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Zwischenverfügung im Grundbuchverfahren: (Un-)Wirksamkeit einer durch den Geschäftsführer einer GmbH erteilten Vollmacht


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 5. Zivilsenat Entscheidungsdatum 18.01.2010
Aktenzeichen 5 W 56/09 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 29 GBO, § 71 GBO, § 46 Nr 7 GmbHG, § 54 HGB

Tenor

Die Beschwerde der Beteiligten zu 1 und 2 gegen die Zwischenverfügung des Amtsgerichts Cottbus – Grundbuchamt – vom 8. September 2009 – Gz. 2866-20 – wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren: bis 1.000,00 €

Gründe

I.

Mit notariellem Kaufvertrag vom 3. September 2009 (UR-Nr. 1425/2009 des Notars … mit Amtssitz in C…) verkaufte die Beteiligte zu 1 den eingangs bezeichneten und im Grundbuch von P… Blatt 2853 eingetragenen Miteigentumsanteil verbunden mit dem Sondereigentum an der im Aufteilungsplan mit Nr. 3 bezeichneten Wohnung an den Beteiligten zu 2 zu einem Kaufpreis von 8.290,00 €. Die Beteiligte zu 1 wurde im Termin zur notariellen Beurkundung von J… O… vertreten. Bei der Beurkundung lag eine Ausfertigung der Vollmachtsurkunde vom 7. Mai 2009 (UR-Nr. 919/P 2009) des Notars … mit Amtssitz in D… vor. Die am 7. Mai 2009 beurkundete (Unter-)Vollmacht für J… O… war von dem Diplomkaufmann H… H… als „Generalbevollmächtigter“ der Beteiligten zu 1 erteilt worden. Mit notarieller Urkunde vom 3. April 2000 (UR-Nr. 475/2000 des Notars … mit Amtssitz in S…) hatte die Beteiligte zu 1 H… H… „Generalvollmacht“ für die GmbH erteilt. Die Vollmacht umfasst nach dieser Urkunde das Recht, den Geschäftsführer bei Gerichten, Behörden und sonstigen öffentlichen Stellen sowie gegenüber Privatpersonen außergerichtlich und gerichtlich zu vertreten, insbesondere bewegliche Sachen, Grundstücke und Rechte für die GmbH zu erwerben oder zu veräußern. Von der Vollmacht ausgenommen ist die Berechtigung zur Entgegennahme von Zustellungen. Mit der Vollmacht soll weiter keine „Postvollmacht“ verbunden sein. Schließlich ist nach dem Inhalt der Urkunde der Bevollmächtigte berechtigt, „für bestimmte Arten von Geschäften Untervollmachten zu erteilen“. Die Vollmacht ist auf Rechtsgeschäfte bis 15 Mio. DM beschränkt.

Mit Antrag vom 4. September 2009 hat der Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten zu 1 und 2 gemäß § 3 des Kaufvertrages vom 3. September die Eintragung einer Auflassungsvormerkung zu Gunsten des Beteiligten zu 2 beantragt.

Mit Zwischenverfügung vom 8. September 2009 hat das Grundbuchamt darauf hingewiesen, dass der beantragten Eintragung Hindernisse entgegenstehen. Die durch die Eigentümerin erteilte „Generalvollmacht“ sei unwirksam. Die zur UR-Nr. 919/P 2009 des Notars … erteilte Untervollmacht sei daher ebenfalls unwirksam, darüber hinaus aber auch in sich nicht schlüssig, weil nicht zweifelsfrei erkennbar werde, für wen H… H… bei Erteilung der Vollmacht gehandelt habe. Zur Eintragung der Auflassungsvormerkung bedürfe es daher der Vorlage einer Genehmigung durch den Geschäftsführer der GmbH.

Gegen diese Zwischenverfügung haben die Beteiligten zu 1 und 2 durch Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 22. Oktober 2009 Beschwerde eingelegt. Sie machen geltend die erteilte „Generalvollmacht“ sei jedenfalls in eine wirksame Generalhandlungsvollmacht umzudeuten. Von einer organschaftlichen Vollmacht könne bei der Generalvollmacht vom 3. April 2000 nicht die Rede sein. Die erteilte Untervollmacht sei danach ebenfalls wirksam.

Das Grundbuchamt hat durch Beschluss vom 26. Oktober 2009 der Beschwerde nicht abgeholfen.

II.

Die Beschwerde, über die gemäß § 72 GBO i. V. m. Art. 111 FGG-RG das Brandenburgische Oberlandesgericht zu entscheiden hat, ist zulässig (§§ 71, 73 GBO n. F.).

Die Beschwerde nach § 71 GBO kann sich auch gegen eine Zwischenverfügung richten, denn jede einzelne Beanstandung bildet eine Entscheidung im Sinne des § 71 GBO, kann also für sich allein angefochten werden (BGH, NJW 1994, 1158). Gegenstand ist in diesem Fall nur das vom Grundbuchamt angenommene Eintragungshindernis, nicht aber die Entscheidung über den Antrag selbst (m. w. Nachw. Demharter, GBO, 27. Aufl. 2010, § 71 GBO Rdnr. 34).

In der Sache bleibt das Rechtsmittel ohne Erfolg. Das Grundbuchamt ist im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass eine wirksame Vertretung der Beteiligten zu 1 bei Abschluss des Kaufvertrages nicht in der Form des § 29 GBO nachgewiesen ist, weil nicht festgestellt werden kann, dass die am 3. April 2000 erteilte „Generalvollmacht“ und die am 7. Mai 2009 erteilte Untervollmacht wirksam sind und deswegen zum Vollzug der beantragen Eintragung einer Auflassungsvormerkung die Genehmigung der Beteiligten zu 1 erforderlich ist.

1.

Das Grundbuchamt hat den Umfang einer Vollmacht selbständig zu prüfen. Im Zweifel ist die Vollmacht nach den für Grundbucherklärungen geltenden Grundsätzen auszulegen. Führt dies zu keinem eindeutigen Ergebnis, so ist, wenn der behauptete Umfang der Vollmacht nicht nachgewiesen ist, von dem geringeren, eindeutig festgestellten Umfang auszugehen. Wegen des im Grundbuchverfahren herrschenden Bestimmtheitsgrundsatzes kommt die Auslegung nur insoweit in Betracht, als sie zu einem zweifelsfreien und eindeutigen Ergebnis führt (BayObLG, Rpfleger 1996, 332). Der Auslegung werden durch den im Grundbuchverfahren herrschenden Bestimmtheitsgrundsatz, der im Verfahren der §§ 13 ff. GBO fehlenden Ermittlungs- und Beweiserhebungspflicht des Grundbuchamtes sowie der Formvorschrift des § 29 GBO Grenzen gesetzt (BayObLG, RPfleger 1983, 346, 347).

Die Befugnis des Geschäftsführers einer GmbH zur organschaftlichen Willensbildung und –erklärung und die damit verbundene Verantwortung sind unübertragbar (BGHZ 13, 61, 65; 34, 27, 30; 64, 72, 76; DNotZ 1977, 119). Infolgedessen kann der Geschäftsführer einer GmbH seine Vertretungsmacht nicht im Ganzen durch einen anderen ausüben lassen. Das Verbot einer umfassenden Übertragung der organschaftlichen Vertretungsmacht schützt nicht nur die Gesellschafter vor einer Ausübung aller Geschäftsführungsbefugnisse durch Personen, die nicht ihr Vertrauen genießen, sondern es will auch der besonderen Verantwortlichkeit des Geschäftsführers Rechnung tragen (BGH, NJW-RR 2002, 1325).

Allerdings kann in geeigneten Fällen die Vollmachtserklärung als eine sog. Generalhandlungsvollmacht ausgelegt oder in eine solche umgedeutet werden. Gegen die Zulässigkeit einer solchen allgemeinen Handlungsvollmacht (§ 46 Nr. 7 GmbHG), die sich auf sämtliche Geschäfte erstreckt, die in einem Geschäftsbetrieb wie dem einer GmbH üblich sind, und die nicht auf die unmittelbare Vertretung der GmbH, sondern lediglich auf ein Handeln in (Unter-)Vollmacht des oder der Geschäftsführer gerichtet ist, bestehen grundsätzlich keine Bedenken (BGH, WM 1978, 1047, 1048; NJW-RR 2002, 1325).

2.

Danach ist das Grundbuchamt zutreffend davon ausgegangen, dass mit der notariellen Urkunde vom 3. April 2000 durch die Beteiligte zu 1 eine solche unzulässige Generalvollmacht bestellt worden ist.

a) Die Urkunde ist mit „Generalvollmacht“ überschrieben und im nachfolgenden Text heißt es ausdrücklich, dem Diplomkaufmann H… H… werde „Generalvollmacht für die vorbenannte GmbH“ erteilt. Der Umfang der Vollmacht wird anschließend zunächst umfassend dahingehend umschrieben, dass sie zur Vertretung bei Gerichten, sonstigen öffentlichen Stellen und Privatpersonen gerichtlich und außergerichtlich und zur Vornahme aller Prozesshandlungen berechtige, und zwar unter Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB. Nachfolgend wird beispielhaft aufgeführt, was von der Vollmacht „insbesondere“ erfasst sein soll.

Nach dem Umfang der Vollmacht wird damit dem Bevollmächtigten die Vertretung der Beteiligten zu 1 umfassend übertragen.

Die Beschränkung der Vollmacht auf Rechtsgeschäfte bis zu 15 Mio. DM und die fehlende Berechtigung zur Entgegennahme von Zustellungen bzw. das Fehlen einer „Postvollmacht“ stehen einer solchen umfassenden Übertragung nicht entgegen. Damit ist eine beachtliche Einschränkung der Möglichkeit zur umfassenden Vertretung der Beteiligten zu 1 nicht verbunden. Die fehlende „Postvollmacht“ schließt eine umfassende Vertretung der Beteiligten zu 1 gegenüber Dritten inhaltlich nicht aus. Die Beschränkung der Vollmacht auf Rechtsgeschäfte bis zu 15 Mio. DM führt ebenfalls nicht zu einer substantiellen Einschränkung der umfassenden Vertretungsmacht; es ist nicht ersichtlich, dass diese Beschränkung in einem nennenswerten Umfang bei Rechtsgeschäften der Beteiligten zu 1 überhaupt relevant werden könnte.

b) Nach dem Inhalt der Urkunde ist aus der maßgeblichen Sicht des objektiven Empfängerhorizontes davon auszugehen, dass eine – unzulässige – umfassende Übertragung der organschaftlichen Vertretung (Generalvollmacht) gewollt war und keine Generalhandlungsvollmacht im Sinne des § 54 HGB eingeräumt werden sollte; eine Umdeutung in eine solche Generalhandlungsvollmacht kommt nicht in Betracht.

Dafür, dass eine umfassende Übertragung der organschaftlichen Vertretung erfolgen sollte, spricht der Wortlaut der Urkunde, der ausdrücklich die Erteilung einer „Generalvollmacht für die GmbH“ vorsieht. Zwar heißt es nachfolgend, die Vollmacht umfasse „das Recht, mich als Geschäftsführer zu vertreten“. Daraus kann indes nicht gefolgert werden, die Vollmacht sei lediglich auf ein Handeln in (Unter-)Vollmacht des Geschäftsführers gerichtet. Es soll nämlich nicht der Geschäftsführer vertreten werden, sondern die Vertretung soll „ als Geschäftsführer“ (im Original ohne Unterstreichung) erfolgen, d. h. in der Funktion eines Geschäftsführers, also dessen Aufgabe als Organ der Gesellschaft ausgeübt werden. Schließlich ist die Urkunde ausdrücklich von dem Geschäftsführer der Beteiligten zu 1 als „Generalvollmachtgeber“ und von H… H… als „Generalvollmachtnehmer“ unterzeichnet. Der für die Auslegung maßgebliche Wortlaut der Urkunde (Hügel/Reetz, GBO, 2007, Stichwort „Vertretungsmacht“, Rdnr. 12) bietet damit keinen hinreichenden Ansatzpunkt, die Vollmacht lediglich als „Handlungsvollmacht“ zu verstehen, dies insbesondere auch deswegen nicht, weil es sich um eine notarielle Urkunde handelt, also nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden kann, dass es sich bei der Bezeichnung als „Generalvollmacht“ (bzw. „Generalvollmachtgeber“ und „Generalvollmachtnehmer“) um eine versehentliche Bezeichnung handelt. Die Vollmacht kann damit nicht – auch nicht im Wege der Umdeutung - als „Generalhandlungsvollmacht“ aufrechterhalten bleiben; ein solcher Inhalt lässt sich nicht mit dem für das Grundbuchverfahren erforderlichen Maß an Sicherheit feststellen. Es ist nicht Aufgabe des Grundbuchamtes, die Möglichkeit einer Umdeutung in entsprechender Anwendung des § 140 BGB ins Auge zu fassen, jedenfalls dann nicht, wenn die vorrangige Auslegung einer Erklärung zu einem Ergebnis geführt hat (m. w. Nachw. Demharter, GBO, 27. Aufl. 2010, § 19 GBO Rdnr. 30).

3.

Schließlich ist dem die Beteiligte zu 1 bei Abschluss des notariellen Kaufvertrages vertretenden Unterbevollmächtigten J… O… durch den „Generalvollmachtnehmer“ keine wirksame Untervollmacht erteilt worden, so dass die Beteiligte zu 1 auch aus diesem Grund bei Abschluss des notariellen Kaufvertrages nicht wirksam vertreten war.

a) Ob ein vom Geschäftsherrn Bevollmächtigter zur Erteilung von Untervollmachten befugt sein soll, ist durch Auslegung der Vollmacht zu ermitteln; es kommt darauf an, ob der Vertretene erkennbar ein Interesse an der persönlichen Wahrnehmung der Vertretungsmacht durch den Bevollmächtigten hat (m. w. Nachw. Palandt/Heinrichs, BGB 69. Aufl. 2010, § 167 Rdnr. 12).

b) Danach kann nach dem für den für die Auslegung im Grundbuchverfahren maßgeblichen Wortlaut der notariellen Urkunde vom 3. April 2000 nicht festgestellt werden, dass der Diplomkaufmann H… H… bevollmächtigt war, für die Veräußerung von Eigentumswohnungen eine Untervollmacht zu erteilen.

Die „Generalvollmacht“ vom 3. April 2000 enthält auf S. 2 lediglich die Regelung, dass der Bevollmächtigte berechtigt ist, für bestimmte Arten von Geschäften Untervollmachten zu erteilen. Dieser Regelung lässt sich mit dem im Grundbuchverfahren erforderlichen Maß an Eindeutigkeit lediglich entnehmen, dass der aus der Urkunde vom 3. April 2000 Bevollmächtigte nicht berechtigt sein soll, für alle Arten von Rechtsgeschäften Untervollmachten zu erteilen. Für welche Art von Rechtsgeschäften aber positiv Untervollmachten erteilt werden können, lässt sich dem Wortlaut der notariellen Urkunde vom 3. April 2000 nicht einmal ansatzweise entnehmen. Damit lässt sich aber auch nicht feststellen, dass der Diplomkaufmann H… H… auf Grund der ihm am 3. April 2000 erteilten Vollmacht – deren wirksame Erteilung unterstellt – befugt gewesen wäre, zur Veräußerung der in der notariellen Urkunde vom 7. Mai 2009 aufgeführten Miteigentumsanteile und des jeweils dazugehörigen Sondereigentums u. a. J… O… eine Untervollmacht zu erteilen.

c) Zur Erteilung einer solchen Untervollmacht war der Diplomkaufmann H… H… darüber hinaus schon deswegen nicht berechtigt, weil ihm, wie unter 2. ausgeführt, am 3. April 2000 keine wirksame „Generalvollmacht“ erteilt worden war.

c) Es kommt danach nicht mehr darauf an, dass Zweifel an der wirksamen Erteilung einer Untervollmacht daneben deswegen bestehen, weil sich der notariellen Urkunde vom 7. Mai 2009 nicht zweifelsfrei entnehmen lässt, für wen der Diplomkaufmann H… H… eine solche Erklärung abgegeben hat. Zwar heißt es eingangs der Urkunde, der erschienene H… H… handele nicht im eigenen Namen, „sondern als Generalbevollmächtigter der Privatbau V… GmbH“, was dafür spricht, dass eine Erklärung für die Beteiligte zu 1 beurkundet werden sollte. Zweifel an einer Erteilung einer Untervollmacht zum Handeln für die Beteiligte zu 1 bestehen aber deswegen, weil es nachfolgend in der Urkunde vom 7. Mai 2009 dann auf S. 5 heißt: „Hiermit bevollmächtigte ich für mich und meine Erben die ….“. Diese Formulierung spricht eher dafür, dass es sich um eine Erklärung handelt, die der Erschienene H… H… im eigenen Namen abgibt, zumal nachfolgend auf S. 5 unten der Urkunde vom 7. Mai 2009 der bevollmächtigte berechtigt sein soll „…Vollmacht zur Belastung meines Grundstückes“ zu erteilen.

Ob dieser weitere Inhalt der Urkunde indes geeignet ist, hinreichende Zweifel daran zu begründen, dass die am 7. Mai 2009 beurkundete Vollmacht nicht namens der Beteiligten zu 1 erteilt wurde, kann dahinstehen, weil sich schon nicht feststellen lässt, dass der Diplomkaufmann H… H… überhaupt berechtigt war, eine solche Vollmacht zu erteilen.

4.

Die Kostenfolge hinsichtlich der Gerichtskosten ergibt sich aus dem Gesetz (§ 131 Abs. 1 KostO); eine Entscheidung über die Erstattung außergerichtlicher Kosten ist nicht veranlasst.