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Entscheidung 2 U 14/09


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 2. Zivilsenat Entscheidungsdatum 14.12.2010
Aktenzeichen 2 U 14/09 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 8. Mai 2009, Az. 12 O 312/08, abgeändert.

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 11.990,48 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 9. Januar 2009 zu zahlen.

2. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten der Berufung zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I.

Der Kläger begehrt Schadensersatz wegen einer von dem Beklagten fehlerhaft erteilten Rechtsbehelfsbelehrung.

Der Kläger hatte bei dem Beklagten gemäß § 46 Abs. 1 Satz 2 BbgJagdG im Mai 2005 einen Wildschaden in Form von Damwildverbiss an von ihm angepflanzten Lupinen angemeldet. Im Rahmen des daraufhin von dem Beklagten gemäß § 47 ff. BbgJagdG durchgeführten Vorverfahrens kam es zu keiner Einigung mit dem betroffenen Jagdpächter. Der von dem Beklagten entsprechend § 51 BbgJagdG beauftragte Wildschadensschätzer schätzte den durch den Verbiss entstandenen Schaden des Klägers auf 8.672,45 Euro. Der Beklagte erließ daraufhin am 9. August 2005 den als Anlage K 8 vorgelegten Vorbescheid gemäß § 51 Abs. 3 2. Halbsatz BbgJagdG, wonach der Jagdpächter zum Ausgleich des Wildschadens an den Kläger 8.672,45 Euro zu zahlen hatte. Anschließend heißt es in diesem Vorbescheid:

„Sobald dieser Vorbescheid unanfechtbar geworden ist, ist die gerichtliche Zwangsvollstreckung nach Maßgabe der Zivilprozessordnung zulässig. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen nach Zustellung beim zuständigen Amtsgericht geklagt werden“.

Am 22. August 2005 suchte der Kläger die Rechtsantragstelle bei dem Amtsgericht Eberswalde auf, wo ihm von zwei dortigen Beschäftigten unter Verweis auf die in dem Bescheid enthaltene Rechtsbehelfsbelehrung mitgeteilt wurde, dass eine Klage nicht notwendig sei und er nur das Verstreichen der zweiwöchigen Frist abwarten müsse. Aufgrund dieser Auskunft unterließ der Kläger zunächst eine Klage. Nachdem der Jagdpächter keine Zahlungen leistete, nahm der Kläger anwaltliche Hilfe in Anspruch. Mit Schreiben vom 15. November 2005 bat der von ihm bevollmächtigte Rechtsanwalt den Beklagten um Übersendung einer vollstreckbaren Ausfertigung des Vorbescheides. Daraufhin übersandte der Beklagte ihm eine Kopie des Vorbescheides. Mit Klageschrift vom 5. Dezember 2006, bei dem Amtsgericht Eberswalde eingegangen am 11. Dezember 2006, erhob der Kläger Klage gegen den Jagdpächter auf Zahlung des Wildschadens in Höhe von 8.672,45 Euro. Im weiteren Verlauf jenes Rechtsstreits verkündete er dem „Land Brandenburg vertreten durch [den Beklagten]“ den Streit. Der Beklagte erklärte mit Schriftsatz vom 23. Mai 2007 seinen Beitritt zu dem Rechtsstreit auf Seiten des Klägers. Nachdem das Amtsgericht den Kläger im Termin am 20. September 2007 darauf hingewiesen hatte, dass die Klage außerhalb der Zwei-Wochen-Frist aus § 53 BbgJagdG und damit verspätet erhoben worden sei, beantragte der Prozessbevollmächtigte des Klägers Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Mit Urteil vom 8. November 2007 wies das Amtsgericht die Klage wegen Ablaufs der Notfrist aus § 53 BbgJagdG ab. In diesem Verfahren zahlte der Kläger 543,00 Euro Gerichtskosten, 1.394,67 Euro Rechtsanwaltskosten an den Prozessbevollmächtigten des Jagdpächters nebst Zinsen in Höhe von 20,78 Euro sowie 1.359,58 Euro an seinen eigenen Prozessbevollmächtigten.

Der Kläger ist der Ansicht, er habe gegen den Beklagten einen Anspruch auf Ersatz des Wildschadens, den er gegen den Jagdpächter nicht mehr durchsetzen könne, sowie auf Ersatz der Verfahrenskosten aus dem Rechtsstreit vor dem Amtsgericht Eberswalde, insgesamt 11.990,48 Euro.

