Gericht | LArbG Berlin-Brandenburg 5. Kammer | Entscheidungsdatum | 18.04.2013 | |
---|---|---|---|---|
Aktenzeichen | 5 Sa 1071/12 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 18 VTV, § 22 VTV |
I.
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 19.04.2012 – 61 Ca 60287/11 –, – verbunden mit 61 Ca 60310/11, 61 Ca 60592/11 und 61 Ca 61264/11 – teilweise abgeändert.
Das Versäumnisurteil vom 29.09.2011 – 61 Ca 60310/11 – wird insoweit aufgehoben, als der Beklagte darin zur Zahlung von mehr als 7.349,29 € an den Kläger verurteilt worden ist, und das Versäumnisurteil vom 29.09.2011 – 61 Ca 61264/11 – wird insoweit aufgehoben, als der Beklagte darin zur Zahlung von mehr als 639,93 € an den Kläger verurteilt worden ist.
Hinsichtlich der darüber hinaus gehenden Beträge werden diese Klagen abgewiesen.
II.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
III.
Von den Gerichtskosten der ersten Instanz haben bei einem Gebührenstreitwert von 133.332,00 € der Kläger 87 % und der Beklagte 13 % zu tragen.
Von den Kosten der zweiten Instanz haben bei einem Gebührenstreitwert von 30.560,44 € der Kläger 45 % und der Beklagte 55 % zu tragen.
IV.
Die Revision wird zugelassen.
Die Parteien streiten um Sozialkassenbeiträge für Dezember 2005 bis Januar 2011.
Der Kläger ist die tarifvertraglich bestimmte Einzugsstelle der Sozialkassen des Baugewerbes. Der Beklagte, ein gelernter Zimmerermeister, unterhält mit seiner am 29.07.2005 gegründeten Firma einen Betrieb, dessen Tätigkeit nach dem Prüfbericht der Bundesagentur für Arbeit P. vom 04.10.2010 (Bl. 50 bis 52 d. A.) in Zimmererarbeiten, Dachdeckerarbeiten, Klempnerarbeiten sowie (sehr geringfügig) „Brennholz“, und ausweislich der Gewerbeauskunft der Gemeinde M. vom 08.10.2010 (Bl. 54 d. A.) in der Vermittlung und Ausführung von Zimmereileistungen, Dachdeckerleistungen und Montage von genormten Bauteilen besteht.
Der Beklagte beschäftigt seit 01.11.2005 den Dachdeckergesellen Herrn R. A. als Dachdecker und seit 01.10.2007 Herrn A. L., der vor seiner Einstellung bereits 11 Jahre lang als Dachdeckerhelfer arbeitete, dabei von Dachdeckermeistern in die Tätigkeiten eines Dachdeckers eingewiesen wurde und Grund- und Fachkenntnisse eines Dachdeckers vermittelt bekam, als Dachdeckerhelfer. Er ist mit seinem Betrieb nicht Mitglied der Dachdeckerkasse.
Der Kläger hat den Beklagten ursprünglich - basierend auf Mindestbeiträgen für 6 gewerbliche Arbeitnehmer - auf Zahlung von Sozialkassenbeiträgen mit jeweils beim Arbeitsgericht Berlin eingereichten Mahnbescheiden mit Eingangsdaten vom 29.12.2010 für Dezember 2005 bis November 2006 in Höhe von 23.550,00 €, vom 31.01.2011 für Dezember 2006 bis Dezember 2009 in Höhe von 81.738,00 €, vom 16.02.2011 für Januar 2010 bis November 2010 in Höhe von 24.354,00 € sowie vom 24.05.2011 für Dezember 2010 und Januar 2011 in Höhe von 3.690,00 €, insgesamt in Höhe von 133.332,00 € in Anspruch genommen, gegen die der Beklagte jeweils fristwahrend Widerspruch eingelegt hat. Nach Neuberechnung der Beiträge auf Basis selbst gemeldeter Bruttolohnsummen und dementsprechenden teilweisen Klagerücknahmen hat das Arbeitsgericht den Beklagten mit Versäumnisurteilen vom 29.09.2011 verurteilt, an den Kläger 3.242,82 € (für Dezember 2005 bis November 2006, AZ: 61 Ca 60287/11), 20.590,90 € (für Dezember 2006 bis Dezember 2009, AZ: 61 Ca 60310/11), 5.474,81 € (für Januar 2010 bis November 2010, AZ: 61 Ca 60592/11) und 1.251,91 € (für Dezember 2010 und Januar 2011, AZ: 61 Ca 61264/11), insgesamt daher 30.560,44 € zu zahlen. Gegen die jeweils am 06.10.2011 zugestellten Versäumnisurteile 61 Ca 60287/11, 61 Ca 61264/11 und 61 Ca 60310/11 hat der Beklagte mit jeweils am 13.10.2011 bei Gericht eingegangenen Schriftsätzen und gegen das am 12.10.2011 zugestellte Versäumnisurteil 61 Ca 60592/11 mit am 19.10.2011 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz Einspruch eingelegt.
Nach Verbindung der Verfahren unter Führung des Rechtsstreits zum Aktenzeichen 61 Ca 60287/11 hat das Arbeitsgericht Berlin mit Urteil vom 19.04.2012, auf dessen Tatbestand (Bl. 62 bis 64 d. A.) wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Vortrags der Parteien Bezug genommen wird, die Versäumnisurteile aufrecht erhalten und dem Beklagten die weiteren Kosten des Rechtsstreits auferlegt.
