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Aufhebung - Erstattung - Hinzuverdienst - schwankendes Einkommen - Arbeitslosengeld - Rente wegen (teilweiser) Erwerbsminderung - atypischer Fall


Metadaten

Gericht LSG Berlin-Brandenburg 12. Senat Entscheidungsdatum 13.12.2011
Aktenzeichen L 12 R 506/10 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 44 SGB 10, § 48 Abs 1 SGB 10, § 96a Abs 1 S 2 Halbs 2 SGB 6

Leitsatz

Ein (rentenschädliches) Überschreiten der Hinzuverdienstgrenze bei einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung liegt vor, wenn kein schwankendes Einkommen (hier: Arbeitslosengeld) in den beiden ersten Monaten des Zusammentreffens von Rente und diesem Hinzuverdienst gegeben ist.

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 05. Mai 2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) über die Rechtmäßigkeit der (Teil-)Aufhebung eines Rentenbewilligungsbescheides der Beklagten und Rückforderung überzahlter Rentenleistungen in Höhe von 1 698,11 Euro für den Zeitraum vom 01. Januar 2005 bis 31. Mai 2005, weil die Klägerin ab dem 01. Januar 2005 neben einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung Einkommen (Arbeitslosengeld) erzielt hat.

Die Beklagte bewilligte der 1953 geborenen Klägerin mit Bescheid vom 13. September 2004 rückwirkend ab dem 01. März 2004 eine befristete Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit, deren laufende Zahlung zum 01. November 2004 aufgenommen wurde. Der monatliche Zahlbetrag der bis zum 31. Oktober 2005 befristeten Rente belief sich ab dem 01. April 2004 auf 452,83 Euro. Die Nachzahlung der Rente für den Zeitraum vom 01. März 2004 bis 31. Oktober 2004 in Höhe von 3.287, 44 Euro wurde an die Krankenkasse zur Abrechnung überwiesen und der dortige Erstattungsanspruch für den Zeitraum vom 24. März 2004 bis 06. September 2004 in Höhe von 2.472,35 Euro befriedigt. Der Bescheid enthielt unter der Überschrift „Mitteilungs- und Mitwirkungspflicht“ u. a. folgende Hinweise:

„Eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung kann bei gleichzeitiger Ausübung einer Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit in der jeweils maßgeblichen Höhe nur geleistet werden, wenn das erzielte Einkommen (Bruttoverdienst aus Beschäftigung bzw. Gewinn aus selbständiger Tätigkeit) sich im Rahmen der gesetzlich vorgegebenen Hinzuverdienstmöglichkeiten hält. Entsprechendes gilt bei Bezug von Entschädigungen als Abgeordneter, Bezügen aus einem öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis (z. B. für Minister, Senatoren und parlamentarische Staatssekretäre) und vergleichbarer Einkommen.

Abhängig vom erzielten Hinzuverdienst kommt die Zahlung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung in voller Höhe oder in Höhe der Hälfte in Betracht. Die Höhe der Hinzuverdienstgrenzen für die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung wird auf dieser Anlage dargestellt.

Die maßgebende Hinzuverdienstgrenze ist auch dann zu beachten, wenn anstelle von Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen Anspruch auf bestimmte Sozialleistungen (z. B. Krankengeld, Verletztengeld, Versorgungs-krankengeld, Mutterschaftsgeld, Übergangsgeld, Unterhaltsgeld, Arbeitslosengeld, Kurzarbeitergeld, Winterausfallgeld, Insolvenzgeld, Überbrückungsgeld der Seemannskasse, Übergangsleistung bei Maßnahmen gegen Berufskrankheiten, vergleichbare Leistungen einer Stelle im Ausland) besteht. Für die Höhe des Hinzuverdienstes ist nicht die Sozialleistung selbst, sondern das dieser Leistung zugrunde liegende monatliche Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen maßgebend.

Bei einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ergibt sich die Hinzuverdienstgrenze, indem die Entgeltpunkte der letzten drei Kalenderjahre vor Eintritt der teilweisen Erwerbsminderung, mindestens jedoch, 1,5 Entgeltpunkte, mit einem Vielfachen des aktuellen Rentenwertes vervielfältigt werden.

Für die Zeit ab 13. September 2004 beträgt der aktuelle Rentenwert 26,13 Euro (alte Bundesländer und Ausland), 22,97 Euro (neue Bundesländer). Die monatliche Hinzuverdienstgrenze beträgt für die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung

- in voller Höhe das 20,7-fache des maßgebenden aktuellen Rentenwertes, vervielfältigt mit den Entgeltpunkten (alte Bundesländer und Ausland) 1 444,07 Euro, (neue Bundesländer) 1 269,43 Euro,

- in Höhe der Hälfte das 25,8-fache des maßgebenden aktuellen Rentenwertes, vervielfältigt mit den Entgeltpunkten 1 799,86 Euro (alte Bundesländer und Ausland), 1 582,19 Euro (neue Bundesländer).

Die maßgebende Hinzuverdienstgrenze darf zweimal im Laufe eines jeden Kalenderjahres um einen Betrag bis zur Höhe der jeweils geltenden Hinzuverdienstgrenze überschritten werden.“

Mit Schreiben vom 08. Dezember 2004 bat die Bundesagentur für Arbeit, Agentur für Arbeit Steglitz, die Beklagte um Übersendung ärztlicher Unterlagen die Klägerin betreffend.

Das Arbeitsverhältnis der Klägerin endete aufgrund eines am 31. August 2004 vor dem Arbeitsgericht Berlin geschlossenen Vergleiches zum 31. Dezember 2004. Ab dem 01. Januar 2005 bezog die Klägerin Arbeitslosengeld von monatlich 610,80 Euro nach einem Bemessungsentgelt von täglich 68,55 Euro (monatlich 2.056,50 Euro).