Das Landgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, der Beklagte habe zwar eine Amtspflicht verletzt, indem seine Bedienstete eine fehlerhafte Rechtsbehelfsbelehrung erteilt habe. Der Anspruch aus § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB sei jedoch gemäß § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB ausgeschlossen, weil es der Kläger schuldhaft versäumt habe, eine anderweitige Ersatzmöglichkeit zu realisieren. Er habe bereits im November 2005 Klage gegen den Jagdpächter erheben und Antrag auf Wiedereinsetzung in die Klagefrist stellen können. Er müsse es sich gemäß § 85 ZPO als eigenes Verschulden zurechnen lassen, dass sein Prozessbevollmächtigter erst im Dezember 2006 und damit erst nach Ablauf der Wiedereinsetzungsfrist Klage erhob und erst im September 2007 die Wiedereinsetzung in die Klagefrist beantragte. Ein Anspruch aus § 38 Abs. 1 b BbgOBG bestehe nicht, weil § 38 Abs. 2 a BbgOBG dahingehend zu verstehen sei, dass die Ersatzpflicht entfalle, wenn der Geschädigte - wie hier - schuldhaft versäumt habe, Ersatz zu erlangen.

Mit der Berufung rügt der Kläger, dass das Landgericht rechtsfehlerhaft angenommen habe, dass er es schuldhaft versäumt habe, schon Ende 2005 bei dem Amtsgericht Eberswalde eine Klage verbunden mit einem Wiedereinsetzungsantrag zu erheben. Ein Wiedereinsetzungsantrag sei nicht erforderlich gewesen, weil die Notfrist aus § 53 BbgJagdG wegen der fehlerhaften Rechtsbehelfsbelehrung nicht zu laufen begonnen habe.

Der Kläger beantragt,

in Abänderung des Urteils des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 8. Mai 2009, Az. 12 O 312/08, das beklagte Amt zu verurteilen, an den Kläger 11.990,48 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 9. Januar 2009 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil. Nicht die fehlerhafte Rechtsbehelfsbelehrung, sondern die fehlerhafte Tätigkeit der Prozessbevollmächtigten des Klägers habe den Schaden verursacht.

II.

Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 517, 519, 520 ZPO). Sie hat auch in der Sache Erfolg.

1) Der Kläger hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Schadensersatz in Höhe des Wildschadens sowie der Verfahrenskosten aus dem amtsgerichtlichen Verfahren gegen den Jagdpächter aus § 38 Abs. 1 b BbgOBG. Nach dieser Vorschrift ist ein Schaden zu ersetzen, den jemand durch eine rechtswidrige Maßnahme einer Ordnungsbehörde erleidet, gleichgültig, ob die Ordnungsbehörde ein Verschulden trifft oder nicht.

a) Der Beklagte handelte gemäß § 55 Abs. 2 Satz 3 BbgJagdG i. V. m. § 5 Abs. 1 Satz 2 BbgAmtsO als untere Jagdbehörde und damit als Ordnungsbehörde, denn die untere Jagdbehörde ist gemäß § 55 Abs. 2 Satz 1 BbgJagdG Sonderordnungsbehörde.

b) Die von dem Beklagten im Vorbescheid vom 9. August 2005 erteilte Rechtsbehelfsbelehrung war eine Maßnahme im Sinne des § 38 Abs. 1 b BbgOBG. Der Begriff der Maßnahme ist bewusst weit gefasst (vgl. Brandenburgisches OLG, Urteil vom 08.05.2007, Az. 2 U 15/05, zitiert nach Juris, dort Rdnr. 28; OLG Köln NZV 2004, 95 zum gleichlautenden § 39 Abs. 1 b NWOBG) und erfasst damit auch die fehlerhafte Formulierung eines Bescheides.

c) Die Rechtsbehelfsbelehrung war auch rechtswidrig, denn sie war fehlerhaft, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat. Sie suggerierte, dass der Vorbescheid einen nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung vollstreckbaren Titel darstellte, wenn er nicht binnen zwei Wochen im Wege der Klage angefochten würde. Der Vorbescheid wäre jedoch nur dann ein solcher Titel gewesen, wenn es sich dabei um die Niederschrift über eine gütliche Einigung gemäß § 50 Abs. 2 BbgJagdG gehandelt hätte. Da hier eine gütliche Einigung nicht zustande gekommen war, galt § 53 BbgJagdG, wonach der im Vorbescheid festgestellte Anspruch gegen den Jagdpächter nur binnen zwei Wochen nach Zustellung des Vorbescheides im Wege der Klage geltend gemacht werden konnte.

