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Vergütung; Sachverständige; Zivilprozess; Gebührengutachten; Steuerberaterkammer; Heranziehung durch Beweisbeschluss des Prozessgerichts; keine Gebührenerhebung nach Gebührenordnung der Kammer; Vorrang der bundesrechtlichen Justizvergütungsregelung


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 12. Senat Entscheidungsdatum 06.11.2014
Aktenzeichen OVG 12 B 2.14 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen §§ 402ff ZPO, § 413 ZPO, § 1 JVEG, § 9 JVEG, § 76 Abs 2 Nr 7 StBerG, § 79 Abs 2 StBerG, § 14 Abs 2 RVG, § 1 Abs 2 GebG BE

Leitsatz

Die Steuerberaterkammer Berlin darf die Vergütung für ein von ihr im Rahmen ihrer Aufgaben nach Heranziehung durch ein Gericht in einem Rechtsstreit über die Angemessenheit eines Steuerberaterhonorars erstattetes Sachverständigengutachten (Gebührengutachten) nicht durch Gebührenbescheid auf der Grundlage ihrer Gebührenordnung geltend machen. Die Vergütungsfestsetzung erfolgt durch das Gericht und richtet sich nach der einschlägigen zivilprozessualen Regelung für Sachverständige (§ 413 ZPO i.V.m. §§ 1, 9 JVEG), die allein maßgeblich ist (Vorrang kodifizierten Bundesrechts).

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweiligen Vollstreckungsbetrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Kostenerstattung für ein Gutachten, das die Steuerberaterkammer in einem Rechtsstreit vor dem Kammergericht zur Angemessenheit einer Honorarforderung erstellt hat.

Mit Hinweis- und Beweisbeschluss vom 27. März 2012 beschloss der 14. Zivilsenat des Kammergerichts in dem Rechtsstreit 14 U 213/10 u.a., durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens der Steuerberaterkammer Berlin Beweis über die Behauptung der Klägerin zu erheben, die Steuerberaterin könne aus verschiedenen Rechnungen insgesamt nur eine angemessene Vergütung in Höhe von 6.763,21 Euro verlangen. Der Beweisbeschluss wurde samt Akten Mitte April 2012 der Steuerberaterkammer Berlin übermittelt. Der Senat bat um Anfertigung des Gutachtens bis Anfang August 2012.

Die von der Steuerberaterkammer Anfang Mai 2012 beantragte besondere Vergütung außerhalb des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes – JVEG – lehnte das Kammergericht mit Beschluss vom 13. Juli 2012 mit der Begründung ab, die gesetzlich vorgesehene Vergütung sei angemessen.

Nach gerichtlicher Erinnerung an die Vorlage des Gutachtens erließ die Steuerberaterkammer Berlin gegen das Land Berlin, vertreten durch die Präsidentin des Kammergerichts, unter dem 19. September 2012 einen Vorschuss-Gebührenbescheid. Auf der Grundlage des in der Gebührenordnung der Steuerberaterkammer Berlin vorgesehenen Stundensatzes von 100 Euro verlangte sie bei einer voraussichtlichen Bearbeitungsdauer von 18 Stunden einen Kostenvorschuss in Höhe von 1.800 Euro.

Die Präsidentin des Kammergerichts widersprach dem Gebührenbescheid: Die Anforderung eines Vorschusses sei mangels Begründung formell rechtswidrig. Es fehle zudem an einer Rechtsgrundlage für die Gebührenfestsetzung. Nach dem Beschluss des Zivilsenats erfolge die Vergütung ausschließlich nach dem JVEG. Nach der Gebührenermächtigung im Steuerberatungsgesetz dürften Gebühren im Übrigen nur für bestimmte Tätigkeiten erhoben werden; die Gutachtenerstellung für das Gericht in einem Zivilprozess sei davon nicht erfasst.