Nachdem die Klägerin am 23. März 2005 u. a. den Bewilligungsbescheid der Agentur für Arbeit Berlin-Südwest vom 07. Januar 2005 über den Bezug von Arbeitslosengeld ab dem 01. Januar 2005 übersandt hatte, berechnete die Beklagte mit Bescheid vom 27. April 2005 die Rente der Klägerin ab dem 01. Juni 2005 neu. Die monatliche Rente betrug danach 497,87 Euro monatlich, die nicht zu zahlen gewesen sei, weil der zulässige Hinzuverdienst überschritten worden sei.

Mit dem mit Schreiben vom 29. April 2005 eingeleiteten Anhörungsverfahren wies die Beklagte die Klägerin darauf hin, dass sie beabsichtige, die mit Bescheid vom 13. September 2004 erfolgte Rentenbewilligung rückwirkend für den Zeitraum vom 01. Januar bis 31. Mai 2005 aufzuheben, da es durch den Arbeitslosengeldbezug eine Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen der Klägerin gegeben habe, weil die Klägerin nachträglich Einkommen erzielt habe, das auf ihre Rente anzurechnen sei und weil sie habe erkennen müssen, dass ihr Rentenanspruch aufgrund des Arbeitslosengeldbezuges entfallen sei. Die Beklagte kündigte der Klägerin eine Rückforderung in Höhe von 2 264,15 Euro an.

Mit weiterem Bescheid vom 07. Juli 2005 hob die Beklagte den Bescheid vom 13. September 2004 hinsichtlich der Rentenhöhe auf. Sie berechnete die Erwerbsminderungsrente der Klägerin ab dem 01. Januar 2005 neu und errechnete eine Überzahlung in Höhe von 2 264,15 Euro, die sie von der Klägerin erstattet verlangte. Ergänzend führte sie aus, die rückwirkende Aufhebung des ursprünglichen Rentenbescheides vom 13. September 2004 ab dem 01. Januar 2005 sei möglich, da die Klägerin bereits im Rentenbescheid darüber unterrichtet worden sei, dass das Hinzutreten von Einkommen Einfluss auf die Rentenhöhe haben könne und deshalb unverzüglich mitzuteilen sei. Der Bescheid wurde bestandskräftig.

Mit Schriftsatz vom 07. Februar 2006 ließ die Klägerin die Überprüfung des (bestandskräftigen) Bescheides vom 07. Juli 2005 beantragen und zur Begründung im Wesentlichen ausführen, die von der Beklagten angenommene grobe Fahrlässigkeit der Klägerin im Hinblick auf die Verletzung etwaiger Mitteilungspflichten sei individuell zu sehen und liege im Hinblick auf die psychischen Erkrankungen der Klägerin nicht vor. Im Übrigen habe sich die Agentur für Arbeit bereits im Dezember 2004 an die Beklagte gewandt und um Übersendung von Befundunterlagen gebeten, wofür die Klägerin ihr Einverständnis erklärt habe. Die Klägerin habe aufgrund ihrer Einverständniserklärung davon ausgehen dürfen, dass die Beklagte über die Bearbeitung eines Leistungsantrages durch die Agentur für Arbeit informiert worden sei. Die Beklagte habe demzufolge bei der Agentur für Arbeit wegen einer Leistungsgewährung nachfragen müssen. Es liege daher ein atypischer Fall vor und die Rücknahme der Leistungsbewilligung könne nur für die Zukunft erfolgen.

Mit Bescheid vom 04. August 2006 lehnte die Beklagte die Rücknahme des Bescheides vom 07. Juli 2005 ab. Die Überprüfung des Bescheides habe ergeben, dass weder das Recht unrichtig angewandt noch von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen worden sei. Auch läge kein Ausnahmefall (atypischer Fall) vor. Die Anforderung medizinischer Unterlagen seitens der Agentur für Arbeit vom 08. Dezember 2004 begründe noch keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld. Auch gehe aus der Anforderung nicht hervor, dass seitens der Klägerin bei der Bundesagentur für Arbeit Leistungen beantragt wurden.

Gegen diesen Bescheid richtete sich der am 04. September 2006 bei der Beklagten eingegangene Widerspruch der Klägerin. Mit diesem machte sie geltend, die Beklagte habe den Bezug des Arbeitslosengeldes im Rahmen ihrer Amtsaufklärungspflicht selbst ermitteln müssen. Darüber hinaus sei nicht auf ihren Gesundheitszustand eingegangen worden.

Mit Bescheid vom 27. September 2006 gab die Beklagte dem Widerspruch der Klägerin teilweise statt und erkannte ein geringes Mitverschulden an der Überzahlung an. Sie erließ der Klägerin 25 % des ursprünglichen Überzahlungsbetrages und forderte von ihr noch 1 698,11 (75% von 2.264,15= 1698,11) zurück, wovon zu diesem Zeitpunkt bereits 1 401,16 Euro getilgt worden waren. Der Bescheid wurde Gegenstand des Widerspruchsverfahrens.

Mit Widerspruchsbescheid vom 13. April 2007 wies die Beklagte den Widerspruch im Übrigen zurück und führte im Wesentlichen aus, die gegen eine rückwirkende Bescheidaufhebung sprechenden Gründe seien nicht so schwerwiegend, dass von einer vollständigen Aufhebung abgesehen werden könne, sie seien in der Gesamtschau nur teilweise zu berücksichtigen gewesen. Die Überzahlung sei im Übrigen zwischenzeitlich vollständig getilgt.

Mit der am 10. Mai 2007 bei dem Sozialgericht Berlin erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiter verfolgt. Sie hat zusammenfassend vortragen lassen, dass wegen ihres Gesundheitszustandes ein Fall grober Fahrlässigkeit nicht gegeben sei. Sie habe davon ausgehen dürfen, dass die Beklagte von dem Antrag auf Gewährung von Arbeitslosengeld Kenntnis gehabt habe. Die Mitverschuldensquote von einem Viertel entspreche jedenfalls nicht dem Grad des Mitverschuldens der Beklagten an der Entstehung der Überzahlung.

Die Beklagte hat in ihrer Klageerwiderung die Auffassung vertreten, ihr Mitverschulden an der Überzahlung wiege nicht so schwer, dass von einer vollständigen Aufhebung der ursprünglichen Rentenbewilligung abgesehen werden könne.

