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Ausbaubeiträge nach dem Kommunalabgabengesetz einschl. Kostenerstattung für Gehwegüberfahrten


Metadaten

Gericht VG Potsdam 12. Kammer Entscheidungsdatum 07.10.2016
Aktenzeichen 2 K 165/14 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 8 KAG BB

Tenor

Der Beitragsbescheid vom 3. April 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Dezember 2013 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 23. Oktober 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Dezember 2013 wird i.H.v. 2.032 € aufgehoben.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger zu 4/5 und die Beklagte zu 1/5; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.

Die Zuziehung des Prozessbevollmächtigten des Klägers im Widerspruchsverfahren gegen den Bescheid des Beklagten vom 3. Juli 2012 sowie gegen den Änderungsbescheid vom 23. Oktober 2013 wird für notwendig erklärt.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um einen Straßenbaubeitrag für den Ausbau der H Straße in P im Abschnitt zwischen der H T und der P Straße.

Die Straße besaß vor diesem Ausbau eine gepflasterte Fahrbahn und mit Betonplatten und Kleinpflaster befestigte Gehwege. Der letzte grundhafte Ausbau dürfte vor dem 1. Weltkrieg erfolgt sein.

Aufgrund eines Beschlusses des Hauptausschusses der Stadt P vom 3. April 2008 ließ die Beklagte die H Straße in zwei Bauabschnitten ausbauen. Der 1. Bauabschnitt "Knotenpunkt H Straße bis einschließlich SStraße" erstreckt sich vom K bis zur H Straße Nr. 14. Der 2. Bauabschnitt ab "Knotenpunkt H-/L" verläuft von der H Straße Nr. 14 bis zur H T. Der 2. Bauabschnitt gliedert sich in einen nördlichen Teil (H Str. 14 bis Einmündung L) - von der Beklagten als Hauptverkehrsstraße bezeichnet - und einen südlichen Teil (Einmündung L bis zur H T) - von der Beklagten als innerörtliche Hauptverkehrsstraße bezeichnet -. Mit dem Neubau der beiden Knotenpunkte K und Einmündungsbereich L sollten die Verkehrsräume neu gestaltet und die Seitenräume straßenbegleitend neu gegliedert werden. Im nördlichen Abschnitt des 2. Bauabschnitts (H Straße 14 bis zur L) wurde die Fahrbahn in der Bauklasse III hergestellt. Im südlichen Abschnitt des 2. Bauabschnitts (L bis H Torbrücke) erfolgte der Ausbau der Fahrbahn in der Bauklasse IV. Im Kreuzungsbereich H Straße/L entstand ein Aufstellbereich für Linksabbieger. Mit der Umgestaltung des Knotenpunktes wurde der östliche Fahrbahnrand der H Straße wegen der Einmündung in Höhe Hausnummer 9 um 7 m verlegt. Damit wurde das ungehinderte Einfahren von der südlichen H Straße in die nördliche H Straße unterbunden. An diesen aufgeweiteten Straßenbereich schließt sich in Richtung H T zu beiden Seiten der H Straße eine Grünfläche an. Im nördlichen Teil des 2. Bauabschnittes wurde ein beidseitiger kombinierter Geh- und Radweg angelegt, der über den Knotenpunkt H Straße/L in die L weitergeführt wird. Von der L bis zur H Torbrücke wurde ein beidseitiger Gehweg angelegt.

Die Abnahme dieser Baumaßnahme erfolgte am 16. November 2011.

Der Kläger ist Eigentümer des aus dem Flurstück 96 der Flur 4 der Gemarkung P gebildeten Grundstücks mit einer Größe von 1081,67 m², das im nördlichen Teil des 2. Bauabschnitts der H Straße liegt. Das Flurstück ist durch Zerlegung des früheren Flurstücks 46/5 der Flur 4 in die Flurstücke 96 und 97 entstanden. Die Zerlegung wurde am 12. Juli 2011 in das Liegenschaftskataster eingetragen, das Grundstück am 1. August 2011 übergeben. Die Berichtigung im Grundbuch der Voreigentümerin erfolgte am 9. Januar 2012. Am 25. Januar 2012 wurde der Kläger als Eigentümer im Grundbuch eingetragen. Mit Bescheid vom 3. April 2013 zog die Beklagte den Kläger zu einem Straßenbaubeitrag in Höhe von 10.181,79 € heran. Den dagegen gerichteten Widerspruch wies sie mit Bescheid vom 18. Dezember 2013 zurück. Mit Änderungsbescheid vom 23. Oktober 2013 erhöhte sie den Beitrag auf 10.353,29 €. Den dagegen gerichteten Widerspruch wies sie mit Bescheid vom 19. Dezember 2013 zurück.