Mit Widerspruchsbescheid vom 25. Januar 2013 – am 28. Januar 2013 zugestellt – wies die Steuerberaterkammer den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus: Der angegriffene Gebührenbescheid beruhe auf § 2 Nr 1.1. i.V.m. § 5 der Gebührenordnung der Steuerberaterkammer und damit auf einer hinreichenden gesetzlichen Grundlage. Diese erfasse auch die hier in Rede stehende Gutachtenerstellung. Die Sperrwirkung des JVEG setze voraus, dass dieses anwendbar sei. Dies sei nicht der Fall, da es sich bei dem angeforderten Gutachten nicht um ein Sachverständigengutachten zu Tatsachenfragen handele, sondern um die Erörterung der Rechtsfrage, ob die in Streit befindlichen Honorare angemessen und die einschlägigen Vorschriften der Steuerberatergebührenverordnung richtig angewandt worden seien. Für wesensgleiche Gebührengutachten der Rechtsanwaltskammer sei dies anerkannt. Dem entspreche auch, dass in diesen Fällen keine anwaltliche Beweisgebühr anfalle. Schließlich habe die Aufsicht der Steuerberaterkammer die Gebührenordnung genehmigt.

Am 27. Februar 2013 hat der Kläger dagegen Klage erhoben. Im Juni 2013 erstellte die Steuerberaterkammer das erbetene Gutachten und setzte dafür einen Zeitaufwand von 13 Stunden an. Am 26. Juni 2013 erließ sie einen endgültigen Gebührenbescheid und hob zugleich den Vorschussbescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheids auf (Klarstellung am 28. August 2013). Den erneuten Widerspruch gegen diesen Gebührenbescheid wies die Beklagte mit Bescheid vom 11. November 2013 mit unveränderter Begründung zurück. In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 21. November 2013 hat der Kläger den endgültigen Gebührenbescheid in der Gestalt dieses Widerspruchsbescheides zum Gegenstand seiner Klage gemacht.

Mit dem angegriffenen Urteil hat das Verwaltungsgericht die angefochtenen Bescheide aufgehoben. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass sich die Beklagte nicht auf ihre Gebührenordnung als Rechtsgrundlage für eine Gebührenerhebung stützen könne. Diese sei vorliegend nicht anwendbar, weil sich die Kostenerstattung für das gerichtlich in Auftrag gegebene Gutachten nach der Zivilprozessordnung ausschließlich nach den Vorschriften des JVEG richte. Diese Regelungen seien abschließend und vorrangig gegenüber der Gebührenordnung der Beklagten. Sie entsprächen dem Bedürfnis nach einer bundeseinheitlichen Handhabung der Sachverständigenvergütung. Die Art des von der Beklagten erstatteten Gutachtens stehe einer Anwendung der zivilprozessualen Vergütungsregelungen nicht entgegen.

Die Beklagte hat gegen das ihr am 12. Dezember 2013 zugestellte Urteil am 10. Januar 2014 Berufung eingelegt. Mit der nach Verlängerung der Begründungsfrist rechtzeitig eingegangenen Berufungsbegründung macht sie im Wesentlichen geltend, das angeforderte Gutachten betreffe keine Tatsachenfrage und unterfalle nicht den Bestimmungen der Zivilprozessordnung über Sachverständigengutachten. Es sei vielmehr den Gebührengutachten der Rechtsanwaltskammern nach § 14 Abs. 2 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz vergleichbar. Diese seien Rechtsgutachten bzw. Erkenntnismittel eigener Art. Ordnungsmittel könnten zur Beibringung dieser Gutachten nicht festgesetzt werden, ebenso scheide eine mündliche Erläuterung des Gutachtens aus. Angesichts dessen sei nicht nachvollziehbar, warum sich gerade die Sachverständigenvergütung ausschließlich nach den zivilprozessualen Regelungen richten sollte. Die Vereinheitlichung der Kostenerstattung sei kein durchgreifendes Argument. Die Anlage 1 zu § 9 Abs. 1 JVEG enthalte kein einziges Fallbeispiel, dem das hier einschlägige Sachgebiet zugeordnet werden könne. Nr. 6.3 („Besteuerung“) erfasse nicht die Honorarberechnung von Steuerberatern. Demzufolge würde sich das Sachverständigenhonorar nach § 9 Abs. 2 JVEG nach den allgemein für Leistungen dieser Art außergerichtlich und außerbehördlich vereinbarten Stundensätzen nach billigem Ermessen richten. Eine Vereinheitlichung sei auf diesem Wege nicht erreichbar.

