I.
Die Beteiligten streiten über die Verpflichtung der Beteiligten 2), dem Beteiligten zu 3) Zutritt zum Betrieb zur Durchführung von Betriebsratstätigkeit zu gewähren.
Die Beteiligte zu 2) (im Folgenden: Arbeitgeberin) betreibt ein Pflegeheim. Der Beteiligte zu 1. und Antragsteller ist der für den Betrieb gewählte, aus drei Mitgliedern bestehende Betriebsrat. Der Beteiligte zu 3) ist der Vorsitzende des Betriebsrats und war bei der Arbeitgeberin als Altenpfleger beschäftigt.
Die Arbeitgeberin focht die Wahl des Betriebsrats beim Arbeitsgericht Berlin (63 BV 18259/08) an und begehrte außerdem die Feststellung der Nichtigkeit der Wahl. Das Arbeitsgericht gab dem Anfechtungsantrag statt und wies den Antrag auf Feststellung der Nichtigkeit zurück. Über die hiergegen von der Arbeitgeberin beim Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg eingelegte Beschwerde (9 TaBV 2513/09) ist noch nicht entschieden.
Weiter beantragte die Arbeitgeberin beim Arbeitsgericht Berlin (48 BV 10663/09) die Zustimmung des Betriebsrats zu einer beabsichtigten fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Betriebsratsvorsitzenden zu ersetzen. Im Zusammenhang mit der beabsichtigten Kündigung stellte die Arbeitgeberin den Betriebsratvorsitzenden von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung frei und erteilte ihm Hausverbot mit zeitlich eingeschränktem Zutrittsrecht zum Raum des Betriebsrats. Hiergegen beantragte der Betriebsratsvorsitzende beim Arbeitsgericht Berlin (17 BVGa 10011/09) den Erlass einer einstweiligen Verfügung. Der Betriebsrat schloss sich dem Antrag an. Der Antrag hatte letztinstanzlich Erfolg. Durch rechtskräftigen Beschluss vom 2. September 2009 (17 TaBVGa 1372/09) gab das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg der Arbeitgeberin auf, dem Vorsitzenden des Betriebsrats zur Durchführung von Aufgaben des Betriebsrats Zugang zum Betrieb - ausgenommen die Wohnräume der Bewohner - zu gewähren. Eine zeitliche Begrenzung der einstweiligen Verfügung sieht der Beschluss nicht vor. Wegen der Einzelheiten wird auf die Ablichtung des Beschlusses (Bl. 6 - 9 d. A.) verwiesen.
Mit Beschluss vom 23. September 2009 wies das Arbeitsgericht im Verfahren 48 BV 10663/09 den Antrag der Arbeitgeberin auf Zustimmungsersetzung zurück. Über die hiergegen von der Arbeitgeberin beim Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg eingelegte Beschwerde (19 TaBV 2628/09) ist noch nicht entschieden.
Mit Schreiben vom 24. September 2009 kündigte die Arbeitgeberin das Arbeitsverhältnis mit dem Betriebsratsvorsitzenden fristlos und erteilte ihm mit sofortiger Wirkung ein vollständiges Hausverbot. Unter dem 28. September 2009 reichte der Betriebsratsvorsitzende beim Arbeitsgericht Berlin (27 Ca 17552/09) Klage gegen die Kündigung ein. Der Rechtsstreit ist ausgesetzt.
Im vorliegenden Verfahren hat der Betriebsrat mit dem beim Arbeitsgericht Berlin am 30. September 2009 eingegangenen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung begehrt, der Arbeitgeberin aufzugeben, den Zugang des Betriebsratsvorsitzenden zum Betrieb während der betriebsüblichen Arbeitszeiten zum Zwecke erforderlicher Betriebsratsarbeit räumlich und zeitlich unbegrenzt mit Ausnahme der Bewohnerzimmer zu gewährleisten. Der Betriebsratsvorsitzende hat sich dem Antrag angeschlossen. Die Arbeitgeberin hat die Auffassung vertreten, der Betriebsrat sei schon nicht antragsbefugt, weil er nicht wirksam gewählt worden sei. Da die Betriebsratswahl nichtig sei, bedürfe es vor dem Ausspruch einer Kündigung auch nicht der Zustimmung des Betriebsrats. Durch den Ausspruch der fristlosen Kündigung vom 24. September 2009 habe sich gegenüber dem vom Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg entschiedenen Sachverhalt eine Veränderung ergeben, weshalb die Entscheidung keine Wirkungen mehr entfalten könne.