Mit Urteil vom 05. Mai 2010 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, es sei nicht rechtswidrig, dass die Beklagte den Rentenbewilligungsbescheid vom 13. September 2004 hinsichtlich der Rentenhöhe mit Wirkung vom 01. Januar 2005 nach § 48 SGB X aufgehoben und die entstandene Überzahlung von der Klägerin erstattet verlangt habe. Die Klägerin habe entgegen den ihr im Rentenbescheid vom 13. September 2004 gegebenen Hinweisen zu ihren Mitteilungspflichten den Bezug des Arbeitslosengeldes ab Januar 2005 erst Ende März 2005 mitgeteilt. Die Klägerin sei im Rentenbescheid vom 13. September 2004 unter der Überschrift „Mitteilungs- und Mitwirkungspflichten“ auf Seite 4 unmissverständlich auf ihre Mitteilungspflichten hingewiesen worden. Insbesondere sei darauf verwiesen worden, dass der Bezug oder die Beantragung u. a. von Arbeitslosengeld der Beklagten unverzüglich mitzuteilen sei. Dies sei nicht geschehen, denn der Arbeitslosengeldbescheid datiere vom 07. Januar 2005 und sei von der Klägerin der Beklagten erst am 23. März 2005 übersandt worden. Dass die Klägerin aus gesundheitlichen Gründen ihren Mitwirkungspflichten nicht habe nachkommen können, sei nicht ersichtlich, denn zum damaligen Zeitpunkt habe sie die Erwerbsminderungsrente bezogen, weil sie aus gesundheitlichen Gründen an einer weiteren Verrichtung ihrer Erziehertätigkeit gehindert gewesen sei (bei fehlenden Verweisungsmöglichkeiten) und nicht etwa deshalb, weil sie aus psychischen Gründen an einer Erwerbstätigkeit überhaupt gehindert gewesen wäre. Das von der Klägerin im Hinblick auf ein Mitverschulden der Beklagten geltend gemachte Vorliegen eines atypischen Falles könne nicht erkannt werden. Zwar könne ein atypischer Fall durch Tatsachen aus der Sphäre der Verwaltung begründet werden, dazu rechnen jedoch nur grobe Behördenfehler, die dazu führten, dass eine entscheidungserhebliche Änderung von Verhältnissen übersehen werde. Nicht jeder Fehler einer Behörde führe allerdings dazu, einen außergewöhnlichen Sonderfall anzunehmen. Einen groben Behördenfehler auf Seiten der Beklagten vermöge die Kammer nicht zu erkennen. Zwar habe die Agentur für Arbeit im Dezember 2004 Befundunterlagen der Klägerin angefordert. Es sei entgegen den Ausführungen der Klägerseite nicht Sache des Rentenversicherungsträgers, anderweitige Leistungsgewährungen zu ermitteln. In erster Linie habe der Rentenbezieher eine anderweitige Leistungsbewilligung dem Rentenversicherungsträger umgehend mitzuteilen. Die Beklagte habe bei sich ein geringes Mitverschulden in Höhe eines Viertels der Erstattungsforderung anerkannt und bei sich ein geringes Mitverschulden darin gesehen, dass auf die Anfrage der Arbeitsagentur vom Dezember 2004 nicht nachgefragt worden sei, ob dort Leistungen beantragt worden seien. Damit sei die Beklagte der Klägerin schon entgegengekommen und habe das Vorliegen eines atypischen Falles angenommen. Die Voraussetzungen für ein weitergehendes, etwa hälftiges Verschulden vermöge das Gericht nicht zu erkennen.

Gegen das am 28. Mai 2010 zugestellte Urteil richtet sich die am 07. Juni 2010 zum Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingelegte Berufung der Klägerin. Unter Berufung auf das erstinstanzliche Vorbringen führt der Prozessbevollmächtigte der Klägerin für sie aus, dass die Aufhebung des Bescheides vom 13. September 2004 rechtswidrig sei, weil mit diesem die Vorschrift des § 96a Abs. 1 Satz 2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) nicht beachtet worden sei. Danach sei auch in den Monaten Januar und Februar 2005 die Rente in voller Höhe an sie zu gewähren gewesen, da sie mit dem erzielten Hinzuverdienst das Doppelte des zulässigen Hinzuverdienstes als Vollrente (2 888,14 Euro = 2 x 1 444,07 Euro) nicht überschritten habe, auch wenn das monatliche Bezugsentgelt (2 056,50 Euro) des gewährten Arbeitslosengeldes zugrunde gelegt werde und nicht das tatsächliche monatliche Leistungsentgelt (610,80 Euro). Diese Auffassung werde durch die Rechtsprechung bestätigt. Hierzu sei auf die Urteile des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 21. Januar 2010, Az.: L 3 R 1350/06, des Landessozialgerichts Celle vom 12. August 2009, Az.: L 2 R 271/09, sowie auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 09. Dezember 2010, Az.: B 13 R 10/10 R zu verweisen. Im Dezember 2004 habe sie keinen Hinzuverdienst gehabt. Im Januar 2005 sei die Hinzuverdienstgrenze von 1 444,07 Euro für die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung in voller Höhe, ebenso wie die Hinzuverdienstgrenze von 1 799,86 Euro für die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung in Höhe der Hälfte überschritten gewesen. Die doppelte Hinzuverdienstgrenze von 2 888,14 Euro (= 1.444,07 Euro x 2 = 2.888,14 Euro> 2.056,50 Euro) sei von ihr im Jahr 2005 nicht überschritten worden. Sie könne die Privilegierung des § 96a Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 SGB VI in Anspruch nehmen, weil ihr Einkommen „schwankte“. Ein Schwanken liege auch dann vor, wenn im Vormonat kein Einkommen erzielt werde und dann letztmalig Hinzuverdienst (hier das Arbeitslosengeld unter besonderer Berücksichtigung des Bemessungsentgeltes, nicht des Zahlbetrages) erzielt werde.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 05. Mai 2010 aufzuheben und die Beklagte unter weiterer Änderung des Überprüfungsbescheides vom 04. August 2006 in der Fassung des Bescheides vom 27. September 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. April 2007 zu verpflichten, den Bescheid vom 07. Juli 2005 zu ändern, soweit damit der Rentenbescheid vom 13. September 2004 bezüglich der Rentenhöhe aufgehoben und eine Erstattung von schließlich noch 1.698,11 € geltend gemacht worden ist.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und führt aus, dass die angeführten Urteile die Rechtsansicht der Klägerin nicht bestätigten. Den Urteilen liege der Sachverhalt eines schwankenden Einkommens zugrunde. Damit seien sie im vorliegenden Rechtsstreit nicht einschlägig. Das Bundessozialgericht habe im Urteil vom 09. Dezember 2010, Az.: B 13 R 10/10 R, im Gegenteil ausdrücklich darauf hingewiesen, dass bei einem unveränderten Hinzuverdienst - unabhängig von der Einkommensart - eine Privilegierung nach § 96 a Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 SGB VI im ersten Monat des Zusammentreffens von Rente und Hinzuverdienst nicht in Betracht komme.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen. Die Akten haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig, aber unbegründet. Die angefochtenen Verwaltungsentscheidungen der Beklagten (Überprüfungsbescheid vom 4. August 2006 in der Fassung des Bescheides vom 27. September 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. April 2007) sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht gemäß § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in ihren Rechten.

Gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Im Übrigen, d. h. soweit nicht die Gewährung von Leistungen im Raume steht, ist ein rechtswidriger, nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen, wobei er im Wege des Ermessens für die Vergangenheit zurückgenommen werden kann (§ 44 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 SGB X). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor, denn der Bescheid vom 7. Juli 2005 erweist sich – unter Berücksichtigung, dass dieser in Änderung des Überprüfungsbescheides vom 4. August 2006 durch den Bescheid vom 27. September 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. April 2007 teilweise zu Gunsten der Klägerin geändert wurde (die ursprüngliche Erstattungsforderung reduzierte sich von 2 264,15 Euro auf 1 698,11 Euro) im Übrigen als rechtmäßig.

Rechtsgrundlage für die streitbefangene Teilaufhebung des Bewilligungsbescheides vom 13. September 2004 durch den Bescheid vom 7. Juli 2005, soweit er hier noch zu überprüfen ist, ist § 48 Abs. 1 SGB X. Nach Absatz 1 Satz 1 dieser Vorschrift ist, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine Änderung eintritt, der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Er soll nach § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse u. a. aufgehoben werden, soweit der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachkommt (Nr. 2) oder nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruches geführt haben würde (Nr. 3).

Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Bei dem die Gewährung einer befristeten Rente regelnden Bescheid handelt es sich um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung. Die Beklagte durfte den Bescheid über die Bewilligung der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X grundsätzlich mit Wirkung für die Vergangenheit zurücknehmen, weil er nachträglich rechtswidrig geworden war. Nach Erlass des genannten Verwaltungsaktes hat die Versicherte Einkommen erzielt. Als Einkommen gilt auch der Bezug von - wie hier - Arbeitslosengeld. Es handelt sich dabei um reales und kein fiktives Einkommen, auch wenn es nicht in seiner konkreten Höhe, sondern (nach § 96 a Abs. 3 Satz 3 SGB VI) in Höhe des dieser Leistung zugrunde liegenden Arbeitsentgeltes (hier also des Bemessungsentgeltes nach § 131 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) berücksichtigt wird.

Das Arbeitslosengeld wurde der Versicherten ab dem 01. Januar 2005 gewährt, so dass der letztgenannte Zeitpunkt als Beginn der Änderung der Verhältnisse anzusehen ist (§ 48 Abs. 1 Satz 3 SGB X). Der ursprüngliche Bewilligungsbescheid der Beklagten ist nachträglich wegen des Zusammentreffens von Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung und Arbeitslosengeld insoweit rechtswidrig geworden, als auf die Rente Arbeitslosengeld in Höhe der Bemessungsgrundlage anzurechnen war mit der Folge des Wegfalls der Rente. Der Aufhebung und Rückforderung steht nicht der Grundsatz entgegen, dass das Aufhebungsrecht im Rahmen des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X auf die Höhe der nachträglich bewilligten Sozialleistung beschränkt ist (vgl. Urteile des BSG vom 31. Januar 2008 - B 13 R 23/07R -, zitiert nach juris m. w. N.; vom 23. März 1995 - B 13 RJ 39/94 -, in SozR 3-1300 § 48 Nr. 37 m. w. N.).

Die Rechtswidrigkeit der Gewährung der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung wegen des Bezuges von Arbeitslosengeld entfiel auch nicht für die Monate Januar und Februar 2005 aufgrund von § 96a Abs. 1 Satz 2 2. Halbsatz SGB VI.

Nach § 96a Abs. 1 SGB VI in der hier ab 01. Januar 2002 maßgeblichen Fassung wird eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nur geleistet, wenn das für denselben Zeitraum erzielte Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen aus einer Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit den in Absatz 2 genannten, auf einen Monat bezogenen Beitrag nicht übersteigt, wobei ein zweimaliges Überschreiten um jeweils einen Betrag bis zur Höhe der Hinzuverdienstgrenze nach Absatz 2 im Laufe eines Kalenderjahres außer Betracht bleibt. Die Höhe der Hinzuverdienstgrenze ist in Absatz 2 der Vorschrift geregelt. Nach Absatz 3 der Vorschrift stehen bei der Feststellung eines Hinzuverdienstes, der neben einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung erzielt wird, dem Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen gleich der Bezug u. a. der in § 18 Abs. 3 Satz 1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IV) genannten Sozialleistung. Als Erwerbsersatzeinkommen ist dort u. a. auch das Arbeitslosengeld aufgeführt. Nach § 96a Abs. 3 Satz 3 SGB VI ist als Hinzuverdienst das der Sozialleistung zugrunde liegende monatliche Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu berücksichtigen.