d) Entgegen der nicht näher begründeten Ansicht des Landgerichts ist ein Anspruch aus § 38 Abs. 1 b BbgOBG gemäß § 38 Abs. 2 a BbgOBG nur dann ausgeschlossen, wenn der Geschädigte anderweitigen Ersatz tatsächlich erlangt hat. Dies ergibt sich bereits aus dem von § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB abweichenden Wortlaut des § 38 Abs. 2 a BbgOBG (vgl. Brandenburgisches OLG, Urteil vom 08.05.2007, Az. 2 U 15/05, zitiert nach Juris, dort Rdnr. 31; Urteil vom 25.11.2008, Az. 2 U 28/07, zitiert nach Juris, dort Rdnr. 34). Für die ihm günstige Tatsache, dass der Kläger vorliegend anderweitigen Ersatz erlangt hat, ist primär der Beklagte darlegungs- und beweisbelastet. Der Beklagte hat jedoch schon nicht behauptet, dass der Kläger anderweitigen Ersatz erlangt habe, sondern nur, dass er anderweitige Ersatzmöglichkeiten nicht genutzt habe. Der Anspruch des Klägers ist daher nicht gemäß § 38 Abs. 2 a BbgOBG ausgeschlossen.

e) Die fehlerhafte Rechtsbehelfsbelehrung war ursächlich dafür, dass der Kläger nicht innerhalb der zweiwöchigen Klagefrist aus § 53 BbgJagdG Klage gegen den Jagdpächter erhoben hat, denn nach dem unstreitigen Sachverhalt hat der Kläger die Klagefrist deshalb versäumt, weil die Rechtsbehelfsbelehrung nicht den Hinweis enthielt, dass er binnen zwei Wochen Klage gegen den Jagdpächter erheben müsse, sondern vielmehr suggerierte, dass er nur den Eintritt der Bestandskraft abwarten müsse.

Der Zurechnungszusammenhang ist nicht durch die Auskunft der Mitarbeiterinnen des Amtsgerichts unterbrochen worden. Der Zurechnungszusammenhang wird in der Regel nicht unterbrochen, wenn der Schaden erst durch die Handlung eines Dritten eintritt (vgl. BGH NJW 2000, 947, 948; Palandt-Grüneberg, 69. Auflage 2010, Vorb v § 249 Rdnr. 47). Anders liegt es nur dann, wenn der Schaden durch ein völlig ungewöhnliches und unsachgemäßes Verhalten des Dritten ausgelöst worden ist, da unter solchen Voraussetzungen zwischen den beiden Schadensbeiträgen bei wertender Betrachtung nur ein äußerlicher, gleichsam zufälliger Zusammenhang besteht und dem Erstschädiger ein Einstehenmüssen auch für diese Folgen deshalb billigerweise nicht mehr zugemutet werden kann (vgl. BGH a. a. O., NJW 2002, 1117, 1120; Palandt-Grüneberg a. a. O.). Die Auskunft durch die Mitarbeiterinnen des Amtsgerichts stellt kein solches ungewöhnliches und unsachgemäßes Fehlverhalten dar. Nach dem unstreitigen Vortrag des Klägers beschränkte sich ihre Auskunft auf eine Auslegung der ihnen vorgelegten Rechtsbehelfsbelehrung. Unter den gegebenen Umständen hatten die Mitarbeiterinnen des Amtsgerichts keinen Anlass, an der materiellen Richtigkeit der Rechtsbehelfsbelehrung zu zweifeln. Sie durften vielmehr davon ausgehen, dass das beklagte Amt als untere Jagdbehörde Vorbescheide wie den ihnen vorgelegten routinemäßig und unter Verwendung inhaltlich auf Richtigkeit geprüfter Formulare erstellte.