Der Änderungsbescheid der Beklagten vom 23. Oktober 2013 beruht auf der am 5. September 2013 mit Rückwirkung zum 1. Oktober 2011 geänderter Straßenbaubeitragssatzung der Stadt P. Diese Änderung war aufgrund des Ausgangs des von einem anderen Anlieger betriebenen Eilverfahrens (VG 12 L 41/13) erfolgt. Mit Beschluss vom 29. Mai 2013 hatte die erkennende Kammer die Regelung der Straßenbaubeitragssatzung der Stadt P vom 19. Oktober 2006 in der Fassung der 1. Änderungssatzung vom 22. September 2011 zum Gewerbezuschlag wegen eines offensichtlichen Verstoßes gegen das Vorteilsprinzip im für unwirksam befunden.

Der Kläger hat am 24. Januar 2014 Klage erhoben. Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor:

Der angefochtene Bescheid beruhe auf keiner wirksamen Satzung. Die 2. Änderungssatzung sei auf ihn nicht anwendbar.

Sein Grundstück sei nicht für den Ausbau der Hamburger Straße beitragspflichtig. Es werde nur von der S erschlossen. Auf dem heutigen Flurstück 97 habe sich früher ein Restaurant mit Übernachtungsmöglichkeiten befunden, das über die H Straße erschlossen worden sei. Auf dem heutigen Flurstück 96 hätten sich Stallungen für Pferde und Kutschen sowie ein kleines Wohnhaus befunden, die bis nach der Wende als Werkstatt, Garage und Lagerraum genutzt worden seien. Die Zufahrt dafür sei ausschließlich von der S aus erfolgt. Es habe bis zur Aufgabe der Nutzung nach der Wende keine Verbindung zwischen beiden Flurstücken gegeben. Die Beklagte verkenne, dass für den Zeitpunkt der Eigentumsübertragung die formgerechte Erklärung und nicht erst der Vollzug maßgeblich sei. Zu Unrecht gehe die Beklagte davon aus, dass die Flurstücke 96 und 97 wegen gemeinsamer Nutzung eine wirtschaftliche Einheit bildeten.

Außerdem sei die Beitragspflicht nicht am 16. November 2011 entstandenen, als das ursprüngliche Grundstück noch nicht geteilt gewesen sei. Die Abnahme könne lediglich als Indiz für die Ermittlung des Zeitpunkts der endgültigen Herstellung angesehen werden. So sei den Baustellenprotokollen vom 4. April 2011 und 6. Juni 2011 zu entnehmen, dass die Zufahrt zu einem Lebensmittel-Discount Markt in der R Straße nur als Provisorium hergestellt worden sei. Dies sei erst im Jahr 2012 beseitigt worden. Einzelne Arbeiten seien erst im April und Mai 2012 ausgeführt worden. Der Kreisel sei im Juni 2012 noch nicht vollständig hergestellt gewesen. Es sei zu vermuten, dass die förmliche Abnahme am 16. November 2011 vor dem Ende der Fördermittelperiode 2012 lediglich zum Zwecke der Abrechnung erfolgt sei.

Da er keinen Zugang zur H Straße habe, habe auch die persönliche Beitragspflicht nicht entstehen können. Es existiere kein Verbindungsweg. Die ausschließliche Erschließung des Grundstücks erfolge über die S.

Der Kläger beantragt,

den Beitragsbescheid vom 3. April 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Dezember 2013 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 23. Oktober 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Dezember 2013 aufzuheben

sowie die Hinzuziehung seiner Prozessbevollmächtigten für die Vorverfahren Az. W029/A-01/212/6.1.1 sowie WÄnd 029/A-01/2126.1.1 für notwendig zu erklären.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die streitgegenständlichen Bescheide seien in der Fassung der Änderungsbescheide vom 23. Oktober 2013 rechtmäßig. Der Kläger sei für die Ausbaumaßnahme beitragspflichtig. Zum Zeitpunkt der (letzten) Bauabnahme am 16. November 2011 sei das Flurstück noch im Eigentum der Voreigentümerin gewesen und mit dem Flurstück 97 einheitlich genutzt worden. Das Flurstück 96 sei auch immer von der H Straße aus über das Flurstück 97 erreichbar gewesen die Grenze zwischen beiden Flurstücken verlaufe über die unbebaute Hoffläche des Grundstücks H Straße 14. Die Zerlegung im Kataster sei unbeachtlich, es komme auf die Eintragung im Grundbuch an. Unerheblich sei auch, ob der Kläger vorher Besitzer des Grundstücks geworden sei.

Maßgeblich für das Entstehen der Beitragspflicht sei die Abnahme am 16. November 2011, bei späteren Restarbeiten könne es sich lediglich um Gewährleistungen handeln.

Die Kammer hat mit Beschluss vom 23. Januar 2015 einen Antrag des Klägers auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes abgelehnt (VG 12 L 414/14). Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hat die dagegen gerichtete Beschwerde mit Beschluss vom 13. Mai 2015 zurückgewiesen (OVG 9 S 5.15).

