Gericht | AG Brandenburg | Entscheidungsdatum | 07.12.2016 | |
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Aktenzeichen | 97 XIV 216/16 L | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen |
1. Eine öffentlich-rechtliche Unterbringung nach dem landesrechtlichen PsychKG ist - auch bei einem unter Betreuung stehenden Betroffenen - unabhängig von einer etwaigen Unterbringung gemäß § 1906 BGB möglich.
2. Zu den Voraussetzungen einer zwangsweisen medizinische Untersuchung und/oder Behandlung eines Betroffenen mittels medikamentöser Maßnahmen.
1. Die Unterbringung des Betroffenen in einem psychiatrischen Krankenhaus bzw. einer psychiatrischen Abteilung eines Krankenhauses wird bis längstens 05. Mai 2017 hiermit nach Anhörung des Betroffenen angeordnet.
2. Der Beschluss vom 09.11.2016, mit dem Frau Rechtsanwältin … - zertivizierte Verfahrenspflegerin - zur berufsmäßigen Verfahrenspflegerin des Betroffenen bestellt wurde (§ 277 FamFG) bleibt aufrechterhalten.
3. Die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung wird hiermit angeordnet.
Der Fachbereich 5, Fachdienst Gesundheit, Sozialpsychiatrische Dienst des … in B…, vertreten durch…, hat mit Schriftsatz vom 08.11.2016 den Antrag gestellt, die Unterbringung des Betroffenen nach § 11 Bbg PsychKG (Brandenburgisches Psychisch-Kranken-Gesetz) in einer geschlossenen Abteilung eines psychiatrischen Krankenhauses anzuordnen.
Diesem Antrag ist zu entsprechen, da sowohl die formellen als auch die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für eine Unterbringung vorliegen, insbesondere die Voraussetzungen gemäß § 8 und § 11 Bbg PsychKG.
Die Zuständigkeit der Antragstellerseite folgt aus § 11 Abs. 1 Bbg PsychKG, die des erkennenden Gerichtes aus § 313 Abs. 3 FamFG (Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit). Der Antrag wurde schriftlich und damit in der gemäß § 11 Abs. 1 Bbg PsychKG vorgeschriebenen Form gestellt.
Die Unterbringung des Betroffenen nach dem PsychKG würde selbst dadurch nicht obsolet, wenn eine Unterbringung des Betroffenen betreuungsgerichtlich genehmigt werden würde. Denn die Unterbringungsvorschriften nach § 1906 BGB und nach § 8 Bbg PsychKG entstammen nämlich unterschiedlichen Rechtsgebieten, nämlich einerseits dem Zivilrecht, andererseits dem öffentlichen Recht der Gefahrenabwehr; sie stehen in keinem juristischen Konkurrenzverhältnis zueinander mit der Folge, dass die Unterbringungen jeweils unabhängig voneinander angeordnet und damit auch wieder aufgehoben werden können, so dass die Unterbringung nach dem PsychKG nicht bereits deswegen entbehrlich ist, weil ggf. noch eine - jederzeit aufhebbare - Unterbringungsmaßnahme nach dem BGB erfolgen soll (LG Itzehoe, Beschluss vom 07.01.2016, Az.: 4 T 4/16, u.a. in: FamRZ 2016, Seiten 1397 f.).
Nach dem ärztlichen Gutachten vom 18.11.2016 – welches den Anforderungen des § 321 Abs. 1 FamFG entspricht, da der erstellende Arzt … als Facharzt für Psychiatrie, Forensische Psychiatrie und medizinische Begutachtung die vom Gesetz geforderte Qualifikation auf dem Gebiet der Psychiatrie und insofern auch die hier erforderliche Sachkunde besitzt (vgl. u.a.: BGH, Beschluss vom 13.07.2016, Az.: XII ZB 46/15, u.a. in: NJW-RR 2016, Seiten 1157 f.; BGH, Beschluss vom 16.12.2015, Az.: XII ZB 381/15, u.a. in: FamRZ 2016, Seite 456; BGH, Beschluss vom 09.02.2011, Az.: XII ZB 526/10, u.a. in: FamRZ 2011, Seiten 630 ff.; BGH, Beschluss vom 19.01.2011, Az.: XII ZB 256/10, u.a. in: FamRZ 2011, Seiten 637 f.; BGH, Beschluss vom 15.09.2010; Az.: XII ZB 383/10, u.a. in: FamRZ 2010, Seiten 1726 f.; OLG Naumburg, Beschluss vom 06.07.2007, Az.: 8 Wx 22/07, u.a. in: FamRZ 2008, Seiten 186 f.; OLG Schleswig, Beschluss vom 15.03.2007, Az.: 2 W 9/07, u.a. in: FamRZ 2008, Seiten 77 f.; OLG Brandenburg, Beschluss vom 16.01.2007, Az.: 11 Wx 66/06; KG Berlin, FamRZ 2007, Seite 1127; OLG Zweibrücken, OLG-Report 2006, Seiten 875 ff. = FGPrax 2006, Seiten 235 ff.; OLG Zweibrücken, FamRZ 2005, Seite 1196; OLG Zweibrücken, BtPrax 2003, Seiten 80 f.; BayObLG, FamRZ 1997, Seiten 1565 f.; BayObLG, FamRZ 1997, Seiten 901 f.; KG Berlin, FamRZ 1995, Seite 1379; BayObLG, FamRZ 1993, Seiten 351 f.; BayObLG, FamRZ 1993, Seite 51; BayObLG, NJW 1988, Seiten 2384 f.) - leidet der Betroffene an einer psychischen Krankheit bzw. geistigen/seelischen Behinderung im Sinne des § 8 BbgPsychKG. Hierbei handelt es sich um Störungen der Impulskontrolle mit eigen- und fremdaggressivem Verhalten, sowie kombinierte Tics und Zwangshandlungen bei organischer Persönlichkeitsstörung (ICD 10: F 07.9). Zudem leidet der Betroffene auch noch an Epilepsie (ICD 10: G 40.8) und dilatative Kardiomyopathie (ICD 10:142.0).
Der Sachverständige … - Facharzt für Psychiatrie, Forensische Psychiatrie und medizinische Begutachtung - führt in seinem schriftlichen Gutachten aus, dass bei dem Betroffenen eine über Jahrzehnte chronifizierte psychische Krankheit vorliegt. Der Betroffene habe mit ihm auch kaum kommuniziert. Von seiner persönlichen Anhörung seien jedoch keine erheblichen Nachteile für seine Gesundheit zu besorgen. Im Übrigen wäre die Anwesenheit seiner Betreuerin sicher hilfreich, auch um den Umfang seiner Kommunikation besser beurteilen zu können.
Die Denkinhalte des Betroffenen seien aber nicht beurteilbar. Den Unterlagen des Krankenhauses Treuenbrietzen folgend handele der Betroffene sowohl ungerichtet und unvorherrsehbar, aber auch zielgerichtet und bedürfnisorientiert.
Nach Einschätzung des Sachverständige … könne der Betroffene sämtliche Rechtsbereiche nicht mehr eigenverantwortlich und überdauernd von vernunftgemässen Erwägungen geleitet überblicken und in diesen handeln. Die Behandlungsmöglichkeiten des Betroffenen würden frustran erscheinen. Zwar habe die Klinik in Brandenburg an der Havel über einen positiven Verlauf in der Vergangenheit berichtet, jedoch sei dieser aus nicht beurteilbaren Gründen innerhalb weniger Monate zunichte gemacht worden.
Wenn man die Angaben zu seiner Krankheitsgeschichte betrachte, so sei der Betroffene seit seiner Pubertät psychisch krank und habe aufgrund seiner Störung offenbar wiederholt seine Betreuungssysteme überfordert.
Zudem führte der Sachverständige … fachkundig aus, dass die medikamentöse Behandlung des Betroffenen am aktuellen Störungsbild zu orientieren sei und aufgrund der individuellen Erfahrung der Behandler durchgeführt werden müsse. Zwar sei es offenbar möglich, sich mit dem Betroffenen zu verständigen. In welchem Umfang dies geschehen könne konnte der Sachverständige jedoch nicht einzuschätzen.
Der Sachverständige hat im Übrigen dargelegt, dass die Erkrankung des Betroffenen chronisch sei und sich über sein gesamtes Leben erstrecken werde.
Nur eine geeignete Betreuungs-/Pflegeeinrichtung mit einem sehr hohen Personalbestand, die auch über die Möglichkeiten zur schnellen Intervention bei Eigen- und Fremdgefährdung verfügen würde, könne ggf. die Unterbringung des Betroffenen entbehrlich machen. Ob es aber eine Einrichtung zur Betreuung des Betroffenen außerhalb der derzeitigen Unterbringung gäbe, die langfristig mit ihm umgehen könne, konnte auch der in diesem Bereich seit Jahren tätige Sachverständige nicht erklären.