Die fehlerhafte Rechtsbehelfsbelehrung war auch ursächlich dafür, dass der Kläger durch seinen Rechtsanwalt nicht innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist des § 234 Abs. 3 ZPO Klage erhob und die Wiedereinsetzung in die Klagefrist beantragte. Dass der von dem Kläger nach Ablauf der Klagefrist beauftragte Rechtsanwalt sich zunächst auf die Rechtsbehelfsbelehrung verließ und eine vollstreckbare Ausfertigung des Vorbescheides beantragte anstatt Klage zu erheben und Wiedereinsetzung in die Klagefrist zu beantragen, unterbrach den Zurechnungszusammenhang nicht. Auch ein Fehler eines von dem Geschädigten beauftragten Rechtsanwalts unterbricht den Zurechnungszusammenhang nur dann, wenn der Anwalt eine Entschließung trifft, die schlechterdings unverständlich, also gemessen an sachgerechter Berufsausübung sachfremd und nicht nachvollziehbar erscheint (vgl. BGH NJW 2002, 1117, 1120). Auch dies trifft hier nicht zu. Der von dem Kläger mit der Durchsetzung seiner Ansprüche gegen den Jagdpächter beauftragte Rechtsanwalt hatte zunächst keinen Anlass, die Rechtmäßigkeit des seinem Mandanten günstigen Vorbescheides oder jedenfalls die Richtigkeit der Rechtsbehelfsbelehrung zu prüfen. Es erscheint auch nicht schlechterdings unverständlich und sachwidrig, dass er Klage gegen den Jagdpächter erhob, obwohl die Klagefrist aus § 55 BbgJagdG abgelaufen war. Die von ihm im amtsgerichtlichen Verfahren vertretene Auffassung, dass die Frist zur Klageerhebung aufgrund der fehlerhaften Rechtsbehelfsbelehrung nicht zu laufen begonnen habe, ist zwar unzutreffend (dazu sogleich), erscheint im Hinblick auf entsprechende gesetzliche Regelungen etwa in § 58 Abs. 2 Satz 1 VwGO jedoch nicht völlig unverständlich. Der hier vorliegende Sachverhalt entspricht insoweit dem Fall, dass zwei Berater nacheinander denselben Auftraggeber durch eine schuldhaft fehlerhafte Beratung geschädigt haben. In diesem Fall wird nicht der erste Berater durch den Fehler des zweiten von der Haftung frei, sondern haften beide Berater als Gesamtschuldner (vgl. BGH NJW 2001, 3477, 3478).

Zutreffend hat das Landgericht festgestellt, dass die Notfrist aus § 53 BbgJagdG trotz der fehlerhaften Rechtsbehelfsbelehrung mit der Zustellung des Vorbescheides zu laufen begann und daher zwei Wochen nach dieser Zustellung ablief. Dies ergibt sich aus dem entsprechenden Wortlaut des § 53 BbgJagdG, der den Fristbeginn nicht von der richtigen Belehrung abhängig macht, sondern allein von der Zustellung des Vorbescheides. Zwar schreibt § 51 Abs. 3 2. Halbsatz BbgJagdG vor, dass in dem Vorbescheid über die Klagefrist zu belehren ist. Das Brandenburgische Jagdgesetz regelt jedoch anders als etwa § 58 Abs. 2 Satz 1 VwGO nicht, dass die Frist nicht zu laufen beginnt, wenn die Belehrung unterbleibt oder fehlerhaft erfolgt.

Dadurch, dass der Kläger aufgrund der fehlerhaften Belehrung die Klagefrist verstreichen ließ, wurde sein Anspruch aus § 29 Bundesjagdgesetzgegen den Jagdpächter auf Ersatz des durch das Damwild verursachten Wildschadens undurchsetzbar. Da der Jagdpächter nicht freiwillig zahlte, ist dem Kläger ein Schaden in Höhe des Anspruchs gegen den Jagdpächter entstanden, der sich unstreitig auf 8.672,45 Euro belief. Auch die Verfahrenskosten des amtsgerichtlichen Verfahrens gegen den Jagdpächter in Höhe von zusammen 3.318,03 Euro sind durch die fehlerhafte Rechtsbehelfsbelehrung verursacht worden, denn sie war adäquat kausal dafür, dass der von dem Kläger beauftragte Rechtsanwalt davon ausging, dass die Klagefrist noch nicht zu laufen begonnen habe und die Klage gegen den Jagdpächter deshalb noch aussichtsreich sei.

f) Dem Kläger ist kein Mitverschulden an der Entstehung des Schadens anzulasten. Gemäß § 39 Abs. 4 BbgOBG ist zwar ein Verschulden des Betroffenen, das bei der Entstehung des Schadens mitursächlich gewesen ist, bei der Bemessung der Entschädigung zu berücksichtigen.

Ein eigenes Verschulden an der Versäumung der Klagefrist fällt dem Kläger jedoch nicht zur Last. Der Kläger hatte vor Ablauf der Frist keinen Anlass, die fehlerhafte Belehrung zu hinterfragen und sich über die Richtigkeit der Belehrung beraten zu lassen. Er durfte davon ausgehen, dass die von dem Beklagten im Rahmen seiner Zuständigkeit als untere Jagdbehörde erteilte Belehrung zutreffend war. Auch dass der Kläger unter objektivem Verstoß gegen seine Schadensminderungspflicht die Klage gegen den Jagdpächter erheben ließ, die zu diesem Zeitpunkt aufgrund der Versäumung der Wiedereinsetzungsfrist bereits aussichtslos war, beruht nicht auf einem eigenen Verschulden des Klägers, denn insoweit durfte er sich auf den Rat des von ihm beauftragten Rechtsanwalts verlassen.