Die Beklagte beantragt,

die Klage unter Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts Berlin vom 21. November 2013 abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt im Wesentlichen das angefochtene Urteil.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Streitakte und den Verwaltungsvorgang der Beklagten sowie die Akten des zugrundeliegenden zivilgerichtlichen Streitverfahrens vor dem Kammergericht (14 U 213/10, 3 O 509/08, 4 Bände) verwiesen, die dem Senat bei der Entscheidungsfindung vorgelegen haben.

Entscheidungsgründe

Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung über die Berufung entscheiden, weil die Beteiligten ihr Einverständnis mit dieser Verfahrensweise erklärt haben (§ 125 Abs. 1 i.V.m. § 101 Abs. 2 VwGO).

Die Berufung ist unbegründet.

1. Der Zulässigkeit der Klage steht nicht entgegen, dass es sich um eine Klage des Rechtsträgers der beklagten Körperschaft handelt. Es liegt kein unzulässiger In-Sich-Prozess vor (vgl. dazu OVG Berlin, Urteil vom 18. Februar 2004 – OVG 1 B 23.03 – OVGE 25, 213, juris Rn. 24 ff.). Kläger und Beklagte sind gemäß § 61 Nr. 1 VwGO als juristische Personen beteiligungsfähig; der Rechtsstreit hat die Frage zum Gegenstand, ob die Beklagte befugt ist, die Vergütung für ein durch ein Gericht des klagenden Landes angefordertes Gutachten auf der Grundlage ihrer Gebührenordnung durch Leistungsbescheid gegenüber dem Kläger geltend zu machen. Der Kläger ist zur Abwehr dieser Maßnahme auf die Anfechtungsklage angewiesen.

Zwar ließe sich parallel über die Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz an die Senatsverwaltung für Finanzen als Aufsichtsbehörde über die Beklagte herantreten, um diese zur Unterlassung des rechtswidrigen Handelns zu veranlassen. Insofern wäre ein einheitliches Vorgehen des Landes Berlin bei Meinungsverschiedenheiten der beteiligten Senatsverwaltungen gewährleistet (vgl. Art. 58 Abs. 5 Satz 2 VvB). Der beschriebene Weg setzt aber zur Umsetzung Aufsichtsmaßnahmen gegen die beklagte Körperschaft voraus, gegen die diese gegebenenfalls selbst im Klagewege vorgehen könnte, um die von ihr beabsichtigte Klärung der Berechtigung zur Geltendmachung der Vergütung für Gutachten der vorliegenden Art zu klären.

Diese Möglichkeit lässt das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis für den Kläger nicht entfallen. Die Beklagte hat ihm gegenüber einen Verwaltungsakt bekanntgegeben und damit die Anfechtungsfristen in Lauf gesetzt hat, nach deren Verstreichen auch ein rechtswidriger Verwaltungsakt in Bestandskraft erwachsen würde. Eine Befassung der Verwaltungsgerichte wäre – wie ausgeführt – auf diesem Wege zudem nicht ausgeschlossen.

Der Kläger kann auch geltend machen, durch den Verwaltungsakt in seinen Rechten verletzt zu sein (§ 42 Abs. 2 VwGO). Denn die Beklagte macht dem Kläger durch ihre Gebührenerhebung die Befugnis streitig, selbst durch das Gericht als sein Organ die Vergütung des Sachverständigen nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz festzusetzen.

2. Das Verwaltungsgericht hat den angefochtenen Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides auch zu Recht aufgehoben. Der Bescheid ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 125 Abs. 1 i.V.m. § 113 Abs. 1 VwGO).

Die Beklagte kann sich für ihre Gebührenforderung nicht auf die §§ 76 Abs. 2 Nr. 7 und 79 Abs. 2 des Steuerberatungsgesetzes – StBerG – i.V.m. den nach § 1 Abs. 2 des Gesetzes über Gebühren und Beiträge anwendbaren Bestimmungen dieses Gesetzes und den Vorschriften ihrer Gebührenordnung berufen. Zwar gehört es nach § 76 Abs. 2 Nr. 7 StBerG zu den Aufgaben der Steuerberaterkammer, Gutachten zu erstatten, die ein Gericht, eine Landesfinanzbehörde oder eine andere Verwaltungsbehörde des Landes anfordert, und die Steuerberaterkammer kann gemäß § 79 Abs. 2 StBerG für die Inanspruchnahme von besonderen Einrichtungen oder Tätigkeiten Gebühren nach Maßgabe einer durch die zuständige Aufsichtsbehörde genehmigten Gebührenordnung erheben.

