Gericht | LSG Berlin-Brandenburg 3. Senat | Entscheidungsdatum | 15.11.2012 | |
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Aktenzeichen | L 3 U 287/11 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 8 SGB 7 |
Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 10. Oktober 2011 sowie der Bescheid der Beklagten vom 29. November 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. März 2007 aufgehoben. Es wird festgestellt, dass der Unfall am 12. Juni 2006 ein Arbeitsunfall war.
Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers aus dem erst- und zweitinstanzlichen Verfahren.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Die Beteiligten streiten um die Anerkennung eines Ereignisses vom 12. Juni 2006 als Arbeitsunfall.
Der Kläger, der für einen Reifendienst arbeitete und für den Verkauf von LKW-Bereifung zuständig war, prallte am 12. Juni 2006 als Fahrer eines firmeneigenen Transportfahrzeuges, Typ Transporter Fiat Ducato, auf einem Parkplatz gegen einen Pfosten. Er wurde vom Rettungswagen vom Unfallort AStraße, Lidl-Parkplatz, abgeholt und notfallmäßig aufgrund eines Beschleunigungstraumas der Halswirbelsäule mit Paresen und Schmerzen in beiden Armen im H Klinikum Bad S/F aufgenommen (s. Notarztprotokoll und Durchgangsarztbericht vom 13. Juni 2006: HWS-Beschleunigungstrauma, Verdacht auf Contusio spinales mit inkompletter Paraparese beider Arme, zervikale Spondyloosteochondrose, besonders C4/5 und C5/6, bei ausgeprägten degenerativen HWS-Veränderungen).
Gegenüber der Beklagten gab der Kläger an (Fragebogen HWS-Verletzungen, Schreiben vom 30. Juli 2006, persönliches Gespräch mit Reha-Betreuung vom 07. August 2006), er sei auf dem Weg von der Niederlassung zum Kunden gewesen, als ihm eingefallen sei, dass er Unterlagen vergessen habe. Deswegen sei er auf einen Parkplatz vor dem Supermarkt der Firma Lidl gefahren, hauptsächlich um zu wenden. Sein erster Gedanke sei es gewesen, die vergessenen Verkaufsunterlagen und Preislisten (Preise für Reifen im Verkauf mit Kunden) zu holen. Nur anlässlich der Parksituation sei er kurz zum Bäcker in der Lidl-Filiale gegangen, um sich zwei Pfannkuchen zu holen. Anschließend habe er gewendet (zurück zur Niederlassung) und sei beim Wenden gegen einen Mast gefahren. Seine Arbeitszeit gehe von 07:00 Uhr bis 16:30 Uhr, der Unfall habe sich gegen 14:00 Uhr ereignet. Im Betrieb sei er ausschließlich als Verkäufer für LKW-Bereifung verantwortlich, fahre mit seinem Transporter verschiedene Firmen an, um dort Reifen zu verkaufen, wechsle auch gelegentlich LKW-Reifen vor Ort aus. Seine Tätigkeit sei eine Mischtätigkeit, er habe zwischendurch Büroarbeiten zu erledigen und anschließend Außendienst.
Mit Bescheid vom 29. November 2006 lehnte die Beklagte es ab, dass Ereignis vom 12. Juni 2006 als Arbeitsunfall anzuerkennen. Es habe sich nicht um einen Dienstwegeunfall gehandelt, da sich der Unfall während einer eigenwirtschaftlichen Tätigkeit ereignet habe. Der Halt bei der Lidl-Filiale stelle eine zum Kauf von Nahrung durchgeführte räumliche Unterbrechung des Dienstweges dar, die erst dann ende, wenn der öffentliche Verkehrsraum wieder erreicht sei, was bei der Kollision mit dem Laternenpfahl noch nicht der Fall gewesen sei.