Gegenwärtig sei die Unterbringung des Betroffenen in einer geschlossenen Station nach Ansicht des Sachverständigen aber erforderlich. Deren Dauer sollte mindestens sechs Monate betragen. Wenn man nämlich den bisherigen frustranen Behandlungsverlauf verfolgen würde sei es in der folgenden Zeit vielleicht möglich, über die Gewohnheit an die Umgebung und die weitere Beziehungsarbeit bei dem Betroffenen ein sozialadäquates Verhalten zu implementieren.
Hierbei betont der Sachverständige jedoch, dass eine Behandlung mit dem Ziel der Herstellung psychischer Gesundheit bei dem Betroffenen nicht erfolgen könne. Denn die Hirnstrukturen des Betroffenen sei geschädigt. Er werde daher immer psychisch auffällig bleiben. Der Betroffene könne aufgrund seiner Erkrankung die Notwendigkeit der Unterbringung auch nicht erkennen. Versucht werden könne daher nur die Behandlung der schädlichen Auswirkungen dieses Krankheitsprozesses.
Ohne eine Unterbringung des Betroffenen würde nach Auffassung des Sachverständigen die unmittelbare Gefahr für die öffentliche Sicherheit und für die körperliche Unversehrtheit beliebiger Dritter bestehen.
Alternativen zur Unterbringung würden somit hier gegenwärtig nicht bestehen.
Die Unterbringung sollte im Übrigen nach den Ausführungen des Sachverständigen in einer psychiatrischen Abteilung mit Erfahrung im Umgang mit einem derart schwierigen Klientel, wie gegenwärtig praktiziert, erfolgen. Zu diskutieren wäre auch, ob eine Unterbringung in Brandenburg an der Havel erfolgen sollte, wenn man den dortigen, geringen therapeutischen minimalen Fortschritt betrachte.
Der Betroffene wurde am 07.12.2016 persönlich (§ 319 FamFG) unter Beteiligung seiner Verfahrenspflegerin, seiner Betreuerin und des behandelnden Arztes (§ 320 FamFG) angehört.
Unter Beachtung des Sachverständigengutachtens vom 18.11.2016 und der persönlichen Anhörung des Betroffenen vom 07.12.2016 ist dem Antrag vom 08.11.2016 nunmehr durch das erkennende Gericht zu entsprechen.
Gemäß § 8 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 Nr. 2, Abs. 3 BbgPsychKG i.V.m. § 312 Nr. 3 FamFG können psychisch kranke Menschen gegen oder ohne ihren Willen in einem geeigneten Krankenhaus untergebracht werden, wenn und solange sie infolge ihres Leidens, ihr Leben, ihre Gesundheit oder Rechtsgüter anderer erheblich gefährden und die Gefahr nicht anders abgewendet werden kann. Diese Voraussetzungen sind zur Überzeugung des Gerichts im vorliegenden Verfahren aber gegeben.
Es bestehen hier nämlich dringende Gründe für die Annahme, dass diese Voraussetzungen für eine Unterbringungsmaßnahme hinsichtlich des Betroffenen gegeben sind und mit einem Aufschub eine erhebliche unmittelbare Gefahr für Leben und Gesundheit des Betroffenen, vor allem aber auch für die öffentliche Sicherheit verbunden wäre, so dass der Betroffene sofort untergebracht werden muss. Überdies besteht ein dringendes Bedürfnis für ein gerichtliches Tätigwerden.
Das Gericht ordnet hiermit gemäß §§ 312 Nr. 3, § 313 Abs. 3, § 323 ff. FamFG die dauernde Unterbringung des Betroffenen für den o.g. Zeitraum an, da dringende Gründe für die Annahme bestehen, dass die Unterbringungsvoraussetzungen gemäß § 8 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 Bbg PsychKG (Eigengefährdung) und § 8 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 Bbg PsychKG (Gefahr für die öffentliche Sicherheit) in Verbindung mit § 8 Abs. 3 Bbg PsychKG hier vorliegen.
Insofern dürfen psychisch Kranke und seelisch behinderte Menschen dann untergebracht werden, wenn und so lang durch ihr krankheitsbedingtes Verhalten oder die Auswirkungen ihrer Krankheit:
1. ihr Leben oder ihre Gesundheit ernsthaft gefährdet sind oder
2. eine unmittelbare erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit besteht
3. und diese Gefahren nach fachärztlichem Urteil nicht anders abgewendet werden können (LG Potsdam, Beschluss vom 18.01.2016, Az.: 11 T 25/16).
Aufgrund seiner Erkrankung gefährdet der Betroffene hier aber in erheblichem Maße die öffentliche Sicherheit und Ordnung und besteht zudem eine unmittelbare Gefahr für das Leben bzw. die Gesundheit des Betroffenen.
Dies ergibt sich auch aus der Anhörung des Betroffenen und den Beigezogenen Akten 97 XIV 201/16 L und 97 XIV 186/16 L des Amtsgerichts Brandenburg an der Havel. Im Rahmen der persönlichen Anhörung des Betroffenen erklärte die behandelnde Ärztin… im Übrigen zu Protokoll, dass es bereits mehrfach zu Gewaltausbrüchen des Betroffenen in der jüngsten Vergangenheit gekommen sei. Er würde auch die Krankenschwestern bedrohen, um sich schlagen und treten und selbst seine Mutter attackieren. Auch werfe er weiterhin mit Gegenständen nach Personen, so dass der gestellte Antrag von der behandelnden Ärztin nach der Anhörung für gerechtfertigt angesehen und befürwortet wurde.
Das Gericht schließt sich dem fachärztlichen Gutachten vom 18.11.2016 aufgrund der persönlichen Anhörung des Betroffenen am 07.12.2016 - bei der sich das Gericht einen persönlichen Eindruck verschafft hat (§ 12 Abs. 5 BbgPsychKG in Verbindung mit § 319 FamFG; BVerfG, NJW 1990, Seiten 2309 f.; BVerfG, AuAS 1996, Seiten 85 ff. = NVwZ 1996, Beilage Nr. 7, Seiten 49 f.; BVerfG, NJW 1982, Seiten 691 ff.; BGH, FamRZ 2012, Seiten 619 ff. = MDR 2012, Seiten 466 ff. = NJW 2012, Seite 1582 ff.; KG Berlin, FGPrax 2008, Seiten 40 ff. = BtPrax 2008, Seiten 38 ff. = FamRZ 2008, Seiten 813 ff.; LG Kleve, FamRZ 2010, Seiten 326 f.; LG Kleve, FamRZ 2009, Seite 1245) - an.
Der Betroffene fällt unter den Anwendungsbereich des § 1 Bbg PsychKG, da er nach den Ausführungen der Sachverständigen an einer Störungen der Impulskontrolle mit eigen- und fremdaggressivem Verhalten, sowie kombinierte Tics und Zwangshandlungen bei organischer Persönlichkeitsstörung leidet. Das Gericht Kammer schließt sich den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen in vollem Umfang an. An der Diagnose bestehen keinerlei Zweifel, zumal diese in Übereinstimmung steht mit den Ausführungen der behandelnden Klinikärzte in deren Attesten vom 26.10.2016 (Az.: 97 XIV 210/16 L) und vom 21.09.2016 (Az.: 97 XIV 186/16 L), auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird.
Dabei hat das Gericht das fachärztliche Gutachten zwar auch auf seine wissenschaftliche Begründung, seine innere Logik und seine Schlüssigkeit hin überprüft, jedoch ist das Gericht hier nicht berechtigt, die sachverständigen Äußerungen des Arztes ohne ausreichende Begründung „beiseite zu schieben“, da der sachverständige Arzt ja gerade zu dem Zweck hinzugezogen wurde, dem hiesigen Gericht die ihm auf dem medizinischen Spezialgebiet fehlenden Kenntnisse zu vermitteln (BGH, Beschluss vom 27.04.2016, Az.: XII ZB 557/15, u.a. in: NJW-RR 2016, Seiten 834 ff.; BGH, Urteil vom 09.05.1989, Az.: VI ZR 268/88, u.a. in: NJW 1989, Seite 2948).
Aufgrund des ärztlichen Gutachtens des Facharztes für Psychiatrie, forensische Psychiatrie und medizinische Begutachtung vom 18.11.2016 liegen hier somit nach Überzeugung des Gerichts dringende Gründe dafür vor, dass mit dem Aufschub einer Unterbringung eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung sowie für den Betroffenen verbunden wäre. Insbesondere lässt sich aufgrund dieses ärztlichen Gutachtens und der beigezogenen Freiheitsentzeihungsverfahren über vorläufige Unterbringungen des hiesigen Amtsgerichts (Az.: 97 XIV 210/16 L und Az.: 97 XIV 186/16 L) darauf schließen, dass der Betroffene ansonsten die öffentliche Sicherheit und/oder Ordnung sowie ggf. auch sein Leben bzw. seine Gesundheit gefährdet. Um diese Gefährdung zu beseitigen, ist somit hier die gerichtliche Unterbringung des Betroffenen erforderlich. Denn nur durch die dort sichergestellte ständige Beaufsichtigung und Betreuung kann diese Gefahr beseitigt werden.