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze, den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte und die Verwaltungsvorgänge des Beklagten (2 Hefter) sowie auf die Akten der Verfahren VG 12 L 41/13, VG 12 L 414/14, VG 12 K 2405/12 und VG 12 K 2446/12 einschließlich der jeweiligen Beiakten Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig. Sie ist auch in dem sich aus dem Tenor ergebenden Umfang begründet. Insoweit erweist sich der Bescheid vom 3. April 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Dezember 2013 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 23. Oktober 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Dezember 2013 als rechtswidrig. Im darüber hinausgehenden Umfang ist der Bescheid rechtmäßig (§ 113 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO –).

Der Bescheid beruht auf § 8 KAG i. V. m. § 1 der Straßenbaubeitragssatzung der Stadt Perleberg vom 19. Oktober 2006 (SABS alt) in der Fassung der 2. Änderung vom 5. September 2013 (SABS). Die 2. Änderung bemisst sich Rückwirkung bis zum 1. Oktober 2011 bei und ersetzt damit insoweit die vergleichbare unwirksame Regelung in der ursprünglichen Straßenbaubeitragssatzung.

Die Straßenbaubeitragssatzung in der Fassung der 2. Änderung ist eine taugliche Rechtsgrundlage für den angefochtenen Bescheid. Insbesondere ist es nicht zu beanstanden, dass der Maßstab der Abgabe in § 5 Abs. 6 c) SABS durch die 2. Änderung vom 5. September 2013 rückwirkend zulasten des Klägers geändert worden ist. Zwar ist eine rückwirkende Inkraftsetzung einer belastenden Rechtsnorm nach dem aus Artikel 20 und 28 des Grundgesetzes (GG) folgenden Rechtsstaatsprinzip nur unter eingeschränkten Voraussetzungen zulässig. Dies ist aber dann der Fall, wenn die geänderte Satzung eine unwirksame ersetzt oder eine unklare oder verworrene Regelung mit Rückwirkung ändert (BVerfG, Urteil vom 19. Dezember 1961 - 2 BvL 6/59 -, BVerfGE 13, 261, 271; vgl. auch OVG Münster, Urteil vom 17. Mai 1990 - 2 A 500/88 -, NVwZ-RR 1991, 349; Becker u.a., Kommunalabgabengesetz für das Land Brandenburg, Stand: 08/16, § 2 Rn. 153 ff., m. w. N.), denn ein schützenswertes Vertrauen in den Fortbestand einer unwirksamen oder unklaren Regelung besteht nicht. Vielmehr muss ein Bürger mit einer rückwirkenden Regelung rechnen, die es der Gemeinde ermöglicht, von der ihr durch Gesetz eingeräumten Befugnis Gebrauch zu machen, eine Abgabe zu erheben.

Die in der ursprünglichen Satzung enthaltene Regelung zum Artzuschlag, wonach jegliche - auch die geringfügigste - gewerbliche Nutzung einen grundstücksbezogenen Artzuschlag auslöste, war nicht vorteilsgerecht, weil diese Verteilungsregelung in § 5 Abs. 6 c) SABS alt gegen den allgemeinen Gleichheitssatz und das daraus folgende Gebot der Abgabengerechtigkeit nach § 8 Abs. 6 Satz 1 KAG verstieß (dazu ausführlich Beschluss der Kammer vom 29. Mai 2013 - VG 12 L 41/13 –). Dieser Fehler ist durch die 2. Änderungssatzung nunmehr behoben.

Auch die in § 4 Abs. 2 Nr. 3 SABS enthaltenen Anteilssätze der Beitragspflichtigen für eine Hauptverkehrsstraße begegnen keinen rechtlichen Bedenken. Die Festsetzung des Gemeindeanteils ist ein Akt gemeindlicher Rechtsetzung. Sie kann deshalb, wie jeder andere Gesetzgebungsakt, gerichtlich nur darauf überprüft werden, ob die Gemeinde den durch das Kommunalabgabengesetz und das dadurch begründete Vorteilsprinzip bei der Ausübung ihres ortsgesetzgeberischen Ermessens gesteckten Rahmen über- oder unterschritten hat (vgl. Driehaus, Erschließung- und Ausbaubeiträge, 9. Auflage, § 34 Rn. 8). Dieser Rahmen ist durch die Regelungen in § 4 Abs. 2 Nr. 3 SABS eingehalten. Die prozentualen Anteile der Beitragspflichtigen an dem Aufwand für den Ausbau einer Hauptverkehrsstraße stehen in einem ausgewogenen Verhältnis zum Gemeindeanteil und spiegeln den jeweiligen Vorteil angemessen wider. So entfällt bei der Fahrbahn auf die Anlieger lediglich ein Anteil von 20 v.H. . Dies erscheint gegenüber dem Anteil von 80 v.H., der wegen des Durchgangsverkehrs auf die Allgemeinheit entfällt, vorteilsgerecht.

Allerdings liegt dem angefochtenen Bescheid eine fehlerhafte Anlagenbildung zu Grunde. Entgegen der Annahme der Beklagten ist beitragspflichtige Anlage im Sinne von § 8 Abs. 1 S. 2 KAG i.V.m. § 1 SABS nicht der Verlauf der H Straße von dem Kreisverkehr bis zur H T.

