zahlung des Nutzungsentgelts erst mit der Zahlung des Kaufpreises erlischt (§ 7 Abs. 1 Satz 5 VerkFlBerG).

Die Anschlussberufung ist entgegen der Auffassung der Klägerin nicht bereits wegen einer Verletzung des § 308 Abs. 1 ZPO erfolgreich, die beide Parteien – die Beklagte mangels Beschwer freilich unzulässigerweise – mit der Begründung rügen, die Beklagte habe eine Nutzungsentschädigung nur für das Schulgebäude begehrt. Die Rüge ist unbegründet, da die Beklagte das Gebäude als wesentlichen Bestandteil (§ 94 Abs. 1 Satz 1 BGB) ihrer Katasterparzelle 37 beansprucht. An der hierdurch bedingten Einheitlichkeit des Streitgegenstands ändert sich nichts dadurch, dass die Beklagte das Besitzrecht der Klägerin leugnet, auf dem das zugesprochene Nutzungsentgelt beruht.

Das Nutzungsentgelt beläuft sich gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 VerkFlBerG auf (65.262,65/100 x 8 =) 5.221,01 € jährlich und 435,08 € monatlich. Nach dieser Vorschrift ist auf den Kaufpreis abzustellen, der im Zeitpunkt der – erstmaligen (vgl. Matthiessen a. a. O., § 9 Rdnr. 5) – Geltendmachung des Nutzungsentgeltanspruchs als Kaufpreis nach § 6 VerkFlBerG zu zahlen wäre; der dieser (hypothetischen) Kaufpreisfindung zugrunde liegende Bodenwert bleibt für das gesamte Nutzungsentgelt bis zur Bereinigung maßgeblich, auch wenn sich der Bodenwert – wie hier – nachträglich verändert (Matthiessen a. a. O.). Nutzungsentgelt hat die Beklagte nach den insoweit unbestrittenen Feststellungen des Landgerichts erstmals zum Jahreswechsel 2001/2002 geltend gemacht. Nach den insoweit ebenfalls unstreitigen Feststellungen der Kammer hätte sich der Kaufpreis damals auf 65.262,65 € belaufen (S. 12 der Urteilsgründe mit allerdings – offenbar unrichtigen, s. S. 3 und 13 der Urteilsgründe – Zahlendreher in den Hinterkommastellen).

Dem Nutzungsentgeltanspruch aus § 9 Abs. 1 Satz 1 VerkFlBerG müssen jedoch – wie die Anschlussberufung zu Recht einwendet – die auf den Monat berechneten Zahlungen der Klägerin gegenübergestellt werden (§ 362 Abs. 1 BGB). So hat die Klägerin unstreitig (726/836 GA) Nutzungsentgelt gezahlt für die Zeit vom 1. Juli 2002 bis 31. Dezember 2006 insgesamt 27.106,92 € gleich 501,98 € monatlich, so dass der für die Monate Januar bis Dezember 2004 und Dezember 2005 geltend gemachte Anspruch auf Nutzungsentgelt durch Erfüllung erloschen ist, ferner für das Jahr 2007 insgesamt 5.220,96 € gleich 435,08 monatlich, so dass auch der für die Monate Januar, November und Dezember 2007 geltend gemachte Anspruch auf Nutzungsentgelt durch Erfüllung erloschen ist.

c)

Die Widerklage zu 2. ist als Zwischenfeststellungsklage zulässig (§ 256 Abs. 2 ZPO), jedoch unbegründet, weil die Klägerin – wie bereits ausgeführt – ein Recht zum Besitz des Grundstücks der Beklagten hat (§ 9 Abs. 1 Satz 4 VerkFlBerG).

d)

Dagegen ist die auf Löschung des Besitzrechtsvermerks gerichtete Widerklage zu 3. aus § 894 BGB begründet. Gemäß Art. 233 § 2c Abs. 2 EGBGB dient der Sicherungsvermerk Ansprüchen aus dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz im Sinne von Art. 233 § 2a Abs. 1 EGBGB. Dass der Klägerin derartige, durch den Vermerk sicherbare Ansprüche zustehen könnten, macht sie aber nicht geltend. Es geht nur um Rechte der Klägerin aus dem VerkFlBerG. Bei diesen Rechten findet – wie bereits dargelegt – ein lastenfreier Erwerb anders als bei der Regelung in § 111 SachenRBerG nicht statt. Durch die Moratoriumsregelung in Art. 233 § 2a Abs. 9 EGBGB genoss die Klägerin Besitzschutz in demselben Umfang, wie er sich nunmehr in § 9 Abs. 1 Satz 4 VerkFlBerG fortsetzt. Eine Notwendigkeit für einen Vermerk zur Sicherung ihres Erwerbsrechts bestand und besteht daher nicht und war vom Gesetzgeber auch nicht vorgesehen.

e)

Die mit der auf Feststellung des Eigentums am Gebäude gerichteten Widerklage verbundene Klageerweiterung (Widerklageantrag zu 4.) ist ebenso unzulässig (§ 533 ZPO) wie die Widerklage selbst (§ 256 ZPO).