Durch Art. 2 Abs. 2 GG ist zwar die Freiheit einer Person garantiert (BVerfG, FamRZ 2015, Seite 1367 ff.; BVerfG, NJW 1982, Seiten 691 ff.; BVerfG, BVerfGE Band 10, Seiten 302 ff.), so dass eine Freiheitsentziehung stets der strengen Prüfung am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu unterziehen ist. Die Freiheit der Person ist nämlich ein so hohes Rechtsgut, dass sie nur aus besonders gewichtigem Grund angetastet werden darf (BVerfG, FamRZ 2015, Seite 1367 ff.; BVerfG, NJW 1998, Seiten 1774 f.; BayObLG, NJW 2000, Seiten 881 f.), d.h. wenn überwiegende Belange dies zwingend gebieten (BVerfG, FamRZ 2015, Seite 1367 ff.; BVerfG, NJW 1984, Seite 1806; BayObLG, NJW 2000, Seiten 881 f.).
Dies schließt jedoch einen staatlichen Eingriff nicht aus, der ausschließlich den Zweck verfolgt, einen psychisch Kranken vor sich selbst in Schutz zu nehmen und ihn zu seinem eigenen Wohl in einer geschlossenen Anstalt unterzubringen. Eine derartige Maßnahme ist nicht nur dann zulässig, wenn sie der Schutz der Allgemeinheit verlangt, sondern sie kann sich auch durch den Schutz des Betroffenen rechtfertigen.
Zwar steht es unter der Herrschaft des Grundgesetzes in der Regel jedermann frei, Hilfe zurückzuweisen, jedoch nur dann, wenn dadurch nicht Rechtsgüter anderer oder der Allgemeinheit in Mitleidenschaft gezogen werden (BVerfG, NJW 1982, Seiten 691 ff.; BVerfG, BVerfGE Band 22, Seiten 180 ff.; BVerfG, BVerfGE Band 30, Seiten 47 ff.). Wenn aber überwiegende Belange des Gemeinwohls, wie sie mit den Schranken des Art. 2 Abs. 1 GG bestimmt sind, es zwingend gebieten, muss der Freiheitsanspruch des einzelnen insoweit - so wie hier - zurücktreten.
Das Gewicht, das dem Freiheitsanspruch gegenüber dem Gemeinwohl zukommt, darf nämlich nicht losgelöst von den tatsächlichen Möglichkeiten des Fürsorgebedürftigen bestimmt werden, sich frei zu entschließen. Bei psychischer Erkrankung ist die Fähigkeit zur Selbstbestimmung nämlich häufig erheblich beeinträchtigt. In solchen Fällen ist dem Staat aber ein fürsorgerisches Eingreifen auch dort erlaubt, wo beim Gesunden Halt geboten ist. Die Erkenntnis, dass es das Recht ermöglichen muss, den Willen des psychisch Kranken durch die bessere Einsicht des für ihn Verantwortlichen zu ersetzen, hat ihren Niederschlag seit jeher in den Vorschriften des bürgerlichen Rechts betreffend die Vormundschaft über geisteskranke Personen gefunden, die trotz ihrer Zuordnung zum Privatrecht auch Elemente öffentlicher Fürsorge enthalten. Auch unter der Geltung des Sozialstaatsgedankens (Art. 20 Abs. 1, 28 GG) ist kein Grund ersichtlich, der es hindern könnte, die Fürsorge für die Bürger, die hilfsbedürftig sind, weil sie psychisch krank sind, als staatliche Aufgabe auszugestalten (BVerfG, NJW 1982, Seiten 691 ff.).
Diese Fürsorge der staatlichen Gemeinschaft schließt aber auch die Befugnis ein, einen psychisch Kranken, der infolge seines Krankheitszustands und der damit verbundenen fehlenden Einsichtsfähigkeit die Schwere seiner Erkrankung und die Notwendigkeit von Behandlungsmaßnahmen nicht zu beurteilen vermag oder trotz einer solchen Erkenntnis sich infolge der Krankheit nicht zu einer Behandlung entschließen kann, auch zwangsweise in einer geschlossenen Anstalt unterzubringen, wenn sich dies als unumgänglich erweist, um eine drohende gewichtige gesundheitliche Schädigung von dem Kranken bzw. für die öffentliche Sicherheit und/oder Ordnung abzuwenden. Dass dies nicht ausnahmslos gilt, weil schon im Hinblick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz bei weniger gewichtigen Fällen eine derart einschneidende Maßnahme unterbleiben muss und somit auch dem psychisch Kranken in gewissen Grenzen die "Freiheit zur Krankheit" belassen bleibt, drängt sich zwar auf, jedoch hat das Gericht dies hier mit berücksichtigt.
Das Bbg PsychKG erlaubt die Unterbringung aber ohnehin nur, wenn das Leben oder die Gesundheit des Betroffenen ernsthaft gefährdet sind oder eine unmittelbare erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit besteht (§ 8 Bbg PsychKG). Mit diesen tatbestandlichen Voraussetzungen wahrt das Bbg PsychKG aber insofern den Verfassungsgrundsatz der Verhältnismäßigkeit (BVerfG, NJW 1982, Seiten 691 ff.). Inhalt und Reichweite dieser freiheitsbeschränkenden Normen des Bbg PsychKG sind dementsprechend so zu bestimmen, dass sie der Bedeutung der Freiheitsgarantie des Art. 2 Abs. 2 GG gerecht werden (BVerfG, FamRZ 2015, Seite 1367 ff.; BVerfG, NJW 1998, Seiten 1774 f.; BayObLG, NJW 2000, Seiten 881 f.; BayObLG, BayObLGZ 1998, Seiten 116 ff.).
Der demgemäß streng zu beachtende Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (BVerfG, FamRZ 2015, Seite 1367 ff.; BVerfG, NJW 1998, Seiten 1774 f.; BayVerfGH, BayVerfGHE Band 45, Seiten 125 ff.; BayObLG, NJW 2000, Seiten 881 f.) ist zentrales Auslegungskriterium für die einzelnen Unterbringungsvoraussetzungen, setzt den Maßstab für die Aufklärung des Sachverhalts (BVerfG, FamRZ 2015, Seite 1367 ff.; BVerfG, BVerfGE Band 70, Seiten 297 ff.; BayObLG, NJW 2000, Seiten 881 f.) und verlangt eine Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalles, bei der die vom Betroffenen ausgehenden Gefahren zur Schwere des mit der Unterbringung verbundenen Eingriffs in seine persönliche Freiheit ins Verhältnis zu setzen sind (BVerfG, BVerfGE Band 70, Seiten 297 ff.; BayObLG, NJW 2000, Seiten 881 f.; BayObLG, BayObLGZ Band 19, Seiten 98 ff.).
Der Begriff der psychischen Krankheit im Sinne des Gesetzes erfasst jedoch alle Arten geistiger Abnormität, alle psychischen Abweichungen von der Norm, gleichgültig, welche Ursache sie haben oder wie sie zustande gekommen sind (BayObLG, NJW 2000, Seiten 881 f.). Es muss somit nicht eine Geisteskrankheit oder echte Psychose im medizinischen Sinn vorliegen (BayObLG, NJW 2000, Seiten 881 f.), vielmehr fallen unter den genannten Begriff auch die sog. Psychopathien, d.h. Störungen des Willens-, Gefühls- und Trieblebens, welche die bei einem normalen und geistig reifen Menschen vorhandenen, zur Willensbildung befähigenden Vorstellungen und Gefühle beeinträchtigen (BayObLG, NJW 2000, Seiten 881 f.).
In Anbetracht des hohen Ranges der Freiheit der Person erfordert der Begriff der psychischen Krankheit als Voraussetzung der Unterbringung jedoch einen die Freiheitsentziehung rechtfertigenden Schweregrad der Persönlichkeitsstörung, mithin eine sorgfältige Prüfung, ob dieser Störung Krankheitswert im Sinne des Gesetzes zukommt (BVerfG, NJW 1984, Seite 1806; BayObLG, NJW 2000, Seiten 881 f.).
Gemäß dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit muss auch die Schutzwürdigkeit der vom psychisch Kranken gefährdeten Rechtsgüter der Schwere des Eingriffs in die persönliche Freiheit entsprechen (BayObLG, NJW 2000, Seiten 881 f.; BayObLG, BayObLGZ 1989, Seiten 17 ff.). Die gefährdeten Rechtsgüter müssen von erheblichem Gewicht, die den geschützten Rechtsgütern drohende Gefahr muss erheblich sein. Letzteres erfordert zudem, dass mit einer Beeinträchtigung der Rechtsgüter zum einen mit hoher Wahrscheinlichkeit und zum anderen jederzeit zu rechnen sein muss (BayObLG, NJW 2000, Seiten 881 f.; BayObLG, BayObLGZ 1998, Seiten 116 ff.).
