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Einkommensteuer 2006


Metadaten

Gericht FG Berlin-Brandenburg 6. Senat Entscheidungsdatum 17.06.2014
Aktenzeichen 6 K 6241/12 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Der Einkommensteuerbescheid für 2006, zuletzt geändert am 5. Oktober 2010 und in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19. Juni 2012, wird dahingehend geändert, dass die Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung gem. § 21 EStG um 218,50 € (Umsatzsteuer-Nachzahlung) erhöht werden.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

Die Kosten des Verfahrens werden zu 96 % der Klägerin und zu 4 % dem Beklagten auferlegt.

Tatbestand

Die Klägerin erzielte im Streitjahr Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit gem. § 19 des Einkommensteuergesetzes -EStG- als Prüferin der Groß- und Konzernbetriebsprüfungsstelle im Finanzamt B… sowie Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung gem. § 21 EStG.

Das damals zuständige Finanzamt C… veranlagte die Klägerin im Wege der getrennten Veranlagung mit Bescheid vom 28. Oktober 2009, gegen den die Klägerin wegen hier nicht mehr streitiger Punkte Einspruch einlegte. Am 8. Dezember 2009 erließ das Finanzamt C… einen Teilabhilfebescheid.

Der nach einem Wohnsitzwechsel der Klägerin zuständig gewordene Beklagte erließ am 5. Oktober 2010 erneut einen Teilabhilfebescheid und setzte die Einkommensteuer mit 3.551,- € fest. Im Übrigen wies der Beklagte den Einspruch mit einer Einspruchsentscheidung vom 19. Juni 2012 als unbegründet zurück.

Dagegen richtet sich die Klage. Streitig sind folgende Punkte:

Arbeitszimmer:

Die Klägerin bewohnte im Streitjahr ihr Einfamilienhaus in der D…-straße in 16866 D….

Aufgrund einer Vereinbarung mit der Oberfinanzdirektion E… aus dem Jahr 2002 war es der Klägerin „auf freiwilliger Basis“ und ohne Rechtsanspruch erlaubt, ihre Tätigkeit teilweise nicht in den Diensträumen des FA B…, sondern in ihrem häuslichen Arbeitszimmer zu erbringen. Sie verzichtete insoweit auf Kostenersatz. Zudem sollten die Fahrten zwischen häuslichem Arbeitsplatz und Dienststelle als Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte anzusehen sein.

Während des Einspruchsverfahrens für das Streitjahr machte die Klägerin Kosten des von ihr für diese Zwecke genutzten Arbeitszimmers im Souterrain in Höhe von 1.258,20 € (laufende Aufwendungen: 942,29 € zzgl. AfA in Höhe von 315,91 €) geltend. Dies lehnte der Beklagte in der Einspruchsentscheidung ab. Mittlerweile ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass die Klägerin über ein häusliches Arbeitszimmer verfügte. Auch die Höhe der geltend gemachten Kosten ist unstreitig.

Die Klägerin trägt vor, im Arbeitszimmer die Prüfungen vorbereitet und ausgewertet zu haben. Im FA B… habe zwar in einem Großraumbüro ein Tisch zur gemeinsamen Nutzung mit Kollegen bereitgestanden, allerdings keine ausreichende Möglichkeit zur Ablage von Literatur und Unterlagen. Die Entfernung zwischen Wohn- und Prüfungsort habe 127 km betragen, sodass ein regelmäßiges Aufsuchen der Dienststelle als nicht zumutbar gegolten habe. Die Fahrzeit habe zwischen 90 und 120 Minuten betragen. Die Besuche im FA B… hätten allein der Erledigung allgemeiner Aufgaben wie Laptop-Updates, Posteingänge, Arbeitsbesprechungen etc. gedient. Sie habe dann die Kernarbeitszeit im FA B… teilweise mit anderen Tätigkeiten aufgefüllt und dafür Unterlagen vom Heimarbeitsplatz mitgebracht.

Die Klägerin habe sich im Jahr 2006 an 56 Tagen im FA B…, an 56 Tagen bei Prüfungen im Außendienst und an 66 Tagen im häuslichen Arbeitszimmer aufgehalten. An 41 Tagen sei sie krank gewesen. An 24 Tagen habe sie Urlaub gehabt.