Mit seinem hiergegen gerichteten Widerspruch trug der Kläger erneut vor, dass er vorrangig auf den Parkplatz gefahren sei, um zu wenden und um dann die vergessenen Verkaufsunterlagen zu holen. Bei dieser Gelegenheit – und dies nur nachrangig – habe er kurz angehalten, um sich zwei Pfannkuchen zu holen, dann sofort seine Fahrt fortgesetzt, und dann sei es zu dem Unfall gekommen. Entscheidend sei, dass er sich auf dem Weg zu einem Kunden befunden habe, die Dienstfahrt also eine seinem Arbeitgeber dienende Tätigkeit gewesen sei. Auch sei der Halt bei der Lidl-Filiale nicht aus eigenwirtschaftlichen Erwägungen zum Kauf von Nahrung durchgeführt worden, denn er habe den Dienstweg dafür nicht räumlich unterbrochen. Der Laternenpfahl auf dem Parkplatz sei Teil des öffentlichen Verkehrsraumes.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 25. März 2007 als unbegründet zurück. Es sei nicht im Vollbeweis nachgewiesen, dass sich der Unfall bei einer versicherten Tätigkeit ereignet habe. Unbestritten habe sich der Kläger auf dem Weg zum Kunden unter Versicherungsschutz befunden. Auch beim Entschluss, den Ausgangsort wieder aufzusuchen, um die vergessenen Unterlagen zu holen, hätte er unter Versicherungsschutz gestanden. Der dienstliche Zusammenhang habe aber spätestens mit dem Einfahren auf den Parkplatz des Supermarktes geendet, insoweit handele es sich um einen Abweg vom Dienstweg. Das Befahren bzw. Betreten des Supermarktparkplatzes habe ausschließlich der Besorgung von zwei Pfannkuchen gedient, ein Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit sei nicht gegeben gewesen. Nach Angaben des Arbeitgebers habe der Kläger in der Zeit von 12:00 Uhr bis 12:30 Uhr Mittagspause gemacht. Anhaltspunkte für eine Nahrungsaufnahme zur Aufrechterhaltung der Arbeitskraft seien nicht erkennbar. Die Einnahme von zwei Pfannkuchen als Genussmittel sei auch nicht geeignet, die Arbeitsfähigkeit positiv zu beeinflussen. Das unfallbringende Ereignis sei noch auf dem Parkplatz eingetreten, d. h. auf dem ausschließlich der Privatsphäre zuzuordnenden Abweg.
Mit seiner hiergegen vor dem Sozialgericht (SG) Frankfurt (Oder) erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren auf Anerkennung des Unfalls als Arbeitsunfall weiterverfolgt und vorgetragen, eine Abgrenzung eines versicherten Weges von einem nicht versicherten Weg nach dem Verlassen und Wiedererreichen des öffentlichen Verkehrsraumes ergebe sich aus der Rechtsprechung der Sozialgerichte nicht. Entscheidend sei, dass er gewendet habe, da er seine Verkaufsunterlagen vergessen habe und deswegen zur Niederlassung in F habe zurückkehren wollen. Der Filialleiter, Herr R, habe ihm ein Angebot für den Kunden M von der S-Spedition auf den Schreibtisch gelegt, welches er dann dort versehentlich habe liegen lassen. Er habe auch keinen Abweg vorgenommen. Die Lidl-Filiale befinde sich in der AStraße, von der Autobahn kommend linksseitig stadteinwärts nach der Kreuzung Alte L Chaussee – Rweg. Die Pfannkuchen seien nur zum Teil für den Eigenverzehr bestimmt gewesen, zum anderen Teil für den Kunden, den er in der Lindenstraße in F habe aufsuchen wollen.
Ausweislich einer Erklärung des Niederlassungsleiters vom 21. Februar 2011 hatte der Kläger am 12. Juni 2006 Termine bei der Firma S-Spedition und der Firma F und sollte Angebote, die er ihm auch am 12. Juni 2006 auf den Schreibtisch gelegt habe, überbringen. Der Kläger sei in Absprache berechtigt, für die Kunden Brötchen oder Kuchen zur Kundenbindung einzukaufen. Die entsprechenden Quittungen würden über die Hauptzentrale in K abgerechnet.