Schließlich darf die Unterbringung nur angeordnet werden, wenn die die Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung bzw. das Leben und die Gesundheit des Betroffenen nicht durch weniger einschneidende Mittel abgewendet werden kann (BVerfG, FamRZ 2015, Seite 1367 ff.; BayObLG, NJW 2000, Seiten 881 f.).
Insofern ist eine Unterbringung zur Durchführung einer Heilbehandlung aber bereits dann statthaft, wenn sie sich als unumgänglich erweist, um eine ernsthaft drohende und gewichtige gesundheitliche Schädigung von dem Betroffenen bzw. für die öffentliche Sicherheit und Ordnung abzuwenden (BVerfG, NJW 1998, Seiten 1774 f.; OLG München, OLG-Report 2006, Seiten 472 ff.; KG Berlin, KG-Report 2005, Seiten 621 f.; BayObLG, BayObLGR 2004, Seite 394; LG Kassel, BtPrax 2013, Seiten 72 ff. = FamRZ 2013, Seiten 1605 f.).
Diejenigen Nachteile, die ohne Unterbringung und Behandlung voraussichtlich entstehen, müssen zwar schwerer wiegen, als die Beeinträchtigungen, welche mit der Freiheitsentziehung verbunden sind. Jedoch genügt im Einzelfall ein begrenzter Therapieerfolg der Art, dass eine weitere Chronifizierung der Erkrankung durch die medizinische Behandlung und Versorgung innerhalb einer geschlossenen Einrichtung verhindert werden kann (OLG Schleswig, FGPrax 2005, Seiten 136 f.; OLG Schleswig, OLG-Report 2003, Seiten 391 f.; LG Kassel, BtPrax 2013, Seiten 72 ff. = FamRZ 2013, Seiten 1605 f.).
Die hier bei dem Betroffenen vorliegende Gefährdung kann aber nach Überzeugung des erkennenden Gerichts derzeitig ohne eine Unterbringung des Betroffenen gerade nicht - auch nicht mit weniger einschneidenden Mittel - abgewendet werden. Unmittelbar ist die Gefahr gemäß § 8 Abs. 2 Bbg PsychKG nämlich bereits dann, wenn ein schadensstiftendes Ereignis unmittelbar bevorsteht oder sein Eintritt zwar unvorhersehbar, wegen besonderer Umstände jedoch jederzeit zu erwarten ist. Die der anzustellenden Prognose zugrunde liegenden Tatsachen bedürfen insofern auch nicht des vollen Beweises; sie müssen nur sehr wahrscheinlich sein (OLG Karlsruhe, FGPrax 2000, Seite 165, 166; BayObLG, FamRZ 2001, Seiten 578 f.; BayObLG, BayObLG-Report 2005, Seiten 117 f; OLG Schleswig, OLG-Report 2006, Seiten 294 ff.; OLG Zweibrücken, OLG-Report 2006, Seiten 875 ff. = FGPrax 2006, Seiten 235 ff.).
Für die Gewissheit des Gefahreneintritts genügt somit ein für das praktische Leben brauchbarer Grad an Gewissheit jederzeitigen Eintritts. Berücksichtigung können dabei auch die Persönlichkeit des Betroffenen, die aktuelle Befindlichkeit und die zu erwartenden Lebensumstände finden (OLG Hamm, FamRZ 2007, Seiten 934 ff. = FGPrax 2007, Seiten 190 ff.; OLG Köln, OLG-Report 2004, Seiten 74 f.; BayObLG, NJW 2000, Seite 881).
Deshalb musste die Unterbringungsmaßnahme hier nunmehr getroffen werden, weil die Steuerungsfähigkeit des Betroffenen eingeschränkt und es deswegen bereits in der Vergangenheit zu Drohungen und Gewalttaten gegenüber dritten Personen gekommen ist (OLG Brandenburg, Beschluss vom 21.09.2006, Az.: 11 Wx 47/06, u. a. in: juris) und die vorherigen vorläufigen Unterbringungsmaßnahmen im Wege der einstweiligen Anordnungen (vgl. die Verfahren mit den Az.: 97 XIV 210/16 L und dem Az.: 97 XIV 186/16 L) keinen messbaren Erfolg beim Betroffenen gezeigt haben.
Eine erhebliche Gefahr im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 2 Bbg PsychKG kann sich aber schon aus der bloßen gesundheitlichen Gefährdung einer dritten Person ergeben, die auf krankheitsbedingte Attacken des Betroffenen zurückzuführen wäre, insbesondere wenn die akute Gefährdung einer dritten Person nicht anders als durch die sofortige Unterbringung abgewendet werden kann (BVerfG, FamRZ 2015, Seite 1367 ff.).
Dabei reicht die Mitursächlichkeit des Verhaltens des Betroffenen bei einer bereits bestehenden gesundheitlichen Vorbelastung der attackierten dritten Person aus (OLG Hamm, BtPrax 2008, Seiten 178 ff. = NJW 2008, Seiten 2859 ff. = FamRZ 2008, Seiten 1885 ff. = OLG-Report 2008, Seiten 675 ff.).
Es besteht somit auch hier weiterhin die akute Gefahr einer ganz erheblichen Fremdgefährdung durch den Betroffenen gegenüber dritten Personen (BGH, Beschluss vom 23.09.2015, Az.: XII ZB 291/15, u.a. in: FamRZ 2016, Seite 39; LG Düsseldorf, Beschluss vom 17.06.2015, Az.: 25 T 393/15, u.a. in: „juris“).
Hat der Betroffene im Übrigen krankheitstypische und krankheitsbedingte Anlasstaten im Rahmen einer bereits - aus anderen Gründen - angeordneten Unterbringung begangen, so bleibt in der Regel für die Maßnahme nach § 63 StGB als Rechtsfolge kein Raum (BGH, BGHR § 62 StGB, Verhältnismäßigkeit 1 = NStZ 1998, Seiten 405 f. Thüringer Oberlandesgericht, Bschluss vom 20.01.2007, Az.: 1 Ws 44/07, u. a. in: juris; LG Hildesheim, FamRZ 2010, Seite 2030), so dass hier die Unterbringung gemäß BbgPsychKG anzuordnen ist.
Eine fehlende Krankheitseinsicht des Betroffenen schließt im Übrigen eine freie Willensbestimmung mit Blick auf die beantragte Unterbringung grundsätzlich aus. Insofern hat hier der sachverständige Arzt in dem ärztlichen Gutachten aber auch auf die insoweit fehlende Einsicht des Betroffenen und die damit verbundene Ablehnung des Betroffenen in Bezug zu einer Langzeittherapie hingewiesen. Vor diesem Hintergrund muss das erkennende Gericht dann aber auch einen der Unterbringung entgegenstehenden freien Willen bei des Betroffenen im Ergebnis grundsätzlich ausschließen (BGH, Beschluss vom 13.04.2016, Az.: XII ZB 236/15, u.a. in: NJW-RR 2016, Seiten 705 ff.).
Zudem ist hier auch eine Selbstgefährdung des Betroffenen anzunehmen, welche eine Eigengefährdung im Sinne des § 8 BbgPsychKG zu begründen vermag. Die Unterbringung ist als Institut des Erwachsenenschutzes nämlich auch ein Ausdruck der staatlichen Wohlfahrtspflege, deren Anlass und Grundlage das öffentliche Interesse an der Fürsorge für den schutzbedürftigen Einzelnen ist. Deshalb kann die geschlossene Unterbringung zur Vermeidung einer erheblichen Selbstgefährdung auch dann genehmigt werden, wenn eine gezielte Therapiemöglichkeit nicht besteht. Zwar steht es nach der Verfassung in der Regel jedermann frei, Hilfe zurückzuweisen, sofern dadurch nicht Rechtsgüter anderer oder der Allgemeinheit in Mitleidenschaft gezogen werden, wie bereits dargelegt. Das Gewicht, das dem Freiheitsanspruch gegenüber dem Gemeinwohl zukommt, darf aber nicht losgelöst von den tatsächlichen Möglichkeiten des Betroffenen bestimmt werden, sich frei zu entschließen. Mithin setzt eine Unterbringung zur Verhinderung einer Selbstschädigung infolge einer psychischen Erkrankung lediglich voraus, dass der Betroffene aufgrund der Krankheit seinen Willen nicht frei bestimmen kann (BGH, Beschluss vom 03.02.2016, Az.: XII ZB 317/15, u.a. in: NJW-RR 2016, Seiten 513 f.; BGH, Beschluss vom 25.03.2015, Az.: XII ZA 12/15, u.a. in: FamRZ 2015, Seite 1017).