Zwar mögen die Voraussetzungen des § 533 Nr. 2 ZPO vorliegen. Die Klägerin hat der Klageerweiterung jedoch widersprochen; sie ist auch nicht sachdienlich (§ 533 Nr. 1 ZPO). Sie trägt nichts zur Klärung der bisherigen Streitgegenstände bei. Die gegenteilige Auffassung der Beklagten beruht gänzlich auf der bereits als unzutreffend dargetanen Annahme, dass das Erwerbsrecht der Klägerin durch Zuschlag in der Zwangsversteigerung untergegangen sei. Da der Klägerin ein Erwerbsrecht aber zusteht, kann sich die Beklagte entgegen ihrer Auffassung nicht auf die Einrede aus § 3 Abs. 2 VerkFlBerG berufen, die sie mit einem Herausgabeanspruch begründet, der vor Ablauf der in der Vorschrift genannten Frist fällig werde. Aus demselben Grund ist die Klärung der Eigentumsverhältnisse an dem Gebäude auch nicht geeignet, eine endgültige Beilegung des Streits zwischen den Parteien zu fördern und einen neuen Prozess zu vermeiden. Denn die Frage, ob das Schulgebäude wesentlicher Bestandteil des einen oder des anderen Grundstücks ist, wird spätestens mit dem Erwerb des Teils der Katasterparzelle 37 durch die Klägerin obsolet, auf dem das Gebäude steht. Dass die Beklagte in der Zwischenzeit keine Rechte aus ihrem bis dahin bestehenden Eigentum herleiten kann, ergibt sich neben § 9 Abs. 1 Satz 4 VerkFlBerG zusätzlich aus dem Grundsatz, dass treuwidrig handelt, wer etwas herausverlangt, das er umgehend zurückzugewähren hätte (§ 242 BGB: dolo agit, qui petit, quod statim redditurus est).

Aus diesen Gründen fehlt es zugleich an einer Vorgreiflichkeit (§ 256 Abs. 2 ZPO) und an einem rechtlichen Interesse (§ 256 Abs. 1 ZPO) an der begehrten Feststellung.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

Die Kosten der Vergütung des Sachverständigen Vogel sind nicht gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG niederzuschlagen. Es kann auf sich beruhen, ob in der Entpflichtung des Sachverständigen mit Beschluss vom 23. August 2010 deshalb eine unrichtige Sachbehandlung liegt, weil die Beklagte sie bereits mit Schriftsatz vom 17. Mai 2010 verlangt hatte. Es lässt sich jedenfalls nicht feststellen, dass diese Sachbehandlung für die Entstehung der Kosten ursächlich geworden ist. Der Sachverständige hat mitgeteilt, dass er das Gutachten bereits von Mai bis Anfang Juli 2010 weitgehend fertig gestellt gehabt habe; lediglich die Endbearbeitung habe urlaubsbedingt nicht vorgenommen werden können und sei nach Eingang des Entpflichtungsbeschlusses nicht mehr vorgenommen worden. Dem Sachverständigen sind mithin lediglich Tätigkeiten vergütet worden, die er bereits bis spätestens Anfang Juli 2010 erbracht hatte. In einer Entpflichtung des Sachverständigen Anfang Juli 2010 läge jedoch keine unrichtige Sachbehandlung i. S. v. § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG, zumal der Klägerin noch rechtliches Gehör zu dem Entpflichtungsantrag der Beklagten zu gewähren war.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10 (§ 895), § 711 Satz 1 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen für ihre Zulassung nicht vorliegen (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Mit seinem Urteil weicht der Senat weder von höchstgerichtlicher noch obergerichtlicher Rechtsprechung ab. Auch nach ganz überwiegender Schrifttumsmeinung lässt ein rechtsgeschäftlicher oder durch Hoheitsakt bewirkter Grundstückserwerb das Erwerbsrecht nach dem VerkFlBerG unberührt. Zudem handelt es sich bei dem VerkFlBerG um auslaufendes Recht.

Die Festsetzung des Gebührenstreitwerts für das Berufungsverfahren beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1, § 48 Abs. 1 Satz 1, § 45 Abs. 1 Satz 1 und 3 GKG, § 3 ZPO, wobei der Senat die geltend gemachten Ansprüche im Einzelnen wie folgt bewertet hat:

Klage 

        

65.262,65 €

        

Widerklageantrag zu 1.

        

33.300,00 €

        

Widerklageantrag zu 2.

        

 0,00 €

(Feststellung inzident in Klage enthalten)

Widerklageantrag zu 3.

        

 0,00 €

(Besitzrecht kraft Gesetzes unabhängig vom Grundbuch)

Widerklageantrag zu 4.

        

 1.000,00 €

        

Widerklageantrag zu 5.

        

 0,00 €

(da nicht zur Entscheidung gestellt)

Anschlussberufung

        

 6.091,12 €