Dem Kläger ist auch ein diesbezügliches Verschulden des von ihm beauftragten Rechtsanwalts nicht als Mitverschulden zuzurechnen. Eine Zurechnung des anwaltlichen Verschuldens über § 85 Abs. 2 ZPO kommt hier nicht in Betracht. § 85 Abs. 2 ZPO ist nur eine prozessuale Zurechnungsnorm (vgl. Zöller-Vollkommer, 28. Auflage 2010, § 85 Rdnr. 2 und 10), nach der einer Prozesspartei das Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten im Rahmen des Prozessrechtsverhältnisses zu der anderen Prozesspartei zugerechnet wird. Hier steht jedoch allein ein außerprozessuales Verschulden im Verhältnis zu dem Beklagten in Rede, der zum Zeitpunkt der Klageerhebung gegen den Jagdpächter noch nicht an dem Rechtsstreit beteiligt war.

Die schuldhafte Verletzung der Schadensminderungspflicht durch seinen Rechtsanwalt in der Form, dass jener im Namen des Klägers eine im Ergebnis aussichtslose Klage erhob, kann dem Kläger allein nach den §§ 254 Abs. 2 Satz 2, 278 BGB zugerechnet werden, die als Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben für öffentlich-rechtliche Ansprüche entsprechend gelten (vgl. Palandt-Grüneberg, 69. Auflage 2010, § 254 Rdnr. 5). § 39 Abs. 4 BbgOBG stellt sich insoweit nicht als Sondervorschrift dar, die einer entsprechenden Anwendung des § 254 BGB entgegenstünde, sondern nur als Erwähnung des ohnehin geltenden Grundsatzes der Schadensminderungspflicht.

Eine solche Zurechnung nach §§ 254 Abs. 2 Satz 2, 278 BGB setzt jedoch voraus, dass der Kläger den Rechtsanwalt als Erfüllungsgehilfen im Sinne des § 278 BGB eingeschaltet hatte, um seine Schadensminderungspflicht gegenüber dem Beklagten und die damit für ihn als Geschädigten verbundenen Gebote des eigenen Interesses zu erfüllen (vgl. BGH NJW-RR 2005, 1435, 1436). Dies setzt seinerseits voraus, dass der Kläger einem solchen Gebot unterlag, was nur der Fall war, wenn er erkannt hatte, dass der Beklagte ihn geschädigt hatte (vgl. BGH a. a. O.). Es ist jedoch weder von dem Beklagten vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass der Kläger zur Zeit der Klageerhebung wusste, dass der Beklagte ihn durch eine falsche Rechtsbehelfsbelehrung geschädigt hatte und somit ihm, dem Kläger, eine Pflicht oblag, den Schaden zu mindern. Vielmehr ergibt sich daraus, dass der Kläger die Klage gegen den Jagdpächter erheben ließ, dass er davon ausging, seinen Anspruch gegen jenen noch durchsetzen zu können. Erst mit der Klageabweisung war dem Kläger bekannt, dass ihm aufgrund der falschen Rechtsbehelfsbelehrung ein Schaden entstanden war. Zu diesem Zeitpunkt waren die Verfahrenskosten für den amtsgerichtlichen Prozess jedoch bereits angefallen.

g) Der Anspruch aus § 38 Abs. 1 b BbgOBG ist auch nicht verjährt. Die Verjährung bestimmt sich nach §40 Satz 1 BbgOGB und endet danach drei Jahre ab - positiver - Kenntnis des Geschädigten von dem Schaden und der Entschädigungsbehörde. Hier wusste der Kläger frühestens mit der Klageabweisung durch das Urteil des Amtsgerichts Eberswalde vom 8. November 2007, dass der Schaden eingetreten war, sodass die Verjährungsfrist zurzeit der die Verjährung hemmenden Klageerhebung im vorliegenden Verfahren am 8. Januar 2009 noch nicht abgelaufen war.

2) Der Zinsanspruch des Klägers folgt aus §§ 286 Abs. 2 Nr. 3, 288 Abs. 1 BGB.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 708 Nr. 10 BGB. Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 572 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.

IV.

Der Gebührenstreitwert wird festgesetzt auf 11.990,48 Euro entsprechend der weiterverfolgten Klageforderung.