Zur Feststellung, für einen Betroffenen bestehe aufgrund seiner psychischen Krankheit die Gefahr, dass er sich selbst erheblichen gesundheitlichen Schaden zufügt, genügt zwar nicht die formelhafte Behauptung einer ohne die Unterbringung bestehenden Selbstschädigungsgefahr. Vielmehr müssen objektivierbare, konkrete Anhaltspunkte für eine akute Eigengefahr oder für den Eintritt eines erheblichen Gesundheitsschadens vorhanden sein (BGH, Beschluss vom 05.03.2014, Az.: XII ZB 58/12, u. a. in: FamRZ 2014, Seiten 831 f.; BGH, Beschluss vom 18.05.2011, Az.: XII ZB 47/11, u. a. in: FamRZ 2011, Seite 1141; BGH, Beschluss vom 13.01.2010, Az.: XII ZB 248/09, u. a. in: FamRZ 2010, Seite 365).
Erforderlich für eine Unterbringung sind somit aber dessen ungeachtet nur konkrete Anhaltspunkte, die eine erhebliche Gefährdung des Lebens oder der Gesundheit des Betroffenen nahe legen (OLG Schleswig, OLG-Report 2006, Seiten 294 f.; OLG Schleswig, SchlHA 2003, Seiten 229 f.) und dass der Betroffene aufgrund der Krankheit den eigenen Willen nicht frei bestimmen kann (BGH, Beschluss vom 03.02.2016, Az.: XII ZB 317/15, u.a. in: NJW-RR 2016, Seiten 513 f.; BGH, Beschluss vom 25.03.2015, Az.: XII ZA 12/15, u.a. in: FamRZ 2015, Seite 1017). Dabei muss ein Schadenseintritt - über seine bloße Möglichkeit hinaus - zwar auch in überschaubarer Zukunft hinreichend wahrscheinlich sein (OLG Schleswig, OLG-Report 2006, Seiten 294 f.; OLG Saarbrücken, BtPrax 1997, Seite 202) oder wegen der Unberechenbarkeit des Betroffenen zwar unvorhersehbar, aufgrund besonderer Umstände aber jederzeit zu erwarten sein (OLG Schleswig, OLG-Report 2006, Seiten 294 f.; OLG Hamm, BtPrax 2000, Seiten 35 f.).
Bei festgestellter häufiger selbstschädigenden Handlungen des Betroffenen - so wie hier - ist aber grundsätzlich von einer erheblichen Wiederholungsgefahr auszugehen, ohne das es darauf ankommt, ob den Handlungen des Betroffenen eine Selbstschädigungs- bzw. Selbsttötungsabsicht zugrunde liegt (OLG Brandenburg, Beschluss vom 15.05.2007, Az.: 11 Wx 20/07, u.a. in: juris). Eine dergestalt konkrete Gefahr ist bei dem hier Betroffenen jedoch nach Überzeugung des Gerichts auch ersichtlich.
Der Grad der Gefahr ist insoweit in Relation zum möglichen Schaden ohne Vornahme der freiheitsentziehenden Maßnahme zu bemessen (BGH, Beschluss vom 18.05.2011, Az.: XII ZB 47/11, u. a. in: FamRZ 2011, Seiten 1141 ff.; OLG Hamburg, NJW-RR 1992, Seiten 57 f.). Die Gefahr für Leib oder Leben setzt insofern auch kein zielgerichtetes Verhalten des Betroffenen voraus, so dass auch eine völlige Verwahrlosung ausreichen kann, wenn damit eine Gesundheitsgefahr durch körperliche Verelendung und Unterversorgung verbunden ist (BGH, Beschluss vom 18.05.2011, Az.: XII ZB 47/11, u. a. in: FamRZ 2011, Seiten 1141 ff.; BGH, Beschluss vom 13.01.2010, Az.: XII ZB 248/09, u. a. in: FamRZ 2010, Seite 365).
Der Betroffenezeigt sich in dieser Sache auch nicht mehr in der Lage, die Notwendigkeit der Maßnahme von sich aus zu erkennen beziehungsweise nach dieser Einsicht zu handeln (LG Verden, Beschluss vom 24.08.2010, Az.: 1 T 122/10, u. a. in: juris).
Auch ist der Betroffene immer noch sehr mit sich selbst und den eigenen Gedanken beschäftigt und regt sich sehr schnell auf. Außerhalb des geschlossenen stationären Rahmens ist somit damit zu rechnen, dass der Betroffene in diesem Zustand mit den äußeren Einflüssen völlig überfordert und so sehr mit sich selbst beschäftigt wäre, dass der Betroffene beispielsweise ohne den Verkehr wahrzunehmen auf eine viel befahrene Straße läuft (LG Darmstadt, BtPrax 2012, Seite 86 = FamRZ 2012, Seite 901).
Dies alles folgt auch aus dem Ergebnis der gerichtlichen Ermittlungen, insbesondere aus der Anhörung des Betroffenen vom 07.12.2016 und den vorherigen Anhörungen in den Verfahren des hiesigen Amtsgerichts mit den Aktenzeichen: 97 XIV 210/16 L und 97 XIV 186/16 L.
Zugleich kann der Betroffene in der geschlossenen Einrichtung diejenige Heilbehandlung erhalten, die der Betroffene aufgrund des derzeitig gegebenen Gesundheitszustandes benötigt. Aufgrund der Erkrankung des Betroffenen ist es deshalb erforderlich, den Betroffene geschlossen unterzubringen. Weniger einschneidende Maßnahmen - insbesondere Hilfen nach § 3 ff. Bbg PsychKG und Maßnahmen nach § 9 Abs. 2 Bbg PsychKG - sind zurzeit nicht ersichtlich und wären auch nicht ausreichend, um die erhebliche Gefährdung zu beseitigen. Auch zum jetzigen Zeitpunkt hat sich der Betroffene noch nicht ausreichend stabilisiert. Da der Betroffene weiterhin keine Einsicht in die Erkrankung oder die Notwendigkeit einer (ggf. medikamentösen) Behandlung hat und auf Entlassung drängt, geht das Gericht in Übereinstimmung mit dem Sachverständigen und den behandelnden Ärzten davon aus, dass der Betroffene im Falle der Aufhebung der Unterbringung die Klinik umgehend verlassen (und eine erforderliche Medikation absetzen) würde.
Grundsätzlich ist im Übrigen zwar auch gemäß dem Bbg PsychKG zu prüfen, ob die Notwendigkeit für einezwangsweise Behandlung des Betroffenen und die dazu notwendigen Untersuchungen sowie medikamentöse Maßnahmen im Rahmen einer Unterbringung ggf. erforderlich sind (BVerfG, NJW 2011, Seiten 2113 ff.; BVerfG, NJW 2011, Seite 3571; BVerfG, BtPrax 2013, Seiten 61 ff.) - wobei auch unter das Essen gemischte Medikamente eine derartige Zwangsmaßnahme darstellen, weil auch bei dieser Art der Medikamentenverabreichung der natürliche Wille des Betroffenen überwunden wird (LG Lübeck, Beschluss vom 23.07.2014, Az.: 7 T 19/14) -, jedoch ändert die krankheitsbedingte Einsichtsunfähigkeit des Betroffenen dem Grunde nach nichts daran, dass eine gegen den natürlichen Willen erfolgende Behandlung des Betroffenen - welche die körperlichen Integrität berührt - einen Eingriff in den Schutzbereich des Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG darstellt, welcher von dem Betroffenen als besonders bedrohlich erlebt werden kann.
Zwar ist im Verfahren der einstweiligen Anordnung einer Zwangsbehandlungsmaßnahme nicht erforderlich, dass zuvor ein von einem die Betroffene nicht behandelnden Arzt zu erstellendes Sachverständigengutachten eingeholt worden ist (BVerfG, Beschluss vom 14.07.2015, Az.: 2 BvR 1549/14, u.a. in: Rpfleger 2015, Seiten 698 f.). Die Zeitersparnis der einstweiligen Anordnung gegenüber dem Hauptsacheverfahren besteht nämlich gerade darin, statt eines Gutachtens auf ein ärztliches Zeugnis zurückgreifen zu können (BVerfG, Beschluss vom 14.07.2015, Az.: 2 BvR 1549/14, u.a. in: Rpfleger 2015, Seiten 698 f.; BVerfG, NJW 2011, Seiten 2113 ff.; BVerfG, NJW 2011, Seite 3571; BVerfG, BtPrax 2013, Seiten 61 ff.).
