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Entscheidung 3 U 75/09


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 3. Zivilsenat Entscheidungsdatum 21.04.2010
Aktenzeichen 3 U 75/09 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 545 BGB

Tenor

Unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung wird das Vorbehaltsurteil des Landgerichts Potsdam vom 29.04.2009 – Az. 5 O 94/08 – aufgehoben;

die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 13.945,35 € nebst Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über den Basiszinssatz gemäß § 247 BGB auf je 2.789,07 € seit dem 04.09.2008, dem 05.10.2008, dem 05.11.2008, dem 04.12.2008 und dem 06.01.2009 zu zahlen sowie an den Kläger 265,70 € nebst Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über den Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit dem 24.11.2008 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen fallen der Beklagten zur Last.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten bleibt die Ausführung ihrer Rechte im Nachverfahren vorbehalten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Der Kläger verlangt Mietzins für Gewerberäume für die Zeit von September 2008 bis Januar 2009.

Am 6./14.9.1995 schloss er mit der damals noch unter der Bezeichnung K…-S… GmbH firmierenden Beklagten einen Mietvertrag über Gewerberäume in der … Straße 17 in W… (Anl. K 1 zur Klageschrift). In § 3 Abs. 1 des Vertrages war eine Laufzeit bis zum 30.4.2006 vereinbart. Der Vertrag sollte sich nach Ablauf der Mietzeit gem. § 3 Abs. 3 des Vertrages um jeweils ein Jahr verlängern, wenn es nicht spätestens sechs Monate vor Ablauf der Mietzeit gekündigt würde. Wegen der Höhe des zu zahlenden Mietzinses wird auf die Ausführungen S. 7f der Klageschrift verwiesen.

Mit Schreiben vom 17.7.2006 schlug die Beklagte vor, das bereits bis 30.4.2007 verlängerte Mietverhältnis nunmehr bis zum 30.4.2008 zu verlängern (Anl. K 3). Der Kläger erklärte sich mit Schreiben vom 26.7.2006 einverstanden und bat um eine schriftliche Bestätigung (Anl. K 4), die die Beklagte mit Schreiben vom 31.7.2006 abgab (Anl. K 5).

Am 9.10.2007 bat die Beklagte den Kläger um Mitteilung, ob eine weitere Verlängerung, nun bis zum 30.6.2008 möglich sei (Anl. K 6). Gleichzeitig erklärte sie:

Jedoch ab 1.7.2008 ist das Mietverhältnis unwiderruflich gekündigt und beendet.

Der Kläger antwortete mit Schreiben vom 2.11.2007 (Anl. K 7), in dem er erklärte:

Die von Ihnen gewünschte Fristverlängerung für die Beendigung des Mietverhältnisses bis zum 30.6.2008 möchte ich Ihnen hiermit bestätigen.

Sollte Ihrerseits noch Bedarf bestehen, das Mietverhältnis darüber hinaus fortzuführen, informieren Sie mich bitte rechtzeitig.

Erneut mit Schreiben vom 3.3.2008 (Anl. K 8) teilte die Beklagte mit:

Ich bin der Meinung, dass ich das Mietverhältnis, welches am 30.6.2008 als beendet gilt, vorläufig bis zum 30.9.2008 verlängern kann.

Wenn Sie damit einverstanden sind, bitte ich um kurzen schriftlichen Bescheid zwecks meiner Organisation.

Hierauf erklärte der Kläger mit Schreiben vom 1.4.2008 (Anl. K 9):

Eine Verlängerung des Mietverhältnisses bis zum 30.9.2008 kann ich nicht bestätigen bzw. zustimmen. Jedoch möchte ich Ihnen die Möglichkeit einräumen, das Mietverhältnis bis zum 31.12.2008 zu verlängern.

Besteht Ihrerseits vielleicht Interesse (unter gewissen Umständen?) das Mietverhältnis längerfristig fortzuführen?

Dies beantwortete die Beklagte mit Schreiben vom 2.4.2008 (Anl. K 10):

Wir möchten hiermit mitteilen, dass wir das Mietverhältnis bis 31.9.2008 befristet verlängern. Ich bitte um Ihre diesbezügliche Gegenbestätigung.

Bezüglich einer weiteren Verlängerung auf weitere 2 Jahre können wir im August 2008 entscheiden.

Der Kläger lehnte eine Verlängerung bis September 2008 mit Schreiben vom 11.4.2008 (Anl. K 11) ab und bot nochmals die Verlängerung bis Jahresende an.

Die Beklagte nutzte das Mietobjekt bis August 2008, zog dann aus und stellte ab diesem Zeitpunkt die Mietzahlungen ein.

Mit Anwaltsschreiben vom 15.9.2008, für das ihm vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 265,70 € entstanden sind, ließ der Kläger der Beklagten mitteilen, er gehe nunmehr von einem unbefristeten Mietverhältnis aus, und forderte zur Zahlung weiteren Mietzinses auf (Anl. K 12). Dem widersprach die Beklagte mit Schreiben vom 18.9.2008.

Der Kläger hat vertritt den Standpunkt vertreten, das Mietverhältnis sei nach § 545 BGB auf unbestimmte Zeit verlängert.

Die Beklagte hat gemeint, in mit ihren Schreiben habe sie mit hinreichender Deutlichkeit ihren Willen zum Ausdruck gebracht, das Mietverhältnis zum vorgesehenen Vertragsende auslaufen zu lassen. Soweit ihre Erklärungen die Zeit nach dem 30.6.2008 beträfen, sei es ihr nur um die Gewährung einer Räumungsfrist gegangen. Sie hat behauptet, mit Schreiben vom 5.5.2008 (Anl. K 14) habe sie angekündigt, das Objekt bis zum 31.8.2008 zu räumen.

Das Landgericht hat die Beklagte am 24.4.2009, gestützt auf § 545 BGB, antragsgemäß verurteilt, an den Kläger 13.945,35 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über den Basiszinssatz gemäß § 247 BGB auf je 2.789,07 € seit dem 04.09.2008, dem 05.10.2008, dem 05.11.2008, dem 04.12.2008 und dem 06.01.2009 zu zahlen sowie an den Kläger 265,70 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über den Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit dem 24.11.2008 zu zahlen. Es hat der Beklagten die Ausführung ihrer Rechte im Nachverfahren vorbehalten. Die Einzelrichterin hat das Urteil nicht unterzeichnet, jedoch öffentlich verkündet und das Verkündungsprotokoll unterschrieben.

Mit Urteil vom 1.7.2009 hat das Landgericht das Vorbehaltsurteil für vorbehaltlos erklärt; die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten wird beim Brandenburgischen Oberlandesgericht unter dem Aktenzeichen 3 U 114/09 geführt.

Mit ihrer gegen das Vorbehaltsurteil gerichteten Berufung verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

Sie hält die rechtliche Würdigung des Landgerichts für fehlerhaft. Es habe nicht ausreichend berücksichtigt, dass ein entgegenstehender Wille iSd § 545 BGB schon vor Beendigung der Mietzeit und zudem auch konkludent erklärt werden könne; auch in der Bitte um Einräumung einer Räumungsfrist könne eine solche Erklärung liegen.

Schon mit dem Schreiben vom 9.10.2007 habe sie eine entsprechende Erklärung unmissverständlich abgegeben. Angesichts der grundsätzlichen Unwiderruflichkeit von Willenserklärungen könnten die späteren Schreiben zur etwaigen weiteren Verlängerung des Vertragsverhältnisses hieran nichts mehr ändern. Zudem sei es im weiteren Schriftwechsel stets nur um eine sehr begrenzte Verlängerung des Mietverhältnisses gegangen, dem sich ein Wille zur Verlängerung „auf unbestimmte Zeit“ nicht entnehmen lasse. Die Antwort des Klägers vom 1.4.2008 lasse erkennen, dass auch dieser das Verhalten der Beklagten nicht in diesem Sinne verstanden habe. Im Übrigen ergebe sich aus dem Schreiben vom 5.5.2008 der klare Wille, das Vertragsverhältnis als solches nicht über die vorgesehene Vertragslaufzeit hinaus zu verlängern.