Vorliegend war die Rente der Klägerin gemäß § 96a Abs. 2 und 3 SGB VI wegen Zusammentreffens mit Hinzuverdienst nicht zu zahlen, weil für die Zeit ab Bezug des Hinzuverdienstes am 01. Januar 2005 der zulässige Hinzuverdienst überschritten worden ist. Die monatliche Hinzuverdienstgrenze betrug bei der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung für die Zeit ab dem 01. Januar 2005 (vgl. die Anlage 19 zum Bescheid vom 13. September 2004) maximal 1 799,86 Euro; diese hat die Klägerin auf Grund des Bezugs von Arbeitslosengeld nach einem Bemessungsentgelt von 68,55 Euro täglich (entspricht 2 056,50 Euro monatlich) überschritten. Somit errechneten sich überzahlte Beträge für den Zeitraum vom 01. Januar bis zum 31. Mai 2005 in Höhe von 2 264,15 Euro. Diese Berechnung ist unter den Beteiligten nicht streitig und vom Senat nicht zu beanstanden.

Die eingangs erwähnten beiden Monate bleiben von der Anrechnung nicht frei, weil ein schwankendes Einkommen nicht gegeben gewesen ist.

Das Bundessozialgericht (BSG) hat in seiner Entscheidung vom 9. Dezember 2010 (Az.: B 13 R 10/10 – Juris) in einem Fall, in dem eine (ab März 2002) bewilligte und gezahlte Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung mit Leistungen von Arbeitslosengeld (für die Zeit ab 27. Januar 2003) zusammentraf, die Revision des beklagten Rentenversicherungsträgers als unbegründet zurückgewiesen, nachdem das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg mit Urteil vom 21. Januar 2010 (L 3 R 1350/06 – Juris) der Berufung der Klägerin stattgegeben, die sich gegen die Berücksichtigung des Hinzuverdienstes von Arbeitslosengeld im Zeitraum vom 27. Januar 2003 bis 28. Februar 2003 gewandt hatte. Das BSG hat zur Begründung u. a. ausgeführt:

„Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 6.2.2007 - SozR 4-2600 § 96a Nr 9; Senatsurteil vom 26.6.2008 - BSGE 101, 97 = SozR 4-2600 § 34 Nr 2) ist das sog. Vormonatsprinzip (kritisch hierzu Cirsovius, ZFSH/SGB 2007, 648 ff) ein geeigneter (verwaltungs-)praktikabler und dem Gesetzeszweck entsprechender Prüfungsmaßstab zur Feststellung eines privilegierten (d.h. "rentenunschädlichen") Überschreitens i.S. des § 96a Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 SGB VI (bzw. des insoweit inhaltlich vergleichbaren § 34 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 SGB VI). An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest.

Danach ist Ausgangspunkt für die Prüfung, in welcher Höhe die Rente trotz eines Hinzuverdienstes zu zahlen ist, grundsätzlich die zum Zeitpunkt des Rentenbeginns bzw. des ersten Monats des Zusammentreffens von Rente mit zu berücksichtigendem Hinzuverdienst eingehaltene (einfache) Hinzuverdienstgrenze. Die insoweit maßgebliche Hinzuverdienstgrenze darf im Laufe eines jeden Kalenderjahres gemäß § 96a Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 SGB VI rentenunschädlich in zwei Kalendermonaten bis zur Höhe des Betrags, welcher der Hinzuverdienstgrenze entspricht, überschritten werden. Ob ein solches privilegiertes Überschreiten vorliegt, ist ausschließlich chronologisch ("linear") zu ermitteln, denn nach § 100 Abs. 1 SGB VI .i.V.m. § 48 Abs. 1 SGB X ist die Rente in neuer Höhe zu leisten, sobald sich aus tatsächlichen (oder rechtlichen) Gründen die Voraussetzungen für die Höhe der Rente ändern. Die Prüfung, ob ein privilegiertes Überschreiten vorliegt, richtet sich grundsätzlich nach der im Vormonat eingehaltenen Hinzuverdienstgrenze. Denn ein "Überschreiten" iS des § 96 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 SGB VI setzt bei chronologischer Betrachtungsweise voraus, dass sich der Hinzuverdienst über die im jeweiligen Vormonat eingehaltene Hinzuverdienstgrenze hinaus erhöht (BSG vom 6.2.2007 - SozR 4-2600 § 96a Nr. 9 RdNr. 29). Wird die Hinzuverdienstgrenze des Vormonats eingehalten, ist die (bisherige) Rente vom Rentenversicherungsträger ohne Weiteres in der dieser Hinzuverdienstgrenze zugeordneten Höhe (weiter) zu leisten. Ändert sich der Verdienst und wird hierdurch die im Vormonat noch eingehaltene Hinzuverdienstgrenze überschritten, ist weiter zu prüfen, ob das Überschreiten rentenunschädlich ist. Dies setzt voraus, dass der Hinzuverdienst innerhalb des Doppelten dieser Hinzuverdienstgrenze liegt; ein solches Überschreiten ist im Laufe eines Kalenderjahres in zwei Kalendermonaten zulässig (vgl. BSG vom 6.2.2007 - SozR 4-2600 § 96a Nr. 9 RdNr. 32; Senatsurteil vom 26.6.2008 - BSGE 101, 97 = SozR 4-2600 § 34 Nr. 2, RdNr. 27 zum insoweit vergleichbaren § 34 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 SGB VI).

Aus welchen Gründen und durch welche Art von Einkünften die Hinzuverdienstgrenze überschritten wird, ist unbeachtlich (Senatsurteil vom 3.5.2005 - BSGE 94, 286 RdNr. 13 = SozR 4-2600 § 96a Nr. 7 RdNr. 12; BSG vom 6.2.2007 - SozR 4-2600 § 96a Nr 9 RdNr. 23; Senatsurteil vom 26.6.2008 - BSGE 101, 97 = SozR 4-2600 § 34 Nr. 2, RdNr. 18).