Nach dem in § 1 SABS verwendeten weiten Anlagenbegriff (dazu: Becker u.a., a.a.O. § 8 Rn. 65 m.w.N.) bestimmt sich die maßgebliche Anlage allerdings grundsätzlich nach dem Bauprogramm der Kommune. Nach dem Beschluss des Hauptausschusses vom 3. April 2008 erfasst das Bauprogramm die gesamte Strecke zwischen dem Knotenpunkt H Straße (Kreisverkehr) über den Knotenpunkt mit der L bis zur H T. Die spätere Bildung von Ausbauabschnitten ändert daran nichts.

Für die Festlegung der Anlage durch das Bauprogramm ergeben sich aber Grenzen aus dem Willkürverbot (OVG für das Land Brandenburg, Urteil vom 23. März 2000 - 2 A 226/98 -, Mitt.StGBl.Bbg 2000, 213). Der Anlage muss eine erschließungsrechtliche Selbstständigkeit zukommen, so dass ein Erschließungsraum gebildet wird, der erkennbar eine Erschließungsfunktion für bestimmte Grundstücke erfüllt und der im Übrigen alle Grundstücke erfasst, denen durch die Ausbaumaßnahme annähernd gleiche Vorteile geboten werden (OVG Münster, Urteil vom 25. Januar 2005 - 15 A 5565/99 -, juris; Becker, a.a.O.). Daraus können sich Schranken für die Anlagenbildung beispielsweise durch die unterschiedliche Ausstattung der ausgebauten Straßenteile begründen (OVG Münster, Urteil vom 25. Januar 2005 - 15 A 548/03 -, juris). Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn das Bauprogramm Anlagen zusammenfasst, die nach natürlicher Betrachtungsweise selbstständig sind (VG Potsdam, Urteil vom 15. November 2013 – 12 K 112/12 –, Rn. 17, juris). Maßgebend für die Entscheidung, ob eine Straße als eine einheitliche Erschließungsanlage zu behandeln ist oder ob sie in mehrere selbständige Einheiten zerfällt, ist das Erscheinungsbild der Straße, z. B. nach Straßenführung, Straßenbreite, Straßenlänge und Straßenausstattung zum Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflicht (BVerwG, Urteile vom 21. September 1979 - 4 C 55.76 - und 7. Juni 1996 - 8 C 30.94 -, juris; Driehaus, a.a.O., § 12 Rn. 11 m. w. N. zum Erschließungsbeitragsrecht).

Gemessen daran zerfällt die ausgebaute Anlage an dem Knotenpunkt Hin zwei selbstständige Teile. Ausweislich der Ausbauplanung und der vorgelegten Fotos wird der Kraftfahrzeugverkehr von dem Kreisverkehr (Knotenpunkt mit der P Straße) in einer leichten Rechtskurve in die Lindenstraße geführt. Für einen unbefangenen Beobachter entsteht dadurch der Eindruck, dass es sich dabei ungeachtet des geänderten Straßennamens um einen einheitlichen Straßenzug handelt. Zur Weiterfahrt in den südlichen Teil der H Straße muss sich ein Verkehrsteilnehmer demgegenüber nach links einordnen um anschließend in den weiteren Verlauf der H Straße Richtung Süden einzubiegen. Auch von Süden über die H T kommende Fahrzeuge werden durch die in diesem Bereich entstandene begrünte Ausbuchtung östlich der Fahrbahn so gelenkt, dass sie nach dem Eindruck der Verkehrsteilnehmer in eine andere Straße, den Straßenzug H, einbiegen. Eine Fußgängerfurt unterstreicht den Eindruck, dass im Einmündungsbereich eine neue Straße beginnt. Demgegenüber treten die von der Beklagten angeführten Elemente, wie die einheitliche Straßenbeleuchtung und die – im Übrigen nicht sichtbare – einheitliche Regenwasserkanalisation zurück. Auch der einheitliche Name beider Teilstrecken ist ohne Bedeutung.

Der ausgebaute Teil der H Straße zerfällt aber auch deswegen in zwei selbstständige Anlagen, weil diese unterschiedliche Verkehrsfunktionen haben und damit den Anliegern unterschiedliche Vorteile bieten. Die Teilstrecke zwischen dem Kreisverkehr und der L ist, wovon die Beklagte zutreffend ausgeht, eine Hauptverkehrsstraße im Sinne von § 4 Abs. 3 Nr. 3 SABS, da sie dem durchgehenden innerörtlichen Verkehr und dem überörtlichen Durchgangsverkehr dient. Zusammen mit der Lindenstraße wird der von Norden kommende Durchgangsverkehr auf diesem Straßenzug in Richtung Süden um den Innenstadtkern herumgeführt. Die Teilstrecke der H Straße, die nach dem Knotenpunkt mit der L nach Süden führt, erschließt demgegenüber vor allem den von der S umschlossenen Innenstadtkern und ist daher als Haupterschließungsstraße im Sinne von § 4 Abs. 3 Nr. 2 SABS einzustufen. Sie dient der Erschließung von Grundstücken und gleichzeitig dem Verkehr innerhalb von im Zusammenhang bebauten Ortsteilen. Dem entspricht der Ausbau der nördlichen Strecke in der Bauklasse III, der südlichen in der Bauklasse IV. Die Satzung enthält in § 4 Abs. 2 Nr. 2 und 3 SABS für beide Straßenarten unterschiedliche Anteilssätze für die Anlieger, die die unterschiedlichen Vorteile wiedergeben.

Mit Schriftsatz vom 11. Januar 2016 hat die Beklagte eine Alternativberechnung nach Maßgabe dieser Anlagenbildung vorgelegt. Das klägerische Grundstück ist für die Teilstrecke zwischen dem Kreisverkehr und dem Knotenpunkt mit der L beitragspflichtig.

Der Ausbau dieser Teilstrecke unterliegt nach § 8 Abs. 2 KAG der Beitragspflicht. Danach sind Beiträge Geldleistungen, die dem Ersatz des Aufwands u.a. für die Erneuerung und Verbesserung öffentlicher Straßen, jedoch ohne die laufende Unterhaltung und Instandsetzung, dienen. Der grundhafte Ausbau der H Straße stellt sich jedenfalls als Erneuerung dar.

Eine Erneuerung einer (Teil-)Anlage liegt vor, wenn sie im Wesentlichen entsprechend dem Ausbauzustand wiederhergestellt wird, den sie unmittelbar nach ihrer ersten oder einer etwaigen weiteren Herstellung hatte, indem sie durch eine neue Anlage von gleicher räumlicher Ausdehnung, gleicher funktioneller Aufteilung der Fläche und gleicher Befestigungsart ersetzt wird. Eine beitragspflichtige Erneuerung setzt zum einen voraus, dass die betreffende Anlage verschlissen ist, das heißt, sich in einem schadhaften Zustand im Sinne einer Erneuerungsbedürftigkeit befindet, und zum anderen, dass die übliche Nutzungszeit abgelaufen ist, die bei bestimmungsgemäßer Nutzung und ordnungsgemäßer Unterhaltung und Instandsetzung der betreffenden Straße erfahrungsgemäß zu erwarten ist (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 31. August 2007 - 9 N 148.05 -, juris).

An den Nachweis der Erneuerungsbedürftigkeit sind allerdings desto geringere Anforderungen zu stellen, je länger die übliche Nutzungszeit überschritten ist. Hat diese Überschreitung ein erhebliches Maß angenommen, bedarf es für den Nachweis der Verschlissenheit keiner ins Einzelne gehenden Dokumentation mehr, vielmehr kann dann bereits aus dem bloßen Alter der Anlage auf deren Abgenutztheit geschlossen werden (vgl. OVG Münster, Beschluss vom 23 November 2016 - 15 A 2582/15, juris-; st. Rspr. der Kammer, vgl. Beschluss vom 20. Oktober 2009 – 12 L 672/08 -).

Nach den vorgelegten Unterlagen, insbesondere den eingereichten Fotos geht das Gericht davon aus, dass die wesentlichen Bestandteile der Straße, wie die Oberflächenbefestigung der Fahrbahn und der Gehwege, mindestens 50 Jahren alt sind. Damit war die übliche Nutzungsdauer der Straße so erheblich überschritten, dass bereits deswegen auf einen Erneuerungsbedarf geschlossen werden kann.

Die Beklagte hat den beitragsfähigen Aufwand im Sinne von § 2 SABS zutreffend ermittelt. Im Zusammenhang mit dem Kreisverkehr entstandenen Kosten sind nicht in den Aufwand eingeflossen, weil die streitgegenständliche Anlage erst an der südlichen Grenze des Kreisverkehrs beginnt. Mit der Alternativberechnung vom 11. Januar 2016 hat die Beklagte sodann den Aufwand ermittelt, der auf die hier maßgebliche nördliche Teilstrecke der vom Bauprogramm umfassten Anlage entfällt. Auch dies ist nicht zu beanstanden. Der Anteil der Beitragspflichtigen an diesem Aufwand bemisst sich nach § 4 Abs. 2 Nr. 3 SABS, da diese Teilstrecke, wie bereits ausgeführt, zutreffend als Hauptverkehrsstraße eingestuft wurde. Öffentliche Fördermittel waren § 8 Abs. 4 S. 7 KAG bei der Ermittlung der umlagefähigen Kosten nicht zu berücksichtigen.

