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Regress wegen unzulässiger Arzneimittelverordnung - Verordnungsfähigkeit von Wobe Mugos E


Metadaten

Gericht LSG Berlin-Brandenburg 24. Senat Entscheidungsdatum 05.03.2012
Aktenzeichen L 24 KA 128/09 WA ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 106 Abs 2 SGB 5, § 106 Abs 5 SGB 5

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 18. Juli 2007 aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des gesamten Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 1.028,80 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Klägerin, Fachärztin für Innere Medizin, ist zur vertragsärztlichen Versorgung im Bezirk der zu 1. beigeladenen Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) zugelassen. In den Quartalen III/1999 bis II/2000 verordnete sie einer Patientin wiederholt das Fertigarzneimittel Wobe Mugos E.

Dieses Arzneimittel war seit Mitte der 1970er Jahre entsprechend den damaligen arzneimittelrechtlichen Bestimmungen - damals noch unter anderer Bezeichnung - im Verkehr (vgl. §§ 6 ff Arzneimittelgesetz <AMG> vom 16. Mai 1961, BGBl I 533, mit späteren Änderungen). Der seinerzeitige pharmazeutische Hersteller teilte aus Anlass der Neuordnung des Arzneimittelrechts von 1976 (Gesetz zur Neuordnung des Arzneimittelrechts vom 24. August 1976 <NeuordnungsG>, BGBl I 2445; - Art 1: Neufassung des AMG; Art 10: Inkrafttreten zum 1. Januar 1978) in seiner Anzeige vom Juni 1978 dem damals zuständigen Bundesgesundheitsamt mit, dass dieses Arzneimittel bereits Mitte 1976 und auch noch Anfang 1978 auf dem deutschen Markt gewesen sei und dass das Anwendungsgebiet die Langzeitbehandlung maligner Tumore und die Metastasenprophylaxe im Wege rektaler Darreichung sei (zur Übergangsregelung s Art 3 § 7 NeuordnungsG). Die spätere neue Herstellerin, die Mucos Pharma GmbH & Co KG, beantragte im Dezember 1989 die Verlängerung der Zulassung, wobei sie als Anwendungsform die orale Darreichung angab. Das nunmehr zuständige Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) lehnte den Antrag mit Bescheid vom 9. Juni 1998 ab, weil wegen des Wechsels der Darreichungsform zwischen dem 1978 angezeigten und dem zur Nachzulassung anstehenden Arzneimittel keine Identität bestehe; eine Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit erfolgte nicht (zur aufschiebenden Wirkung und zur Möglichkeit der Anordnung sofortiger Vollziehung vgl. § 105 Abs. 5b AMG in der bis heute fortgeltenden Fassung vom 9. August 1994, BGBl I 2071). Im Klageverfahren blieb die Herstellerin ohne Erfolg (Oberverwaltungsgericht Berlin, Urteil vom 7.4.2005 - 5 B 8.03 - juris - rechtskräftig). Danach, zum 1. September 2005, nahm die Herstellerin das Arzneimittel aus dem Verkehr.

Der 1. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) entschied mit Urteil vom 27. September 2005 entschieden, dass gesetzlich Versicherte die Versorgung mit Wobe Mugos E bereits nicht mehr beanspruchen konnten, nachdem der Zulassungsantrag abgelehnt worden war (BSGE 95, 132 = SozR 4-2500 § 31 Nr. 3). In diesem Urteil ist ausgeführt, für einen Versorgungsanspruch reiche nicht aus, dass mangels Anordnung sofortiger Vollziehung noch eine Zulassungsfiktion bestanden habe (sog Nachzulassungs-Status, BSGE a.a.O. RdNr 10 bzw. SozR a.a.O. RdNr 17). Aufgrund der aufschiebenden Wirkung sei zwar die Verkehrsfähigkeit im Sinne des AMG erhalten geblieben (BSG, a.a.O. RdNr 9-11 bzw. 16-18). Dies habe aber Versorgungsansprüche der Versicherten und Leistungspflichten der Krankenkassen gemäß dem Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V) nicht begründen können, weil diese eine Überprüfung von Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit nach dem allgemeinen Stand der medizinischen Erkenntnisse auf der Grundlage zuverlässiger wissenschaftlich nachprüfbarer Aussagen voraussetzten (BSGE a.a.O. RdNr 18-20 bzw. SozR a.a.O. RdNr 25-27). Seit der Ablehnung der Verlängerung der Zulassung durch den Bescheid vom 9. Juni 1998 sei ein Versorgungsanspruch zu verneinen (vgl. BSGE a.a.O. RdNr 13 f, 16 ff bzw. SozR a.a.O. RdNr 20 f, 23 ff).

Für die von der Klägerin in den Quartalen III/1999 bis II/2000 vorgenommenen Verordnungen von Wobe Mugos E hat der Beklagte, nachdem der Prüfungsausschuss den Antrag auf Schadensfeststellung zurückgewiesen hatte (Beschluss vom 10. Januar 2002), unter Aufhebung des Beschlusses des Prüfungsausschusses mit Widerspruchsbescheid vom 30. November 2005 Regresse i.H.v. 61,48 € (III/1999), 138,19 € (IV/1999), 690,94 € (I/2000) und 138,19 € (II/2000) (Gesamtbetrag = 1.028,80 €) festgesetzt.

Das Sozialgericht (SG) Potsdam hat auf die Klage der Klägerin den Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 30. November 2005 aufgehoben und den Widerspruch der Beigeladenen zu 2) gegen den Bescheid des Prüfungsausschusses „vom 14. Februar 2002“ (gemeint 10. Januar 2002) zurückgewiesen (Urteil vom 18. Juli 2007). Zur Begründung ist im wesentlichen ausgeführt, Wobe-Mugos E sei zwar nicht mehr verordnungsfähig gewesen, der Beklagte habe aber aus Vertrauensschutzgründen keinen Regress gegen die Klägerin festsetzen dürfen.

Mit seiner Berufung wendet sich der Beklagte gegen dieses Urteil. Er stützt sich im Wesentlichen auf die Rechtsprechung des BSG (Bezugnahme auf Urteile vom 5. November 2008 - B 6 KA 63/07 R = SozR 4-2500 § 106 Nr. 21 und - B 6 KA 64/07 R - juris).

Er beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 18. Juli 2007 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BSG für zutreffend.

Die Beigeladenen stellen keine Anträge.

Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf deren vorbereitende Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (vgl. §§ 124 Abs. 2, 155 Abs. 3 und 4 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).

Entscheidungsgründe

Die Berufung des Beklagten ist begründet.

Der Beklagte hat zu Recht einen Arzneikostenregress in der im Bescheid vom 30. November 2005 bezeichneten Höhe gegenüber der Klägerin geltend gemacht. Die Klage war daher unter Aufhebung des angefochtenen Urteils abzuweisen.

Rechtsgrundlage des Arzneikostenregresses ist § 106 Abs. 2 SGB V. Danach wird die Wirtschaftlichkeit der Versorgung unter anderem durch arztbezogene Prüfungen ärztlicher und ärztlich verordneter Leistungen, und zwar entweder nach Durchschnittswerten oder anhand von Richtgrößenvolumina (a.a.O. Satz 1 Nr. 1) und/oder auf der Grundlage von Stichproben (a.a.O. Satz 1 Nr. 2) geprüft. Über diese Prüfungsarten hinaus können die Landesverbände der Krankenkassen mit den KÄVen gemäß § 106 Abs. 2 Satz 4 SGB V andere arztbezogene Prüfungsarten vereinbaren (vgl. zusammenfassend BSG SozR 4-2500 § 106 Nr. 17 RdNr 12 f m.w.N.). Diese Prüfvereinbarungen ermächtigen regelmäßig auch zu Einzelfallprüfungen. Diese waren auch in § 15 Abs. 2 der hier einschlägigen Prüfvereinbarung vorgesehen. Einzelfallprüfungen sind insbesondere dann sachgerecht - und ihre Auswahl daher rechtmäßig -, wenn das individuelle Vorgehen eines Arztes in einem bestimmten Behandlungsfall hinsichtlich des Behandlungs- und Verordnungsumfangs am Maßstab des Wirtschaftlichkeitsgebots überprüft werden soll (vgl. BSG SozR 4-2500 § 106 Nr. 17 RdNr 16).

Die im vorliegenden Fall aufgrund vorgenannter Rechtsgrundlage durchgeführten Einzelfallprüfungen lassen Rechtsfehler nicht erkennen. Die Annahme der Unwirtschaftlichkeit einschließlich der Regressfestsetzung ist nicht zu beanstanden. Die von der Klägerin vorgenommenen Verordnungen von Wobe Mugos E in den Quartalen III/1999 bis II/2000 waren nicht zulässig. Denn dieses Arzneimittel durfte nicht im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) verordnet werden; insoweit bestand weder eine Leistungspflicht der Krankenkassen noch ein Versorgungsanspruch der Versicherten. Das Gericht legt seiner Entscheidung die Rechtsprechung des BSG zum Regress bei der Verordnung von Wobe Mugos E zugrunde (vgl. Urteile vom 5. November 2008 - B 6 KA 63/07 R = SozR 4-2500 § 106 Nr. 21 - und - B 6 KA 64/07 R - juris).

Ein Anspruch auf Versorgung besteht im Rahmen der GKV nur nach Maßgabe des § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 i.V.m. § 31 Abs. 1 SGB V. Diese Bestimmungen ergeben im Kontext mit den allgemeinen Regelungen der § 2 Abs. 1 Satz 3, § 12 Abs. 1 SGB V, dass im Rahmen der GKV nur solche Verordnungen zulässig sind, die die Gewähr für Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit, jeweils nach Maßgabe des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse, bieten (vgl. BSGE 95, 132 RdNr 18f = SozR 4-2500 § 31 Nr. 3 RdNr 25f). Dafür sind zuverlässige wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen über das Arzneimittel in dem Sinne erforderlich, dass der Erfolg der Behandlung mit ihm durch eine ausreichende Anzahl von Behandlungsfällen belegt ist (vgl. hierzu BSGE a.a.O. RdNr 18 bzw. SozR a.a.O. RdNr 25).

Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit sind im Bereich ärztlicher Behandlungen durch das Verfahren der Zulassung von Behandlungsmethoden durch den Gemeinsamen Bundesausschuss <G-BA> (bzw. bis 2003: durch den Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen) i.V.m. der von diesem geschaffenen Richtlinie zur Bewertung der Methoden vertragsärztlicher Versorgung <Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung> (seit 1. April 2006; - davor seit März 2000: Richtlinie zur Bewertung medizinischer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden gemäß § 135 Abs. 1 SGB V <BUB-Richtlinie>) gewährleistet. Danach sind Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit der Behandlungsmethoden anhand sog randomisierter, doppelblind durchgeführter und placebokontrollierter Studien zu belegen (s dazu die Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung i.V.m. der Verfahrensordnung des G-BA § 14 ff bzw. früher BUB-Richtlinie §§ 7 ff).