Von vornherein nicht anwendbar ist die Überschreitensregelung aber auf solche Rentenbezieher, die über Einkünfte verfügen, die nicht in unterschiedlicher Höhe einzelnen Kalendermonaten zugeordnet werden können. Rentenbezieher, die als Selbstständige lediglich über ein jährlich feststellbares Arbeitseinkommen verfügen, werden bei dieser Berechnungsmethode ebenso behandelt wie diejenigen, die als abhängig Beschäftigte ebenfalls einen gleichbleibenden Monatsverdienst haben; sei es, weil sie von der zweimaligen Überschreitensmöglichkeit keinen Gebrauch machen können, sei es, weil sie - ausnahmsweise - Jahresentgelt beziehen (Senatsurteil vom 3.5.2005 - BSGE 94, 286 RdNr. 17 und 19 = SozR 4-2600 § 96a Nr. 7 RdNr. 16 und 18; BSG vom 6.2.2007 - SozR 4-2600 § 96a Nr. 9 RdNr. 25-28; Senatsurteil vom 26.6.2008 - BSGE 101, 97 = SozR 4-2600 § 34 Nr. 2, RdNr. 21-23 zum insoweit vergleichbaren § 34 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 SGB VI). Von daher ist es auch im Hinblick auf das Gleichbehandlungsgebot des Artikel 3 Abs. 1 GG nicht zu beanstanden, dass auch "passiven" Rentenbeziehern, d.h. solchen, die ihren Hinzuverdienst weder aus selbstständiger Tätigkeit noch aus abhängiger Beschäftigung, sondern aus Sozialleistungen erzielen, bei monatlich gleichbleibenden Leistungen nicht das Privileg des doppelten "rentenunschädlichen" Überschreitens gemäß § 96a Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 SGB VI zu Gute kommt.

Entgegen der Ansicht der Beklagten waren im Falle des Versicherten für Januar und Februar 2003 die Voraussetzungen eines privilegierten Überschreitens i.S. des § 96a Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 SGB VI erfüllt. Dem steht nicht entgegen, dass der Versicherte im Dezember 2002 keinen Hinzuverdienst erzielt hatte und im Januar 2003, dem Monat des ersten Zusammentreffens der Rente mit dem Alg als Hinzuverdienst, sämtliche (anteilige) Hinzuverdienstgrenzen überschritten wurden. Denn ein privilegiertes Überschreiten kann bereits im ersten Monat des Zusammentreffens von Rente und Hinzuverdienst vorliegen.

a) Der Anwendungsbereich des Privilegierungstatbestands in § 96a Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 SGB VI ist eröffnet. Bei der dem Wortlaut und dem Grundkonzept dieser Norm zugrunde liegenden monatlichen Betrachtungsweise (vgl BSG vom 6.3.2003 - SozR 4-2600 § 313 Nr 2 RdNr 28; BSG vom 6.2.2007- SozR 4-2600 § 96a Nr 9 RdNr 32 mwN) verfügte der Versicherte im hier zu beurteilenden Zeitraum über einen schwankenden monatlichen Hinzuverdienst.

Denn der Hinzuverdienst betrug ausgehend von dem dem Alg zugrunde liegenden Bemessungsentgelt im Monat Januar 2003 wegen des anteiligen (tageweisen) Bezugs nur 557,40 Euro, während er sich im Februar 2003 wegen des durchgehenden Bezugs auf 3381,56 Euro belief. Der Bewertung des Alg als schwankender monatlicher Hinzuverdienst steht nicht entgegen, dass in beiden Monaten sämtliche Hinzuverdienstgrenzen überschritten wurden. Denn im Januar 2003 wurden die monatlichen Hinzuverdienstgrenzen des § 96a Abs. 2 Nr. 1 SGB VI nur deshalb vom Versicherten überschritten, weil für die Prüfung des Überschreitens gemäß § 96a Abs. 1 Satz 2 SGB VI iVm § 100 Abs. 1 Satz 2 SGB VI, beide i.d.F des AVmG, dem in einem Teil des Kalendermonats erzielten (tatsächlichen) Hinzuverdienst nicht die monatliche, sondern eine - dem tageweise bezogenen Hinzuverdienst entsprechende - anteilige (tagegenaue) Hinzuverdienstgrenze gegenüberzustellen war. Dies ändert jedoch nichts daran, dass das vom Versicherten bezogene Alg bei monatlicher Betrachtung als zu berücksichtigender Hinzuverdienst im Januar 2003 nach einem Bemessungsentgelt von 557,40 Euro deutlich niedriger war als im Februar 2003 nach einem Bemessungsentgelt von 3381,56 Euro.

Hiergegen kann nicht eingewandt werden, dass der erstmalig in einem bestimmten Monat erzielte Hinzuverdienst nicht (bereits) als schwankender Hinzuverdienst gewertet werden könne, weil dies mit der dem Vormonatsprinzip zugrunde liegenden chronologischen Betrachtungsweise nicht vereinbar sei. Denn dabei wird verkannt, dass eine chronologische Vorgehensweise die Betrachtung mehrerer Monate nicht verbietet, sondern vielmehr erfordert. Die (abschließende) Entscheidung, ob ein privilegiertes Überschreiten vorliegt oder nicht, ist auch bei einer chronologischen Betrachtung erst möglich, wenn der Hinzuverdienst über mehrere Monate feststeht (BSG vom 6.2.2007 - SozR 4-2600 § 96a Nr. 9 RdNr. 33).

b) Ausgehend von dem Vormonatsprinzip war für Januar und Februar 2003 auf die im Dezember 2002 eingehaltene (einfache) Hinzuverdienstgrenze einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung als Vollrente abzustellen.

Zwar hat der Versicherte nach den bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) in dem (Vor-) Monat Dezember 2002 keinen Hinzuverdienst erzielt. Dies bedeutet aber nicht, dass sich ausgehend vom Vormonatsprinzip für diesen Monat keine "maßgebliche Hinzuverdienstgrenze" ermitteln ließe, sodass ein Prüfungsmaßstab für das privilegierte Überschreiten nach § 96a Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 SGB VI fehlte. Soweit sich aus den Ausführungen des Senats in seinem Urteil vom 26.6.2008 (BSGE 101, 97 = SozR 4-2600 § 34 Nr. 2, RdNr. 34 zum insoweit vergleichbaren § 34 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 SGB VI) ergibt, dass in Anwendung des Vormonatsprinzips im ersten Monat des Zusammentreffens von Rente mit rentenschädlichem Hinzuverdienst "nicht auf eine maßgebliche Hinzuverdienstgrenze (des Vormonats) zurückgegriffen" werden könne, hält der Senat hieran nicht fest. Denn nach dem Vormonatsprinzip kommt die Privilegierung des § 96a Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 SGB VI bei schwankendem Hinzuverdienst nicht nur in Betracht, wenn im Kalendermonat vor dem zu prüfenden Monat ein Hinzuverdienst erzielt und mit diesem eine der Hinzuverdienstgrenzen nicht überschritten worden ist. Vielmehr gibt es eine für die Prüfung des privilegierten Überschreitens maßgebliche Hinzuverdienstgrenze auch, wenn im Vormonat überhaupt kein Hinzuverdienst erzielt wurde.

Dies ergibt sich bereits daraus, dass nach § 96a Abs. 1 Satz 1 SGB VI jegliche Leistung (Zahlung) einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit voraussetzt, dass "die Hinzuverdienstgrenze nicht überschritten wird". Hieraus aber kann nur geschlossen werden, dass auch für Rentenbezieher ohne Hinzuverdienst eine Hinzuverdienstgrenze existiert, die nicht überschritten wird. Deshalb ist auch hier beim erstmaligen Zusammentreffen der Rente mit (schwankendem) Hinzuverdienst für die Prüfung einer zulässigen Überschreitensmöglichkeit auf die im Vormonat eingehaltene niedrigste Hinzuverdienstgrenze abzustellen, bei fehlendem Hinzuverdienst also auf die für die Vollrente.

Demgegenüber enthalten für die von der Beklagten favorisierte Ansicht, wonach in Anwendung des Vormonatsprinzips ein privilegiertes Überschreiten im ersten Monat des Zusammentreffens von Rente und Hinzuverdienst ausgeschlossen sei, weil für das Feststellen und Einhalten einer insoweit "maßgeblichen Hinzuverdienstgrenze" erforderlich sei, dass in dem Vormonat auch tatsächlich ein Hinzuverdienst erzielt sein müsse, weder der Wortlaut noch Sinn und Zweck der Norm Anhaltspunkte. Das Gesetz bestimmt in § 96a Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 SGB VI, dass ein zweimaliges Überschreiten "außer Betracht bleibt", was nur heißen kann, dass entgegen der Grundregel auf eine Rentenminderung ausnahmsweise verzichtet wird. Zudem liegt der Vorschrift als "Regelfall" der Gedanke zugrunde, dass ein Rentenbezieher eine Beschäftigung oder Tätigkeit ausübt, mit der er im Wesentlichen einen gleichbleibenden Hinzuverdienst erzielt und von dessen Höhe es abhängig ist, ob die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung voll, zur Hälfte oder gar nicht geleistet wird (vgl. BSG vom 6.2.2007 - SozR 4-2600 § 96a Nr. 9 RdNr. 26). Da aber der Hinzuverdienst schwankend sein kann, soll das Überschreiten der für die Rente maßgeblichen Hinzuverdienstgrenze nicht sofort rentenschädlich sein mit dem Ergebnis, dass die Rente sofort zu mindern wäre. Vielmehr soll durch die Möglichkeit des zweimaligen privilegierten Überschreitens gewährleistet werden, dass trotz eines Mehrverdienstes die (bisherige) Rente in zwei Monaten eines Kalenderjahres in unveränderter Höhe (weiter) beansprucht werden kann, der Rentenbezieher also trotz Überschreitens der Hinzuverdienstgrenzen keine Rentenminderung hinnehmen muss (vgl BSG vom 6.2.2007 - SozR 4-2600 § 96a Nr. 9 RdNr. 26; Senatsurteil vom 26.6.2008 - BSGE 101, 97 = SozR 4-2600 § 34 Nr. 2, RdNr 33).

Die vom Senat vertretene Auffassung, wonach eine Privilegierung nach § 96a Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 SGB VI auch dann in Betracht kommt, wenn im vorangegangenen Kalendermonat kein Hinzuverdienst erzielt wurde, hat nicht zur Folge, dass ein Rentenbezieher mit regelmäßigen, über den Hinzuverdienstgrenzen liegenden Einkünften im ersten Monat des Zusammentreffens von Rente und Hinzuverdienst die Rente stets in voller Höhe erhielte. Denn die Überschreitensregelung in § 96a Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 SGB VI (bzw. in § 34 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 SGB VI) ist - wie oben bereits ausgeführt - nur auf Rentenbezieher anwendbar, die über schwankende monatliche Verdienste verfügen; bei unverändertem oder einem sich nur innerhalb derselben Hinzuverdienstgrenze bewegenden Hinzuverdienst kann von ihr kein Gebrauch gemacht werden. Dies gilt unabhängig davon, ob es sich bei dem Hinzuverdienst um Arbeitsentgelt, Einkommen oder eine Sozialleistung handelt.“