Die Ermächtigung zur Gebührenerhebung wird aber für ein gegenüber einem Gericht aufgrund eines Beweisbeschlusses zu erstattendes Gutachten durch die Vorschriften über Sachverständigengutachten im Zivilprozess (§§ 402 ff. ZPO) und die insoweit durch § 413 ZPO in Bezug genommenen Vorschriften des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes als vorrangiges Bundesrecht verdrängt.

Diese Bestimmungen erfassen entgegen der Auffassung der Beklagten auch das vorliegende Gutachten. Es handelt sich bei Gutachten der hier in Rede stehenden Art zwar nicht um reine Tatsachengutachten, weil sie neben den tatsächlichen Grundlagen des Falles auch die Anwendung der einschlägigen Bestimmungen über die Vergütung der Steuerberater zum Gegenstand haben. Gleichwohl handelt es sich dabei um Sachverständigengutachten nach den §§ 402 ff. ZPO, weil dieser Begriff weit auszulegen ist und auch Gutachten erfasst, die von einem Prozessgericht in Auftrag gegeben werden, um sich die erforderliche Sachkunde zur Bewertung des angesetzten Aufwandes und der Üblichkeit des streitigen Steuerberatungshonorars zu verschaffen. Deshalb ist für die Sachverständigenvergütung § 413 ZPO anwendbar, der auf die Vergütungsregelungen des JVEG verweist.

In § 1 Abs. 1 Satz 2 JVEG wird insoweit klargestellt, dass die Vergütung nur nach diesem Gesetz gewährt wird, seine Bestimmungen demnach allein maßgeblich sind (vgl. BGH, Beschlüsse vom 15. Mai 2007 – X ZR 75/05 – GRUR 2008, 736, und vom 7. November 2006 – X ZR 138/04 – GRUR 2007, 175, juris, jeweils Rn. 1). Das JVEG enthält mit den von der Rechtsprechung zu seiner Ergänzung entwickelten Grundsätzen eine abgeschlossene und spezielle Regelung darüber, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfang ein Sachverständiger für ein von ihm erstattetes Gutachten zu entschädigen ist (vgl. bereits zum Gesetz über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen: BGH, Urteil vom 25. Oktober 1983 – VI ZR 249/81 – NJW 1984, 871). Es besteht auch kein Zweifel, dass sich die Vergütung – soweit eine solche anfällt – auch bei der Heranziehung einer Behörde nach den in diesem Sinne abschließenden Vorschriften des JVEG richtet (vgl. § 1 Abs. 2 Satz 1 JVEG).

Verfassungsrechtliche Bedenken gegen diese Regelung sind solange nicht zu erheben, wie dem Sachverständigen nicht eine unangemessen niedrige Vergütung zugemutet wird; der Staat muss aber selbst bei der Indienstnahme Privater für öffentliche Aufgaben keine Vergütung in der auf dem freien Markt für vergleichbare Leistungen erzielbaren Höhe vorsehen (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 29. November 2005 – 1 BvR 2035/05 – BVerfGK 6, 399, juris Rn. 17). Dies gilt erst recht, wenn – wie vorliegend – eine berufsständische Körperschaft das Gutachten im Rahmen ihrer gesetzlichen Aufgaben zu erstatten hat und erst mittelbar eines oder mehrere Mitglieder, die im Rahmen ihrer Berufspflichten zur Ausarbeitung heranzuziehen sind, betroffen werden. Für eine unangemessen niedrige Vergütung ist bei einer Differenz zwischen einem Stundensatz von 100 Euro, den die Beklagte nach ihrer Gebührenordnung zugrunde legen möchte, und einem solchen von 80 Euro, den das Kammergericht seinerzeit nach § 9 Abs. 1 Satz 3 JVEG für angemessen erachtete, nichts Hinreichendes ersichtlich, zumal die Vergütung nach JVEG im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats auf der Grundlage der Anpassung in Art. 7 des 2. Kostenmodernisierungsgesetzes vom 23. Juli 2013 (BGBl. I S. 2586, 2681) nunmehr den Stundensatz der damaligen Gebührenordnung der Beklagten übersteigt.

Andere Rechtsgrundlagen, insbesondere solche nachrangigen Rechts, sind daneben nicht anwendbar. Der Umstand, dass die Anlage 1 zu § 9 Abs. 1 Satz 2 JVEG die Honorarabrechnung von Steuerberatern nicht als Sachgebiet ausweist, rechtfertigt weder die Folgerung, dass dazu keine Sachverständigengutachten erstellt werden können, noch die Annahme, dass insoweit die Gebührenordnung der Beklagten herangezogen werden kann. Die Beklagte hat eine solche Lückenschließung im Vergütungsfestsetzungsverfahren auch nicht geltend gemacht; sie strebt eine Gebührenerhebung aus eigenem Recht anstelle der Vergütungsfestsetzung an. Dafür ist jedoch – wie sie selbst erkennt – kein Raum, wenn auf das den Anlass gebende Sachverständigengutachten die §§ 402 ff. ZPO und mithin auch § 413 ZPO anwendbar sind. Ob die Folgerung der Beklagten, sie könne auf ihre eigene Gebührenordnung zurückgreifen und in Verbindung mit Berliner Landesrecht einen Gebührenbescheid zur Regelung der Vergütung für die Heranziehung durch das Prozessgericht in einem bürgerlichen Rechtsstreit erlassen, wenn die §§ 402 ZPO darauf nicht oder nur eingeschränkt anwendbar wären, zutreffend ist, braucht der Senat nicht zu entscheiden, weil § 413 ZPO im vorliegenden Fall Anwendung findet. Es sei jedoch darauf hingewiesen, dass die bundesrechtliche Regelung zur Sachverständigenvergütung im Zivilprozess nachrangiges Recht auch dann verdrängen dürfte, wenn ein Vergütungsanspruch nach JVEG nicht vorgesehen wäre. Im Übrigen ist darauf zu verweisen, dass § 9 Abs. 1 Satz 3 JVEG eine – hinreichend bestimmte (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29. November 2005 a.a.O., juris Rn. 12) – Auffangregelung für die Fälle enthält, die keiner Honorargruppe ausdrücklich zugeordnet sind. Der Gesetzgeber hält also Sachverständigengutachten für möglich, die durch die Anlage 1 zum JVEG noch nicht erfasst werden, und hat dafür eine Regelung getroffen.

Auf § 14 Abs. 2 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz – RVG – kann sich die Beklagte für die eigenständige Erhebung von Gebühren nach ihrer Gebührenordnung schon deshalb nicht berufen, weil es sich um eine Spezialvorschrift für das anwaltliche Gebührenrecht handelt und danach Gebührengutachten kostenlos zu erstatten sind. Eine vergleichbare Regelung ist in den Vorschriften über die Vergütung der Steuerberater nicht vorgesehen. Eine entsprechende Anwendung scheidet im vorliegenden Zusammenhang aus, weil es bereits an einer planwidrigen Regelungslücke fehlt. Letztlich unterscheidet sich die Gruppe der Rechtsanwälte strukturell auch von derjenigen der Steuerberater, so dass fraglich ist, ob der Gesetzgeber eine vergleichbare Regelung wie im RVG hätte schaffen müssen. Im Übrigen weist der Kläger zu Recht darauf hin, dass eine vollständige Übertragung des der Regelung im RVG zugrundeliegenden besonderen Rechtsgedankens wohl zur Konsequenz haben müsste, dass Gutachten der vorliegenden Art kostenfrei von der Steuerberaterkammer zu erstatten wären. Ein dahin gehender Wille des Gesetzgebers kann dem geltenden Recht (vgl. § 1 Abs. 2 JVEG) nicht entnommen werden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die vorläufige Vollstreckbarkeit richtet sich nach § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen. Die Rechtssache besitzt keine rechtgrundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, weil sich das Fehlen einer Ermächtigung zur Erhebung von Gebühren durch die Beklagte für ein in einem Zivilprozess erstattetes Gutachten aus den für die Sachverständigenvergütung maßgeblichen gesetzlichen Vorschriften unter Berücksichtigung herkömmlicher Auslegungsmethodik selbst ergibt, mithin kein weiterer Klärungsbedarf besteht.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren gemäß §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 3 GKG auf 1.376,18 Euro festgesetzt.

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG)