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Entscheidung 10 Ta 2453/11


Metadaten

Gericht LArbG Berlin-Brandenburg 10. Kammer Entscheidungsdatum 30.12.2011
Aktenzeichen 10 Ta 2453/11 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 148 ZPO, § 97 Abs 5 ArbGG

Leitsatz

Auch wenn erst für einen späteren Zeitraum die Tarifunfähigkeit einer Vereinigung festgestellt ist, bedarf es keiner Aussetzung des Rechtsstreits, wenn keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der vorhergehende Zeitraum anders zu beurteilen ist.

Tenor

I. Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 7. November 2011 - 53 Ca 14043/11 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

II. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.

Die Klägerin hat mit ihrer am 30. Dezember 2010 eingegangenen Klage vor dem Arbeitsgericht Berlin ihren Anspruch auf den Stammbeschäftigten entsprechende Vergütung einschließlich Urlaubsgeld nach § 10 Abs. 4 AÜG für die Zeit vom 1. Januar 2007 bis 31. August 2007 im Umfang von zuletzt insgesamt 10.637,64 EUR brutto nebst Zinsen geltend gemacht.

Nachdem auf einen Antrag der Beklagten vom 14. Januar 2011 auf Aussetzung des Verfahrens zunächst die Entscheidungsgründe des Urteils des Bundesarbeitsgerichtes vom 14. Dezember 2010 im Verfahren 1 ABR 19/10 abgewartet worden waren, wiederholte die Beklagte ihren Aussetzungsantrag unter dem 10.10.2011.

Mit Beschluss vom 7. November 2011 hat das Arbeitsgericht den Antrag zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass zwar das Bundesarbeitsgericht im Verfahren 1 ABR 19/10 allein gegenwartsbezogen über die fehlende Tariffähigkeit der Ch. Gewerkschaft Z. (CGZP) entschieden habe, ohne diese Frage für das hier relevante Jahr 2007 zu klären. Allerdings habe das Bundesarbeitsgericht die fehlende Tariffähigkeit auf Satzungsmängel gestützt, so dass sich die Entscheidung zumindest materiell auf sämtliche Tarifverträge erstrecke, die unter der Geltung solcher Satzungsmängel abgeschlossenen worden seien. Insofern bestehe nicht die für eine Aussetzung notwendige Unsicherheit der Wirksamkeit eines jeden Tarifvertrages, die ein jeweils gesondertes Verfahren nach § 97 ArbGG verlangen würde. Da die Satzung, soweit relevant, seit dem 5. Dezember 2005 unverändert sei, käme deshalb eine Aussetzung nicht in Betracht.

Gegen diesen der Beklagten am 11. November 2011 zugestellten Beschluss legte diese am 24. November 2011 sofortige Beschwerde ein. Zur Begründung führt die Beklagte aus, dass eine formelle gerichtliche Entscheidung der Tariffähigkeit der CGZP vor dem 14. Dezember 2010 - jedenfalls rechtskräftig - nicht vorliege. Nur die Aussetzung der einzelnen Rechtsstreitigkeiten könne divergierende Entscheidungen über die Tariffähigkeit der CGZP vermeiden. Die maßgebliche Kompetenzzuweisung des § 97 Abs. 5 ArbGG gebiete ebenfalls die Aussetzung. Denn nur in jenem Verfahren sei die CGZP selbst beteiligt und könne ihre Position darlegen.

Die Klägerin hat sich auf eine Wiederholung ihres bisherigen erstinstanzlichen Vorbringens, bei dem sie bereits ausgeführt hatte, dass es keine Zweifel an der Tarifunfähigkeit der CGZP auch im hier relevanten streitigen Zeitraum gebe und insofern eine Aussetzung des Rechtsstreits nicht zu erfolgen habe.

II.

Einer Aussetzung des Rechtsstreits nach § 97 Abs. 5 ArbGG bis zu einer Erledigung des Beschlussverfahrens über die Tariffähigkeit der CGZP im Jahre 2007 bedarf es nicht. Zutreffend hat das Arbeitsgericht in dem angefochtenen Beschluss die Aussetzung des Verfahrens abgelehnt, weil nach den Entscheidungsgründen des Bundesarbeitsgerichts im Beschluss vom 14. Dezember 2010 (1 ABR 19/10) zweifelsfrei feststeht, dass die CGZP auch für das Jahr 2007 keine wirksamen Tarifverträge abschließen konnte. Die im Tatbestand der in Bezug genommenen Entscheidung des BAG vom 14.12.2010 – 1 ABR 19/10 – wiedergegebene Satzung der Gewerkschaft CGZP vom 5. Dezember 2005 ist durch alle nachfolgenden Satzungsänderungen unberührt geblieben. Demgemäß beziehen sich die tragenden Erwägungen des BAG im Rahmen der angezogenen Entscheidung vom 14. Dezember 2010 – 1 ABR 19/10 -, die die fehlende Gewerkschaftseigenschaft der CGZP und ihre mangelnde Tariffähigkeit begründet hat, sowohl in innerlicher als auch in zeitlicher Hinsicht ohne weiteres auf die Satzungslage, wie sie bereits seit dem 5. Dezember 2005 bestanden hat (so auch LAG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 2. November 2011 - 4 Ta 130/11).

Auch wenn die formelle Rechtskraft der Entscheidung des BAG vom 14. Dezember 2010 nicht das Jahr 2007 betrifft, folgt daraus in Übereinstimmung mit dem Urteil des LAG Hamm vom 30. Juni 2011 (8 Sa 387/11) keine Notwendigkeit zur Aussetzung des vorliegenden Rechtsstreits. Wurde die Tarifunfähigkeit nämlich bereits einmal festgestellt, bedarf es auch dann keiner Aussetzung des Rechtsstreits, wenn keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Tariffähigkeit vorher bestanden haben könnte (BAG, Urteil vom 15. November 2006 – 10 AZR 665/05, LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 20. September 2011 - 7 Sa 1318/11). Solche Anhaltspunke liegen hier, wie zuvor ausgeführt, nicht vor.

III.

Die Rechtsbeschwerde war nach §§ 78 Satz 2, 72 Abs. 2 ArbGG zuzulassen, da zur Frage der Aussetzung im Zusammenhang mit Verfahren um Tarifverträge der CGZP zahlreiche divergierende Entscheidungen der Arbeits- und Landesarbeitsgerichte bestehe und eine diesbezügliche höchstrichterliche Rechtsprechung bisher nicht besteht.