Gericht | OVG Berlin-Brandenburg 12. Senat | Entscheidungsdatum | 30.04.2013 | |
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Aktenzeichen | OVG 12 S 25.13 | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 59 Abs 3 S 1 AufenthG, § 60a AufenthG, § 80 Abs 5 VwGO |
Etwaige Duldungsgründe stehen dem Erlass einer Abschiebungsandrohung gemäß § 59 Abs. 3 Satz 1 AufenthG nicht entgegen.
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 8. Februar 2013 wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Beschwerde trägt der Antragsteller.
Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 2 500 EUR festgesetzt.
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Das Beschwerdevorbringen, das allein Gegenstand der Überprüfung durch das Oberverwaltungsgericht ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigt keine Änderung des erstinstanzlichen Beschlusses.
Soweit das Verwaltungsgericht davon ausgegangen ist, dass sich die „Abschiebungsanordnung“ in Ziffer 2 des angefochtenen Bescheides vom 6. September 2011 erledigt hat, sind Einwände mit der Beschwerde nicht erhoben worden.
Hinsichtlich der Abschiebungsandrohung (Ziffer 3 des angefochtenen Bescheides) ist das Verwaltungsgericht unter Bezugnahme auf seinen vorangegangenen Beschluss vom 2. April 2012 (VG 29 L 58.12), bestätigt durch Beschluss des Senats vom 22. Januar 2013 (OVG 12 S 25.12/OVG 12 M 33.12), zu Recht von einer vollziehbaren Ausreisepflicht des Antragstellers ausgegangen. Der Senat hat bereits in seinem vorgenannten Beschluss darauf hingewiesen, dass der Antragsteller auch unabhängig von der von ihm bestrittenen Abschiebung und erneuten unerlaubten Einreise in das Bundesgebiet nach § 50 Abs. 1 i.V.m. § 58 Abs. 2 Satz 2 AufenthG vollziehbar ausreisepflichtig ist, nachdem die gegen ihn verfügte Ausweisung bestandskräftig geworden ist und zum Erlöschen seiner Niederlassungserlaubnis geführt hat (BA S. 3). Einer weiteren Aufklärung, ob eine Abschiebung tatsächlich stattgefunden hat, bedurfte es danach nicht.
Entgegen dem Beschwerdevorbringen ist die Abschiebungsandrohung auch inhaltlich hinreichend bestimmt. Die Pflicht zur Ausreise ergibt sich bereits aus Ziffer 1 des angefochtenen Bescheides, der zu Recht auf § 50 Abs. 1 und 2 AufenthG verweist. Im Übrigen ist in der Abschiebungsandrohung sowohl der Staat bezeichnet, in den der Antragsteller abgeschoben werden soll, als auch eine Ausreisefrist gesetzt worden (§ 59 Abs. 1 und 2 AufenthG). Auf eine Unverhältnismäßigkeit seiner Abschiebung nach Kroatien kann sich der Antragsteller nicht mit Erfolg berufen. Inwieweit sich aus dem künftigen EU-Beitritt Kroatiens zum gegenwärtigen Zeitpunkt ein Abschiebungsverbot ergeben soll, ist weder dargetan noch ersichtlich (vgl. zum maßgeblichen Zeitpunkt für die gerichtliche Beurteilung einer Abschiebungsandrohung: BVerwG, Urteil vom 22. März 2012 - 1 C 3/11 - BVerwGE 142, 179 Rn. 13). Unabhängig davon hat bereits das Verwaltungsgericht zu Recht auf die Bindungswirkung verwiesen, die dem Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 3. Januar 2012 hinsichtlich zielstaatsbezogener Abschiebungshindernisse zukommt.
In nicht zu beanstandender Weise ist das Verwaltungsgericht schließlich davon ausgegangen, dass auch etwaige sich aus höherrangigem Recht ergebende inlandsbezogene Abschiebungshindernisse dem Erlass der Abschiebungsandrohung gemäß § 59 Abs. 3 Satz 1 AufenthG nicht entgegenstehen. Das Beschwerdevorbringen, das sich insoweit in dem Zitat einer Kommentarstelle erschöpft, bietet keinen Anlass zu einer abweichenden rechtlichen Beurteilung. In der vom Antragsteller zitierten Fundstelle wird allein mit Blick auf den Wortlaut des § 59 Abs. 3 Satz 1 AufenthG die Auffassung vertreten, dass Duldungsgründe gemäß § 60 a AufenthG von der Vorschrift nicht erfasst seien und damit dem Erlass einer Abschiebungsandrohung entgegenstünden (Oberhäuser, in: Hofmann/Hoffmann, Ausländerrecht, Stand: 2008, § 59 AufenthG Rn. 6 sowie Rn. 18). Dies vermag nicht zu überzeugen. Abgesehen davon, dass auch die vorübergehende Aussetzung einer Abschiebung im Wege der Duldung ein (zeitweiliges) Abschiebungsverbot darstellt, bestehen keine Anhaltspunkte, dass der Gesetzgeber mit § 59 AufenthG eine inhaltliche Änderung gegenüber der früheren Rechtslage verbunden hat. Ausweislich der Gesetzesmaterialien entspricht die Vorschrift vielmehr im Wesentlichen der Regelung des § 50 AuslG, nach dem das Vorliegen von Abschiebungshindernissen und Duldungsgründen dem Erlass der Abschiebungsandrohung nicht entgegenstanden (BT-Drs. 15/420, S. 91). Dabei bedurfte es zunächst keines ausdrücklichen Verweises auf Duldungsgründe in § 59 Abs. 3 Satz 1 AufenthG, da der ursprüngliche Gesetzentwurf die generelle Abschaffung einer Duldung vorsah. Das Institut der Duldung ist erst nachträglich im Verlauf der Gesetzesberatungen in den Gesetzentwurf eingefügt worden, ohne dass eine redaktionelle Anpassung des § 59 Abs. 3 Satz 1 AufenthG erfolgte. Vor diesem Hintergrund ist allein der Hinweis auf den Wortlaut der Vorschrift nicht geeignet, Abschiebungshindernisse im Sinne des § 60 a AufenthG von ihrem Anwendungsbereich auszunehmen (vgl. zum Vorstehenden: OVG Hamburg, Beschluss vom 28. April 2010 - 3 Bf 309/08.Z - juris Rn. 7 ff.; OVG Münster, Beschluss vom 6. Januar 2005 - 18 B 2801/04 - juris Rn. 7 ff.; Funke-Kaiser, in: GK-AufenthG, Stand: März 2012, § 59 Rn. 52 m.w.N.). Ob die bereits erstinstanzlich geltend gemachten Umstände ausreichen, um den Antragsteller - entgegen den Ausführungen des Antragsgegners im Ausweisungsbescheid vom 25. Mai 2009 - als faktischen Inländer anzusehen, kann danach dahinstehen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 2 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).