Mit Beschluss vom 9. Oktober 2009, auf dessen Sachverhaltsdarstellung unter I. der Gründe (Bl. 39 - 41 d. A.) wegen des weiteren erstinstanzlichen Vorbringens der Beteiligten verweisen wird, hat das Arbeitsgericht dem Antrag nach mündlicher Anhörung stattgegeben. Wegen der Begründung wird auf II. der Gründe (Bl. 41 - 44 d. A.) verwiesen.
Gegen diesen der Arbeitgeberin am 29. Oktober 2009 zugestellten Beschluss hat sie mit am Montag, den 30. November 2009, beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz Beschwerde eingelegt und diese mit am 2. Dezember 2009 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz begründet.
Die Arbeitgeberin vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen zur Nichtigkeit der Wahl des Betriebsrats und vertritt weiter die Auffassung, dass der Betriebsrat nicht antragsbefugt sei und der Betriebsratsvorsitzende keinen Sonderkündigungsschutz genieße.
Die Arbeitgeberin beantragt,
den Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 9. Oktober 2009 - 51 BVGa 17650/09 - abzuändern und den Antrag zurückzuweisen.
Der Betriebsrat beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Der Betriebsratsvorsitzende schließt sich dem Antrag des Betriebsrats an.
Der Betriebsratvorsitzende meint, für den Antrag sei ein Rechtsschutzbedürfnis gegeben, weil durch den Ausspruch der fristlosen Kündigung vom 24. September 2009 eine neue Situation eingetreten sei, in welcher die Arbeitgeberin nicht nur den Bestand seines Arbeitsverhältnisses, sondern auch sein Betriebsratsamt in Frage stelle.
Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten in der Beschwerdeinstanz wird auf den Schriftsatz der Arbeitgeberin vom 1. Dezember 2009 (Bl. 56 - 61 d. A.) und den Schriftsatz des Betriebsratsvorsitzenden vom 15. Januar 2009 (Bl. 78 - 79 d. A.) Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist nach § 87 Abs. 1 ArbGG statthaft sowie form- und firstgerecht i. S. v. § 87 Abs. 2, § 89 Abs. 1 und 2 ArbGG i. V. m. § 64 Abs. 6, § 66 Abs. 1 Satz 1 und 2 ArbGG, §§ 519, 520 Abs. 1 und 3 ZPO eingelegt worden.
Die Beschwerde ist auch begründet. Der erstinstanzliche Beschluss war abzuändern und der Antrag als unzulässig zurückzuweisen.
Der Antrag auf Erlass der begehrten einstweiligen Verfügung ist unzulässig, weil mit der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 2. September 2009 - 17 TaBVGa 1372/09 - bereits eine stattgebende rechtskräftige einstweilige Verfügung über denselben Streitgegenstand ohne zeitliche Beschränkung existiert, welche auch nicht zwischenzeitlich nach den §§ 927, 936 ZPO wieder aufgehoben worden ist. Dem Erlass einer erneuten einstweiligen Verfügung steht die Rechtskraft dieser Entscheidung entgegen (§ 322 Abs. 1 ZPO).
1. Einstweilige Verfügungen können nicht nur in formelle, sondern unter dem Vorbehalt einer erleichterten Abänderbarkeit entsprechend § 927 ZPO auch in materielle Rechtskraft erwachsen (BGH vom 09.12.2004 - III ZR 200/04 -, NJW 2005, 436; LAG Berlin-Brandenburg vom 15.01.2010 - 6 Ta 2697/09 -, juris; Stein/Jonas-Grunsky, vor § 916 Rn. 14 und vor § 935 Rn. 15; Zöller-Vollkommer, Vor § 916 Rn.13; Müko-Heinze, Vor § 916 Rn. 51). Dies gilt nach § 85 Abs. 2 Satz 2 ArbGG auch für einstweilige Verfügungen im Beschlussverfahren.