Demgegenüber geht das BSG im Arzneimittelbereich davon aus, dass für eine solche Überprüfung durch den Bundesausschuss kein Raum ist, wenn es sich um ein Fertigarzneimittel handelt, das nach Überprüfung von Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit nach dem AMG zum Verkehr zugelassen wurde. Dieser Verweisung für die Verordnungsfähigkeit von Arzneimitteln im Rahmen der GKV auf das Arzneimittelzulassungsverfahren liegt die Annahme zugrunde, dass dieses Verfahren Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit in ähnlicher Weise wie das Überprüfungsverfahren durch den Bundesausschuss gewährleiste (zur Gleichwertigkeit und Ersatzfunktion vgl. die ersten Ansätze im Urteil des 1. Senats des BSG vom 23. Juli 1998 = BSGE 82, 233, 238 = SozR 3-2500 § 31 Nr. 5 S 20; deutlicher dessen Urteil vom 19. März 2002 = BSGE 89, 184, 191 = SozR 3-2500 § 31 Nr 8 S 35 f; dies fortführend sein Urteil vom 19. Oktober 2004 = BSGE 93, 236 = SozR 4-2500 § 27 Nr. 1, jeweils RdNr 13 und 14; dem folgend auch der 6. Senat des BSG mit Urteil vom 31. Mai 2006 = BSGE 96, 261 = SozR 4-2500 § 92 Nr. 5, jeweils RdNr 55 a.E.). Wurde diese Prüfung durchlaufen und somit die erfolgreiche Anwendung des Arzneimittels anhand zuverlässiger wissenschaftlich nachprüfbarer Aussagen in einer ausreichenden Anzahl von Behandlungsfällen belegt und ist dementsprechend für das Arzneimittel die Zulassung einschließlich der darin enthaltenen Ausweisung der Anwendungsgebiete erteilt worden, so ist es in diesem Umfang auch verordnungsfähig im Sinne des SGB V (vgl. BSGE 95, 132 RdNr 18 = SozR 4-2500 § 31 Nr. 3 RdNr 25 mit Bezugnahme auf BSGE 93, 1, 2 = SozR 4-2500 § 31 Nr. 1 RdNr 7). In solchen Fällen ist also mit der Zulassung - und der damit gegebenen Verkehrsfähigkeit im Sinne des AMG - zugleich die Verordnungsfähigkeit im Rahmen der GKV gegeben.

Keiner Erörterung bedarf im vorliegenden Fall die sog "vierte Hürde", dh die Frage, inwieweit für die Verordnungsfähigkeit in der GKV neben der Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit zusätzlich ein Nachweis der Wirtschaftlichkeit im Sinne einer Kosten-Nutzen-Bewertung gefordert werden kann. Denn Bestimmungen, die eine Kosten-Nutzen-Bewertung vorsehen (s dazu zB die Errichtung des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen gemäß § 139a, hier insbesondere Abs. 3 Nr. 5, i.V.m. § 35b SGB V) und zum Verordnungsausschluss wegen Unwirtschaftlichkeit ermächtigen (s dazu die Neufassung des § 34 SGB V durch Art 1 Nr 22 GKV-Modernisierungsgesetz vom 14. November 2003, BGBl I 2190), sind erst zum 1. Januar 2004 eingeführt worden (vgl. dazu BSG, Urteil vom 6. November 2008 - B 1 KR 6/08 R - RdNr 10 ff, 21 ff, zur Veröffentlichung in BSGE und in SozR vorgesehen). Vorliegend steht im Hinblick auf die streitigen Quartale noch der Zeitraum bis zum 31. Dezember 2003 in Frage, in dem es noch keine normativen Regelungen zur sog vierten Hürde gab. Vielmehr galt weiterhin der oben dargestellte Zusammenhang, dass aus der arzneimittelrechtlichen Zulassung eines Arzneimittels, sofern hierbei dessen Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit geprüft worden war, zugleich die Verordnungsfähigkeit im Rahmen der GKV gefolgert werden konnte. Für eine solche Schlussfolgerung von der arzneimittelrechtlichen Zulassung auf die Verordnungsfähigkeit fehlte aber dann die Grundlage, wenn der Zulassung keine - oder eine strukturell nur unzureichende - Überprüfung der Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit zugrunde lag. Solche Fälle arzneimittelrechtlicher Zulassung ohne Überprüfung von Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit gab es während der Geltung des Übergangsrechts nach der Neuordnung des Arzneimittelrechts Ende der 1970er Jahre. Damals genügte für die Folgezeit ab dem 1. Januar 1978 eine Anzeige mit der Mitteilung über die bisherige Anwendung des Arzneimittels, damit dieses weiterhin als zugelassen galt (s Art 3 § 7 Abs. 1 ff NeuordnungsG). Soweit ein Arzneimittel in dieser Weise, ohne Durchlaufen des Arzneimittelzulassungsverfahrens mit Gewähr für Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit, die Zulassung behielt bzw. diese verlängert wurde, fehlte es an den inhaltlichen Merkmalen, die es rechtfertigen konnten, die Arzneimittelzulassung als ausreichend auch für die Verordnungsfähigkeit im Rahmen der GKV zu akzeptieren (s hierzu Urteil des 1. Senats des BSG vom 27. September 2005 = BSGE 95, 132 RdNr 18 ff = SozR 4-2500 § 31 Nr. 3 RdNr 25 ff m.w.N.; ebenso für den Fall, dass ein AMG-Zulassungsverfahren nicht einmal eingeleitet wurde: BSGE 82, 233, 235 ff = SozR 3-2500 § 31 Nr. 5 S 17 ff) .

Für eine Schlussfolgerung von der arzneimittelrechtlichen Zulassung auf eine Verordnungsfähigkeit im Rahmen der GKV fehlt insbesondere dann eine Rechtfertigung, wenn die Zulassung bzw. die Verlängerung der Zulassung eines Arzneimittels ausdrücklich abgelehnt wurde und dieses lediglich deshalb weiterhin verkehrsfähig i.S. des AMG war, weil die Verlängerungsversagung noch nicht vollzogen wurde mangels Anordnung der Vollziehung gemäß § 105 Abs. 5b Satz 2 AMG. Die verfahrensrechtliche Position der aufschiebenden Wirkung, die darauf beruhte, dass der pharmazeutische Hersteller die Versagung der Verlängerung angefochten hatte, reicht nicht aus als Basis für die Annahme der Verordnungsfähigkeit im Rahmen der GKV. Hierzu hat der 1. Senat des BSG in seinem Urteil vom 27. September 2005 (a.a.O.) entsprechend dem Gesetzeswortlaut des Art 3 § 7 Abs. 1 NeuordnungsG ("gelten als zugelassen") davon gesprochen, dass lediglich eine "fiktive Zulassung" kraft aufschiebender Wirkung besteht. Dies kann eine Leistungspflicht der KKn und einen Anspruch der Versicherten auf Versorgung mit einem solchen Arzneimittel im Rahmen der GKV nicht begründen (vgl. BSG a.a.O.).

Aus diesen Grundsätzen folgt für den vorliegenden Fall der Verordnung des Arzneimittels Wobe Mugos E, dass die Klägerin dieses in den Jahren 1999/2000 nicht im Rahmen der GKV verordnen durfte. Fehlt die Verordnungsfähigkeit, so ist Unwirtschaftlichkeit gegeben (vgl. BSG, Urteile vom 5. November 2008, a.a.O. m.w.N.).

Die unwirtschaftliche Verordnungsweise ist der Klägerin in den in Rede stehenden Quartalen auch anzulasten, so dass ein Regress in Höhe des der Beigeladenen zu 2) entstandenen Schadens festzusetzen war. Einer vorherigen Beratung der Klägerin nach § 106 Abs. 5 Satz 2 SGB V hat es hierzu nicht bedurft (vgl. BSG a.a.O.). Unerheblich ist auch, ob der Klägerin ein Verschulden angelastet werden kann. Denn ein Verschuldenserfordernis besteht im Rahmen von Honorarkürzungen oder Verordnungsregressen gemäß § 106 SGB V nicht (vgl. BSG a.a.O. m.w.N.). Auch für eine Ermessensausübung ist bei einem Verordnungsregress kein Raum (vgl. BSG a.a.O. m.w.N.).

Die Klägerin kann sich auch nicht auf Vertrauensschutz berufen. Dass erst das Urteil des 1. Senats des BSG von 2005 den Zusammenhang zwischen arzneimittelrechtlicher Verkehrsfähigkeit und Verordnungsfähigkeit im Rahmen der GKV relativiert und Zweifel an der Verordnungsfähigkeit von Wobe Mugos E begründet habe, während bei ihr Verordnungen aus 1999/2000 betroffen seien, stellt keinen Vertrauenstatbestand dar (vgl. BSG a.a.O m.w.N.). Ein strikter Zusammenhang zwischen arzneirechtlicher Verkehrsfähigkeit und Verordnungsfähigkeit im Rahmen der GKV hat niemals bestanden. Dies ergibt sich schon aus dem Sinngefüge des SGB V, wonach nur solche Behandlungen und Verordnungen zu Lasten der GKV gestattet sind, bei denen aufgrund eingehender Prüfung die Gewähr von Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit besteht. In diesem Sinne haben es auch bereits früher Gerichte entschieden, auch zweitinstanzlich, so z.B. das LSG Rheinland-Pfalz, das in einem Urteil von 1998 die vom BSG formulierten Grundsätze (BSGE 82, 233 = SozR 3-2500 § 31 Nr. 5) konkret auf Wobe Mugos E angewendet hat (vgl. LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 22.10.1998 - L 5 K 22/97 - juris; a.A. allerdings auch in späterer Zeit einige Prüfgremien sowie Sozialgerichte). Bei einer solchen Lage, in der unterschiedliche Ansichten vertreten wurden, gab es keine tragfähige Grundlage für die Bildung eines Vertrauenstatbestandes in dem von der Klägerin geltend gemachten Sinn.

Auch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist nicht verletzt. Dabei ist schon zweifelhaft, inwieweit nach der bereits vorstehend umfänglich vorgenommenen Prüfung überhaupt noch Raum für eine Heranziehung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes sein kann. Selbst wenn man hierfür aber Raum sähe, könnte dies nicht zu einem Erfolg für die Klägerin führen. Denn mit Wobe Mugos E ist ein Arzneimittel betroffen, bei dem Zweifel an der Verordnungsfähigkeit offensichtlich waren: Das Arzneimittel war ursprünglich für die rektale Anwendung auf den Markt gebracht worden; dann sollte eine Fortführung der Zulassung für die orale Anwendung erreicht werden. Nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits - und daher offenzulassen - ist die Frage, ob bzw. unter welchen Voraussetzungen ein Arzt, der von einem pharmazeutischen Hersteller zur Verordnung nicht verordnungsfähiger Arzneimittel veranlasst bzw. verleitet wurde und Regress an die vertragsärztlichen Institutionen leisten muss, Rückgriff gegen den Hersteller nehmen kann (BSG a.a.O.).

Schließlich folgt eine andere Beurteilung auch nicht aus den Grundsätzen des BVerfG in seiner Entscheidung vom 6. Dezember 2005 (BVerfGE 115, 25 = SozR 4-2500 § 27 Nr. 5). Eine Erweiterung des Leistungsrahmens im vorliegenden Fall - sofern hier eine lebensbedrohliche Erkrankung i.S. der BVerfG-Rechtsprechung angenommen werden kann – scheitert jedenfalls daran, dass nicht ersichtlich ist, dass die Klägerin bzw. ihre Patientin die denkbaren anderen - zugelassenen - Behandlungsmöglichkeiten erfolglos ausgeschöpft hätten.

Die Höhe des festgesetzten Regresses ist nicht zu beanstanden. Der Beklagte hat den Apothekenrabatt und die Patienteneigenanteile in Abzug gebracht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff. Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Danach trägt die im Rechtsstreit unterliegende Klägerin die Kosten des Verfahrens. Kosten der Beigeladenen sind nicht zu erstatten, da diese keine Anträge gestellt haben (vgl. § 162 Abs. 3 VwGO).

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.

Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 52 Abs. 1 und 3, 63 GKG. Der Beschluss über die Streitwertfestsetzung ist unanfechtbar.