Die Beklagte beantragt,

das Vorbehaltskurteil im Urkundenprozess des LG Potsdam vom 29.4.2009 – Az.: 5 O 94/08 – abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er vertritt die Auffassung, schon dem Schreiben vom 9.10.2007 sei keine Erklärung zu der Frage zu entnehmen, welche rechtlichen Wirkungen einer etwaigen Fortnutzung des Mietgegenstandes über das Ende der Mietzeit hinaus beizumessen oder nicht beizumessen sein sollten, da das Schreiben die Möglichkeit einer solchen Fortnutzung gar nicht in Betracht ziehe. Im Übrigen fehle der erforderliche zeitliche Zusammenhang zwischen diesem Schreiben und dem Vertragsende. Auch angesichts des uneinheitlichen Verhaltens der Beklagten hinsichtlich des Beendigungszeitpunkts habe der Kläger später nicht mehr davon ausgehen können und müssen, dass die Beklagte aus dem Schreiben noch rechtliche Folgen ableiten wolle.

Die Unwiderruflichkeit von Willenserklärungen bedeute nicht, dass nicht zu einem späteren Zeitpunkt ein abweichender Wille wirksam erklärt werden könne. Einen solchen Willen habe die Beklagte mit ihrem Schreiben vom 3.3.2008 und dem Umstand der Fortsetzung der Nutzung zum Ausdruck gebracht. Die Beklagte, die über eine Rechtsabteilung verfüge, habe es letztlich schlicht versäumt, ihren etwaigen gegenteiligen Willen hinreichend klar zum Ausdruck zu bringen.

II.

Die zulässige Berufung führt zur Aufhebung des landgerichtlichen Urteils, in der Sache jedoch – abgesehen von einer geringfügigen Klageabweisung hinsichtlich der Zinsen – zur erneuten Verurteilung der Beklagten.

1. Der Zulässigkeit der Berufung steht es nicht entgegen, dass das Landgericht mittlerweile eine – ebenfalls mit der Berufung angegriffene – Entscheidung im Nachverfahren getroffen hat, in der das hier angegriffene Urteil für vorbehaltlos erklärt worden ist.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der der Senat folgt, entfaltet ein im Urkundenverfahren ergangenes Vorbehaltsurteil insofern Bindungswirkung für das Nachverfahren, als es nicht auf den eigentümlichen Beschränkungen der Beweismittel im Urkundenprozess beruht. Dies hat zur Folge, dass diejenigen Teile des Streitverhältnisses, die im Vorbehaltsurteil beschieden werden mussten, damit es überhaupt ergehen konnte, im Nachverfahren als endgültig beschieden dem Streit der Parteien entzogen sind (st. Rspr., s. etwa BGH, NJW 1973 S. 467, 468; 1982, S. 183; 1988, S. 1468; 1991 S. 1117; 1993, S. 668; 2004, S. 1159; OLG Brandenburg, OLG-NL 2005, S. 115). Soweit diese Bindungswirkung eines Vorbehaltsurteils reicht, ist daher auch in den Folgeinstanzen der Rechtsstreit im Rechtsmittelverfahren gegen das Vorbehaltsurteil fortzuführen. Rechtsmittel gegen das Urteil im Nachverfahren können nur diejenigen Fragen zum Gegenstand haben, über die im Vorverfahren keine Entscheidung getroffen worden ist.

2. Das Urteil des Landgerichts war auf die zulässige Berufung aufzuheben, denn es leidet an einem wesentlichen Verfahrensmangel.

Nach § 315 Abs. 1 S. 1 ZPO ist das Urteil von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, im vorliegenden Fall also von der Einzelrichterin beim Landgericht, zu unterschreiben. Dabei muss die Unterschrift auf der Urschrift des Urteils selbst geleistet werden (s. Vollkommer in: Zöller, § 313 ZPO, Rn. 25). Die bloße Unterzeichnung des Verkündungsprotokolls reicht nicht aus und ist auch nicht geeignet, den in der fehlenden Unterschrift unter das Urteil liegenden Verfahrensmangel zu heilen. Dies gilt selbst dann, wenn wie im vorliegenden Fall das Verkündungsprotokoll von derselben Einzelrichterin unterzeichnet worden ist, die auch in der Sache zu entscheiden hatte. Das nicht unterzeichnete Urteil ist zunächst der bloße Entwurf einer Entscheidung. Dessen im übrigen ordnungsgemäße Verkündung macht das Urteil zwar rechtlich existent, die Unterschrift wird dadurch aber nicht entbehrlich, vielmehr liegt ein wesentlicher Verfahrensfehler vor, der etwa im Revisionsverfahren zur Aufhebung und Zurückverweisung gem. § 547 Nr. 6 ZPO führen kann (s. BGH, NJW 1989, S. 1156f; BGHZ 137, S. 49ff; BGH, MDR 2007, S. 351; OLG Koblenz, VersR 1981, S. 688; vgl. zum Fall des § 310 ZPO auch BGH, NJW 1988, S. 2046 und OLG Brandenburg, Beschl. v. 24.11.2009, 10 UF 117/08, zit. nach BeckRS 2008, 25053; s. auch Gummer/Heßler in Zöller, § 538 ZPO, Rn. 29; Rensen in Wieczorek/Schütze, ZPO, 3. Aufl., § 315, Rn. 25). Der Verfahrensfehler kann grundsätzlich geheilt werden, indem die Unterschrift nachgeholt wird. Dies ist aber nach Ablauf der Fünfmonatsfrist des § 517 ZPO ausgeschlossen (BGH, MDR 2007, S. 351; s. auch Rensen in Wieczorek/Schütze, ZPO, 3. Aufl., § 315, Rn. 23ff).

Dies zugrunde gelegt ist das angegriffene Urteil des Landgerichts mit seiner Verkündung rechtlich existent geworden, litt aber an einem unheilbar gewordenen Verfahrensmangel und war daher aufzuheben.

Dagegen kam die Zurückverweisung an das Landgericht zur erneuten Entscheidung schon deshalb nicht in Betracht, weil dies von keiner Partei beantragt worden ist (§ 538 Abs. 2 ZPO). Vielmehr hatte der Senat nach Aufhebung des fehlerhaften Urteils in der Sache selbst zu entscheiden (s. zum Fall des § 310 ZPO Gummer/Heßler in Zöller, § 538 ZPO, Rn. 29).

3. In der Sache selbst ist die Klage zulässig und in der Hauptsache insgesamt, hinsichtlich der Zinsen jedoch nur teilweise begründet.

a) Der Kläger hat Anspruch auf Zahlung von Mietzins in geltend gemachter Höhe für die hier verfahrensgegenständliche Zeit nach der Räumung des Mietobjekts aus §§ 535, 545 BGB.

aa) Die Beklagte hat die Mietsache nach Ende der Mietzeit weitergenutzt.

Mit dem Schriftwechsel vom 9.10./2.11.2007 ist das Mitverhältnis bis zum 30.6.2008 verlängert worden. Eine weitergehende Verlängerung ist nicht vereinbart worden. Weder hat der Kläger das Angebot einer Verlängerung bis zum Ende des Monats September 2008, noch hat die Beklagte die angebotene Verlängerung bis zum 31.12.2008 angenommen.

Die Beklagte hat das Objekt erst im August geräumt und damit über das Mietzeitende hinaus genutzt.

bb) Die Beklagte hat einen der Vertragsverlängerung auf unbestimmte Zeit entgegenstehenden Willen nicht innerhalb der Frist des § 545 BGB erklärt.

Der Widerspruch iSd § 545 BGB ist eine empfangsbedürftige Willenserklärung. Es reicht aus, wenn diese Erklärung bereits vor Ende der Mietzeit, aber in engem zeitlichem und sachlichen Zusammenhang dazu abgegeben wird (BGH, MDR 2004, S. 433; OLG Köln, Urt. v. 23.9.2005, 1 U 43/04, zitiert nach Juris; Wolf/Eckert/Ball, Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts, 10. Aufl., Rn. 884). Sie kann auch durch konkludentes Verhalten abgegeben werden. Dabei muss sich allerdings der Wille, die Fortsetzung des Mietverhältnisses abzulehnen, eindeutig ergeben (BGH, MDR 1988, S. 225f zum damaligen § 568 BGB; MDR 2007, S. 78f; OLG Köln, aaO; OLG Rostock, MDR 2004, S. 1292f). Anhaltspunkte für einen zwischenzeitlichen Sinneswandel können die Wirkungen einer bereits zu einem früheren Zeitpunkt abgegebenen Erklärung entfallen lassen (vgl. OLG Rostock, aaO). Selbst wenn man davon ausgeht, dass bei ein Zeitraum von mehreren Monaten zwischen Erklärung und Vertragsende ein wirksamer Widerspruch nicht schon grundsätzlich ausgeschlossen ist, so ergeben sich doch, je größer der zeitliche Abstand wird, um so eher Bedenken, ob eine einmal abgegebene Erklärung noch ausreicht (s. etwa OLG Köln, aaO).

Angesichts der im vorliegenden Fall mehrfachen Äußerungen der Beklagten im Zusammenhang mit der Fortsetzung bzw. Beendigung des Mietverhältnisses ist damit entscheidend, ob der Kläger als Vermieter im Zeitpunkt des Vertragsendes aufgrund der Erklärungen und des sonstigen Verhaltens der Beklagten davon ausgehen durfte, sie wolle ungeachtet der über den 30.6.2008 hinaus fortgesetzten Nutzung das Vertragsverhältnis nicht fortführen. Der Standpunkt der Beklagten, eine in der Vergangenheit einmal abgegebene Erklärung gelte unwiderruflich fort, trifft den entscheidenden Punkt nicht: Maßgeblich ist, was die andere Vertragspartei, hier der Kläger als Vermieter, im Zeitpunkt des Vertragsendes annehmen durfte. Das Gesetz knüpft die Rechtsfolge des § 545 BGB an die Weiternutzung als ein tatsächliches Verhalten. Soll die Rechtfolge nicht ausgelöst werden, so muss gerade in diesem Zeitpunkt – bzw. innerhalb der Frist des § 545 BGB – der entgegenstehende Wille für den anderen Teil erkennbar sein. Auf frühere Erklärungen kann daher nur insoweit zurückgegriffen werden, als sie für etwaige Rückschlüsse auf dem entgegenstehenden Willen im maßgeblichen Zeitpunkt des Vertragsendes noch Aussagekraft haben.

Hiervon ausgehend, reicht das Verhalten der Beklagten für die Annahme eines Widerspruchs nicht aus. Im Zeitpunkt des Vertragsendes musste der Kläger das Verhalten der Beklagten nicht so verstehen, als wolle diese das Mietverhältnis nicht nach dem 30.6.2008 fortsetzen.

Auch wenn man in der Erklärung im Schreiben vom 9.10.2007, mit Ablauf der gewünschten Verlängerung zum 30.6.2008 solle das Mietverhältnis „unwiderruflich gekündigt und beendet“ sein, eine inhaltlich für den Ausschluss der Rechtsfolgen des § 545 BGB ausreichende Erklärung erblicken kann, so spricht doch schon der erhebliche Zeitraum bis zum vorgesehenen Vertragsende dagegen, dass der Kläger diesem Schreiben im Zeitpunkt des Vertragsendes nach wie vor Bedeutung beimessen musste. Insbesondere ergibt das weitere Verhalten der Beklagten gegenteilige Anhaltspunkte. Der im März/April 2008, und damit in deutlicher zeitlicher Nähe zum anstehenden Vertragsende mehrfach geäußerte Wunsch, das Mietverhältnis um einige Monate zu „verlängern“, lässt nur den Schluss zu, dass die Beklagte, anders als noch am 9.10.2007, von einem „unwiderruflich gekündigten und beendeten“ Vertrag nicht mehr ausgeht, sondern das Vertragsende wieder zur Disposition stellt. Es ist auch nicht ersichtlich, dass dies nur zu dem Zwecke geschah, die Räumung des Mietobjekts sachgerecht organisieren zu können. Grundsätzlich mag im Einzelfall auch im Wunsch nach einer Räumungsfrist die Erklärung zu erkennen sein, das Mietverhältnis solle nicht fortgesetzt werden (s. P. Jendrek in Erman, BGB, § 545, Rn. 5; vgl. für den Fall, dass der Vermieter eine solche Frist gewährt: OLG München, Urt. v. 26.1.2001, 21 U 3595/94, zit. nach Juris). Allerdings ist den Schreiben der Beklagten nicht zu entnehmen, dass es ihr lediglich um eine solche Frist gegangen wäre. Vielmehr spricht sie etwa im Schreiben vom 2.4.2008 ausdrücklich von dem Wunsch, den Vertrag bis September zu „verlängern“ und kündigt sogar Gespräche über eine weitere Verlängerung um zwei Jahre an. Keinesfalls konnte der Kläger daraus schließen, die Beklagte brauche die Zeit von Juli bis September lediglich, um das Mietobjekt zu räumen.

Soweit die Beklagte mehrfach betont, dass sie zu keinem Zeitpunkt den Willen geäußert habe, ein Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit einzugehen, mag dies zutreffen, ist aber rechtlich unerheblich. § 545 BGB setzt nicht ein Erklärungsverhalten voraus, aus dem sich der Wunsch einer Vertragsverlängerung auf unbestimmte Zeit ergibt, sondern im Gegenteil eine Äußerung, die auf den Willen zur Vertragsbeendigung schließen lässt. Hätte die Beklagte einen Willen zur Vertragsverlängerung auf unbestimmte Zeit – ausdrücklich oder stillschweigend – geäußert, wäre § 545 BGB, der nur auf das Weiternutzen als tatsächliches Verhalten abstellt, gar nicht einschlägig, sondern es ginge um die hier nicht zur Entscheidung stehende Frage, ob die Parteien auf einen unbefristeten Mietvertrag gerichtete Willenserklärungen abgegeben und damit einen Vertrag geschlossen haben.

Ob das Schreiben vom 5.5.2008 an dem Ergebnis ungeachtet des insgesamt wenig eindeutigen Verhaltens der Beklagten und der jedenfalls klaren Erklärung des Klägers dahin, dass er mit einer gewünschten, auf wenige Monate befristeten Vertragsverlängerung jedenfalls nicht einverstanden ist, etwas ändern würde, kann dahinstehen. Für die Voraussetzungen des rechtzeitigen Widerspruchs iSd § 545 BGB trägt die Beklagte die Darlegungs- und Beweislast. Sie hat für den wirksam bestrittenen rechzeitigen Zugang des Schreibens keinen Beweis angeboten.

cc) Der Höhe nach ist der von den Parteien schon vor Ablauf des ursprünglichen Mietverhältnisses einvernehmlich abweichend von der ursprünglichen vertraglichen Absprache geregelte Mietzins für die in Rede stehende Zeit gerechtfertigt.

b) Der Anspruch des Klägers auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten ergibt sich aus dem Gesichtspunkt des Verzuges, §§ 280 Abs. 1, 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB.

Der Zinsanspruch ist aus demselben rechtlichen Grund, jedoch sowohl hinsichtlich der Hauptforderung als auch hinsichtlich der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten nur in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem Basiszins gerechtfertigt.

Der Mietvertrag enthält zum Verzugszins in § 4 Abs. 3 die Vereinbarung eines Zinssatzes „in Höhe von 2 % über dem jeweiligen Diskontsatz der Deutschen Bundesbank“; an die Stelle des Diskontsatzes ist nun der Basiszins getreten. An dieser Vereinbarung muss sich der Kläger festhalten lassen. Seine Erläuterung, diese Vereinbarung sei angesichts des damaligen geringen gesetzlichen Zinssatzes von 4 % getroffen worden und habe dem Vermieter einen erhöhten Zins sichern sollen, mag zutreffen, führt aber nicht dazu, dass in dieser Klausel, wie der Kläger meint, nunmehr nach Änderung des gesetzlichen Zinssatzes ein „Mindestzinssatz“ zu sehen ist, so dass auch ein darüberhinausgehender gesetzlicher Zins verlangt werden könnte. Die Klausel enthält keine Vereinbarung für den Fall einer Änderung des gesetzlichen Zinssatzes, lässt insbesondere nicht erkennen, dass die Parteien für diesen Fall die Klausel unangewendet lassen und den höheren gesetzlichen Zinssatz vereinbaren wollten. Eine ergänzende Vertragsauslegung in diesem Sinne kommt nicht in Betracht, weil es bereits an der dafür erforderlichen Lücke in den vertraglichen Regelungen fehlt. Die Voraussetzungen für eine Vertragsanpassung wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage liegen nicht vor, weil dem Kläger die Hinnahme eines geringfügig unter dem gesetzlichen Satz liegenden Zinssatzes ebenso zugemutet werden kann (§ 313 Abs. 1 BGB), wie der Beklagten der seinerzeit geringfügig über dem gesetzlich Zins liegende Satz zugemutet worden ist.

III.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordern (§ 543 Abs. 2 ZPO).

Die Ausführung ihrer Rechte im Nachverfahren war der Beklagten gemäß § 600 Abs. 1 ZPO vorzubehalten.

Der Streitwert wird festgesetzt auf 13.945,35 €.