Im Termin vor dem SG Frankfurt (Oder) vom 10. Oktober 2011 sind die Zeugen M und H gehört worden.
Der Zeuge M hat angegeben, die Firma des Klägers sei beauftragt gewesen, die Reifen der ca. 100 Fahrzeuge der Firma Spedition in F zu kontrollieren und zu warten. Diese Tätigkeit habe der Kläger vorgenommen und nach Prüfung eine Analyse erstellt, die in Gesprächen ausgewertet worden sei. Die Arbeiten seien häufig nachmittags oder abends bzw. am Wochenende durchgeführt worden. Er habe den Kläger manchmal zwei Mal die Woche gesehen, manchmal auch nur alle 14 Tage. Bei den Auswertungsterminen unter der Woche habe der Kläger auch mal ein Stück Kuchen mitgebracht, er habe aber auch mal ein Stück Kuchen und Kaffee von der Firma des Zeugen bekommen. Der Kläger habe wenigstens einmal im Monat Kuchen mitgebracht, auch wenn er das nicht gebraucht hätte. Er sei nicht der Typ, der sich etwas schenken lassen wolle. Ob an dem konkreten Tag ein Termin zur Kontrolle von Fahrzeugen oder ein Besprechungstermin geplant gewesen sei, war dem Zeugen nicht mehr erinnerlich.
Der Zeuge H hat erklärt, der Kläger als für die Betreuung und Akquise der Kunden zuständige Außendienstmitarbeiter arbeite selbständig und habe freie Zeiteinteilung. Er habe am Unfalltag zwei Angebote bei der Firma F und der S-Spedition abzugeben gehabt. Es sei üblich, zur Kundenbetreuung Kuchen oder Brötchen oder auch Blumen mitzubringen, um die Kunden positiv einzustimmen, etwa weil die Reifen wieder teurer geworden seien oder um ein neues Produkt zu etablieren. Ob es an diesem Tag einen konkreten Anlass dafür gab, dem Kunden Kuchen oder Brötchen mitzubringen, wisse er nicht mehr. Das ausgelegte Geld werde über die Kasse vor Ort abgerechnet, das mache die Person, die am Verkauf zugegen sei. Ob für den konkreten Tag eine Abrechnung erfolgt sei, wisse er nicht, nehme es aber an. Die Quittungen würden nach K geschickt und dort archiviert, weil dort die Hauptzentrale sei. Es gebe auch eine Kasse vor Ort für die Barauszahlung von verauslagtem Geld. Feste Regeln, wann einem Kunden etwas mitgebracht werde, gebe es nicht, der Kläger habe das nach Gefühl entschieden. Auch seien die Abstände unterschiedlich, mal werde einem Kunden 5 bis 6 Mal monatlich etwas mitgebracht und mal einen ganzen Monat gar nichts. Insgesamt habe der Kläger des Öfteren von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht.
Mit Urteil vom 10. Oktober 2011 hat das SG Frankfurt (Oder) die Klage abgewiesen, da der Kläger den Unfall auf einem nicht versicherten Weg erlitten habe. Der Kläger habe zum Zeitpunkt des Unfalls in das Zurücklegen des Weges zur Arbeitsstätte eine Verrichtung eingeschoben, die nicht der Erreichung seines Ziels gedient habe und dadurch seinen Weg zur Arbeitsstätte unterbrochen. Die Unterbrechung habe privaten Zwecken gedient, denn die Handlungstendenz sei nicht darauf ausgerichtet gewesen, den Parkplatz zum Wenden zu befahren. Vielmehr habe der Kläger, indem er auf den Parkplatz einer Einkaufsfiliale gefahren sei, dort sein Auto abgestellt und sich beim Bäcker zwei Pfannkuchen zum Eigenverzehr gekauft habe, gezeigt, dass er sich vorläufig auf dem versicherten Weg nicht weiterbewegen wolle. Soweit der Kläger erstmals in der mündlichen Verhandlung vorgetragen habe, dass der Kauf der Pfannkuchen der Kundenpflege gedient habe, sei dies nicht erwiesen. Es sei auffällig, dass dieser Sachvortrag erstmals über vier Jahre nach dem Unfall vorgetragen worden sei. Die dazu gegebene Erklärung des Klägers, er sei nicht danach gefragt worden, sei nicht nachvollziehbar. So habe der Kläger gegenüber der Beklagten mehrfach zwar angegeben, dass er etwas zum Essen geholt und gewendet habe, jedoch nicht, dass er diesen Kuchen zum Zwecke der Kundenpflege habe mitbringen wollen. Die Beklagte habe ihn im Schreiben vom 26. Juli 2006 gefragt, ob er auf den Parkplatz gefahren sei, um zu wenden oder um sich zu essen zu holen. Jedenfalls an dieser Stelle hätte der Kläger sich veranlasst sehen müssen, klarzustellen, dass der Einkauf betrieblichen Zwecken gedient habe. Auch wenn nicht auszuschließen sei, dass der Kläger diesen Umstand für nicht wichtig erachtet habe, bestehe auch die ernsthafte Möglichkeit einer Schutzbehauptung.