Abzustellen ist dabei auf den Anspruch auf Sicherung oder Regelung nach den §§ 935, 940 ZPO i. V. m. § 85 Abs. 2 Satz 2, § 87 Abs. 2 ArbGG, nicht hingegen auf den zu sichernden Anspruch (vgl. LAG Berlin-Brandenburg vom 15.1.2010 - 6 Ta 2697/09 -, juris), weil dieser nicht Streitgegenstand des Verfahrens ist (LAG Berlin-Brandenburg vom 12.08.2009 - 16 SaGa 1366/08 -, AE 2009, 114; Zöller/Vollkommer, Vor § 916 Rn. 5; Stein/Jonas-Grunsky vor § 935 Rn. 9; Müko-Heinze, Vor § 916 Rn. 49). Über den zu sichernden Anspruch kann mit Rechtskraftwirkung nur in einem nach den §§ 926, 936 ZPO ggf. anhängig zu machenden Hauptsacheverfahren entschieden werden (Stein/Jonas-Grunsky, vor § 916 Rn. 13; vgl. auch LAG Köln vom 17.09.2009 - 4 SaGa 10/09 -, juris).
2. Bei Anwendung dieser Grundsätze steht dem Antrag des Betriebsrats die Rechtskraft der Entscheidung des LAG Berlin-Bandenburg vom 2. September 2009 - 17 TaBVGa 1372/09 - entgegen. Der Antrag ist unzulässig, weil über ihn bereits anderweitig zwischen den Beteiligten positiv entschieden ist und die Entscheidung weiter Bestand hat.
a) Das Landesarbeitsgericht hat der Arbeitgeberin durch den genannten Beschluss aufgegeben, dem Betriebsratsvorsitzenden zur Durchführung von Aufgaben des Betriebsrats Zugang zum Betrieb - ausgenommen die Wohnräume der Bewohner - zu gewähren. Nichts anderes verlangt der Betriebsrat im vorliegenden Verfahren. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts ist rechtskräftig. Die Rechtskraft der Entscheidung im Verfahren 17 TaBVGa 1372/09 erstreckt sich auch nicht nur auf den Betriebsratsvorsitzenden als damaligen Antragsteller und die Arbeitgeberin, gegen die sich der Antrag richtete, sondern auf sämtliche am damaligen Verfahren Beteiligte und damit auch auf den Betriebsrat (GMPM-Matthes, § 84 Rn.27 m. w. N). Da der Betriebsrat im Verfahren 17 TaBVGa 1372/09 zudem selbst einer der Beschwerdeführer war, ist er nach § 85 Abs. 1 ArbGG auch zweifellos berechtigt, die Verpflichtung der Arbeitgeberin, dem Betriebsratsvorsitzenden Zutritt zum Betrieb zu gewähren, - soweit erforderlich - mit den Mitteln der Zwangsvollstreckung durchzusetzen (näher dazu GMPM-Matthes, § 85 Rn. 11 ff.).
b) Allein durch den Ausspruch der fristlosen Kündigung vom 24. September 2009 verliert die einstweilige Verfügung ihre Rechtskraftwirkung nicht.
aa) Zwar endet nach § 24 Nr. 3 BetrVG mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eines Betriebsratsmitgliedes materiellrechtlich dessen betriebsverfassungsrechtliches Amt und damit auch das Zutrittsrecht zum Betrieb des ehemaligen Arbeitgebers zur Wahrnehmung betriebsverfassungsrechtlicher Aufgaben (KR-Etzel, § 103 BetrVG Rn. 151). Dies gilt jedoch nur, wenn feststeht, dass das Arbeitsverhältnis beendet ist (vgl. KR-Etzel, § 103 Rn. 151 f.). Offen bleiben kann, welche Auswirkungen die feststehende Beendigung des Arbeitsverhältnisses und damit die Beendigung des Betriebsratsmandats auf die Rechtskraftwirkung der einstweiligen Verfügung hätte. Denn vorliegend steht gerade nicht fest, dass das Arbeitsverhältnis zwischen dem Betriebsratsvorsitzenden und der Arbeitgeberin durch die fristlose Kündigung vom 24. September 2009 geendet hat. Der Betriebsratsvorsitzende hat gegen die Kündigung Klage vor dem Arbeitsgericht Berlin (27 Ca 17552/09) erhoben. Der Rechtsstreit ist noch nicht abgeschlossen.