In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin ergänzend ausgeführt, dass sie sich die Arbeitsplätze im FA B… mit mehreren Kollegen (wohl zwei oder drei) habe teilen müssen. Bei Besprechungen im FA B… habe sie sich daher früh auf den Weg gemacht, um einen Platz zu erhalten. Sie habe lediglich einen Tisch nutzen können. Ein Schrank o. ä. für die Ablage ihrer Unterlagen habe ihr nicht zur Verfügung gestanden.

Fahrtkosten zum FA B…

Im Einkommensteuerbescheid für 2006 wurden die Fahrten zum FA B… unter Berücksichtigung einer Entfernung von 127 km mit der Entfernungspauschale berücksichtigt. Die Klägerin macht nun geltend, die Fahrtkosten zum FA B… seien nicht nach der Entfernungspauschale, sondern nach tatsächlich gefahrenen Kilometern abzurechnen. Dies führe zu einer – rechnerisch zwischen den Beteiligten unstreitigen – Erhöhung der Werbungskosten um 2.133,60 €.

Übernahme von Aufwendungen für das Arbeitszimmer des Ehemannes

Im Jahr 1999 hatte die Klägerin gemeinsam mit ihrem damaligen Ehemann das Einfamilienhausgrundstück in C…, erworben. Ihr ideeller Anteil betrug 50 %. Im Dachgeschoss des Hauses befand sich das Büro des bis zum Streitjahr 2006 als Handelsvertreter selbständig tätigen Ehemannes der Klägerin. Die Klägerin vermietete ihren Miteigentumsanteil am Büro bis zum 30. Juni 2006 an den Ehemann. Im Jahr 2006 trennten sich die Klägerin und ihr Ehemann, zwischenzeitlich sind sie geschieden. Der Ehemann zog im Streitjahr 2006 aus dem Haus aus, und die Klägerin vermietete die Einliegerwohnung. Auch das Büro wurde ab Oktober 2006 wieder vermietet.

Im ersten Halbjahr 2006 fielen für das an den Ehemann vermietete Büro laufende Kosten in Höhe von 2.886,53 € an, die nach dem Mietvertrag zur Hälfte vom Ehemann der Klägerin zu tragen waren, da das Büro ihm zur ideellen Hälfte gehörte. Der Ehemann kam den Zahlungspflichten nicht nach, und die Klägerin zahlte den Gesamtbetrag. Der Beklagte erkannte lediglich die Hälfte der Zahlungen als Werbungskosten an. Es liege eine überquotale Zahlung durch die Klägerin vor. Es bestehe daher ein Ausgleichsanspruch gegen den damaligen Ehemann, und es sei nicht erkennbar, dass dieser objektiv nicht durchsetzbar gewesen sei.

Die Klägerin begehrt die Anerkennung der vollständigen Zahlung. Sie macht geltend, dass sie habe zahlen müssen, weil ein Zahlungsverzug auch den privaten Wohnbereich betroffen hätte. Im Übrigen sei der Ausgleichsanspruch gegen ihren damaligen Ehemann nicht durchsetzbar gewesen, da sich dieser im osteuropäischen Ausland aufgehalten habe und illiquide gewesen sei. Mit Übernahme des hälftigen, überschuldeten Grundstücksanteils des damaligen Ehemanns am 15. August 2007 sei keine Regelung getroffen worden, die zu einem Vermögenszuwachs geführt habe.

Umsatzsteuernachzahlung

Die Klägerin macht geltend, dass eine von ihr geleistete Umsatzsteuer-Nachzahlung aufgrund der Vermietung ihrer ideellen Hälfte am Büro an ihren damaligen Ehemann in voller Höhe (437,- €) und nicht nur in Höhe von 218,50 € als Werbungskosten anzusetzen sei.