Der vom Kläger behauptete Umstand habe auch nicht durch die Aussagen der vernommenen Zeugen bestätigt werden können. Der Zeuge M habe sich nicht erinnern können, ob er mit dem Kläger am Unfalltag einen Termin vereinbart habe, er habe lediglich bestätigt, dass der Kläger auch mal ein Stück Kuchen mitgebracht habe, dies etwa einmal im Monat. Auch aufgrund der Aussage des Zeugen H sei der vom Kläger vorgetragene Umstand nicht erwiesen. Zwar habe der Zeuge dem Kläger angeblich an diesem Tag vorgeschlagen, bei seinem Außentermin zum Zwecke der Kundenbetreuung Kuchen mitzubringen. Ob es für seinen Vorschlag an dem fraglichen Tag einen besonderen Anlass gegeben habe, habe der Zeuge aber nicht sagen können. Es verwundere, dass der Zeuge sich zwar erinnere, dem Kläger den entsprechenden Vorschlag gemacht zu haben, aber den Grund hierfür nicht habe angeben können. Der Zeuge habe auch nicht bestätigen können, dass der Kläger seinem Vorschlag tatsächlich gefolgt sei. Weitere Möglichkeiten, die Angaben des Klägers zu überprüfen, würden nicht gesehen.
Diese privaten Zwecken dienende Einschiebung in das Zurücklegen des Weges sei auch mehr als nur eine unerhebliche Unterbrechung gewesen. Das Aufsuchen des Bäckers bilde, auch bei nur kurzer Besorgung wie dem Kauf von zwei Pfannkuchen eine deutliche Zäsur innerhalb des Weges nach dem Ort der Tätigkeit. Eine geringfügige Unterbrechung liege nur dann vor, wenn eine private Besorgung im Bereich der Straße, auf der der Verletzte den Weg zur Arbeit zurücklege, so im Vorbeigehen erledigt werde (BSG, Urteil v. 29. April 1980, 2 Ru 17/80; Urteil v. 31. Oktober 1972, 2 Ru 99/71 in juris). Der Kläger habe aus der Sicht eines objektiven Dritten zum Zeitpunkt des Unfalls jedoch den öffentlichen Straßenraum verlassen und die Unterbrechung seines Weges nach dem Ort seiner Tätigkeit zwecks seiner privaten Besorgung im Zeitpunkt des Unfalls auch noch nicht beendet gehabt. Die Unterbrechung ende erst mit dem Wiedererreichen des öffentlichen Verkehrsraumes und nicht mit dem Fahrtantritt auf dem Parkplatz nach dem Einkauf.
Mit seiner hiergegen gerichteten Berufung hält der Kläger an seinem Begehren auf Feststellung, dass der Unfall vom 12. Juni 2006 ein Arbeitsunfall gewesen sei, unter Wiederholung und Vertiefung seines bisherigen Vortrags fest.