Die in der Alternativberechnung vom 11. Januar 2016 enthaltene Verteilung des umlagefähigen Aufwands nach § 5 SABS ist nicht zu beanstanden. Dazu wird die Grundstücksfläche im Sinne von § 5 Abs. 2 SABS mit einem Vomhundertsatz entsprechend der Bebauung gemäß § 5 Abs. 3 SABS vervielfacht. Nach § 5 Abs. 5 a SABS ergibt sich dafür die Zahl der maßgeblichen Vollgeschosse bei bebauten Grundstücken im unbeplanten Innenbereich – wie hier – aus der Höchstzahl der tatsächlich vorhandenen Vollgeschosse. Überschreitet die nach der näheren Umgebung (§ 34 BauGB) zulässige Zahl der Vollgeschosse die auf dem Grundstück tatsächlich vorhandenen Zahl der Vollgeschosse, so ist die zulässige Vollgeschosszahl maßgeblich. Dies hat die Beklagte berücksichtigt. Nach der Umgebungsbebauung überwiegt eine zweigeschossige Bebauung. Auch bei geringer bebauten Grundstücken waren daher zwei Vollgeschossen zu Grunde zu legen. Bei vier Grundstücken im Abrechnungsgebiet, deren Vollgeschosszahl darüber hinausreicht, wurde diese höhere Zahl zur Anwendung gebracht.

Auch der Kläger unterliegt entgegen seiner Ansicht mit dem in seinem Eigentum stehenden Flurstück 96 der Flur 4 der Beitragspflicht für den Ausbau der H Straße.

Nach § 3 Abs. 1 SABS ist derjenige beitragspflichtig, der im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Beitragsbescheides Eigentümer des Grundstücks ist. Dies war der Kläger, denn er ist am 25. Januar 2012 als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen worden. Der Beitragsbescheid ist ihm in seiner Ursprungsfassung nach dem 3. April 2013 bekannt gegeben worden.

Das klägerische Grundstück ist auch gem. § 8 Abs. 2 S. 2 KAG von der sachlichen Beitragspflicht erfasst, obwohl es zum Zeitpunkt des Entstehens der persönlichen Beitragspflicht keine rechtlich gesicherte Zugangs- bzw. Zufahrtsmöglichkeit zu der H Straße besessen haben dürfte, denn die sachliche Beitragspflicht für dieses Grundstück ist bereits früher entstanden. Die sachliche und die persönliche Beitragspflicht entstehen zu unterschiedlichen Zeitpunkten. Die Bekanntgabe des Beitragsbescheides hat nur Bedeutung für die Ermittlung der Person des Beitragsschuldners, ist aber ohne Einfluss auf Grund und Höhe der bereits in einem früheren Zeitpunkt kraft Gesetzes gegenüber einem bestimmten, wenn auch noch nicht ermittelten Beitragsschuldner entstandenen und als öffentlicher Last auf dem Grundstück ruhenden gemeindlichen Beitragsforderung (Driehaus, a. a. O., § 19 Rn. 22, § 24 Rn. 20, jeweils m. w. N.).

Die sachliche Beitragspflicht ist am 16. November 2011 entstanden. Nach § 8 Abs. 7 S. 1 KAG entsteht die Beitragspflicht mit der endgültigen Herstellung der Einrichtung oder Anlage. Maßgebend ist dafür die förmliche Abnahme durch die Kommune (§ 640 Abs. 1 BGB, § 12 VOB/B). Diese bildet nicht nur ein Indiz, sondern im Interesse der Rechtssicherheit einen Fixpunkt für das Entstehen der sachlichen Beitragspflicht (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 13. Mai 2015 - OVG 9 S 5.15 -; OVG für das Land Brandenburg, Urteil vom 23. März 2000, - 2 A 226/98 -, Mitt.StGBl.Bbg 2000, 213; Dietzel/Kallerhoff, a.a.O. Rn. 326 ff., m.w.N.). Dabei würden vorhandene und im Abnahmeprotokoll gerügte Mängel die Abnahme nicht ausschließen und dementsprechend auch nicht den Eintritt ihrer beitragsrechtlichen Folgen hindern. Die letzte Abnahme nach der VOB/B für die Pflanzleistungen fand am 16. November 2011 ohne Mängel statt. Ob zu einem späteren Zeitpunkt Restarbeiten erfolgt sind und ob dies im Rahmen der Gewährleistung geschah, ist ohne Belang. Es kommt auch nicht darauf an, ob an der R Straße oder im Bereich des Kreisels noch im Jahr 2012 Arbeiten ausgeführt wurden. Dies würde das Entstehen der Beitragspflicht ohnehin nicht hindern, da sie außerhalb der hier maßgeblichen Anlage durchgeführt worden wären.