bb) Soweit ganz überwiegend angenommen wird, dass bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Wirksamkeit der Kündigung eines Betriebsratsmitgliedes dieses verhindert ist, das Amts auszuüben, es sei denn, die Kündigung ist offensichtlich unwirksam (KR-Etzel, § 103 BetrVG Rn. 152 f. m. w. N.), verliert die einstweilige Verfügung ihre Rechtskraftwirkung nicht. Durch den Ausspruch der fristlosen Kündigung haben sich lediglich die Umstände, die dem Erlass der einstweiligen Verfügung zugrunde lagen, geändert. Dies hat zur Folge, dass die Arbeitgeberin im Verfahren nach § 85 Abs. 2 Satz 2 ArbGG, §§ 927, 936 ZPO ggf. die Aufhebung der einstweiligen Verfügung erreichen könnte (Stein/Jonas-Grunsky, vor § 916 Rn. 14; vgl. auch LAG Hamburg vom 19.06.2005 - 3 Sa 33/05 -, juris Rz. 60; LAG Berlin-Bandenburg vom 15.01.2010 - 6 Ta 2697/09 -, juris, sowie LAG Hamm vom 22.01.2008 - 7 Ta 10/08 - juris; LAG Rheinland-Pfalz vom 27.11.2007 - 10 Ta 263/07 -, AuR 2008, 193; LAG Thüringen vom 05.01.2005 - 1 Ta 148/04 -, AuR 2005, 166; LAG Hessen 23.02.2002 - 8 Ta 504/01 -, LAGE § 888 ZPO Nr. 48; LAG München vom 11.09.1993 - 2 Ta 214/93 -, LAGE § 888 ZPO Nr. 34; LAG Bremen vom 28.10.1987 - 1 Ta 69/87 -, RzK I 10k Nr. 8 und vom 21.02.1983 - 4 Ta 16/83 -, EzA § 62 ArbGG 1979 Nr. 10 zum Einwand einer weiteren Kündigung gegen die Zwangsvollstreckung aus einem Weiterbeschäftigungstitel). In diesem Verfahren wäre dann auch zu prüfen, ob die fristlose Kündigung wegen der fehlenden Zustimmung des Betriebsrats vor dem Ausspruch der Kündigung i. d. S. § 103 Abs. 1 und 2 BetrVG nach § 134 BGB offensichtlich unwirksam ist oder es der vorherigen Zustimmung des Betriebsrats nicht bedurfte, weil Gründe für die Nichtigkeit der Betriebsratswahl vorliegen (vgl. Stein/Jonas- Grunsky, § 927 Rn.6; Zöller-Vollkommer, § 927 Rn.5). Dass die Arbeitgeberin einen Antrag auf Aufhebung der einstweiligen Verfügung gestellt hat und dieser zu ihren Gunsten entschieden worden ist (vgl. LAG Berlin-Brandenburg vom 15.01.2010 - 6 Ta 2697/09 -, juris), hat keiner der Beteiligten vorgebracht und ist auch sonst nicht ersichtlich.
c) Danach war der Beschwerde stattzugeben, ohne dass es darauf ankam, wie sich die von der Arbeitgeberin eingewandte Nichtigkeit der Betriebsratswahl auf die Antragsbefugnis des Betriebsrats auswirken würde.
III.
Die Entscheidung ergeht nach § 2 Abs. 2 GKG i. V. m. § 2a Abs. 1 Nr. 1 ArbGG gerichtskostenfrei.
IV.
Gegen die Entscheidung findet nach § 92 Abs. 1 Satz 3 ArbGG die Rechtsbeschwerde nicht statt. Ein Rechtsmittel ist nicht gegeben.