Zur Begründung hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen ausgeführt, der Beklagte sei mit seinem Betrieb im streitgegenständlichen Zeitraum vom betrieblichen Geltungsbereich des allgemeinverbindlichen Verfahrenstarifvertrages für das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe (VTV) erfasst worden. Der Kläger habe schlüssig vorgetragen, dass die im Klagezeitraum im Betrieb des Beklagten beschäftigten gewerblichen Arbeitnehmer jeweils zu mehr als 50 % ihrer persönlichen Arbeitszeit, die zusammengerechnet auch mehr als 50 % der betrieblichen Gesamtarbeitszeit ausgemacht habe, Zimmererarbeiten, wie das Errichten von Dachstühlen und Dachgebälk sowie Abbundarbeiten erbracht hätten. Dies seien Arbeiten, die sich unter §§ 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 42 VTV subsumieren ließen bzw. allgemein dazu geeignet seien, der Erstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken zu dienen. Der Vortrag des Beklagten, der demgegenüber das Überwiegen von Dachdeckerleistungen behaupte und sich damit auf den Ausnahmetatbestand des § 1 Abs. 2 Abschn. VII Nr. 2 VTV berufe, für dessen Vorliegen er darlegungs- und beweispflichtig sei, sei dagegen nicht erheblich. Er hätte deutlicher als bisher geschehen vortragen müssen, welche Tätigkeiten an welchen Objekten in welchem arbeitszeitlichen Umfang von welchen gewerblichen Arbeitnehmern erbracht worden seien, ob es sich hierbei um Arbeiten an Steil- oder Flachdächern, um Zimmererarbeiten, Dachklempnerarbeiten oder Zusammenhangstätigkeiten gehandelt habe. Allein der pauschale Hinweis auf das Überwiegen von Dachdeckerarbeiten reiche hierfür nicht aus. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils (Bl. 64 bis 68 d. A.) Bezug genommen.
Gegen dieses, dem Beklagten am 07.05.2012 zugestellte Urteil richtet sich seine am 07.06.2012 beim Landesarbeitsgericht eingegangene Berufung, die er mit am Montag, dem 09.07.2012, eingegangenem Schriftsatz begründet hat.
Der Beklagte meint, die angefochtene Entscheidung lasse unberücksichtigt, dass er selbst keine eigenen Zimmererleistungen mehr erbringe und deshalb für die von ihm angebotenen Leistungen die beiden Dachdecker A. und L. eingestellt habe. Darüber hinaus sei im Betrieb nur noch ein geringfügig Beschäftigter für Hausmeistertätigkeiten sowie sein Sohn angestellt, der aber nur Bürotätigkeiten ausführe. Schon der Umstand, dass es sich bei den Herren A. und L. um Dachdecker handle, lege nahe, dass diese überwiegend Dachdeckerleistungen erbringen würden. Der Vortrag des Klägers sei nicht schlüssig. Die Betriebsprüfung der Bundesagentur für Arbeit vom 07.10.2010 habe nur die Jahre 2007 bis 2009 erfasst. Daraus ließen sich keine Anhaltspunkte für das Jahr 2011 herleiten. Zu Tätigkeiten des Betriebes in den Jahren 2005/2006 und 2010/2011 habe der Kläger „ins Blaue hinein“ vorgetragen. Sein Betrieb verrichte regelmäßig Aufträge zur Sanierung/ Erneuerung oder teilweise auch Neuerrichtung eines Daches. Die Arbeitsleistung für den Bereich Zimmerei liege in der Regel bei ca. 10 % der Gesamtarbeitsleistung. Dies erkläre sich daraus, dass er den Dachstuhl als fertigen Abbund bei einem Lieferanten bestelle. Nach Anlieferung werde der fertige Abbund nur noch aufgerichtet und mit entsprechenden Beschlägen vernagelt. Insofern fielen bei einem durchschnittlichen Einfamilienhaus ca. 5 bis 7 Arbeitsstunden Zimmerei an. Der zeitliche Arbeitsaufwand für die nachfolgenden Dachdeckerleistungen liege dann bei ca. 100 bis 120 Arbeitsstunden. Meist kämen Winkeldachformen zur Ausführung, weshalb die regelmäßige Arbeitsleistung für den Bereich Dachdeckerei tatsächlich noch höher sei. Im Verhandlungstermin am 11.10.2012 legt der Beklagte Umsatzlisten für die Jahre 2006 bis 2011 (Bl. 122 bis 129 d. A.) und nach gerichtlicher Auflage vom 01.11.2012 (Bl. 132 d. A.) Auflistungen der Tätigkeiten des Herrn A. in den Jahren 2005 bis 2008 (Bl. 169 bis 181 d. A.) sowie 2009 bis 2011 (Bl. 220 bis 232 d. A.) und des Herrn L. in den Jahren 2007 und 2008 (Bl. 182 bis 187 d. A.) sowie 2009 bis 2011 (Bl. 233 bis 245 d. A.) vor. Er meint, daraus ergebe sich, dass beide Mitarbeiter, die überwiegend mit Steildach- als auch mit Flachdacharbeiten sowie mit Abdichtungsarbeiten gegen Feuchtigkeit beschäftigt worden seien, arbeitszeitlich weit überwiegend dem Dachdeckerhandwerk zuzuordnende Tätigkeiten ausgeführt hätten, was zusammenfassend für die einzelnen Jahre bezogen auf die beiden Arbeitnehmer auch schriftsätzlich ausgeführt wird (Bl. 167/ 168 sowie 218/ 219 d. A.). Zuletzt beruft sich der Beklagte auf eine Entscheidung des BAG vom 16.05.2001 – 10 AZR 438/00 -, wonach es ausreiche, dass mindestens 20 % der in der betrieblichen Gesamtarbeitszeit ausgeführten „Sowohl-als-auch-Tätigkeiten“ von im Dachdeckerhandwerk qualifizierten Arbeitnehmern ausgeführt worden seien, was zwischen den Parteien unstreitig sei. Dass hierfür die Einstellung eines Dachdeckermeisters erforderlich sei, lasse sich dem Urteil nicht entnehmen. Zudem würden in seinem Betrieb ausschließlich Dachdecker und entsprechend qualifizierte Arbeitnehmer beschäftigt.
Der Beklagte und Berufungskläger beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts abzuändern und die Klagen unter Aufhebung der jeweiligen Versäumnisurteile abzuweisen,
hilfsweise,
das Urteil des Arbeitsgerichts aufzuheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung an das Arbeitsgericht Berlin zurückzuverweisen.
Der Kläger und Berufungsbeklagte beantragt,
die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 19.04.2012, Az.: 61 Ca 60287/11, kostenpflichtig zurückzuweisen.
Der Kläger meint, der Beklagte sei weder erstinstanzlich noch in der Berufungsbegründung seiner Darlegungslast für das Vorliegen des Ausnahmetatbestandes nachgekommen. Hilfsweise mache er sich das Vorbringen des Beklagten zu eigen, wonach in seinem Betrieb ausschließlich baugewerbliche Tätigkeiten, nämlich Zimmerer- und Dachdeckerarbeiten ausgeführt würden. Es sei dann Sache des Beklagten, seinerseits darzulegen und zu beweisen, dass der Ausnahmetatbestand des Dachdeckerhandwerks vorliege. Der Beklagte trage nicht vor, bei welchen Tätigkeiten seiner Arbeitnehmer es sich um reine Dachdeckerarbeiten handle, die nicht ebenfalls von anderen baugewerblichen Gewerken ausgeführt würden. Auch trage er nicht vor, ob es sich überwiegend um Steil- oder Flachdächer handle. Der Einbau von Dachrinnen, Fallrohren, Zinkverkleidungen und Zinkrinnen werde auch durch andere bauliche Gewerke, z.B. im Rahmen von Klempnerarbeiten oder Fassadenverkleidungen durchgeführt. In den jeweiligen Kalenderjahren hätten Zimmererarbeiten sowie die Montage genormter Bauteile und Klempnerarbeiten überwogen. Die Darlegungen des Beklagten seien auch zuletzt noch unzureichend. Die zuletzt vorgelegten Aufstellungen führten in größerem Umfang auch „Sowohl-als-auch-Tätigkeiten“ als reine Dachdeckertätigkeiten auf. Es fehle an einem konkret unterscheidbaren Vortrag. Es reiche daher nicht aus, wenn ausschließlich Dachdecker oder angelernte Arbeitnehmer im Betrieb arbeiteten, vielmehr bedürfe es mindestens eines Dachdeckermeisters, der die Arbeitnehmer einweisen könne. In der neueren Rechtsprechung des BAG zu den „Sowohl-als-auch-Tätigkeiten“ werde auf den Begriff des baulichen Gepräges abgestellt, wobei es im wesentlichen darauf ankomme, von welchen Fachleuten die Arbeiten ausgeführt und die Arbeitnehmer angeleitet würden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrags der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf die Schriftsätze des Beklagten und Berufungsklägers vom 07.06.2012 (Bl. 76/ 77 d. A.), 09.07.2012 (Bl. 84 bis 87 d. A.), 02.10.2012 (Bl. 116 bis 119 d. A.), im Termin am 11.10.2012 überreichte Umsatzlisten (Bl. 122 bis 129 d. A.), 04.12.2012 (Bl. 165 bis 187 d. A.), 10.12.2012 (Bl. 218 bis 245 d. A.), im Termin am 17.01.2013 überreichtes Prüfungszeugnis (Bl. 262 d. A.), 04.03.2013 (Bl. 279/ 280 d. A.), die Schriftsätze des Klägers und Berufungsbeklagten vom 07.08.2012 (Bl. 98 d. A.), 03.09.2012 (Bl. 103 bis 106 d. A.), 23.10.2012 (Bl. 131 d. A.), 08.11.2012 (Bl. 140 d. A.), 19.12.2012 (Bl. 248/ 249 d. A.), 03.01.2013 (Bl. 252/ 253 d. A.), 31.01.2013 (Bl. 267/ 268 d. A.), 18.03.2013 (Bl. 284 bis 286 d. A.), 10.04.2013 (Bl. 289 bis 329 d. A.) und die Protokolle der Verhandlungs- und Verkündungstermine vom 11.10.2012 (Bl. 120/ 121 d. A.), 01.11.2012 (Bl. 132/ 133 d. A.), 17.01.2013 (Bl. 260/ 261 d. A.), vom 07.02.2013 (Bl. 269/ 270 d. A.) und vom 18.04.2013 (Bl. 330 bis 334 d. A.) Bezug genommen.
Aufgrund Beweisbeschlusses vom 07.02.2013 (Bl. 269 d. A.), eingeschränkt durch Beschluss vom 18.04.2013 (Bl. 330 d. A.) ist am 18.04.2013 durch Zeugenvernehmung der Arbeitnehmer R. A. und A. L. Beweis erhoben worden. Zum Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 18.04.2013 (Bl. 330 bis 334 d. A.) Bezug genommen.
Die gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 2 b) ArbGG statthafte sowie gemäß §§ 66 Abs. 1 Satz 1, 2 und 5, 64 Abs. 6 ArbGG i. V. m. §§ 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegte und begründete und somit zulässige Berufung des Beklagten war in der Sache teilweise erfolgreich, teilweise blieb sie erfolglos.
I.
Die statthaften sowie form- und fristgerecht eingelegten Einsprüche des Beklagten gegen die Versäumnisurteile vom 29.09.2011 – 61 Ca 60310/11 – und 61 Ca 61264/11 begründeten nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme jeweils eine teilweise Aufhebung dieser Entscheidungen unter dementsprechend teilweiser Abweisung der Klagen, soweit sich diese jeweils als unbegründet erwiesen. Im Übrigen hat das Arbeitsgericht diese Versäumnisurteile sowie die Versäumnisurteile 61 Ca 60287/11 und 61 Ca 60592/11 insgesamt zu Recht aufrechterhalten, weil die aufgrund der neuen Verhandlung zu erlassende Entscheidung wegen der insoweit vorliegenden Begründetheit der Klagen mit den darin enthaltenen Entscheidungen übereinstimmte (§ 343 ZPO).
Der Kläger kann von dem Beklagten nach §§ 18, 22 des Tarifvertrages über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe vom 20.12.1999 (VTV) in den Fassungen vom 14.12.2004, vom 15.12.2005, vom 20.08.2007 und vom 05.12.2007 bzw. nach §§ 18, 21 des VTV vom 18.12.2009 die von ihm zuletzt in unstreitiger Höhe errechneten Beiträge von 324,63 € für Dezember 2005, von 3.240,27 € für das Jahr 2006, von 7.027,21 € für das Jahr 2009 und von 6.114,74 € für das Jahr 2010 verlangen, während ihm für die Jahre 2007 und 2008 sowie für Januar 2011 Beitragsansprüche gegen den Beklagten nicht zustehen.
1.