Die Klägerin beantragt,

den Einkommensteuerbescheid für 2006, zuletzt geändert am 5. Oktober 2010 und in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19. Juni 2012, dahingehend zu ändern, dass die Einkommensteuer auf 2.172,- € festgesetzt wird.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist der Auffassung, dass der Klägerin im FA B… ein eigener Arbeitsplatz zur Verfügung gestanden habe, den sie hätte nutzen können. Es sei zu beachten, dass das Land Brandenburg ein Flächenland sei. Die Fahrtkosten seien nur mit der Entfernungspauschale anzusetzen, weil das FA B… die regelmäßige Arbeitsstätte der Klägerin gewesen sei. Die Klägerin könne nur 50 % der laufenden Aufwendungen des Büros ihres damaligen Ehemannes geltend machen. Es sei nicht ersichtlich, dass die Klägerin versucht habe, ihren Erstattungsanspruch gegen den damaligen Ehemann geltend zu machen. In der mündlichen Verhandlung hat die Vertreterin des Beklagten erklärt, dass die Umsatzsteuerzahlung in voller Höhe anzuerkennen sei.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter einverstanden erklärt.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist nur teilweise begründet. Der angefochtene Einkommensteuerbescheid für 2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung ist im tenorierten Umfang rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung -FGO-).

I. Der Beklagte hat zu Recht die geltend gemachten Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit berücksichtigt.

1. Werbungskosten sind Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung von Einnahmen. Sie sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind (§ 9 Abs. 1 Sätze 1 und 2 EStG). Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sowie die Kosten der Ausstattung dürfen nach § 9 Abs. 5 i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b Satz 2 EStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit nur dann mindern, wenn die betriebliche oder berufliche Nutzung des Arbeitszimmers mehr als 50 % der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit beträgt oder wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. In diesen Fällen wird die Höhe der abziehbaren Aufwendungen auf 1.250,- € begrenzt. Die Beschränkung der Höhe nach gilt nicht, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b Satz 3 EStG a.F.).

2. Im Streitfall liegen weder die Voraussetzungen für einen unbeschränkten Abzug der geltend gemachten Aufwendungen noch für den auf 1.250,- € begrenzten Abzug vor.

a) Das Arbeitszimmer der Klägerin war nicht Mittelpunkt ihrer gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung. Um dies annehmen zu können, muss der inhaltliche (qualitative) Schwerpunkt der Tätigkeit des Steuerpflichtigen im Arbeitszimmer liegen (vgl. zuletzt BFH-Beschluss vom 12. November 2008 X B 112/08, Sammlung der amtlich nicht veröffentlichten Entscheidungen des BFH -BFH/NV- 2009, 161). Der inhaltliche Schwerpunkt der Tätigkeit eines Betriebsprüfers – auch eines Großbetriebsprüfers – liegt aber in den zu prüfenden Betrieben. Denn nach § 200 Abs. 2 AO muss die Außenprüfung grundsätzlich in den Geschäftsräumen des zu prüfenden Steuerpflichtigen stattfinden. Das Arbeitszimmer diente lediglich der Erledigung aller vor- und nachbereitenden Arbeiten einer Außenprüfung. Die Durchführung einer Außenprüfung im häuslichen Arbeitsplatz war nach den Vorgaben der Dienststelle ausdrücklich nicht vorgesehen und wäre verfahrensrechtlich auch unzulässig.

b) Auch ein beschränkter Abzug der Aufwendungen nach § 4 Abs. 5 Nr. 6b Satz 2 und 3 1. Halbsatz EStG a.F. kommt nicht in Betracht. Voraussetzung für den Abzug wäre, dass der Klägerin entweder kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung stand oder die berufliche Nutzung des Arbeitszimmers mehr als 50 % der gesamten beruflichen Tätigkeiten der Klägerin betrug. Keine der Alternativen ist erfüllt.

aa) Die berufliche Nutzung des Arbeitszimmers hat nicht mehr als 50 % der gesamten beruflichen Tätigkeit der Klägerin ausgemacht. Dies folgt bereits aus der von der Klägerin eingereichten Aufstellung, wonach sie sich nur an 66 Tagen im häuslichen Arbeitszimmer aufgehalten habe, aber an 56 Tagen im FA B… und an 56 Tagen bei Prüfungen im Außendienst. Im Übrigen ist auch eine qualitative Bewertung vorzunehmen. Wie bereits dargelegt, liegt der inhaltliche Schwerpunkt der Tätigkeit eines Betriebsprüfers in den zu prüfenden Betrieben. Auch deshalb hat die berufliche Nutzung des Arbeitszimmers nicht mehr als 50 % der gesamten beruflichen Tätigkeit der Klägerin ausgemacht.

bb) Der Klägerin stand nach der Überzeugung des Gerichts im Streitjahr 2006 ein Arbeitsplatz im FA B… zur Verfügung, der tatsächlich für alle Aufgabenbereiche der Klägerin nutzbar war.