Verlangt die Schutzpflicht des Staates aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG ein medizinisches Tätigwerden gegen den natürlichen Willen des Betroffenen, kollidiert dies mit dem Selbstbestimmungsrecht und dem Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit des Betroffenen. Die Schutzpflicht entfällt hier jedoch nicht schon deshalb, weil sie nicht gegen drohende Grundrechtsverletzungen durch Dritte gerichtet ist, sondern darauf fußende Maßnahmen in Konflikt mit gegenläufigen eigenen Grundrechten der Betroffenen stehen. Die Schutzpflicht hat im Falle eines Betroffenen ihren Grund nicht in der Pflicht des Staates zur Abwehr fremder Angriffe auf deren Grundrechtspositionen, sondern in dem gesteigerten Schutzbedarf des Betroffenen, sofern dieser nicht zur Einsicht in die konkrete Notwendigkeit einer medizinischen Maßnahme fähig ist und darum Gefährdungen von Leib und Leben ausgeliefert wäre, ohne in Freiheit selbst für den eigenen Schutz sorgen zu können.
Während der zur Einsicht in Krankheit und Behandlungsbedürftigkeit fähige Mensch selbst entscheidet, ob er sich ärztlichen Maßnahmen zur Abwendung schwerwiegender Gesundheits- und Lebensgefahren unterzieht, gebietet im Falle derjenigen, die keine Einsicht in die gesundheitliche Bedrohung und Behandlungsbedürftigkeit haben oder nicht nach dieser Einsicht handeln können, die grundrechtliche Schutzpflicht unter engen Voraussetzungen, dass der Staat auch gegen den erkennbaren natürlichen Willen Maßnahmen zum Schutz vor schwerwiegenden Gefährdungen ergreift.
Der Gesetzgeber kann insofern für Fälle, in denen drohende erhebliche Gesundheitsbeeinträchtigungen einschließlich einer Lebensgefahr durch nicht zu eingriffsintensive Behandlungen mit hohen Erfolgsaussichten abgewehrt werden können, die Betroffenen aber aufgrund ihrer krankheitsbedingt fehlenden Einsichtsfähigkeit mit ihrem natürlichen Willen eine solche Behandlung ablehnen, somit die Möglichkeit einer medizinischen Zwangsbehandlung vorsehen. Die staatliche Schutzpflicht hat hat bei erheblicher Gesundheitsgefährdung einer zum eigenen Schutz selbst nicht fähigen Person besonderes Gewicht. Gehen mit der zur Abwehr der Gefahr notwendigen medizinischen Maßnahme keine besonderen Behandlungsrisiken einher und gibt es auch keine tragfähigen Anhaltspunkte dafür, dass gerade die Behandlungsverweigerung dem ursprünglichen freien Willen des Betroffenen entspricht, ist das Ergebnis der Abwägung zwischen den kollidierenden Grundrechten offensichtlich vorgezeichnet. Die staatliche Schutzpflicht gegenüber den Hilflosen überwiegt dann im Verhältnis zu deren Selbstbestimmungsrecht und ihrer körperlichen Integrität und setzt sich durch (BVerfG, Beschluss vom 26.07.2016, Az.: 1 BvL 8/15, u.a. in: FamRZ 2016, Seiten 1738 ff.).
Bei der Umsetzung dieser Schutzpflicht verfügt der Gesetzgeber über einen Spielraum zur näheren Ausgestaltung der einzelnen Bedingungen konkreter Schutzmaßnahmen. Ein Spielraum bleibt dem Gesetzgeber insbesondere bei der Ausgestaltung der materiellen Voraussetzungen einer Heilbehandlung und der Verfahrensregeln zur Sicherung der Selbstbestimmung und körperlichen Integrität des Betroffenen. Dieser Spielraum betrifft bei bestehender Schutzpflicht indessen nur die Frage wie, nicht aber ob überhaupt verbindliche Regeln für die ärztliche Behandlung in ihrer Gesundheitssorge Betreuter vorzusehen sind (BVerfG, Beschluss vom 26.07.2016, Az.: 1 BvL 8/15, u.a. in: FamRZ 2016, Seiten 1738 ff.).
Insoweit wäre nunmehr grundsätzlich wohl auch die Zwangsbehandlung eines Betroffenen im Rahmen des zum 01.09.2014 in Kraft getretenen § 18 BbgPsychKG n.F. zulässig (BVerfG, Beschluss vom 26.07.2016, Az.: 1 BvL 8/15, u.a. in: FamRZ 2016, Seiten 1738 ff.; BVerfG, BtPrax 2013, Seiten 61 ff. = FamRZ 2013, Seiten 767 ff.; BVerfG, BVerfGE Band 116, Seiten 69 ff.), da § 18 BbgPsychKG n.F. auch die Behandlung von Betroffenen und die dazu notwendigen Untersuchungen sowie medikamentöse Maßnahmen mit einschließt.
Jedoch bedürfen derartige Behandlungsmaßnahmen in der Regel auch weiterhin der Einwilligung der untergebrachten Person. Die Einwilligung des Betroffenen ist nämlich auch nach § 18 Bbg PsychKG n.F. nur dann nicht erforderlich, wenn die Voraussetzungen von § 18 Absätze 2 bis 5 Bbg PsychKG n.F. vorliegen.
Insofern ist nunmehr zwar eine medizinische Untersuchung und Behandlung im o.g. Sinne auch ohne Einwilligung der untergebrachten Person zulässig, um den Erfolg eines Selbsttötungsversuchs zu verhindern oder wenn von der untergebrachten Person eine schwerwiegende Gefahr für die Gesundheit einer anderen Person ausgeht und die (medikamentöse) Maßnahme verhältnismäßig ist. Auch ist eine medizinische Untersuchung und Behandlung von Betroffenen auch bei Lebensgefahr oder schwerwiegender Gefahr für die Gesundheit der untergebrachten Person zulässig, wenn diese zur Einsicht in das Vorliegen der Gefahr und die Notwendigkeit der Maßnahme oder zum Handeln gemäß solcher Einsicht krankheitsbedingt nicht fähig ist (OLG München, FamRZ 2014, Seiten 418 f.; LG Potsdam, Beschluss vom 17.12.2015, Az.: 11 T 142/15).
Das Bbg PsychKG in der nunmehr zum 01. September 2014 in Kraft getretenen Fassung genügt jetzt wohl auch den Maßstäben des Bundesverfassungsgerichts (vgl. u.a.: BVerfG, Beschluss vom 26.07.2016, Az.: 1 BvL 8/15, u.a. in: FamRZ 2016, Seiten 1738 ff.; BVerfG, BtPrax 2013, Seiten 61 ff. = FamRZ 2013, Seiten 767 ff.), des Bundesgerichtshofs (vgl. u.a.: BGH, Beschluss vom 30.07.2014, Az.: XII ZB 169/14; BGH, Beschluss vom 05.12.2012, Az.: XII ZB 665/11; BGH, Beschluss vom 20.06.2012, Az.: XII ZB 99/12; BGH, Beschluss vom 20.06.2012, Az.: XII ZB 130/12) und der Instanz-Gerichte (vgl. u.a.: OLG Brandenburg, Beschluss vom 26.08.2013, Az.: 1 Ws (Vollz) 76/13, u.a. in: RuP 2013, Seite 247; LG Potsdam, Beschluss vom 17.12.2015, Az.: 11 T 142/15; AG Sangerhausen, BtPrax 2014, Seiten 188 ff.).
Jedoch darf eine Maßnahme nach § 18 Absatz 3 BbgPsychKG dessen ungeachtet nur dann angeordnet werden, wenn:
• eine Patientenverfügung im Sinne des § 1901a Absatz 1 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches - deren Festlegungen auf die aktuelle Lebens- und Behandlungssituation zutreffen und gegen die Durchführung der Maßnahme gerichtet sind - nicht vorliegt,
• die untergebrachte Person durch eine Ärztin oder einen Arzt über Notwendigkeit, Art, Umfang, Dauer, zu erwartende Folgen und Risiken der Maßnahme in einer ihrer Auffassungsgabe und ihrem Gesundheitszustand angemessenen Weise aufgeklärt wurde,
• der ernsthafte, mit dem nötigen Zeitaufwand und ohne Ausübung von Druck unternommene Versuch einer Ärztin oder eines Arztes, ein Einverständnis der untergebrachten Person mit der Maßnahme zu erwirken, erfolglos geblieben ist (was dem Gericht in jedem Einzelfall unter Angabe des Zeitpunkts, des äußeren Rahmens, der Beteiligten, dem Umfang und dem Inhalt des Überzeugungsversuchs darzulegen ist [BVerfG, Beschluss vom 14.07.2015, Az.: 2 BvR 1549/14, u.a. in: Rpfleger 2015, Seiten 698 f.; BGH, Beschluss vom 02.09.2015, Az.: XII ZB 226/15, u.a. in: NJW-RR 2016, Seiten 258 ff.; BGH, Beschluss vom 30.07.2014, Az.: XII ZB 169/14, u.a. in: NJW 2014, Seiten 3301 f.; BGH, Beschluss vom 04.06.2014, Az.: XII ZB 121/14, u.a. in: NJW 2014, Seiten 2497 ff.]),
• die Maßnahme zur Abwendung einer Gefahr nach § 18 Absatz 3 Bbg PsychKG geeignet und erforderlich ist - insbesondere weil die Behandlung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit den beabsichtigten Erfolg erwarten lässt und andere Mittel keinen Erfolg versprechen – und
• der von der Maßnahme erwartete Nutzen die mit der Maßnahme verbundene Belastung und den durch das Unterlassen der Maßnahme möglichen Schaden deutlich überwiegt, insbesondere weil die Behandlung erforderlich ist, um die tatsächlichen Voraussetzungen der freien Selbstbestimmung der untergebrachten Person so weit herzustellen, dass ein selbstbestimmtes Leben in Freiheit ermöglicht wird und insofern der erwartbare Nutzen der Behandlung mögliche Schäden der Nichtbehandlung deutlich feststellbar überwiegt (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 08.07.2015, Az.: 2 Ws 239/15, u.a. in: FamRZ 2015, Seite 2008) sowie
• ohne die Behandlung eine langfristige Unterbringung zu erwarten wäre.
Aber auch bei Vorliegen all´ dieser Voraussetzungen dürfen zwangsweise medizinische Untersuchung und/oder Behandlung des Betroffenen gemäß § 18 Absätzen 2 und 3 Bbg PsychKG – insbesondere die zwangsweise Behandlung mit Psychopharmaka – grundsätzlich immer nur bei Lebensgefahr oder schwerwiegender Gefahr für die Gesundheit des Betroffenen von der ärztlichen Leitung angeordnet werden.
In Verfahren zur Genehmigung der Anordnung einer ärztlichen Leitung zur zwangsweisen Behandlung des Betroffenen und die dazu notwendigen Untersuchungen sowie medikamentöse Maßnahmen soll zudem gemäß § 321 Abs. 1 Satz 5 FamFG der den Betroffenen derzeitig behandelnde Arzt grundsätzlich nicht tätig werden. Mit dieser durch das Gesetz zur Regelung der betreuungsrechtlichen Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme vom 18. Februar 2013 (BGBl Teil I, Seite 266) mit Wirkung vom 26. Februar 2013 eingeführten Vorschrift wollte der Gesetzgeber gewährleisten, dass der gerichtlichen Entscheidung über die Genehmigung einer Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme oder bei deren Anordnung eine unvoreingenommene ärztliche Begutachtung durch einen anderen Arzt vorausgeht, der nicht mit der Behandlung des Betroffenen befasst ist (vgl. BT-Drucks. 17/12086 Seite 11).
Die gegenüber §§ 280 Abs. 1, 321 Abs. 1 Satz 1 und 4 FamFG erhöhten Anforderungen an die Qualifikation des Arztes und die Einführung eines "Vier-Augen-Prinzips" (Dodegge, NJW 2013, Seiten 1265 ff.) tragen dabei dem Umstand Rechnung, dass die gerichtliche Genehmigung einer Anordnung der ärztlichen Leitung bei dem Betroffenen zu einem zusätzlichen schweren Grundrechtseingriff führt, der über die mit der Unterbringung verbundenen Beschränkungen des Betroffenen hinausgeht (BGH, Beschluss vom 30.10.2013, Az.: XII ZB 482/13, u.a. in: FamRZ 2014, Seiten 29 f.). Dass § 321 Abs. 1 Satz 5 FamFG trotzdem nur als "Soll"-Vorschrift ausgestaltet ist, beruht darauf, dass der Gesetzgeber eine fachlich fundierte Begutachtung erreichen, gleichzeitig aber durch die abgestuften Anforderungen den unterschiedlichen Verfahren und den Bedürfnissen der Praxis bei der Auswahl geeigneter Sachverständiger Rechnung tragen wollte (BT-Drucks. 17/12086, Seite 11).
Im Hinblick auf den genannten Schutzzweck dieser Vorschrift und die besondere Grundrechtsrelevanz einer medizinischen Zwangsbehandlung ist somit auch die Anordnung einer ärztlichen Zwangsmaßnahme regelmäßig durch einen „neutralen“, den Betroffenen nicht behandelnden Arzt geboten. Nur in eng begrenzten Ausnahmefällen – etwa bei besonderer Eilbedürftigkeit – kann hiervon abgewichen werden und im Einzelfall auch der behandelnde Arzt die Anordnung derärztlichen Leitung fertigen (BGH, Beschluss vom 30.10.2013, Az.: XII ZB 482/13, u. a. in: FamRZ 2014, Seiten 29 f.).
Diese Anordnung der ärztlichen Leitung eines den Betroffenen nicht behandelnden Arzt gemäß § 18 Absatz 3 Bbg PsychKG n.F. bedarf dann zudem auch noch der einzuholenden Genehmigung des Gerichts, wenn der Betroffene zur Einsicht in das Vorliegen der Gefahr und die Notwendigkeit der Maßnahme oder zum Handeln gemäß solcher Einsicht krankheitsbedingt nicht fähig ist, jedoch wurde eine derartige Genehmigung hier nicht beantragt.
Im Hinblick auf die Dauer der Unterbringung ist das Gericht dem fachärztlichen Gutachten gefolgt. Nach § 329 Abs. 1 FamFG darf die Dauer von einem Jahr nur bei offensichtlich langer Unterbringungsbedürftigkeit überschreiten. Sie darf verlängert werden, auch mehrfach (§ 329 Abs. 2 FamFG). Nur wenn über die regelmäßige Höchstfrist der geschlossenen Unterbringung von einem Jahr hinaus eine Unterbringung von zwei Jahren genehmigt oder angeordnet wird, ist diese Abweichung vom Regelfall im Hinblick auf den hohen Rang des Rechts auf Freiheit der Person ausreichend zu begründen (BGH, Beschluss vom 06.04.2016, Az.: XII ZB 575/15, u.a. in: NJW 2016, Seiten 1960 f.; BayObLG, NJW-RR 2005, Seite 1314; OLG München, BTPrax 2005, Seiten 113 ff.). Gründe für eine Überschreitung von einem Jahr können sich etwa aus konkreten Feststellungen über die Dauer einer notwendigen Therapie (BGH, Beschluss vom 06.04.2016, Az.: XII ZB 575/15, u.a. in: NJW 2016, Seiten 1960 f.; OLG München, BTPrax 2005, Seiten 113 ff.; OLG Hamm, FGPrax 2009, Seite 135) oder aus fehlenden Heilungs- und Besserungsaussichten bei anhaltender Eigengefährdung ergeben (BGH, Beschluss vom 06.04.2016, Az.: XII ZB 575/15, u.a. in: NJW 2016, Seiten 1960 f.; BGH, Beschluss vom 13.01.2010, Az.: XII ZB 248/09, u.a. in: FamRZ 2010, Seite 365; OLG Schleswig, FGPrax 2006, Seite 138). Dabei erfordert das im Gesetz genannte Merkmal der "Offensichtlichkeit", dass die Gründe nur für eine über ein Jahr hinaus währende Unterbringungsbedürftigkeit für das sachverständig beratene Gericht deutlich und erkennbar hervortreten (BGH, Beschluss vom 06.04.2016, Az.: XII ZB 575/15, u.a. in: NJW 2016, Seiten 1960 f.).
Besondere Zurückhaltung ist somit nur für eine über ein Jahr hinaus währende Unterbringung geboten, selbst wenn für den Betroffenen eine erstmalige Unterbringungsanordnung oder -genehmigung erfolgt (BGH, Beschluss vom 06.04.2016, Az.: XII ZB 575/15, u.a. in: NJW 2016, Seiten 1960 f.; OLG Schleswig, FGPrax 2006, Seite 138; OLG München, BTPrax 2005, Seiten 113 ff.).
Die Prognose einer notwendigen Dauer der Unterbringung bis zu dem Zeitpunkt, in dem eine begonnene Therapie Wirkungen zeigt bzw. zumindest eine akute Gefahr gemäß § 8 Bbg PsychKG abklingt, ist zwar naturgemäß mit Unsicherheiten behaftet. Deshalb kann der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nur gewahrt werden, wenn entsprechende ärztliche Einschätzungen kritisch durch das Gericht geprüft und jedenfalls als zeitliche Höchstgrenze der für erforderlich gehaltenen Unterbringung angesehen werden, wobei das selbstverständliche Gebot unberührt bleibt, dass die Maßnahme unverzüglich zu beenden ist, wenn sie sich aus medizinisch-therapeutischen Gründen als nicht mehr notwendig erweist (OLG München, FGPrax 2007, Seiten 43 f.).
Im vorliegenden Fall ist der Betroffene zwar erstmals längerfristig untergebracht. Jedoch liegen hier bereits wohl konkrete Anknüpfungspunkte für die Annahme vor, dass die beabsichtigte Heilbehandlung offensichtlich nicht innerhalb der gesetzlichen Regelhöchstdauer von einem Jahr Unterbringung zum Erfolg führen kann.
Die nunmehrige Unterbringung ist insofern auch in Anbetracht des Umstands, dass der Betroffene bereits mehrfach einstweilig für mehrere Monate wegen Fremd- und Eigengefährdung öffentlich-rechtlich untergebracht wurde, verhältnismäßig. Nach den Feststellungen des Gerichts geht von dem Betroffenen nach wie vor die akute und damit hochgradige Gefahr für Leben sowie Leib und mithin höchstrangige Rechtsgüter anderer Personen aus. Er hat vor der Unterbringung schwere Gewaltdelikte begangen und dabei eine hohe Rückfallfrequenz an den Tag gelegt. Diese Taten hatten keinerlei Beziehungsbezug, sondern trafen willkürlich ausgesuchte Opfer. Außerhalb des geschlossenen Bereichs würde sich seine Gewaltbereitschaft wohl sogar noch steigern und es wäre jederzeit damit zu rechnen, dass er Gewalttaten ausführt. Bei Anlegung des rechtlichen Maßstabs, den das Bundesverfassungsgericht in seiner Rechtsprechung zur Verhältnismäßigkeit einer lang andauernden Unterbringung entwickelt hat (BVerfG, Beschluss vom 26.11.2014, Az.: 2 BvR 713/12; BVerfG, Beschluss vom 20.11.2014, Az.: 2 BvR 2774/12; BVerfG, Beschluss vom 14.03.2014, Az.: 2 BvR 2168/13), ist die Fortdauer der mit der Unterbringung verbundenen Freiheitsentziehung - auch unter Berücksichtigung des aufgrund der Dauer der bereits verstrichenen Unterbringungszeit ganz erheblichen Gewichts des Freiheitsanspruchs des Betroffenen - im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung vorliegend noch verhältnismäßig. Auch der hier nachhaltige Einfluss des Freiheitsanspruchs führt zu keiner anderen Beurteilung, weil es mit Blick auf die Art der von dem Betroffenen drohenden Taten sowie deren Bedeutung und Wahrscheinlichkeit vor dem staatlichen Schutzauftrag für die Rechtsgüter des Einzelnen und der Allgemeinheit unvertretbar ist, den Betroffenen in die Freiheit zu entlassen (BVerfG, Beschluss vom 26.11.2014, Az.: 2 BvR 713/12). Angesichts der von dem Betroffenen in Freiheit ausgehenden hochgradigen Gefahr schwerster Gewaltstraftaten bleibt vorliegend seine Unterbringung als einzige Entscheidungsalternative (BGH, Beschluss vom 23.09.2015, Az.: XII ZB 291/15, u.a. in: FamRZ 2016, Seite 39).
Da der sachverständige Arzt jedoch hier nur eine Dauer von mindestens weiteren sechs Monaten für gerechtfertigt ansieht, sieht das erkennende Gericht vorliegend derzeitig keine Möglichkeit eine Unterbringung von einem Jahr anzuordnen,selbst wenn § 329 Abs. 1 FamFG eine Dauer von einem Jahr grundsätzlich zulässt. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beherrscht nämlich auch die Anordnung und Fortdauer der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus. Das sich daraus ergebende Spannungsverhältnis zwischen dem Freiheitsanspruch des betroffenen Einzelnen und dem Sicherungsbedürfnis der Allgemeinheit vor zu erwartenden erheblichen Rechtsgutverletzungen verlangt somit stets nach gerechtem und vertretbarem Ausgleich (BVerfG, Beschluss vom 05.07.2013, Az.: 2 BvR 2957/12).
Nur der im Tenor benannte Zeitraum ist insofern also hier derzeitig als notwendig und erforderlich anzusehen, um den Betroffenen ausreichend medizinisch zu behandeln.
Im Übrigen sieht § 10 Bbg PsychKG nur vor, dass die Unterbringung möglichst gemeindenah in psychiatrischen Krankenhäusern und psychiatrischen Abteilungen an Krankenhäusern erfolgen soll. Zwar ist insofern im Tenor der gerichtlichen Anordnung die Unterbringungsmaßnahme nach § 323 Abs. 1 Nr. 1 FamFG näher zu bezeichnen. Jedoch hat sich im Fall der geschlossenen Unterbringung der gerichtliche Entscheidungstenor auf die allgemeine Bezeichnung der Art der Unterbringungseinrichtung zu beschränken (LG Lübeck, Beschluss vom 28.07.2015, Az.: 7 T 374/15, u.a. in: SchlHA 2015, Seiten 327 ff.). Inhaltlich gibt § 10 Bbg PsychKG nämlich nur vor, dass eine Unterbringung in einem geeigneten Krankenhaus bzw. einer geeigneten Abteilung erfolgen soll. Die Unterbringung selbst kann mithin auf der Grundlage des Bbg PsychKG auch auf einer nicht geschlossenen Station eines Krankenhauses erfolgen. Dass die Unterbringung per definitionem freiheitsentziehenden Charakter hat und auch nur diese der richterlichen Genehmigung bedarf, wird dabei nicht in Frage gestellt. Denn ob eine Maßnahme freiheitsentziehenden Charakter hat, hängt nicht von der Bezeichnung einer Einrichtung bzw. eines Krankenhauses als offen oder geschlossen ab. Entscheidend ist, ob und inwieweit tatsächlich die Fortbewegungsmöglichkeit des Betroffenen in der Einrichtung eingeschränkt bzw. behindert wird (LG Lübeck, FamRZ 2013, Seiten 577 ff. = BtPrax 2013, Seiten 74 f.).
Insoweit kann eine Unterbringung ggf. sogar auf der Intensivstation in einem geeigneten Krankenhaus erfolgen (LG Lübeck, Beschluss vom 27.11.2012, Az.: 7 T 732/12, u.a. in: FamRZ 2013, Seiten 577 ff. Lesting, FGPrax 2014, Seite 141).
Zwar muss die Art der Unterbringung für die betroffene Person geeignet sein (OLG Rostock, BtPrax 2010, Seiten 134 f.; OLG Köln, OLG-Report 2007, Seiten 148 f.; LG Lübeck, Beschluss vom 28.07.2015, Az.: 7 T 374/15, u.a. in: SchlHA 2015, Seiten 327 ff.), jedoch ist dies hier gegeben.
Zur Wahrnehmung der Interessen des Betroffenen ist es zudem erforderlich, dem Betroffenen einen Pfleger für das Verfahren zu bestellen (§ 317 Abs. 1 FamFG). Die Bestellung eines Verfahrenspflegers in einer Unterbringungssache soll nämlich die Wahrung der Belange des Betroffenen in dem Verfahren gewährleisten. Bei den besonders schwerwiegenden Eingriffen in das Grundrecht der Freiheit der Person soll der Betroffene nicht allein stehen, sondern fachkundig beraten und vertreten werden. Der Verfahrenspfleger ist im selben Umfang wie der Betroffene an den Verfahrenshandlungen zu beteiligen. Dies gebietet es, wenn das Gericht bereits vor der Anhörung des Betroffenen die Erforderlichkeit einer Verfahrenspflegerbestellung erkennen kann – in Unterbringungssachen regelmäßig – den Verfahrenspfleger bereits vor der abschließenden Anhörung des Betroffenen zu bestellen (BGH, Beschluss vom 21.09.2016, Az.: XII ZB 57/1, u.a. in: „juris“; BGH, Beschluss vom 15.02.2012, Az.: XII ZB 389/11, u.a. in: NJW 2012, Seite 1582 ff.), so wie hier bereits mit Beschluss vom 09.11.2016 geschehen. Es war insofern hier sogar zwingend geboten, die Verfahrenspflegerin so rechtzeitig zu bestellen und am Verfahren zu beteiligen, dass diese noch Einfluss auf das Verfahren nehmen konnte (BGH, Beschluss vom 21.09.2016, Az.: XII ZB 57/1, u.a. in: „juris“; BGH, NJW 2012, Seite 1582 ff.; BGH, NJW 2011, Seiten 2365 f.; LG Kleve, NJW-RR 2014, Seiten 1032 f.). Das Gericht musste insofern durch die rechtzeitige Bestellung der Verfahrenspflegerin und deren Benachrichtigung vom Anhörungstermin auch sicherstellen, dass diese an der Anhörung des Betroffenen zumindest teilnehmen konnte. Außerdem steht der Verfahrenspflegerin ein eigenes Anhörungsrecht zu (BGH, Beschluss vom 21.09.2016, Az.: XII ZB 57/1, u.a. in: „juris“). Insofern ist der Beschluss auch nicht selbständig anfechtbar (§ 317 Abs. 6 FamFG).
Die Entscheidung über die sofortige Wirksamkeit beruht auf § 324 Abs. 2 FamFG.