Der VTV fand im Dezember 2005 sowie in den Jahren 2006, 2009 und 2010 auf den Betrieb des Beklagten Anwendung, obwohl dieser wegen fehlender Verbandszugehörigkeit im streitigen Zeitraum nicht gemäß § 3 Abs. 1 TVG tarifgebunden war. Die Tarifgeltung folgt aus der Allgemeinverbindlichkeit des VTV nach § 5 Abs. 4 TVG. Der VTV war in den genannten Zeiträumen allgemeinverbindlich aufgrund der Allgemeinverbindlicherklärungen vom 23.03.2004, 24.02.2006, 15.05.2008 und vom 25.06.2010.
2.
Die für die Ansprüche des Klägers maßgeblichen Vorschriften des VTV lauten:
„§ 1 Geltungsbereich
...
(2) Betrieblicher Geltungsbereich:
Betriebe des Baugewerbes. Das sind alle Betriebe, die unter einen der nachfolgenden Abschnitte I bis IV fallen.
Abschnitt I
Betriebe, die nach ihrer durch die Art der betrieblichen Tätigkeiten geprägten Zweckbestimmung und nach ihrer betrieblichen Einrichtung gewerblich Bauten aller Art erstellen.
Abschnitt II
Betriebe, die, soweit nicht bereits unter Abschnitt I erfasst, nach ihrer durch die Art der betrieblichen Tätigkeiten geprägten Zweckbestimmung und nach ihrer betrieblichen Einrichtung gewerblich bauliche Leistungen erbringen, die – mit oder ohne Lieferung von Stoffen oder Bauteilen – der Erstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen.
Abschnitt III
Betriebe, die, soweit nicht bereits unter Abschnitt I oder II erfasst, nach ihrer durch die Art der betrieblichen Tätigkeiten geprägten Zweckbestimmung und nach ihrer betrieblichen Einrichtung – mit oder ohne Lieferung von Stoffen oder Bauteilen gewerblich sonstige bauliche Leistungen erbringen.
...
Abschnitt V
Zu den in den Abschnitten I bis III genannten Betrieben gehören z. B. diejenigen, in denen Arbeiten der nachstehend aufgeführten Art ausgeführt werden:
...
42.
Zimmerarbeiten und Holzbauarbeiten, die im Rahmen des Zimmergewerbes ausgeführt werden.
...
Abschnitt VI
Betriebe, soweit in ihnen die unter den Abschnitten I bis V genannten Leistungen überwiegend erbracht werden, fallen grundsätzlich als Ganzes unter diesen Tarifvertrag.
Abschnitt VII
Nicht erfasst werden Betriebe
...
2. des Dachdeckerhandwerks,
...“
3.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kommt es für den Anspruch des Klägers auf Beitragsleistungen nur darauf an, ob die im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer arbeitszeitlich überwiegend vom betrieblichen Geltungsbereich des VTV erfasste Tätigkeiten verrichtet haben, zu denen auch Zusammenhangstätigkeiten gehören können. Wirtschaftliche Gesichtspunkte wie Umsatz und Verdienst sowie handels- und gewerberechtliche Kriterien sind hingegen nicht maßgeblich (vgl. Urteil des BAG vom 14.12.2011 – 10 AZR 570/10 -, AP Nr. 335 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau). Werden arbeitszeitlich überwiegend die in § 1 Abs. 2 Abschnitt V VTV genannten Beispielstätigkeiten ausgeführt, fällt der Betrieb unter den betrieblichen Geltungsbereich des VTV, ohne dass dann noch die allgemeinen Merkmale der Abschnitte I bis III geprüft werden müssen (so zuletzt Urteile des BAG vom 17.10.2012 – 10 AZR 500/11-, zitiert nach juris-Datenbank, und vom 14.12.2011 – 10 AZR 720/10 -, AP Nr. 336 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau).
Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass in einem Betrieb arbeitszeitlich überwiegend baugewerbliche Tätigkeiten verrichtet werden, obliegt der jeweils zuständigen Einzugsstelle, hier dem Kläger. Sein Sachvortrag ist schlüssig, wenn er Tatsachen vorträgt, die den Schluss rechtfertigen, der Arbeitgeber werde vom betrieblichen Geltungsbereich des VTV erfasst. Hierfür reicht die Darlegung aus, dass insgesamt arbeitszeitlich überwiegend Arbeiten durchgeführt wurden, die sich § 1 Abs. 2 VTV zuordnen lassen. Nicht erforderlich ist der Vortrag jeder Einzelheit der behaupteten Tätigkeiten, der dem Kläger regelmäßig auch nicht möglich ist, da er in seiner Funktion als gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien regelmäßig keinen näheren Einblick in die dem Gegner bekannten betrieblichen Abläufe hat und seine Darlegung deshalb erschwert ist. Wenn greifbare Anhaltspunkte für einen Baubetrieb vorliegen, kann er deshalb auch von ihm nur vermutete Tatsachen behaupten und unter Beweis stellen. Liegt ein entsprechender Tatsachenvortrag des Klägers vor, muss sich der Arbeitgeber nach § 138 Abs. 2 ZPO hierzu erklären und diesen Vortrag substantiiert bestreiten (vgl. Urteil des BAG vom 14.03.2012 – 10 AZR 610/10 -, EzA § 4 TVG Bauindustrie Nr. 139).
Werden in dem Betrieb arbeitszeitlich überwiegend Arbeiten ausgeführt, die sowohl als baugewerbliche Leistungen im Sinne des § 1 Abs. 2 Abschnitte I bis V als auch als Leistungen der nach Abschnitt VII ausdrücklich aus dem betrieblichen Geltungsbereich ausgenommenen Gewerke anzusehen sind so kommt es nach der früheren Rechtsprechung des BAG darauf an, ob neben diesen „Sowohl-als-auch“-Arbeiten in nicht unerheblichem Umfang (mindestens 20 % der betrieblichen Gesamtarbeitszeit) Arbeiten ausgeführt werden, die ausschließlich dem vom betrieblichen Geltungsbereich ausgenommenen Gewerk zuzuordnen sind, die also für dieses Gewerk typisch sind, oder ob diese Arbeiten in nicht unerheblichem Umfang (ebenfalls 20 % der betrieblichen Gesamtarbeitszeit) von gelernten Arbeitnehmern dieses Gewerkes ausgeführt werden oder eine entsprechende Aufsicht durch einen Fachmann, z.B. Meister dieses Gewerkes besteht. Der Begriff des die Arbeiten ausführenden „gelernten Arbeitnehmers“ umfasst dabei nicht nur Gesellen, sondern auch solche Arbeitnehmer, die durch fachkundige Einweisung Kenntnisse und Fertigkeiten über einen eng begrenzten Teil des ausgenommenen Gewerkes hinaus erworben haben (vgl. Urteil des BAG vom 16.05.2001 – 10 AZR 438/00 -, EzA § 4 TVG Bauindustrie Nr. 106). Nach der neueren Rechtsprechung des BAG ist in erster Linie der Charakter der überwiegend ausgeführten Tätigkeiten entscheidend. Die Prüfung etwaiger zusätzlicher Tätigkeiten kann danach erst Platz greifen, wenn sich nicht feststellen lässt, welches Gepräge die „Sowohl-als-auch“-Tätigkeiten dem Betrieb geben. Zunächst werde daher regelmäßig näher zu prüfen sein, welche Arbeitnehmer mit welcher Qualifikation beschäftigt werden und von welchem Fachmann welchen Gewerks mit welcher Ausbildung und Qualifikation sie angeleitet werden. Erst wenn eine eindeutige Zuordnung der überwiegend ausgeführten Arbeiten nicht möglich sei, könne auf die zusätzlichen Abgrenzungskriterien zurückgegriffen werden (vgl. Urteil des BAG vom 27.10.2010 – 10 AZR 351/09 -, Bl. 291 bis 295 d. A.).
Beruft sich ein Arbeitgeber auf einen der Ausnahmetatbestände des § 1 Abs. 2 Abschnitt VII VTV, so trägt er insoweit die Darlegungs- und Beweislast. Er muss dann Tatsachen vortragen, die den Schluss zulassen, dass seine Arbeitnehmer in den jeweiligen Kalenderjahren des Klagezeitraumes zu mehr als 50 % ihrer Arbeitszeit Arbeiten des ausgenommenen Gewerks verrichtet haben (vgl. Urteile des BAG vom 28.05.2008 – 10 AZR 358/07 -, AP Nr. 301 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau, vom 20.04.2005 – 10 AZR 282/04 -, AP Nr. 3 zu § 1 TVG Tarifverträge: Elektrohandwerk, und vom 13.05.2004 – 10 AZR 120/03 -, AP Nr. 265 zu § 1 Tarifverträge: Bau).
Werden von der Einzugsstelle nicht für das gesamte Kalenderjahr Beiträge begehrt und war der Betrieb im gesamten Kalenderjahr tätig, ist grundsätzlich das Kalenderjahr der Beurteilung zugrunde zu legen (vgl. Urteile des BAG vom 28.07.2004 – 10 AZR 582/03 - und vom 25.07.2001 – 10 AZR 483/00 -, zitiert nach juris-Datenbank).
4.
Nach diesen Grundsätzen war der Vortrag des Klägers hinreichend substantiiert und schlüssig. Der Kläger hat behauptet, dass die im Betrieb des Beklagten in den Kalenderjahren 2005 (seit Beginn der betrieblichen Tätigkeit am 29.07.2005) bis 2011 beschäftigten Arbeitnehmer in den einzelnen Kalenderjahren jeweils arbeitszeitlich überwiegend, d.h. zu mehr als 50 % ihrer persönlichen Arbeitszeit, die zusammengerechnet auch mehr als 50 % der betrieblichen Gesamtarbeitszeit ausmachte, Zimmererarbeiten wie das Errichten von Dachstühlen und Dachgebälk sowie Abbundarbeiten ausgeführt hätten. Dabei hat er nicht „ins Blaue hinein“ vorgetragen. Seine Darlegungen stützten sich vielmehr auf die Angaben in der die Zeit „ ab 2005 – lfd.“ betreffenden Prüfungsniederschrift der Agentur für Arbeit Potsdam vom 04.10.2010, wonach in dem Betrieb Zimmererarbeiten, Dachdeckerarbeiten, Klempnerarbeiten sowie (sehr geringfügig) „Brennholz“-Arbeiten durchgeführt wurden, sowie auf die Gewerbeauskunft der Gemeinde Michendorf vom 08.10.2010, wonach angemeldete Tätigkeiten die Vermittlung und Ausführung von Zimmereileistungen, Dachdeckerleistungen und Montage von genormten Bauteilen waren. Soweit aus dem Vermerk der Agentur für Arbeit Potsdam vom 04.10.2010 hervorging, dass Ausgangsrechnungen der förderfreien Zeit aus 2007, 2008 und 2009 geprüft wurden, betrafen diese Feststellungen einen vorangegangenen Prüfungszeitpunkt am 05.05.2010, weshalb entgegen der Ansicht des Beklagten nicht von einer nur auf diese Jahre eingeschränkten Prüfung am 04.10.2010 auszugehen war. Der Kläger konnte auch annehmen, dass diese Tätigkeiten im Jahr 2011 fortgesetzt wurden, da keine Anhaltspunkte dafür vorlagen, dass sich die Tätigkeiten des Betriebes seit der Prüfung der Agentur für Arbeit geändert hätten.
Zwischen den Parteien war aufgrund der beiderseits vorgetragenen Tatsachen zuletzt unstreitig, dass im gesamten Zeitraum, für den der Kläger Beiträge begehrt, in dem Betrieb Leistungen erbracht wurden, die unter § 1 Abs. 2 Abschnitte I bis V VTV fielen. Der Kläger hat nie bestritten, dass in dem Beklagtenbetrieb auch Dachdeckerarbeiten durchgeführt wurden. Er hat sich zuletzt sogar hilfsweise den Vortrag des Beklagten zu eigen gemacht, wonach in seinem Betrieb ausschließlich baugewerbliche Tätigkeiten, nämlich Zimmerer- und Dachdeckerarbeiten ausgeführt würden. Auch die Dachdeckerarbeiten fallen grundsätzlich unter § 1 Abs. 2 Abschnitt II VTV, da auch sie zweifellos der Erstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, oder Änderung von Bauwerken dienen.
Der Beklagte hat demgegenüber nicht nur das arbeitszeitliche Überwiegen von Zimmereileistungen bestritten, sondern sich auch auf § 1 Abs. 2 Abschnitt VII Nr. 2 VTV berufen, wonach Betriebe des Dachdeckerhandwerks aus dem betrieblichen Geltungsbereich des VTV ausgenommen sind. Bereits erstinstanzlich hat er vorgetragen, dass die Arbeiten im Betrieb im streitgegenständlichen Zeitraum nahezu ausschließlich von einem Dachdecker und einem Dachdeckergehilfen ausgeführt worden seien und dass der Sohn des Beklagten nur für die Auftragsbeschaffung, Auftragsabrechnung, Kundenpflege, Kundenbetreuung und sämtliche logistische Büroaufgaben zuständig sei, was der Kläger nicht bestritten hat. Diese Angaben hat er in der Berufungsbegründung dahingehend ergänzt, dass er selbst keine eigenen Zimmererleistungen mehr erbringe und deshalb für die von ihm angebotenen Leistungen zwei Dachdecker eingestellt habe. Es sprach deshalb viel dafür, dass die von dem Dachdecker und dem Dachdeckergehilfen ausgeführten Dachdeckerarbeiten dem Betrieb im streitgegenständlichen Zeitraum sein Gepräge gaben. Hierfür konnte es in dem Kleinstbetrieb des Beklagten nicht darauf ankommen, dass die Arbeiten nicht von einem Dachdeckermeister angewiesen und beaufsichtigt wurden. Bei dem Dachdecker, dem Zeugen A., handelte es sich um einen Dachdeckergesellen. Der Dachdeckergehilfe, der Zeuge L., war zuvor bereits 11 Jahre in diesem Gewerk tätig gewesen. Dabei war er von Dachdeckermeistern in die Tätigkeiten eines Dachdeckers eingewiesen und waren ihm Grund- und Fachkenntnisse eines Dachdeckers vermittelt worden. Einer ständig aktuellen Einweisung und Beaufsichtigung dieser beiden Fachkräfte durch einen Dachdeckermeister bedurfte es daher nicht. Schon aus wirtschaftlichen Gründen konnte von dem Beklagten die zusätzliche Einstellung eines Dachdeckermeisters nicht erwartet werden. Nach der neueren Rechtsprechung des BAG kam es deshalb im vorliegenden Fall in erster Linie auf den Charakter der überwiegend ausgeführten Tätigkeiten an. Soweit die „Sowohl-als-auch“-Tätigkeiten arbeitszeitlich überwogen, war der Betrieb eindeutig dem Dachdeckerhandwerk zuzuordnen. Erst wenn danach eine eindeutige Zuordnung nicht möglich war, konnte es auf die besondere Qualifizierung von 20 % der ausgeübten Tätigkeiten als typische, ausschließlich dem ausgenommenen Dachdeckerhandwerk zuzuordnende Tätigkeiten ankommen.
Da der Beklagte in seiner Berufungsbegründung ersichtlich davon ausgegangen war, dass es bei der von ihm geschilderten Sachlage eines nahezu ausschließlichen Tätigwerdens von zwei ausgebildeten bzw. langjährig tätigen Fachkräften ausreiche, wenn er nur pauschal ein zeitliches Überwiegen der von diesen verrichteten Dachdeckerarbeiten behaupte, war ihm nach Einreichen der Arbeitsverträge der beiden Arbeitnehmer und entsprechender Erörterung im ersten Verhandlungstermin Gelegenheit zu geben, seinen Vortrag insoweit nachzubessern und zu den im Einzelnen verrichteten Dachdeckerarbeiten und deren zeitlichem Umfang näher vorzutragen. Mit seinen diesbezüglichen Darlegungen in den Schriftsätzen vom 04.12.2012 und 10.12.2012 erfüllte er jedoch nur teilweise die ihm obliegende Darlegungslast für das Vorliegen des Ausnahmetatbestandes von § 1 Abs. 2 Abschnitt VII Nr. 2 VTV.
4.1
Der Beklagte hat bezüglich des Kalenderjahres 2005 nur für den Monat Dezember dargelegt, dass überwiegend Dachdeckerarbeiten ausgeführt worden seien. Auch wenn das Kalenderjahr 2005 wegen der erst am 29.07.2005 erfolgten Firmengründung des Beklagten als Rumpfjahr zu betrachten war, weil der Betrieb erst im Laufe dieses Jahres seine Tätigkeit aufnahm, hätten jedenfalls für sämtliche Monate der betrieblichen Tätigkeit entsprechende Darlegungen seitens des Beklagten erfolgen müssen, um der diesbezüglichen Behauptung des Klägers entgegen zu treten. Dass der Beklagtenbetrieb seine Tätigkeit nicht erst im Dezember 2005 aufnahm, war schon aus dem Arbeitsvertrag des Zeugen A. ersichtlich, wonach dieser bereits am 01.11.2005 von dem Beklagten eingestellt wurde. Der Beklagte hat daher nicht ausreichend dargelegt, dass in der gesamten Zeit des Kalenderjahres 2005, in der er mit seinem Betrieb Leistungen erbracht hat, überwiegend Dachdeckerarbeiten ausgeführt worden seien. Der Vortrag des Klägers war daher insoweit als unstreitig anzusehen.
4.2
Der Beklagte hat in den Schriftsätzen vom 04.12.2012 und vom 10.12.2012 auch nicht dargelegt, dass in den Jahren 2006, 2009 und 2010 die Dachdeckerarbeiten in der Tätigkeit der Arbeitnehmer seines Betriebes zeitlich überwogen.
Zwar waren die als Anlagen eingereichten Auflistungen der arbeitstäglich verrichteten Arbeiten der beiden Arbeitnehmer in Verbindung mit den zusammenfassenden Angaben zum zeitlichen Umfang der insgesamt davon auf die Bereiche Dachdeckerarbeiten, Zimmererarbeiten und sonstige Arbeiten entfallenden Arbeitsstunden in den Schriftsätzen als ausreichend anzusehen, um den zeitlichen Umfang der „Sowohl-als-auch“-Tätigkeiten in diesen Jahren vorzutragen, um die es sich bei den von dem Beklagten als Dachdeckerarbeiten bezeichneten Tätigkeiten handelte. Die sich daraus ergebenden Stundenzahlen ermöglichten jedoch für die Jahre 2006, 2009 und 2010 keine eindeutige Zuordnung des Betriebes zum Dachdeckerhandwerk.
Im Jahre 2006 beschäftigte der Beklagte ausschließlich Herrn A.. Dieser war insgesamt 1832 Stunden tätig, wovon 596 Stunden auf Zimmerertätigkeiten, 844 Stunden auf Dachdeckertätigkeiten und 392 Stunden auf Sonstiges entfielen. Der Anteil der Dachdeckertätigkeiten betrug danach nur 46 %. Dass und ggfs. in welchem zeitlichen Umfang es sich bei den sonstigen Tätigkeiten um damit zusammenhängende Tätigkeiten, nämlich auch um Zusammenhangstätigkeiten wie Materialtransporte, Einrichtung der Baustellen und Aufräumarbeiten handelte, war den Darlegungen des Beklagten mangels konkreter Angaben darüber nicht zu entnehmen. Insbesondere war nicht feststellbar, wie viele der sonstigen Stunden Zusammenhangstätigkeiten mit den Dachdecker- bzw. den Zimmerertätigkeiten betrafen. Allein aus den Angaben des Beklagten war daher nicht zu schließen, dass die als „Sowohl-als-auch-Tätigkeiten anzusehenden Dachdeckerarbeiten den Betrieb in diesem Jahr prägten.
Im Jahre 2009 war Herr A. nach den Angaben des Beklagten insgesamt 1816 Stunden tätig, wovon 895 Stunden auf Dachdeckertätigkeiten, 316 Stunden auf Zimmerertätigkeiten und 605 Stunden auf Sonstiges entfielen. Herr L. arbeitete 1712 Stunden, wovon 845 Stunden auf Dachdeckerarbeiten, 256 Stunden auf Zimmerertätigkeiten und 611 Stunden auf Sonstiges entfielen. Insgesamt waren beide Arbeitnehmer daher 3528 Stunden tätig, davon waren sie 1740 Stunden mit Dachdeckerarbeiten befasst. Der prozentuale Anteil der Dachdeckerarbeiten betrug daher 49,3 % und war somit ebenfalls nicht überwiegend.
Im Jahre 2010 arbeitete Herr A. insgesamt 1488 Stunden, wovon 631 Stunden auf Dachdeckerarbeiten, 345 Stunden auf Zimmererarbeiten und 509 Stunden auf Sonstiges entfielen. Herr L. arbeitete 1504 Stunden, wovon 642 auf Dachdeckerarbeiten, 356 auf Zimmererarbeiten und 506 Stunden auf Sonstiges entfielen. Insgesamt arbeiteten daher beide Arbeitnehmer 2992 Stunden. Davon waren 1273 Stunden Dachdeckertätigkeiten, was einem Anteil von 42,5 % entsprach. Auch in diesem Jahr wurden daher nicht überwiegend Dachdeckerarbeiten verrichtet.
Ergab sich daher allein aus den vorgetragenen Stundenzahlen keine eindeutige Prägung des Charakters des Beklagtenbetriebes, kam es nunmehr auf das zusätzliche Abgrenzungskriterium des Vorliegens von mehr als 20 % typischer Dachdeckerarbeiten an. Dem Vortrag des Beklagten konnte jedoch mangels näherer, auch zeitlicher Angaben zu den im Einzelnen angefallenen Dachdeckerarbeiten nicht entnommen werden, dass es sich bei mehr als 20 % der insgesamt von den beiden Arbeitnehmern in den Jahren 2006, 2009 und 2010 verrichteten Tätigkeiten um typische, ausschließlich dem Dachdeckerhandwerk zuzuordnende Tätigkeiten handelte, weshalb letztlich auch nicht feststellbar war, dass in nicht nur unerheblichem Umfang ausschließlich diesem Gewerk zuzuordnende Tätigkeiten verrichtet wurden.
4.3
Der Beklagte hat für die Jahre 2007, 2008 und 2011 in ausreichender Weise dargelegt, dass die Arbeitnehmer seines Betriebes zeitlich überwiegend Dachdeckerarbeiten ausgeführt haben, weshalb es insoweit einer Beweisaufnahme bedurfte.
4.3.1
Im Jahr 2007 arbeitete Herr A. nach den Angaben des Beklagten insgesamt 1857 Stunden, von 1168 Stunden auf Dachdeckerarbeiten, 231 Stunden auf Zimmerertätigkeiten und 458 Stunden auf Sonstiges entfielen. Herr L. arbeitete insgesamt 464 Stunden, wovon 262 auf Dachdeckerarbeiten, 93 Stunden auf Zimmererarbeiten und 109 Stunden auf Sonstiges entfielen. Insgesamt ergab sich deshalb eine Arbeitszeit von 2321 Stunden, davon 1430 Stunden Dachdeckerarbeiten, was einem Anteil von 61,6 % entsprach. Überwog daher der stundenmäßige Anteil der als „Sowohl-als-auch“-Tätigkeiten anzusehenden Dachdeckerarbeiten, war der Betrieb nach dem Vortrag des Beklagten dem Dachdeckerhandwerk zuzuordnen. Da der Kläger dies bestritt, war Beweis zu erheben.
Im Jahr 2008 arbeitete Herr A. 1818 Stunden, wovon 864 Stunden auf Dachdeckerarbeiten, 414 Stunden auf Zimmererarbeiten und 540 Stunden auf Sonstiges entfielen. Herr L. arbeitete 1816 Stunden, wovon 998 Stunden auf Dachdeckerarbeiten, 398 Stunden auf Zimmererarbeiten und 420 Stunden auf Sonstiges entfielen. Insgesamt arbeiteten die beiden daher 3634 Stunden, wobei sie in insgesamt 1862 Stunden Dachdeckertätigkeiten durchführten. Dies entsprach einen Anteil von 51,2 %. Auch für das Jahr 2008 bedurfte es aufgrund des Bestreitens seitens des Klägers daher einer Beweisaufnahme.
Im Jahr 2011 arbeitete Herr A. 1897 Stunden, wovon 1276 Stunden auf Dachdeckerarbeiten, 164 Stunden auf Zimmererarbeiten und 457 Stunden auf Sonstiges entfielen. Herr L. arbeitete in diesem Jahr 1900 Stunden, wovon 1275 Stunden auf Dachdeckerarbeiten, 172 Stunden auf Zimmererarbeiten und 453 Stunden auf Sonstiges entfielen. Insgesamt arbeiteten beide Arbeitnehmer in diesem Jahr daher 3797 Stunden, wovon sie in 2551 Stunden Dachdeckerarbeiten verrichteten, was einem Anteil von 67,2 % entspricht. Wegen des Bestreitens des Klägers war auch diesbezüglich Beweis zu erheben.
4.3.2
Die Zeugen A. und L. haben den Vortrag des Beklagten für die Jahre 2007, 2008 und 2011 im Wesentlichen bestätigt.
Der Zeuge A. hatte zwar zunächst auf ausdrückliche Nachfrage der Vorsitzenden erklärt, dass er sich an das Jahr 2007 nicht sehr genau, vor allem nicht an einzelne Baustellen erinnere. Nachdem ihm die Angaben des Beklagten zu den einzelnen Baustellen jedoch erläutert wurden, konnte er diese in großen Teilen bestätigen. Nur an wenige Baustellen sowie an manche Einzelheiten der dort verrichteten Arbeiten konnte er sich nicht mehr erinnern. Danach erklärte er auf ausdrückliche Frage, es habe sich zu 70 bis 80 % um reine Dachdeckerarbeiten gehandelt, wobei er alles zum Dachdeckerhandwerk zähle, was in seiner Ausbildung vorgekommen sei. An die Baustellen des Jahres 2008, die ihm vorgelesen wurden, konnte sich der Zeuge ohne weiteres erinnern, wobei er angab, von diesen Baustellen seien mindestens 80 % Dachdeckerarbeiten betroffen gewesen. Auch an die meisten Namen der ihm vorgelesenen Baustellen des Jahres 2011 konnte sich der Zeuge erinnern und schätzte seine Dachdeckertätigkeiten in diesem Jahr auf ca. 70 %.
Der Zeuge L. konnte sich nur an zwei Baustellen des Jahres 2007 erinnern, an denen er mitgewirkt hatte. Er habe zu 50 % Dachdeckerarbeiten gemacht, das andere seien Helferarbeiten gewesen. Er erklärte, was er unter Dachdeckerarbeiten bei Steil- und Flachdächern verstehe. Wenn er keine Dachdeckerarbeiten gemacht habe, sei es um das Beräumen der Baustelle und um Entsorgung des Materials gegangen. Der Zeuge konnte sich nur an zwei Baustellen des Jahres 2008 nicht mehr erinnern, seine Arbeiten am Dach schätzte er auf ca. 70 bis 75 %. Im Jahre 2011 konnte sich der Zeuge nur an eine Baustelle nicht mehr erinnern. Er schätzte, dass er im Jahr 2011 ca. 70 bis 80 % Dachdeckerarbeiten durchgeführt habe. Die meiste Zeit habe er in allen drei Jahren mit Herrn A. zusammengearbeitet.
Aus den Erklärungen beider Zeugen war erkennbar, dass sie mit dem Begriff der Dachdeckerarbeiten nicht nur ausschließlich dem Dachdeckerhandwerk vorbehaltene Arbeiten, sondern teilweise auch weitere, ebenfalls von anderen Gewerken durchgeführte Arbeiten meinten. Beide schätzten den zeitlichen Umfang dieser Tätigkeiten weit höher ein, als vom dem Beklagten vorgetragen. Damit haben sie aber jedenfalls auch dessen Angaben bestätigt. Anhaltspunkte, die Anlass zu Zweifeln an der Glaubwürdigkeit der Zeugen gegeben hätten, lagen nicht vor.
Hatte der Beklagte damit für die Jahre 2007, 2008 und 2011 bewiesen, dass es sich bei seinem Betrieb in Ansehung der zeitlich überwiegenden Tätigkeiten der Arbeitnehmer um einen vom Dachdeckerhandwerk geprägten Betrieb handelte, stand gleichzeitig fest, dass entgegen der Behauptung des Klägers Zimmererarbeiten sowie die Montage genormter Bauteile und Klempnerarbeiten nicht zeitlich überwiegend ausgeführt wurden.
5.
Der Kläger konnte daher von den im Versäumnisurteil vom 29.09.2011 – 61 Ca 60310/11 ihm zugesprochenen Beiträgen in Höhe von 20.590,90 € für den Zeitraum Dezember 2006 bis Dezember 2009 nur die Beiträge für Dezember 2006 in Höhe von 322,08 € und für das Jahr 2009 in Höhe von 7.027,21 €, insgesamt daher 7.349,29 € von dem Beklagten beanspruchen.
Von den ihm im Versäumnisurteil vom 29.09.2011 – 61 Ca 61264/11 – zugesprochenen Beiträgen für die Monate Dezember 2010 und Januar 2011 in Höhe von 1.251,91 € stand ihm nur der Beitrag für Dezember 2010 in Höhe von 639,93 € zu.
Hinsichtlich der jeweils darüber hinausgehenden Beträge waren diese Versäumnisurteile daher aufzuheben und die Klagen insoweit abzuweisen.
6.
Aus diesen Gründen war auf die Berufung des Beklagten das Urteil des Arbeitsgerichts – wie tenoriert - teilweise abzuändern und die Berufung im Übrigen zurückzuweisen.
II.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO.
III.
Die Revision war im Hinblick auf die höchstrichterlich noch nicht entschiedene Rechtsfrage, ob ein Kleinstbetrieb, in dem arbeitszeitlich überwiegend „Sowohl-als-auch“-Tätigkeiten von ausgebildeten bzw. langjährig tätigen Fachkräften des ausgenommenen Gewerkes verrichtet werden, auch dann gemäß § 1 Abs. 2 Abschnitt VII aus dem aus dem betrieblichen Geltungsbereich des VTV ausgenommen ist, wenn kein Dachdeckermeister im Betrieb beschäftigt wird, zuzulassen.