Im Erörterungstermin vom 26. Januar 2012 hat der Kläger zum Unfallhergang ergänzend angegeben, dass er an dem fraglichen Tag zunächst in seinem Büro das Mittagessen - mitgebrachte Brote und Getränke - eingenommen und sich anschließend zu den Kunden S Spedition und Firma F aufgemacht habe. Er sei die A-Straße gefahren, als ihm eingefallen sei, dass er die ihm vom Niederlassungsleiter H vorbereiteten Preislisten und Angebotsunterlagen vergessen habe. Er habe daher wenden und zurückfahren wollen. Da die A-Straße stark befahren sei und nur eine Fahrspur in jeder Richtung habe, habe er über den Parkplatz der Lidl-Filiale wenden wollen. Erst beim Einbiegen auf den Parkplatz der Lidl-Filiale habe er gesehen, dass dort ein Bäcker ansässig sei und sich in diesem Augenblick entschlossen, zwei Pfannkuchen zu holen. Diese Pfannkuchen seien bestimmt gewesen, um sie gemeinsam mit dem Zeugen M, SSpedition, zu verzehren. Erst selbst würde nicht viel Kuchen essen, es sei wirklich für den Kundenbesuch bestimmt gewesen. Der Parkplatz der Lidl-Filiale sei relativ eng, d. h., man könne nicht auf den Parkplatz drauf fahren und über einen anderen Fahrweg wieder herausfahren, sondern es gebe nur eine einzige Zufahrt, die dann auch für das Verlassen des Parkplatzes wieder verwendet werde. Es hätten dort einige Autos geparkt, so dass er den nächsten freien Parkplatz genutzt habe. Nach dem Kauf der zwei Pfannkuchen habe er vorwärts hinaus fahrend den Parkplatz verlassen wollen. Es sei an dem Tag sehr heiß gewesen, die Sonne habe geblendet und er habe aus dem Seitenfenster geschaut und kurz nachdem er das Auto in Bewegung gesetzt habe, habe es gerumst. Ein kürzerer Wendeweg wäre nicht möglich gewesen, selbst wenn er sich nicht entschlossen hätte, die Pfannkuchen zu kaufen.
Der Kläger hat schriftsätzlich beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 10. Oktober 2011 und des Bescheides der Beklagten vom 29. November 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. März 2007 festzustellen, dass der Unfall am 12. Juni 2006 ein Arbeitsunfall war.
Die Beklagte hat beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält sie unter Bezugnahme auf ihre Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden sowie das Urteil des SG Frankfurt (Oder) für nicht begründet.
Die Beteiligten haben im Erörterungstermin vom 26. Januar 2012 ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die hiesigen Gerichtsakten, die Gerichtsakten und beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen und inhaltlich Bezug genommen.
Das Gericht konnte im Wege schriftlichen Verfahrens entscheiden, nachdem die Beteiligten dieser Verfahrensweise zugestimmt hatten, §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht erhobene Berufung des Klägers ist begründet. Das SG hat die Klage zu Unrecht abgewiesen.
Der Kläger hat am 12. Juni 2006 einen Arbeitsunfall erlitten und damit Anspruch auf die begehrte Feststellung.
Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit; Satz 1). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (Satz 2). Für einen Arbeitsunfall ist danach erforderlich, dass seine Verrichtung zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer oder sachlicher Zusammenhang), sie zu dem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt (Unfallkausalität) und das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität; [vgl. BSG, Urteile vom 12. April 2005, B 2 U 11/04 R, vom 12. April 2005, B 2 U 27/04 R, vom 09. Mai 2006, B 2 U 1/05 R, vom 04. September 2007, B 2 U 24/06 R, alle in juris).
Der Kläger war – insoweit unstreitig - als Beschäftigter in einem Reifendienst in einer Tätigkeit, die sowohl Außendienste wie auch Büroarbeiten enthielt, versichert (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII). Er hat auch einen Unfall erlitten, als er am 12. Juni 2006 als Fahrer eines firmeneigenen Transportfahrzeuges auf dem Parkplatz einer Lidl-Filiale gegen einen Pfosten pralle und sich dabei ein HWS-Beschleunigungstrauma und eine inkomplette Paraparese beider Arme zuzog.
Der Senat ist in dem nach § 128 Abs. 1 S. 1 SGG erforderlichen Maß überzeugt, dass es sich bei dem am 12. Juni 2006 erlittenenUnfall auch um einen Arbeitsunfall handelt. Seine Verrichtung zur Zeit des Unfallereignisses, nämlich der Beginn des Ausfahrens vom Parkplatz des Supermarktes auf die Straße, um ins Büro zurück zu kehren, stand im sachlichen Zusammenhang mit seiner versicherten Tätigkeit.
Zu den versicherten Tätigkeiten zählt auch das Zurücklegen des mit der nach §§ 2, 3, oder 6 SGB VII versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und vom Ort der Tätigkeit (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII). Andererseits sind diese Wege noch nicht Teil der eigentlichen versicherten Tätigkeit und rein tatsächlich werden mit solchen Wegen häufig auch private Verrichtungen und Zwecke verbunden. Aus der Formulierung "das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges" (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII) ergibt sich, dass der Weg zurückgelegt werden muss, um den Ort der Tätigkeit oder nach deren Beendigung die eigene Wohnung zu erreichen. Die darauf gerichtete Handlungstendenz muss durch die objektiven Umstände bestätigt werden (BSG, Urteile vom 30. Oktober 2007, B 2 U 20/06 R, vom 4. September 2007, B 2 U 24/06 R, vom 11. September 2001, B 2 U 34/00 R, alle in juris). Bei einem im Außendienst tätigen Mitarbeiter wie dem Kläger steht das Zurücklegen von Wegen zwecks Kundenbesuchen allerdings in wesentlich engerer Beziehung zur versicherten Tätigkeit als zum Beispiel der Weg von zuhause ins Büro bei einem Beschäftigten, der seine Arbeit ausschließlich in diesem Büro verrichtet (BSG, Urteile vom 26. Oktober 2004, B 2 U 24/03 R, vom 19. Januar 1995, 2 RU 3/94, in juris).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze stellt sich zunächst der Weg des Klägers von seinem Büro zur Firma S Spedition des Zeugen M. unstreitig als versicherter Weg dar. Unter den Beteiligten herrscht auch Einvernehmen insoweit, als auch das Wenden zwecks Rückfahrt zur Abholung der im Büro vergessenen wichtigen Kundenunterlagen einen versicherten Weg darstellt. Streitig ist hier ausschließlich, ob die Fahrt über den Parkplatz des Lidl-Geschäftes und der dortige Einkauf der zwei Pfannkuchen eine maßgebliche, privaten Zwecken dienende Unterbrechung des versicherten Weges darstellt.
Der Senat teilt indes nicht die Auffassung der Beklagten, dass der dienstliche Zusammenhang spätestens mit dem Einfahren auf den Parkplatz des Supermarktes geendet hätte.