Ausgehend hiervon liegt in dem hier zu entscheidenden Verfahren kein schwankendes Einkommen der Klägerin zugrunde als Arbeitslosengeld zur Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung hinzutrat. Zwar kann nach der zitierten Rechtsprechung des BSG, der sich der erkennende Senat insoweit als zutreffend und überzeugend anschließt, eine Privilegierung nach § 96 a Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 SGB VI auch dann in Betracht kommen, wenn im vorangegangenen Kalendermonat kein Hinzuverdienst erzielt wurde. Weitere Voraussetzung ist jedoch nach der Rechtsprechung des BSG das Vorliegen schwankender monatlicher Verdienste. Die Klägerin hat im Monat Dezember 2004 keinen anderen Einnahmen als die Rentenleistung und in den Monaten Januar und Februar 2005 jeweils weitere Einkünfte durch den Bezug von Arbeitslosengeld von monatlich 610,80 Euro nach einem Bemessungsentgelt von täglich 68,55 Euro (monatlich 2.056,50 Euro) erzielt, so dass im Gegensatz zu der vom Prozessbevollmächtigten der Klägerin angeführten Entscheidung des BSG eine Privilegierung nicht in Betracht kommt, denn die Klägerin hatte in den Monaten Januar und Februar 2005 jeweils gleichbleibende Einkünfte, für die nach der Rechtsprechung des BSG eine Privilegierung aber keine Anwendung findet (vgl. auch die gleich gelagerte Problematik für die Altersrente für Frauen nach § 34 Abs. 2 Satz 2 2. Halbsatz SGB VI: BSG, Urteil vom 26. Juni 2006 – B 13 R 119/07 R – Juris Rn. 22 m. w. N.). Dies scheint auch überzeugend zu sein, denn andernfalls müssten bei – von Anfang an – gleich bleibenden Einkommen immer die ersten beiden Monate des Zusammentreffens der Leistungen unberücksichtigt bleiben.

Der Bescheid vom 7. Juli 2005, soweit er hier noch zu überprüfen ist (s.o.), erweist sich auch ansonsten nicht als rechtswidrig.

Dieser Bescheid der Beklagten ist nicht wegen fehlerhafter Ermessensausübung rechtswidrig. Das Wort "soll" in Absatz 1 Satz 2 des § 48 SGB X bedeutet, dass der Leistungsträger in der Regel den Verwaltungsakt rückwirkend aufheben muss, er jedoch in atypischen Fällen nach seinem Ermessen hiervon abweichen kann (st. Rspr., vgl. auch BSG vom 05. Oktober 2006 - B 10 EG 6/04 R - in SozR 4-1300 § 48 Nr. 8). Die Frage, ob ein atypischer Fall vorliegt, ist als Rechtsvoraussetzung im Rechtsstreit von den Gerichten zu überprüfen und zu entscheiden (ebenfalls st. Rspr., BSGE 69, 233, 237 = SozR 3-5870 § 20 Nr. 3; SozR 3-1300 § 48 Nr. 42; SozR 3-1300 § 48 Nr. 37; jeweils m. w. N.). Ob ein atypischer Fall vorliegt, hängt maßgeblich von den Umständen des Einzelfalls ab (BSG SozR 1300 § 48 Nr. 44). Es kommt darauf an, ob der Einzelfall auf Grund seiner besonderen Umstände von dem Regelfall der Tatbestände nach Abs. 1 Satz 2, die die Aufhebung des Verwaltungsakts für die Vergangenheit gerade rechtfertigen, signifikant abweicht und die vorgesehene Rechtsfolge für den Betroffenen eine unverhältnismäßige Härte darstellen würde. Dabei ist die Frage, ob ein atypischer Fall vorliegt oder nicht, nicht losgelöst davon zu beurteilen, welcher der in den Nrn. 1 bis 4 vorausgesetzten Tatbestände erfüllt ist (BSG SozR 1300 § 48 Nr. 53 S 149). Zu berücksichtigen ist auch die Frage, ob die Rückerstattung nach Lage des Falls eine Härte bedeutet, die den Leistungsbezieher in untypischer Weise stärker belastet als den hierdurch im Normalfall Betroffenen (vgl. BSGE 74, 287, 294 = SozR 3-1300 § 48 Nr. 33 m. w. N.). Das Vorliegen eines atypischen Falles, der zur (vollständigen) Aufhebung des Bescheides vom 04. August 2006, soweit er nicht schon durch den Bescheid vom 27. September 2006 in Gestalt des Widerspruchbescheides vom 13. April 2007 geändert worden war und Verpflichtung der Beklagten zur weiteren Aufhebung des Bescheides vom 7. Juli 2005 führen würde, ist hier nicht erkennbar. Ein atypischer Fall, der die Beklagte verpflichtet hätte, ihr Ermessen auszuüben, ob nicht gänzlich von der für die Klägerin ungünstigen Rückwirkung (mit nachfolgender Rückforderung nach § 50 Abs. 1 SGB X) abgesehen werden kann, ist vorliegend nicht gegeben. Zu Recht hat das SG darauf hingewiesen, dass die Klägerin nicht aus gesundheitlichen Gründen gehindert war, ihren Mitwirkungspflichten nachzukommen. Die Reduzierung des Rentenanspruchs stellt auch keine unverhältnismäßige Härte dar und bedingt damit keine atypische Fallgestaltung. Die der gesetzlichen Lage entsprechende teilweise Aufhebung der Rentenbewilligung auch für die Vergangenheit wegen schuldhafter Verletzung der Mitteilungspflichten und Rückforderung der überzahlten Rentenbeträge stellt vielmehr den Regelfall dar. Zudem trifft die Beklagte auch über das anerkannte "Mitverschulden" hinaus kein Verschulden, welches zu einer weiteren Reduzierung des von der Klägerin zu erstattenden Betrages führen könnte. Ermessensfehler im Hinblick auf die erfolgte Reduzierung des Erstattungsbetrages liegen nicht vor. Es ist angesichts der von der Klägerin bezogenen Arbeitslosengeld-Leistungen weder erkennbar noch von Seiten des Bevollmächtigten der Klägerin vorgetragen, dass diese durch die Rückforderung der überzahlten Leistungen im Nachhinein sozialhilfebedürftig würde. Die Beklagte hat im Übrigen die Einjahresfrist des § 48 Abs. 4 i. V. m. § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X gewahrt. Die Rückforderung der zu Unrecht erbrachten Rentenzahlungen findet ihre Grundlage in § 50 Abs. 1 SGB X.

Die Rückforderung der zu Unrecht erbrachten Rentenzahlungen findet ihre Grundlage in § 50 Abs. 1 SGB X und ist auch ansonsten nicht zu beanstanden.

Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt den Umstand, dass die Klägerin auch im Berufungsverfahren erfolglos geblieben ist.

Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG), liegen nicht vor, insbesondere da der Senat der – zitierten – Rechtsprechung des BSG gefolgt ist.