Nach § 5 Abs. 1 S. 1 SABS i.V.m. § 8 Abs. 2 S. 2 KAG wird der beitragspflichtige Aufwand auf die durch die Anlage erschlossenen Grundstücke nach den Grundstücksflächen verteilt wird. Dies bedeutet, dass die Grundstücke, denen die hergestellte Anlage im Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflicht einen (Erschließung-) Vorteil vermittelt, an der Verteilung des umlagefähigen Aufwands teilnehmen. Wird ein solches erschlossenes Grundstück später, d.h. nach dem Entstehen der sachlichen Beitragspflicht, geteilt, ist das für die Beitragspflicht der beiden (Teil-) Grundstücke unerheblich. Derjenige, der im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Beitragsbescheides Eigentümer des Grundstücks ist, ist zur Zahlung des auf dieses Grundstück entfallenden Beitrages selbst dann verpflichtet ist, wenn es im Zeitpunkt der Heranziehung nicht mehr durch die abgerechnete Anlage erschlossen wird und deswegen nicht – mehr – der sachlichen Beitragspflicht unterliegen würde.

Das für die Ermittlung des Sondervorteils nach § 8 Abs. 2 Satz 2 KAG maßgebliche Grundstück ist dabei ein wirtschaftliches. Dies ist die durch die beitragsfähige Maßnahme selbstständig bevorteilte Fläche, die demselben Eigentümer gehört (vgl. OVG für das Land Brandenburg, Urteil vom 26. September 2002 – 2 D 9/02.NE –, juris; OVG Berlin-Brandenburg, Urteile vom 14. November 2013 – OVG 9 B 35.12 –, juris und 19. Februar 2014 – OVG 9 B 5.11 –, juris). Bei baulich oder gewerblich nutzbaren Grundstücken ist das die Fläche, die selbständig baulich oder gewerblich genutzt werden kann. Dieses "Baugrundstück" entspricht regelmäßig der Fläche des Buchgrundstücks (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 20. März 2014 – OVG 9 N 5.11 –, juris). Dies ist ein solcher Teil der Erdoberfläche, der auf einem besonderen Grundbuchblatt oder auf einem gemeinschaftlichen Grundbuchblatt unter einer eigenen Nummer im Verzeichnis der Grundstücke gebucht ist, so dass ein Grundstück auch aus mehreren Flurstücken bestehen kann (BVerwG, Urteil vom 1. April 1981 – 8 C 5.81 -, juris). Es kommt also sowohl für das Entstehen der Beitragspflicht als auch für den Eigentumsübergang auf die Eintragung im Grundbuch an (§ 873 Abs. 1 BGB). Zum Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflicht waren die zerlegten Flurstücke noch nicht im Grundbuch verzeichnet. Auch der Übergang des Eigentums für das Flurstück 96 auf den Kläger war noch nicht eingetragen. Es ist also unerheblich, dass das Flurstück 96 der Flur 4 zuvor durch notariellen Vertrag an den Kläger aufgelassen worden war und dass er dieses nach seinem Vortrag sodann in Besitz genommen hatte. Unerheblich ist auch, dass die Zerlegung des vormaligen Flurstücks 46/5 der Flur 4, welches insgesamt im Eigentum der Ehefrau des Klägers, Frau F P, stand, bereits am 12. Juli 2011 und damit vor Entstehen der sachlichen Beitragspflicht in das Liegenschaftskataster eingetragen wurde, denn die Beitragspflicht bemisst sich nicht nach den im Kataster verzeichneten Flurstücken, sondern nach Grundstücken.

Das Flurstück 96 der Flur 4 wäre nur dann nicht von der sachlichen Beitragspflicht für den Ausbau der Hamburger Straße erfasst, wenn es zum Zeitpunkt der Bauabnahme abweichend von den im Grundbuch eingetragenen Rechtsverhältnissen ein eigenständiges wirtschaftliches Grundstück gebildet hätte, die Aufteilung in zwei Flurstücke also eine vorhandene Grundstückssituation lediglich nachgezeichnet hätte. Das ist aber nicht der Fall.

Nach der Darstellung der Beteiligten wurde das auf dem heutigen Flurstück 97 stehende Gebäude zunächst als Wohnhaus und Gaststätte genutzt. Die zugehörigen Nebenanlagen, wie Waschhaus, Stallungen, Lager und Werkstatt und der Garten, befanden sich auf dem heutigen Flurstück 96. Später wurde bis nach 1990 auf dem gesamten Grundstück durch die "Konsumgenossenschaft Kreis P" eine Gaststätte betrieben. Die hinteren Nebengebäude wurden von diesem Betrieb genutzt. Auch nach Aufgabe dieser Nutzung hat sich auf den später gebildeten Flurstücken keine solche eigenständige Nutzung entwickelt, die den Schluss rechtfertigt, es handele sich hier um zwei (wirtschaftlich) selbstständige Grundstücke. Eine solche Annahme scheidet schon deswegen aus, weil die Grenze zwischen den Flurstücken 96 und 97 zum Zeitpunkt der Bauabnahme über die offene Hoffläche zwischen dem Gebäude an der H Straße und den hinteren Nebengebäuden verlief, ohne dass eine Abgrenzung der Flächen gegeneinander in der Örtlichkeit erkennbar gewesen wäre. Dass neu gebildete Flurstück 96 war von der H Straße aus für Fußgänger und Kraftfahrzeuge erreichbar. Hindernisse tatsächlicher Art bestanden nicht. Auch rechtlich war infolge des einheitlichen Eigentums die Zugänglichkeit gesichert. Dass der zur S gelegene hintere Grundstücksteil durch den Bauriegel der Nebengebäude nicht mit Fahrzeugen zu erreichen war, ist unbeachtlich, da jedenfalls die vordere Fläche des Flurstücks 96 angefahren werden konnte.