Hierzu hat der Kläger im Erörterungstermin vom 26. Januar 2012 im Berufungsverfahren nachvollziehbar angegeben, dass es sich bei der A Straße, die er befuhr, als ihm das Vergessen der Unterlagen bewusst worden sei, um eine relativ enge, stark befahrene Straße mit jeweils einer Fahrspur in jeder Richtung und ohne ordentliche Seitenbefestigung handele. Dass der Kläger sich daher entschloss, das Wendemanöver nicht auf der Straße selbst vorzunehmen, sondern dafür auf einen Parkplatz zu fahren, erscheint plausibel und nicht geeignet, einen grundsätzlich versicherten Weg zu unterbrechen. Nach Angaben des Klägers habe es eine andere gleichermaßen geeignete Wendemöglichkeit als den Lidl-Parkplatz nicht gegeben. Soweit die Beklagte in ihrem Widerspruchsbescheid vom 25. März 2007 davon spricht, dass Wendemöglichkeiten über die RStraße und L Straße oder direkt an dem Kreuzungsbereich A-Straße/Ecke L Straße gegeben gewesen wären, entspricht dies nicht dem tatsächlichen Vorgang. Offensichtlich ist die Beklagte – einer Arbeitgeberauskunft folgend – davon ausgegangen, dass der Lidl-Parkplatz von der L Straße aus zu befahren war. Der Kläger selbst spricht jedoch zutreffend von der AStraße, also seiner direkten Fahrstrecke. Es findet sich in der Tat die Lidl-Filiale jedoch in der A-Straße; so lautet auch ihre Anschrift. Dass es sich insoweit nicht um einen größeren Parkplatz mit mehreren Geschäften und Ein- und Ausfahrten handelt, sondern der kürzeste Wendeweg über diesen Parkplatz zwingend an der Lidl-Filiale mit ihren Parkhäfen vorbei und auf derselben Zufahrt wieder hinausführt hat auch der Kläger im Erörterungstermin vom 26. Januar 2012 ausdrücklich bestätigt; dies zeigt auch die von ihm im Termin gefertigte Skizze. Der Senat hat insoweit keine Bedenken, dem Vortrag des Klägers Glauben zu schenken, denn er ist plausibel und wird auch nicht durch die - offensichtlich auf unzutreffender Tatsachengrundlage angestellten – Erwägungen der Beklagten widerlegt. Folgt man also dem Kläger insoweit, dass er den kürzesten Wendeweg über den Lidl-Parkplatz an der AStraße genommen hat und dass er – nochmals ausdrücklich im Erörterungstermin versichert – erst beim Anblick des in der Lidl-Filiale befindlichen Bäckers – schon auf dem Parkplatz beim Wendemanöver – auf die Idee gekommen sei, anzuhalten, um dort zwei Pfannkuchen zu kaufen, so stellt sich das Befahren des Parkplatzes nicht als ein Um- oder Abweg vom versicherten Weg dar.
Da der Kläger den Unfall auch nicht im Bereich der Lidl-Filiale oder auf dem Weg vom oder zum Fahrzeug erlitten hat, er vielmehr gegen die Laterne prallte, nachdem er seine Parkbucht vorwärts fahrend, also bereits auf dem Wendeweg, verlassen hatte, brauchte der Senat auch nicht zu entscheiden, ob es sich bei dem kurzfristigen Anhalten zwecks Einkaufs der beiden Pfannkuchen ebenfalls um eine versicherte Tätigkeit gehandelt hätte. Nur der Vollständigkeit halber sei angemerkt, dass sich die Überlegung des SG Frankfurt (Oder), der Kläger habe sich zum Zeitpunkt des Unfallereignisses nicht auf dem versicherten Rückweg, sondern vielmehr noch auf einem in den versicherten Weg eingeschobenem Abweg weg vom öffentlichen Straßenland befunden, als unrichtig darstellt, weil der versicherte Wendeweg – wie dargelegt - über den Parkplatz führte. Schließlich gehen sowohl die Beklagte als auch das SG Frankfurt (Oder) davon aus, dass das Anhalten zwecks Besorgung der Pfannkuchen - unterstellt, der Kläger habe sie tatsächlich gemeinsam mit dem Kunden verzehren wollen - als versicherte Tätigkeit zu werten wäre, so dass der Kläger auch für diesen Fall unter dem Schutz der Unfallversicherung gestanden hätte (vgl. BSG Urteile vom 09. Dezember 2003, B 2 U 23/03 R, vom 26. Oktober 2004, B 2 U 24/03 R, beide in juris).
Auf die Berufung des Klägers waren daher antragsgemäß das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 10. Oktober 2011 und die Bescheide der Beklagten vom 29. November 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. März 2007 aufzuheben und festzustellen, dass der Unfall vom 12. Juni 2006 ein Arbeitsunfall war.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang des Verfahrens in der Sache selbst.
Die Revision ist mangels Zulassungsgrunds nach § 160 Abs. 2 SGG nicht zuzulassen.