(1) „Anderer Arbeitsplatz“ i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 EStG a.F. ist grundsätzlich jeder Arbeitsplatz, der zur Erledigung büromäßiger Arbeiten geeignet ist. Weitere Anforderungen an die Beschaffenheit des Arbeitsplatzes sind nicht zu stellen. Die Abzugsbeschränkung setzt insbesondere keinen eigenen, räumlich abgeschlossenen Arbeitsbereich voraus. Auch ein Raum, den sich der Steuerpflichtige in einem Großraumbüro mit weiteren Personen teilt, kann ein anderer Arbeitsplatz im Sinne der Abzugsbeschränkung sein. Eine individuelle Zuordnung eines Arbeitsplatzes zur Klägerin ist nicht erforderlich (sog. Poolarbeitsplatz).

Nach diesen Grundsätzen ist der Poolarbeitsplatz der Klägerin aufgrund seiner büromäßigen Ausstattung ein "anderer Arbeitsplatz". Eine individuelle Zuordnung der vorgehaltenen Schreibplätze war nicht erforderlich. Das Fehlen eines Schrankes oder einer vergleichbaren Ablagemöglichkeit für Akten etc. steht der Annahme eines Arbeitsplatzes nicht entgegen.

(2) Der Arbeitsplatz (Poolarbeitsplatz) im FA B… stand der Klägerin jedenfalls im Streitjahr auch in dem zur Verrichtung ihrer Innendienstarbeiten erforderlichen Umfang zur Verfügung.

(a) Der andere Arbeitsplatz steht nur dann für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit zur Verfügung, wenn ihn der Steuerpflichtige in dem konkret erforderlichen Umfang und in der konkret erforderlichen Art und Weise tatsächlich nutzen kann. Denn nur dann ist der Steuerpflichtige nicht auf das häusliche Arbeitszimmer angewiesen. Muss er hingegen dort einen nicht unerheblichen Teil seiner beruflichen Tätigkeit verrichten, weil er seinen Arbeitsplatz nur eingeschränkt nutzen kann, kommt das Abzugsverbot des § 9 Abs. 5 i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 1 EStG a.F. nach seinem Sinn und Zweck nicht zum Tragen. Denn auch in einem solchen Fall ist das häusliche Arbeitszimmer notwendig und er kann sich diesen Aufwendungen nicht entziehen. Eine jederzeitige Zugriffsmöglichkeit auf den anderen Arbeitsplatz ist nicht zwingende Voraussetzung des beschränkten Werbungskostenabzugs; denn § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 EStG a.F. stellt nicht auf eine jederzeitige Verfügbarkeit des anderen Arbeitsplatzes ab, sondern auf eine Verfügbarkeit für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit. Daher kann grundsätzlich auch ein Poolarbeitszimmer als ein anderer Arbeitsplatz i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 EStG a.F. zur Verfügung stehen, wenn bei diesem nach den tatsächlichen Gegebenheiten insbesondere durch eine ausreichende Anzahl an Poolarbeitsplätzen, gegebenenfalls ergänzt durch arbeitgeberseitig organisierte dienstliche Nutzungseinteilungen, gewährleistet ist, dass der Arbeitnehmer seine beruflichen Tätigkeiten in dem konkret erforderlichen Umfang dort erledigen kann (vgl. zu alledem: BFH-Urteil vom 26. Februar 2014 VI R 37/13, Der Betrieb -DB- 2014, 1293).

(b) Nach diesen Grundsätzen steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Klägerin in zeitlicher Hinsicht für ihre gesamte Innendiensttätigkeit tatsächlich ein anderer Arbeitsplatz im FA B… zur Verfügung stand. Im Unterschied zum Sachverhalt, der der Entscheidung des BFH vom 26. Februar 2014 (a.a.O.) zugrunde gelegen hat, ist im Streitfall nicht ersichtlich, dass der Dienstherr die im FA B… vorhandenen Arbeitsplätze bewusst so reduziert hat, dass die Klägerin faktisch gezwungen gewesen wäre, ihre Tätigkeit im häuslichen Arbeitszimmer auszuüben.

Die Behauptungen der Klägerin zu den angeblichen Einschränkungen des Arbeitsplatzes im FA B… sind zu unsubstanziiert, als dass sie eine abweichende Entscheidung rechtfertigen könnten. Die Klägerin konnte nicht belegen, dass sie im Streitjahr bei Dienstantritt im FA B… keinen Arbeitsplatz gefunden hat. Sie hat in der mündlichen Verhandlung mitgeteilt, dass sie aufgrund der verschiedenen Umzüge des FA B… selbst nicht mehr wisse, mit wieviel Kollegen sie sich einen Schreibtisch habe teilen müssen. Wenn es – wie die Klägerin weiter vermutet – zwei bis drei gewesen sein dürften, ist jedenfalls nicht ersichtlich, dass dies zu Beeinträchtigungen geführt hätte. Eine Ausnahme mag für Tage mit Dienstbesprechungen gegolten haben, weil dann alle Außenprüfer vor Ort waren. Dies allein rechtfertigt es nach Auffassung des Gerichts aber nicht, anzunehmen, dass ihr kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung gestanden hätte.

Aufgrund der erheblichen Entfernung zwischen Wohn- und Dienstort hatte die Klägerin zudem ein erhebliches Eigeninteresse daran, das FA B… nur selten aufzusuchen. Wie sie selbst ausführt, wäre es ihr aufgrund ihrer familiären Situation unmöglich gewesen, täglich die nahezu zweistündige Fahrt nach B… auf sich zu nehmen. Die Klägerin war daher – wie vermutlich die Mehrzahl ihrer Kollegen – selbst daran interessiert, ihre Arbeit möglichst im häuslichen Arbeitszimmer zu erbringen. Es kann keine Rede davon sein, dass der Dienstherr die Klägerin dazu gedrängt hätte. Vor diesem Hintergrund ist es im Hinblick auf eine sparsame Verwendung der Steuergelder zu begrüßen, wenn das FA B… nicht für jeden Außenprüfer ein eigenes Arbeitszimmer mit voller Büroausstattung vorhält; denn diese Zimmer stünden überwiegend leer.

Eine weitere Sachaufklärung durch das Gericht zu der Frage, ob und unter welchen Bedingungen die Klägerin im FA B… einen Arbeitsplatz hatte, erscheint nicht erfolgversprechend. Die Ausführungen der Klägerin selbst führen – wie bereits dargelegt – nicht zu dem Schluss, dass für sie kein Arbeitsplatz verfügt war. Der Beklagte konnte im FA B… keine weiterführenden Informationen erlangen. Dies ist nach Auffassung des Gerichts für einen mehr als fünf Jahre zurückliegenden Zeitraum und im Hinblick auf die mehrfachen Umzüge des FA B… auch plausibel.

II. Der Beklagte hat ebenfalls zu Recht die geltend gemachten 56 Fahrten der Klägerin zwischen Wohnung und dem FA B… nicht nach Dienstreisegrundsätzen (0,30 € je gefahrener Kilometer), sondern nur mit der Entfernungspauschale (0,30 € je Entfernungskilometer) anerkannt. Daher könnte die Klägerin für die Anwesenheitstage im FA B… auch keine Verpflegungsmehraufwendungen geltend machen, auf deren Geltendmachung sie aber ohnehin aus Nachweisgründen verzichtet hat. Denn das FA B… war im Streitjahr 2006 die regelmäßige Arbeitsstätte der Klägerin i. S. des § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 EStG a.F.

1. Nach der neueren Rechtsprechung des BFH ist regelmäßige Arbeitsstätte i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG a.F. nur der ortsgebundene Mittelpunkt der dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit des Arbeitnehmers und damit der Ort, an dem der Arbeitnehmer seine aufgrund des Dienstverhältnisses geschuldete Leistung zu erbringen hat. Dies ist im Regelfall der Betrieb oder eine Betriebsstätte des Arbeitgebers, der der Arbeitnehmer zugeordnet ist und die er nicht nur gelegentlich, sondern mit einer gewissen Nachhaltigkeit, also fortdauernd und immer wieder aufsucht (BFH-Urteil vom 22. September 2010 VI R 54/09, BFHE 231, 127, BStBl II 2011, 354, m.w.N.). Allerdings ist erforderlich, dass der Arbeitnehmer dort seiner eigentlichen beruflichen Tätigkeit nachgeht. Der Betriebssitz des Arbeitgebers, den der Arbeitnehmer lediglich regelmäßig nur zu Kontrollzwecken aufsucht, ist nicht die regelmäßige Arbeitsstätte (BFH-Urteil vom 9. Juni 2011 VI R 58/09, BFHE 234, 155, BStBl II 2012, 34).

Liegen diese Voraussetzungen vor, so konnte ein Arbeitnehmer nach früherer Rechtsprechung des BFH auch mehrere regelmäßige Arbeitsstätten nebeneinander innehaben. Diese Rechtsprechung hat der BFH jedoch zwischenzeitlich aufgegeben (Urteile vom 9. Juni 2011 VI R 36/10, BFHE 234, 160, BStBl II 2012, 36; VI R 55/10, BFHE 234, 164, BStBl II 2012, 38; s. dazu Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 15. Dezember 2011, BStBl I 2012, 57). Denn der ortsgebundene Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit des Arbeitnehmers kann nur an einem Ort liegen. Nur insoweit kann sich der Arbeitnehmer auf die immer gleichen Wege einstellen und so (etwa durch Fahrgemeinschaften, öffentliche Verkehrsmittel oder eine zielgerichtete Wohnsitznahme in der Nähe der regelmäßigen Arbeitsstätte) auf eine Minderung der Wegekosten hinwirken. Damit stellt sich § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG a.F. auch nur insoweit als sachgerechte und folgerichtige Ausnahme vom objektiven Nettoprinzip dar. Übt der Arbeitnehmer hingegen an mehreren betrieblichen Einrichtungen des Arbeitgebers seinen Beruf aus, ist es ihm regelmäßig nicht möglich, die anfallenden Wegekosten durch derartige Maßnahmen gering zu halten. Denn die unter Umständen nicht verlässlich vorhersehbare Notwendigkeit, verschiedene Tätigkeitsstätten aufsuchen zu müssen, erlaubt es dem Arbeitnehmer nicht, sich immer auf die gleichen Wege und eine kostengünstige Verpflegungssituation einzustellen (vgl. dazu BFH-Urteil vom 18. Juni 2009 VI R 61/06, BFHE 226, 59, BStBl II 2010, 564). In einem solchen Fall lässt sich die Einschränkung der Steuererheblichkeit von Wegekosten durch die Entfernungspauschale (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG a.F.) nicht rechtfertigen. Eine regelmäßige Arbeitsstätte liegt daher nur dann am Betriebssitz des Arbeitgebers, wenn er diesen Ort nicht nur gelegentlich, sondern mit einer gewissen Nachhaltigkeit, d.h. fortlaufend und immer wieder, aufsucht und dort schwerpunktmäßig tätig wird (BFH-Urteil vom 9. Juni 2011 VI R 58/09, BStBl II 2012, 34).

2. Nach diesen Grundsätzen geht das Gericht nach Würdigung aller Umstände davon aus, dass das FA B… die regelmäßige Arbeitsstätte der Klägerin ist. Dem steht nicht entgegen, dass die Klägerin das FA B… nicht arbeitstäglich aufsuchen musste. Es genügt, dass sie damit rechnen musste, das FA B… regelmäßig aufzusuchen. Denn wer weiß, dass er sich zukünftig regelmäßig an einem Dienstort befindet, kann sich darauf einstellen, etwa durch eine Wohnsitznahme in der Nähe des Dienstortes.

Bezogen auf den Begriff der regelmäßigen Arbeitsstätte kommt es nicht darauf an, dass der qualitative Schwerpunkt der Tätigkeit der Klägerin nicht im FA B…, sondern in den zu prüfenden Unternehmen bzw. in ihrem häuslichen Arbeitszimmer lag (a.A. Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 21. Februar 2012 13 K 210/11, DStRE 2013, 1356, rkr., nachdem die Nichtzulassungsbeschwerde mit Beschluss des BFH vom 15. Januar 2013 VI B 132/12 zurückgewiesen wurde). Denn die Klägerin war nicht nur zu Kontrollzwecken im FA B…, sondern ging dort ihrer eigentlichen beruflichen Tätigkeit nach. Die Klägerin erhielt ihre Prüfungsaufträge im FA B…. Dort fanden Dienstbesprechungen, Besprechungen mit dem Sachgebietsleiter und vermutlich auch Weiterbildungen statt. Zudem übte die Klägerin im FA B… Verwaltungstätigkeiten aus, wie z.B. die Abrechnung der Arbeitszeit und der Reisekosten, Absendung und Abholung von Akten, Schriftverkehr. Nach ihren Ausführungen hat die Klägerin die Kernarbeitszeit im FA B… teilweise auch damit verbracht, Prüfungsvor- und -nachbereitungen zu erledigen. Alles dies gehört zum eigentlichen Tätigkeitsfeld eines Außenprüfers. Der im Streitfall zu beurteilende Sachverhalt weicht daher von der Situation ab, dass ein Außendienstmitarbeiter den Arbeitgeber lediglich zu Kontrollzwecken aufsucht.

III. Ebenfalls zu Recht hat der Beklagte die von der Klägerin geltend gemachten Nebenkosten nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung anerkannt, soweit diese den Anteil der Klägerin von 50 % überschritten haben. Der Beklagte hat also zu Recht nur Werbungskosten in Höhe von 1.441,53 € anerkannt.

Die Übernahme des Anteils des damaligen Ehemannes der Klägerin an den Nebenkosten steht nicht im Zusammenhang mit den Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung, sondern stellen gem. § 12 Nr. 1 EStG nicht abziehbare Aufwendungen für den Haushalt der Klägerin und den Unterhalt ihrer Familienangehörigen und damit für die private Lebensführung der Klägerin dar.

Werbungskosten sind nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Ein steuerrechtlich anzuerkennender wirtschaftlicher Zusammenhang der Aufwendungen liegt vor, wenn ein objektiver Zusammenhang dieser Aufwendungen mit der Überlassung eines Vermietungsobjektes zur Nutzung besteht und subjektiv die Aufwendungen zur Förderung dieser Nutzungsüberlassung gemacht werden (vgl. BFH-Urteil vom 8. April 2014 IX R 45/13, DStR 2014, 996).

Daran fehlt es im Streitfall. Der Beklagte hat den Anteil der Nebenkosten des Büros des damaligen Ehemannes der Klägerin als Werbungskosten anerkannt, der auf den 50 %igen ideellen Anteil der Klägerin entfallen ist. Die andere Hälfte der Nebenkosten stand nicht im Zusammenhang mit den Einnahmen der Klägerin aus Vermietung und Verpachtung. Schuldner dieser Nebenkosten war allein der damalige Ehemann der Klägerin. Die Klägerin hat nach ihren eigenen Bekundungen die Nebenkosten auch nur deshalb gezahlt, weil anderenfalls die Versorgung ihrer Wohnung nicht mehr gewährleistet war. Darin liegt aber eine private Veranlassung.

Dieses Ergebnis wird durch folgende Kontrollüberlegung bestätigt: Hätte die Klägerin nicht die ideelle Hälfte des Büros im gemeinsamen Haus an ihren damaligen Ehemann vermietet und hätte der Ehemann die Nebenkosten nicht bezahlt, hätte die Klägerin aus denselben Gründen zahlen müssen. Dann wäre aber offenkundig, dass die Zahlung auf einer privaten Veranlassung beruhte. Ob die Zahlung der Klägerin bei ihrem damaligen Ehemann als Drittaufwand zu Werbungskosten oder Betriebsausgaben führte, braucht das Gericht nicht zu entscheiden, weil die Eheleute für das Streitjahr 2006 die getrennte Veranlagung gewählt haben.

Die nicht trennbare Vermischung der Zahlung mit der privaten Lebensführung der Klägerin wird zudem daraus deutlich, dass nicht eindeutig zu klären ist, ob und in welchem Umfang diese Zahlung der Klägerin im Rahmen der Scheidung der Ehegatten berücksichtigt worden ist.

IV. Der Beklagte hat allerdings zu Unrecht die von der Klägerin im Streitjahr 2006 geleisteten Umsatzsteuernachzahlungen für das Jahr 2004 in Höhe von 437,- € nur zu 50 % bei den Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung angesetzt. Dies führt zu einer – in der mündlichen Verhandlung unstreitigen – Minderung der Einkünfte gem. § 21 EStG um 218,50 €.

V. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO und orientiert sich am Umfang des Obsiegens und Unterliegens der Beteiligten.

VI. Das Gericht hat die Revision zugelassen, weil hinsichtlich der Frage, ob für die Fahrtkosten zum FA B… die Entfernungspauschale gilt, eine abweichende Entscheidung des Niedersächsischen FG vorliegt (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO).