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Besuchsvisum; Kuba; begründete Zweifel an der Rückkehrabsicht; mit deutschem Ehemann verheiratete Antragstellerin; deutsche Sprachkenntnisse; Umgehung der Nachzugsvoraussetzungen; Ehegattennachzug


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 2. Senat Entscheidungsdatum 14.10.2014
Aktenzeichen OVG 2 B 11.13 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 113 Abs 1 VwGO, § 113 Abs 5 VwGO, Art 2 Nr 3 EGV 810/2009, Art 2 Nr 4 EGV 810/2009, Art 4 EGV 810/2009, Art 21 EGV 810/2009, Art 24 EGV 810/2009, Art 25 EGV 810/2009, Art 32 Abs 1b EGV 810/2009, § 6 Abs 1 Nr 1 AufenthG, § 6 Abs 2 AufenthG, § 28 Abs 1 S 5 AufenthG, § 30 Abs 1 S 1 Nr 2 AufenthG, Art 6 GG, Art 8 MRK, Art 7 EUGrdRCh

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Kläger begehren die Erteilung eines Schengen-Visums an die Klägerin.

Die Klägerin ist kubanische Staatsangehörige. Sie ist seit 2009 mit dem 1937 geborenen Kläger verheiratet, der deutscher Staatsangehöriger ist. Am 22. Januar 2010 beantragte sie bei der Botschaft der Beklagten in Havanna die Erteilung eines Visums für einen Besuchsaufenthalt in Deutschland vom 1. bis zum 28. Februar 2010. Die Botschaft lehnte den Antrag mit Bescheid vom 25. Januar 2010 und Remonstrationsbescheid vom 28. Januar 2010 ab. Dies wurde in dem Remonstrationsbescheid damit begründet, es bestehe die hinreichende Wahrscheinlichkeit, dass die Klägerin nach Ablauf der Gültigkeit des beantragten Visums die Bundesrepublik nicht wieder verlassen werde. Die Botschaft habe aus ihren Angaben in dem Antrag und ihren Auskünften im Rahmen einer Befragung geschlossen, dass sie über keine hinreichende Verwurzelung im Heimatland verfüge und somit keine ausreichende Gewähr für die Rückkehrbereitschaft gegeben sei.

Auf den dem Kläger am 20. Februar 2010 übersandten Remonstrationsbescheid haben die Kläger am 4. März 2010 Klage erhoben. Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit den Klägern am 11. Februar und der Beklagten am 14. Februar 2011 zugestelltem Urteil abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin habe keinen Anspruch auf die Erteilung des begehrten Visums, da bei der nach Art. 21 Abs. 1 Visakodex i.V.m. Art. 32 Abs. 1 Buchst. b Visakodex gebotenen Risikobewertung begründete Zweifel an ihrer Rückkehrbereitschaft bestünden, womit eine Gefahr für die öffentliche Ordnung im Sinne von Art. 5 Abs. 1 Buchst. e Schengener Grenzkodex vorliege. Im August 2012 stellte die Klägerin einen weiteren Visumsantrag für einen Aufenthalt von 90 Tagen, den die Botschaft Havanna mit Bescheid vom 14. August 2012 ablehnte.

Die Kläger haben zur Begründung ihrer vom Senat zugelassenen Berufung im Wesentlichen ausgeführt, das Verwaltungsgericht habe die Rückkehrbereitschaft der Klägerin zu Unrecht verneint. Sie lebe in Kuba am Rande der Stadt Mayari in Nachbarschaft mit ihrer aus einer Großmutter, Geschwistern und zahlreichen Tanten und Onkeln bestehenden Familie. Sie sei als Kleinbäuerin und Friseurin tätig und nehme seit dem Tod ihres Vaters, u.a. bedingt durch die Zuwendungen, die sie von ihrem Ehemann erhalte, faktisch die Rolle eines Familienoberhaupts ein. Sie sei fest in Kuba verwurzelt und dauerhaft an ihre Familie gebunden, die angesichts der schwierigen wirtschaftlichen Verhältnisse in Kuba auf gegenseitige Unterstützung angewiesen sei. Der Kläger sei Archäologe. Er sei im Jahre 2006 zu Ausgrabungen nach Kuba gekommen und habe dort die Klägerin kennengelernt. Sie hätten im Jahre 2009 geheiratet. Dass die Klägerin dauerhaft nach Deutschland ziehe, sei nicht beabsichtigt. Der Besuchsaufenthalt solle dazu dienen, die deutsche Kultur und die Kinder des Klägers kennenzulernen sowie Deutsch zu lernen, um vorsorglich die Voraussetzungen zu schaffen, falls später doch ein Antrag auf Familienzusammenführung gestellt werden sollte. In Kuba könnte die Klägerin nur unter schwierigsten Umständen Deutsch lernen. Sie lebe in einer ländlichen Gegend, in der es keine entsprechenden Bildungseinrichtungen gebe. Das nächstgelegene Goethe-Institut in Havanna sei ca. 800 km, die nächstgrößere Stadt Holguin sei drei bis vier Autostunden entfernt. Die Ehe werde derzeit so praktiziert, dass der Kläger mehrmals im Jahr nach Kuba reise. Aus gesundheitlichen Gründen werde es ihm, da er an Frakturen im Bereich der Wirbelsäule und Rückenschmerzen leide, die während längerer Flüge zunehmend unerträglich würden, nicht mehr möglich sein, seine Ehefrau in Kuba zu besuchen. Für deren Rückkehrbereitschaft spreche weiter, dass sie den überwiegenden Teil der von dem Kläger geleisteten Unterhaltszahlungen angespart habe. Bei einer Höhe der Zahlungen von durchschnittlich 400 Euro pro Monat ergebe sich unter Berücksichtigung des durchschnittlichen Einkommens eines Kubaners von 15 Euro ein Sparguthaben in Höhe von 21.560 Euro. Mit diesem Betrag könnte die Klägerin ihr restliches Leben in Kuba in finanzieller Sorglosigkeit verbringen. Zudem seien die Kläger bereit, Sicherheiten für eine rechtzeitige Ausreise zu stellen, etwa durch Vorlage eines Rückflugtickets oder Hinterlegung des Reisepasses der Klägerin sowie ggf. einer Kaution.

Die Kläger beantragen sinngemäß,

das ihnen am 11. Februar 2011 und der Beklagten am 14. Februar 2011 zugestellte Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Remonstrationsbescheides der Botschaft Havanna vom 28. Januar 2010 zu verpflichten, der Klägerin ein Schengen-Visum zu erteilen.

Die Beklagte beantragt sinngemäß,

die Berufung zurückzuweisen

Sie macht geltend, es bestünden begründete Zweifel an der Absicht der Klägerin, das Hoheitsgebiet der Schengen-Staaten mit Ablauf der Gültigkeitsdauer des Besuchsvisums zu verlassen. Vielmehr lägen konkrete Anhaltspunkte für die Annahme vor, die Klägerin werde das Visum für einen dauerhaften Aufenthalt in Deutschland ausnutzen und somit die Voraussetzungen für eine Familienzusammenführung zu umgehen. Die Klägerin sei in Kuba nicht wirtschaftlich verwurzelt, sondern werde von dem Kläger unterstützt. Familiär bestehe wegen der Ehe mit dem Kläger eine stärkere Bindung in Deutschland als in ihrem Heimatland. Auch die Tatsache, dass sich der Gesundheitszustand des Klägers verschlechtert habe und er nicht mehr mit der gleichen Regelmäßigkeit nach Kuba werde reisen können, spreche dafür, dass ein dauerhafter Verbleib der Klägerin in Deutschland beabsichtigt sei. Bei der gebotenen Prognose komme der Beklagten nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ein weiter Beurteilungsspielraum zu. Die richterliche Kontrolle beschränke sich darauf, ob die zuständigen Behörden auf einer fehlerhaften Tatsachengrundlage bzw. willkürlich oder außerhalb ihres vom Visakodex eingeräumten Beurteilungsspielraums gehandelt hätten. Derartige Beurteilungsfehler lägen jedoch nicht vor.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Streitakten und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten (2 Hefte) verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Entscheidung ergeht ohne mündliche Verhandlung durch den Berichterstatter anstelle des Senats, nachdem sich die Beteiligten mit dieser Verfahrensweise einverstanden erklärt haben (§ 87 a Abs. 2 und 3, § 101 Abs. 2 VwGO).

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Die Kläger können weder die Erteilung eines Schengen-Visums an die Klägerin noch eine erneute Entscheidung der Beklagten über den mit der Klage weiter verfolgten Visumsantrag beanspruchen (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 VwGO).

Das Verfahren und die Voraussetzungen für die Erteilung von Visa für Kurzaufenthalte werden durch den Visakodex geregelt (Verordnung <EG> Nr. 810/2009 vom 13. Juli 2009 über einen Visakodex der Gemeinschaft, ABl. L 243, S. 1, zuletzt geändert durch Verordnung vom 26. Juni 2013, ABl. L 182, S. 1, ber. ABl. L 154, S. 10). Dieser ist als Verordnung nach Art. 288 AEUV u.a. in Deutschland unmittelbar verbindlich. Die das Schengen-Visum betreffenden Vorschriften in § 6 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 AufenthG (Aufenthaltsgesetz i.d.F.d.Bek. vom 25. Februar 2008, BGBl. I S. 162, zuletzt geändert durch Art. 3 des Gesetzes vom 6. September 2013, BGBl. I S. 3556) haben demgegenüber keine eigenständige Bedeutung.

Maßgeblich für die Beurteilung der Klage ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung im Berufungsverfahren (vgl. m.w.N. Urteil des Senats vom 27. Februar 2014 – OVG 2 B 12.12 –, juris Rn. 17). Danach ist die Versagung des beantragten Visums nicht zu beanstanden, denn es liegen weder die tatbestandlichen Voraussetzungen eines für das gesamte Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten gültigen einheitlichen Visums (Art. 2 Nr. 3, Art. 24 Visakodex) noch die eines Visums mit räumlich beschränkter Gültigkeit (Art. 2 Nr. 4, Art. 25 Visakodex) für die Bundesrepublik Deutschland vor.

1. Die Erteilung eines einheitlichen Visums (Art. 2 Nr. 3, Art. 24 Visakodex) kommt nach Art. 32 Abs. 1 Buchst. b Visakodex nicht in Betracht, wenn begründete Zweifel an der Absicht des Antragstellers bestehen, das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten vor Ablauf der Gültigkeit des beantragten Visums zu verlassen. Nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 19. Dezember 2013 – C-84/12 – (juris) verlangt diese Bestimmung von den zuständigen Behörden nicht, Gewissheit zu erlangen, ob der Antragsteller beabsichtigt, das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten vor Ablauf der Gültigkeit des beantragten Visums zu verlassen oder nicht. Sie haben vielmehr festzustellen, ob begründete Zweifel an dieser Absicht bestehen. Zu diesem Zweck müssen die zuständigen Behörden eine individuelle Prüfung des Antrags vornehmen, die zum einen die allgemeinen Verhältnisse im Wohnsitzstaat des Antragstellers und zum anderen die persönlichen Umstände des Antragstellers, insbesondere seine familiäre, soziale und wirtschaftliche Situation, etwaige frühere rechtmäßige oder rechtswidrige Aufenthalte in einem Mitgliedstaat sowie seine Bindungen im Wohnsitzstaat und in den Mitgliedstaaten, berücksichtigt. Wie Art. 21 Abs. 1 des Visakodex klarstellt, ist dabei insbesondere das Risiko der rechtswidrigen Einwanderung zu beurteilen, das, wenn es erwiesen ist, die zuständigen Behörden verpflichtet, unter Berufung auf begründete Zweifel an der Absicht des Antragstellers, das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten vor Ablauf der Gültigkeit des beantragten Visums zu verlassen, das Visum zu verweigern. Weiter betont der Europäische Gerichtshof in der genannten Entscheidung, dass es nach Art. 14 Abs. 1 Buchst. d des Visakodex dem Antragsteller obliegt, bei der Beantragung eines einheitlichen Visums Angaben vorzulegen, anhand deren seine Absicht beurteilt werden kann, das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten vor Ablauf der Gültigkeitsdauer des beantragten Visums zu verlassen. Folglich ist es Sache des Visumantragstellers, geeignete Angaben – deren Glaubhaftigkeit durch sachdienliche und vertrauenswürdige Unterlagen nachzuweisen ist – zu machen, um die Zweifel an seiner Absicht, das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten vor Ablauf der Gültigkeitsdauer des beantragten Visums zu verlassen, zu entkräften, die u.a. durch die allgemeinen Verhältnisse in seinem Wohnsitzstaat oder allgemein bekannte Migrationsbewegungen zwischen diesem Staat und den Mitgliedstaaten ausgelöst werden können (vgl. zum Ganzen EuGH, Urteil vom 19. Dezember 2013, a.a.O., Rn. 64 ff.).

Hieran gemessen bestehen begründete Zweifel an der Bereitschaft der Klägerin, rechtzeitig vor Ablauf des Visums wieder auszureisen. Dies ergibt sich bereits aus den von den Klägern dargelegten schwierigen Lebensbedingungen in Kuba. Die Kläger haben für die wirtschaftliche und familiäre Situation der Klägerin auf eine bereits im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegte Darstellung des Klägers Bezug genommen. Danach seien die Auswirkungen der fundamentalen ökonomischen Krise, in der sich Kuba befinde, in der Provinz stärker spürbar als in großen Städten. Die Lebensumstände der in einer ländlichen Kleinstadt lebenden Familie der Klägerin seien durch einen alltäglichen Überlebenskampf gekennzeichnet. Der Kläger erklärt dies mit einer schwierigen Versorgungslage, in der es notwendig sei, Nahrungsmittel im Rahmen der Schattenwirtschaft zu beschaffen und beispielsweise Bedarfsgegenstände wie Zahnpasta, Eisschränke oder Kleidung teurer als in Deutschland mit Devisen zu bezahlen. Er legt dar, dass Familienangehörige wie ein Onkel oder der Bruder der Klägerin nur zu einem geringen Verdienst beschäftigt seien. Andere wie ihre Tanten mit Anhang seien arbeitslos geworden und könnten von den Lebensmittelkarten nicht leben. Für die Großmutter der Klägerin müsse ein Pfleger bezahlt werden. Dass die Klägerin in ihrer Heimat aufgrund einer Erwerbstätigkeit in einer Weise abgesichert wäre, die eine Rückkehrabsicht belegen könnte, ist nicht erkennbar. Soweit sie geltend macht, als Kleinbäuerin tätig zu sein und Felder zu besitzen, die für die Versorgung ihrer Familie von großer Bedeutung seien, gibt der Kläger selbst an, die Bewirtschaftung des Areals um ihr Haus werfe zu wenig ab, um über die Runden zu kommen. Ebenso wenig ist belegt, dass die Klägerin aus ihrer Tätigkeit als Friseurin ein nennenswertes Einkommen erzielt. Aus den Angaben des Klägers geht vielmehr hervor, dass die Klägerin und ihre Familie auf die von ihm geleisteten Unterhaltszahlungen angewiesen sind. Familiäre Bindungen, die eine andere Beurteilung der Rückkehrwahrscheinlichkeit rechtfertigen könnten, sind ebenfalls nicht nachgewiesen. Zwar sprechen die Angaben der Kläger dafür, dass die Klägerin in enger Verbundenheit mit ihrer aus Geschwistern, einer Großmutter sowie Tanten und Onkeln bestehenden Großfamilie lebt, deren Zusammenhalt von großer Bedeutung ist, um die schwierigen Lebensverhältnisse zu meistern. Soweit die Klägerin geltend macht, ihr sei nach dem Tod ihres Vaters als ältester Tochter, bedingt durch ihr Organisationsgeschick sowie die Heirat mit dem Kläger und dessen monatliche Zuwendungen die Rolle des faktischen Familienoberhaupts zugefallen, ist damit nicht belegt, dass sich die Familie im Falle ihrer Abwesenheit nicht anders organisieren könnte. Vor allem ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin über eine enge Bindung zu ihrem Ehemann in Deutschland verfügt. Zu Recht hebt die Beklagte hervor, dass der Kläger unter Berufung auf ein ärztliches Attest im Berufungsverfahren zuletzt vorgetragen hat, er könne aufgrund von Frakturen im Bereich der Wirbelsäule und wegen starker Rückenschmerzen keine längeren Flüge mehr auf sich nehmen. In Verbindung mit dem weiteren Vorbringen, er sei seit vielen Jahren auf eine kontinuierliche Behandlung seines Tumorleidens in Deutschland angewiesen und könne deshalb nicht für längere Zeit in Kuba leben, stellt dies einen naheliegenden Grund dafür dar, einen Besuchsaufenthalt zum Anlass für eine dauerhafte Übersiedlung der Klägerin nach Deutschland zu nehmen. Das frühere Argument, es bestehe keine Notwendigkeit, die Voraussetzungen für eine Familienzusammenführung zu umgehen, weil die Eheleute es sich leisten könnten, zwischen Kuba und Deutschland hin und her zu pendeln, ist damit überholt. Ebenso wenig rechtfertigt die Angabe, die Klägerin habe den größten Teil der von ihrem Ehemann erbrachten Unterhaltszahlungen gespart und verfüge deshalb über ein Sparguthaben, das ihr in Kuba ein Dasein in finanzieller Sorglosigkeit erlaube, eine andere Beurteilung. Eine hinreichende Gewähr für ihre rechtzeitige Rückkehr ergibt sich daraus nicht. Vielmehr erschiene es nach den Angaben der Kläger ebenso plausibel, wenn die Klägerin ein mögliches Sparguthaben ihren hilfsbedürftigen Verwandten zuwendete, die sie bereits bisher mit Hilfe der Zuwendungen ihres Ehemannes unterstützt hat. Es kommt deshalb nicht entscheidend darauf an, dass die Kläger das Guthaben bisher nicht belegt haben und die Angaben zu dessen Höhe lediglich mit der Annahme begründet worden sind, die Klägerin habe von den monatlichen Zuwendungen ihres Ehemannes jeweils nur einen dem Durchschnittseinkommen eines Kubaners entsprechenden Betrag verbraucht. Dies passt im Übrigen nicht stimmig zu den weiteren Angaben zur notwendigen Unterstützung von Familienangehörigen sowie zur Höhe der das kubanische Durchschnittseinkommen übersteigenden Lebenshaltungskosten. Die angebotenen Sicherheiten rechtfertigen ebenfalls keine andere Beurteilung. Entgegen dem Einwand der Kläger werden sie durch die Annahme begründeter Zweifel an der Rückkehrbereitschaft nicht allein wegen ihrer Ehe benachteiligt. Vielmehr beruhen die festgestellten Zweifel auf mehreren Umständen, wobei es u.a. maßgeblich auf die sich aus der Lebensgemeinschaft mit dem Kläger ergebende Bindung nach Deutschland, nicht aber entscheidend auf den Umstand des Verheiratetseins ankommt.

Auf den von der Beklagten hervorgehobenen Beurteilungsspielraum, über den die zuständigen Behörden (Art. 4 Abs. 1 bis 4 Visakodex) nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs in Bezug auf die Anwendungsvoraussetzungen des Art. 32 Abs. 1 Visakodex und die Würdigung der hierfür maßgeblichen Tatsachen verfügen (vgl. EuGH, Urteil vom 19. Dezember 2013, a.a.O. Rn. 56 ff.), sowie den Umfang daraus abzuleitender Einschränkungen der gerichtlichen Kontrolldichte kommt es im vorliegenden Verfahren nicht entscheidungserheblich an, denn das Gericht teilt aus den genannten Gründen die Annahme der Beklagten, dass begründete Zweifel an der Rückkehrabsicht der Klägerin bestehen.

Die aus Art. 32 Abs. 1 und Art. 21 Abs. 1 Visakodex abzuleitenden Erteilungsvoraussetzungen für ein einheitliches Visum unterliegen schließlich keiner Abwägung mit den durch Art. 6 GG geschützten Belangen. Der Schutz von Ehe und Familie ermöglicht in Ausnahmefällen allenfalls die Erteilung eines räumlich beschränkten Visums (vgl. BVerwG, Urteil vom 15. November 2011 – 1 C 15.10 –, juris Rn. 19).

2. Die Voraussetzungen für die Erteilung eines Visums mit räumlich beschränkter Gültigkeit nur für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland (Art. 25 Visakodex) liegen ebenfalls nicht vor.

Ein solches Visum kann nach Art. 25 Abs. 1 Buchst. a Visakodex ausnahmsweise erteilt werden, wenn der betreffende Mitgliedstaat es aus humanitären Gründen, aus Gründen des nationalen Interesses oder aufgrund internationaler Verpflichtungen für erforderlich hält, von dem Grundsatz abzuweichen, dass die in Art. 5 Abs. 1 Buchstaben a, c, d und e des Schengener Grenzkodexes festgelegten Einreisevoraussetzungen erfüllt sein müssen. Diese Möglichkeit besteht grundsätzlich auch dann, wenn begründete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Drittstaatsangehörige nicht bereit ist, das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten vor Ablauf der Gültigkeit des Visums wieder zu verlassen, was im Hinblick auf das gewichtige öffentliche Interesse an der Verhinderung illegaler Einwanderung eine Gefahr für die öffentliche Ordnung darstellen kann (Art. 5 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. e SGK; vgl. BVerwG, Urteile vom 11. Januar 2011 – 1 C 1.10 –, juris Rn. 28 ff., und vom 15. November 2011, a.a.O. Rn. 22 f.).

Angesichts des öffentlichen Interesses an der Verhinderung einer ungesteuerten Einwanderung setzt die auf familiäre Bindungen gestützte Erteilung eines Visums mit räumlich beschränkter Gültigkeit auf der Tatbestandsseite aber voraus, dass die Erteilung eines Besuchsvisums mit Blick auf den besonderen Schutz familiärer Beziehungen nach Art. 6 GG, Art. 8 EMRK und Art. 7 GRCh trotz der vom Antragsteller ausgehenden Gefahr für die öffentliche Ordnung erforderlich, d.h. bei einer einzelfallbezogenen Abwägung der familiären Belange mit den gegenläufigen öffentlichen Interessen nach Verhältnismäßigkeitsgrundsätzen geboten ist (vgl. BVerwG, Urteile vom 11. Januar 2011, a.a.O. Rn. 30 ff., und vom 15. November 2011, a.a.O. Rn. 23 ff.).

Dies ist hier nicht der Fall. Die Erteilung eines Besuchsvisums zöge wegen der Zweifel an der Rückkehrbereitschaft der Klägerin die Gefahr einer Umgehung des für einen Ehegattennachzug gesetzlich angeordneten Spracherfordernisses nach sich (vgl. nachfolgend unter a). Es liegen aber weder die Voraussetzungen für eine auf Art. 6 Abs. 1 GG sowie Art. 8 EMRK und Art. 7 GRCh in Verbindung mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gestützte Ausnahme von dem Spracherfordernis für den Ehegattennachzug vor, noch gebietet der Schutz von Ehe und Familie aus sonstigen Gründen die Erteilung eines Besuchsvisums (vgl. nachfolgend unter b).

a) In die Abwägung ist auf der einen Seite regelmäßig einzustellen, dass sowohl auf Unions- als auch auf nationaler Ebene ein erhebliches öffentliches Interesse an der Unterbindung rechtswidriger Einwanderungen besteht. Im vorliegenden Fall ist zu berücksichtigen, dass die Erteilung eines Besuchsvisums wegen der Zweifel an der Rückkehrbereitschaft der Klägerin das Risiko eines dauerhaften oder zumindest längerfristigen Aufenthaltes zur Folge hätte, der nach den für einen Ehegattennachzug geltenden Bestimmungen des § 28 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG den Nachweis einfacher deutscher Sprachkenntnisse auf dem Niveau A1 (vgl. § 2 Abs. 9 AufenthG) voraussetzt. Die Klägerin macht weder geltend, über solche Deutschkenntnisse zu verfügen noch hat sie ein entsprechendes Sprachzertifikat vorgelegt. Die Erteilung eines Besuchsvisums begründet deshalb die Gefahr der Umgehung der genannten Nachzugsvoraussetzungen.

Diese Voraussetzungen entfallen entgegen der Ansicht der Kläger nicht etwa deshalb, weil die Klägerin Spanisch und damit eine EU-Sprache spricht. Da nicht ein Nachzug nach Spanien in Rede steht, sondern der Ehemann der Klägerin in Deutschland lebt, kommt es allein auf die durch § 28 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG geforderten deutschen Sprachkenntnisse an. Die Voraussetzungen für ein unionsrechtliches Nachzugsrecht, das regelmäßig ausscheidet, wenn ein in seinem Heimatstaat lebender Unionsbürger nicht von seinem unionsrechtlichen Freizügigkeitsrecht Gebrauch gemacht hat (vgl. EuGH, Urteil vom 5. Mai 2011 – C-434/09 –, juris; BVerwG, Urteil vom 4. September 2012 – 10 C 12.12 –, juris Rn. 11), haben die Kläger ebenfalls nicht dargelegt. Ebenso wenig lässt sich das Spracherfordernis im Hinblick auf die unionsrechtliche Privilegierung der Ehegatten anderer sich in Deutschland aufhaltender Unionsbürger am Maßstab des Gleichbehandlungsgebots (Art. 3 Abs. 1 GG) beanstanden (vgl. BVerwG, Urteil vom 4. September 2012, a.a.O., Rn. 33).

b) Die schutzwürdigen Belange der Kläger nach Art. 6 Abs. 1 GG wiegen demgegenüber nicht so schwer, dass zur Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgebots die Erteilung eines Besuchsvisums geboten wäre.

Ein Sachverhalt, bei dem nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aus verfassungsrechtlichen Gründen die Zulassung einer Ausnahme von den sprachlichen Anforderungen des Ehegattennachzugs geboten wäre, worauf sich die Kläger erst Recht gegenüber der Versagung eines Besuchsvisums berufen könnten, liegt nicht vor. Danach ist in Fällen eines beabsichtigten Ehegattennachzugs zu deutschen Ehepartnern aus Verhältnismäßigkeitsgründen von der Voraussetzung einfacher deutscher Sprachkenntnisse abzusehen, wenn zumutbare Bemühungen zum Erwerb der Sprachkenntnisse ein Jahr lang erfolglos geblieben sind. Entsprechendes gilt, wenn dem ausländischen Ehepartner Bemühungen zum Spracherwerb von vornherein nicht zumutbar sind, etwa weil Sprachkurse in dem betreffenden Land nicht angeboten werden oder deren Besuch mit einem hohen Sicherheitsrisiko verbunden ist und auch sonstige erfolgversprechende Alternativen zum Spracherwerb nicht bestehen; in diesem Fall braucht die Jahresfrist nicht abgewartet zu werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 4. September 2012, a.a.O. Rn. 28). Es lässt sich indes weder feststellen, dass sich die Klägerin bereits ein Jahr erfolglos um den Erwerb der erforderlichen einfachen deutschen Sprachkenntnisse bemüht hätte, noch ist erkennbar, dass ihr solche Bemühungen von vornherein unzumutbar wären. Sie macht geltend, an ihrem Wohnort Mayari gebe es keine deutschen Sprachlehrer und keine Bildungseinrichtungen, die Deutschkurse anbieten. Die Angaben der Kläger lassen dagegen offen, ob ein entsprechendes Lehrangebot in der Provinzhauptstadt Holguin verfügbar wäre. Ob es der Klägerin zumutbar wäre, sich dort oder in Havanna, wo ebenfalls Deutschkurse angeboten werden, für die erforderliche Dauer eines Deutschkurses aufzuhalten, kann offen bleiben. Dafür spricht allerdings, dass sie ausweislich ihres Vorbringens im Klageverfahren sowie ihres im Zulassungsverfahren gestellten weiteren Visumsantrags einen dreimonatigen Besuchsaufenthalt in Deutschland in Betracht zieht. Dies bedarf indes keiner Entscheidung, da die Kläger jedenfalls nicht dargelegt haben, dass es der Klägerin unzumutbar oder unmöglich wäre, sich die erforderlichen Deutschkenntnisse im Eigenstudium unter Verwendung entsprechender Unterrichtsmaterialien und ggf. Zuhilfenahme einfacher technischer Geräte anzueignen. Sie haben vielmehr im Januar 2014 vor Antritt der letzten Kubareise des Klägers erklärt, entsprechende Bemühungen aufnehmen zu wollen.

Die sonstigen Umstände des Einzelfalles gebieten es ebenfalls nicht, der Klägerin trotz drohender Umgehung der Voraussetzungen für einen längerfristigen Aufenthalt ein Besuchsvisum zu erteilen. Soweit die Kläger dargelegt haben, der Kläger sei wegen eines Rückenleidens nicht mehr in der Lage, längere Flugreisen zu unternehmen, ergibt ihr Vorbringen nicht, dass er etwa zur Betreuung notwendig auf ihre Anwesenheit angewiesen wäre. Unter diesen Umständen ist es den Klägern zuzumuten, die mit dem Versuch des Erwerbs einfacher deutscher Sprachkenntnisse verbundene Verzögerung, die beim Nachweis zumutbarer Bemühungen höchstens ein Jahr beträgt, hinzunehmen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.

Beschluss

Der Wert des Streitgegenstandes wird für die zweite Rechtsstufe auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. §§ 47, 52 Abs. 2 GKG.

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 GKG).