Das Flurstück 96 bildete zum Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflicht aber auch nicht deswegen ein eigenes wirtschaftliches Grundstück, weil der Kläger darauf ein vertragliches Anwartschaftsrecht erworben hatte. Anders als bei der Heranziehung von Hinterliegergrundstücken (dazu OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 1. August 2005 - OVG 9 S 2.05 -, juris und BVerwG, Urteil vom 8. Mai 2012 – 9 C 5/01 -, juris, zum Erschließungsbeitragsrecht) kommt es für das Entstehen der sachlichen Beitragspflicht nicht darauf an, ob der wirtschaftliche Vorteil der Erschließung zum Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflicht für alle Teilflächen des Buchgrundstücks dauerhaft gesichert war, ob also beispielsweise ein Anwartschaftsrecht eines Dritten auf Erwerb einer Teilfläche bestand (offen gelassen: Beschluss des OVG Berlin-Brandenburg vom 13. Mai 2015 – OVG 9 S 5.15 –, juris; s. auch Becker, a.a.O. § 8 Rn. 148). Beide Sachverhalte unterscheiden sich grundlegend.

Bei Hinterliegergrundstücken, die eine eigenen Erschließung besitzen, stellt die Heranziehung zu Beiträgen für den Ausbau einer Straße, an der sie nicht unmittelbar anliegen und auf die sie nicht angewiesen sind, eine rechtfertigungsbedürftige Ausnahme dar (Driehaus, a.a.O. § 17 Rn. 96 ff., § 35 Rn. 24). Sie ist nur dann gerechtfertigt, wenn die weitere Erschließung tatsächlich besteht und rechtlich gesichert ist. Demgegenüber ist ein mehrfach erschlossenes - wirtschaftliches - Grundstück grundsätzlich für den Ausbau jeder Straße beitragspflichtig, denn alle diese Straßen vermitteln dem Grundstück einen wirtschaftlichen Vorteil (vgl. Driehaus, a.a.O. § 17 Rn. 105). Einer rechtlichen Sicherung der Erschließung aller Grundstücksteile bedarf es nicht. Schon kann es hier auf die Dauerhaftigkeit des Eigentums nicht ankommen.

Aber auch aus Gründen der Rechtssicherheit ist nicht darauf abzustellen, ob im Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflicht die Möglichkeit besteht, dass der wirtschaftliche Vorteil durch die Ausbaumaßnahme für Teilflächen zu einem späteren Zeitpunkt entfällt. Da mit der Bauabnahme nicht nur die Beitragspflicht, sondern nach § 8 Abs. 10 KAG auch die öffentliche Last auf dem Grundstück unveränderbar entsteht, bedarf es eindeutiger Kriterien für die Bestimmung des beitragspflichtigen Grundstücks. Dies ist allein das aus dem Grundbuch ersichtliche Eigentum zu diesem Zeitpunkt (Dietzel/Kallerhoff, a.a.O. Rn. 312 ff.) oder zumindest eine eindeutige Zuordnung der Flächen nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Dafür reicht es nicht aus, dass ein Käufer einen realisierbaren Anspruch auf Übertragung des Eigentums an einer Teilfläche des Grundstücks erworben hat, denn dadurch verliert der bisherige Eigentümer nicht sein insoweit maßgebliches Eigentumsrecht (vgl. OVG Münster, Beschluss vom 20. Juli 2012 – 15 A 2618.11 -, juris, zur Hinterliegersituation).

Damit kommt es auch nicht darauf an, ob die Zerlegung und Veräußerung der hinteren Teilfläche des vormaligen Flurstücks 46/5 der Flur 4 nach § 12 Abs. 1 Nr. 2 b KAG i.V.m. § 42 Abgabenordnung (AO) unbeachtlich wäre.

Nach der mithin anzuwendenden Alternativberechnung entfällt auf das klägerische Grundstück ein Beitrag von 8.321,08 €, was zu einer Reduzierung gegenüber dem Änderungsbescheid vom 23. Oktober 2013 um 2.032,00 € führt. Insoweit war der Klage stattzugeben.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Danach waren die Kosten entsprechend dem Unterliegen bzw. Obsiegen zu teilen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11 Zivilprozessordnung.

Die Zuziehung des Prozessbevollmächtigten des Klägers in den Widerspruchsverfahren war für notwendig zu erklären, weil es dem Kläger nicht zuzumuten war, die Widerspruchsverfahren ohne anwaltliche Hilfe zu führen (§ 162 Abs. 2 S. 1 VwGO).

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 10.353,29 € festgesetzt.

Gründe:

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 3 des Gerichtskostengesetzes.